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JAHRBUCH - Glowfish

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474 S. Spielrein.<br />

Meiner Auffassung nach ist es ein Kampf zwischen den zwei antagonistischen<br />

Strömungen der Art-<br />

und der Ichpsyche. Die Artpsyche will<br />

die Ichvorstellung zu einer unpersönlich typischen machen, die Ichpsyche<br />

wehrt sich gegen diese Auflösung dadurch, daß die Kranken<br />

ängstlich den Gefülilston des verschwindenden Komplexes an irgend<br />

eine Seitenassoziation verlegen und an diese das ,,Ich" fixieren (inadäquater<br />

Affekt). Die Kranken sehen aber selbst, daß der Gefühlston<br />

nicht der Vorstellimg entspricht, auf welche er verlegt wird, daß sie<br />

den ehemals vorhandenen Affekt ,,machen". So erklärt es sich, daß<br />

sie oft gleichzeitig über ihr eigenes Pathos lachen und alles als Komödie<br />

betrachten. Im Beginne der Krankheit sehen wir oft schwere Angst<br />

und Depressionszustände, weil der Kranke die Tendenz zur Nivellierung<br />

der gefühlsbetonten Ichteile als antagonistische Strömung zum Bedürfnisse<br />

nach Ichbeziehung, Anpassung an die<br />

Es ist,<br />

Gegenwart empfindet.<br />

wie wenn der früher erregte Gefühlston noch nicht abgeklungen<br />

wäre, während die Objekte bereits in keiner Ichbeziehung mehr stehen.<br />

Die herrschende Empfindung dabei ist: Die Welt ist verändert, unheimlich<br />

fremd, es ist wie ein Theaterspiel ;<br />

gleichzeitig damit drängt sich<br />

die Erkenntnis auf: ,,Ich bin mir ganz fremd". Die Gedanken werden<br />

depersonalisiert, sie werden den Kranken ,,<br />

gemacht", weil sie eben aus<br />

den Tiefen außerhalb des Ich kommen, aus Tiefen, die bereits ,,wir"<br />

oder vielmelir ,,sie" aus dem ,,ich" machten. Das noch vorhandene<br />

Gefühl wird pathetisch geäußert, weil es keine Objekte mehr findet,<br />

ebenso wie ein Redner übertrieben pathetisch ist, der statt der entsprechenden<br />

Vorstellungen das Gefühl selbst darstellt. Die Angst ist da,<br />

solange das noch vorhandene Gefühl, also das Bedürfnis nach Ichbeziehung,<br />

den Kranken den Ichzerfall (fremde Macht) wahrnehmen<br />

läßt, mit dem Fortschreiten der Krankheit stellt sich die bekannte<br />

Gleichgültigkeit ein: die Kranken nehmen nichts mehr persönlich;<br />

wenn sie auch ,,ich" sagen, so sind sie doch dabei Objektö, welche doch<br />

nicht Ich bedeuten und nicht dem Ichwollen gehorchen. So kann eine<br />

Frau, die sich viele Kinder wünscht, lächelnd von ihren 22 tausend<br />

Buben erzählen, wie wenn es<br />

gar nicht ihre wirkliche Sehnsucht wäre.<br />

Aber die Kranken können bisweilen auch echte adäquate Gefühle<br />

haben und dies habe ich bei der Herstellung der nichtsymbolischen<br />

direkten Ichbeziehung gesehen. Bei Fällen, welche in die Anstalt<br />

kommen, ist die Störung offenbar so weit vorgeschritten, daß der Kranke<br />

gleich wieder in seine inadäquate Einstellung verfällt; ob die Analyse<br />

da viel zu bessern vermag, bleibt die Frage der Zukunft.

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