JAHRBUCH - Glowfish
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44 Siern. ö' Freud gewählten Objekt ein oft unscheinbarer Zug an das zu vermeidende Objekt erinnert. Das Hauptschutzmittel gegen solche Störung, dessen sich der Mensch in dieser Liebesspaltung bedient, besteht in der psychischen Erniedrigung des Sexualobjektes, während die dem Sexualobjekt normalerweise zustehende Überschätzung dem inzestuösen Objekt und dessen Vertretungen reserviert wird. Sowie die Bedingung der Erniedrigung erfüllt ist, kann sich die Sinnlichkeit frei äußern, bedeutende sexuelle Leistungen und hohe Lust entwickeln. Zu diesem Ergebnis trägt noch ein anderer Zusammenhang bei. Personen, bei denen die zärtUche und die sinnliche Strömung nicht ordentlich zusammengeflossen sind, haben auch meist ein wenig verfeinertes Liebesleben; perverse Sexualziele sind bei ihnen erhalten geblieben, deren Nichterfüllung als empfindHche Lusteinbuße verspürt wird, deren Erfüllung aber nur am erniedrigten, geringgeschätzten Sexualobjekt möglich erscheint. Die in dem ersten Beitragt) erwähnten Phantasien des Knaben, welche die Mutter zur Dirne herabsetzen, werden nun nach ihren Motiven verständlich. Es sind Bemühungen, die Kluft zwischen den beiden Strömungen des Liebeslebens wenigstens in der Phantasie zu überbrücken, die Mutter durch Erniedrigung zum Objekt für die Sinnlichkeit zu gewinnen. II. Wir haben uns bisher mit einer ärztlich-psychologischen Untersuchung der psychischen Impotenz beschäftigt, welche in der Überschrift dieser Abhandlimg keine Rechtfertigung findet. Es wird sich aber zeigen, daß wir dieser Einleitung bedurft haben, um den Zugang zu unserem eigentlichen Thema zu finden. Wir haben die psychische Impotenz reduziert auf das Nichtzusammentreffen der zärtlichen und der sinnlichen Strömung im Liebesleben und diese Entwicklungshemmung selbst erklärt durch die Einflüsse der starken Kindheitsfixierungen und der späteren Versagung in der Realität bei Dazwischenkunft der Inzestschranke. Gegen diese Lehre ist vor allem eines einzuwenden : sie gibt uns zu viel, sie erklärt uns, warum gewisse Personen an psychischer Impotenz leiden, läßt uns aber rätselhaft erscheinen, daß andere diesem Leiden entgehen konnten. Da alle in Betracht kommenden ersichtlichen Mo- 1) Dieses Jahrbuch, Bd. II, S. 391.
Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens II. 45 mente, die starke Kindheitsfixierung, die Inzestschranke und die Versagung in den Jahren der Entwicklung nach der Pubertät bei so ziemlich allen Kulturmenschen als vorhanden anzuerkennen sind, wäre die Erwartung berechtigt, daß die psychische Impotenz ein allgemeines Kulturleiden und nicht die Krankheit einzelner sei. Es läge nahe, sich dieser Folgerung dadurch zu entziehen, daß man auf den quantitativen Faktor der Krankheitsverursachung hinweist, auf jenes Mehr oder Minder im Beitrag der einzelnen Momente, von dem es abhängt, ob ein kennthcher Kj'ankheitserfolg zustande kommt oder nicht. Aber obwohl ich diese Antwort als richtig anerkennen möchte, habe ich doch nicht die Absicht, die Folgerung selbst hiemit abzuweisen. Ich will im Gegenteile die Behauptung aufstellen, daß die psychische Impotenz weit verbreiteter ist, als man glaubt, und daß ein gewisses Maß dieses Verhaltens tatsächlich das Liebesleben des Kulturmenschen charakterisiert. "Wenn man den Begriff der psychischen Impotenz weiter faßt und ihn nicht mehr auf das Versagen der Koitusaktion bei vorhandener Lustabsicht und bei intaktem Genitalapparat einschränkt, so kommen zunächst alle jene Männer hinzu, die man als Psychanästhetiker bezeichnet, denen die Aktion nie versagt, die sie aber ohne besonderen Lustgewinn vollziehen ; Vorkommnisse, die häufiger sind, als man glauben möchte. Die psychanalytische Untersuchung solcher Fälle deckt die nämlichen ätiologischen Momente auf, welche wir bei der psychischen Impotenz im engeren Sinne gefunden haben, ohne daß die symptomatischen Unterschiede zunächst eine Erklärung fänden. Von den anästhetischen Männern führt eine leicht zu rechtfertigende Analogie zur imgeheueren Anzahl der frigiden Frauen, deren Liebesverhalten tatsächhch nicht besser beschiieben oder verstanden werden kann als durch die Gleichstellung mit der geräuschvolleren psychischen Impotenz des Mannes^). Wenn wir aber nicht nach einer Erweiterung des Begriffes der psychischen Impotenz, sondern nach den Abschattungen ihrer Symptomatologie ausschauen, dann können wir uns der Einsicht nicht verschheßeu, daß das Liebes verhalten des Mannes in unserer heutigen Kulturwelt überhaupt den Typus der psychischen Impotenz an sich trägt. Die zärtliche uiid die sinnliche Strömung sind bei den wenigsten unter den Gebildeten gehörig miteinander verschmolzen; fast immer ^) Wobei gerne zugestanden sein soll, daß die Frigidität der Frau ein komplexes, auch von anderer Seite her zugängliches Thema ißt.
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44 Siern. ö' Freud<br />
gewählten Objekt ein oft unscheinbarer Zug an das zu vermeidende<br />
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Das Hauptschutzmittel gegen solche Störung, dessen sich der<br />
Mensch in dieser Liebesspaltung bedient, besteht in der psychischen<br />
Erniedrigung des Sexualobjektes, während die dem Sexualobjekt<br />
normalerweise zustehende Überschätzung dem inzestuösen Objekt<br />
und dessen Vertretungen reserviert wird. Sowie die Bedingung der<br />
Erniedrigung erfüllt ist, kann sich die Sinnlichkeit frei äußern, bedeutende<br />
sexuelle Leistungen und hohe Lust entwickeln. Zu diesem Ergebnis<br />
trägt noch ein anderer Zusammenhang bei. Personen, bei denen die<br />
zärtUche und die sinnliche Strömung nicht ordentlich zusammengeflossen<br />
sind, haben auch meist ein wenig verfeinertes Liebesleben;<br />
perverse Sexualziele sind bei ihnen erhalten geblieben, deren Nichterfüllung<br />
als empfindHche Lusteinbuße verspürt wird, deren Erfüllung<br />
aber nur am erniedrigten, geringgeschätzten Sexualobjekt möglich<br />
erscheint.<br />
Die in dem ersten Beitragt) erwähnten Phantasien des Knaben,<br />
welche die Mutter zur Dirne herabsetzen, werden nun nach ihren<br />
Motiven verständlich. Es sind Bemühungen, die Kluft zwischen den<br />
beiden Strömungen des Liebeslebens wenigstens in der Phantasie zu<br />
überbrücken, die Mutter durch Erniedrigung zum Objekt für die<br />
Sinnlichkeit<br />
zu gewinnen.<br />
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Wir haben uns bisher mit einer ärztlich-psychologischen Untersuchung<br />
der psychischen Impotenz beschäftigt, welche in der Überschrift<br />
dieser Abhandlimg keine Rechtfertigung findet. Es wird sich<br />
aber zeigen,<br />
daß wir dieser Einleitung bedurft haben, um den Zugang<br />
zu unserem eigentlichen Thema zu finden.<br />
Wir haben die psychische Impotenz reduziert auf das Nichtzusammentreffen<br />
der zärtlichen und der sinnlichen Strömung im<br />
Liebesleben und diese Entwicklungshemmung selbst erklärt durch<br />
die Einflüsse der starken Kindheitsfixierungen und der späteren<br />
Versagung in der Realität bei Dazwischenkunft der Inzestschranke.<br />
Gegen diese Lehre ist vor allem eines einzuwenden : sie gibt uns zu viel,<br />
sie erklärt uns, warum gewisse Personen an psychischer Impotenz<br />
leiden, läßt uns aber rätselhaft erscheinen, daß andere diesem Leiden<br />
entgehen konnten. Da alle in Betracht kommenden ersichtlichen Mo-<br />
1) Dieses Jahrbuch, Bd. II, S. 391.