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JAHRBUCH - Glowfish

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"Wandlungen und Symbole der Libido. 443<br />

Aus ihm als ganz verbrauntem Opfertier<br />

Die Hymnen und Gesänge sind entstanden,<br />

Aus ihm auch die Prunk lieder allesamt,<br />

Und was an Opfersprüchen ist vorhanden.<br />

Aus seinem Manas ist der Mond geworden,<br />

Das Auge ist als Sonne jetzt zu sehen,<br />

Aus seinem Mund entstand Indra mid Agni,<br />

Väju. der Wind, aus seines Odems Wehen.<br />

Das Reich des Luftraums ward aus seinem Nabel,<br />

Der Himmel aus dem Haupt hervorgebracht.<br />

Die Erde aus den Füßen, aus dem Ohre<br />

Die Pole. So die Welten sind gemacht."<br />

Es ist evident, daß damit keine physische, sondern eine psychologische<br />

Kosmogonie gemeint ist. Die Welt entsteht, wenn<br />

der Mensch sie entdeckt. Er entdeckt sie, wenn er die Mutter opfert,<br />

d. h. wenn er sich aus den Nebeln seines Unbewußtseins in der Mutter<br />

befreit hat. Was ihn vorwärts zu dieser Entdeckung treibt, läßt sich<br />

psychologisch als die von Freud so genannte „Inzestschranke" auffassen.<br />

Das Inzestverbot setzt dem kindlichen Sehnen nach der nahrungsspendenden<br />

Mutter ein Ziel und zwingt die allmählich sexuell werdende<br />

Libido auf die Bahn des biologischen Ziels, Die durch das Inzestverbot<br />

von der Mutter abgedrängte Libido, die,,Mutterlibido", sucht nach dem<br />

Sexualobjekt an Stelle<br />

der verbotenen Mutter. In diesem weiten psychologischen<br />

Sinne, der in der Gleichuissprache von „Inzestverbot",<br />

„Mutter" usw. sich ausdrückt, ist auch Freuds paradoxer Satz zu verstehen:<br />

„Ursprünglich haben wir nur Sexualobjekte gekannt^)."'<br />

Ein Satz, der durchaus psychologisch zu verstehen ist, im Sinne<br />

eines von innen nach außen geschaffenen Weltbildes, das zunächst<br />

nichts mit dem sogenannten ,,objektiven" Weltbild zu tun hat, als<br />

welches eine durch die Kealitätskorrektur gegangene Neuauflage<br />

des subjektiven Weltbildes zu verstehen ist. Die Biologie als eine objektive<br />

Erfahrungswissenschaft hätte Freuds Satz unbedingt zu verwerfen,<br />

indem wie wir eingangs klargelegt haben, die Wirklichkeitsfunktion<br />

nur zum Teil sexuell sein kann; zu einem andern, ebenso<br />

wichtigen Teil ist<br />

sie auch Selbsterhaltung. Anders erscheint die Sache<br />

für das, die biologische Funktion als Epiphänomenon begleitende<br />

Denken. Soweit unser Wissen reicht, ist der individuelle Denkakt<br />

1) Zentralblatt für Psychoanalyse, Bd. II, S. 171.

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