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JAHRBUCH - Glowfish

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424 C. G. Jung.<br />

Zeitschlange an unserem Körper (dem, ach, so heißgeliebten) zehrt.<br />

Es hilft nichts, wenn wir auch mit dem traurigen Helden Chiwantopel<br />

ausrufen: „Jai conserve mons corps inviole", die Flucht vor dem<br />

Leben befreit uns nicht von dem Gesetz des Alterns und des Todes.<br />

Der Neurotiker, der sich der Notwendigkeit des Lebens zu entschlagen<br />

sucht, gewinnt nichts und lädt sicli nur die furclitbare Bürde eines<br />

vorausgenossenen Alterns und Sterbens auf, das bei der gänzlichen<br />

Inhalts- und Sinnlosigkeit seines Lebens besonders grausam ausfallen<br />

muß. Wird der Libido ein vorwärtsstrebendes Leben, das alle Gefahr<br />

und alles Untergehen auch will, nicht ermöglicht, dann schlägt sie den<br />

andern Weg ein und wühlt sich in die eigene Tiefe, hinuntergrabend<br />

zu der alten Ahnung der Unsterblichkeit alles Lebens, zur Sehnsucht<br />

nach der Wiedergeburt,<br />

Diesen Weg zeigt uns Hölderlin in seiner Dichtung und seinem<br />

Leben. Ich lasse den Dichter in seinen Liedern sprechen:<br />

An die Eose.<br />

Ewig trägt im Mutterschoße,<br />

Süße Königin der Flur,<br />

Dich und mich die stille, große,<br />

Allbelebende Natur.<br />

Röschen! unser Schmuck veraltet,<br />

Sturm entblättert dich und mich,<br />

Doch der ew'ge Keim entfaltet<br />

Bald zu neuer Blüte sich.<br />

Zum Gleichnis dieses Gedichtes ist folgendes zu bemerken: Die<br />

Rose ist das Symbol des geliebten Weibes („Haidenröslein '<br />

Goethe.)<br />

Die Rose blülit auch im „Rosengarten" des Mädchens, demnach ist<br />

sie also auch einfach direktes Libidosymbol. Wenn der Dichter sich mit<br />

der Rose im Mutterschoße der Natur träumt, dann heißt der psychologische<br />

Tatbestand, daß er mit seiner Libido bei der Mutter ist. Dort<br />

ist ein ewiges Keimen und Wiedererneuern. Wir sind diesem Motiv<br />

beim Hierosgamoshymnus (Ilias XIV, 292 ff.) bereits begegnet: Das<br />

Beilager im seligen Westland, d. h. die Vereinigung in und mit der<br />

Mutter. In naiver Form zeigt uns Plutarch in seiner Tradition des<br />

Osirismythus dieses Motiv: Osiris und Isis im Mutterleib sich begattend.<br />

Dies empfindet Hölderlin auch als das neidenswerte Vorrecht der<br />

Götter, ewig früheste Kindheit zu genießen; so sagt er im Hyperion;

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