JAHRBUCH - Glowfish
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418 C. ö. Juug-. Die nunmehr folgenden erotischen Gleichnisse lassen das Wiedergebiu'tsmotiv deutlich erkennen: Siegfried: „Ein herrlich Gewässer wogt vor mir; Mit allen Sinnen Seh ich nur sie, Die wonnig wogende Welle: Brach sie mein Bild, So brenn ich nun selbst, Sengende Glut In der Flut zu kühlen Ich selbst, wie ich bin Springe in den Bach^) — ; daß seine Wogen verschlängen" usw. Mich selig Dar Motiv der Untertauchens im mütterlichen Wasser der Wiedergeburt (Taufe) ist hier voll entwickelt. Eine Anspielung auf die schreckliche Mutterimago, die Mutter der Helden, die sie das Fürchten lehrt, findet sich in den Worten Brünnhildens (des Pferdeweibes, das die Toten ins Jenseitsland entführt). ,,Fürchtest du, Siegfried, Fürchtest du nicht Das wild wütende Weib?" Das orgiastische ,,Occide moriturus" tönt uns entgegen in Brünnhildes Worten: ,,Lachend laß tms verderben — Lachend zugrunde geh'n!" — Und in den Worten ,,Leuchtende Liebe, Lachender Tod!" findet sich derselbe bedeutsame Gegensatz. Die weiteren Schicksale Siegfrieds sind die des Invictus: Der Speer des einäugigen Hagen, des Finster n, trifft Siegfrieds verwundbare Stelle. Die zum Todesgott gewordene alte Sonne, der einäugige Wotan, fällt den Sohn und aufs neue steigt die Sonne empor in ewiger Selbsterneuerung. Dem Mysterium des menschlichen Lebens hat der Lauf der unbesieglichen Sonne zu schönen und unvergänglichen Symbolen ^) Vgl. das Büd des Phönix der Baruchapokalypse, I. Teü dieser Arbeit.
: Wandlungen und SjTnbole der Libido. 419 verholfen, er \\Tirde dem Lebensdurste der Sterblichen zu einer tröstenden Erfüllung aller Ewigkeits wünsche. Die Mutter, die Quelle der Libido, verläßt der Mensch, getrieben vom ewigen Durste, sie wieder zu finden und Erneuerung aus ihr zu trinken und so vollendet er seinen Kreislauf, um wieder in den Schoß der Mutter zurückzukeliren. Jedes Hindernis, das sich auf seinem Lebenspfade türmt und seinen Aufstieg bedroht, trägt schattenliaft die Züge der schrecklichen Mutter, die mit zelirendem Gifte der heimlichen rückschauenden Sehnsucht seinen Lebensmut lähmt, und in jeder Überwindung gewinnt er die lächelnde liebe- und lebenspendende Mutter wieder — Bilder, die der ahmmgsvollen Tiefe menschlichen Gefühles angehören, deren Züge aber weiterschreitende Entwicklung der Oberfläche des menschlichen Geistes bis zur Unkenntlichkeit entstellt hat. Die harte Notwendigkeit der Anpassung arbeitet unablässig daran, die letzten Spuren jener urtümlichen Denkmale der Entstehungszeit menschlichen Geistes auszutilgen und durch Linien zu ersetzen, welche deutlicher und immer deutlicher die Natur realer Objekte bezeichnen sollen. Kehren wir nach diesem weiten Umweg wieder zu den Visionen von Miß Miller zurück, so bringen wir nunmehr die Antwort mit auf die Frage, was die Sehnsucht von Siegfried nach Brünnhilde bedeute es ist das Streben der Libido von der Mutter zur Mutter. Dieser paradoxe Satz läßt sich übersetzen: Solange die Libido sich nur mit Phantasien sättigt, bewegt sie sich in sich selbst, in ihrer eigenen Tiefe, in der Mutter^). Wenn sich die Sehnsucht unserer Autorin erhebt, um dem Bannkreis des inzestuösen und daher verderblichen Objektes zu entfliehen, und es gelingt ihr nicht, Realität zu finden, so ist und bleibt das Objekt unweigerlich die Mutter. Nur die Überwindung der Realitätshindernisse bedeutet die Befreiung von der Mutter, welche dauernde und unversiegliche Lebensquelle ist für den Schaffenden, Tod aber für den Feigen und Ängstlichen und Bequemen. Wer die Psychoanalyse kennt, weiß, wie oft die Neurotischen Klagen gegen ihre Eltern erheben. Gewiß sind solche Klagen und Vorwürfe gemäß der allgemeinen menschliclien Unvollkommenheit öfter berechtigt, aber noch öfter sind es Vorwürfe, die eigentlich an die eigene Adresse gerichtet zu werden verdienen. Immer aber sind Vorwurf und Haß ohnmächtige Versuche, sich ansclieinend von den Eltern, in Wirklichkeit aber, von der eigenen hinderlichen Sehnsucht nach den Eltern zu ^) Das Reich der Mutter ist das Reich der (unl>e wußten) Phantasie. 27*
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Wandlungen und SjTnbole der Libido. 419<br />
verholfen, er \\Tirde dem Lebensdurste der Sterblichen zu einer tröstenden<br />
Erfüllung aller Ewigkeits wünsche.<br />
Die Mutter, die Quelle der Libido, verläßt der Mensch, getrieben<br />
vom ewigen Durste, sie wieder zu finden und Erneuerung aus ihr zu<br />
trinken und so vollendet er seinen Kreislauf, um wieder in den Schoß<br />
der Mutter zurückzukeliren. Jedes Hindernis, das sich auf seinem<br />
Lebenspfade türmt und seinen Aufstieg bedroht, trägt schattenliaft<br />
die Züge der schrecklichen Mutter, die mit zelirendem Gifte der heimlichen<br />
rückschauenden Sehnsucht seinen Lebensmut lähmt, und in<br />
jeder Überwindung gewinnt er die lächelnde liebe- und lebenspendende<br />
Mutter wieder — Bilder, die der ahmmgsvollen Tiefe menschlichen Gefühles<br />
angehören, deren Züge aber weiterschreitende Entwicklung der<br />
Oberfläche des menschlichen Geistes bis<br />
zur Unkenntlichkeit entstellt<br />
hat. Die harte Notwendigkeit der Anpassung arbeitet unablässig daran, die<br />
letzten Spuren jener urtümlichen Denkmale der Entstehungszeit menschlichen<br />
Geistes auszutilgen und durch Linien zu ersetzen, welche deutlicher<br />
und immer deutlicher die Natur realer Objekte bezeichnen sollen.<br />
Kehren wir nach diesem weiten Umweg wieder zu den Visionen<br />
von Miß Miller zurück, so bringen wir nunmehr die Antwort mit auf<br />
die Frage, was die Sehnsucht von Siegfried nach Brünnhilde bedeute<br />
es ist das Streben der Libido von der Mutter zur Mutter.<br />
Dieser paradoxe Satz läßt sich übersetzen: Solange die Libido sich<br />
nur mit Phantasien sättigt, bewegt sie sich in sich selbst, in ihrer eigenen<br />
Tiefe, in der Mutter^). Wenn sich die Sehnsucht unserer Autorin erhebt,<br />
um dem Bannkreis des inzestuösen und daher verderblichen Objektes<br />
zu entfliehen, und es gelingt ihr nicht, Realität zu finden, so ist und bleibt<br />
das Objekt unweigerlich die Mutter. Nur die Überwindung der Realitätshindernisse<br />
bedeutet die Befreiung von der Mutter, welche dauernde<br />
und unversiegliche Lebensquelle ist für den Schaffenden, Tod aber<br />
für den Feigen und Ängstlichen und Bequemen.<br />
Wer die Psychoanalyse kennt, weiß, wie oft die Neurotischen Klagen<br />
gegen ihre Eltern erheben. Gewiß sind solche Klagen und Vorwürfe<br />
gemäß der allgemeinen menschliclien Unvollkommenheit öfter berechtigt,<br />
aber noch öfter sind es Vorwürfe, die eigentlich an die eigene Adresse<br />
gerichtet zu werden verdienen. Immer aber sind Vorwurf und Haß<br />
ohnmächtige Versuche, sich ansclieinend von den Eltern, in Wirklichkeit<br />
aber, von der eigenen hinderlichen Sehnsucht nach den Eltern zu<br />
^) Das Reich der Mutter ist das Reich der (unl>e wußten) Phantasie.<br />
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