JAHRBUCH - Glowfish

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370 C. G. Jung. führte: ,, Speise ging von dem Fresser und Süßigkeit von dem Starken^)". Auch in den Eleusinischen Mysterien scheinen diese Gedanken eine Rolle gespielt zu haben. Außer Demeter und Persephone ist lakchos ein Hauptgott des eleusinischen Kultes; er war der puer aeternus, der ewig junge, den Ovid (Met. 1, IV, 18 ff.) folgendermaßen anruft: ,,Tu puer aeternus, tu formosissimus alte Conspiceris coelo tibi, cum sine cornibus astas, Virgineum caput est, etc." Im großen eleusinischen Festzug wurde des lakchos Bild vorangetragen. Es ist nicht leicht zu sagen, Avelcher Gott lakchos sei, wohl ein Knabe oder ein neugeborener Sohn, vergleichbar dem etrurischen Tages, der den Zunamen „der frischausgeackerte Knabe" führt, da er nach der Sage aus der Ackerfurche hinter dem Bauer, der den Pflug durchzog, entstanden sei. Dieses Bild zeigt unverkennbar das Mondaminmotiv: Der Pflug ist von bekannter phallischer Bedeutung, die Ackerfurche ist im Indischen als Weib personifiziert. Die Psychologie dieses Bildes ist ein auf vorsexuelle Stufe (Erucährungsstufe) zurückversetzter Koitus; der Sohn ist die eßbare Ackerfrucht. lakchos geht teils als Sohn der Demeter oder der Persephone, ebenso als Gemahl der Demeter passenderweise. (Held als sein eigener Erzeuger.) Er heißt auch Ttjg Ai^jurjZQog dat/ncov {Aaifioiv = Libido, also Mutterlibido). Er wurde mit Dionysos, besonders mit dem thrakischen Dionysos-Zagreus identifiziert, dem ein typisches Wiedergeburtsschicksal nachgesagt wird: Hera hatte die Titanen aufgestachelt gegen Zagreus, der, in viele Gestalten sich verwandelnd, ihnen zu entkommen suchte, bis sie ihn schließlich erreichten, als er Stiergestalt angenommen hatte. In dieser Gestalt töteten (Mithrasopfer) und zerstückelten sie ihn und warfen die Stücke in einen Kochkessel, aber Zeus tötete die Titanen mit dem Blitz und verschluckte das noch zuckende Herz des Zagreus. Durch diesen Akt gab er ihm wieder das Dasein und Zagreus trat als lakchos wieder an den Tag. lakchos trägt die Fackel, das phallische Symbol der Zeugung, wie Plato (de leg. 6, 776) bezeugt. Im Festzug wurde auch die Getreideschwinge, die Wiege des lakchos mitgeführt {Xixvov, mystica vannus lacchi). Der orphischen Legende nacli^) wurde lakchos bei Persephone aufgezogen, wo er nach ajährigem Schlummer im )Jxvov 1) Richter 14, 14. 2) Orph. Hjnnn. 46. Vgl. Röscher: Lex. S. lakchos.

"Wandlungen und Symbole der Libido. 371 erwachte. Diese Angabe weist deutlich auf unser Mondaminmotiv hin. Der 20. Boedromion (der Monat Boedromion dauerte zirka vom 5. September bis 5. Oktober) liieß dem Heros zu Ehren lakchos. Am Abend dieses Tages fand am Meeresufer das große Fakelfest statt, wobei das Suchen und das Klagen der Demeter aufgeführt wurde. Die Rolle der Demeter, die, ohne Speise und Trank zu genießen, auf der ganzen Erde, ihre Tochter suchend, herumirrt, hat Hiawatha im indianischen Epos übernommen; er wendet sich auch an alle Geschöpfe, ohne Antwort zu bekommen. Wie Demeter erst bei der unterirdischen Hekate von ihrer Tochter erfährt, so findet auch Hiawatha erst in tiefster Introversion (Abstieg zu den Müttern) das Gesuchte, den Mondamin^). Hiawatha erzeugt wie eine Mutter den Sohn Mondamin aus sich selber. Die Sehnsucht nach der Mutter ist auch gebärende Mutter (zuerst verschlingend, dann gebärend) . Über den eigentlichen Inhalt der Mysterien erfahren wir durch das Zeugnis des Bischof Asterius (um 390 p. Chr. n.) folgendes: ,,Ist dort (in Eleusis) nicht der finstere Abstieg und das feierliche Zusammensein des Hierophanten und der Priesterin, zwischen ihm und ihr allein? werden nicht die Fackeln ausgelöscht, und hält nicht die unzählbare Menge für ihr Heil, was in der Finsternis von den beiden vollzogen wird^)?" Das deutet unzweifelhaft auf eine Hierosgamosfeier, die unterirdisch , in der Mutter Erde, gefeiert wurde . Die Priesterin der Demeter scheint dabei die Vertreterin der Erdgöttin zu sein, also etwa die Ackerfurche^). Der Abstieg in das Erdinnere ist auch Mutterleibsymbolik und war als Höhlenkult weitverbreitet. Plutarch erzählt von den Magiern, daß sie dem AJiriman opferten sig rorrov äv^hov. Lukian läßt den Magier Mithrobarzanes elg ycoQiov egrjjuov xal vlcbdeg xal dvi^Xiov hinuntersteigen. Nach dem Zeugnis des Moses von Khoren verehrte man in Armenien Schwester Feuer und Bruder Quelle in einer Höhle, Julian (Or. V) berichtet aus der Attislegende eine xaTaßaoig etgävxQov, ^) Eine genaue Parallele hierzu ist die japanische Mythe von Izanagi, der seiner toten Gattin in die Unterwelt folgend, sie bittet, zurückzukehren. Sie ist bereit, bittet ihn aber: „Mögest du nicht auf mich blicken!" Izanagi entzündet dann mit seinem Kamm, d. h. mit einem männlichen Balken desselben (feuerbohrender Phallus), Licht und verliert so seine Gattin. (Frobenius: 1. c, S. 343.) Für Gattin ist Mutter zu setzen. Anstatt der Mutter bringt der Held das Feuer, Hiawatha den Mais, Odin die Runen, als er qualvoll ara Baume hing. ^) Zitiert De Jong: Das antike Mysterienwesen. Leiden, 1910, S. 22. ^) Ein Sohngeüebtcr aus dem Demetermythus ist lasion, der die Demeter auf dreimal geackertem Saatfeld umarmt. (Brautlager auf dem Acker.) lasion A^Tirde dafür von Zeus mit dem Blitz erschlagen. (Ovid. Metam. IX.) 24*

"Wandlungen und Symbole der Libido. 371<br />

erwachte. Diese Angabe weist deutlich auf unser Mondaminmotiv hin.<br />

Der 20. Boedromion (der Monat Boedromion dauerte zirka vom 5. September<br />

bis 5. Oktober) liieß dem Heros zu Ehren lakchos. Am Abend<br />

dieses Tages fand am Meeresufer das große Fakelfest statt, wobei das<br />

Suchen und das Klagen der Demeter aufgeführt wurde. Die Rolle<br />

der Demeter, die,<br />

ohne Speise und Trank zu genießen, auf der ganzen<br />

Erde, ihre Tochter suchend, herumirrt, hat Hiawatha im indianischen<br />

Epos übernommen; er wendet sich auch an alle Geschöpfe, ohne Antwort<br />

zu bekommen. Wie Demeter erst bei der unterirdischen Hekate von<br />

ihrer Tochter erfährt, so findet auch Hiawatha erst in tiefster Introversion<br />

(Abstieg zu den Müttern) das Gesuchte, den Mondamin^).<br />

Hiawatha erzeugt wie eine Mutter den Sohn Mondamin aus sich selber.<br />

Die Sehnsucht nach der Mutter ist auch gebärende Mutter (zuerst verschlingend,<br />

dann gebärend) . Über den eigentlichen Inhalt der Mysterien erfahren<br />

wir durch das Zeugnis des Bischof Asterius (um 390 p. Chr. n.)<br />

folgendes: ,,Ist dort (in Eleusis) nicht der finstere Abstieg und das feierliche<br />

Zusammensein des Hierophanten und der Priesterin,<br />

zwischen ihm<br />

und ihr allein? werden nicht die Fackeln ausgelöscht, und hält nicht die<br />

unzählbare Menge für ihr Heil, was in der Finsternis von den beiden vollzogen<br />

wird^)?"<br />

Das deutet unzweifelhaft auf eine Hierosgamosfeier, die<br />

unterirdisch , in der Mutter Erde, gefeiert wurde .<br />

Die Priesterin der Demeter<br />

scheint dabei die Vertreterin der Erdgöttin zu sein, also etwa die Ackerfurche^).<br />

Der Abstieg in das Erdinnere ist auch Mutterleibsymbolik<br />

und war als Höhlenkult weitverbreitet. Plutarch erzählt von den<br />

Magiern, daß sie dem AJiriman opferten sig rorrov äv^hov. Lukian<br />

läßt den Magier Mithrobarzanes elg ycoQiov egrjjuov xal vlcbdeg xal dvi^Xiov<br />

hinuntersteigen. Nach dem Zeugnis des Moses von Khoren verehrte<br />

man in Armenien Schwester Feuer und Bruder Quelle in einer Höhle,<br />

Julian (Or. V) berichtet aus der Attislegende eine xaTaßaoig etgävxQov,<br />

^) Eine genaue Parallele hierzu ist die japanische Mythe von Izanagi, der<br />

seiner toten Gattin in die Unterwelt folgend, sie bittet, zurückzukehren. Sie<br />

ist bereit, bittet ihn aber: „Mögest du nicht auf mich blicken!" Izanagi entzündet<br />

dann mit seinem Kamm, d. h. mit einem männlichen Balken desselben (feuerbohrender<br />

Phallus), Licht und verliert so seine Gattin. (Frobenius: 1. c, S. 343.)<br />

Für Gattin ist Mutter zu setzen. Anstatt der Mutter bringt der Held das Feuer,<br />

Hiawatha den Mais, Odin die Runen, als er qualvoll ara Baume hing.<br />

^) Zitiert De Jong: Das antike Mysterienwesen. Leiden, 1910, S. 22.<br />

^) Ein Sohngeüebtcr aus dem Demetermythus ist lasion, der die Demeter<br />

auf dreimal geackertem Saatfeld umarmt. (Brautlager auf dem Acker.) lasion<br />

A^Tirde dafür von Zeus mit dem Blitz erschlagen. (Ovid. Metam. IX.)<br />

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