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JAHRBUCH - Glowfish

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344 C. G. Juiiff o*<br />

Opfer. AYir dürfen schon jetzt sagen, daß, nach dem vorliegenden<br />

Material, mit diesem Opfer wohl das Aufgeben der Mutter gemeint<br />

sei, d. li. der Verzicht auf alle Bande und Beschränlaingen, welche die<br />

Seele aus der Zeit der Kindheit mit ins erwachsene Alter herübergenommen<br />

hat. Aus verschiedenen Andeutungen von Miß Miller geht<br />

hervor, daß sie<br />

zur Zeit jener Phantasien noch im Kreise der Familie<br />

gelebt hat, offenbar in einem Alter, das bereits der Selbständigkeit<br />

dringend bedurft hätte. Der Mensch lebt nämlich ohne wesentliche<br />

Gefährdung seiner geistigen Gesundheit nicht zu lange in der infantilen<br />

Umgebung respektive im Schöße der Familie. Das Leben ruft ihn hinaus<br />

zur Selbständigkeit, und wer diesem harten Ruf aus kindlicher Bequemlichkeit<br />

und Ängstlichkeit keine Folge leistet, wird durch die<br />

Neurose bedroht. Und ist einmal die Neurose ausgebrochen, dann<br />

wird sie auch immer mehr zu einem vollgültigen Grunde, den Kampf<br />

mit dem Leben zu fliehen und für immer in der moralisch vergiftenden<br />

Infantilatmosphäre<br />

zu bleiben.<br />

In dieses Ringen um die persönliche Selbständigkeit gehört<br />

die Phantasie vom Pfeilschuß. Noch he^t sich bei der Träumerin der<br />

Gedanke dieses Entschlusses nicht durchgerungen. Sie weist ihn vielmehr<br />

ab. Nach all dem Obigen ist es einleuchtend, daß die Pfeilschußsymbolik<br />

bei direkter Übersetzung als ein Koitussymbol anzuspreclien<br />

ist. Das ,,Occide moriturus"i) gewänne dadui'ch auch hier den ihm<br />

gehörenden sexuellen Sinn. Chiwantopel repräsentiert natürlich die<br />

Träumerin, Mit dieser Reduktion aui das Grobsexuelle ist aber nichts gewonnen<br />

und nichts verstanden, denn daß das Unbewußte Koituswünsche<br />

beherbergt, ist ein Gemeinplatz, dessen Entdeckung weiter nicJits<br />

bedeutet. Der Koituswunsch unter diesem Aspekt ist nämlich<br />

ein Symbol für die eigene, von den Eltern abgetrennte Betätigung<br />

der Libido, für die Eroberung des selbständigen Lebens. Dieser Schritt<br />

zum neuen Leben bedeutet aber auch zugleich den Tod des vergangenen<br />

Lebens^), daher Chiwantopel, der Iniantilheld^) (der Sohn, das Kind,<br />

das Lamm, der Fisch), der noch durch die Bande der Kindheit gefesselt<br />

ist und der als Symbol der inzestuösen Libido zu sterben hat, damit<br />

jede rückwärtige Verbindung abgeschnitten sei. Denn zum Kampfe<br />

^) ,,Töte selber sterbend."<br />

-) Die in den Träumen reichlich auftretende Todes synabolik bat Stekel<br />

hervorgehoben (Sprache des Traumes, S.<br />

317 ff.).<br />

^) Vgl. die Cassiusszene oben.

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