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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 329<br />

In diesem Sinne drückt sich ein Passus aus den Versreden 60 ta mo<br />

Buddhos ausi):<br />

Ein Wunsch doch wieder,<br />

ernst erwünscht,<br />

Im Willen aufgezeugt, genährt,<br />

Und muß allmählich sein gemißt<br />

Wie Pfeil im Fleische wühlt er wild.<br />

Die verwundenden und schmerzhaften Pfeile kommen nicht<br />

von außen durch Gerüchte, die doch immer nur von außen angreifen,<br />

sondern sie kommen aus dem Hinterhalt, aus unserem eigenen Unbewußten.<br />

Das schafft das wehrlose Leiden, nicht das, was von außen<br />

an uns herankommt. Die eigenen verdrängten und nicht anerkannten<br />

Wünsche sind es, die wie Pfeile in unserem<br />

Fleisch stecken-). In einem andern Zusammenhang wird dies auch<br />

für unsere Nonne klar, und zwar sehr buchstäblich. Es ist eine bekannte<br />

Tatsache, die für den Wissenden keiner weiteren Belege bedarf, daß<br />

jene mystischen Vereinigungsszenen mit dem Heiland in der Regel<br />

von einem enormen Betrag an Sexuallibido durchsetzt sind-"). Es ist<br />

daher nicht erstaunlich, daß die Stigmatisationsszene niciits als eine<br />

Inkubation durch den Heiland ist,<br />

nur wenig metaphorisch verändert<br />

gegenüber der antiken Auffassung der Unio mystica als einer cohabitatio<br />

mit dem Gotte: Die Emmerich erzählt von ihrer Stigmatisation<br />

folgendes: (S. 77 bis 78.)<br />

,,Ich hatte eine Betrachtung der Leiden Christi mid flehte ihn an,<br />

mich doch sein Leiden auch mitempfinden zu lassen, und betete fünf Vaterunser<br />

zu Ehren der heihgen fünf Wunden. Ich kam, mit ausgebreiteten<br />

Armen im Bette Hegend, in eine große Süßigkeit und in einen unendHchen<br />

Durst nach den Schmerzen Jesu. Da sah ich ein Leuchten auf mich niederkommen,<br />

es kam schräg von oben. Es war ein gekreuzigter Körper, ganz<br />

^) K. E. Neu mann: Die Reden Gotamo Buddhos aus der Sammlung der<br />

Bruchstücke Suttanipäto des Päli-Kanons übersetzt. München 1911.<br />

^) In demselben Sinne eines endogenen Schmerzes nennt Theokrit27, 28<br />

die Geburtswehen: ,, Geschosse der Hithyia". Im Sinne eines Wunsches findet<br />

sich dasselbe Gleichnis bei Jesus Sirach 19, 12: ,,Werm ein Wort im Narren<br />

steckt, so ist's eben, als wenn ein Pfeil in der Hüfte steckt." D. h., es läßt ihm keine<br />

Ruhe, als bis es heraus ist.<br />

^) Man wäre versucht zu sagen, es seien bloß uneigentlich ausgedrückte<br />

Koitusszenen. Dies wäre aber eine zu starke und nicht zu rechtfertigende Betonung<br />

des Ausgangsmaterials. Man darf nicht vergessen, daß die Heiligen vorbildUch<br />

die schmerzhafte Domestikation der Bestie gelehrt haben. Das Resultat<br />

davon, nämlich der Fortschritt der Zivilisation, hat auch als Motiv dieses Handelns<br />

anerkannt zu werden.

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