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JAHRBUCH - Glowfish

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26 CG. Juujr 0'<br />

Disposition, die, wie immer, durch ein Prävalieren der Elternimago,<br />

hier der Mutterimago, gekennzeichnet ist. Ein infantiles Individuum<br />

ist darum infantil,<br />

weil es sich nur ungenügend oder gar nicht aus der<br />

Kindheitsumgebung, d. h. von seiner Elternanpassung befreit hat,<br />

daher es fälschlicherweise der Welt gegenüber einerseits so reagiert,<br />

wie ein Kind den Eltern gegenüber, immer Liebe und sofortige Gefühlsbelohnung<br />

heischend; anderseits durch die enge Bindung an die Eltern<br />

mit diesen identifiziert, benimmt sich der Infantile wie der Vater und<br />

wie die Mutter. Er ist nicht imstande, sich selbst zu leben und seinen<br />

ihm zugehörigen Typus zu finden. Weshalb Brutus sehr riclitig annimmt,<br />

,,die Mutter schmäl'" aus Cassius, er sei's nicht selbst. Der<br />

psychologisch wertvolle Tatbestand, den wir hier erheben, ist der Nachweis,<br />

daß Cassius infantil und mit der Matter identifiziert<br />

ist. Das hysterische Benehmen fällt dem Umstände zur Last, daß<br />

Cassius zum Teil noch Lamm ist, also unschuldvolles und gänzlich<br />

harmloses Kind; er ist also, was sein Gefühlsleben anbetrifft, hinter<br />

sich selber noch zurückgeblieben, wie wir solches öfter sehen bei<br />

Menschen, die anscheinend als Mächtige das Leben und die Mitmenschen<br />

beherrschen: sie sind den Anforderungen ihrer Liebesgefühle gegenüber<br />

Kinder geblieben.<br />

Die Figuren des Millerschen Dramas als<br />

Kinder der Phantasie<br />

der Schöpferin schildern natürlich alle diesen oder jenen Charakterzug,<br />

der der Autorin zugehört. Am ehesten wird der Held die Wunschfigur<br />

repräsentieren, denn der Held vereinigt immer alle erwünschten<br />

Ideale in sich. Die Geste Cyranos^) ist gewiß schön und eindrucksvoll,<br />

die Geste des Cassius hat theatralischen Effekt. Beide Helden schicken<br />

sich an, effektvoll zu sterben, was Cyrano gelingt. Diese Geste schildert<br />

einen Todeswünsch im Unbewußten unserer Autorin, dessen Bedeutung<br />

wir anläßlich ihres Gedichtes von der Motte bereits ausführlich besprochen<br />

haben. Das Sterbenwollen junger Mädchen ist nur ein indirekter<br />

Ausdruck, der auch Pose bleibt,<br />

wenn wirklich gestorben wird,<br />

denn auch der Tod kann posiert werden. Durch solchen Ausgang gewinnt<br />

die Pose nur an Schönheit und Wert — unter Umständen. Daß<br />

der höchste Gipfel des Lebens durch die Symbolik des Todes ausgedrückt<br />

wird, ist eine bekannte Tatsache, denn das Schaffen über sich selber<br />

hinaus bedeutet den eigenen Tod. Die kommende Generation ist<br />

das<br />

Ende der vorangehenden. Diese Symbolik ist auch der erotischen<br />

^) Vgl. erster Teil.

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