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JAHRBUCH - Glowfish

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318 C. G. Jung.<br />

in der aus dem Inzest verdrängten Libido. In dieser Fassung erscheint<br />

uns also der Held und sein Pferd als eine künstlerische Gestaltung<br />

der Idee des Menschen mit seiner verdrängten Libido, wobei dem<br />

Pferde die Bedeutung des animalischen Unbewußten zukäme, das<br />

gezähmt und dem Willen des ,,Menschen" unterworfen erscheint.<br />

(Parallele Darstellungen wären Agni auf dem Widder, Wotan auf<br />

Sleipnir,<br />

Ahuramazda auf Angromainyu^), Jahwe auf dem. monströsen<br />

Seraph, Christus auf dem EseP), Dionysos auf dem Esel, Mithras auf<br />

dem Pferd, Löwe und Schlange, seine symbolischen Tiere, danebenher<br />

eilend, Men auf mensch enfüßigem Pferd, Freir auf dem goldborstigen<br />

Eber usw.) Den mythologischen Reittieren wohnt immer auch eine<br />

große Bedeutung inne, indem sie sehr oft antliropomorphisiert erscheinen:<br />

So hat Mens Pferd menschliche Vorderbeine, Bileams Esel<br />

menschliche Sprache, der enteilende Stier, dem Mithras auf den Rücken<br />

springt, um ihn niederzustechen (Taurokathapsie^), ist eigentlich<br />

nach persischer Legende der Grott selbst. Das Spottkruzifix vom Palatin<br />

stellt den Gekreuzigten mit einem Eselskopf dar (vielleicht in Anlehnung<br />

an die antike Legende, daß im Tempel von Jerusalem das<br />

Bild eines Esels verehrt wurde). Als Drosselbart (d. h. Pferdebart)<br />

ist Wotan halb Mensch, halb Pferd-^). Auch läßt ein altes deutsches<br />

Rätsel diese Einheit von Roß imd Reiter^) sehr hübsch erkennen:<br />

,,Wer sind die zwei, die zum Thing fahren? Drei Augen haben sie zusammen,<br />

zehn Füße^) und einen Schweif und reisen so über Land".<br />

Die Sagen schreiben dem Pferd Eigenschaften zu, welche psychologisch<br />

dem Unbewußten des Menschen zukommen: Pferde sind<br />

hellsehend und hellhörend, sie sind Wegweiser, wo der Verirrte sich<br />

nicht zu helfen weiß, sie sind von mantischer Fähigkeit; Ilias 19 führt<br />

das Pferd unheilverkündende Rede; sie hören die Worte, welche die<br />

Teufel.<br />

1) Ebenso reitet der sagenhafte Urkönig Tahmuraht auf Ahriman, dem<br />

2) Die Eselin und ihr Füllen dürften dem christlichen Sonnenmythus angehören,<br />

indem das Zodion Cancer (Sommersolstitium) antik als Esel und sein<br />

Junges bezeichnet wurde. (Vgl. Robertson: Evang. Myth., S. 19.<br />

ä) Das Bild ist wohl aus dem Zirkus genommen. Noch hat der spanische<br />

Matador heroenhafte Bedeutung. Sueton (Claud. 21): Feros tauros per spatia<br />

circi agunt insiliuntque defessos et ad terram cornibus detrahunt.<br />

Reiter.<br />

*) Also zentaurisch.<br />

^) Vgl. die erschöpfende Darstellung dieses Themas bei Jahns: Roß und<br />

^) Sleipnir ist achtfüßig.

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