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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 303<br />

ist der Anteil, der ihnen zugehört^), wälirend die Heldentat dem Gotte<br />

»eliört^). Mit diesem Ares ist, wie gute Gründe vermuten lassen, der<br />

ägyptische Typhon gemeint. Typhon repräsentiert so die böse<br />

Sehnsucht nach der Mutter, welche aber andere Mythenformen<br />

der Mutter vorwerfen, nach bekanntem Muster. Der dem Osiristod<br />

(Erkrankung des Re) ganz analoge Tod Balders durch die Verwundung<br />

mit dem Mistelzweig scheint einer ähnlichen Erklärung zu bedürfen.<br />

In der Mythe wird berichtet, wie alle Geschöpfe verpflichtet wurden,<br />

Balder nichts<br />

zu tun, nur der Mistelzwcig wurde vergessen, angeblich,<br />

weil er noch zu jung war. Der fällte<br />

Balder. Die Mistel ist ein Parasit.<br />

Aus dem Holze einer parasitischen oder rankenden Pflanze wurde das<br />

v/eibliche Holzstück bei der rituellen Feuerbohrung gewonnen^),<br />

also die Feuermutter.<br />

vermutet, rulit die Marc aus*).<br />

Auf „märentakken", worunter Grimm die Mistel<br />

Die Mistel war ein Heilmittel gegen die<br />

Unfruchtbarkeit. In Gallien durfte nur unter feierlichen Zeremonien<br />

nach voUbraclitem Opfer der Druide auf die heilige Eiche steigen,<br />

um dort die rituelle Mistel zu schneiden^). Diese Handlung ist ein kultisch<br />

eingeschränk-ter und organisierter Inzest. Das, was auf dem Baume<br />

wächst, ist das Kind^), das man von der Mutter haben möchte, denn das<br />

wäre man selber in erneuter und verjüngter Gestalt und eben gerade<br />

das kann man nicht liaben, weil dem das Inzestverbot entgegensteht.<br />

Wie der keltische Brauch zeigt, ist diese Handlung nur<br />

unter Beobachtung gewisser Zeremonien dem Priester gestattet; der<br />

Gottheld und Welterlöser aber tut das Unerlaubte, Übermenschliche<br />

und erkauft dadurch Unsterblichkeit. Der Drache, der zu<br />

diesem Zweck überwunden werden muß, ist, wie dem Leser schon<br />

längst klar geworden sein muß, der Widerstand gegen den Inzest.<br />

Drache und Schlange, namentlich mit ihrer charakteristischen Häufung<br />

1) Der oben erwähnte Mythos von Halirrhotios, der sich selber tötet, als<br />

er den heiligen Baum der Athene, die Moria, fällen wollte, enthält dieselbe Psychologie,<br />

ebenso die Priesterkastrationen ( Attiskastration) im Dienste der großen<br />

Mutter. Die asketische Selbstquälerei im Cliristentum fließt selbstverständlich<br />

auch aus diesen Quellen, denn die christliche Symbolform bedeutet eine ganz<br />

intensive Regression auf den Mutterinzest.<br />

2) Das Abreißen vom Lebensbaum ist eben diese Sünde,<br />

ä) Vgl. Kuhn: Herabkunft des Feuers.<br />

') 1. c. II, S. 1041.<br />

^) Nork: Wörterbuch s. v. Mistel.<br />

«) Daher in England wohl an Weihnachten Mistelzweige aufgehängt<br />

werden, Mistel als Lebensrute. Vgl. Aigremont: Volkserotik und Pflanzenwelt.

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