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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 301<br />

,, Ziehst du gar Leviathan an der Angel herauf,<br />

Hältst mit der Schnur seine Zunge fest?<br />

Legst die Haken in sein Maul,<br />

Durchbohrst mit dem Ring seine<br />

Wange?"<br />

Zu diesem Motiv finden sich bei Frobenius (1. c.) zahlreiche<br />

Parallelen in exotischen Mythen, wo das mütterliche Meerungeheuer<br />

ebenfalls<br />

geangelt wird. Die Vergleiche der Mutterlibido mit den Elementargewalten<br />

des Meeres und den gewaltigen Ungetümen, welche<br />

die Erde trägt, zeigt, wie unüberwindlich groß die Macht jener Libido<br />

ist, die wir als die mütterliche bezeichnen.<br />

Wir haben bereits<br />

gesehen, daß das Inzestverbot den Sohn verhindert,<br />

sich selber durch die Mutter hindurch wieder zu erzeugen.<br />

Das muß aber der Gott tun, wie uns die bewundernswerte Klarheit<br />

und Offenheit der pietätsvollen ägyptischen Mythologie zeigt, die<br />

uns urälteste und einfachste Vorstellungen aufbewahrt hat: So formt<br />

Chnum, ,,der Former, Töpfer, Baumeister" auf der Töpferscheibe<br />

sein Ei, denn er ist „das unsterbliche Wachstum , die eigene Erzeugung<br />

und die eigene Selbstgeburt, der Schöpfer des Eies, das aus dem Urwasser<br />

hervortrat". Im Totenbuch heißt es: ,,Ich bin der hehre Falke^),<br />

der hervorgetreten ist aus seinem Ei." Eine andere Stelle im Totenbuch<br />

heißt: „Ich bin der Schöpfer des Nun, der seinen Sitz in der Unterwelt<br />

genommen hat. Mein Nest wird nicht geschaut und mein Ei wird nicht<br />

zerbrochen^)." Ein weiterer Passus lautet: „Jener große und herrliche<br />

Gott in seinem Ei, der sein eigener Urheber ist für das, was aus ihm<br />

entstanden ist^)."<br />

Daher heißt auch der Gott Nagaga-uer, der „große Gackerer".<br />

(Totenbuch 98, 2: „Ich gackere wie die Gans und ich pfeife wie der<br />

Falke.") Das Inzestverbot wird der Mutter als boshafte WiUkür<br />

vorgeworfen, mit der sie den Sohn von der Unsterblichkeit ausschließe..<br />

Daher wenigstens ein Gott darüber sich empören, die Mutter überwältigen<br />

und züchtigen muß. (Vergl. oben Adam und Lilith.) Die Über-<br />

1) D. h. der Sonnengott.<br />

*) Für Verstehende darf ich hier wohl erwähnen, daß eines meiner Kinder,<br />

ein Töcht*»rchen, das farbige Modelliermasse zu Weihnachten bekam, als erste<br />

spontane Leistung ein Nest mit einem Ei formte, daneben eine Strahlensonne,<br />

welche brütend das Ei bescheint.<br />

3) Brugsch: Rel. u. Myth., S. 161 ff.

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