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JAHRBUCH - Glowfish

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Das autistische Denken.<br />

Von Prof. E. Bleuler.<br />

Eines der wichtigsten Symptome der Schizophrenie ist ein Vorwiegen<br />

des Binnenlebens mit aktiver Abwendung von der Außenwelt.<br />

Die schwereren Fälle ziehen sich ganz zurück und leben einen<br />

Traum; in den leichteren finden wir geringere Grade der gleichen<br />

Erscheinung. Dieses Symptom habe ich Autismus^) genarmt. Das<br />

^) Bleuler, Dementia praecox oder Gruppe der Schizophi'enien. Aschaff enburgs<br />

Handbuch der Psychiatrie. Wien, Deuticke, 1911. — Zu einem ziemlich<br />

großen Teil deckt sich der Autismus mit dem Jungschen Begriff der Introversion,<br />

womit das Nachinnenwenden der Libido bezeichnet wird, die sich normaliter<br />

ihie Objekte in der Realität suchen sollte.<br />

Autistische Strebungen können<br />

sich indes auch nach außen richten; so, wenn ein schizophrener Weltverbesserer<br />

die Gesellschaft umgestalten will und überhaupt beständig nach außen wirksam<br />

zu sein strebt, wenn das kleine Mädchen ein Stück Holz in ein Klind umphantasiert,<br />

wenn man Objekte beseelt, oder wenn man sich aus einer Kraft oder einer<br />

abstrakten Vorstellung einen Gott schafft.<br />

Der Aufsatz war vor dem Erscheinen der Jungschen Arbeit ,,Über die<br />

zwei Arten des Denkens" (dieses Jahrbuch, III., S. 124, 1911) geschrieben. Der<br />

Autor bezeichnet das, was ich logisches oder reahstisches Denken nenne, als<br />

gerichtetes Denken, das autistische als Träumen oder Phantasieren.<br />

„Ersteres arbeitet für die Mitteilxmg mit sprachlichen Elementen, ist mühsam<br />

und erschöpfend, letzteres dagegen arbeitet mühelos, sozusagen spontan mit<br />

den Reminiszenzen. Ersteres schafft Neuerwerb, Anpassung, imitiert Wirklichkeit<br />

und sucht auch auf sie zu wirken. Letzteres dagegen wendet sich von der<br />

Wirklichkeit weg, befreit subjektive Wünsche imd ist hinsichtlich der Anpassung<br />

gänzlich unproduktiv" (S. 136). Das Wesentliche deckt sich mit meiner Auffassung.<br />

Immerhin bestehen einige Unterschiede, von denen ich nur die folgenden<br />

anführen will: Auch das autistische Denken kann nach meiner Ansicht gerichtet<br />

sein, und man kann auch, ohne die Begriffe in Worte zu fassen, gerichtet und<br />

reahstisch (logisch) denken, ebenso, wie man autistisch in Worten denken kann.<br />

Es verdient auch hervorgehoben zu werden, daß gerade die Worte und ihre Assoziationen<br />

oft eine sehr wichtige Rolle im autistischen Denken spielen.<br />

Jahrbuch für psychoanalyt. u. psychopathol. Forschungen. IV. 1

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