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JAHRBUCH - Glowfish

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294 C. G. Jung.<br />

die eifersüchtige. Hera aber bewirkte, daß Lamia nur tote Kinder<br />

zur Welt brachte. Seitdem ist die wütende Lamia die Verfolgerin<br />

der Kinder, die sie tötet, wo sie nur immer kann. Dieses Motiv kehrt<br />

in den Märchenerzählungen liäufig wieder, wo die Mutter oft ganz<br />

dii-ekt als Mörderin^) oder als Menschenfresserin auftritt, ein<br />

deutsches Paradigma ist das bekannte Märchen von Hansel und Gretcl.<br />

Tatsächlich ist Xafxia ein großer, gefräßiger Meerfisch^), womit der<br />

Anschluß an die von Frobenius so schön bearbeitete Walfischdrachenmythe<br />

gefunden ist, wo das Meertier den Sonnenheros verschlingt<br />

zur Wiedergeburt und wo der Held alle List aufzuwenden hat, das<br />

Ungeheuer zu überwinden. Wir begegnen hier wiederum dem Bilde<br />

der furchtbaren Mutter in der Gestalt des gefräßigen Fischschlundes<br />

des Todes3). ßei Frobenius (1. c.) finden sich zahlreiche Beispiele,<br />

wo das Ungeheuer nicht nur Menschen, sondern auch Tiere, Pflanzen,<br />

ein ganzes Land verschlungen hat, v/as alles durch den Helden zu einer<br />

gloriosen Wiedergeburt erlöst wird.<br />

Die Lamien sind typische Nacht mare, deren weibliche Natur<br />

reichlich belegt ist*). Ihre überall verbreitete Eigentümlichkeit ist,<br />

daß sie ihre Opfer reiten. Ihr Gegenstück sind die gespenstischen<br />

Bosse, die den Eeiter in tollem Lauf entführen. Man erkennt in diesen<br />

Symbolformen leicht den Typus des Angsttraumes, der,<br />

wie Riklin<br />

zeigt^) für die Märchenerklärung durch den Versuch von Laistner^)<br />

bereits bedeutsam geworden ist. Das typische Reiten erhält einen<br />

besondern Aspekt durch die Ergebnisse der analytischen Erforschung<br />

der Kinderpsychologie: die<br />

beiden einschlägigen Arbeiten von Freud<br />

und mir 7) haben einerseits die ängstliche Bedeutung der Pferde, anderseits<br />

die sexuelle Bedeutung der Reitphantasie herausgebracht. Wenn<br />

wir diese Erfahrungen mit in Betracht ziehen, so kann es uns nicht mehr<br />

zu sehr überraschen, wenn wir vernehmen, daß die<br />

mütterliche Welt-<br />

') Vgl. Frobenius: 1. c.<br />

2) Aaßös = Schlund, Höhle, rä Äajiua = Eid Schlünde.<br />

3) Die nahe Beziehung öeÄcpis = Delphin und deÄ(pvs = uterus ist hervorzuheben.<br />

In Delphi befindet sich der Erdschlund und der Dreifuß (öeÄcpivis -<br />

ein delphischer Tisch mit drei Füßen in Delphinengestalt).<br />

Vgl. im letzten Kapitel<br />

Melicertes auf dem Delphin und das Verbrennungsopfer Melkarths.<br />

*) Vgl. die umfangreiche Zusammenstellung bei Jones: On the nightmare.<br />

^) Riklin: Wunscherfüllung und SymboUk usw.<br />

^) Laistner: Das Rätsel der Sphinx.<br />

') Freud: Dieses Jahrbuch, Ed. I.<br />

Jung: Konflikte der kindlichen Seele. Deuticke, Wien.

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