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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 293<br />

Adams wächst. Die Legende war, daß Adam auf Golgatha begraben<br />

lag. Seth hatte auf sein Grab einen Zweig des Paradiesesbaumes gepflanzt,<br />

der zum Kreuz- und Totenbaum Christi wurde^). Bekanntlich ist<br />

durch Adams Schuld Sünde und Tod in die Welt gekommen und Christus<br />

hat uns durch seinen Tod von der Schuld losgekauft. Auf die Frage,<br />

worin denn Adams Schuld bestanden habe, ist zu sagen, daß seine<br />

unverzeihliche, mit dem Tode zu büßende Sünde war, daß er sich<br />

erdreistete,<br />

vom Paradiesesbaum zu pflücken-). Was das für Folgen<br />

hatte, schildert eine orientalische Legende: Einer, dem es vergönnt<br />

war, nach dem Sündenfall noch einen Blick ins Paradies zu werfen,<br />

sah dort den Baum und die vier Ströme. Der Baum aber war verdorrt<br />

und in seinen Zweigen lag ein Kindlein. Die Mutter war schwanger<br />

geworden^).<br />

Dieser bemerkenswerten Sage entspricht die talmudische Tradition,<br />

daß Adam schon vor Eva ein dämonisches Weib besaß, Namens<br />

Lilith, mit der er um die Herrschaft rang. Lilith aber erhob sich<br />

durch den Zauber des<br />

Gottesnamens in die Luft und verbarg sich im<br />

Meer. Adam aber zwang sie zurück mit Hilfe von drei Engeln").<br />

Lilith wurde zu einem Mar, einer Lamia, welche die Schwangeren<br />

bedrohte und die neugeborenen Kinder raubte. Der Parallelmjiihos<br />

ist der der Lamien, der Nachtgespenster, die die Kinder erschreckten.<br />

Die ursprüngliche Sage war, daß Lamia Zeus verlockte,<br />

^) Die Sage von Seth findet sich bei Jubinal: Mysteres inedits du<br />

XV. siecle, T. II, S. 16 ff. Zitiert Zöckler: 1. c, S. 2-il.<br />

*) Die Schuld wird, wie immer, in diesen Mj'then, wenn möglich, auf die<br />

Mutter abgewälzt. Die germanischen heihgen Bäume standen auch unter dem<br />

Gesetz eines absoluten Tabu: es durfte von ihnen kein Blatt abgerissen und<br />

auf dem Boden, soweit ihr Schatten reichte, nichts gepflückt werden.<br />

') Nach der deutschen Sage (Grimm: Bd. II, S. 809) wird der erlösende<br />

Held geboren, wenn der Baum, der jetzt als schwaches Reis aus einer IVIauer<br />

wächst, groß geworden ist und werm aus seinem Holze die Wiege gezimmert<br />

wird, in welcher der Held soll geschaukelt werden. Die Formel lautet (1. c):<br />

„Eine Lände solle gepflanzt werden, die werde oben zwei Plantschen (Äste) treiben,<br />

aus deren Holz eine Poie zu machen sei: Welches Kind in ihr zuerst hegen werde,<br />

das sei bestimmt, mit dem Schwerte vom lieben zum Tode gebracht zu werden<br />

und dann trete Erlösung ein." Auch in germanischen Sagen knüpft sich bemerkenswerterweise<br />

der Eintritt des künftigen Ereignisses an einen keimenden<br />

Baum. Vgl. dazu die Bezeichnungen Christi als ein ,,Reis" oder eine ,,Rute".<br />

*) Worin das Motiv der ,, Vogelhilfe" zu erkennen ist. Engel sind eigenthch<br />

Vögel. Vgl. das Vogelkleid der Unterweltseelen, ,,Seelenvoger'; im Sacrificium<br />

mithriacum ist der Götterbote (der ,, Engel") ein Rabe, der geflügelte Hermes<br />

usw. Die Dreizahl ist phallisch bedeutsam.

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