JAHRBUCH - Glowfish

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292 C. G. Jung. geschieht*^, Zöckleri), für durchaus wfthrscheinlicli. Die vorchristliche Bedeutung des (universell verbreiteten) Symbols widerspricht dieser Auffassung nicht, im Gegenteil, denn sein Sinn ist Leben. Auch das Vorkommen des Kreuzes im Sonnenlailt (hier das gleicharmige und das Swastikakreuz als Darstellung des Sonnenrades) sowie im Kult Christus am Lebensbaum. der Liebesgöttinnen (Isis mit der Crux ansata, dem ,,Tau", dem Speculum veneris 9 usw.) widerspricht der obigen (historischen) Bedeutung keineswegs. Die christliche Legende hat von diesem Symbolismus reichlich Gebrauch gemacht. Für den Kenner mittelalterlicher Kunstgeschichte ist jene Darstellung bekannt, wo das Kreuz aus dem Grabe 1) Das Kreuz Christi. Rel.-hist.-kirchl.-archäol. Untersuchungen, 1875.

Wandlungen und Symbole der Libido. 293 Adams wächst. Die Legende war, daß Adam auf Golgatha begraben lag. Seth hatte auf sein Grab einen Zweig des Paradiesesbaumes gepflanzt, der zum Kreuz- und Totenbaum Christi wurde^). Bekanntlich ist durch Adams Schuld Sünde und Tod in die Welt gekommen und Christus hat uns durch seinen Tod von der Schuld losgekauft. Auf die Frage, worin denn Adams Schuld bestanden habe, ist zu sagen, daß seine unverzeihliche, mit dem Tode zu büßende Sünde war, daß er sich erdreistete, vom Paradiesesbaum zu pflücken-). Was das für Folgen hatte, schildert eine orientalische Legende: Einer, dem es vergönnt war, nach dem Sündenfall noch einen Blick ins Paradies zu werfen, sah dort den Baum und die vier Ströme. Der Baum aber war verdorrt und in seinen Zweigen lag ein Kindlein. Die Mutter war schwanger geworden^). Dieser bemerkenswerten Sage entspricht die talmudische Tradition, daß Adam schon vor Eva ein dämonisches Weib besaß, Namens Lilith, mit der er um die Herrschaft rang. Lilith aber erhob sich durch den Zauber des Gottesnamens in die Luft und verbarg sich im Meer. Adam aber zwang sie zurück mit Hilfe von drei Engeln"). Lilith wurde zu einem Mar, einer Lamia, welche die Schwangeren bedrohte und die neugeborenen Kinder raubte. Der Parallelmjiihos ist der der Lamien, der Nachtgespenster, die die Kinder erschreckten. Die ursprüngliche Sage war, daß Lamia Zeus verlockte, ^) Die Sage von Seth findet sich bei Jubinal: Mysteres inedits du XV. siecle, T. II, S. 16 ff. Zitiert Zöckler: 1. c, S. 2-il. *) Die Schuld wird, wie immer, in diesen Mj'then, wenn möglich, auf die Mutter abgewälzt. Die germanischen heihgen Bäume standen auch unter dem Gesetz eines absoluten Tabu: es durfte von ihnen kein Blatt abgerissen und auf dem Boden, soweit ihr Schatten reichte, nichts gepflückt werden. ') Nach der deutschen Sage (Grimm: Bd. II, S. 809) wird der erlösende Held geboren, wenn der Baum, der jetzt als schwaches Reis aus einer IVIauer wächst, groß geworden ist und werm aus seinem Holze die Wiege gezimmert wird, in welcher der Held soll geschaukelt werden. Die Formel lautet (1. c): „Eine Lände solle gepflanzt werden, die werde oben zwei Plantschen (Äste) treiben, aus deren Holz eine Poie zu machen sei: Welches Kind in ihr zuerst hegen werde, das sei bestimmt, mit dem Schwerte vom lieben zum Tode gebracht zu werden und dann trete Erlösung ein." Auch in germanischen Sagen knüpft sich bemerkenswerterweise der Eintritt des künftigen Ereignisses an einen keimenden Baum. Vgl. dazu die Bezeichnungen Christi als ein ,,Reis" oder eine ,,Rute". *) Worin das Motiv der ,, Vogelhilfe" zu erkennen ist. Engel sind eigenthch Vögel. Vgl. das Vogelkleid der Unterweltseelen, ,,Seelenvoger'; im Sacrificium mithriacum ist der Götterbote (der ,, Engel") ein Rabe, der geflügelte Hermes usw. Die Dreizahl ist phallisch bedeutsam.

292 C. G. Jung.<br />

geschieht*^, Zöckleri), für durchaus wfthrscheinlicli. Die vorchristliche<br />

Bedeutung des (universell verbreiteten) Symbols widerspricht<br />

dieser Auffassung nicht, im Gegenteil, denn sein Sinn ist Leben.<br />

Auch das Vorkommen des Kreuzes im Sonnenlailt (hier das gleicharmige<br />

und das Swastikakreuz als Darstellung des Sonnenrades) sowie im Kult<br />

Christus<br />

am Lebensbaum.<br />

der Liebesgöttinnen (Isis mit der Crux ansata, dem ,,Tau", dem Speculum<br />

veneris 9 usw.) widerspricht der obigen (historischen) Bedeutung<br />

keineswegs. Die christliche Legende hat von diesem Symbolismus<br />

reichlich Gebrauch gemacht. Für den Kenner mittelalterlicher Kunstgeschichte<br />

ist jene Darstellung bekannt, wo das Kreuz aus dem Grabe<br />

1) Das Kreuz Christi. Rel.-hist.-kirchl.-archäol. Untersuchungen, 1875.

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