JAHRBUCH - Glowfish

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280 C. G. Jung. und der großen Schönheit der in sich selbst harmonischen Tiernatur trennte. Diese Trennung manifestierte sich wohl unter Anderm im Inzestverbot und seinen Korrelaten (Heirategesetze usw.), daher sich Schmerz und Zorn auf die Mutter beziehen, wie wenn sie Schuld trüge an der Domestikation des Menscliensohnes. Um seines Inzestwunsches (seines Rückstrebens zur Tiernatur) nicht bewußt zu werden, wirft der Sohn alle schlimmste Schuld auf die Mutter, woraus das Bild der ,,furchtbaren Mutter" entsteht^). Die Mutter wird ihm zum Angstgespenst, zum Mar2). Nach vollendeter Nachtmeerfahrt wird die Lade des Osiris bei Byblos ans Land geworfen und kommt in die Zweige einer Erika zu liegen, die den Sarg umwächst und zum herrlichen Baum emporgedeiht. Der Köniff des Landes ließ den Baum als eine Säule unter sein Dach steilen^). In diese Zeit des Verlorenseins des Osiris (Wintersonnenwende) fällt die seit Jahrtausenden übliche Klage um den gestorbenen Gott und seine evQsoig ist ein Freudenfest. Ein Passus aus dem klagenden Suchen der Isis ist besonders hervorzuheben: Sie flattert als Schwalbe klagend um die Säule, die den im Tode schlafenden Gott umschließt. (Dasselbe Motiv kehrt in der Kyffliäusersage wieder.) Später zerstückelt Typhon die Leiche und zerstreut die Stücke. Dem Zerstückelungsmotiv begegnen wir in zahlreichen Sonnenm}i:hen*) als Umkehrung der Zusammensetzung des Kindes im Mutterleibe^). Tatsächlich sucht auch die Mutter Isis die Stücke des Leichnams mit Hifle des schakalköpfigen Anubis zusammen. 1) Vgl. Frobenius: Das Zeitalter des Sonnengottes. (Sie fand auch ") Vgl. die Nachtmarsagen, in denen der Mar ein schönes Weib ist. 3) Was sehr an die in Astartetempeln aufgestellten phallischen Säulen erinnert. TatsächHch soll auch nach einer Version die Frau des Königs Astarte geheißen haben. Dieses Symbol erinnert an die, passe aderweise iyKÖÄma genannten Kreuze, die eine Reliquie in sich bergen. «) Spielrein (dieses Jahrbuch, Bd. III, S. 358 ff.) weist bei einer dementen Kranken zahkeiche Andeutungen des Zerstücklungsmotivs nach. Bruchstücke von verschiedenen Dingen und Stoffen werden „gekocht" oder ,,verbrannt". „Die Asche kann zum Menschen werden." Patientin sah Kinder in Glassärgen zerschlagen. Dem dort erwähnten „Waschen, Reinigen, Kochen, Verbrennen" usw. kommt neben der Koitusbedeutung noch Schwangerschaftsbedeutung zu, letzteres wahrscheinlich in überwiegendem Maße. ') Letzte Abkömmhnge dieser uralten Kinderentstehungstheorie sind in der Karmalehre enthalten, und das Bild von den Genen der Mendelschen Vorerbungstheorie hegt nicht zu fern ab. Man halte sich nur die subjektive Bedingtheit alles Erkennens vor Augen.

Wandlungen und Symbole der Libido. 281 die Leiche mit Hilfe von Hunden.) Hier wurden die nächtlichen Leichenfresser, die Hunde und Schakale, zur Mithilfe der Zusammensetzung, der Wiedererzeugung^). Dieser Funktion des Leichenfraßes verdankt auch der ägyptische C4eier seine Symbolbedeutung als Mutter. Tu der persischen Urzeit warf man die Leichen hinaus, den Hunden zum Fräße, wie heute noch in den indischen Leichentürraen den Geiern die Beseitigung des Aases überlassen wird. Persien aber kannte die Sitte, dem Sterbenden einen Hund ans Lager zu führen und der Sterbende hatte ihm einen Bissen zu überreichen^). Die Sitte will offenbar zunächst sagen, der Bissen soll dem Hund gehören, damit er den Leib des Sterbenden verschone, ähnlich wie Cerberus beschwichtigt wird durch den Honigkuchen, den ihm Herakles bei der Höllenfahrt überreicht. Wenn wir aber den schakalköpfigen Anubis, der bei der AViederzusammenstellung des zerstückelten Osiris seine guten Dienste leistet, und die Mutterbedeutung des Geiers berücksichtigen, so drängt sich uns die Frage auf, ob nicht mit dieser Zeremonie etwas Tieferes gemeint sei? Mit dieser Idee hat sich auch Creuzer^) beschäftigt und ist zum Schluß gekommen, daß die astrale Form der Hundezeremonie, nämlich das Erscheinen des Hundssternes zur Zeit des höchsten Sonnenstandes, damit in Zusammenhang stehe, daß nämlich das Herbeibringen des Hundes eine kompensatorische Bedeutung habe, indem dadurch der Tod ganz im Gegenteil zum höchsten Sonnenstande gemacht werde. Dies ist durchaus psychologisch gedacht, wie sich aus der ganz allgemeinen Tatsache ergibt, daß der Tod als Eintreten in den Mutterleib (zur Wiedergeburt) aufgefaßt wird. Dieser Deutung durfte auch die sonst rätselhafte Funktion des Hundes im Sacrificium mithriacum zu Hilfe kommen. An dem von Mithras getöteten Stier springt auf den Monumenten immer ein Hund auf. Nun ist aber dieses Sacrificium sowolil durch die persische Legende wie durch die Monumente auch als der Moment höchster Fruchtbarkeit aufgefaßt. Am schönsten kommt dies wohl zum Ausdruck auf dem prachtvollen Mithrasrelief von Heddernheim ; auf der einen Seite einer großen (ehemals wahrscheinlich drehbaren) Steinplatte befindet sich die stereotype Niederwerfung und Opferung des Stieres, auf der andern Seite stehen Sol mit einer Traube in der Hand, Mithras m.it dem Füllhorn, 1) Demeter suchte die Glieder des zerrissenen Dionysos zusammen und gebar den Gott darauf wieder. 2) Vgl. Diodorus, III, 62. ") Symbolik.

Wandlungen und Symbole der Libido. 281<br />

die Leiche mit Hilfe von Hunden.) Hier wurden die nächtlichen<br />

Leichenfresser, die Hunde und Schakale, zur Mithilfe der Zusammensetzung,<br />

der Wiedererzeugung^). Dieser Funktion des Leichenfraßes<br />

verdankt auch der ägyptische C4eier seine Symbolbedeutung als<br />

Mutter. Tu der persischen Urzeit warf man die Leichen hinaus, den<br />

Hunden zum Fräße, wie heute noch in den indischen Leichentürraen<br />

den Geiern die Beseitigung des Aases überlassen wird. Persien aber<br />

kannte die Sitte, dem Sterbenden einen Hund ans Lager zu führen<br />

und der Sterbende hatte ihm einen Bissen zu überreichen^). Die Sitte<br />

will offenbar zunächst sagen, der Bissen soll dem Hund gehören, damit<br />

er den Leib des Sterbenden verschone, ähnlich wie Cerberus beschwichtigt<br />

wird durch den Honigkuchen, den ihm Herakles bei der<br />

Höllenfahrt überreicht. Wenn wir aber den schakalköpfigen Anubis,<br />

der bei der AViederzusammenstellung des zerstückelten Osiris seine<br />

guten Dienste leistet, und die Mutterbedeutung des Geiers berücksichtigen,<br />

so drängt sich uns die Frage auf, ob nicht mit dieser Zeremonie<br />

etwas Tieferes gemeint sei? Mit dieser Idee hat sich auch Creuzer^)<br />

beschäftigt und ist zum Schluß gekommen, daß die astrale Form der<br />

Hundezeremonie, nämlich das Erscheinen des Hundssternes zur Zeit<br />

des höchsten Sonnenstandes, damit in Zusammenhang stehe, daß nämlich<br />

das Herbeibringen des Hundes eine kompensatorische Bedeutung<br />

habe, indem dadurch der Tod ganz im Gegenteil zum höchsten Sonnenstande<br />

gemacht werde. Dies ist durchaus psychologisch gedacht, wie<br />

sich aus der ganz allgemeinen Tatsache ergibt, daß der Tod als Eintreten<br />

in den Mutterleib (zur Wiedergeburt) aufgefaßt wird. Dieser<br />

Deutung durfte auch die sonst rätselhafte Funktion des Hundes im<br />

Sacrificium mithriacum zu Hilfe kommen. An dem von Mithras getöteten<br />

Stier springt auf den Monumenten immer ein Hund auf. Nun ist aber<br />

dieses Sacrificium sowolil durch die persische Legende wie durch die<br />

Monumente auch als der Moment höchster Fruchtbarkeit aufgefaßt.<br />

Am schönsten kommt dies wohl zum Ausdruck auf dem prachtvollen<br />

Mithrasrelief von Heddernheim ; auf der einen Seite einer<br />

großen (ehemals wahrscheinlich drehbaren) Steinplatte befindet sich<br />

die stereotype Niederwerfung und Opferung des Stieres,<br />

auf der andern<br />

Seite stehen Sol mit einer Traube in der Hand, Mithras m.it dem Füllhorn,<br />

1) Demeter suchte die Glieder des zerrissenen Dionysos zusammen und<br />

gebar den Gott darauf wieder.<br />

2) Vgl. Diodorus, III, 62.<br />

") Symbolik.

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