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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 267<br />

Blicket auf zum Retterblick<br />

Alle reuig Zarten,<br />

Euch zu seligem Geschick<br />

Dankend urazuarten.<br />

Werde jeder bess're Sinn<br />

Dir zum Dienst erbötig;<br />

Jungfrau, Mutter, Königin,<br />

Göttin, bleibe gnädig!<br />

Es erhebt sich beim Anblick dieser Schönheit und Größe des Gefühles<br />

eine prinzipielle Frage: ob nämlich die durch Religiosität kompensierte<br />

primäre Tendenz als inzestuös nicht zu eng gefaßt sei. Ich<br />

habe mich darum schon oben dahin ausgedrückt, daß ich den der Libido<br />

entgegengesetzten Widerstand als ,,im Allgemeinen" mit dem Inzestverbot<br />

zusammenfallend betrachte. Ich muß die Definition des psychologischen<br />

Inzestbegriffes noch offen lassen. Ich will aber hier hervorheben,<br />

daß es ganz besonders die Gesamtheit des Sonnenmythus<br />

ist, welche uns dartut, daß die unterste Grundlage des ,, inzestuösen"<br />

Begehrens nicht auf die Kohabitation, sondern auf den eigenartigen<br />

Gedanken hinausläuft, wieder Kind zu werden, in den Elternschutz<br />

zurückzukehren, in die Mutter hinein zu gelangen, um wiederum von<br />

der Mutter geboren zu werden. Auf dem Wege zu diesem Ziele<br />

steht<br />

aber der Inzest, d. h. die Notwendigkeit, auf irgend einem Wege wieder<br />

in der Mutter Leib hinein zu gelangen. Einer der einfachsten Wege<br />

wäre, die Mutter zu befruchten und sich identisch wieder zu erzeugen.<br />

Hier greift hindernd das Inzestverbot ein, daher nun die Sonnenoder<br />

Wiedergeburtsm}i:hen von allen<br />

möglichen Vorschlägen wimmeln,<br />

wie man den Inzest umgehen könnte. Ein sehr deutlicher Umgehungsweg<br />

ist,<br />

die Mutter in ein anderes Wesen zu verwandeln oder zu verjüngeni),<br />

um sie nach erfolgter Geburt (respektive Fortpflanzung)<br />

wieder verschwinden, d. h. sich zurückverwandeln zu lassen. Es ist nicht<br />

die inzestuöse Kohabitation, die gesucht wird, sondern die Wiedergeburt,<br />

zu der man allerdings am ehesten durch Kohabitation gelangen<br />

könnte. Dies ist aber nicht der einzige Weg, obschon vielleicht der<br />

ursprüngliche. Das Hindernis des Inzestverbotes macht die Phantasie<br />

erfinderisch: z. B. wird versucht, durch Befruchtungszauber die Matter<br />

schwanger zu machen (Anwünschen eines Kindes). Versuche in dieser<br />

Hinsicht bleiben natürlich im Stadium mythischer Phantasien stecken.<br />

1) Rank hat dies im Schwanjungfraumythus an schönen Beispielen gezeigt.<br />

Die Lohengrinsage. Schriften zur angewandten Seelenkunde.

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