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JAHRBUCH - Glowfish

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266 C. G. Jung.<br />

Mau geriete<br />

von einer Sackgasse in die andere, wenn man sagen wollte,<br />

dieses S>Tnbol ist für die Mutter gesetzt und jenes für den Penis. Die<br />

feste Bedeutnng der Dinge hat in diesem Reich ein Ende. Einzige<br />

Realität ist dort die Libido; ilir ist: „Alles Vergängliche nur ein<br />

Gleichnis". Es ist also nicht die physische wirkliche Mutter, sondern<br />

die Libido des Sohnes, deren Objekt einst die Mutter war. Wir nehmen<br />

die m}'thologischen S^Tnbole viel zu konkret und wundern uns bei<br />

jedem Schritt über die endlosen Widersprüche, Die Widersprüche<br />

kommen nur daher, daß wir stets wieder vergesesn, daß im Reiche der<br />

Phantasie ,, Gefühl alles" ist. Wenn es also etwa heißt: ,, seine Mutter<br />

war eine böse Zauberin", so lautet die Übersetzung : Der Sohn ist in sie<br />

verliebt, d. h. er ist nicht imstande, die Libido von der Mutterimago<br />

abzulösen, er leidet<br />

daher an inzestuösen Widerständen usw.<br />

Die Wasser- und die Baumsymbolik, die als weitere Attribute<br />

dem Symbole der Stadt beigegeben sind, weisen ebenfalls auf jenen<br />

Libido betrag hin, der unbewußt bei der Mutterimago verankert ist.<br />

Die Apokalypse läßt an gewissen Hauptstellen die unbewußte Psychologie<br />

der religiösen Sehnsucht durchschimmern: die Sehnsucht<br />

nach der Mutter^). Auch die Erwartung des Apokalyptikers endet<br />

bei der Mutter: xal näv xard^^e/ua ovx eoxai sti, und es soll keine Verwünschung<br />

mehr geben. Es soll keine Sünde, keine Verdrängung, kein<br />

Uneinssein mit sich selber mehr sein, keine Schuld, keine Todesangst<br />

und kein Schmerz der Trennung.<br />

So klingt die Apokalypse in jenen selben mystisch strahlenden<br />

Akkord aus, den dichterische Ahnung zwei Jahrtausende später wieder<br />

erlauschte; es ist das letzte Gebet des ,,Doctor Marianus":<br />

Das Apfelpfücken vom Paradiesesbaum ist dem Feuerraub zu vergleichen,<br />

das Zurückholen der Libido von der Mutter. (Vgl. die unten folgenden Erläuterungen<br />

zur spezifischen<br />

Tat des Helden.)<br />

^) Das Verhältnis des Sohnes zur Mutter war die psychologische Grundlage<br />

vieler Kulte. Für die christHche Legende ist die Beziehung des Sohnes zur Mutter<br />

dogmatisch außerordenthch klar. Auch Robertson (Evang. Myth., S. 36) fiel<br />

die Beziehung Chiüsti zu den Marien auf, und er spricht die Vermutung aus, daß<br />

diese Beziehung wahrscheinlich auf einen alten Mythus hinweise, ,,wo ein<br />

palästinensischer Gott, vielleicht des Namens Joschua, in den wechselnden Beziehungen<br />

von Geliebter und Sohn gegenüber einer mythischen Maria auftritt —<br />

eine natürhche Fluktuation in der ältesten Theosophie und eine, die mit Abweichungen<br />

in den Mythen von Mithras, Adonis, Attis, Osiris und Dionysos<br />

vorkommt, die alle mit Muttei-göttinnen und entweder einer Gemahlin oder einer<br />

"weibUchen Doppelgängerin in Verbindung gebracht werden, insofern die Mutter<br />

und Gemahhn gelegentlich identifiziert werden".

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