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JAHRBUCH - Glowfish

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236 C. G. Janp.<br />

liiindert nachgewiesen werden können, kann die mündliche Tradition<br />

ja doch bedeutend weiter zurückreichen und es wäre niclit unmöglich,<br />

daß eine Brücke zum Orient existierte. Dort ist die Parallelfigur Chidr<br />

oder al Chadir, der von Rückert besungene Cliidher, der ,,Ewig<br />

Junge". Die Legende ist rein islamitisch. Das sonderbare aber ist,<br />

daß Chidher nicht nur ein Heiliger, sondern in sufischen lüeison')<br />

sogar bis zu göttlicher Bedeutung emporsteigt. Bei dem strengen<br />

Monotheismus des Islam ist man geneigt, bei Chidher an eine vorislamitische<br />

arabische Gottheit zu denken, die von der<br />

neuen Religion<br />

zwar offiziell nicht anerkannt, aber aus politischen Gründen toleriert<br />

worden sei. Davon ist aber nichts nachzuweisen. Die ersten Spuren des<br />

Chidher finden sich in den Korankommentatoren Buch äri (gest.<br />

870 p. Chr.) und Tabari (gest. 923 p. Chr.), und zwar im Kommentar<br />

zu einer merkwürdigen Stelle der 18. Sure des Koran. Die 18. Sure<br />

ist betitelt: ,,die Höhle", nämlich nach der Höhle der Siebenschläfer,<br />

die<br />

nach der Legende 309 Jahre darin schliefen und so der Verfolgung<br />

entgingen und in einer neuen Ära erwachten. Ihre Legende wird in der<br />

18. Sure erzählt und daran werden allerhand Betrachtungen geknüpft.<br />

Die wunscherfüllende Idee der Legende ist ganz klar. Der mystische<br />

Stoff dazu ist die unveränderliche Vorlage des Sonnenlaufes: die Sonne<br />

geht zeitweise unter, stirbt aber nicht.<br />

Sie verbirgt sich im ,, Schöße"<br />

des Meeres oder in einer unterirdischen Höhle-) und wird am Morgen<br />

wieder heil ,,<br />

geboren". Die Sprache, in welche dieses astronomische<br />

Ereignis sich kleidet, ist von klarer Symbolik: die Sonne kehrt in den<br />

Mutterschoß zurück und wird nach einiger Zeit wieder geboren.<br />

Natürlich ist dieser Vorgang eigentlich eine mzestuöse Handlung, wovon<br />

auch mythologisch noch deutliche Spuren erhalten sind, nicht zum<br />

mindesten in dem Umstände, daß die sterbenden und wiedererstehenden<br />

Götter die Liebhaber der eigenen Mutter sind, respektive sich durch<br />

die eigene Mutter hindurch erzeugt haben. Christos als der fleischgewordene<br />

Gott hat sich<br />

durch Maria selbst erzeugt; Mithras hat das<br />

gleiche getan. Diese Götter sind unverkennbare Sonnengötter, daher<br />

die Sonne dasselbe auch tut, um sich wieder zu erneuern. Natürlich<br />

ist nicht anzunelimen, daß die Astronomie zuerst kam und dann solche<br />

Göttervorstellungen; der Weg war, wie immer, umgekehrt, und zwar<br />

^) Mystiker.<br />

^) Auch Agni, das Feuer, verbirgt sich bisweilen in einer Höhle, muß<br />

deshalb wieder geholt respektive durch Zeugung aus der Höhle des weiblichen<br />

Holzes herausgebracht werden. Vgl. Kuhn: Herabk. des Feuers.

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