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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 225<br />

besonders die untere animalische Hälfte theriomorph dargestellt ist,<br />

hat uns Bertschi nger gegeben^). Die Libido, welche theriomorph<br />

repräsentiert wird, ist die „tierische" Sexualität, welche sich in verdrängtem<br />

Zustande befindet. Bekanntlich geht die Geschichte der<br />

Verdrängung auf das Inzestproblem zurück, wo sich die ersten Grünae<br />

für den moralischen Widerstand gegen die Sexualität auftun. Die<br />

Objekte der verdrängten Libido sind in letzter Linie die Imagines von<br />

Vater und Mutter, daher die theriomorplien S}Tnbole, sofern sie<br />

nicht<br />

bloß allgemein die Libido symbolisieren, gern Vater und Mutter darstellen<br />

(z. B. Vater durch einen Stier, Mutter durch eine Kuh dargestellt).<br />

Aus dieser Wurzel dürften, wie wir früher zeigten, die theriomorphen<br />

Attribute der Gottheit stammen. Insofern verdrängte Libido<br />

unter gewissen Bedingungen sich wieder als Angst manifestiert, sind<br />

diese Tiere meist schrecklicher Natur. Im Bewußtsein hängt man<br />

mit allen Fasern der Pietät an der Mutter, im Traum verfolgt sie einen<br />

als schreckliches Tier. Die Sphinx, mythologisch betrachtet, ist nun<br />

tatsächlich ein Angsttier, das deutliche Züge eines Mutterderivates<br />

erkennen läßt: In der Sage des ödipus ist die Sphinx gesandt von<br />

Here, welche Theben um der Geburt des Bacchus willen haßte. Indem<br />

ödipus die Sphmx, welche nichts anderes als die Angst vor der<br />

Mutter ist, überwindet, muß er Jokaste, seine Mutter, freien, da der<br />

Thron und die Hand der verwitweten Königin von Theben dem zugehörten,<br />

der das Land von der Sphinxplage befreite. Die Genealogie<br />

der Sphinx ist reich an Beziehungen auf das hier angeregte Problem:<br />

sie ist eine Tochter der Echidna, eines Mischwesens, oben eine schöne<br />

Jungfrau, unten eine gräuliche Schlange. Dieses Doppelwesen entspricht<br />

dem Bilde der Mutter: oben die menschliche liebenswerte<br />

anziehende Hälfte, unten die animalische, durch das Inzestverbot in<br />

ein Angsttier umgewandelte, furchtbare Hälfte. Die Echidna stammt<br />

von der Allmutter, der Mutter Erde, Gäa, welche mit Tartaros,<br />

der personifizierten Unterwelt (dem Orte der Angst), sie zeugte. Echidna<br />

selber ist die Mutter aller Schrecken, der Chimära, Scylla, Gorgo, des<br />

scheußlichen Cerberus, des nemeischen Löwen und des Adlers, der des<br />

Prometheus Leber fraß, außerdem zeugte sie noch eine Reihe von<br />

Drachen. Einer ihrer Söhne ist auch Orthrus, der Hund des ungeheuerlichen<br />

Geryon, der von Herakles getötet wurde. Mit diesem Hunde,<br />

S. 69 ff.<br />

1^) Bertschinger: Illustrierte Halluzinatioaen. Dieses Jalirbuch, Bd. III,<br />

Jahrbuch für psjohoanalyt u. psychopathol. Forschungen. IV. 1^

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