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JAHRBUCH - Glowfish

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220 C. G. Jung.<br />

ZU überwinden ist. Sie ist die Mutter so unendlich vieler Übel, nicht<br />

zuletzt der neurotischen Beschwernisse. Denn ganz besonders aus dem<br />

Dunste stehengebliebener Libidoreste entwickeln sich<br />

jene schädlichen<br />

Phantasienebel, welche die Realität so verschleiern, daß die Anpassung<br />

beinahe unmöglich wird. Wir wollen aber hier den Grundlagen der<br />

Inzestphantasien nicht weiter nachspüren; die vorläufige Andeutung<br />

meiner rein psychologischen Auffassung des Inzestproblems<br />

möge genügen. Hier soll uns nur die Frage beschäftigen, ob der Widerstand,<br />

der bei unserer Autorin zur Introversion führt, eine bewußte<br />

äußere Schwierigkeit bedeute oder nicht. Wäre es eine äußere SchAvierigkeit,<br />

so würde zwar die Libido heftig aufgestaut, sie würde eine Hochflut<br />

von Phantasien erzeugen, die man am besten als Pläne bezeichnet;<br />

nämlich Pläne, Avie man das Hindernis überwinden könnte. Es wären<br />

sehr konkrete Wirklichkeitsvorstellimgen, welche Lösungen anzubahnen<br />

suchen.<br />

Es wäre ein angestrengtes Nachdenken, das zu allem andern<br />

wohl eher führte, als zu einem hypnagogischen Drama. Der oben geschilderte<br />

passive Zustand will zu einem wirklichen äußern Hindernis gar<br />

nicht passen, sondern deutet eben durch seine passive Ergebenheit auf eine<br />

Tendenz, die unzAveifelhaft reale Lösungen verschmäht und einen<br />

phantastischen Ersatz bevorzugt. Es dürfte sich demnach in letzter<br />

Linie und wesentlich<br />

nur um einen Innern Konflikt handeln, etwa in<br />

der Art jener früheren Konflikte, welche zu den beiden ersten unbewußten<br />

Schöpfungen geführt haben. Wir sind demnach zu dem Schlüsse<br />

genötigt,<br />

daß das äußere Objekt nicht geliebt werden kann, weil ein<br />

überwiegender Libidobetrag ein phantastisches Objekt bevorzugt,<br />

das zum Ersatz der fehlenden Wirklichkeit aus den Tiefen des UnbeAVußten<br />

heraufgeholt werden soll.<br />

Die auf den ersten Stufen der Introversion sich ergebenden<br />

visionären Phänomene rangieren unter den bekannten Erscheinungen^)<br />

der hypnagogischen Vision (sog. ,, Eigenlichterscheinungen" des Auges).<br />

Sie bilden, wie ich in einer früheren Arbeit auseinandersetzte, die<br />

Grundlage der eigentlichen Visionen, der symbolischen Selbstwahrnehmungen<br />

der Libido, wie wir jetzt sagen könnten.<br />

Miller fährt fort: ,,Ich hatte darauf den Eindruck, als ob irgend eine<br />

Mitteilung mir unmittelbar bevorstehe. Es schien mir, als ob die Worte<br />

^) Vgl. dazu: Joh. Müller: Über die phantastischen Gesichtserscheinungen,<br />

Coblenz, 1826, und Jung: Zur Psychologie und Pathologie sogenannter okkulter<br />

Phänomene.

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