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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. 215<br />

losigkeit ist eine äußerst sinnvolle Institution vom psychologischen<br />

Standpunkt aus, indem sie<br />

einen durch Gesetze genau umschriebenen<br />

Ersatz der onanistischen Regressionsmögliclikeit darstellt^). Dem Inhalt<br />

der Zeremonie kann das Gesetz nicht gelten, denn es ist für die rituelle<br />

Handlung eigentlich ganz gleichgültig, ob sie so oder so vorgenommen<br />

wird. Dagegen ist es sehr wesentlich, ob die aufgestaute Libido durch<br />

eine sterile Onanie abgeführt oder auf Sublimierungswege übergeleitet<br />

wird. Der Onanie gelten in erster Linie jene strengen Schutzmaßregeln-).<br />

Ich verdanke Freud einen weiteren bemerkenswerten Hinweis<br />

auf die onanistische Natur des Feuerraubes oder vielmehr des Motivs<br />

der schwer erreichbaren Kostbarkeit (wozu der Feuerraub gehört).<br />

Es sind mehrfach in der Mythologie Formulierungen vorhanden,<br />

die etwa folgendermaßen lauten: Das Kostbare soll von einem Tabubaume<br />

gepflückt oder abgerissen werden (Paradiesbäum, Hesperiden),<br />

was eine verbotene und gefährliche Handlung ist. Am klarsten<br />

in jeder Hinsicht Lst der altbarbarische Gebrauch im Dienste der Diana<br />

von Alicia : Priester der Göttin kann nur werden, wer in ihrem heiligen<br />

Hain einen Ast abzureißen wagt. Das ,, Abreißen" hat sich in der Vulgärsprache<br />

(neben dem ,, Abreiben") als Symbol des onanistischen<br />

Aktes erhalten. So ist das ,,Reiben" wie das ,,Reißen", welche beide<br />

in manthämi enthalten und anscheinend nur durch den Mythus<br />

des Feuerraubes verbunden sind, in einer tieferen Schicht, im onanistischen<br />

Akt verknüpft, worin ,,Reiben" im eigentlichen,<br />

, .Reißen"<br />

aber im übertragenen Sinne verwendet ist. Es wäre demnach vielleicht<br />

zu erwarten, daß in der tiefsten Schicht, nämlich der inzestuösen,<br />

die dem autoerotischen Stadium vorausgeht^), die beiden Bedeutungen<br />

^) Vgl. dazu die grundlegenden Ausführungen Freuds: Zwangshandlungen<br />

und Religionsübung. Sammlung kleiner Schriften zur Neurosenlehre, Bd. II,<br />

S. 122 ff.<br />

*) Ich bin mir wohl bewußt, daß die Onanie nur ein Zwischenphänomen<br />

ist. Es erübrigt immer noch das Problem der originalen Libidozerspaltung,<br />

') Ich nenne in konsequenter Anwendung meiner im vorigen Kapitel<br />

erörterten Terminologie das Stadium nach der Inzestliebe das Auto-Erotische,<br />

wobei ich das Erotische hervorhebe als ein Regressivphänomen: die an der<br />

Inzestschranke aufgestaute Libido besetzt regressiv eine ältere, der inzestösen<br />

Objektliebe vorausgehende Funktionsweise, die man unter dem Bleulerschen<br />

Terminus Autismus begreifen könnte, nämlich die Funktion der puren<br />

Selbsterhaltung, die vorzugsweise durch die Ernährungs funkt ion gekennzeichnet<br />

ist. Man kann aber auf die vorsexuelle Stufe den Terminus ,, Autismus"<br />

darum nicht mehr wohl anwenden, indem er bereits für den Geisteszustand der

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