JAHRBUCH - Glowfish
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196 C. G. Jung. Koitusspiel, d. h. ursprünglich war dies Spiel wohl einfach Koitus in der Form der sakramentalen Begattung, welche noch lange ein geheimer Bestandteil gewisser Kulte war und in Sekten wieder aufgenommen wurde!). ^ lassen sich in den Zeremonien der Zinzen- Das lateinische arare heißt bloß pflügen, die Phrase aber „fundura alienum arare" heißt: „die Kirschen in Nachbars Garten pflücken". Eine treffliche Darstellung des phallischen Pfluges findet sich auf einer Vase des archcäologischen Museums in Florenz: Es sind darauf eine Reihe von 6 nackten ithyphallischen Männern abgebildet, die einen phallisch dargestellten Pflug tragen (Dieterich: Mutter Erde, S. 107'ff . ). Der , ,carrus navalis" (Carneval) unseres Frülilingsfestes war im Mittelalter bisweilen ein Pflug. (Hahn: Demeter und Baubo. Zitiert b. Dieterich, 1. c, S. 109.) Herr Dr. Abegg in Zürich macht mich aufmerksam auf die geistreiche Arbeit von R. Meringer: Wörter und Sachen. Indogerm. Forschungen, 16, 179/84, 1904. Wk werden hier mit einer sehr weitgehenden Verschmelzung der Libidosymbole mit äußerem Stoff und äußerer Tätigkeit bekannt gemacht, welche unsere obigen Überlegungen in außerordenthchem Maße stützt. Meringers Überlegung geht von zwei indogermanischen Wurzehi aus, uen und ueneti. der Hölzer'. Idg. *uen Holz, ai. van, vana. Agni ist garbhas vanäm, ,Leibesfrucht Idg. * ueneti hieß ,er ackert' ; damit ist das Anbohren des Bodens mittels eines spitzen Holzes und das darauffolgende Aufreißen des Bodens gemeint. Dieses Verbum selbst ist nicht belegt, da die damit bezeichnete primitive Bearbeitung des Ackers (,Hackbau') schon sehr früli ausgestorben ist. Als man eine bessere BehancUung des Ackers kennen lernte, ging die Bezeichnung des primitiven Kulturbodens auf die Weide, die Trift über; hierher got. vinja voßrj; altisl. vin Grasplatz, Weide. Dazu vieUeicht auch die isl. Vanen als Ackerbaugötter. ' Aus ,ackern' entsteht coire (dieser Zusammenhang wäre wohl umzukehren); dazu idg. * uenos ,Liebesgenuß', lat. venus. (Vgl. dazu die Wurzelbedeutung uen = Holz!) Aus coire — ,leidenschaftUch erstreben'; vgl. ahd. ^ vinnan , toben . Dazu auch got. vens iÄmg, ahd. wän Erwartung, Hoffnung; skrt. van begehren; ferner ,Wonne'; altisl. vinr Geliebter, Freund. Aus der Bedeutung ,ackern' entsteht 'wohnen' ; dieser Übergang hat sich nur im Germanischen vollzogen. Aus wohnen > gewöhnen, gewohnt sein; altisl. vanr ,gewohnt'. Aus ,ackern' ferner ^ sich mühen, plagen; altisl. vinna arbeiten ; ahd. winnansich abarbeiten; — got. vinnan jrdö^ftv, vunns näßwa. Aus ,ackern' entsteht anderseits ,gewinnen, erlangen', ahd. giwinnan; aber auch ,verletzen': got. vunds ,wund'. „Wund" im ursprünglichsten Sinne war somit zuerst der durch den Hackbau aufgerissene Boden. Aus ,verletzen' dann auch .schlagen, besiegen' ; ahd. winna Streit; altsächs. winnan kämpfen. 1) Der alte Brauch des „Brautlagers" auf dem Acker, welches dazu bestmimt war, den Acker fruchtbar zu machen, enthält den Urgedanken in elementarster Form: damit war die Analogie in klarster Weise ausgedrückt: So wie ich das Weib befruchte, befruchte ich die Erde. Das Symbol leitet Sexualhbido über auf die BebauungundBefruchtungder Erde. Vgl. dazu Mannhardt Wald- und Feldkulte, I, woselbst reichliche Belege zu finden sind.
Wandlungen und Symbole der Libido. 197 dorfischen Religionsübung Anklänge an das Koitussakrament aufweisen, ebenso in anderen Sekten. (Vgl. dazu das letzte Kapitel.) Man kann sich unschwer denken, daß, wie die oben erwähnten Australneger das Koitusspiel in dieser Weise aufführen, dasselbe Spiel auch in einer andern Weise aufgeführt werden könnte, und zwar eben in Form der Feuererzeugung. Statt durch zwei auserwählte Menschen wurde der Koitus durch zwei Simulacra von Menschen dargestellt, durch Purüravas und Urvagi, durch Phallus und Vulva, durch Bohrer und Loch. Wie hinter anderen Gebräuchen der primitive Gedanke der sakramentale Beischlaf ist, so auch hier die Urtendenz eigentlich der Akt selber ist. Denn der Akt der Befruchtung ist der Höhepunkt, das eigentliche Fest des Lebens und wohl würdig zum Kern eines religiösen Mysteriums zu werden. Wie wir schließen dürfen, daß die Erdlochsymbolik der AVatschandies zunächst an Stelle des Koitus tritt mit dem weiteren Horizont der Erdbefruchtung, so wäre ebenfalls die Feuererzeugung als Ersatz des Koitus zu denken, und zwar wäre aus diesem Raisonnement konsequent weiter zu schließen, daß die Erfindung der Feuerbereitung eben dem Drange, ein Symbol für den Sexualakt einzusetzen, zu verdanken ist^). Wir kehren hier für einen Moment zum infantilen Symptom des Bohrens zurück. Denken wir uns, daß ein erwachsener Icräftiger Mann mit derselben Ausdauer und der entsprechenden Energie wie dieses Kind, das Bohren mit zwei Hölzern ausführt, so kann er bei diesem Spiel leicht die Feuererfindung machen. Von größter Bedeutung bei ^) Spielreins Kranke (Jahrbuch IIT, S. 371) bringt Feuer und Zeugung ebenfalls unmißverständlich zusammen; sie sagt darüber folgendes: ,,Das Eisen braucht man zum Zwecke der Erddurchbohrung, zum Zwecke des Feuerschlusses. (Dazu ist aus der .Mithrashturgie anzumerken: In der Anrufung des feiuigen Gottes heißt es: ö Owdijöag Jivevjuan rd nvQiva ukeidga xov ovgavov: „Der du mit dem Geisthauch die feurigen Schlösser des Himmels verschlossen hast — öffne mir.") „Mit dem Eisen kann man aus dem Steine kalte Menschen schaffen." Die Erddurchbohrung hat bei ihr Befruchtungs- oder Geburtsbedeutung. S. 382 sagt sie: ,,Mit dem glühenden Eisen kann man den Berg durchbohren. Das Eisen wird glühend, wenn man es in einen Stein bohrt." Vgl. dazu die Etvmologie von bohren und gebären (oben). In TOiseau bleu von Maeterlinck finden die beiden Kinder, die im Lande der ungeborenen Kinder den blauen Vogel suchen, einen Knaben, der in der Xase bohrt. Von ihm heißt es: Er werde ein neues Feuer erfinden, um die Erde wieder zu erwärmen, wenn sie erkaltet sein wird.
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Koitusspiel, d. h. ursprünglich war dies Spiel wohl einfach Koitus<br />
in der Form der sakramentalen Begattung, welche noch lange ein<br />
geheimer Bestandteil gewisser Kulte war und in Sekten wieder aufgenommen<br />
wurde!). ^ lassen sich in den Zeremonien der Zinzen-<br />
Das lateinische arare heißt bloß pflügen, die Phrase aber „fundura alienum arare"<br />
heißt: „die Kirschen in Nachbars Garten pflücken". Eine treffliche Darstellung<br />
des phallischen Pfluges findet sich auf einer Vase des archcäologischen Museums in<br />
Florenz: Es sind darauf eine Reihe von 6 nackten ithyphallischen Männern abgebildet,<br />
die einen phallisch dargestellten Pflug tragen (Dieterich: Mutter Erde,<br />
S. 107'ff<br />
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). Der ,<br />
,carrus navalis" (Carneval) unseres Frülilingsfestes war im Mittelalter<br />
bisweilen ein Pflug. (Hahn: Demeter und Baubo. Zitiert b. Dieterich, 1. c, S. 109.)<br />
Herr Dr. Abegg in Zürich macht mich aufmerksam auf die geistreiche<br />
Arbeit von R. Meringer: Wörter und Sachen. Indogerm. Forschungen, 16,<br />
179/84, 1904. Wk werden hier mit einer sehr weitgehenden Verschmelzung der<br />
Libidosymbole mit äußerem Stoff und äußerer Tätigkeit bekannt gemacht, welche<br />
unsere obigen Überlegungen in außerordenthchem Maße stützt. Meringers<br />
Überlegung geht von zwei indogermanischen Wurzehi aus, uen und ueneti.<br />
der Hölzer'.<br />
Idg. *uen Holz, ai. van, vana. Agni ist garbhas vanäm, ,Leibesfrucht<br />
Idg. * ueneti hieß ,er ackert' ; damit ist das Anbohren des Bodens mittels<br />
eines spitzen Holzes und das darauffolgende Aufreißen des Bodens gemeint. Dieses<br />
Verbum selbst ist nicht belegt, da die damit bezeichnete primitive Bearbeitung<br />
des Ackers (,Hackbau') schon sehr früli ausgestorben ist. Als man eine bessere<br />
BehancUung des Ackers kennen lernte, ging die Bezeichnung des primitiven Kulturbodens<br />
auf die Weide, die Trift über; hierher got. vinja voßrj; altisl. vin Grasplatz,<br />
Weide. Dazu vieUeicht auch die isl. Vanen als Ackerbaugötter.<br />
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Aus ,ackern' entsteht coire (dieser Zusammenhang wäre wohl umzukehren);<br />
dazu idg. * uenos ,Liebesgenuß', lat. venus. (Vgl. dazu die Wurzelbedeutung uen =<br />
Holz!)<br />
Aus coire — ,leidenschaftUch erstreben'; vgl. ahd.<br />
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vinnan , toben .<br />
Dazu<br />
auch got. vens iÄmg, ahd. wän Erwartung, Hoffnung; skrt. van begehren; ferner<br />
,Wonne'; altisl. vinr Geliebter, Freund. Aus der Bedeutung ,ackern' entsteht<br />
'wohnen' ; dieser Übergang hat sich nur im Germanischen vollzogen. Aus wohnen ><br />
gewöhnen, gewohnt sein; altisl. vanr ,gewohnt'. Aus ,ackern' ferner ^ sich mühen,<br />
plagen; altisl. vinna arbeiten ; ahd. winnansich abarbeiten; — got. vinnan jrdö^ftv,<br />
vunns näßwa. Aus ,ackern' entsteht anderseits ,gewinnen, erlangen', ahd.<br />
giwinnan; aber auch ,verletzen': got. vunds ,wund'. „Wund" im ursprünglichsten<br />
Sinne war somit zuerst der durch den Hackbau aufgerissene Boden. Aus ,verletzen'<br />
dann auch .schlagen, besiegen' ; ahd. winna Streit; altsächs. winnan kämpfen.<br />
1) Der alte Brauch des „Brautlagers" auf dem Acker, welches dazu bestmimt<br />
war, den Acker fruchtbar zu machen, enthält den Urgedanken in elementarster<br />
Form: damit war die Analogie in klarster Weise ausgedrückt: So wie ich das<br />
Weib befruchte, befruchte ich die Erde. Das Symbol leitet Sexualhbido<br />
über auf die BebauungundBefruchtungder Erde. Vgl. dazu Mannhardt<br />
Wald- und Feldkulte, I, woselbst reichliche Belege zu finden sind.