JAHRBUCH - Glowfish

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190 CG. Jung. Auf diese vorsexucUe Stufe können gewisse Regressionen zurückgreifen: es scheint, nach den bislierigen Erfahrungen zu schließen, dies bei der Regression der Dementia praecox die Regel zu sein. Icli möchte zwei kurze Beispiele erwähnen: der eine Fall betrifft ein junges Mädchen, das in der Verlobungszeit an Katatonie erki'ankte. Wie sie mich zum ersten Male sah, kam sie plötzlich auf mich zu, umarmte mich und sagte: ,,Papa, gib mir zu essen!" Der andre Fall betrifft eine junge Magd, die sich beldagte, man verfolge sie mit Elektrizität und bringe ihr damit ein sonderbares Gefühl an den Genitalien bei, ,,wie wenn es da miten esse und trinke". Diese regressiven Phänomene zeigen, daß auch von der Distanz des modernen Geistes aus noch jene früheren Stationen der Libido einer regressiven Besetzung fähig sind. Man kann daher annehmen, daß in früheren Entwicklungsstadien der Menschheit dieser Weg noch weit gangbarer war als heute. Es wäre daher von prinzipiellem Interesse, zu erfahren, ob sich Spuren davon in der Geschichte erhalten haben. Wir verdanken es der verdienstvollen Arbeit Abrahams^), daß wir auf eine völkergeschichtliche Phantasie des Bohrens aufmerksam wurden, welche in der bedeutenden Schrift Adalbert Kuhns-) eine besondere Bearbeitung gefunden hat. Durch diese Untersuchungen werden wir mit der Möglichkeit bekannt gemacht, daß der Feuerbringer Prometheus ein Bruder des indischen Pramantha, nämlich des männlichen, feuerreibenden Holzstückes sein könnte. Der indische Feuerholer heißt Mätarigvan, und die Tätigkeit des Feuerbereitens wird in den hieratischen Texten immer mit dem Verbum manthämi^) bezeichnet, welches schütteln, reiben, durch Reiben hervorbringen heißt. Kuhn hat dieses Verbum in Beziehung zum Griechischen juav{^a.v(D gesetzt, welches ,,lernen" heißt, und ebenso die Begriffsverwandtschaft erläutert^). Das Tertium comparationis dürfte im 1) Traum und Mythus, Deuticke, Wien 1909. 2) A. Kuhn: Mythologische Studien. Bd. I: Die Herabkunft des Feuers und des Göttertrankes. 2. Aufl., Güttersloh, 1886. Eine sehr gut zu lesende, auszugsweise Mitteilung des Inliaits findet sich bei Steinthal: Die ursprüngliche Form der Sage von Prometheus. Zeitschr. f. Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft. Bd. II, 1862, ebenso bei Abraham, 1. c. *) Auch mathnämi und mäthäyati. Der Wurzel manth oder math kommt eine besondere Bedeutung zu. *) Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung, II, 395 u. IV, 124.

Wandlungen und Symbole der Libido. 191 Rhjrthmus liegen (das Hin- und Herbewegen im Geiste). Nach Kuhn soll die Wurzel nianth oder matli über /navddvco {judi9)]iiia, /.id^Tjoig), jiQO-iu7]&eojuai auf IlQOjuijßevg führen, der bekanntlich der griechische Feuerräuber ist. Durch ein im Sanskrit allerdings nicht belegtes Wort „pramäthjais", das von pramantha her vermittelt und dem die Doppelbedeutung von „Reiber" und „Räuber" zukäme, wird der Übergang auf Prometheus bewerkstelligt. Dabei verursacht aber die Vorsilbe ,,pra" besondere Schwierigkeit, so daß die ganze Ableitung von einer Reihe von Autoren bezweifelt und zum Teil für verfehlt gehalten wird. Es wird dagegen hervorgehoben, daß, wie der thurische Zeus den hier besonders interessierenden Beinamen nQo-juav&evg führt, so könnte auch nQo-/ur]'&evg gar kein ursprüngliches indogermanisches Stammwort, das zu skr. pramantha Beziehung hatte, sein, sondern wäre nur Beiname. Dieser Auffassung kommt eine Hesychglosse entgegen: 'Wag: 6 xcbv Tiidvojv xrjgv^ IlQOjLüjdevg. Eine andere Hesychglosse erklärt i^atvo/uai {laivoj erhitzen), als 'OeQi.iaivoi.iai, wodurch für 'I-ddg die Bedeutung ,,der Flamjnende" analog zu Aldwv oder 0?.eyvag herauskommt^). Die Beziehung von Prometheus zu pramantha dürfte demnach wohl kaum eine so direkte sein, wie Kühn vermutet. Die Frage einer indirekten Beziehung ist damit nicht ausgeschlossen. Vor allem ist ÜQojiDj'&Evg auch als Beiname zum*/^d? von großer Bedeutung, indem der ,,Flammende" der ,,Vorbedenker" ist. (Pramati = Vorsorge ist auch Attribut des Agni, obschon pramati anderer Ableitung ist). Prometheus aber gehört auch dem Stamme der Piilegyer an, welche von Kuhn in unbestrittene Beziehung zu der indischen Priesterfamüie der Bhrgu gesetzt werden^). Die Bhrgu sind wie Mätarigvan (der in der „Mutter Schwellende") auch Feuerholer. Kuhn bringt eine Stelle bei, wonach Bhrgu auch aus der Flamme entsteht, also gleich Agni. (,,In der Flamme entstand Bhrgu, Bhrgu geröstet, verbrannte nicht.") Diese Anschauung führt auf eine verwandte Wurzel von Bhrgu, nämlich slcr. bhräy = leuchten, lat. fulgeo, und griech. cp/Jyco (skr. bhargas = Glanz, lat. fulgur) Bhrgu erscheint demnach als der ,,Leuchtende", ^hyvag heißt eine gewisse Adlerart wegen ilirer brandgelben Farbe. Klar ist der Zusammenhang mit cpXeyeiv ~ brennen. Die Phlegyer Sp. 3034, 54. ^) Bapp in Roschers Lex. Sp. 3034. ^) Bhrgu = 93A£;i'y, ein anerkannter Laut Zusammenhang. Siehe Röscher,

190 CG. Jung.<br />

Auf diese vorsexucUe Stufe können gewisse Regressionen zurückgreifen:<br />

es scheint, nach den bislierigen Erfahrungen zu schließen,<br />

dies bei der Regression der Dementia praecox die Regel zu sein. Icli<br />

möchte zwei kurze Beispiele erwähnen: der eine Fall betrifft ein junges<br />

Mädchen, das in der Verlobungszeit an Katatonie erki'ankte. Wie sie<br />

mich zum ersten Male sah, kam sie plötzlich auf mich zu, umarmte<br />

mich und sagte: ,,Papa, gib mir zu essen!" Der andre Fall betrifft eine<br />

junge Magd, die sich beldagte, man verfolge sie mit Elektrizität und<br />

bringe ihr damit ein sonderbares Gefühl an den Genitalien bei, ,,wie<br />

wenn es da miten esse und trinke".<br />

Diese regressiven Phänomene zeigen,<br />

daß auch von der Distanz<br />

des modernen Geistes aus noch jene früheren Stationen der Libido<br />

einer regressiven Besetzung fähig sind. Man kann daher annehmen,<br />

daß in früheren Entwicklungsstadien der Menschheit dieser Weg noch<br />

weit gangbarer war als heute. Es wäre daher von prinzipiellem<br />

Interesse, zu erfahren, ob sich Spuren davon in der Geschichte erhalten<br />

haben.<br />

Wir verdanken es der verdienstvollen Arbeit Abrahams^),<br />

daß wir auf eine völkergeschichtliche Phantasie des Bohrens aufmerksam<br />

wurden, welche in der bedeutenden Schrift Adalbert Kuhns-)<br />

eine besondere Bearbeitung gefunden hat. Durch diese Untersuchungen<br />

werden wir mit der Möglichkeit bekannt gemacht, daß der Feuerbringer<br />

Prometheus ein Bruder des indischen Pramantha, nämlich des<br />

männlichen, feuerreibenden Holzstückes sein könnte. Der indische<br />

Feuerholer heißt Mätarigvan, und die Tätigkeit des Feuerbereitens<br />

wird in den hieratischen Texten immer mit dem Verbum manthämi^)<br />

bezeichnet, welches schütteln, reiben, durch Reiben hervorbringen<br />

heißt. Kuhn hat dieses Verbum in Beziehung zum Griechischen<br />

juav{^a.v(D gesetzt, welches ,,lernen" heißt, und ebenso die Begriffsverwandtschaft<br />

erläutert^). Das Tertium comparationis dürfte im<br />

1) Traum und Mythus, Deuticke, Wien 1909.<br />

2) A. Kuhn: Mythologische Studien. Bd. I: Die Herabkunft des Feuers<br />

und des Göttertrankes. 2. Aufl., Güttersloh, 1886. Eine sehr gut zu lesende,<br />

auszugsweise Mitteilung des Inliaits findet sich bei Steinthal: Die ursprüngliche<br />

Form der Sage von Prometheus. Zeitschr. f. Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft.<br />

Bd. II, 1862, ebenso bei Abraham, 1. c.<br />

*) Auch mathnämi und mäthäyati. Der Wurzel manth oder math kommt<br />

eine besondere Bedeutung zu.<br />

*) Zeitschr. f. vergl. Sprachforschung, II, 395 u. IV, 124.

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