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JAHRBUCH - Glowfish

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Wandlungen und Symbole der Libido. I80<br />

gegeben werden mnß, damit die Libidotheorie auch auf die Dementia<br />

praecox Anwendung finden kann. Daß sie dort anwendbar ist, zeigt<br />

am besten Freuds glänzende Untersuchung der Schreberschen<br />

Phantasien. Die Frage ist nur, ob der von mir in Vorschlag gebrachte<br />

genetische Libido begriff nun auch noch für die Neurosen passe. Ich<br />

glaube, diese Frage darf bejaht werden. Natura non facit saltus — es<br />

ist nicht bloß zu erwarten, sondern sogar sehr wahrscheinlich, daß<br />

wenigstens temporär und in verschiedenen Abstufungen auch bei den<br />

Neurosen Funktionsstörungen vorkommen, die über die Reichweite<br />

des Rezentsexuellen hinausgehen, auf jeden Fall gilt dies von psychotischen<br />

Episoden.<br />

Ich halte die Erweiterung des Libidobegriffes, die durch die jüngsten<br />

analytischen Arbeiten vorbereitet wurde, für<br />

einen wesentlichen<br />

Fortschritt, der namentlich dem gewaltigen Arbeitsgebiet der Introversionspsychosen<br />

zugute kommen wird. Dort liegen die Beweise für<br />

die Richtigkeit meiner Annahme schon bereit. Es hat sich nämlich<br />

durch eine Reihe von Arbeiten der Züricher Schule, die erst zum Teil<br />

veröffentlicht sind^), herausgestellt, daß die phantastischen Ersatzprodukte,<br />

welche an Stelle der gestörten Realitätsfunktion<br />

treten, deutliche Züge archaischen Denkens tragen. Diese<br />

Konstatierung geht dem oben aufgestellten Postulat parallel,<br />

wonach<br />

der Wirkh'chkeit nicht bloß ein rezenter (individueller) Libidobetrag<br />

entzogen wird, sondern auch eine bereits differenzierte („desexiialisierte")<br />

Libidomenge, welche beim normalen Menschen seit unvordenklichen<br />

Zeiten die Realitätsfunktion besorgte. Eine Wegnahme<br />

der letzten Erwerbungen der Realitätsfimktion (oder Anpassung) muß<br />

notwendigerweise durch einen früheren Anpassungsmodus ersetzt<br />

werden. Wir finden diesen Grundsatz bereits in der Neurosenlehre,<br />

daß nämlich eine infolge Verdrängung fehlschlagende rezente Übertragung<br />

durch einen alten Übertragungsweg ersetzt wird, nämlich durch<br />

eine Regressivbelebung der Elternimago beispielsweise. In der (Übertragungs)<br />

Neurose, wo von der Realität bloß der rezentsexuelle Libidobetrag<br />

durch die spezifische Sexualverdrängung weggenommen wird,<br />

ist das Ersatzprodukt eine Phantasie individueller Provenienz und<br />

Tragweite und es fehlen,<br />

bis auf Spuren, jene archaischen Züge an den<br />

Phantasien jener Geistesstörungen, bei denen ein Stück allgemein<br />

menschhcher und seit Alters organisierter Realitätsfunktion weg-<br />

1) Spielrein: Über den psychologischen Inhalt eines Falles von Schizophrenie.<br />

Dieses Jahrbuch, Bd. III, S. 329.

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