JAHRBUCH - Glowfish
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178 C. G. Jung. des Lustprinzips ist eine voluntaristisclie Formulierung des Introjelctionsbegriffes, während sein wiederum voluntaristisch gefaßtes „Realitätsprinzip" funktionell dem entspricht, was ich als „Realitätskorrelrtur" bezeichne und R. Avenarius als „empiriokri tische Prinzipialkoordination". (Vgl. Avenarius, Menschl. Weltbegr. S. 25 ff.) Derselben Introjektion verdankt der Kraftbegriff sein Dasein; wie schon Galilei es klar ausgesprochen hat, daß sein Ursprung in der subjektiven Wahrnehmung der eigenen Muskelkraft zu suchen ist. Wenn wir schon einmal zu der kühnen Annahme gekommen sind, daß Libido, die ursprünglich der Ei- und Samenproduiction diente, nunmehr auch in der Funktion des Nestbaues fest organisiert und keiner andern Verwendung mehr fähig auftritt, dann sind wir auch genötigt, jedes Wollen überhaupt, also auch den Hunger, in diesen Begriff einzubeziehen. Denn wir haben dann keinerlei Berechtigung mehr, das Wollen des Nestbauinstinkts von dem Essenwollen prinzipiell unterscheiden. Diese Betrachtung führt uns auf einen Libidobegriff, der über die Grenzen naturwissenschaftlicher Formung zu einer philosophischen Anschauung sich erweitert, zu einem Begriff des Willens überhaupt. Ich muß es dem Philosophen überlassen, mit diesem Stück eines psychologischen Voluntarismus fertig zu werden. Ich verweise im übrigen auf die hier entsprechenden Ausführungen Schopenhauers^). Was das Psychologische dieses Begriffes (worunter ich, wohlverstanden, nicht das Metapsychologische respektive Metaphysische verstehe) anbelangt, so erinnere ich hier an die kosmogonische Bedeutung des Eros bei Piaton und bei Hesiod^) sowie an die orphische Figur desPhanes, des ,,Leuchtenden", des Erstgewordenen, des ,,Vaters des Eros". Phanes hat auch (orphisch) die Bedeutung des Priapos, er ist ein Liebesgott, zwiegeschlechtig und dem thebanischen Dionysos Lysios gleichgesetzt^). Die orphische Bedeutung des Phanes kommt der des indischen Käma gleich, dem Liebesgott, der auch kosmogonisches Prinzip ist. Beim Neuplatoniker Plotin ist die Weltseele die Energie des Intellektes*). Plotin vergleicht das Eine (das schaffende Urprinzip) mit dem Licht überhaupt, den Intellekt mit der Sonne (c^), die Weltseele mit dem Mond (?). Ein anderer zu 1) Welt als WiUe und VorsteUung, Bd. I, § 54. *) Theogonie. 3) Vgl. Röscher: Lex., S. 2248 ff. *) Drews: Plotin, Jena 1907, S. 127.
Wandlungen und Symbole der Libido. 179 Vergleich ist, daß Plotin das Eine mit dem Vater und den Intellekt mit dem Sohne vergleicht^). Das Eine als Uranos bezeichnet ist transzendent. Der Sohn als Kronos hat die Regierung der sichtbaren Welt. Die Weltseele (als Zeus bezeichnet) erscheint als ihm untergeordnet. Das Eine oder die Usia des gesamten Daseins wird von Plotin als Hypostase bezeichnet, ebenso auch die drei Emanationsformen, also f.da ovoia iv zQiolv vjTooxdoeaiv, — wie Drews bemerkt, ist dies aber auch die Formel der christlichen Trinität (Gott-Vater, Gott- Sohn und Heiliger Geist), wie sie auf den Konzilien zu Nikäa und Konstantinopel festgestellt wurde^). Es erübrigt noch anzumerken, daß gewisse frühchristliche Sektierer dem Heiligen Geist (Weltseele, Mond) mütterliche Bedeutung beilegten. (Vgl. unten über das Chi im Timaeus.) Die Weltseele hat bei Plotin Neigung zum geteilten Sein und zur Teilbarkeit, der Conditio sine qua non aller Veränderung, Schöpfung und Fortpflanzung (also mütterliche Qualität), sie ist ein ,, unendliches All des Lebens" und ganz Energie; sie ist ein lebendiger Organismus der Ideen, die in ihr zur Wirksamkeit und Wirklichkeit gelangen^). Der Intellekt ist ihr Erzeuger, ihr Vater, das in ihm Angeschaute bringt sie im Sinnlichen zur Entfaltung*). ,,Was im Intellekt zusammengeschlossen liegt, das kommt als Logos in der Weltseele zur Entfaltung, erfüllt sie mit Inhalt und macht sie gleichsam von Nelrtar trunken'')." Nektar ist analog Soma Fruchtbarkeits- und Lebenstrank, also Sperma. Die Seele wird vom Intellekt befruchtet (also vom Vater, vgl. unten die analogen ägyptischen Vorstellungen). Sie heißt als ,,obere" Seele himmlische Aphrodite, als ,, untere" irdische Aphrodite. Sie kennt ,,die Schmerzen der Geburt"^) usw. Aphrodite ns Vogel, die Taube, ist nicht vergebens Symbol des Heiligen Geistes. Dieser Abschnitt aus der Geschichte der Philosophie, der sich leicht noch vermehren ließe, zeigt die Bedeutung der endo psychischen Wahrnehmung der Libido und ihrer Symbole für das menschhche Denken. In der Mannigfaltigkeit der natürlichen Erscheinung sehen wir das Wollen, die Libido, in verschiedenster Anwendung und Formung. 1) 1. c, S. 132. ') I. c., S. 135. *) Plotin: Enneaden, II, 5, 3. *) Enn., IV, 8, 3. ") Enn., III, 5, 9. 6) 1. c, 141. 12*
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178 C. G. Jung.<br />
des Lustprinzips ist eine voluntaristisclie Formulierung des Introjelctionsbegriffes,<br />
während sein wiederum voluntaristisch gefaßtes<br />
„Realitätsprinzip" funktionell dem entspricht, was ich als „Realitätskorrelrtur"<br />
bezeichne und R. Avenarius als „empiriokri tische Prinzipialkoordination".<br />
(Vgl. Avenarius, Menschl. Weltbegr. S. 25 ff.)<br />
Derselben Introjektion verdankt der Kraftbegriff sein Dasein; wie<br />
schon Galilei es klar ausgesprochen hat, daß sein Ursprung in der<br />
subjektiven Wahrnehmung der eigenen Muskelkraft zu suchen ist.<br />
Wenn wir schon einmal zu der kühnen Annahme gekommen sind,<br />
daß Libido, die ursprünglich der Ei- und Samenproduiction diente,<br />
nunmehr auch in der Funktion des Nestbaues fest organisiert und keiner<br />
andern Verwendung mehr fähig auftritt,<br />
dann sind wir auch genötigt,<br />
jedes Wollen überhaupt, also auch den Hunger, in diesen Begriff<br />
einzubeziehen. Denn wir haben dann keinerlei Berechtigung mehr,<br />
das Wollen des Nestbauinstinkts von dem Essenwollen prinzipiell<br />
unterscheiden.<br />
Diese Betrachtung führt uns auf einen Libidobegriff, der über<br />
die Grenzen naturwissenschaftlicher Formung zu einer philosophischen<br />
Anschauung sich erweitert, zu einem Begriff des Willens überhaupt.<br />
Ich muß es dem Philosophen überlassen, mit diesem Stück eines psychologischen<br />
Voluntarismus fertig zu werden. Ich verweise im übrigen<br />
auf die hier entsprechenden Ausführungen Schopenhauers^). Was<br />
das Psychologische dieses Begriffes (worunter ich, wohlverstanden,<br />
nicht das Metapsychologische respektive Metaphysische verstehe)<br />
anbelangt, so erinnere ich hier an die kosmogonische Bedeutung des<br />
Eros bei Piaton und bei Hesiod^) sowie an die orphische Figur<br />
desPhanes, des ,,Leuchtenden", des Erstgewordenen, des ,,Vaters<br />
des Eros". Phanes hat auch (orphisch) die Bedeutung des Priapos,<br />
er ist ein Liebesgott, zwiegeschlechtig und dem thebanischen Dionysos<br />
Lysios gleichgesetzt^). Die orphische Bedeutung des Phanes<br />
kommt der des indischen Käma gleich, dem Liebesgott, der auch<br />
kosmogonisches Prinzip ist. Beim Neuplatoniker Plotin ist die Weltseele<br />
die Energie des Intellektes*). Plotin vergleicht das Eine<br />
(das schaffende Urprinzip) mit dem Licht überhaupt, den Intellekt<br />
mit der Sonne (c^), die Weltseele mit dem Mond (?). Ein anderer<br />
zu<br />
1) Welt als WiUe und VorsteUung, Bd. I, § 54.<br />
*) Theogonie.<br />
3) Vgl. Röscher: Lex., S. 2248 ff.<br />
*) Drews: Plotin, Jena 1907, S. 127.