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JAHRBUCH - Glowfish

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172 C. G. Jung.<br />

fahrung nötigt zur Annahme einer Verlagerungsfälügkcit der Libido,<br />

indoni zweifellos Funktionen oder Lokalisationen nicht sexueller Triebla-äfte<br />

fähig sind, einen gewissen Betrag an sexueller Triebkraft, einen<br />

,,libidinösen Zuschuß" aufzunehmen^). Es können dadurch Funlrtionen<br />

oder Objekte Sexualwert erhalten, die unter normalen Umständen und<br />

eigentlich nichts mit Sexualität zu tun haben-). Aus dieser Tatsaclie<br />

ergibt sich der Freudsche Vergleich der Libido mit einem Strom,<br />

der teilbar ist, der sich stauen läßt, der in Kollateralen überfließt usw.^).<br />

Freuds ursprüngliche Auffassung erklärt also nicht ,, alles sexuell"<br />

wie unsere Gegner zu behaupten belieben, sondern anerkennt die<br />

Existenz besonderer ihrer Natur nach weiter nicht bekannter Triebkräfte,<br />

denen Freud aber, gedrängt durch die offenkundigsten Tatsachen,<br />

die jedem Laien einleuchten, die Fähigkeit zuschreiben mußte,<br />

,,libidinöse Zuschüsse" zu empfangen. Das zugrunde liegende hypothetische<br />

Bild ist das Symbol des ,, Triebbündels", ^) worin der Sexualtrieb<br />

als ein Partialtrieb des ganzen Systems figuriert. Sein Übergreifen<br />

in andere Triebgebiete ist eine Erfahrungstatsache. Die aus<br />

dieser Auffassung sich abzweigende Theorie Freuds, wonach die Triebkräfte<br />

eines neurotischen Systems eben jenen libidinösen Zuschüssen<br />

zu anderen (nicht sexuellen) Triebfunlrtionen entsprechen^) ist durch<br />

^) Freud (Drei Abhandlungen, 1. Aufl., S. 26): ,, Neben einem, an sich<br />

nicht sexuellen, aus motorischen Impulsquellen stammenden ,^Trieb" unterscheidet<br />

man an — den Partialtrieben — einen<br />

Organ (Haut usw.).<br />

Beitrag von einem Reize aufnehmenden<br />

Letzteres soU hier als erogene Zone bezeichnet werden, als<br />

jenes Organ, dessen Erregung dem Triebe den sexuellen Charakter verleiht."<br />

") Freud (1. c, S. 12): ,,Eine bestimmte dieser Berührungen, die der<br />

beiderseitigen Lippenschleimhaut, hat als Kuß — einen hohen sexuellen Wert<br />

erhalten, obwohl die dabei in Betracht kommenden Körperteile nicht dem Geschlechtsapparat<br />

angehören, sondern den Eingang zum Verdauungskanal bilden."<br />

") Siehe Freud: 1. c. S. 28.<br />

*) Eine alte Anschauung, der bekanntlich Möbius wieder zu ihrem Rechte<br />

zu verhelfen suchte. Unter den Neuern sind es Fouillee, Wundt, Beneke,<br />

Spencer, Ribot u. a., welche dem Triebsystem das psychologische Primat zuerkennen.<br />

Von den älteren Philosophen und Psychologen wollen wir ganz absehen.<br />

5) Freud (Drei Abhandlungen, 1. Aufl., S. 22): ,,Ich muß vorausschicken,<br />

daß diese Psychoneurosen, soweit meine Erfahrungen reichen, auf sexuellen Triebkräften<br />

beruhen.<br />

Ich meine dies nicht etwa so, daß die Energie des Sexualtriebes<br />

einen Beitrag zu den Kräften liefert, welche die krankhaften Erscheinungen unterhalten,<br />

sondern ich will ausdrücklich behaupten, daß dieser Anteil der einzig<br />

konstante und die wichtigste Energiequelle der Neurose ist, so daß das Sexualleben<br />

der betreffenden Personen sich entweder ausschließlich oder vorwiegend<br />

oder nur teilweise in diesen Symptomen äußert."

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