01.11.2013 Aufrufe

JAHRBUCH - Glowfish

JAHRBUCH - Glowfish

JAHRBUCH - Glowfish

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

"Wandlungen und Symbole der Libido. 169<br />

Vater^). Das Motiv der Mißgestalt, welches der kabirische Kult<br />

stark verwendet, ist auf dem Vasenbild ebenfalls vorhanden, indem<br />

die Parallelfiguren zu Dionysos und Ilaig die karikierten Miro? und<br />

IlQaTolaog sind. Wie vorher der Größenunterschied Anlaß zur Spaltung<br />

wird, so hier die Mißgestalt^).<br />

Ohne zunächst weitere Nachweise zu bringen, möchte ich bemerken,<br />

daß von dieser Erkenntnis aus ganz besondere Schlaglichter<br />

auf die ursprüngliche psychologische Bedeutung der religiösen Heroen<br />

fallen.<br />

Dionysos steht in einem innigen Zusammenhang mit der Psychologie<br />

des vorderasiatischen, sterbenden und auferstehenden Gottheilandes,<br />

dessen mannigfache Abwandlungen sich in der Figur des<br />

Christos zu einem die Jahrtausende überdauernden festen Gebilde<br />

verdichtet haben. Wir gewinnen von unserem Standpunkt aus die<br />

Einsicht, daß diese Heroen sowie ihre typischen Schicksale Abbilder<br />

der menschlichen Libido und ihrer typischen Schicksale sind.<br />

Es sind<br />

imagines, wie die Gestalten unserer nächtlichen Träume, die Schauspieler<br />

und Interpreten unserer geheimen Gedanken. Und da wir heutzutage<br />

die Symbolik der Träume zu enträtseln und dadurch die geheime<br />

psychologische Entwicklungsgeschichte des Individuums zu<br />

erraten vermögen, so eröffnet sich hier ein Weg zum Verständnis der<br />

geheimen Triebfedern der psychologischen Entwicklung der Völker.<br />

Unsere obigen Gedankengänge, welche die phallische Seite der<br />

Libidosymbolik dartun, zeigen auch, wie sehr berechtigt der terminus<br />

„Libido" ist^). Ursprünglich vom Sexuellen hergenommen, ist dieses<br />

^) Ich erwähne, daß Stekel in der Traumsymbolik diese Art der Darstellung<br />

des Genitale aufgespürt hat, ebenso Spielrein bei einem Falle von<br />

Dementia praecox. Dieses Jahrbuch, Bd. III, S. 369.<br />

") Die dazu gestellte Figur der Kgäreia, der „Gebärenden", überrascht<br />

insofern, als ich schon geraume Zeit die Vermutung hege, daß die rehgions bildende<br />

Libido aus der primitiven Beziehung zur Mutter sich anscheinend erübrigt hat.<br />

^) In der gleichzeitig mit meinem I. Teil erschienenen Abhandlung Freuds<br />

(Psychoanalytische Bemerkungen über einen Fall von Paranoia usw., dieses<br />

Jahrbuch, Bd. III, S. 68) findet sich eine dem Sinne meiner Ausführungen völlig<br />

parallele Bemerkung Freuds über die aus den Phantasien des geisteskranken<br />

Schreber sich ergebende „Libidotheorie": ,,Die durch Verdichtung von<br />

Sonnenstrahlen, Nervenfasern und Samenfäden komponierten ,Gottes*-<br />

strahlen Schrebers sind eigentlich nichts anderes als die dinglich dargestellten,,<br />

nach außen projizierten Libidobesetzungen und verliehen seinem Wahne eine<br />

auffällige Übereinstimmung mit unserer Theorie. Daß die Welt untergehen muß,<br />

weil das Ich des Kranken alle Strahlen an sich zieht, daß er später während des<br />

Rekonstruktionsvorganges ängstlich besorgt sein muß, daß Gott nicht die Strahlen-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!