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JAHRBUCH - Glowfish

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Spermatozoenträume. 151<br />

kahlen Zimmer^), welches durch üppige Portieres von dem Schlafzimmer<br />

meiner Eltern getrennt ist.<br />

In einer Ecke des Zimmers stehen<br />

meine beiden Schwestern Marthe und Lieschen^). Beide sind gewachsen<br />

und verändert. IVIich auf die Begrüßung namentlich Marthes<br />

(des älteren von den beiden Kindern) freuend, breite ich die Arme<br />

ihr entgegen. Sie drüclct sicli, groß und ernst mich anschauend, in die<br />

Ecke, wie zurüclcweichend vor mir, und als ob sie mich nicht erkennte.<br />

Lieschen aber läuft mir entgegen und umarmt mich; da kommt auch<br />

Marthe zögernd zu mir und läßt sich auf die Wange küssen von mir,<br />

sie küßt mich nicht.<br />

Gleich öffnet sich auch die Portiere und im Nachtgewand<br />

kommt nun Vater heraus, umarmt mich freudig, hebt mich<br />

in die Höhe und küßt mich beständig auf den Mund, bis er<br />

seine Zunge ganz tief in meinen Mund steckt. Mich ekelt's und ich<br />

denke mir: ,Ach, der Papa ist noch immer so leidenschaftlich^)' und<br />

möchte mich losmachen. Im nächsten Moment befinde<br />

ich mich auf der Straße, mit dem Gedanken beschäftigt,<br />

daß ich meine Mutter suchen gehe.<br />

„An einer Straßenecke sitzen mein Bruder Gustav und<br />

seine Braut Dora und betteln die Leute an. Ich gehe hin<br />

und sage ihm: ,Bitte, gib mir etwas Geld, ich habe meine<br />

Tasche in der großen Eile vergessen'. Er greift bereitwillig<br />

in die Tasche und holt eine Handvoll ganz neue Silberkronen<br />

heraus. Ich bewundere die Schönheit des Geldes<br />

und will eine Krone nehmen, da sehe ich, daß das Silber<br />

sich in Elfenbein verwandelt und daß in fremdartiger<br />

Plastik kleine dünne Figuren sichtbar werden. Ich bin<br />

sehr enttäuscht und denke mir: Ach, die will ich gar nicht<br />

haben, und laufe davon, ohne ein Wort zu sagen. Ich suche<br />

meine Mutter weiter. Endlich glaube ich, sie von weitem unter einigen<br />

Frauen kommen zu sehen.<br />

Ich erkenne sie an ihrer frisch gewaschenen<br />

Bluse und Schürze. Ich laufe ihr entgegen, von der Nähe waren mir<br />

1) Agathe kennt die gegenwärtige Wohnung ihrer Eltern nicht, denn<br />

diese sind in Abwesenheit Agathens umgezogen. Sie leben in ärmlichen Verhältnissen;<br />

deshalb stellt sich Agathe die Wohnung auch in Wirklichkeit kahl vor.<br />

^) Agathe hat noch eine dritte Schwester, mit der sie in reger Korrespondenz<br />

steht. Die beiden hier genannten sind Kinder, die dritte Schwester hat die<br />

Pubertät bereits überschritten, zählt also gewissermaßen schon zu den Erwachsenen.<br />

3) Er pflegt von jeher seine Kinder wirkhch mit eigentümlicher Leidenschaftlichkeit<br />

zu küssen.

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