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JAHRBUCH - Glowfish

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144 Herbert Silberer.<br />

unter. Bei der Biegung weichen sie einem Kalme, der gerade heruntersaust,<br />

aus, indem sie aus der Bahn heraus und auf so eine Stelle<br />

treten, wie die, wo ich stehe. Wie der Kahn vorbei ist, sehe ich<br />

nur einen Soldaten, in licht graublauem Mantel. Ich möchte unendlich<br />

gern den Weg, der in das fremde Land führt, gehen,<br />

doch aus einem unbestimmten Grund kann ich es nicht. Ich befinde<br />

mich nun auf einer Eisenbahn — es war nämlich so, als ob ich<br />

schon früher in der Eisenbahn gewesen und vorhin bloß ausgestiegen<br />

gewesen wäre, um zuzuschauen. (Die Eisenbalm geht in<br />

der gleichen<br />

Richtung wie der Eisweg.) Ich stehe draußen^), beim offenen Fenster<br />

und passe auf, wann wir ankommen. Die Kähne sieht man immerwährend<br />

den Weg liinuntersausen. Der Zug kommt nachts in einem<br />

dunklen Bahnhof an. (Dabei verspüre ich eine Erleichterung und eine<br />

Spaimung; ob das auch der richtige Bahnhof ist.) Ich kann den Namen<br />

des Ortes nicht entziffern, trotz meiner Bemühung. Es erscheint mir<br />

aber sehr wichtig, den Namen zu erfahren. Ich habe einen Kahn in<br />

der Hand und soU ihn am richtigen Ort den anderen (Kähnen) nach<br />

hinunterschicken. Wie der Zug hinausfährt, sehe ich wieder den Eisweg,<br />

und traurig sende ich meinen leeren Kahn aus dem<br />

Coupefenster hinunter. In dem Moment bemerke ich, daß es gar<br />

kein Kahn, sondern ein Trog ist. Ich hoffe, bald in dem fremden Land<br />

anzukommen, indem der Zug mit mir weitersaust, und da erwache ich."<br />

Als Agathe mir die mündliche Darstellung dieses Traumes gab,<br />

war ich bei der Schilderung der ersten Szene verblüfft: dies gemäldeartig<br />

gesehene Bild — ist das nicht ein leibhaftiger Spermatozoentraum,<br />

von der Laune des Zufalls mir zur Bestätigung der gestern<br />

gehörten Beobachtungen geschickt? ! Die dünnen, zarten Gestalten,<br />

die auf glitschiger Fährte hinabschießen, in ein verlockendes ,,fremdes<br />

Land" — sind das nicht prächtige Spermatozoen? Der schmelzende<br />

Schnee, weiß und von halbflüssiger Konsistenz (auch klebrig pflegt<br />

der schmelzende Schnee zu sein) — war das nicht ein treffender<br />

Ersatz der menschlichen Samenflüssigkeit? Und daß sich Agathe<br />

selbst in dem Schnee befand und in das ,,fremde Land" hineinzubewegen<br />

im Begriffe war — läßt das nicht gar eine Vaterleibsphantasie<br />

vermuten? Ich beschloß indes mich durch die verblüffende<br />

Übereinstimmung nicht irremachen zu lassen und jede<br />

Voreingenommenheit abzulegen. Den Traum weiter erzählen hörend,<br />

^) D. h. nämlich im Korridor des Waggons.

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