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JAHRBUCH - Glowfish

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114 Otto Rank.<br />

auf dem Gipfel eines Berges ein Boot bauen. „Der junge Mann wundert<br />

sich, wie dies wohl zum Meere hinabkommen würde. Die Frau beruhigt<br />

ihn aber. Sie laden Nahrungsmittel in das Boot. Dann setzen sie sich<br />

hinein — oben auf dem Berggipfel. Dann fing aber die Frau an zu harnen<br />

und aus ihrem Harn entstand ein großer Fluß, Auf dem Fluß begaben<br />

sie sich fort."<br />

Endlich besitzen wir noch eine für unsere Beweisführung sehr<br />

wertvolle Überlieferung der Antike, welche die aufgedeckten Beziehungen<br />

wie in einem Brennpunkt zusammenfaßt. In der bekannten Her od o-<br />

tischen Version der Kyrossage (1, 107 u. ff.) wird ein Traum des später<br />

von Kyros seiner Königswürde beraubten Astyages berichtet,<br />

welcher<br />

seine Tochter Mandane betrifft. ,,Einst sah er sie im Traum,<br />

wie so viel Wasser von ihr ging, daß seine ganze Stadt davon<br />

erfüllt und ganz Asien überschwemmt wurde." In der weniger<br />

bekannten Ktesianischen Version der Sage wird dieser Traum psychologisch<br />

getreuer der mit dem zukünftigen Kyros bereits schwangeren<br />

Mandane selbst zugeschrieben^), die vielleicht in noch deutlicherer<br />

vesikaler Symbolik träumt, „es sei so viel Wasser von ihr gegangen,<br />

^) Daß der Traum bei Herodot dem Vater zugeschrieben wird, erscheint uns<br />

keineswegs als willkürHche Variante, denn in dem der Sage zugrimde hegenden<br />

Famihenroman ist es regehnäßig der leibhche Vater des noch ungeborenen Knaben,<br />

dem ein verhüllter Traum Gefahr und Verderben vom Sohne prophezeit. Aus<br />

dem ganzen mythischen Material und dem psychologischen Zusammenhang ist<br />

dieser dem Astyages zugeschriebene Traum als symbolisch eingekleideter Inzest<br />

mit der Tochter aufzufassen, die er wie andere ähnlich gesinnte Väter keinem<br />

Manne görmt und strenge bewachen läßt. Das zur Welt gebrachte Kind ist dann<br />

tatsächlich sein eigener Sohn, wie in den meisten verwandten Überlieferungen<br />

und seine Aussetzung erfolgt dann, wie in einer Reihe anderer Sagen, um die<br />

eingetretenen Folgen des Inzests zu vertuschen. Der Kieis der Beweisführung<br />

in diesem Sinne wird geschlossen diu-ch die einander ergänzenden und deutenden<br />

Berichte des Herodot und Ktesias. Nach dem ersten ist Kjn^os ein Sohn von<br />

Astyages Tochter, nach dem zweiten nimmt er aber nach Besiegung des Astyages<br />

dessen Tochter, also seine Herodotische Mutter, zur Frau und tötet ihren Marm,<br />

der bei Herodot als sein Vater auftritt. Wie der Traimi Cäsars vom Gesclilechtsverkehre<br />

mit der Mutter von den Magiern als Ankündigmig von der Besitzergreifung<br />

der Mutter Erde rationalistisch ausgelegt wird, so darf man hier umgekehrt<br />

den Traum von dem durch eine imgeheuere Flut benäßten cuimus der<br />

Tochter seinem latenten Inhalt nach als Geburtstraum auffassen, dem speziell<br />

der Geschlechtsakt zwischen Vater und Tochter zugrunde liegt, der aber bereits<br />

auf die gleiche Besitzergreifung der Mutter (ganz Asien, Mutter Erde) durch den<br />

Sohn hindeutet, weswegen dieser eben von dem eifersüchtigen Vater ausgesetzt<br />

wird, aber doch seinem für ihn sieg- und rulunreichen Schicksal nicht entgeht.<br />

(Vgl. dazu: Der Mythus von der Geburt des Helden, 1909.)

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