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JAHRBUCH - Glowfish

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Das autistiscbe Denken.<br />

"<br />

bestehen können, so darf es nicht auffallen, wenn der Autismus alles<br />

irgendwie gebotene Denkmaterial, und wenn es noch so unrichtig ist,<br />

zu benutzen vermag, und wenn er beständig mit unvollkommen<br />

gedachten Begriffen operiert und Begriffe, die nur eine objektiv recht<br />

nebensächliche Komponente gemeinsam haben, füreinander eintreten<br />

läßt,<br />

so daß die Ideen in den gewagtesten Symbolen ausgedrückt, und<br />

daß diese Symbole oft verkannt und im eigentlichen Sinne aufgefaßt<br />

werden, wobei das eine Ding für das andere auftritt, imd es zu wirklichen<br />

Verschiebmigen kommt ^). Der Patient möchte aus Eifersucht wegen<br />

der Mutter dem Vater den Tod wünschen; auf dem Wege über „Erzeuger"<br />

identifiziert er auch in diesem Zusammenhang den Vater mit<br />

der Mutter und sieht nun diese als tot. Die Liebe wird nach bekaimter<br />

Analogie mit dem Feuer symbolisiert, das der Schizophrene wieder<br />

als real auffaßt und in Halluzinationen des Gebranntwerdens, d. h.<br />

in wirkliche Empfindungen umsetzt.<br />

Merkwürdig ist auch, wie weit der Autismus von den zeitlichen<br />

Verhältnissen absehen kann. Gegenwart und Vergangenheit und Zukunft<br />

mengt er rücksichtslos durcheinander. Vor Jahrzehnten für das<br />

BewuJ3tsein erledigte Strebungen sind in ihm noch lebendig ; Erinnerungen,<br />

die dem reahstischen Denken längst unzugänglich geworden sind,<br />

werden wie frische benutzt, vielleicht sogar mit Vorliebe, weil sie<br />

weniger auf Widerspruch mit der Aktualität stoßen. Gegenüber der<br />

Wirklichkeit, also im realistischen Denken, sind eine Menge von Erlebnissen<br />

erledigt; es gibt keinen logischen Grund mehr, sie im Handeln<br />

oder Denken zu berücksichtigen. Erinnerungen haben aber ihren Gefühlston,<br />

der oft gerade durch den Gegensatz gegen die Wirklichkeit noch<br />

erhöht wird, und dieser Gefühlston verwandelt sehr leicht die Vorstellung<br />

,,wenn mein Vater noch lebte" ganz unmerklich in die andere:<br />

„mein Vater lebt". Freud sagt, das Unbewußte sei zeitlos, das möchte<br />

ich nicht unterschreiben; aber in bezug auf das autistische Denken<br />

ist der Ausspruch insofern richtig, als es die zeitUchen Verhältnisse<br />

ganz ignorieren kann, aber nicht ignorieren muß.<br />

Der Gegensatz zwischen den beiden Funktionen ist aber auch<br />

hier kein absoluter. Der Autismus verschmäht natürhch Begriffe und<br />

Zusammenhänge, die die Erfahrung gegeben hat, durchaus nicht,<br />

aber er benutzt sie nur insofern, als sie seinen Zwecken nicht wider-<br />

^) Vom realistischen Denken werden Symbole auch benutzt, aber unter<br />

normalen Umständen nur mit dem beständigen Bewußtsein, daß sie einen andern<br />

Begriff vertreten.

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