Programmheft - 1. Schlosskonzert - Theater Nordhausen
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EINMAL FÜR ERWACHSENE UND Stücke gemacht“, notierte Clara Anfang<br />
SERENADE FÜR STREICHER<br />
6 EINMAL FÜR DIE JUGEND<br />
September 1848 ins gemeinsame Ehetagebuch.<br />
Schumann unterteilte das Album<br />
von Juliane Hirschmann<br />
von Juliane Hirschmann<br />
7<br />
Robert Schumann war eine literarischmusikalische<br />
Doppelbegabung. Er schrieb<br />
früh Gedichte und Artikel und galt als<br />
hochbegabter Pianist. Ein Jurastudium<br />
brach er 1830 ab, um Musiker zu werden,<br />
doch die von ihm angestrebte Pianistenlaufbahn<br />
– Unterricht erhielt er<br />
lange durch den Vater seiner späteren<br />
Frau Clara Wieck – zerschlug sich bald,<br />
da Schumann mit seiner rechten Hand<br />
Probleme bekam. Fortan konzentrierte<br />
er sich auf das Komponieren und schrieb<br />
viel literarisch inspirierte Klaviermusik.<br />
Auch die „Kinderszenen“ aus dem Jahr<br />
1838 sind durchdrungen von Motiven<br />
literarischer Romantik, etwa der Sehnsucht<br />
nach unbekannten fernen Welten<br />
in „Von fremden Ländern und Menschen“,<br />
dem Interesse am Ungewöhnlichen,<br />
Skurrilen oder Humorvollen in<br />
„Kuriose Geschichte“ oder dem Wunsch<br />
nach Abkehr von der alltäglichen Außenwelt<br />
und Rückzug in die Innerlichkeit in<br />
der berühmten „Träumerei“. Dabei sind<br />
die Klavierstücke keineswegs für Kinder<br />
und junge Schüler gedacht, wie es der<br />
Titel vermuten ließe. Schumann dachte<br />
vielmehr an Reflexionen Erwachsener<br />
über ihre eigene Jugend, „Rückspiegelungen<br />
eines Älteren für Ältere“ wie er<br />
es formulierte.<br />
Anders als mit den „Kinderszenen“ komponierte<br />
Schumann 1848 mit dem „Album<br />
in eine Abteilung „Für Kleinere“ und eine<br />
(technisch etwas anspruchsvollere) „Für<br />
Erwachsenere“ und berücksichtigte<br />
jeweils ebenso technische wie musikalische<br />
Probleme. Er legte Wert auf eine<br />
Vielfalt an Formen und Stilen, wechselte<br />
zwischen homophoner und polyphoner<br />
Schreibweise, ging von einfachen zu<br />
schwierigen Tonarten, von kürzeren<br />
zu längeren Stücken. Der Rezensent in<br />
der Zeitschrift „Signale für die Musikalische<br />
Welt“ (Februar 1849) betonte den<br />
Unterschied zu den „Kinderszenen“:<br />
„Sehr nahe liegt der Vergleich dieses<br />
Albums mit den ‚Kinderszenen‘ desselben<br />
Verfassers, welche jedoch ungeachtet<br />
mancher äußeren Aehnlichkeit sehr<br />
verschieden von diesen Clavierstücken<br />
sind. Jene hört man häufig Kinderstücke<br />
nennen; das sind sie nicht! Der Componist<br />
hat sich mit ihnen nur in seine Kinderjahre<br />
zurückgeträumt, hat aber die<br />
damaligen Eindrücke mit der Seele eines<br />
Aelteren nachgefühlt und somit auch für<br />
Aeltere geschrieben, während er dieses<br />
Werk offenbar mit kindlicher Empfindung<br />
und eben deshalb so recht eigentlich für<br />
Kinder schuf.“<br />
Im Jahr 1874 hatte sich Antonín Dvorák ˇ<br />
erstmals um das staatliche Künstlerstipendium<br />
des Wiener Unterrichtsministeriums<br />
beworben, das eine Unterstützung<br />
für talentierte aber mittellose Künstler<br />
vorsah. Der junge Komponist erhielt<br />
es insgesamt fünf Mal hintereinander.<br />
Besonders weitreichende Folgen hatte<br />
Dvoráks ˇ Bewerbung im Jahr 1877. Denn<br />
diesmal waren es die im Selbstverlag<br />
gedruckten „Klänge aus Mähren“ op. 29<br />
und op. 32, die niemand geringeren als<br />
Johannes Brahms – er entschied seit<br />
1875 mit über die Stipendien – derart begeisterten,<br />
dass er sie überschwänglich<br />
an seinen Verleger Fritz Simrock in Berlin<br />
empfahl. „Bei Gelegenheit des Staatsstipendiums<br />
freue ich mich schon mehrere<br />
Jahre über Sachen von Antonín Dvorák ˇ<br />
aus Prag. Dies Jahr schickte er unter anderem<br />
ein Heft (10) Duette für 2 Soprane<br />
mit Pianoforte, das mir gar hübsch und<br />
praktisch für den Verlag vorkommt. (...)<br />
Dvorák ˇ hat alles mögliche geschrieben.<br />
Opern (böhmische), Symphonien, Quartette,<br />
Klaviersachen. Jedenfalls ist er<br />
ein sehr talentvoller Mensch. Nebenbei<br />
arm! (...)“ Brahms’ Empfehlungsschreiben<br />
brachte eine Lawine ins Rollen,<br />
Dvorák ˇ gelang in den folgenden Jahren<br />
der nationale und internationale Durchbruch<br />
als Komponist.<br />
Die „Klänge aus Mähren“ waren nicht<br />
das einzige Werk, das Dvorák ˇ im Jahr<br />
Antonín Dvorák ˇ im Jahr 1879 (wenige Jahre nach<br />
Komposition der Serenade)<br />
strukturierte Musik. Der erste Satz ist<br />
zunächst beherrscht von einer ruhig fließenden<br />
Melodie, die durch alle Instrumente<br />
wandert und dabei beständig ihre<br />
Klangfarbe verändert. Kontrastierend<br />
wirkt der Mittelteil mit seinem rhythmisch<br />
markanten, tänzerischen Thema.<br />
Im zweiten Satz folgt ein fließender, von<br />
dynamischen Kontrasten beherrschter<br />
Walzer, der durch einen schwermütigen<br />
Trio-Mittelteil abgelöst wird. Voller Esprit<br />
ist das Scherzo mit seinen vorantreibenden<br />
Sechzehntelketten, während der<br />
langsamere Mittelteil eine „dolce“<br />
(„zart“) zu spielende Melodie entfaltet.<br />
Das Larghetto beginnt lediglich mit erster<br />
Violine und Bratsche im doppelten<br />
Piano und steigert sich durch das Hinzutreten<br />
der anderen Instrumente und eine<br />
vorwärtsdrängende, an Chromatik reiche<br />
Melodik zu großer Ausdruckskraft.<br />
Ein rhythmisches Verwirrspiel treibt<br />
Dvorák ˇ im Schlusssatz, indem er in dessen<br />
für die Jugend“ tatsächlich für jun-<br />
ge und ältere Schüler. „Die Stücke, die<br />
die Kinder gewöhnlich in den Klavierstunden<br />
lernen, sind so schlecht, dass<br />
Robert auf den Gedanken kam, ein Heft<br />
1877 bei seiner Bewerbung um das<br />
Stipendium eingereicht hatte. Neben<br />
einem Band Streichquartette und den<br />
Klaviervariationen lag auch die Serenade<br />
E-Dur op. 22 bei, die eines seiner<br />
Hauptthema die Taktschwerpunkte<br />
verschiebt. Später zitiert der Komponist<br />
in den Celli das Thema des Larghetto<br />
und greift auch kurz vor Schluss nochmals<br />
auf Bekanntes zurück: Es erklingt<br />
(eine Art Album) lauter Kinderstücke zu<br />
populärsten Werke werden sollte. In nur der Beginn des ersten Satzes, bevor die<br />
Die Kinder Clara und Robert Schumanns 1855 (ohne<br />
komponieren und herauszugeben. Bereits<br />
hat er schon eine Menge reizender Elise, Ferdinand und Eugenie)<br />
an Ideen überreiche und formal sehr klar vollen Presto<br />
Julie; v. l. n. r. Ludwig, Marie, Felix auf dem Schoß,<br />
zwölf Tagen entstand im Mai 1876 eine Serenade in einem furiosen und klang-<br />
schließt.