RCT Blinddarm-OP
RCT Blinddarm-OP
RCT Blinddarm-OP
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Klinik und Forschung<br />
Chirurg (1998) 69: 541±545<br />
Ó Springer-Verlag 1998<br />
Rekonvaleszenz und Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
nach laparoskopischer und konventioneller Appendektomie<br />
Eine prospektiv-randomisierte Studie<br />
K. Bauwens, W. Schwenk, B.Böhm, O. Hasart, J. Neudecker und J. M. Müller<br />
Universitätsklinik und Poliklinik für Chirurgie (Direktor: Prof. Dr. J.M. Müller),<br />
CharitØ, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin<br />
Convalescence and time to return to work after<br />
laparoscopic and open appendectomy;<br />
a prospective randomized study<br />
Summary. To evaluate whether laparoscopic appendectomy<br />
shortens the convalescence and the postoperative<br />
period until return to work when compared to conventional<br />
appendectomy, a prospective randomized trial<br />
was performed. The major endpoint of the study was<br />
the time until return to work; minor endpoints were<br />
postoperative pain, fatigue, operative time and postoperative<br />
morbidity. In all, 54 patients with a mean age of<br />
29.5 10.1 years were randomized to open (n = 28) or<br />
laparoscopic appendectomy (n = 26). Age, sex, body<br />
mass index (BMI), American Society of Anesthesiology<br />
(ASA) rating, job status as well as histologic degree of<br />
inflammation of the appendix were comparable in the<br />
two groups. Operative time was 59.2 15.8 min for laparoscopic<br />
and 59.8 24.4 min for conventional appendectomy<br />
(P = 0.9). Some 16 laparoscopic appendectomies<br />
(62 %) were performed by board-certified surgeons,<br />
while 23 conventional appendectomies (82 %)<br />
were performed by residents (P = 0.003). Postoperative<br />
morbidity was comparable between the two groups. After<br />
laparoscopic appendectomy, pain was rated significantly<br />
lower on the first, second and fourth postoperative<br />
day when compared to the conventional group.<br />
There were no difference in postoperative fatigue<br />
between the groups. Time to return to work was<br />
17.0 6.2 days in the laparoscopic group and 18.2 6.0<br />
days in the conventional group (p = 0.5). Laparoscopic<br />
appendectomy has no advantages in terms of convalescence<br />
and time to return to work when compared to<br />
open appendectomy and should therefore be limited to<br />
selected cases.<br />
Key words: Appendectomy ± Convalescence ± Laparoscopic<br />
surgery ± Time to return to work.<br />
Zusammenfassung. In einer prospektiv-randomisierten<br />
Studie wurde überprüft, ob die laparoskopische Appendektomie<br />
im Vergleich zur konventionellen Operation<br />
zu einer Verkürzung der Arbeitsunfähigkeit führt.<br />
Nebenzielkriterien waren die postoperative ¹Fatigueª,<br />
das postoperative Schmerzempfinden, die Operationsdauer<br />
und die Incidenz lokaler und allgemeiner Komplikationen.<br />
54 Patienten mit einem Durchschnittsalter<br />
von 29,5 10,1 Jahren wurden nach präoperativer Randomisierung<br />
konventionell (n = 28) oder laparoskopisch<br />
(n = 26) appendektomiert. Beide Gruppen waren<br />
hinsichtlich Alter, Geschlecht, ASA-Klassifikation,<br />
Body-mass-Index (BMI), Berufsart, Arbeitsverhältnis<br />
sowie histologischem Entzündungsgrad der Appendicitis<br />
vergleichbar. Laparoskopische Appendektomien<br />
dauerten 59,2 15,8 min und konventionelle Appendektomien<br />
59,8 24,4 min (p = 0,9). Laparoskopische<br />
Eingriffe wurden in der Mehrzahl von Fachärzten<br />
durchgeführt (62 %), während konventionelle Appendektomien<br />
häufiger durch Assistenzärzte in Weiterbildung<br />
erfolgten (82 %) (p = 0,003). Die Incidenz allgemeiner<br />
und lokaler Komplikationen war in beiden<br />
Gruppen vergleichbar. Die Schmerzen wurden von den<br />
laparoskopischen Patienten am 1., 2. und 4. Tag als signifikant<br />
geringer angegeben, als von den konventionellen<br />
Patienten. Dagegen bestanden bei der postoperativen<br />
¹Fatigueª zu keiner Zeit signifikante Unterschiede<br />
zwischen beiden Gruppen. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit<br />
war mit 17,0 6,2 Tagen nach laparoskopischer<br />
Operation ebenso lang wie nach konventioneller Appendektomie<br />
(18,2 6,0 Tage) (p = 0,5). Die laparoskopische<br />
Appendektomie führt gegenüber der konventionellen<br />
<strong>Blinddarm</strong>entfernung nicht zu einer verkürzten<br />
Arbeitsunfähigkeitsdauer oder rascheren Rekonvaleszenz.<br />
Angesichts dieser Ergebnisse sollte die laparoskopische<br />
Appendektomie nicht als Standardverfahren<br />
empfohlen werden, sondern auf ausgewählte Fälle beschränkt<br />
werden.<br />
Schlüsselwörter: Appendektomie ± Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
± laparoskopische Chirurgie ± Rekonvaleszenz.
542<br />
K. Bauwens et al.: Rekonvaleszenz und Arbeitsunfähigkeitsdauer nach laparoskopischer und konventioneller Appendektomie<br />
In konventioneller Technik ist die Appendektomie eine<br />
langbewährte Operation mit niedriger Komplikationsrate,<br />
die bei schlanken Patienten durch einen Hautschnitt<br />
von etwa 3 cm mit gutem kosmetischen Resultat<br />
und kurzem stationärem Krankenhausaufenthalt durchgeführt<br />
werden kann. Die laparoskopische Appendektomie<br />
stellt eine alternative Operationstechnik dar, deren<br />
sichere Durchführung mittlerweile belegt ist [1, 12,<br />
18]. Ein eindeutiger Nachteil der meist im Bereitschaftsdienst<br />
durchgeführten laparoskopischen Appendektomie<br />
ist jedoch der höhere technische und organisatorische<br />
Aufwand. Ob diesem gröûeren Aufwand der laparoskopischen<br />
Appendektomie eine schnellere Rekonvaleszenz<br />
mit verkürzter Arbeitsunfähigkeitsdauer gegenübersteht,<br />
ist bislang nicht eindeutig geklärt. Ziel<br />
der vorliegenden Studie war es daher, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit<br />
und die Rekonvaleszenzdauer nach laparoskopischer<br />
und konventioneller Appendektomie<br />
zu untersuchen.<br />
Patienten und Methodik<br />
Hypothese, Zielkriterien und Fallzahlberechnung<br />
Es wurde die Hypothese aufgestellt, daû die laparoskopische Appendektomie<br />
gegenüber der konventionellen Appendektomie zu<br />
einer Verkürzung der Arbeitsunfähigkeitsdauer um mindestens<br />
30% führt und somit der gröûere apparative Aufwand der laparoskopischen<br />
Appendektomie durch eine verkürzte Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
gerechtfertigt wird. Das Hauptzielkriterium der Studie<br />
war die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Nebenzielkriterien waren<br />
das postoperative Schmerzempfinden, der postoperative Rekonvaleszenzgrad,<br />
gemessen als visuell-analoge Einschätzung der<br />
postoperativen ¹Fatigueª durch den Patienten, die Operationsdauer<br />
sowie alle lokalen und allgemeinen Komplikationen.<br />
Für die Fallzahlschätzung wurde von einer Arbeitsunfähigkeit<br />
nach konventioneller Appendektomie von 18 4 Tagen ausgegangen<br />
und eine Verkürzung der Arbeitsunfähigkeitsdauer nach laparoskopischer<br />
Appendektomie auf 12 4 Tagen als relevanter Unterschied<br />
angenommen. Bei a = 0,05 und b = 0,2 waren somit mindestens<br />
25 Patienten in jeder Gruppe notwendig, um in einem<br />
zweiseitigen Test einen signifikanten Unterschied zwischen beiden<br />
Verfahren nachweisen zu können [2].<br />
Patientengut und Randomisierung<br />
Eingeschlossen in die Studie wurden alle Patienten mit der Diagnose<br />
¹akute Appendicitisª, welche sich in einem festen Arbeitsoder<br />
Ausbildungsverhältnis befanden. Ausgeschlossen wurden Patienten<br />
unter 18 Jahren, Schwangere und alle Patienten, bei denen<br />
eine Nachbeobachtung nicht möglich war. Alle Operationen erfolgten<br />
unter der Verantwortung von Fachärzten für Chirurgie,<br />
die zuvor mindestens 20 laparoskopische Appendektomien durchgeführt<br />
hatten. Nach Unterzeichnung der Einverständniserklärung<br />
erfolgte in der Rettungsstelle der CharitØ eine Blockrandomisierung<br />
nach vorhergehender Stratifikation nach Geschlecht und Alter<br />
(£ 50 Jahre, > 50 Jahre).<br />
Studienablauf, Operationstechnik und Nachbehandlung<br />
Die Studie wurde von der Ethikkomission der Medizinischen Fakultät<br />
der Humboldt-Universität zu Berlin genehmigt. Die Diagnose<br />
¹akute Appendicitisª wurde durch den diensthabenden<br />
Facharzt für Chirurgie in der Rettungsstelle der CharitØ gestellt.<br />
Nach Überprüfung der Ein- und Ausschluûkriterien wurden die<br />
Patienten per Randomisierungsliste entweder der laparoskopischen<br />
oder konventionellen Gruppe zugeordnet. Patienten, bei denen<br />
nach laparoskopischem Beginn konvertiert und eine offene<br />
Appendektomie durchgeführt werden muûte, verblieben als ¹intent-to-treatª<br />
in der laparoskopischen Gruppe. Bei jeder Operation<br />
war ein Facharzt für Chirurgie entweder Erstoperateur oder<br />
Assistent. Operateur und Assistent wurden in allen Fällen durch<br />
den diensthabenden Facharzt für Chirurgie festgelegt. Die Operationsdauer<br />
wurde definiert als Zeitspanne zwischen Einleitung<br />
der Narkose und Aufwachen des Patienten.<br />
Alle Patienten erhielten bei Narkoseeinleitung 2 g Spicef i. v.<br />
als perioperative Antibioticaprophylaxe. Die konventionelle Appendektomie<br />
erfolgte über einen Wechselschnitt im rechten Unterbauch<br />
mit Versenkung des Appendixstumpfes unter einer Tabaksbeutel-<br />
und Z-Naht. Ein Meckel-Divertikel wurde nicht regelmäûig<br />
gesucht. Die laparoskopische Appendektomie erfolgte über<br />
eine umbilicale 10-mm-Kammeratrokarhülse und zwei Arbeitstrokarhülsen<br />
im rechten (5 mm) und linken (12 mm) Unterbauch.<br />
Das Mesenteriolum wurde mit bipolarem Strom coaguliert und<br />
der Appendixstumpf mit einem linearen Klammernahtinstrument<br />
(EndoGIA 30, Fa. Autosuture, Tönisvorst) abgesetzt. Die Appendix<br />
wurde über die Trokarhülse im linken Unterbauch oder unter<br />
Schutz durch einen wasserdichten Bergebeutel (Endocatch I, Fa.<br />
Autosuture, Tönisvorst) entfernt.<br />
Zur Analgesie erhielten alle Patienten am Operationstag 15 mg<br />
Piritramid subcutan alle 6 Std, anschlieûend 100 mg Tramadol und<br />
600 mg Ibuprofen oral alle 6 Std. Gegen Übelkeit erhielten die Patienten<br />
bei Bedarf 5 mg Dehydrobenzperidol intramuskulär alle<br />
6 Std. Am Operationstag war es den Patienten gestattet Tee zu<br />
trinken, sobald sie vollständig wach und kooperativ waren, frühestens<br />
jedoch 4 Std nach Extubation. Sofern keine Kontraindikationen<br />
bestanden, erhielten alle Patienten ab dem ersten postoperativen<br />
Tag Tee und Suppe, am zweiten postoperativen Tag strenge<br />
Grunddiät und ab dem dritten postoperativen Tag bis zur Entlassung<br />
leichte Vollkost. Am Entlassungstag bekamen alle Patienten<br />
ein Begleitschreiben mit Empfehlungen zur Ernährung, zur Belastungsfähigkeit<br />
und zum möglichen Zeitpunkt des Wiedereintritts<br />
in das Berufsleben. Den Patienten wurde in diesem Begleitschreiben<br />
empfohlen, Freizeitaktivitäten und Berufsbeginn nach eigenem<br />
Wohlbefinden zu richten. Die Hausärzte erhielten neben der<br />
üblichen Epikrise ein Informationsblatt über die Studie, in dem<br />
empfohlen wurde, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach dem Befinden<br />
des Patienten festzulegen. Alle Patienten wurden gebeten,<br />
bis zum 14. postoperativen Tag täglich ihre Schmerzen sowie ihren<br />
Rekonvaleszenzgrad als postoperative ¹Fatigueª mittels einer visuell-analogen<br />
Schmerzscala von 0±100 selbst einzuschätzen und<br />
in einem Schmerztagebuch zu dokumentieren. Zum besseren Verständnis<br />
wurde das Wort ¹Fatigueª in den Patientenfragebogen<br />
durch das Wort ¹Abgeschlagenheitª ersetzt. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit<br />
wurde 4 Wochen nach der Entlassung bei den<br />
Hausärzten erfragt.<br />
Datenerfassung, Statistik<br />
Alle relevanten Daten wurden anhand standardisierter Dokumentationsbögen<br />
erhoben und mit Hilfe eines relationalen Datenbankverwaltungssystems<br />
(dBase IV für Windows ) erfaût. Für qualitative<br />
Merkmale erfolgten statistische Vergleiche mit dem exakten<br />
Test nach Fischer, für quantitative normal verteilte Merkmale mit<br />
dem Student-t-Test, ansonsten mit dem Wilcoxon-Rangsummentest.<br />
Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt (p < 0,05).<br />
Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Statistical Analysis<br />
System (SAS für Windows 6.10 ).
K. Bauwens et al.: Rekonvaleszenz und Arbeitsunfähigkeitsdauer nach laparoskopischer und konventioneller Appendektomie 543<br />
Tabelle 1. Alter, Geschlecht, ASA-Klassifikation, BMI, Arbeitsverhältnis<br />
und Berufsart von Patienten mit laparoskopischer und<br />
konventioneller Appendektomie<br />
Ergebnisse<br />
laparoskopisch<br />
(n = 26)<br />
konventionell<br />
(n = 28)<br />
p -Wert<br />
Alter [Jahre] 29,8 ± 9,6 29,2 ± 10,7 0,8*<br />
BMI [kg/m 2 ] 23,6 ± 6,7 23,7 ± 4,1 0,9*<br />
n [%] n [%] p -Wert<br />
Geschlecht 0,4**<br />
± weiblich 16 39 14 50<br />
± männlich 10 61 14 50<br />
ASA-Klassifikation 0,1**<br />
± I 21 81 17 61<br />
± II 5 19 11 39<br />
Arbeitsverhältnis 0,9**<br />
± angestellt 25 96 27 96<br />
± selbständig 1 4 1 4<br />
Berufsart 0,5**<br />
± körperlich 2 8 5 18<br />
± geistig 11 42 9 32<br />
± gemischt 13 50 14 50<br />
* Student-t-Test; ** Fisher-exact-Test<br />
Tabelle 2. Präoperative Leukocytenzahl, Operationsdauer, Operateur<br />
und Ergebnis der histologischen Untersuchung der Appendix<br />
bei laparoskopischen und konventionellen Appendektomien<br />
laparoskopisch<br />
konventionell<br />
(n = 26)<br />
p -Wert<br />
(n = 28)<br />
Leukocyten [1000/ml] 12,9 ± 3,7 15,4 ± 3,4 0,01*<br />
Op.-dauer [min] 59,2 ± 15,8 59,8 ± 24,4 0,9*<br />
n [%] n [%] p -Wert<br />
Operateure 0,003**<br />
± Facharzt 16 61,5 5 17,9<br />
± Weiterbildungsassist. 10 38,5 23 82,1<br />
Histologie 0,2**<br />
± katarrhalisch 1 4 0 0<br />
± akut 11 42 6 21<br />
± phlegmonös 10 38 18 64<br />
± gangränös 4 16 4 14<br />
* Student-t-Test; ** Fisher-exact-Test<br />
Tabelle 3. Postoperative Krankenhausverweildauer, Incidenz postoperativer<br />
allgemeiner und lokaler Komplikationen und Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
bei laparoskopischen und konventionellen<br />
Appendektomien<br />
laparoskopisch<br />
(n = 26)<br />
konventionell<br />
(n = 28)<br />
p -Wert<br />
Postop. Verweild. [Tage] 5,3 ± 1,8 5,1 ± 1,4 0,7*<br />
Arbeitsunfähigk. [Tage] 17,0 ± 6,2 18,2 ± 6,0 0,5*<br />
n [%] n [%] p -Wert<br />
Allgem. Komplikationen<br />
± keine 24 92 27 96 1,0**<br />
± Harnweginfekt 1 4 1 4 1,0**<br />
± Tracheobronchitis 1 4 0 0 0,5**<br />
lokale Komplikationen<br />
± keine 24 92 24 85 1,0**<br />
± Wundinfektion 1 4 3 11 0,5**<br />
± Wundserom 1 4 1 4 1,0**<br />
* Student-t-Test; ** Fisher-exact-Test<br />
59 Patienten wurden in die Studie aufgenommen. Bei 3<br />
laparoskopischen und 2 konventionellen Patienten<br />
konnte trotz mehrfacher Anfragen die Dauer der Arbeitsunfähigkeit<br />
nicht ermittelt werden. Diese Patienten<br />
wurden aus der Studie ausgeschlossen werden, so<br />
daû die Gesamt-Drop-out-Rate 8,5 % betrug. Bei<br />
54 Patienten mit einem Durchschnittsalter von<br />
29,5 10,1 Jahren erfolgte nach präoperativer Randomisierung<br />
die konventionelle (n = 28) oder laparoskopische<br />
(n = 26) Appendektomie. Bei einem Patienten mit<br />
gangränöser Appendicitis wurde nach laparoskopischem<br />
Beginn konvertiert und eine offene Appendektomie<br />
durchgeführt. Die Daten dieses Patienten wurden<br />
als ¹intent-to-treatª in der laparoskopischen Gruppe<br />
analysiert. Beide Gruppen waren bezüglich Alter, Geschlecht,<br />
ASA-Klassifikation, Body-mass-Index (BMI),<br />
Arbeitsverhältnis (angestellt oder selbstständig) und<br />
Berufsart (körperlich, geistig, gemischt) vergleichbar<br />
(Tabelle 1).<br />
Die präoperative Zahl der Leukocyten im peripheren<br />
Blutbild war in der konventionellen Gruppe<br />
(15.400 3.400 pro ml) etwas höher als in der laparoskopischen<br />
Gruppe (12.900 3.700 pro ml) (p = 0,01).<br />
Die Operationsdauer war in beiden Gruppen vergleichbar,<br />
allerdings wurden 16 laparoskopische Appendektomien<br />
(61,5 %) von Fachärzten für Chirurgie durchgeführt,<br />
während in der konventionellen Gruppe 23 Eingriffe<br />
(82,1 %) von Weiterbildungsassistenten unter der<br />
Verantwortung eines Facharztes erfolgte (p = 0,003)<br />
(Tabelle 2). Die histologische Aufarbeitung der Appendices<br />
ergab eine vergleichbare Verteilung der Schweregrade<br />
der Appendicitis in beiden Gruppen (Tabelle 2).<br />
Nach konventionellen Appendektomien traten bei<br />
4 Patienten (14,3 %) Wundinfektionen oder Serome<br />
auf, während dies nur bei 2 Patienten (7,7 %) der laparoskopischen<br />
Gruppe der Fall war. Die Incidenz lokaler<br />
und allgemeiner Komplikationen zeigte jedoch keine signifikanten<br />
Unterschiede zwischen beiden Gruppen<br />
(Tabelle 3). Die postoperative Krankenhausverweildauer<br />
betrug in der laparoskopischen Gruppe<br />
5,3 1,8 Tage und in der konventionellen Gruppe<br />
5,1 1,4 Tage (p = 0,5).<br />
Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit betrug in der laparoskopischen<br />
Gruppe 17,0 6,2 Tage und in der konventionellen<br />
Gruppe 18,2 6,0 Tage (p = 0,5). 49 der<br />
54 Patienten (laparoskopisch 22, konventionell 27) beantworteten<br />
den Fragebogen zum postoperativen<br />
Schmerzempfinden und zur postoperativen ¹Fatigueª<br />
lückenlos. Das durchschnittliche Ausmaû der Schmerzen<br />
war am 1. (51 23), 2. (38 20) und 4. postoperativen<br />
Tag (24 21) nach laparoskopischer Appendektomie<br />
signifikant niedriger als in der konventionellen<br />
Gruppe (69 19, 49 15 bzw. 36 17). Auûer zu diesen<br />
Zeitpunkten bestanden keine signifikanten Unterschiede<br />
in der Intensität der Schmerzen zwischen beiden<br />
Gruppen (Abb.1). Der visuell-analoge Gesamt-
544<br />
K. Bauwens et al.: Rekonvaleszenz und Arbeitsunfähigkeitsdauer nach laparoskopischer und konventioneller Appendektomie<br />
Abb. 1. Selbsteinschätzung der postoperativen Schmerzen durch<br />
einen visuell-analogen Score nach laparoskopischen und konventionellen<br />
Appendektomien (laparoskopisch n = 22, konventionell<br />
n = 27)<br />
Abb. 2. Selbsteinschätzung der postoperativen ¹Fatigueª durch einen<br />
visuel-analogen Score nach laparoskopischen und konventionellen<br />
Appendektomien (laparoskopisch n = 22, konventionell<br />
n = 27)<br />
schmerzscore war mit 360 153 in der konventionellen<br />
Gruppe nur unwesentlich höher als bei den laparoskopischen<br />
Patienten (263 208) (p = 0,07). Die postoperative<br />
¹Fatigueª erreichte am 1. postoperativen Tag in beiden<br />
Gruppen vergleichbare Spitzenwerte (laparoskopisch<br />
71 36, konventionell 74 19, p = 0,7) und sank<br />
in beiden Gruppen innerhalb von 5 Tagen auf Werte unter<br />
30. Es bestanden zu keinem Zeitpunkt signifikante<br />
Unterschiede zwischen beiden Gruppen (Abb. 2). Der<br />
visuell-analoge ¹Gesamtfatiguescoreª war mit<br />
380 230 in der konventionellen Gruppe und<br />
330 211 nach laparoskopischer Appendektomie ebenfalls<br />
vergleichbar (p = 0,4).<br />
Diskussion<br />
Die laparoskopische Appendektomie kann nach Abschluû<br />
der individuellen Lernkurve auch als Notfalleingriff<br />
im Bereitschaftsdienst mit einer hohen Sicherheit<br />
und einer niedrigen intra- und postoperativen Morbidität<br />
durchgeführt werden [1, 12, 18]. Neben der Möglichkeit<br />
die gesamte Bauchhöhle zu explorieren, werden<br />
von den Befürwortern der minimal-invasiven Technik<br />
als mögliche Vorteile der laparoskopischen im Vergleich<br />
zur konventionellen Appendektomie eine geringere<br />
Quote postoperativer Wundheilungsstörungen [9,<br />
13, 17], geringere postoperative Schmerzen [4, 8±10, 13,<br />
15, 17] und eine raschere Rekonvaleszenz [4, 7±9, 11,<br />
13, 17] angegeben. Diese Vorteile könnten den höheren<br />
technischen Aufwand der laparoskopischen Technik<br />
aufwiegen, wobei insbesondere eine schnellere Rekonvaleszenz<br />
und eine möglicherweise verkürzte Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
als positiver volkswirtschaftlicher<br />
Aspekt die höheren betriebswirtschaftlichen Kosten<br />
der laparoskopischen Appendektomie ausgleichen<br />
könnten.<br />
Alter und Geschlechtsverteilung unseres Patientengutes<br />
entsprechen ebenso wie die sonstigen epidemiologischen<br />
Daten denen anderer prospektiv-randomisierter<br />
Studien [8, 13, 14, 20]. Auch die Konversionsrate<br />
und Operationsdauer waren mit denen anderer Untersucher<br />
vergleichbar [4, 8]. Wir konnten im Gegensatz<br />
zu den Untersuchungen von Frazee et al. [8], Martin<br />
[14], Ortega et al. [17] und Tate et al. [20] keinen wesentlichen<br />
Unterschied in der Operationdauer zwischen<br />
beiden Gruppen feststellen. Allerdings wurden die laparoskopischen<br />
Eingriffe in der CharitØ in der Mehrzahl<br />
von Fachärzten selbst operiert, während konventionelle<br />
Operationen häufiger von Assistenten in Weiterbildung<br />
ausgeführt wurden, so daû die gröûere operative Erfahrung<br />
in der laparoskopischen Gruppe dieses Ergebnis<br />
erklären mag.<br />
Die Untersuchung postoperativer Schmerzen wurde<br />
in mehreren prospektiv-randomiserten Studien durchgeführt,<br />
deren Ergebnisse sich teilweise widersprechen.<br />
Während Frazee et al. [8], Hansen et al. [9], Hebebrand<br />
et al. [10], Kum et al. [13] und Ortega et al. [17] geringere<br />
Schmerzen nach laparoskopischer Appendektomie<br />
beobachteten, fanden Henle et al. [11], Mutter et al.<br />
[16] und Tate et al. [20] keine signifikanten Unterschiede<br />
bei den postoperativen Schmerzen. In der eigenen<br />
Untersuchungen wurde eine einheitliche Schmerztherapie<br />
durchgeführt und das subjektive Schmerzempfinden<br />
mit einer visuellen Analogskala gemessen. Dabei fanden<br />
sich nur im frühpostoperativen Verlauf signifikante<br />
Vorteile für die laparoskopische Gruppe. Diese Unterschiede<br />
sind jedoch von fraglicher klinischer Relevanz<br />
und ab dem 5. Tag wurden von beiden Gruppen vergleichbare<br />
Schmerzen angegeben, so daû im Gesamtschmerzscore<br />
kein signifikanter Unterschied zwischen<br />
beiden Gruppen nachweisbar war.<br />
Während die Länge des stationären Krankenhausaufenthaltes<br />
von vielen nichtmedizinischen Faktoren<br />
beeinfluût wird und daher kein primäres Zielkriterium<br />
unserer Studie war, stellt die postoperative ¹Fatigueª<br />
oder Ermüdbarkeit einen wichtigen Faktor zur Beschreibung<br />
von Unterschieden im postoperativen Verlauf<br />
nach abdominalchirurgischen Eingriffen dar [3, 5].<br />
Die postoperative ¹Fatigueª ist eine unvermeidliche systemische<br />
Reaktion des Körpers auf ein operatives<br />
Trauma, die auch nach kleineren abdominalchirurgischen<br />
Eingriffen wie Cholecystektomien bis zu 4 Wochen<br />
nachweisbar ist und durch pharmakologische<br />
Maûnahmen nur unwesentlich beeinfluût werden kann<br />
[3, 5, 6, 19]. Die subjektive Einschätzung der ¹Fatigueª
K. Bauwens et al.: Rekonvaleszenz und Arbeitsunfähigkeitsdauer nach laparoskopischer und konventioneller Appendektomie 545<br />
mit der visuell-analogen Skala korreliert dabei hervorragend<br />
mit den Ergebnissen kardiopulmonaler physiologischer<br />
Tests und stellt ein bewährtes Verfahren zur<br />
Messung der postoperativen ¹Fatigueª dar [5]. Bedauerlicherweise<br />
wurde das Ausmaû der postoperativen<br />
¹Fatigueª nach laparoskopischen oder konventionellen<br />
Appendektomien bislang nur von Hebebrand et al. untersucht,<br />
die in Übereinstimmung mit unseren eigenen<br />
Erfahrungen keinen Unterschied in der postoperativen<br />
¹Fatigueª zwischen beiden Methoden feststellen konnten<br />
[10]. Andere Untersucher haben dagegen als Maû<br />
für die Rekonvaleszenzdauer das Zeitintervall bis zur<br />
Wiederherstellung des früheren Gesundheitszustandes<br />
oder bis zur Wiedererlangung der normalen Aktivitäten<br />
(¹time to return to normal activitiesª) gemessen. Dabei<br />
konnte nur in der Untersuchung von Martin et al. [14]<br />
kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt<br />
werden, andere prospektiv-randomisierte Studien<br />
kamen zum Ergebnis, daû die Rekonvaleszenz nach laparoskopischer<br />
Appendektomie verkürzt sei [4, 7±9,<br />
11, 13, 17]. Allerdings schwankte die Rekonvaleszenzdauer<br />
in den einzelnen Untersuchungen zwischen 7 [9]<br />
und 17 Tagen [13] nach laparoskopischen und zwischen<br />
14 [9] und 30 Tagen [13] nach konventionellen Eingriffen,<br />
da keine einheitlichen Definitionen der Rekonvaleszenzdauer<br />
gewählt wurden.<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Dauer der Arbeitsunfähigkeit<br />
als Hauptzielkriterium gewählt, da dieses<br />
Kriterium eindeutig definiert ist und weniger von<br />
der subjektiven Einschätzung des Patienten abhängt.<br />
Darüber hinaus könnte eine verkürzte Arbeitsunfähigkeitsdauer<br />
den höheren technischen und organisatorischen<br />
Aufwand der laparoskopischen Appendektomie<br />
auch im volkswirtschaftlichen Sinne wieder ausgleichen.<br />
Unsere Untersuchung belegt jedoch, daû die Dauer der<br />
Arbeitsunfähigkeit nach einer Appendektomie nicht<br />
von der gewählten Operationstechnik selbst beeinfluût<br />
wird. Die relativ geringen frühpostoperativen Unterschiede<br />
im Schmerzempfinden beeinfluûten in der vorliegenden<br />
Untersuchung weder die Rekonvaleszenz<br />
(gemessen an der postoperativen ¹Fatigueª) noch die<br />
Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Möglicherweise wurde<br />
die Dauer der Arbeitsunfähigkeit in erster Linie vom<br />
gewohnheitsmäûigen Verhalten der Hausärzte beeinfluût.<br />
Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Studie in<br />
Übereinstimmung mit anderen Untersuchungen festgestellt<br />
werden, daû die laparoskopische Appendektomie<br />
gegenüber der konventionellen Appendektomie zu etwas<br />
geringeren postoperativen Schmerzen [4, 8±10, 13,<br />
15, 17] bei vergleichbarer postoperativer ¹Fatigueª<br />
führt [10]. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit wird dagegen<br />
durch die laparoskopische oder konventionelle<br />
Operationstechnik nicht beeinfluût. Angesichts dieser<br />
Ergebnisse sollte die laparoskopische Appendektomie<br />
nicht als Standardverfahren bei allen Patienten mit Verdacht<br />
auf akute Appendicitis empfohlen werden. Bei<br />
eindeutigem klinischem Befund und normalgewichtigen<br />
Patienten sollte die konventionelle Appendektomie bevorzugt<br />
werden, da der technische und organisatorische<br />
Aufwand geringer ist. Die Vorteile der laparoskopischen<br />
Technik sollten dagegen bei Patienten mit möglichen<br />
Differentialdiagnosen und bei adipösen Patienten<br />
genutzt werden.<br />
Literatur<br />
1. Ablassmaier B, Kiessling S, Pier A (1996) Offene versus laparoskopische<br />
Appendektomie. Chirurg 67: 522<br />
2. Altman DG (1996) Practical statistics for Medical Research,<br />
1st edn. Chapman & Hall, London New York Tokyo, p 455<br />
3. Anonymous (1979) Postoperative fatigue. Lancet 1: 84<br />
4. Attwood SEA, Hill ADK, Murphy PG, Thornton J, Stephens<br />
RB (1992) A prospective randomized trial of laparoscopic versus<br />
open appendectomy. Surgery 112: 497<br />
5. Christensen T, Bendix T, Kehlet H (1982) Fatigue and cardiorespiratory<br />
function following abdominal surgery. Br J Surg 69:<br />
417<br />
6. Christensen TK (1993) Postoperative fatigue. World J Surg 17:<br />
225<br />
7. Cox MR, McCall JL, Toouli J, Padbury RTA, et al (1996) Prospective<br />
randomized comparison of open versus laparoscopic<br />
appendectomy in men. World J Surg 20: 263<br />
8. Frazee RC, Roberts JW, Symmonds RE, Snyder SK, et al<br />
(1994) A prospective randomized trial comparing open versus<br />
laparoscopic appendectomie. Ann Surg 219: 725<br />
9. Hansen JB, Smithers BM, Schache D, Wall DR, et al (1996)<br />
Laparoscopic versus open appendectomy: peospective randomized<br />
trial. Worls J Surg 20: 17<br />
10. Hebebrand D, Troidl H, Spangenberger W, Neugebauer E,<br />
et al (1994) Laparoskopische oder klassische Appendektomie?<br />
Eine prospektiv randomisierte Studie. Chirurg 65: 112<br />
11. Henle K, Beller S, Rechner J, Zerz A, et al (1996) Laparoskopische<br />
versus konventionelle Appendektomie: eine prospektive,<br />
randomisierte Studie. Chirurg 67: 526<br />
12. Hill ADK, Attwood SEA, Stephens RB (1991) Laparoscopic<br />
appendectomy for acute appendicitis is safe and effective. Ir J<br />
Med Sci 160: 268<br />
13. Kum CK, Ngoi SS, Goh PM, Tekant Y, Isaac JR (1993) Randomized<br />
controlled trial comparing laparoscopic versus open appendectomy.<br />
Br J Surg 80: 1599<br />
14. Martin LC (1995) Open versus laparoscopic appendectomy: a<br />
prosoective randomized comparison. Ann Surg 222: 256<br />
15. McAnena OJ, O,Connell PR, Hederman WP, Gorey TF, Fitzpatrick<br />
J (1992) Laparoscopic versus open appendectomy: a<br />
prospective evaluation. Br J Surg 79: 818<br />
16. Mutter D, Vix M, Bui A, Evrard S, et al (1996) Laparoscopy<br />
not recommended for routine appendectomy in men: Results<br />
of a prospective randomized study. Surgery 120: 71<br />
17. Ortega AE, Hunter JG, Peters JH, Swanstrom LL, Schirmer B<br />
(1995) A prospective, randomized comparison of laparoscopic<br />
appendectomy with open appendectomy. Laparoscopic Appendectomy<br />
Study Group. Am J Surg 169: 208<br />
18. Pier A, Gotz F, Bacher C, Ibald R (1993) Laparoscopic appendectomy.<br />
World J Surg 17: 29<br />
19. Schroeder D, Hill GL (1993) Predicting postoperative fatigue:<br />
Importance of preoperative factors. World J Surg 17: 226<br />
20. Tate JJ, Dawson JW, Chung SC, Lau WY, Li ARC (1994) Laparoscopic<br />
versus open appendectomy: a prospective randomized<br />
trial. Lancet 342: 633<br />
Dr. W. Schwenk<br />
Universitätsklinik und Poliklinik für Chirurgie<br />
Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität, CharitØ<br />
Schumannstraûe 20/21<br />
D-10117 Berlin