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Buch 6

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Nachdem diese Dinge endlich vollbracht waren, und der Göttin ein Geschenk dargebracht war,<br />

gingen sie hinunter zu den fröhlichen Orten und zu den angenehmen Auen der glücklichen Haine und<br />

zu den seligen Wohnsitzen. (640) Hier schmückte der Himmel die Felder reichlicher und er schmückte<br />

sie mit purpurfarbenem Licht; die Felder kannten ihre eigene Sonne und ihre eigenen Sterne. Ein Teil<br />

der Glückseligen übte die Muskeln auf grasbewachsenen Übungsplätzen, spielerisch kämpften sie<br />

und rangen auf dem rotgelben Sand. Ein anderer Teil stampfte mit den Füßen die Reigentänze und<br />

sprach Gedichte. Und der thrakische Priester begleitete sie im Rhythmus mit den sieben<br />

unterschiedlichen Klängen der Leier, schon schlug er sie mit den Fingern, schon mit einem<br />

elfenbeinernen Plektron. Hier ist das alte Geschlecht des Teucers, seine äußerst schönen<br />

Nachkommen, mutige Helden, geboren in besseren Zeiten: (650) Ilus, Assaracus und Dardanus, der<br />

Gründer Trojas. Aeneas bewunderte die Waffen in der Ferne sowie die nun unnützen Streitwägen<br />

der Männer. In der Erde standen hineingetrieben die Lanzen und weit und breit über den Feldern<br />

weiteten die losgebundenen Pferde. Die Vorliebe für Streitwagen und Waffen, die ihnen zu Lebzeiten<br />

zu Eigen war, die Fürsorge der strahlenden Pferde zu fressen, folgte ihnen auch noch jetzt, wo sie<br />

bestattet waren. Sieh, Aeneas erblickte noch weitere zu seiner Rechten und zu seiner Linken, wie sich<br />

sie über das Gras verteilt nährten, während sie im Reigen einen heiteren Lobgesang sangen, mitten<br />

im Hain, der nach Lorbeer duftete. Von oberhalb wälzte sich der wasserreiche Strom des Eridanus<br />

durch den Wald. Hier befand sich die Schar, derjenigen, die im Kampf um ihre Heimat den Wunden<br />

erlegen waren, derer, die zu Lebzeiten keuschen Priester, die pflichtbewusste Seher waren, deren<br />

Worte dem Phoebus würdig waren. All diejenigen, die das Leben durch ihre Kunstfertigkeit verfeinert<br />

hatten und die durch einen Verdienst andere dazu brachten, an sie zu denken. All diesen Toten<br />

umgab eine schneeweiße Binde die Schläfen. Sibylle sprach diejenigen, die sich um sie scharten und<br />

allen voran Musaeus, folgendermaßen an (denn die zahlreiche Menge hatte Musaeus als Mittelpunkt<br />

und blickte zu ihm aufgrund seiner hohen Schultern auf): „Sagt mir, ihr glückliche Seelen, und du,<br />

bester Seher, (670) in welcher Region, an welchem Ort ist Anchises zu finden? Seinetwillen sind wir<br />

gekommen und haben den großen Strom des Erebus überquert.“ Und wenige Helden antworteten<br />

ihr folgendermaßen: „Niemand hat einen bestimmten Aufenthaltsort. Wir wohnen in schattigen<br />

Hainen, an den Böschungen der Ufer und siedeln auf den frischen Wiesen an den Bächen. Aber ihr,<br />

überwindet diesen Bergrücken, wenn das Verlangen in eurem Herzen so stark ist, und ich will euch<br />

schon auf den leicht gangbaren Seitenweg führen.“ Das sagte er, ging vor ihnen her und zeigte ihnen<br />

von oben die glänzenden Felder. Anschließend verließen sie die höchsten Gipfel.<br />

Aber der Vater Anchises musterte tief in einem grünenden Talkessel (680) eingeschlossene Seelen,<br />

die im Begriff waren, zum Licht der Oberwelt zu gehen, er musterte sie eifrig. Er musterte zufällig die<br />

ganze Schar der Seinen: Die teuren Enkel, die Bestimmungen und das Schicksal der Männer, ihre<br />

Sitten und ihre Tapferkeit. Dieser, sobald er vorne den durchs Gras ziehenden Aeneas sah, streckte

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