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gerettet! - Schauspiel Stuttgart

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s chausp iels tuttgart<br />

gefährliche liebschaften<br />

s chausp iels tuttgart<br />

gefährliche liebschaften<br />

Präsidentin einen inneren Zustand der Verwirrung vorspielt, der ihn<br />

dann durch sein überzeugendes <strong>Schauspiel</strong> selbst in einen Liebestaumel<br />

reißt. Genau diese Unfähigkeit, einen kühlen Kopf zu bewahren, verzeiht<br />

die Merteuil ihm nicht. Und da Valmont die Präsidentin seiner grenzenlosen<br />

Eitelkeit opfert, ohne zu begreifen, dass dieser Schritt die Geliebte<br />

töten muss, bleibt auch diese Liebe bloße Illusion.<br />

Die beiden einzigen Figuren bei denen die Liebe nicht nur als Suche<br />

existiert, obschon auch ihre Fortsetzung ein ums andere Mal aufgeschoben<br />

wird, sind die beiden Libertins selbst. Und auch wenn die Liebe<br />

als Passion zwischen Valmont und der Präsidentin nach wie vor dem<br />

favorisierten Liebesideal Hollywoods entspricht, ist die Beziehung zwischen<br />

Merteuil und Valmont eindeutig die modernere. Ihre auf Vertrauen<br />

und Ehrlichkeit basierende Freundschaft, die einer leidenschaftlichen<br />

Liebesbeziehung gefolgt ist, überschreitet das auch heute immer noch<br />

gültige bürgerliche Liebesideal von ewiger Treue. Anders als die anderen<br />

Paarbeziehungen hat diese Liaison ihren flüchtigen Charakter in<br />

etwas Permanentes verwandelt. Und obwohl die Merteuil längst begriffen<br />

hat, dass Mann und Frau nie gleichrangige Partner sind, der Mann<br />

nie Freund oder Geliebter, sondern immer nur Tyrann oder Sklave einer<br />

Frau ist, scheint sie bei Valmont eine Ausnahme gemacht zu haben,<br />

die er um so bitterer enttäuscht. Anders als Valmont, der sich des<br />

Ruhmes einer bestimmten Gesellschaft sicher ist, ist er für die Merteuil<br />

der alleinige Zeuge ihrer bösen Taten. Nur in ihm kann sie sich spiegeln.<br />

Nur ihm gegenüber legt sie nicht nur ihre Verschleierungstaktiken als<br />

Frau ab, sondern enthüllt sich ihm mit dem 81. Brief vollends.<br />

Das gemeinsame Spiel kollabiert, als beide in entscheidenden Momenten<br />

nicht fähig sind, ihren Willen, sich und den anderen vollständig zu<br />

kontrollieren, zu unterdrücken. Zum Verhängnis wird ihnen nicht der<br />

rasante Wettstreit, den anderen in der Kunst der Intrige zu überbieten,<br />

sondern verletzte Machtansprüche und banale Eifersucht. Beide wollen<br />

unbedingt die Sonne des anderen sein und antworten mehr und mehr<br />

mit Panik, als diese bevorzugte Stellung streitig gemacht wird.<br />

So scheitern auch sie an ihrer alten Liebesbeziehung, die sie aus<br />

Gründen der zwischen ihnen bestehenden Gleichberechtigung aufgegeben<br />

hatten. Am Ende verlässt keiner der Liebeshungrigen den Reigen<br />

unbeschadet. Alle werden zu Opfern ihrer Liebeslust, dem Sehnen,<br />

zu lieben und geliebt zu werden. Was bleibt ist die Unmöglichkeit der<br />

‚wahren‘ Liebe.<br />

sabine westermaier<br />

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