gerettet! - Schauspiel Stuttgart
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s chausp iels tuttgart<br />
gefährliche liebschaften<br />
s chausp iels tuttgart<br />
gefährliche liebschaften<br />
falsch bei ihr von einer emanzipierten Frau zu sprechen, trotzdem übt<br />
ihr Selbst- und Weltverständnis eine weit größere Faszination aus als das<br />
der Präsidentin. Die Taktik, auf der die Kunst der Intrige bei Merteuil<br />
und Valmont beruht, heißt Wissen als Macht. Ihr oberstes Gebot ist<br />
die Herrschaft des Verstandes über die Natur, der Ratio über die<br />
Emotion. Ihre Verführungskunst, das einzig auf Sieg ausgerichtete Spiel<br />
mit der Liebe verdanken beide ihrem rhetorischen Talent und psychologischen<br />
Scharfsinn. Die Merteuil ist Valmont jedoch immer eine<br />
Nasenlänge voraus. Weit vor Valmont erkennt sie, dass er die Präsidentin<br />
liebt und, dass sie ihn durch seine Eitelkeit dazu bringen kann,<br />
seine Liaison mit dieser zu beenden. Und wohl wissend, dass eine Frau<br />
in einer materiell orientierten Gesellschaft nach ihrem Marktwert bemessen<br />
wird, besteht ihr erster Schachzug darin, sich als Belohnung für<br />
Valmonts Eroberung der Präsidentin auszusetzen. Ihre Vorstellung von<br />
Liebe ist von gnadenloser Einfachheit: Liebe ist etwas, was man benutzt,<br />
nicht etwas, dem man verfällt. Und man will und darf natürlich<br />
niemals und muss und darf natürlich auf keinen Fall ihr ein klein wenig<br />
zustimmen, alldieweil die Liebe, also die wahre Liebe, sich in allen<br />
Paarkonstellationen als Wunschbild, Fata Morgana, Lüge, Täuschung,<br />
Blendwerk, Wahn, Hirngespinst entpuppt. Bei allen Figuren ist<br />
Sehnsucht nach Liebe mit einer tiefen Angst auf die Erfüllung derselben<br />
gepaart. Immer wieder wird diese hinausgezögert oder vermieden, ganz<br />
als ob sie zugleich ihr Ende bedeutet: Eben deshalb muss der Widerstand,<br />
der Umweg, die Verhinderung geschätzt werden, denn dadurch<br />
allein gewinnt die Liebe Dauer. Als Medium dieser Dauer dient das Wort.<br />
Worte trennen stärker als Körper, sie machen die Differenz zur Information<br />
und zum Anlass der Fortsetzung der Kommunikation (Luhmann).<br />
Bei den jungen Liebenden Danceny und Cécile entlarvt sich der Illusionscharakter<br />
der Liebe schon bald als bloße Schwärmerei. Ihre Empfindungen<br />
füreinander sind flüchtig und zuletzt befriedigen sie ihre durch<br />
die Hindernisse verstärkten Begierden, indem sie den geliebten Menschen<br />
kurzerhand ersetzen. Cécile wechselt Danceny (zunächst gezwungenermaßen,<br />
dann jedoch freiwillig) durch Valmont aus. Danceny<br />
tauscht Cécile durch die Merteuil aus. Die zweite Liebe ist die zwischen<br />
Valmont und der Präsidentin. Vor allem ihre Tugendhaftigkeit ist es,<br />
die in Valmont den Wunsch weckt, sie zu profanieren. Aber erst der nie<br />
gekannte Widerstand, den sie ihm zunächst entgegenbringt und der Pakt<br />
mit der Marquise lassen die so harmlos beginnende Liason zu einem<br />
Wettlauf auf Leben und Tod werden. Auch in dieser Beziehung dominiert<br />
die Verstellung. Valmont schildert ein ums andere Mal wie er der<br />
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