gerettet! - Schauspiel Stuttgart
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s chausp iels tuttgart<br />
gefährliche liebschaften<br />
s chausp iels tuttgart<br />
gefährliche liebschaften<br />
GEFÄHRLICHE<br />
LIEBSCHAFTEN<br />
ODER ÜBER DIE UNMÖGLICHKEIT DER WAHREN LIEBE<br />
Der Mensch des 18. Jahrhunderts definiert sich zunehmend über den<br />
Blick der anderen. Ein literarisches Beispiel für das schonungslose Diktat<br />
der öffentlichen Meinung ist der Roman gefährliche liebschaften.<br />
Sieben Jahre vor der Französischen Revolution, die jene Gesellschaftsschicht<br />
abzuschaffen versucht, deren Dekadenz und Unmoral er vorstellt,<br />
wird er als ein Bündel vorgefundener Briefe veröffentlicht. Pointiert<br />
beschreibt sein Autor Choderlos de Laclos die Skrupellosigkeit der Schönen<br />
und Reichen seiner Zeit, denen einerseits gesellschaftliches Ansehen<br />
über alle Maßen wichtig ist, und die andererseits ihren einzigen<br />
Zeitvertreib und Lebenszweck in zerstörerischen amourösen Spielen<br />
suchen. Doch ist der Roman weit mehr als ein historisches Dokument.<br />
Er ist sowohl ein zynischer Kommentar zur Aufklärung als auch ein<br />
frühes Manifest zur Befreiung der Frau. Beide Lesarten verdichten sich<br />
in der zentralen Figur des Romans, der Marquise de Merteuil. Obwohl<br />
man sie als Leser wegen ihres amoralischen Verhaltens verachtet,<br />
zollt man ihr in gleichem Maße Bewunderung für ihr glänzendes Spiel.<br />
Zusammen mit Valmont, ihrem besten Freund und liebsten Feind, bildet<br />
sie ein duo infernale. Hier sind zwei die Gott herausfordern, indem sie<br />
sich ihr Universum selbst erschaffen. Valmont ist die Sonne, um ihn<br />
herum kreisen die Frauen. In jeder von ihnen manifestiert sich ein anderer<br />
Entwurf von Frausein.<br />
Da ist die Präsidentin de Tourvel, eine ehrbare Ehefrau, die ein Opfer<br />
ihrer unterdrückten Sinnlichkeit und moralischen Hochmuts wird. Da ist<br />
die junge Cécile de Volanges, gerade der Klostererziehung entkommen,<br />
die dem schädlichen Einfluss der beiden Libertins keinen Widerstand<br />
zu leisten vermag. Da ist Céciles gluckende Mutter, Madame de Volanges,<br />
eifrig darauf bedacht, gesellschaftliche Konventionen so gut wie<br />
möglich zu erfüllen. Und schließlich die Merteuil selbst als Verkörperung<br />
des Bösen schlechthin. Ihr System, das frei nach Descartes auf der<br />
Absolutsetzung des analytischen Verstandes basiert, offenbart sie<br />
Valmont in dem berühmten 81. Brief: Von frühester Jugend an richtet<br />
sie ihren Blick auf die Innenwelt der Psyche und deren Ausdruck in Verhalten,<br />
Physiognomie und Mimik; sie beobachtet die Regeln zwischen<br />
den Geschlechtern, studiert und erforscht diese. Ihr Begehren ist jedoch<br />
nicht deren offensichtliche Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, sondern<br />
diese mit perfider Geschicklichkeit für sich auszunutzen. Es wäre also<br />
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