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THEATERHAUS Kindertheater Jugendtheater Frankfurt am Main

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<strong>THEATERHAUS</strong><br />

<strong>Kindertheater</strong> <strong>Jugendtheater</strong> <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong><br />

Inhalt<br />

2 Theaterstück<br />

3 Gesprächsleitfaden<br />

4 Titus Andronicus<br />

5 Textauszüge<br />

8 Pressestimmen<br />

9 Produktionste<strong>am</strong><br />

Material für PädagogInnen: Theaterhaus Ensemble „Titus“<br />

TITUS<br />

Anschrift<br />

Theaterhaus<br />

<strong>Kindertheater</strong> - <strong>Jugendtheater</strong><br />

Schützenstr. 12, 60311 <strong>Frankfurt</strong><br />

www.theaterhaus-frankfurt.de<br />

Kontakt<br />

Simone Fecher (Theaterpädagogik)<br />

simonefecher@theaterhaus-frankfurt.de<br />

Tel: 069/ 299861-10<br />

Und plötzlich sagt sie: „Mach mal die Augen zu.“<br />

Und ich mache die Augen zu.<br />

Und sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.<br />

Und sie sagt: „Titus, frag mich mal, was ich an<br />

diesem Augenblick verändern möchte.“<br />

Und ich frage: „Tina, was möchtest du an diesem<br />

Augenblick verändern?“<br />

„Nichts.“<br />

Und ich denke: „Wenn jetzt ein Fisch aus der Luft<br />

fällt, dann bin ich der glücklichste Junge auf diesem<br />

Planeten.


TITUS<br />

Stück<br />

Mit Titus Andronicus hat Titus nicht<br />

viel gemeins<strong>am</strong>. Seine Eltern haben<br />

ihn nach dem Lieblingsschwein seines<br />

Vaters benannt. Weil das peinlich<br />

ist, beruft er sich lieber auf den römischen<br />

Feldherren. Dem konnte keiner<br />

was anhaben. Titus, das Schwein,<br />

konnte immerhin 26 verschiedene<br />

Grunzgeräusche. Nur Titus, der ist<br />

irgendwie nichts Besonderes. Sein<br />

Vater vergisst ihn ständig, seine erste<br />

Liebe hat ihn verlassen. Jetzt steht er<br />

auf dem Dach der Schule und will<br />

springen. Macht doch alles keinen<br />

Sinn mehr, oder?<br />

In hohem Tempo erzählt der belgische<br />

Autor Jan Sobrie in einem eindrucksvollen<br />

Monolog über einen Jugendlichen,<br />

der viel mehr drauf hat, als ihm<br />

seine Umgebung und er sich selbst<br />

zutrauen. Wahres und Unwahres,<br />

Schönes und Trauriges, Witziges un<br />

Nachdenkliches vermischen sich zu<br />

einem differenzierten Portrait. Unverkitscht,<br />

klischeefrei und sensibel<br />

zeichnet das Stück die Gedankengänge,<br />

Nöte und Glücksmomente<br />

eines Jungen in der Pubertät nach.<br />

Das Theaterhaus Ensemble hat sich<br />

diesen Text für ein Publikum ab 12<br />

Jahren ausgesucht, mit Michael Meyer<br />

in der Rolle des Titus und unter der<br />

Regie von Rob Vriens.<br />

Erstmalig arbeitet das Ensemble hier<br />

mit Videoprojektionen, die die Inszenierung<br />

auf einer weiteren zweiten<br />

Bild- und Bedeutungsebene begleiten.<br />

Zwischen dem realen Spiel des<br />

Schauspielers und der gefilmten<br />

Wirklichkeit öffnen sich neue Räume<br />

für die Phantasie der Zuschauer.<br />

Autor<br />

Jan Sobrie wurde 1979 im belgischen<br />

Gent geboren. Seit 2002, nach seinem<br />

Schauspielstudium an der Theaterschule<br />

RITS in Brüssel, ist er als<br />

Schauspieler tätig. Zudem schreibt<br />

Sobrie Theaterstücke, in welchen er<br />

auch selbst spielt, z.B. „Neue Rozen“,<br />

„Levend begraven“, „Fimosis“, „Smolders<br />

en Sobrie“ und weitere. Sein<br />

Jugendstück „Titus“ wurde 2006 für<br />

den belgisch-niederländischen Theaterfestivalpreis<br />

nominiert und gewann<br />

2007 den ersten Preis des niederländisch-deutschen<br />

Autorenwettbewerbs<br />

für das Kinder- und <strong>Jugendtheater</strong><br />

„Kaas & Kappes“.<br />

Regie<br />

Der niederländische Theatermacher<br />

Rob Vriens war von 2005 bis 2008<br />

Regisseur und künstlerischer Leiter<br />

des Theaterhaus Ensembles.<br />

Allein unter seiner Regie sind in dieser<br />

Zeit neun Produktionen entstanden,<br />

die den Stil des Ensembles<br />

künstlerisch geprägt haben. Seine<br />

Inszenierungen mit dem Theaterhaus<br />

Ensemble wurden vielfach ausgezeichnet,<br />

zuletzt 2009 mit einer Einladung<br />

von „Schwarz wie Tinte“ zu<br />

„Augenblick mal!“, dem wichtigsten<br />

Deutschen Kinder- und <strong>Jugendtheater</strong>-Treffen.<br />

Seit Vriens in die Niederlande zurückgekehrt<br />

ist ist er Hausregisseur <strong>am</strong><br />

Theater Gnaffel in Zwolle.<br />

Schauspiel<br />

Michael Meyer ist Gründungsmitglied<br />

des Theaterhaus Ensembles, das im<br />

Mai 2010 zehnjähriges Jubiläum<br />

feiert. In dieser Zeit hat er in über<br />

zwanzig Produktionen mitgespielt,<br />

dabei sind die wohl erfolgreichsten<br />

Stücke<br />

„Stones“, das vielfach ausgezeichnet<br />

wurde und international auf Gastspieltourneen<br />

geht und „Nennen wir ihn<br />

Anna“.<br />

„Titus“ ist sein erstes Solo. Sobrie,<br />

der Autor des Stücks, stand mit dem<br />

preisgekrönten Text beim Starke Stükke<br />

Festival 2009 selbst d<strong>am</strong>it auf der<br />

Bühne. Diese feinfühlige Inszenierung<br />

gab den Anstoß das Repertoire des<br />

Theaterhaus Ensembles mit diesem<br />

Stoff zu erweitern.<br />

2


Gesprächsleitfaden<br />

für ein anregendes Theatergespräch<br />

nach dem Stück<br />

Wie hat Dir das Theaterstück gefallen?<br />

War die Vorstellung spannend? Gab es lustige oder<br />

traurige Momente im Stück? Gab es Stellen, die langweilig<br />

waren?<br />

Hat dich eine Szene besonders berührt? Welche?<br />

Hat dir etwas nicht gefallen? Was?<br />

Gibt es Fragen zum Inhalt des Stücks? Hast du etwas<br />

nicht verstanden?<br />

An welchen Moment erinnerst du dich besonders gut?<br />

Welches war dein liebster Moment im Stück?<br />

Ist die Geschichte von Titus realistisch? Ist es eine wahre<br />

Geschichte?<br />

Wir würdest du den Charakter von Titus beschreiben?<br />

Hat Titus Freunde? Welches sind die wichtigsten Personen<br />

in Titus Leben?<br />

Wenn Titus ein Tier wäre, welches Tier wäre er dann?<br />

Welches ist Titus wichtigstes Gefühl?<br />

Was hat sich für Titus geändert vom Anfang bis zum Ende<br />

des Stückes?<br />

An welche Personen im Stück erinnerst du dich?<br />

Welche Bedeutung haben diese Personen für Titus?<br />

Was ist wichtig für Titus?<br />

Wie wird das Leben für Titus weitergehen, nachdem er<br />

wieder vom Dach herunter gestiegen ist?<br />

Wie gefiel dir das Bühnenbild?<br />

Wie wirkten die Videoprojektionen auf dich?<br />

Gefiel dir die Musik?<br />

Warum fällt der Fisch <strong>am</strong> Ende? Welche Bedeutung hat<br />

das deiner Meinung nach?<br />

Weiterführende Fragen:<br />

Was würdest du jemanden raten, der nicht mehr weiter<br />

weiss?<br />

Was kann man tun, wenn man mitbekommt, dass es<br />

jemandem sehr schlecht geht?<br />

3


Titus Andronicus<br />

Titus Andronicus (engl. The Most<br />

L<strong>am</strong>entable Roman Tragedy of Titus<br />

Andronicus) ist eine frühe Tragödie<br />

von Willi<strong>am</strong> Shakespeare. Das Stück<br />

ist zwischen 1589 und 1592 entstanden.<br />

Der älteste Druck st<strong>am</strong>mt vermutlich<br />

aus dem Jahre 1594.<br />

Der römische Feldherr Titus Andronicus<br />

kehrt aus dem Krieg gegen die<br />

Goten siegreich nach Rom zurück und<br />

lässt nach römischem Brauch den<br />

ältesten Sohn der gefangenen Gotenkönigin<br />

T<strong>am</strong>ora als „Opfer für die totgeschlagnen<br />

Brüder“ zerstückeln und<br />

verbrennen. T<strong>am</strong>ora erfleht vergeblich<br />

Gnade, Barmherzigkeit und ein Ende<br />

der barbarischen Bräuche.<br />

In Rom ist nach dem Tod des Kaisers<br />

der Streit um die Nachfolge auf dem<br />

Kaiserthron entbrannt. Der Volkstribun<br />

Marcus Andronicus verkündet, das<br />

römische Volk habe Titus auf den<br />

Thron gewählt. Der aber erkennt dem<br />

älteren Kaisersohn Saturnius die Kaiserkrone<br />

zu und will ihm seine Tochter<br />

Lavinia zur Frau geben. Da diese aber<br />

bereits mit dem jüngeren Kaisersohn<br />

Bassianus verlobt ist, macht Saturnius<br />

die Gotenkönigin zur Kaiserin von<br />

Rom. Nun sieht T<strong>am</strong>ora die Möglichkeit<br />

zur Rache an Titus für den Tod<br />

des ältesten Sohnes. Mit Hilfe ihres<br />

Liebhabers, des Mohren Aaron, sorgt<br />

sie dafür, dass ihre beiden Söhne,<br />

Demetrius und Chiron, den Bassianus<br />

erstechen und die Schuld dafür zwei<br />

Söhnen von Titus, Martius und Quintus,<br />

zugeschoben wird, die abgeführt<br />

werden. Aaron stachelt die Geilheit<br />

von Demetrius und Chiron an, und<br />

Lavinia wird von ihnen vergewaltigt.<br />

D<strong>am</strong>it sie die Täter nicht verraten<br />

kann, werden ihr, wie einst Philomele,<br />

die Zunge herausgeschnitten und,<br />

schlauer als Tereus das tat, auch die<br />

Hände abgeschnitten. Vergeblich versucht<br />

Titus´ Sohn Lucius, seine Brüder,<br />

Quintus und Martius, zu befreien,<br />

und wird verbannt. Aaron spinnt die<br />

nächste Intrige: die beiden würden<br />

verschont, wenn Titus sich eine Hand<br />

abschneide; nachdem aber Titus seine<br />

Hand geopfert hat, werden ihm die<br />

Köpfe seiner beiden Söhne überbracht.<br />

Der verstümmelten Lavinia gelingt es,<br />

in Ovids Met<strong>am</strong>orphosen die „traurige<br />

Geschichte Philomeles“ aufzuschlagen,<br />

und mit Marcus' Hilfe schreibt sie<br />

die N<strong>am</strong>en ihrer Schänder mit einem<br />

im Mund gehaltenen Stab in den<br />

Sand. Darauf tötet Titus T<strong>am</strong>oras Söhne,<br />

zermahlt ihre Knochen und -<br />

„schlimmer noch als Prokne räch ich<br />

mich“ - setzt sie T<strong>am</strong>ora, Saturnius<br />

und Lucius als Speise bei einem „Versöhnungsessen“<br />

vor, das einberufen<br />

wurde, weil inzwischen Lucius ein<br />

Gotenheer gegen Rom anführt. Titus,<br />

der die Schmach seiner geschändeten<br />

Tochter nicht ertragen kann, ersticht<br />

diese und erklärt, dass Demetrius und<br />

Chiron ihre Vergewaltiger waren. Als<br />

Saturnius die beiden holen lassen will,<br />

verkündet Titus, sie seien schon anwesend:<br />

in der Pastete, von der T<strong>am</strong>ora<br />

bereits gegessen hat. Titus ersticht<br />

T<strong>am</strong>ora, wird selbst von Saturnius<br />

erstochen, der wiederum von Lucius<br />

getötet wird. Aaron wird lebendigen<br />

Leibes eingegraben. Schließlich wird<br />

Lucius zum Kaiser Roms gekrönt.<br />

Rezeption<br />

Titus Andronicus gilt als das „schwarze<br />

Schaf§“unter Shakespeares Stükken<br />

und T.S. Eliot bezeichnete den<br />

Titus als eines der dümmsten jemals<br />

geschriebenen Stücke. Es bestehen<br />

zahlreiche thematische Parallelen mit<br />

anderen Shakespeare-Stücken - etwa<br />

H<strong>am</strong>let oder König Lear - sowie typische,<br />

auch in anderen Dr<strong>am</strong>en zu findende<br />

Techniken Shakespeares, etwa<br />

bei der Verwendung literarischer Quellen.<br />

Für den deutschen Sprachraum<br />

sind besonders drei Bearbeitungen<br />

des Titus Andronicus von Interesse:<br />

Dürrenmatts Komödie nach Shakespeare<br />

gleichen Titels, Heiner Müllers<br />

Anatomie Titus Fall of Rome Ein Shakespearekommentar<br />

sowie Botho<br />

Strauß' Die Schändung.<br />

Verfilmung<br />

Die Regisseurin Julie Taymor verfilmte<br />

den Stoff 1999 mit Anthony Hopkins<br />

und Jessica Lange unter dem N<strong>am</strong>en<br />

Titus, wobei sie sich relativ eng an die<br />

Vorlage hielt.<br />

Literatur<br />

Willi<strong>am</strong> Shakespeare: Titus Andronicus.<br />

Englisch-Deutsche Studienausgabe.<br />

Deutsche Prosafassung, Anmerkungen,<br />

Einleitung und Kommentar<br />

von Markus Marti. Stauffenburg, Tübingen<br />

2008, ISBN 978-3-86057-568-0.<br />

Friedrich Dürrenmatt, Titus Andronicus<br />

eine Komödie nach Shakespeare,<br />

Zürich: Verlag der Arche 1986<br />

Heiner Müller, Anatomie Titus Fall of<br />

Rome : ein Shakespearekommentar,<br />

Berlin: Henschelverlag Kunst u.<br />

Gesellschaft 1986<br />

Botho Strauß, Schändung: nach dem<br />

"Titus Andronicus" von Shakespeare,<br />

München: Hanser 2005<br />

Weblinks<br />

Titus Andronicus, englischer Volltext<br />

bei Wikisource<br />

Digitalisierter Volltext von Titus Andronicus<br />

bei Zeno.org<br />

Ovid Met<strong>am</strong>orphosen Sechstes Buch<br />

Quelle: Wikipedia<br />

4


Ausgewählte Texte aus „Titus“<br />

als Anregung zum Nachlesen,<br />

Nachempfinden, Nachspielen<br />

TITUS<br />

Ich stehe auf dem Dach der Schule<br />

und ich will springen.<br />

Eins. Zwei. Drei.<br />

Wisst ihr, warum ich Titus heiße?<br />

Früher hatten wir hier ein Schwein.<br />

Das war das Lieblingstier meines<br />

Vaters. Und das hieß Titus. Nach ihm<br />

haben sie mich benannt. Aber wenn<br />

man mich fragt, warum ich Titus heiße,<br />

dann sage ich: Wegen Titus Andronicus.<br />

Der berühmte römische General.<br />

Das war ein Betonmensch mit einem<br />

stählernen Brustkorb.Niemand konnte<br />

ihm etwas anhaben. Er war eine wandelnde<br />

Mauer.<br />

Ich mache alles zu Hause.<br />

Ich koche. Ich putze. Ich mache es uns<br />

gemütlich. Ich kümmere mich um die<br />

Wäsche. Ich mache den Pipikr<strong>am</strong>.<br />

Ich bügle die Unterhosen von meinem<br />

Vater.<br />

Niemand, der sagt, dass ich ins Bett<br />

gehen muss.<br />

Niemand, der sagt, dass ich die Zähne<br />

putzen muss.<br />

Manchmal habe ich ein bisschen<br />

Angst hier. Es ist so ein großes Haus.<br />

Und dann höre ich sie. Die Krähe.<br />

Sie kommt unter meinem Bett hervor.<br />

Und lässt mich aus hundert Träumen<br />

wählen.<br />

Und immer wähle ich denselben<br />

Traum.<br />

Ich wähle Tina.<br />

Wir fliegen dann in ein Land, in dem<br />

noch niemand gewesen ist.<br />

Aber darüber darf ich nichts erzählen.<br />

Sonst kommt sie nicht mehr.<br />

„Mach dir keine Sorgen“, flüstert sie.<br />

„Wir sind alle unterwegs.<br />

Der eine langs<strong>am</strong>er als der andere.<br />

Der andere mutiger als der eine.<br />

Ist egal, wie du es machst, wenn du<br />

es nur machst.“<br />

Was sie d<strong>am</strong>it sagen will, weiß ich<br />

nicht genau.<br />

Ich habe ihr erzählt, dass ich alles an<br />

die Wände schreibe.<br />

Ich habe ihr erzählt, dass sie schon<br />

eintausendfünfundzwanzig Mal an meiner<br />

Wand steht.<br />

Für jeden Gedanken, den ich an sie<br />

habe.<br />

Wir haben ein Brausebad in der<br />

Badewanne gemacht.<br />

Wir haben hundert Aspirin-Brausetabletten<br />

in die Wanne geworfen.<br />

Wir haben nicht lange drin gesessen,<br />

weil wir Kopfschmerzen bek<strong>am</strong>en.<br />

Ich halte ihre Hand fest, sie meine.<br />

Tina, wir lassen uns nie mehr los.<br />

Einfach fallen lassen und schweben,<br />

das sind wir.<br />

Tina.<br />

Es ist Feuerwerk angesagt, wenn wir<br />

uns sehen.<br />

Titus und Tina.<br />

T und T.<br />

Nichts kann unser Band lösen.<br />

Wir sind die stärksten Magneten<br />

unter aller Planeten.<br />

Ein Orkan rast durch meinen Schädel<br />

Und die Tage dauern endlos lange.<br />

Und die Sekunden sind Tage,<br />

und die Minuten sind Wochen,<br />

und die Stunden sind Jahre,<br />

und es dauert und es dauert und es<br />

dauert.<br />

Und es stimmt nicht, was sie sagen.<br />

Ein Tag dauert keine vierundzwanzig<br />

Stunden.<br />

Wenn man nach Mexiko fliegt, und<br />

man fliegt zum Beispiel heute um fünf<br />

Uhr los, dann kommt man gestern an.<br />

Dann hat der Tag viel länger als vierundzwanzig<br />

Stunden gedauert.<br />

Jeden Tag stelle ich hundert Fragen in<br />

der Schule und ich bekomme immer<br />

dieselbe Antwort.<br />

„Titus, hör auf, uns Löcher in den<br />

Bauch zu fragen. Eines Tages denkst<br />

du dich noch kaputt.“<br />

Und ich denke an die gemeins<strong>am</strong>en<br />

Orte von Tina und mir.<br />

Die Trauerweide im Wald.<br />

T und T gekerbt im St<strong>am</strong>m.<br />

Einander geküsst.<br />

Japanisch beim Chinesen bestellt.<br />

Die Umkleidekabinen beim Schwimmen.<br />

Unterhosen getauscht.<br />

Auf frischer Tat ertappt.<br />

Beide rot geworden.<br />

Ich erinnere mich wieder, warum ich<br />

hier stehe.<br />

Ich weiß es wieder.<br />

Ich drücke auf "delete" in meinem<br />

Gehirn.<br />

Und ich stehe auf dem Dach der<br />

Schule.<br />

Und ich will alle Wachstumshormone<br />

aus meinem Körper schleudern.<br />

Ich will nicht groß werden.<br />

Denn dann sagt man ja, obwohl man<br />

nein denkt, oder umgekehrt.<br />

Eins. Zwei. Drei.<br />

Und ich höre eine Krähe.<br />

Es ist die, die sich auf meinen Kopf<br />

gesetzt hatte.<br />

Sie sieht mich an, als ob sie sagen<br />

möchte: „Ich habe mein Nest gefunden,<br />

vielen Dank.“<br />

Und sie fliegt fort, und ich fliege mit.<br />

Ich begegne meiner Mutter.<br />

Ich schaue ihr in die Augen und ich<br />

halte sie fest.<br />

Und ich denke: „Vielleicht ist es gut,<br />

dass meine Mutter früh gestorben ist.<br />

Wenn sie noch leben würde, könnte<br />

ich sie ja nie mehr vermissen.“<br />

Wir fühlen zwei Hände. Meine Omi,<br />

sie ist auch hier. „Nicht weinen“, sagt<br />

sie. Und ich möchte, dass die Sekun-<br />

5


den Tage Wochen Monate Jahre<br />

wären, aber ich weiß, dass ich nicht<br />

hier bleiben kann.<br />

Und ich schaue nach unten.<br />

Und sie denken, dass ich springen<br />

werde. Und ich denke, dass sie verrückt<br />

sind. Das Leben ist viel zu<br />

schön, um zu springen.<br />

Escape to paradise.<br />

Ich kaufe zwei Tickets nach Mexiko.<br />

Pa, wir sind weg.<br />

Du und ich.<br />

Tausend Meter über dem Ozean.<br />

Zwischen dem Weiß und über dem<br />

Blau.<br />

Wir sitzen <strong>am</strong> Strand,<br />

weit fort von Kassler Rippchen<br />

und geschlagenen Schnippchen.<br />

Du trinkst Limettensaft, ich Corona.<br />

Und wir schauen aufs Meer,<br />

und wir denken genau dasselbe, aber<br />

wir schweigen<br />

Und das genieße ich.<br />

Es ist ein großartiges Gefühl,<br />

aber flüchtig.<br />

Wenn man es greifen will, ist es schon<br />

fort. Wie ein Fisch.<br />

Du musst immer weiter.<br />

Mit den vielen Fragen im Kopf.<br />

Mit all den Dingen, die du nicht verstehst<br />

und auch nie verstehen wirst.<br />

Stille.<br />

Wenn Tina nachher doch noch kommt,<br />

sagt ihr, dass ich schon gegangen bin.<br />

Ohne sie.<br />

Denn ein Mensch kann nicht ewig<br />

warten. Warten ist gut. Manchmal.<br />

Aber nicht ein ganzes Leben.<br />

Wenn jetzt ein Fisch aus der Luft fällt,<br />

dann wird sie zurückkommen.<br />

Aber sie wird einen anderen N<strong>am</strong>en<br />

haben. Ihre Augen werden grün oder<br />

blau sein.<br />

Im Meer schwimmen genug Fische,<br />

mein Junge.<br />

Es gibt Dinge, die sich ändern.<br />

Und Dinge, die immer bleiben werden.<br />

Meine Omi. Die wird immer bleiben.<br />

Die Mutter meiner Mutter.<br />

Ich muss los. Es ist soweit.<br />

Ich kann nicht gut Abschied nehmen.<br />

Darum gehe ich einfach.<br />

„Titus!!!“ „ja, ich komme.“<br />

Ein Fisch fällt aus der Luft.<br />

ÜBER DEN VATER<br />

Er zieht seinen Schlafanzug an.<br />

Er putzt die Zähne.<br />

Er setzt die Brille ab.<br />

Und jetzt gleich stößt er sich <strong>am</strong><br />

Schrank.<br />

Na bitte.<br />

Und jetzt geht er an meiner Tür vorbei.<br />

Pssst!<br />

Er hat vergessen, das Klassenfoto zu<br />

kaufen.<br />

Ich bin groß geworden mit ja und nein.<br />

„Pa, darf ich Fernsehgucken?" „Ja!“<br />

„Pa, darf ich mir die Wimpern rausziehen?“<br />

„Ja.“<br />

„Ja, darf ich die Tüte Marshmallows<br />

aufessen?" „Ja.“<br />

„Pa, es ist eiskalt. Darf ich schwimmen<br />

gehen?" „Ja.“<br />

„Pa, ich zünde jetzt die Fleischerei an!<br />

Okay?“ „Ja.“<br />

Ja. Ja. Ja. Ja. Ja.<br />

Mein Vater hat mich wieder vergessen.<br />

Das dritte Mal dieses Jahr.<br />

Ich bin da gestanden.<br />

Klatschnass.<br />

Am Bahnhof.<br />

Es regnete Bindfäden.<br />

Wir k<strong>am</strong>en zurück von der Klassenfahrt.<br />

Letzte Woche stand mein Vater bei<br />

mir im Zimmer.<br />

Er sagt: „Titus, ich bin fertig.“<br />

Ich sage: „Ich auch.“<br />

Schon seit sechs Uhr.<br />

In die Wolken geklommen.<br />

Der Nacht entkommen.<br />

Gehört, wie die Hähne singen.<br />

Wenn sie die Hühner bespringen.<br />

Zwei Eier geklaut.<br />

Die Hausaufgaben versaut.<br />

Meiner Prinzessin einen Kuss gegeben.<br />

Und gespürt, wie die Beine beben.<br />

Ich bin der Welt einen Schritt voraus,<br />

„Papa.“<br />

„Nein, Titus, du verstehst mich falsch:<br />

Ich bin fix und fertig.<br />

Ich kann einfach nicht mehr, mein Junge.<br />

Ich habe alles getan, was ich konnte.“<br />

Die Tränen rollen ihm nur so über die<br />

Wangen.<br />

Sie strömen in einem fort.<br />

Wie Backsteine fallen sie.<br />

Ich wusste nicht, was ich machen sollte.<br />

Ich habe mich im Schrank eingeschlossen.<br />

Zwei Stunden habe ich ihn weinen<br />

hören.<br />

Als er aufgehört hat, bin ich raus<br />

gekommen.<br />

Ich habe mich neben ihn aufs Bett<br />

gesetzt.<br />

Er hat kein Wort gesagt.<br />

Einmal hat er meinen Kopf gestreichelt.<br />

Das war alles.<br />

ÜBER TINA<br />

An das erste Mal, als ich sie hörte,<br />

erinnere ich mich ganz genau.<br />

Das war in der Kirche.<br />

Die Stimme eines Engels.<br />

Ihr N<strong>am</strong>e ist Tina.<br />

Sie hat langes braunes Haar.<br />

Und sie sieht aus wie das Mädchen,<br />

das Mowgli <strong>am</strong> Ende des Films kennen<br />

lernt.<br />

Ihre Augen sind so braun wie wilde<br />

Kastanien.<br />

Und wenn sie mich anschaut, fange<br />

ich an zu lachen, denn es kribbelt so.<br />

Ein Ameisenhaufen in meinem Bauch.<br />

Ich werde rot, ich schwitze.<br />

Und ich denke: Wenn jetzt ein Fisch<br />

aus der Luft fällt, dann bin ich der<br />

glücklichste Mensch der Welt.<br />

Und ich warte, aber er fällt nicht.<br />

Also schaue ich Tina wieder an.<br />

Wir tanzen mit unseren Augen.<br />

Wir verabreden uns immer an der<br />

Trauerweide.<br />

„Tina, ich weiß nicht so richtig, was ich<br />

sagen soll.<br />

Mein Lieblingsgericht ist trote al vino<br />

bianco.<br />

Das ist Forelle in Weißweinsoße.<br />

Mit Möhren, Petersilie, Knoblauch,<br />

Oregano, Salz, Tomaten, Gurke, Paprika,<br />

gelben, roten, grünen.“<br />

„Du, lass uns jetzt einfach ganz still<br />

sein, Titus.<br />

Und plötzlich sagt sie: „Mach mal die<br />

Augen zu.“<br />

Und ich mache die Augen zu.<br />

Und sie gibt mir einen Kuss auf die<br />

Wange.<br />

6


Und sie sagt: „Titus, frag mich mal,<br />

was ich an diesem Augenblick verändern<br />

möchte.“<br />

Und ich frage: „Tina, was möchtest du<br />

an diesem Augenblick verändern?“<br />

„Nichts."<br />

Und ich denke: „Wenn jetzt ein Fisch<br />

aus der Luft fällt, dann bin ich der<br />

glücklichste Junge auf diesem Planeten.“<br />

Und ich warte, aber er fällt nicht.<br />

Also schaue ich wieder zu Tina.<br />

Und dann tanzen wir mit unseren<br />

Augen und zus<strong>am</strong>men lachen wir alle<br />

Tränen dieser Welt weg.<br />

ÜBER DIE MUTTER<br />

Sie war Weltmeisterin.<br />

In 1000 m Schmetterling.<br />

Meine Mutter.<br />

Sie gewann drei olympische Goldmedaillen<br />

im Schwimmen.<br />

Drei! Da bist du sprachlos, was!<br />

Ich kann es nicht mehr beweisen,<br />

denn sie hat sie zu zwei Eheringen<br />

umschmelzen lassen.<br />

In der Schule glauben sie mir nicht,<br />

außer Thomas, der glaubt alles.<br />

„Thomas, morgen gebe ich Udo Jürgens<br />

Gesangsunterricht.“<br />

„Ist das wahr?“<br />

„Thomas, ich habe keinen Nabel.“<br />

„Ist das wahr?“<br />

„Ja, Thomas, ich bin unbefleckt empfangen."<br />

Meine Mutter hat sieben Menschen<br />

gerettet, aus dem Kanal.<br />

Sie kaufen hier immer noch ihr Fleisch.<br />

Geben Sie mir von allem ein Kilo.<br />

Einmal ist einer von der Brücke<br />

gesprungen, mit einem großen Stein<br />

um den Hals.<br />

Meine Mutter ist mit ihrem Fahrrad<br />

rein ins Wasser und hat ihn wieder<br />

rausgeholt und gesagt:<br />

„Jüngske, das Leben ist viel zu schön,<br />

um mit einem Stein ins Wasser zu<br />

springen."<br />

So war meine Mutter.<br />

Manchmal denke ich, gleich steht sie<br />

wieder dort als ob sie nie weg gewesen<br />

wäre.<br />

Dann komme ich in den Laden und<br />

mein Vater sagt: „Titus, deine Mutter<br />

ist wieder da.“<br />

Sie sahen sich zum Sterben gern.<br />

Zum Sterben gern.<br />

Eines Tages k<strong>am</strong> meine Mutter wegen<br />

ein paar Scheiben rohen Schinkens in<br />

die Fleischerei und ging mit seinem<br />

Herzen wieder raus.<br />

Ja, sie ist nicht mehr da. Sie ist auf<br />

einer Insel. Es ist auf einer Kreuzfahrt<br />

passiert. „Escape to paradise“ stand<br />

in der Anzeige.<br />

Sie war hochschwanger mit mir.<br />

Beim Pressen ist sie vom Schiff<br />

gerutscht. Wie ein Pfeil aus einem<br />

Bogen schießt, so bin ich aus ihr<br />

geschossen.<br />

Ich nach vorn, meine Mutter nach hinten.<br />

Mein Kopf hing eingequetscht zwischen<br />

der Brüstung des Schiffes, und<br />

meine Mutter baumelte an der Nabelschnur.<br />

Sie haben sie durchschneiden müssen.<br />

Aaaaaaaaaaaaaaaaaah!<br />

Meine Mutter lag, platsch, im Wasser,<br />

und das Schiff konnte nicht anhalten.<br />

Aber meine Mutter schw<strong>am</strong>m und<br />

schw<strong>am</strong>m.<br />

Tausend Meter Schmetterling.<br />

Zweitausend Meter Schmetterling.<br />

Dreitausend, viertausend, fünftausend,<br />

sechstausend, siebentausend, achttausend,<br />

neuntausend, zehntausend<br />

Meter Schmetterling.<br />

Zur erstbesten Insel, an der sie vorbeischw<strong>am</strong>m.<br />

Als sie sich dort unter einen Baum<br />

gesetzt hatte und sich ausruhen wollte,<br />

fiel ihr eine Kokosnuss auf den<br />

Kopf.<br />

Schädel und Kokosnuss halbiert.<br />

Ja, so hat es sich wahrscheinlich<br />

abgespielt.<br />

Das ist das Einzige, was nicht an meiner<br />

Wand steht.<br />

Meine Mutter.<br />

Es steht in meinem Kopf geschrieben.<br />

Mit goldenen Buchstaben.<br />

ÜBER DIE GROßMUTTER<br />

Omi hatte auch viele Falten.<br />

Neunundachtzig.<br />

Aber nicht vom Regen. Sondern vom<br />

Alter. Das letzte Mal, dass ich sie<br />

gezählt habe, war im Krankenhaus.<br />

Plötzlich stand ein Krankenwagen vor<br />

unserer Tür.<br />

„Titus, ich geh nicht.“<br />

„Du musst aber, Omi.“<br />

Ich stehe neben ihrem Bett.<br />

Ich schaue ihr tief in die Augen und<br />

ich bin wieder fünf.<br />

Wir gehen zur Schule.<br />

Immer denselben Weg.<br />

Ich halte eine Hand fest.<br />

Drei Mal größer als meine.<br />

Wir gehen spazieren und kommen an<br />

einem Garten mit einem kleinen Haus<br />

vorbei.<br />

„Sieh mal, da wohnt ein Heinzelmännchen,<br />

tagsüber hält es sich verborgen,<br />

aber nachts kommt es hervor!“<br />

Nachts, da kracht's!<br />

Allein mit allen Gedanken.<br />

Niemand, der einem die Ohren voll<br />

nölt.<br />

Du schaust nach oben,<br />

zu den Sternen.<br />

Du wünschst dir was, du träumst dich<br />

weg, weit weg.<br />

Vorbei an den Sternen und Planeten,<br />

vorbei an dem Punkt, an dem du bleiben<br />

willst.<br />

Ihre Hand ist nicht mehr da.<br />

Ich halte sie zum letzten Mal an einem<br />

Bett mit Schläuchen und tausend Infusionsbeuteln<br />

fest.<br />

Ich nehme Abschied, aber nicht für<br />

lange, denn wenn ich abends zu den<br />

Sternen schaue, dann sehe ich sie<br />

wieder<br />

7


<strong>Frankfurt</strong>er Allgemeine Zeitung,<br />

23.1.2010<br />

Vorsicht, Fisch von oben<br />

Jugendstück „Titus“ im Theaterhaus<br />

"Wenn jetzt ein Fisch aus der Luft<br />

fällt, bin ich der glücklichste Junge auf<br />

Erden." Vielleicht wird Titus nicht<br />

unbedingt der Glücklichste sein. Aber<br />

er wird wohl doch nicht vom Dach<br />

des Schulhauses springen. Und <strong>am</strong><br />

Ende fällt tatsächlich ein Fisch vom<br />

Bühnenhimmel im <strong>Frankfurt</strong>er Theaterhaus.<br />

Ein echter. Allerdings ist er tot<br />

und beim Fischhändler gekauft.<br />

Vermutlich fragt jede Jugendgruppe<br />

aufs Neue nach dem Fisch, wenn sie<br />

nach der Vorstellung mit Darsteller<br />

Michael Meyer über den Monolog<br />

"Titus" spricht. Die Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />

jugendlicher Besucher, vor allem solcher,<br />

die noch nie zuvor oder kaum je<br />

im Theater gewesen sind, wird allerdings<br />

nicht nur von diesem kuriosen<br />

Requisit beansprucht. Und auch<br />

wenn mancher pubertierende Junge<br />

ein "Dann spring halt" Richtung Bühne<br />

brüllt, so sieht man den ernsten<br />

Mienen der jungen Zuschauer doch<br />

an, dass Jan Sobries Monolog sie<br />

berührt.<br />

Es kann auch fast nicht anders sein,<br />

denn der mehrfach ausgezeichnete<br />

Text, den der Belgier Sobrie im vergangenen<br />

Jahr beim Internationalen<br />

Kinder- und <strong>Jugendtheater</strong>festival<br />

"Starke Stücke" selbst gezeigt hat,<br />

hat gleich mehrere Tugenden: Er ist<br />

poetisch, ohne kitschig zu sein, und<br />

dennoch so realitätsgesättigt, dass in<br />

der Geschichte des Jungen Titus, der<br />

eines Tages beschließt, sich umzubringen,<br />

weil er nicht mehr weiterweiß,<br />

viele Schwierigkeiten eingeschlossen<br />

sind, die auch das etwa<br />

gleichaltrige Publikum teilt. Ärger in<br />

der Schule, Mobbing in der Klasse.<br />

Ein Vater, der nie zuhört und allerhöchstens<br />

einsilbige Antworten gibt.<br />

Die erste große Liebe, Tina, will von<br />

Titus nichts mehr wissen und "Freunde<br />

bleiben". Dass Titus' Mutter schon<br />

lange tot ist und nun auch noch seine<br />

Großmutter gestorben ist, die ihm als<br />

Einzige ein bisschen Wärme gab,<br />

machen Sobries Titus vollends zur<br />

tragischen Figur. Nicht nur ironische,<br />

gewitzte Passagen, kuriose und lyrische<br />

Momente in Sobries Text vermeiden<br />

allerdings, dass das Ganze zu<br />

pathetisch wird.<br />

Für die Inszenierung des Theaterhaus<br />

Ensembles wurde mit Rob Vriens<br />

dessen einstiger Hausregisseur verpflichtet,<br />

der ein ausgesprochenes<br />

Händchen für solche Stoffe hat. Er<br />

lässt Darsteller Michael Meyer zwischen<br />

einigen hohen Ziegelmauern<br />

agieren und gesellt ihm schlichte,<br />

aber wirkungsvolle Videopassagen<br />

bei (Wolfr<strong>am</strong> Gruß und Sebastian<br />

Nolting), die mits<strong>am</strong>t Musik zwischen<br />

Hardrock und Mozarts "Dies irae"<br />

Titus' Gefühlswelt plausibel ins Bild<br />

setzen. Michael Meyer gelingt es auf<br />

eindringliche Weise, sowohl die sensible<br />

Seite des Träumers Titus hervorzukehren,<br />

den der Vater zur Psychotherapie<br />

schickt, als auch die jungenhafte<br />

Kraftmeierei, mit der sich Titus<br />

in seinen Tagträumen als unbesiegbarer<br />

Feldherr gebärdet. Mit rasch<br />

wechselnder Mimik und Gestik,<br />

Stimmlage und Akzent beschwört<br />

Meyer in Titus' Monolog den Lehrer,<br />

die Mitschüler, den Vater herauf.<br />

Leicht hätte "Titus" zu schwerfällig<br />

werden können, doch auch dieser<br />

Gefahr entrinnt die berührende <strong>Frankfurt</strong>er<br />

Inszenierung.<br />

EVA-MARIA MAGEL<br />

8


<strong>THEATERHAUS</strong><br />

<strong>Kindertheater</strong> <strong>Jugendtheater</strong> <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong><br />

Theaterhaus Ensemble<br />

TITUS<br />

von Jan Sobrie<br />

Spiel<br />

Michael Meyer<br />

Regie<br />

Rob Vriens<br />

Video<br />

Wolfr<strong>am</strong> Gruß<br />

Sebastian Nolting<br />

Dr<strong>am</strong>aturgie<br />

Susanne Freiling<br />

Technik & Licht<br />

Daniel Maier<br />

Premiere<br />

16. Januar 2010<br />

Gefördert vom Kultur<strong>am</strong>t <strong>Frankfurt</strong> <strong>am</strong> <strong>Main</strong> und<br />

vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst<br />

www.theaterhaus-frankfurt.de

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