Zum Papier zurückkehren möchte niemand - Pflege-PBS.ch
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Das Projekt<br />
Im Jahr 2006 erteilte die Ges<strong>ch</strong>äftsleitung<br />
der Solothurner Spitäler AG (soH)<br />
den Auftrag für die Entwicklung und<br />
Implementierung einer elektronis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Pflege</strong>dokumentation (ePD), mit dem Ziel,<br />
den <strong>Pflege</strong>prozess dem Stand der Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
entspre<strong>ch</strong>end zu dokumentieren<br />
(Keenan, Ts<strong>ch</strong>annen, & Wesley,<br />
2008). Um den dur<strong>ch</strong> die Einführung der<br />
<strong>Pflege</strong>diagnostik errei<strong>ch</strong>ten Qualitätsstand<br />
zu erhalten, wurde begonnen, alle<br />
S<strong>ch</strong>ritte des <strong>Pflege</strong>prozesses theoriegeleitet<br />
abzubilden. Ein weiteres Ziel der<br />
ePD ist, die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>personen elektronis<strong>ch</strong><br />
dur<strong>ch</strong> alle <strong>Pflege</strong>prozess-S<strong>ch</strong>ritte<br />
zu leiten und sie optimal zu unterstützen.<br />
Um die Si<strong>ch</strong>t der Praxis si<strong>ch</strong>erzustellen,<br />
bezog der Projektleiter laufend <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen<br />
in die Entwicklungsarbeiten<br />
mit ein. Das Kern-Projektteam bestand<br />
aus zwei <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen/Stationsleitungen,<br />
einer <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frau HöFa I, einem<br />
Informatiker und dem Projektleiter<br />
(<strong>Pflege</strong>wissens<strong>ch</strong>after). Na<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>luss<br />
der Pilotphase wurde das Team dur<strong>ch</strong><br />
zwei <strong>Pflege</strong>experten erweitert.<br />
Die elektronis<strong>ch</strong>e <strong>Pflege</strong>dokumentation<br />
basiert auf der NNN-Taxonomie. Diese<br />
beinhaltet die Internationale <strong>Pflege</strong>diagnosenklassifikation<br />
(NANDA-I), die <strong>Pflege</strong>interventionsklassifikation<br />
(Nursing Interventions<br />
Classification NIC) und die<br />
Ergebnisklassifikation (Nursing Outcomes<br />
Classification NOC). Alle <strong>Pflege</strong>prozesss<strong>ch</strong>ritte<br />
vom Assessment bis zur Ergebnisüberprüfung<br />
sind miteinander verbunden<br />
(Müller-Staub et al., 2009; Odenbreit,<br />
2008).<br />
Einführungsphase<br />
2007 konnte die erste Testversion auf<br />
zwei Pilotstationen (medizinis<strong>ch</strong>e Station<br />
Solothurn/ Intensivstation Olten) installiert<br />
werden. In dieser Phase galt es vor<br />
allem, die neue Software zu testen und die<br />
Mitarbeiterinnen zu s<strong>ch</strong>ulen. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
wurden vers<strong>ch</strong>iedene Laptops und Tablet-<br />
PCs auf die Alltagstaugli<strong>ch</strong>keit getestet,<br />
und ein Wireless-Netzwerk wurde installiert.<br />
Probleme in dieser Zeit waren die<br />
Wireless-Netzunterbrü<strong>ch</strong>e, was ni<strong>ch</strong>t nur<br />
die Geduld der <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen forderte,<br />
sondern au<strong>ch</strong> die der Informatikabteilung.<br />
Für die Projektgruppe zeigte si<strong>ch</strong> in<br />
dieser Phase, dass die te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Installationen<br />
die grössten Herausforderungen<br />
darstellten. Positiv wirkte si<strong>ch</strong> die vorgängige<br />
Einführung der <strong>Pflege</strong>diagnosen<br />
na<strong>ch</strong> NANDA-I in der gesamten soH aus.<br />
Die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen konnten auf ein Basiswissen<br />
zurückgreifen und waren im<br />
pflegediagnostis<strong>ch</strong>en Denken bereits<br />
geübt.<br />
In der nun folgenden Ausbreitungsphase<br />
wurden die Stationen na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong><br />
mit der nötigen Infrastruktur ausgerüstet.<br />
Alle Mitarbeiterinnen nahmen an individuellen<br />
S<strong>ch</strong>ulungen teil. Au<strong>ch</strong> während<br />
dieser Zeit liefen die Entwicklungsarbeiten<br />
an der ePD weiter und das Programm<br />
wurde laufend den Bedürfnissen der Praxis<br />
angepasst.<br />
Ein Projekt dieser Grösse bedarf eines<br />
Managements, wel<strong>ch</strong>es vom Projektauftrag<br />
überzeugt ist und die nötigen Strukturen<br />
vorgibt. Ein wesentli<strong>ch</strong>er Aspekt<br />
zum Gelingen stellen S<strong>ch</strong>lüsselpersonen<br />
(Profiusers) auf den Stationen dar, wel<strong>ch</strong>e<br />
die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen in der Umsetzung<br />
unterstützen. Inzwis<strong>ch</strong>en arbeiten 34 Stationen,<br />
verteilt über drei Standorte mit<br />
vers<strong>ch</strong>iedensten Fa<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tungen, produktiv<br />
mit der ePD. Erste Auswertungen zeigten,<br />
die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frauen sind, trotz der<br />
S<strong>ch</strong>wierigkeiten, wel<strong>ch</strong>e während der<br />
Entwicklung zu meistern waren, sehr motiviert<br />
und können si<strong>ch</strong> die ePD im Alltag<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr wegdenken.<br />
Die wi<strong>ch</strong>tigste Elemente<br />
Die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>frau wird dur<strong>ch</strong> den gesamten<br />
<strong>Pflege</strong>prozess geführt und aktiv<br />
unterstützt. Alle S<strong>ch</strong>ritte des <strong>Pflege</strong>prozesses<br />
sind intelligent miteinander verbunden.<br />
Der <strong>Pflege</strong>prozesses ist wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
gestützt und konzeptuell geleitet<br />
(Anderson, Keenan, & Jones, 2009;<br />
Doenges & Moorhouse, 2008; Doenges,<br />
Moorhouse, & Geissler-Murr, 2003; Gordon,<br />
2008).<br />
• Assessment: Das elektronis<strong>ch</strong>e <strong>Pflege</strong>assessment<br />
(Klassifikation na<strong>ch</strong> NNN)<br />
ist direkt mit den NANDA-I-<strong>Pflege</strong>diagnosen<br />
verknüpft. Das Assessment<br />
wird innerhalb der ersten 48 Stunden<br />
na<strong>ch</strong> Spitaleintritt mit dem Patienten<br />
dur<strong>ch</strong>geführt. Das Assessment ist die<br />
Grundlage des <strong>Pflege</strong>prozesses. Jede<br />
NNN-Klasse (z. B. Wohlbefinden, Aktivität/Ruhe,<br />
Ernährung, Wahrnehmung/Kognition,<br />
Bewältigung, Si<strong>ch</strong>erheit/<br />
S<strong>ch</strong>utz) enthält spezifis<strong>ch</strong>e Assessment-Fragen,<br />
deren Antworten auf<br />
mögli<strong>ch</strong>e <strong>Pflege</strong>diagnosen hinweisen.<br />
Assessment<br />
«Intelligentes<br />
Expertensystem»<br />
Ein «intelligentes Expertensystem»<br />
analysiert jeweils die Einträge im Assessment<br />
und s<strong>ch</strong>lägt, basierend auf<br />
den Assessmentdaten, mögli<strong>ch</strong>e <strong>Pflege</strong>diagnosen<br />
vor. Die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>person<br />
wird dur<strong>ch</strong> das System zur Überprüfung<br />
dieser hypothetis<strong>ch</strong> gestellten<br />
<strong>Pflege</strong>diagnosen angehalten und kann<br />
sie annehmen oder ablehnen. Bei jeder<br />
Klasse wird der daraus resultierende<br />
<strong>Pflege</strong>bedarf (= IST) und das zu<br />
errei<strong>ch</strong>ende Ergebnis bei Austritt (=<br />
SOLL), dur<strong>ch</strong> die <strong>Pflege</strong>fa<strong>ch</strong>person<br />
von 0–4 eingestuft. Zur einfa<strong>ch</strong>en<br />
Kennzei<strong>ch</strong>nung sind diese Werte na<strong>ch</strong><br />
einem Ampel-System von «Grün =<br />
kein <strong>Pflege</strong>aufwand» bis «Rot hö<strong>ch</strong>ster<br />
<strong>Pflege</strong>aufwand» farbig gekennzei<strong>ch</strong>net.<br />
Die Stufen 0 bis 4 bedeuten:<br />
0 = selbständig<br />
1 = wenig Anleitung<br />
2 = mehrfa<strong>ch</strong> wenig Hilfestellung<br />
3= viel Hilfestellung<br />
4= vollständige Abhängigkeit<br />
Die Assessment-Fragen sind elektronis<strong>ch</strong><br />
formuliert als: «Der Patient zeigt<br />
Zei<strong>ch</strong>en von Mangelernährung...» oder<br />
als: «Die Patientin beri<strong>ch</strong>tet über<br />
S<strong>ch</strong>merzen…». Die Antworten werden<br />
im Freitext eingetragen, was eine individuelle<br />
Erfassung der Patientensituation<br />
zulässt. Ein «intelligentes Expertensystem»<br />
analysiert ans<strong>ch</strong>liessend<br />
die Einträge im Assessment (vgl. Kasten<br />
oben). Zusätzli<strong>ch</strong> werden Messinstrumente<br />
z. B. S<strong>ch</strong>merzerfassung, Risikoerfassung<br />
der Dekubitusgefahr usw.<br />
eingesetzt. Die <strong>Pflege</strong> eines jeden Patienten<br />
wird individuell geplant und basiert<br />
auf dessen <strong>Pflege</strong>assessment und<br />
individuellen <strong>Pflege</strong>diagnosen (Doenges<br />
et al., 2003; Gordon, 2003, 2008). Die<br />
ePD erzeugt keine allgemeinen, standardisierten<br />
<strong>Pflege</strong>planungen. Die elektronis<strong>ch</strong>e,<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> basierte<br />
Vernetzung und die automatis<strong>ch</strong> unterstützte<br />
Analyse der Patientendaten generiert<br />
s<strong>ch</strong>nell und effizient eine individuelle<br />
<strong>Pflege</strong>planung.<br />
Krankenpflege 4/2010<br />
Soins infirmiers<br />
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