Vorindustrielle Waldnutzung am Schönberg bei Freiburg - Kartan

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01.11.2013 Aufrufe

Diskussion 92 mussten auch zusätzlich zu den widrigen Kriegsplünderungen und gerade verlorenen Ernten und Herbste (vergleiche Kapitel 4.6.1) hohe Steuersummen an die Landeshoheit bezahlen. Beide Seiten wollten somit absolut nicht auf den Wert des Holzes verzichten. Der Bevölkerungsanstieg ab 1744 brachte dann aufgrund des Erbsystems der Realteilung eine starke Parzellierung der Besitzflächen, welches dem einzelnen kleinbäuerlichen Betrieb zusätzliche Wegezeiten und geringere Erntemengen brachte. Dennoch hatten es die Ebringer mit der neuen Verkehrsanbindung im Höllental geschafft, ihren Wein lukrativ zu vermarkten. Der Weinschlagregister weist eine klare Preissteigerung auf und deutet auf eine „bewusste Marktorientierung“ (SCHMIDT, 1989: 42) hin. Diese wirtschaftlich deutlich bessere Situation der Gemeinde kann somit auch einen Einfluss auf den Konflikt 1792 gehabt haben. Die Mönche müssen mittlerweile selbst Steuern an die Landesherrschaft zahlen und wollen es nicht wahrhaben, dass sich die politischen Verhältnisse ändern. Sie besitzen nicht mehr die wirtschaftliche Überlegenheit, mit der sie der Gemeinde gegenüber so stark entgegen treten wie noch 80 Jahre zuvor. Bleibt abschließend die Überlegung, welche Bedeutung das Kloster für die Gemeinde im Laufe des Jahrhunderts hatte. Handelte es sich bei den Konflikten um existentielle Holzbedürfnisse der Bürger oder standen auch machtpolitische Auseinandersetzungen im Mittelpunkt? SCHOTT klärt diese Frage mit dem Zitat eines ehemaligen Abtes, der die Ebringer mit den Toggenburgern vergleicht. Diese waren in der Schweiz „die unruhigsten und selbstbewußtesten Untertanen der Abte, denen es gelungen war, (…) ein hohes Maß an Selbständigkeit zu erreichen und zu bewahren“ (SCHOTT, 1992a: 136). Er attestiert den Bürgern des Untersuchungsgebiets somit durchaus ein rebellisches Verhalten. Es wäre interessant, diese Ortsgeschichte mit den anderen Schönberggemeinden zu vergleichen. Hier wurde überall Weinbau betrieben und Holz für die Rebstecken benötigt. Nicht alle Dörfer hatten einen so großen Gemeindewald wie Ebringen. So benutzt der Chronist der Nachbargemeinde Norsingen in Bezug auf die Gemeinde Ebringen das Sprichwort: "Unter dem Krummstab ist gut wohnen" (MAYER, 1928: 75). Obwohl Ebringen eine relativ gut bestückte Gemeinde war (und ist), sollte hier nicht vergessen werden, dass die Ebringer gerade im 18. Jahrhundert viel Not und Leid durch die Kriege zu erdulden hatten. 5.7 Methodendiskussion Die Wahl der politischen Grenzen versus die naturräumlichen Grenzen hat bei dieser Studie den Betrachtungswinkel bestimmt. Die Verbindung zwischen Forstgeschichte und Ve-

Diskussion 93 getationkunde konnte am Beispiel einer Gemeinde gut aufgezeigt werden. Die Ergebnisse können nun für weitere vergleichende Studien genutzt werden. Auch eine gemeindeübergreifende Bearbeitung des Themas wäre eine interessante Untersuchung geworden. Dabei hätte man den Fokus auf den Schönberg einschränken müssen. Allein durch die verschiedenen Gemeindestrukturen und Ortsgeschichten wäre ein hoher Arbeitsaufwand entstanden, die den Bearbeitungszeitraum einer Diplomarbeit für 6 Monate voraussichtlich überanstrengt hätte. Der Untersuchungszeitraum des 18. Jahrhunderts wurde ebenfalls richtig gewählt. In dieser noch vorindustriellen Phase der Waldnutzung konnten die verschiedenen Herrschaftsstrukturen und Gemeindeansprüche an den Wald gut dargestellt werden. Für die Ausdehnung des Zeitraums in das 17. Jahrhundert hätte nach SCHWINEKÖPER (1999: 3) ein Mangel an Quellen die Dokumentation des Landschaftswandels erschwert, da sich diese erst mit dem Aufbau des modernen Staatswesens verdichten. Insgesamt hat die Quellenlage die Auswertungsmöglichkeiten bestimmt. Dabei standen die schriftlichen Quellen der Klosterbrüder neben den Altkarten im Vordergrund. Mithilfe der Literaturrecherche konnten die Einstellungen der Verfasser kritisch hinterfragt werden, da es über das Kloster St. Gallen ebenfalls einige Literatur gibt. Insgesamt musste in einem viel stärkeren Maß auf Sekundärquellen zurückgegriffen werden, als dies geplant war. Bei der Erarbeitung der archivalischen Schriftstücke gab es einige Probleme. Zum einen konnten manche Schriftstücke nicht eingesehen werden, weil ihr Zustand zu schlecht war, zum Beispiel die Originalkarte von 1735. Zudem gab es für den gewählten Untersuchungszeitraum generell nur wenige Akten in den Archiven. Einige konnten auch aus dem 19. Jahrhundert zum Thema beitragen, doch dabei gab es in erster Linie handschriftliche Quellen, zum Beispiel das ‚Gemeindereutfelderbuch’ (vergleiche Kapitel 4.3.1.3). Für den Unerfahrenen ist dies eine enorme Herausforderung, da neben der heute nicht mehr benutzten Schriftart auch unterschiedliche Handschriften mit einwirken. Bei gedruckten Quellen ist auch der Sprachstil zum Teil schwierig. So war nicht eindeutig zu klären, ob die Rebstecken nun in Freiburg „bey straf“ (vergleiche 4.4.1.3) gekauft werden mussten, oder ob es sich um die Einhaltung einer gewissen Rebpfahllänge handelte. Leider gibt es von Ebringen keine übliche Ortschronik, die zum Beispiel auch den historischen Alltag besser beschreibt. Eine hervorragende und interessante Quelle waren jedoch die rechtsgeschichtlichen Beiträge von SCHOTT in SCHOTT & WEEGER (1992). Sie halfen einen übergeordneten Blick für die Machtverhältnisse der Herrschaft zu bekommen. Allerdings bestand hier die Schwierigkeit, sich abzugrenzen und sich nicht zu weit weg von den

Diskussion 92<br />

mussten auch zusätzlich zu den widrigen Kriegsplünderungen und gerade verlorenen Ernten<br />

und Herbste (vergleiche Kapitel 4.6.1) hohe Steuersummen an die Landeshoheit bezahlen.<br />

Beide Seiten wollten somit absolut nicht auf den Wert des Holzes verzichten. Der Bevölkerungsanstieg<br />

ab 1744 brachte dann aufgrund des Erbsystems der Realteilung eine<br />

starke Parzellierung der Besitzflächen, welches dem einzelnen kleinbäuerlichen Betrieb<br />

zusätzliche Wegezeiten und geringere Erntemengen brachte. Dennoch hatten es die Ebringer<br />

mit der neuen Verkehrsanbindung im Höllental geschafft, ihren Wein lukrativ zu vermarkten.<br />

Der Weinschlagregister weist eine klare Preissteigerung auf und deutet auf eine<br />

„bewusste Marktorientierung“ (SCHMIDT, 1989: 42) hin.<br />

Diese wirtschaftlich deutlich bessere Situation der Gemeinde kann somit auch einen Einfluss<br />

auf den Konflikt 1792 gehabt haben. Die Mönche müssen mittlerweile selbst Steuern<br />

an die Landesherrschaft zahlen und wollen es nicht wahrhaben, dass sich die politischen<br />

Verhältnisse ändern. Sie besitzen nicht mehr die wirtschaftliche Überlegenheit, mit der sie<br />

der Gemeinde gegenüber so stark entgegen treten wie noch 80 Jahre zuvor.<br />

Bleibt abschließend die Überlegung, welche Bedeutung das Kloster für die Gemeinde im<br />

Laufe des Jahrhunderts hatte. Handelte es sich <strong>bei</strong> den Konflikten um existentielle Holzbedürfnisse<br />

der Bürger oder standen auch machtpolitische Auseinandersetzungen im Mittelpunkt?<br />

SCHOTT klärt diese Frage mit dem Zitat eines ehemaligen Abtes, der die Ebringer<br />

mit den Toggenburgern vergleicht. Diese waren in der Schweiz „die unruhigsten und<br />

selbstbewußtesten Untertanen der Abte, denen es gelungen war, (…) ein hohes Maß an<br />

Selbständigkeit zu erreichen und zu bewahren“ (SCHOTT, 1992a: 136). Er attestiert den<br />

Bürgern des Untersuchungsgebiets somit durchaus ein rebellisches Verhalten.<br />

Es wäre interessant, diese Ortsgeschichte mit den anderen <strong>Schönberg</strong>gemeinden zu vergleichen.<br />

Hier wurde überall Weinbau betrieben und Holz für die Rebstecken benötigt.<br />

Nicht alle Dörfer hatten einen so großen Gemeindewald wie Ebringen. So benutzt der<br />

Chronist der Nachbargemeinde Norsingen in Bezug auf die Gemeinde Ebringen das<br />

Sprichwort: "Unter dem Krummstab ist gut wohnen" (MAYER, 1928: 75). Obwohl Ebringen<br />

eine relativ gut bestückte Gemeinde war (und ist), sollte hier nicht vergessen werden,<br />

dass die Ebringer gerade im 18. Jahrhundert viel Not und Leid durch die Kriege zu erdulden<br />

hatten.<br />

5.7 Methodendiskussion<br />

Die Wahl der politischen Grenzen versus die naturräumlichen Grenzen hat <strong>bei</strong> dieser Studie<br />

den Betrachtungswinkel bestimmt. Die Verbindung zwischen Forstgeschichte und Ve-

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