Eigentum, Anarchie und Staat - Mises.de
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Spätestens hier taucht die Frage auf, ob es überhaupt allgemein anerkannte<br />
Filter-Regeln, ein Gr<strong>und</strong>prinzip, das allgemein anerkennungsfähig ist, gibt. Und<br />
wenn ja, was be<strong>de</strong>utet es, im Rahmen einer in Übereinstimmung mit diesem Prinzip<br />
organisierten sozialen Ordnung zu han<strong>de</strong>ln, bzw., von einem solchen Rahmen<br />
abzuweichen?<br />
Daß es (min<strong>de</strong>stens) eine allgemein anerkennungsfähige Filter-Regel gibt, läßt<br />
sich zeigen, in<strong>de</strong>m man die Unhaltbarkeit <strong>de</strong>r Behauptung <strong>de</strong>s Gegenteils<br />
<strong>de</strong>monstriert. Die gegenteilige Behauptung ist die Annahme, es gebe nicht eine<br />
einzige Regel, die allgemeine Anerkennung gewinnen könne, <strong>und</strong> es gebe nicht ein<br />
einziges (Handlungs-)Merkmal, das man gemeinsam als ungerecht <strong>und</strong> darum als<br />
auszufiltern anerkennen könne. Genaugenommen wür<strong>de</strong> man folgen<strong>de</strong> Aussage<br />
treffen: Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r allgemeinen Anerkennung <strong>de</strong>r Tatsache, daß es keine<br />
Handlungsregeln gibt, die sich allgemeiner Anerkennung erfreuen können, folgt,<br />
daß keine Handlung (auch nicht eine einzige!) als gerecht eingestuft wer<strong>de</strong>n kann,<br />
weil die Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n sich in vollständiger Ermangelung als gerecht anerkennungsfähiger<br />
Regeln um ein regelgerechtes Verhalten naturgemäß nicht einmal<br />
bemühen könnten, selbst wenn sie es wollten. Ausnahmslos je<strong>de</strong> Handlung muß<br />
vielmehr, da es anerkennungsfähige Filter nicht gibt, <strong>und</strong> solche Filter darum auch<br />
nicht erfolgreich passiert wer<strong>de</strong>n können, als ungerecht, als Ausdruck von Herrschaft<br />
bzw. <strong>de</strong>s Versuchs <strong>de</strong>r Herrschaftsausübung klassifiziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine solche Behauptung ist schon auf <strong>de</strong>r Ebene von Erfahrungen als<br />
fragwürdig einzustufen. So sehr die Erfahrung bezüglich permanenter Streitigkeiten<br />
über die Frage, ob eine bestimmte, konkrete Norm als gerecht o<strong>de</strong>r ungerecht<br />
einzustufen ist, die Extremhypothese, es gebe überhaupt keine allgemein<br />
anerkennungsfähigen Handlungsregeln, auf <strong>de</strong>n ersten Blick auch plausibel<br />
erscheinen lassen mag - dies: daß mit Übernahme dieser Hypothese als logische<br />
Konsequenz alle empirischen Handlungen gleichermaßen als ungerecht gelten<br />
müßten, <strong>und</strong> es überhaupt keinen allgemein geteilten Beurteilungsmaßstab geben<br />
dürfte, angesichts <strong>de</strong>ssen Handlungen in distinkte moralische Kategorien eingeteilt<br />
wer<strong>de</strong>n könnten - eine solche Hypothese steht offenbar min<strong>de</strong>stens ebenso sehr im<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch zu Erfahrung wie diejenige vollständiger Harmonie. Es mag nicht<br />
viele Filter geben, hinsichtlich <strong>de</strong>ren allgemeine Anerkennung zu erzielen ist, aber<br />
anzunehmen, es existiere nicht ein einziges Merkmal, das man gemeinsam,<br />
allgemein als ungerecht <strong>und</strong> als im sozialen Verkehr nicht wünschenswert bewerten<br />
könne, erscheint gleichfalls nicht realistisch.<br />
<strong>de</strong>s Prozesses <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung gerechter Normen: Dieser Prozeß ist nicht mehr allein, wie<br />
dargestellt, <strong>de</strong>r - erfolglose o<strong>de</strong>r erfolgreiche -Versuch, einen Ausweg aus einer Situation<br />
unvermeidbarer Herrschaft zu fin<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m zu uneinheitlich bewerteten konkreten Fällen<br />
aufgr<strong>und</strong> von Abstraktionsleistungen Neubeschreibungen entwickelt wer<strong>de</strong>n, die die fraglichen<br />
Fälle einer einheitlichen Behandlung zugänglich wer<strong>de</strong>n lassen; vielmehr wird dieser<br />
Prozeß angesichts <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> gemachten Ausführungen daneben auch als ein Prozeß verständlich,<br />
in <strong>de</strong>ssen Verlauf man sich (erfolgreich o<strong>de</strong>r nicht) darum bemüht, anerkannte<br />
abstrakte Prinzipien im Hinblick auf konkrete, u. U. völlig neuartige Fälle <strong>und</strong> Situationen in<br />
allgemein akzeptabler Form nicht nur zu erläutern, son<strong>de</strong>rn auch zu spezifizieren <strong>und</strong> zu<br />
ergänzen.<br />
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