Aktennotiz 1
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M. Gerold Vier-Augen-Prinzip, Bauüberwachung, Monitoring Seite 9<br />
• Statische Unterlagen / Bauausführung der Holzdachkonstruktion<br />
Die in der statischen Berechnung angesetzte Gesamtbelastung der Dachbinder von q = 1,65 kN/m²<br />
wurde somit kaum erreicht.<br />
Entsprechend dem textlichen Hinweis auf dem Ausführungsplan der genagelten Fachwerkbinder hätten<br />
jedoch in der Dachebene Windverbände mit Diagonalen b/h = 3/14 cm in einem Abstand von höchstens<br />
10 m angeordnet werden müssen. Diese Wind- und Stabilisierungsverbände waren jedoch – wie bereits<br />
erwähnt - vor Ort nicht eingebaut worden. Die Binderobergurte waren daher gegen ein seitliches<br />
Ausweichen unter Belastung nicht ausreichend gehalten. Allerdings war durch die rechtwinklig zu den<br />
Bindern verlaufenden Pfetten und die darauf befestigten Faserzement-Wellplatten eine gewisse<br />
Stabilisierung in der Dachebene vorhanden. Einerseits erklärt dies zwar, warum es bei der 40 Jahre<br />
alten Dachkonstruktion nicht schon früher zu nennenswerten Schädigungen kam; andererseits kann<br />
aber die vorliegende Dacheindeckung als planmäßige Aussteifung der Dachbinder in der Dachebene<br />
nicht herangezogen werden. Letzteres zeigte sich vor allem auch daran, dass sich bei Erreichen der für<br />
die Dachkonstruktion kritischen Schneebelastung eine horizontale Verschiebung der Pfetten und<br />
Faserzement-Platten einstellte. Es ist daher davon auszugehen, dass seit der Erbauung der Halle diese<br />
kritische Schneebelastung bis zum Schadenseintritt nicht erreicht wurde.<br />
• Anmerkung zur Dachsteifigkeit<br />
Ungeachtet der baurechtlichen Erfordernisse stellt die gesamte Dachkonstruktion (Verschalung innen,<br />
Biegewiderstand der hintereinander liegenden Sparren um die schwache Achse, Koppelung dieser<br />
Sparren über die Dachlatten und ggf. Windrispenbänder, Dacheindeckung mit Ziegeln) nachweislich<br />
eine nicht zu vernachlässigende Steifigkeit dar. Entsprechend den Literaturangaben KESSEL 1990 [2]<br />
und NATTERER et al. 1985 [3] werden dadurch die Durchbiegungen bzw. Verformungen, auch der<br />
Giebelwände, wesentlich verringert.<br />
Entsprechend KESSEL 1990 [2] sowie neuerer, im Auftrag der Gipskartonplattenindustrie von ihm<br />
durchgeführter Versuche, reicht i.d.R. ein Ausbau des Dachgeschosses aus, um eine ausreichende<br />
Aussteifung der oberhalb der Giebelwand angeordneten Ringanker zu gewährleisten: Die<br />
Untersuchungen wurden für Wohngebäude mit bis zu 15 m Breite und Pfettendächern durchgeführt. Bei<br />
unterseitiger Bekleidung der Holzdachkonstruktion durch Gipskartonplatten oder Spanplatten ist danach<br />
eine Mindest-Gesamtbreite dieser Elemente von 4,80 m erforderlich. Diese 4,80 m müssen nicht "an<br />
einem Stück" vorhanden sein, sondern können z.B. durch Gauben unterbrochen sein. Bei dem hier<br />
vorliegenden, lang gestreckten Baukörper ist dieses Mindestmaß vorhanden.<br />
Allerdings ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um neuere Erkenntnisse handelt,<br />
welche aber keine Allgemein anerkannte Regel der Technik darstellen.<br />
Im Sommer 2005 wurde der Autor zu einer Halle gleicher Bauart in der Nähe von Philippsburg gerufen.<br />
Es handelte sich dabei um einen baugleichen Fall, bei dem schon von außen die Verformungen der<br />
Wellplatten-Dacheindeckung erkennbar waren. Abb. 5, Abb. 6 zeigen zwei weitere Fälle verformter<br />
Dachkonstruktionen.