Aktennotiz 1
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M. Gerold Vier-Augen-Prinzip, Bauüberwachung, Monitoring Seite 4<br />
• Ausführungsplanung<br />
In der statischen Berechnung wurde für den Normalbereich des Daches ein Nachweis der<br />
Abhebesicherheit geführt. Die Abhebelast ergab sich über der Außenwand zu 0,5 kN/m; der Ringgurt<br />
wurde mit einem Eigengewicht von 0,9 kN/m unter Zugrundelegung einer spezifischen Wichte des<br />
Betons von 23 kN/m³ ermittelt.<br />
Ein zusätzlicher Abhebenachweis unter Berücksichtigung von Windsogspitzen des Randbereiches<br />
ergab unter Ansatz von 80% der rechnerischen Eigenlast g des ausgebauten Dachgeschosses eine<br />
resultierende Abhebekraft von 2,5 kN/m. Die Einleitung dieser Abhebekraft über Sparrenpfettenanker<br />
von den Sparren in die Fußschwelle und von dieser über Anker in den Stahlbeton-Ringgurt wurde<br />
nachgewiesen. Nicht berücksichtigt wurde jedoch, dass der lastaufnehmende Ringanker ein deutlich<br />
geringeres Gegengewicht aufwies. Nachweise in den Eckbereichen des Gebäudes mit nach DIN 1055<br />
Teil 4 höheren Windsoglasten gegenüber den reinen Randbereichen wurden nicht erbracht.<br />
• Beurteilung<br />
Bei Eintritt des Schadensereignisses war die Dachkonstruktion ohne die in der statischen Berechnung<br />
angegebene Unterdecke ausgeführt. Ebenso fehlten die oberseitige Wärmedämmung und das<br />
Blechdach. Die rechnerische ansetzbare Eigenlast der Dachkonstruktion betrug deshalb zum<br />
Schadenszeitpunkt nur etwa 31% der planmäßigen Last. Zudem kragte die Dachschalung<br />
entsprechend der zeichnerischen Darstellung an der hohen Dachseite ca. 20 cm über das Sparrenende<br />
aus. Damit ergab sich eine Kragarmlänge von insgesamt ca. 2,30 m.<br />
Eine Vergleichsrechnung ergab bereits für den Normalbereich unter Berücksichtigung der um 20 cm<br />
größeren Kragarmlänge und bei Ansatz von g red eine Abhebekraft von 3,16 kN/m an dem Ringgurt der<br />
hohen Dachseite. Bei einer erforderlichen Abhebesicherheit von η = 1,5 hätte der Ringgurt demnach<br />
eine Eigenlast von 4,74 kN/m aufweisen müssen. Die rechnerische Eigenlast des Betongurtes mit den<br />
Abmessungen 17,5 x 22 cm betrugt aber - bei Ansatz einer spezifischen Wichte des Betons von 23<br />
kN/m³ - nur 0,9 kN/m.<br />
Oder anders ausgedrückt: Die Eigenlast des Ringgurtes betrug lediglich 19% der erforderlichen<br />
Abhebelast und hätte entweder größer dimensioniert oder aber über planmäßige Zugverbindungen, z.B.<br />
in der 2. OG-Decke, verankert werden müssen. Eine solche Verankerung gab es jedoch nicht.<br />
Bei Berücksichtigung von Windsogspitzen im Rand- und Eckbereich ergaben sich noch ungünstigere<br />
Verhältnisse bezüglich der Abhebesicherheit.<br />
Bei der Vergleichsrechnung unberücksichtigt blieb zudem das zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes<br />
noch nicht verglaste Treppenhaus; d.h. der Wind kam in seiner Hauptwindrichtung in einen dreiseitig<br />
geschlossenen Raum und drückte das Dach infolge zu geringer Auflast an der hohen Dachseite nach<br />
oben. Jetzt bot die Dachkonstruktion dem Wind eine vergrößerte Angriffsfläche und dieser konnte das<br />
Dach wie den Deckel einer Sardinenbüchse reißverschlussartig zu beiden Giebelwänden und zur<br />
niedrigeren Außenwandseite hin öffnen.. Dies führte letztendlich zu einem vollständigen Abheben bzw.<br />
Umklappen der Dachkonstruktion.<br />
• Hinweis<br />
Die Abbildungen 2 zeigen einen weiteren, ähnlich gelagerten Fall in Lörrach.