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SCHRIFTEN<br />
<strong>de</strong><br />
Vereins für Geschi chte<br />
und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />
in Don aue chingen<br />
43. Band - 2000<br />
Sch ri ft leitung: GüntJler Reichelt<br />
Die Autoren sind für <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Arbeit selbst verantwortlich<br />
Zitiervorschlag: Schriften <strong>de</strong>r Baa l', Bd. 43. 2000<br />
Selbstverlag les Vereins für Geschich te und Naturgeschichte <strong>de</strong>r B aal'<br />
78 166 Dona ueschingen 2000
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Übersetzung, achdruck,<br />
Vcrvie lmltigung aur rotomechan ischem o<strong>de</strong>r ähnlichem Wege sowie Speicherung<br />
in Datenve rarbeitungsanlagen - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung<br />
<strong>de</strong>s Hcrau sgebers.<br />
Verein für Geschichtc und aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar e. Y.<br />
Haldcnstr. 3. D- 78 166 Donaucschingcn<br />
ISSN 0340-4765<br />
Satz: too ll1uch dcs ign. Freiburg<br />
Druck: M oog- Druck, Hüfingen<br />
100 o/c chlorl"rci gcbleichl cc;, Papi er
5<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
Vorwort<br />
6<br />
SUSAN NE H UBER-W I TER IANTEL:<br />
Die SI. Remigiusk irche in Bräunlingen<br />
7<br />
D A KWART SCHMID:<br />
Die lateinisc hen Pfarrerchroniken<br />
von Schramberg 1675 - 1734<br />
27<br />
DORIS H G:<br />
Bo<strong>de</strong>nnutzung im Mittleren Schwarzwald und <strong>de</strong>ren<br />
Veriin<strong>de</strong>rung von 1780 bis heut e<br />
91<br />
ALEXANDER SI EGM U D:<br />
Dic Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung auf <strong>de</strong>r Baal' seit Beginn<br />
kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />
123<br />
LIANE DOMDEy-K NZ und ULRIKE SCHWÄR:<br />
Renaturierung eines Teilab, chnitts <strong>de</strong>r Aitrach auf <strong>de</strong>r<br />
Gemarkung Gei ingen / Leipferdingen<br />
14 1<br />
HARTM T und G ABI EBENHÖI-i:<br />
Rot- und Schwarzmilan auf <strong>de</strong>r Baar<br />
Ergebni sse einer Brutbestandserfass ung<br />
153<br />
G "" NTH ER REICHELT:<br />
Arche oah in <strong>de</strong>r Riedbaar-<br />
Z ur Entw icklung einiger angelegter Biotope 1978 - 1998<br />
162<br />
Vereinsc hronik<br />
180<br />
August Vetter zum Ge<strong>de</strong>nken<br />
182
6<br />
Vorwort<br />
ochmals können wir rechtzeitig zur Mitglie<strong>de</strong>rversammlung im Jahre 2000 einen neuen<br />
Band <strong>de</strong>r" chriften <strong>de</strong>r Baal''' vorlegen. Allerdings ist ungewiss. ob wirdiejährliche Erscheinüngs<br />
folge auch künftig beibehalten können. Zwar dürfen wir j e<strong>de</strong>s Jahr eine erfreulich<br />
große Zahl neuer Mitglie<strong>de</strong> r begrüßen: aber ihnen stehen viele Abg~inge gegenüber. so<br />
das. unsere Mitglie<strong>de</strong>rzahlen nur geringfü gig steigen. Aus <strong>de</strong>n Mitgliedsbeiträgen konnten<br />
nur etwa 70% <strong>de</strong>r Herstellungskosten von Band 43 ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Ei n "eiserner<br />
Bestand " wird om Vorstand aus gutem Grund zurück gehalten. Der "<strong>Baarverein</strong>", nach<br />
<strong>de</strong>r ,. aturhi stori schen Gesellschaft Hannover" von 1797 <strong>de</strong>r ~i1t es te Kulturverein in Deut schland.<br />
wird näm lich in fünf Jahren 200 Jahre all. Dieses Jubiläum erfor<strong>de</strong>rt neben Überlegungen<br />
zu seiner Gestaltung auch die Bereitstellung entsprechen<strong>de</strong>r Mittel. Da" ir inzwischen<br />
un sere Leistungen ni cht einschränken wollen. bl eiben uns nur wenige Optionen:<br />
eine merkliche Erhöhung <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong> rza hl , eine Erhöhung <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rbeiträge und/<br />
o<strong>de</strong>r eine vermehrte Zah l von Sponsoren. Für diesen Band war nur <strong>de</strong>r letzte (Aus) Weg<br />
begehbar. führte aber zum Erfolg.<br />
Band·+3 sollte eigentlich aus <strong>de</strong>n dargelegten Grün<strong>de</strong>n etwas schmaler ausfallen. Aber die<br />
eingegangenen Arbei ten unserer Autoren wa ren umfangreicher als erwartel. Drei Beiträge<br />
hat di e Schriftleitung sogar zurückstellen mü sse n. konnte sich jedoch ni cht dazu entschließen.<br />
die übrigen zu kürzen. Die erwogene A urteilung <strong>de</strong>r un gewöhnlich umfangreichen<br />
chramberger Pfarrerchronik auf zwei BUn<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> aus mehreren Grün<strong>de</strong>n aufgegeben:<br />
einmal han<strong>de</strong>lt es sich um eine erstmals <strong>de</strong>r Öffentlichkeit zugängliche. für unsere Region<br />
neue Quelle aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Erbfolgekriege; zum an<strong>de</strong>ren hat die Stadt Schramberg einen<br />
namhaften Druckkostenzu sc huss beigesteuert und war an einem vollständigen Son<strong>de</strong>rdruck<br />
interessiert. Auf<strong>de</strong>n Beitrag zur Rem igiuskirche in Bräunlingen sei ebenfalls hingewiesen:<br />
die lange ungelöste Frage. wem die spätgoti schen Itartafeln zuzuschreiben sind.<br />
wird darin einer überzeugen<strong>de</strong>n nt wort zugeführt. Allgemeines I nteresse dürfte auch die<br />
Arbeit über die Verän<strong>de</strong>rungen im Mittleren Schwarzwald se it 1780 rund um Furtwangen<br />
fin<strong>de</strong>n. Die Analyse <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong> rsc hlagstrends auf <strong>de</strong>r Baal', <strong>de</strong>r Beri cht über die Renaturierun<br />
g <strong>de</strong>r A itrach und zwei weitere aufschlussreiche Studien zur Biologie <strong>de</strong>r Baar sorgen<br />
für ei n zwischen <strong>de</strong>n geschichtlichen (im we iteren Sinne) und naturwissenschaftlichen<br />
Themen ausgewogenes Verhältni. Wir danken un. eren utoren herzlich dafür, das sie uns<br />
ihre Arbeiten - w ie<strong>de</strong>rum ohne ein Honorar zu erwart en - zur Veröfi'entl ichung an ertraut<br />
haben.<br />
Für bereitwillig gewührte Druckkostenzuschü sse. aber auch rür spontane pen<strong>de</strong>n haben<br />
wir folgen<strong>de</strong>n Sponsoren ~e hr herzlich zu danken:<br />
Den ständigen Sponsoren:<br />
S.O. Joachim Fürst zu Fürstenberg<br />
Stadt Donaueschingen<br />
Landkreis Schwarzwald-Baar<br />
Sparkasse Donaueschingen<br />
Der Schriftleiter: G. Reichelt<br />
Den För<strong>de</strong>rern von Band 43:<br />
Stadt Brüunlingell<br />
Stadt Geisingen<br />
Stadt Schramberg<br />
A rbeitsgclllci nschart R iedbaar- Donau<br />
Siegfried Ros il1u s. Donaueschingen<br />
Pror. Dr. Dank wa rt Schmiel. ROllwcil
7<br />
Schriften <strong>de</strong>s Ve rein, für Geschichtc<br />
und Natu rgeschichtc <strong>de</strong>r Baar<br />
Donaueschingen<br />
3 I. März 2000<br />
Die St.Remigiuskirche in Bräunlingen<br />
-Beiträge zu Geschichte und Kunstvon<br />
Su sa nne Huber-Wintermantel<br />
Im Jahre 799 soll Abt Waldo von Reichenau die Pfarrei St.Remigius zu Bräunlingen<br />
gegrün<strong>de</strong>t haben - original-urkundlich läßt sich diese r Zeitpunkt nicht mehr belegen. 1767<br />
mu ss das entsprechen<strong>de</strong> Dokument in Bräunlingen noch ex istiert haben. <strong>de</strong>nn Oberschultheiß,<br />
Pfarrer, Bürgermeister und Kirchenpfleger erneuern in diesem Jahr die Urkun<strong>de</strong><br />
unter Angabe <strong>de</strong>r Jahreszahl 799. <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s Abtes Waldo und seines Reichenauer<br />
Konvents und erweitern sie auf die Bräunlinger Depen<strong>de</strong>nzorte Bubenbach, Ober- und<br />
nterbränd. die ebenfalls durch einen Geistlichen betreut wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
"Wir ober und Kirchen Pfleger dahier : /f Breiinlingen bekennen hierlllil fiir L1I1S und IIIISere<br />
Nacllflliger daß. nach<strong>de</strong>lll auf allerhöchste Anordnung iiberjene Stiftung, worüber noch<br />
keine Stifibriefe erricllfel wären, sogleich die behörigen Stifibriefe zu stan<strong>de</strong> gebracht<br />
Irer<strong>de</strong>n l1Iiißen, Wir anno 799 nachj(Jlgen<strong>de</strong> stiftung I'on weil. HI. abbl Waldo von Reichenau<br />
: II <strong>de</strong>lll En<strong>de</strong> iiberkoJIIlllen, daß in Folge seines /IIil dortigemlöbl. Kapilel einll/iilhig<br />
gefäßlell SchlLlßes I'or besländig dahier ein Pfarrer seyn ulld darbleiben solle, da/llil solcherje<strong>de</strong>r<br />
Zeit, sowohl dahiel; als in <strong>de</strong>n Depen<strong>de</strong>n: örthleill in <strong>de</strong>/ll Bubenbach, m (f <strong>de</strong>m<br />
ober- LInd Un<strong>de</strong>rbrändl sich als ein fleißiger und eiifriger Seelsorger in allen geistlichen<br />
filllctionihus gebrauchen lassen. auch {.IIIbev die gOlles Ehr allfor<strong>de</strong>rsl beför<strong>de</strong>l71 solle ... " '.<br />
Bis 1694 war die Remigiuskirche - trotz ihrer L age außerhalb <strong>de</strong>r Stadtmauer - Pfarrkirche.<br />
Erst dann übernahm die dreimal umgebaute und erwei terte Marienkapelle innerh alb<br />
<strong>de</strong>r Stadt diese Funktion. 188 1 wur<strong>de</strong> diese M arienkirche aber vollständig abgebrochen<br />
und an ihrer Stelle die heuti ge neoromani sche Kirche gebaut.<br />
Das Patronat <strong>de</strong>s HI. Remigius, <strong>de</strong>s Bi schofs von Reims, geboren 436, <strong>de</strong>utet bereits auf<br />
ein hohes Alter <strong>de</strong>r Kirche hin. Remigius taufte <strong>de</strong>n Frankenkönig Chlodwig 496. nach<strong>de</strong>m<br />
dieser in <strong>de</strong>r Schlacht bei Zülpich die Alamannen besiegt hatte und sich als Dank für<br />
diesen Sieg zum katholischen (im Gegensatz zum arianischen) Christentum bekehrte. Diees<br />
Ereignis war <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>r Christianisierung Nordgalliens und in Folge <strong>de</strong>ssen auch<br />
unserer Gegend. Hier grün<strong>de</strong>ten die mi ssionieren<strong>de</strong>n Mönche Gallus und Pirmin die Klöster<br />
St.Gallen und Reichenau.<br />
Das hohe A lter <strong>de</strong>r Remigiuskirche wird außer<strong>de</strong>m durch archäologische Befun<strong>de</strong> belegt,<br />
<strong>de</strong>nn sie wur<strong>de</strong> innerhalb eines merowingerze itlichen Gräberfeld s errichtet. Bereit. in<br />
<strong>de</strong>n I 930er Jahren fa nd man. im Zuge ei ner Friedhofserweiterung, Bestattungen mit Grabbeigaben<br />
aus <strong>de</strong>m 7.J ahrhun<strong>de</strong>rt n.Chr. Be<strong>de</strong>utendste Stück ist <strong>de</strong>r "Bräunlinger L anze n<br />
reiter", eine Bronzez ierscheibe vom Gürtelgehiinge einer Frau (Bad i ches Lan<strong>de</strong>sm useum<br />
K arlsruhe). Spätere Baumaßnahmen för<strong>de</strong>rten stet neue Fundstücke wie Bronzearmreifen<br />
o<strong>de</strong>r Waffen zutage, zu letzt 1990.
8<br />
Die heutige Kirche ist nicht die erste, die an diese m Plat z errichtet wor<strong>de</strong>n ist, " ... es ist<br />
dm'on ulIs: llgehen. dqß sich lInter lind neben <strong>de</strong>li/ bestehen<strong>de</strong>n Cebäll<strong>de</strong> Re.I·le von<br />
VOIgöngerbolllen erhalien lU/hen."1 Diese Fundamente sind 1859/60 tatsächlich freigelegt.<br />
aber nicht dokumentiert wor<strong>de</strong>n. ] Ä ltester Teil <strong>de</strong>r heuti gen Kirehe ist <strong>de</strong>r Turm aus<br />
<strong>de</strong>r Zeit um das Jahr 1000.<br />
Drei alte G locken, 1990/9 1 durch eine Initiat ive <strong>de</strong>s Kulturför<strong>de</strong>rvereins Bräunlingen repariert.<br />
überstan<strong>de</strong>n alle Kriege und hängen wie<strong>de</strong>r funktionstüchtig an Holzjochen aus<br />
<strong>de</strong>m 17.J ahrhun<strong>de</strong>rt. Die g röß ~ e Glocke, gegossen l ·n5, wird <strong>de</strong>r Gießerhütte Klain in<br />
Roltweil zugeordnet. Si e trägt die amen <strong>de</strong>r vier Evangelisten. eine <strong>de</strong>r ältesten bekannten<br />
Glockeninschriften, sowie di e Inschrift "0 rex glorie x p - e (christe) !'eni Cllll1 pace".<br />
Die miniere Glocke stammt vermutlich aus <strong>de</strong>r ersten Häl f"Lc <strong>de</strong>s 15.Jahrhun<strong>de</strong>lts. die kleinste<br />
aus <strong>de</strong>r Zeit um 1300. Sie wird <strong>de</strong>r Schat"nlausener Gießhütte <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Irieh und Hug<br />
zugeord net und ist 190 kg schwer: 1<br />
Interessanter Weise hän gt im Turm <strong>de</strong>r benachbarten Hüringer PFarrkirche St.Verena eine<br />
mit <strong>de</strong>r letztgenannten stilistisch i<strong>de</strong>ntische. allerdings 550 kg schwere Glocke. Es ist<br />
davon auszugehen, dass bei<strong>de</strong> Glocken ursprünglich im sei ben Turme hingen, ob in Hüfingen<br />
o<strong>de</strong>r Bräunlingen lässt sich nicht klären.'<br />
1680 erhiel t <strong>de</strong>rTurmheim seine heutige Ge~ta lt und <strong>de</strong>r hor sei ne das Langhaus überragen<strong>de</strong><br />
Höhe. Ein Blitzschlag hatte <strong>de</strong>n Turmabschluß. eine <strong>de</strong>r drei Glocken und das Dach<br />
<strong>de</strong>s Chores besch~idigt. Das Langhaus stammt vermuLIi ch aus <strong>de</strong>m 16.Jah rhun<strong>de</strong>rt. <strong>de</strong>r<br />
spätgotische Chor entstand um 1450. Links und rec ht s vom Chorbogen. in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Chor<br />
abschließe n<strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n. fan<strong>de</strong>n sich bei Restauri erungsarbeiten im Winter 1998/99 unter<br />
<strong>de</strong>m Putz Teile von Bogengewä n<strong>de</strong>n. die veranschaulichen. dass das Langhaus jünger ist<br />
als <strong>de</strong>r Chor und ursprünglich breiter als heute gewesen sein muß.<br />
Auf unterschiedliche Stilepochen w iesen auch die Fresken in Chor und Langhaus hin.<br />
JOHA BAPTI ST HORN NG, Kunsthi storiker und Stadtchroni.'t. 1874 in Bräunlingen geboren<br />
. war noch Augenzeuge <strong>de</strong>s Z u sta nd e~ <strong>de</strong>r Kirche vor 1905: "In gleicher Weise hahen<br />
Wandll/olereiell ill/ Chor lind WI <strong>de</strong>n Langlrwl.l"\l"iirlllen <strong>de</strong>n Altersllnterschied iiher:ellgend<br />
l'er{II1Sclllllllicht. ,, (, Zeuge für die Ex istenz von Wandmalereien ist auch L CIA REICII.<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 19.Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>n damals arg verwahrlosten Zustand <strong>de</strong>r<br />
alten Kirche beobach tete, und später beschrieb: ".. . {[II <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n :eiglen sich /l och Irie<br />
lIIul da ÜberresIe I'on alteIl Malereien. " 7<br />
Im Zuge von Restaurierungsmaßnahmen 1905 so llten die Wandmalereien durch das<br />
Denkmalamt begutachtet wer<strong>de</strong>n - als die Beauftragten einlraren x . waren die Wän<strong>de</strong> im<br />
Chor bereits abge. chlifTen'l und neu bemalt.<br />
Aus <strong>de</strong>r Stellungnahme eies Denkma lamtes geht hervor. dass gera<strong>de</strong> im Chor die besten<br />
und besterhaltenen Tei le <strong>de</strong>r Wandmalereien ve rni chtet word en seien. Im Langhaus wa ren<br />
zu diesem Zei tpunkt noch ni cht al le Wandmalereien aufge<strong>de</strong>ckt; sichtbar wa ren die 12<br />
Apostel mit amen und Wappen <strong>de</strong>r Stifter und ei n in einer Nische dargestellter, von<br />
Engeln umgebener SI.Sebastian. Dieser Befund sollte damals photographiert wer<strong>de</strong>n, doch<br />
fan<strong>de</strong>n sich bis heute keine Aufnahmen.<br />
Der in Orrenburg ansässige Bildhauer und Maler FR ANZ JOSEF SJMMLI:.R ( 1846 - 1926)<br />
erhielt vom Bräunlinger Dekan Metz <strong>de</strong>n Auf"trag. die Rem igiusk irche im neogoti schen<br />
Stil auszumalen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Künstl er in <strong>de</strong>n Jahren zuvor bereits erfolgreieh <strong>de</strong>n Innenraum<br />
<strong>de</strong>r neuen Bräunlinger Stadtkirche gestaltet hatte W Darüber hinaus beauftragte De-
o<br />
Abb.2:<br />
Flügelinnense ite. links (Feiertagssei te): Gebun Christi . Briiunlingen.<br />
Abb.3:<br />
Flügclinncnsci tc. recht s (Feien agsscite): Anbctung <strong>de</strong>r Königc. Bräunlingcn.
11<br />
Abb. 4: Geschlossenes Retabel ( We rkt ags~c it e).<br />
Abb. 5: Anbeten<strong>de</strong> Engel. Detail von <strong>de</strong>r Geburt Christi, BrHunlingen.
Iv<br />
Abb. 6: Kreuzigun gsgruppe (Maria und Johannes unter<br />
<strong>de</strong>m Kreuz). Detail alls <strong>de</strong>n Pass ionsdarstellunge n.<br />
Briiunlingen. Z ustand seit 1905.<br />
Abb. 7: Kreuzigungsgruppe. Zustand nach Abnahme<br />
<strong>de</strong>r Übermalungen. Ursprünglicher Zustand . Schii<strong>de</strong>n<br />
und Fehlstellen sichtbar.<br />
Abb. 8: Kreuzigungsgruppe. konservierter und<br />
restauri erter Z ustand.
13<br />
kan M ETz Simmler mit <strong>de</strong>r Restaurierung <strong>de</strong>s spätgoti schen Flügelaltares: "Diesel: <strong>de</strong>r<br />
sehr <strong>de</strong>fect ist. IIIl!ß, L1111 <strong>de</strong>m lIeuell Chor :u elItsprechen. gründlich restauriert wer<strong>de</strong>n.<br />
Dies soll geschehen dllreh die Firma Sill/II/lel: Da soll eill nelles Alllepelldilllll geschafFell<br />
11 'e r<strong>de</strong>n, einIleIl e I' Altartritt. eine Prae<strong>de</strong>lla, die Bil<strong>de</strong>r neu \'e/gol<strong>de</strong>tlilld gefasst wer<strong>de</strong>n.<br />
die Bil<strong>de</strong>r (Gell/äl<strong>de</strong>) (//(/<strong>de</strong>ll bei<strong>de</strong>lI Flügelll entsprechend he/gestellt \rer<strong>de</strong>n, eille lIelie<br />
Bekrönullg (//Igehracht llnd II/it eillem schöllell Chm: i{tx (grr~ß) "ersehen \·rer<strong>de</strong>ll." 11<br />
Bereits drei Wochen spüter schickte die Firma Simmler <strong>de</strong>n restaurierten A ltar per Bahn<br />
als Frachtgut (I) nach BrHunlingen zurück. A uf <strong>de</strong>r Rechnung si nd folgen<strong>de</strong> Arbeiten aufgeführt:<br />
" / gotischer A/tarFür die dortige Friedhoj:l'kopelle rell(J\'iert und : \\'ar die \'01'<br />
//(/n<strong>de</strong>lle Mille/nische sw/II Fliigel reparirt. l'erleill/t etc. und neu hell/alt IlIId l'ergo/<strong>de</strong>t.<br />
ebel/So die alteIl SW/llell neu bell/altlilld reich \'ergol<strong>de</strong>t. die Flügeldarstellullgen : UII/ Teil<br />
allsgebessert. Hin ::,u I/eu angefertigt J SIL(/fen IIlId eille nelle Pre<strong>de</strong>lla ill Weichho/: samt<br />
eillell/nellell AI/f.wt:, II/it Krel/:, TodtellkopIl/lld gotischen Christl/s." 12<br />
Nachdcm die Remigiuskirche 1990/9 1 außen reno iert wurdc. folgte 1998/99 die gründliche<br />
In nen renovierung. Dabci wur<strong>de</strong> die größte Sorgfalt auf die Restaurierung <strong>de</strong>r Wandmalercicn<br />
in Chor und Langhaus sowie die K onse rvierung und Re taurierung <strong>de</strong>s Flügelaltares<br />
gelegt, <strong>de</strong>r aus klimatisc hen Grün<strong>de</strong>n vor 011 restauriert wer<strong>de</strong>n mu sste. [n Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalamt und <strong>de</strong>m erzbischöflichen Bauamt wur<strong>de</strong>n die<br />
Firma Ebe rhard Grether. Freiburg, mit <strong>de</strong>n Arbeiten im Innenraum und <strong>de</strong>r Restaurator<br />
Thomas Grünewald. Waldkireh. mit <strong>de</strong>n Maßnahmen am Altar beauftragt.<br />
Während die von Simmler gestal tcte Wand- und Deckenbema lung erh alten. bzw. wie<strong>de</strong>r<br />
hergestellt wor<strong>de</strong>n ist. wur<strong>de</strong>n die Übermalungen. mit <strong>de</strong>nen Simmler die spHtgoti schen<br />
A ltarflügel "au. gebessert " hatte, abgcnommen. <strong>de</strong>r ursprüngliche Zustand wie<strong>de</strong>r hergestellt.<br />
Wie sich ze igte, hatte Siml11ler ganz erhebliche Verän<strong>de</strong>rungen vorgenommen. die<br />
wa hrsc heinlich mit seinem vom Nazarenerstil geprägten äs theti schen Empfin<strong>de</strong>n erklärt<br />
wer<strong>de</strong>n können (Abb. 6-8).11<br />
Der Flügelaltar lüsst sich auf die Zeit um 1470/80 datieren. Sein Standort war bis vo r 1905<br />
weiter vorne im Chor. Dekan M etz ließ ihn. um bessere Lieht ve rhältnisse bemüht, ganz<br />
ans Fcnster nach hinten rücken (vgI. A nm. 8, 9). Dass <strong>de</strong>r A ltar ursprünglich Raum für<br />
einen Umgang bot, ist mit liturgischen Anfor<strong>de</strong>rungen zu erklären. und auch damit. dass<br />
hinter dcm Altar die Beichte abgenommen wur<strong>de</strong>.<br />
Dcm A ltar. als zentralem Teil <strong>de</strong>r KirchenHusstattung komm t beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu.<br />
Schmücken<strong>de</strong>s Beiwe rk <strong>de</strong>s Itares waren das Antependium. eine vor <strong>de</strong>n Allar gehüngte<br />
Tafcl. und das Retabel. eine auf scine hintere K ante ges tellte Ta fel.<br />
Im 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt entstand das Flü gelretabel, das auf- und zugeklappt wer<strong>de</strong>n konn te.<br />
Die beweglichen Seitenflügel wur<strong>de</strong>n nur an Feiertagen geö ffnet. Fciertags- und Werktagsseitc<br />
unterschie<strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>utlich voneinan<strong>de</strong>r: Die Außenseitcn wur<strong>de</strong>n bemal t und dabei<br />
auf E<strong>de</strong>lmetallaullagen verzichtct. Die Innenansicht <strong>de</strong>r FlLigel zeigte gcschnitzte. üppig<br />
vergol<strong>de</strong>te Fi guren im Schrein und Flügclmit prtichtigem Goldhintergrund. Der Brtiunlinger<br />
Itar ze igt auf <strong>de</strong>n Außenseiten Passionsszenen. innen die Geburt Christi und die Anbetung<br />
<strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige. Stifterwappen. häufig auf FlLigelretabeln dargestellt. sind<br />
nicht vorhan<strong>de</strong>n. Deshalb ist ni ch t bekannt. wer <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Stifter waren.<br />
Flügelrelabcl wur<strong>de</strong>n durch ihre Wan<strong>de</strong>lbarkeit immer belicbter, sie kamen <strong>de</strong>m Bedürfnis<br />
sehr entgegen. Glaubcnsinhalte bildlich darzustellcn und sic damit <strong>de</strong>m nicht lesen<strong>de</strong>n<br />
Gliiubigen vor Augcn zu führen . In <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong>n Retabe l III<br />
erie ge ferti gt; Produktionszentren waren dic BischofsslÜdte.
14<br />
5<br />
O/J<br />
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15<br />
Die Retabe lteile unterliegen einer Rangordnung. D er wichtigste Teil ist <strong>de</strong>r Schrein: Flügel.<br />
Pre<strong>de</strong>lla und Gesprenge gelten als rahmen<strong>de</strong> Teile. tandfläche <strong>de</strong>s Retabels auf <strong>de</strong>r<br />
A ltarmensa ist die Pre<strong>de</strong>lla. ein chmaler ockel. <strong>de</strong>r ebenfalls bemalt o<strong>de</strong>r mit ei nem<br />
geschnitzten Relief geschmückt ist. Hüufig wer<strong>de</strong>n auf Pre<strong>de</strong>llen Chri tu s und die zwöl f<br />
Apostel o<strong>de</strong>r das letzte Abendmah l dargestellt als Hinweis auf <strong>de</strong>n Ur 'prung und die Einrichtung<br />
<strong>de</strong>r am Altar gefeiert en Euchari sti e.<br />
Die Pre<strong>de</strong>lla. die Simmler 1905 neu ange ferti gt hat. ist ganz auf die Funktion <strong>de</strong>r<br />
Remigiusk irche als Friedhofsk irche, <strong>de</strong>m Ort, an <strong>de</strong>m die zum Begräbni s gehören<strong>de</strong>n<br />
Seelenämter stattfan<strong>de</strong>n, abgestimmt und trägt zwischen Rankenornamenten die Auf'chrift:<br />
" Herr gib ihnen die ell'ige Rlihe /ll/d das ewige Lich/le/lch/e ihl/ell."<br />
Als außeror<strong>de</strong>ntlicher Glücksfall ist die Tatsache zu werten. dass sich in <strong>de</strong>n Fürstenberg<br />
Sammlungen Donaueschingen eine Zeichnung <strong>de</strong>s Bräunlinger Malers JOSEPH FUCHS ( 18 10-<br />
1880) 14 fand. die <strong>de</strong>n Altar mit geöffneten Flügeln im sonst nirgends dokumentierten Zustand<br />
von vor 1905 zeigt (Abb. 9). Unklar bleibt. ob Fuchs seine schwarz-weiße Fe<strong>de</strong>rze<br />
ichnung vor o<strong>de</strong>r nach 1859/60 angefertigt hat, <strong>de</strong>nn zu die. em Zeitpunkt müsse n. wie<br />
erwähnt, einige Restaurierungs- und Baumaßnahmen ausgeführt wor<strong>de</strong>n sein.<br />
Ein Ergebnis <strong>de</strong>r Untersuchungen <strong>de</strong>s Altares von 1999 ist. dass auch die bei<strong>de</strong>n Altarflü<br />
gel Rahmungen aus <strong>de</strong>m 19.Jahrhun<strong>de</strong>rt erhalten haben . Demn ach war <strong>de</strong>r Rahmen rot<br />
gefasst (vermutlich nach <strong>de</strong>m ori ginalen Vorbild) und nicht. wie eit 1905. blau. I )<br />
Das Schleierwerk an <strong>de</strong>r oberen Kante <strong>de</strong>r Festtag 'seiten sowie ihr Goldbrokathintergrund<br />
'ind bei Fuchs genau so dargestcllt wie heute. ebenso die minutiös kopierten Darstellungen<br />
von Geburt und Anbetung. Interessa nt i t, dass <strong>de</strong>r Altar vor 1905 nicht von ei nem<br />
Gesprenge bekrönt wur<strong>de</strong>, so n<strong>de</strong>rn schlicht mit einem relativ kleinen Kruzifix absch loß.<br />
ahezu unverän<strong>de</strong>rt präsentiert sich das Schleierwerk <strong>de</strong>s Schreins, während <strong>de</strong>r Schreinhintergrund<br />
erneuert wor<strong>de</strong>n sein muss.<br />
Zum ein zigartigen Dokument für einen früheren Zustand - vielleich t für <strong>de</strong>n originalen -<br />
wird die Zeichnung von Fuchs aber vor allem <strong>de</strong>shalb, wei l sie die ursprüngliche Pre<strong>de</strong>lla<br />
ze igt: Die Köpfe on Christus (in <strong>de</strong>r Mitte) und <strong>de</strong>n zwölf Aposteln . Diese Pre<strong>de</strong>lla i t<br />
verloren. es gibt keinerlei Beschreibungen darüber und e: fin<strong>de</strong>n sich keine Hinweise über<br />
ihr we itere. Schicksal. Wahrscheinlich ist. dass . ie vernichtet wur<strong>de</strong>.<br />
Über <strong>de</strong>r Pre<strong>de</strong>lla befin<strong>de</strong>t sich bei <strong>de</strong>n spätgotisehen Flügelaltären <strong>de</strong>r Altarschrein. Er<br />
wird als 'Bun<strong>de</strong>sla<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Neuen Bun<strong>de</strong>s'. mit Bezug auf die Lauretanische Litanei. mit<br />
Maria bzw. Christus gleichgesetzt. Im Schrein sind mehrere Einzelfiguren o<strong>de</strong>r eine weitere<br />
Szene figürlich o<strong>de</strong>r als Tafelgemäl<strong>de</strong> dargestellt. Im Zentrum stehen meistens Marieno<strong>de</strong>r<br />
Chri stusdarstellungen: die flankieren<strong>de</strong>n Heiligen sind Patrone <strong>de</strong>r Kirche o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Stifter. Als zentrale Dar. teilungen fin<strong>de</strong>n sich oft Geburt Christi , Anbetung <strong>de</strong>r Hei ligen<br />
Drei Könige. Verkündigun g. M ari enkrönung o<strong>de</strong>r Marientod. Da <strong>de</strong>r Altar die Stätte <strong>de</strong>s<br />
euchari sti schen Opfers Lind Mahles ist. sind Passion. themen naheliegend und häufig. Si e<br />
schmücken meist die Flügelaußenseiten (Werktagsseite) und Llmfa sen in Bräunlingen<br />
ac ht Einzelszenen. Die große Beliebtheit <strong>de</strong>r Anbetung <strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige erklärt<br />
sich durch die wichtige Rolle. die im Mittelalter die Zeugenschaft <strong>de</strong>r Geburt Christi als<br />
Be. eismittel ·pielte. Die Drei Könige. Wei en o<strong>de</strong>r M agier konnten die Wahrheit und<br />
Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>s Geschehens bezeugen. sie anerkannten durch ihre Gaben - Gold, Weihrau<br />
ch und M yrrhe - Christu s als König. Gott Lind Erlöser. Seit <strong>de</strong>m 15 . Jahrhun<strong>de</strong>rt verkörpern<br />
sie die damals bekannten drei Erdtei le Europa, Asien Lind Afrika Lind zugleich die<br />
drei Lebensalter - die ganze M ensc hheit erkennt Christus als ihren Gotlund König an.
16<br />
Die gleiche Rolle spielten auch die Hinen. die - wie in Bräunlingen - oft in zwci Szcnen im<br />
Hintergrund dargestellt wurdcn. Einmal. al~ ihnen ci n Engel die Geburt <strong>de</strong>s Erl ösers verkün<strong>de</strong>te.<br />
sodann, wenn sic durch Fenstcröffnungen o<strong>de</strong>r übcr Balken und Mauern <strong>de</strong>s Stalle<br />
' gelehnt, das göttliche Kind unmittclbar bctrachten dürren. Sie stehen in <strong>de</strong>r hierarch i<br />
schen millclalterlichen Sozialordnung an untcrstcr Stellc - doch könnte ihrc Präsenz auf<br />
<strong>de</strong>m Retabcl durchaus i<strong>de</strong>ntitütsstiftend gcmeint sein: Die M ehrzahl <strong>de</strong>r Kirchenbesucher<br />
konnte sich sozial auf cincr Ebenc stchcnd mit <strong>de</strong>njcnigcn. die das Privileg hatten. dcn<br />
Heiland zucrst gesehen zu haben . wiedcrerkennen. Wic die Heiligen Drei Könige tragcn<br />
auch die Hirtcn zeitgenöss ischc Klcidung; das Geschchen wird '0 in die Realität dcr Betrachte<br />
r Lu r Ent stehungszcit <strong>de</strong>r Tafelbildcr vcrsetzt.<br />
Eine cbcnfalls wichtige Be<strong>de</strong>utung als Zcugcn <strong>de</strong>s Gcschchcns - Geburt wic Anbctung -<br />
habcn Ochs und Esel. Zum cincn nehmen sic Bczug auf das A lte Testament Jesaia 1.3: Der<br />
Ochsc kennt seinen Herrn und dcr Esel dic Krippc sei ncs Hcrrn . Zum an<strong>de</strong> rn reprä sentiercn<br />
sic auch das Ju<strong>de</strong>n- und das Hei<strong>de</strong>ntum: Der Ochse trägt das Joch <strong>de</strong>s Gesetzes (Ju<strong>de</strong>ntum),<br />
dcr Esel die Last dc ' Götzendienstcs - durch Christus wurdcn bei<strong>de</strong> da von befreit.<br />
'"<br />
Als Simmler 1905 <strong>de</strong>n Altar restauriertc, nahm er an dcn Inncnsciten dcr Flügel nur wenigc<br />
Korrekturcn vor (durch brüunlichcn Firnis erschien die gcsamte Malcrei, insbeson<strong>de</strong>re<br />
das Inkarnat, dunkler. Das Gesicht dcs dunk e lh ~iuti ge n c n Köni gs war durch eine violcllwe<br />
ißliche Übermalung aufgehcllt). In die Gestaltung dcr Außenseiten hatte Simmler jcdoch<br />
sta rk ci ngegriffen.<br />
Entstellt wi rkcn auch dic fünf Schrcinfigurcn. Die llLichige Farbgebung von 1905 läss t sie<br />
wie stcifc Kopien aus dcr Zeit <strong>de</strong>r eo-S tile crschcinen. Zentral figur <strong>de</strong>s Schreines ist<br />
Maria mit Kind. Ihr zur Scitc stehcn dic Hciligcn Katharina von Alexandrien, Barbara,<br />
Johanncs dcr Tüufer und Remigius. 17 Durch ihre A ttribu te zweifelsfrei gekennzeichnet<br />
sind Johanncs und Barbara: Katharina von A lexandrien hUlt nur noch ihr Schwert - vor<br />
1905 war ihr auch ihr Allribut, das Rad. bcigcgcben. L Dass es sich bci <strong>de</strong>m heiligen<br />
Bischof um Rcmigius han<strong>de</strong>ln muss. legt das Patronat nahe. Zu Füßen dcr Skulpturen am<br />
Altarschrein sind ihre Namcn aufgemalt.<br />
Wenig erhcllcnd. eher verwirrend, sind dic amcn. mit dcncn JOSEPII Fuclls zwei <strong>de</strong>r Skulpturen<br />
bezcichnet hat. Katharina wird zu gatha und Barbara zu Maria Martha. Einc Vcrwechslung<br />
von Katharina mit Agatha ist cigcntlich unmöglich. da einc Agatha ihr llribut.<br />
dic mcist auf cinem Teller licgen<strong>de</strong>n abgeschnillenen Brüste, nicht mit <strong>de</strong>r gegebencn<br />
Haltung dcr rme pr~i enticren könnte. währcnd Katharina ihr Rad nicht hält, son<strong>de</strong>rn es<br />
zu ihren Füßcn licgt o<strong>de</strong>r steht. Eine heilige Maria Martha ist nicht cx istent: dagegcn<br />
könnte Maria Magdalena gemeint gewesen sein. Die heilige Magdalcna wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />
Spätgotik gerne mit einer modischen. turbanartigen Kopfbe<strong>de</strong>ckung dargestcllt, doch fin<strong>de</strong>t<br />
: ich so lchcr Kopfschmuck ebenso bci fast jedcr an<strong>de</strong>ren weiblichen Heiligen dicser<br />
Zeit. beson<strong>de</strong>rs bei Barbara. Das Attribut. mit <strong>de</strong>m F CIIS die Hei lige darstellt. haljedoch<br />
we itaus mehr Ahnlichkeil mit <strong>de</strong>m Turm <strong>de</strong>r Barbara als mit <strong>de</strong>m Saibgefäß <strong>de</strong>r Maria<br />
Magdalcna.<br />
Dass J051:1' 1I FL'cHs die amcnszüge untcr dcn Schrein figurcn offensichtlich sch lecht cnt <br />
ziffern konnte. könnte cin Indiz dafür sei n. dass seine Zcichnung tatsüchlich <strong>de</strong>n wahrschei<br />
nlich <strong>de</strong>solaten Zustand dcs Altares vor 1859/60 dokumentiert. Für diese Annahme<br />
spricht auch. dass J.B. HORN NG als Zeuge für <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s A ltares im letzten Viertel<br />
<strong>de</strong>s 19.Jahrhun<strong>de</strong>rts die Katharina mit Rad gesehen halle.
Abb. 10: Geb1ll1 Christi . Flügel einesehcmaligen Retabe ls um 1465
18<br />
Die geschnitzten Figuren <strong>de</strong>s Schreins und die gemalten Retabe lflügel ze igen einige wesentliche<br />
gemeinsame Stilmerkmal e. am augenHilligsten die Gestaltung <strong>de</strong>r langen schmalen<br />
Hän<strong>de</strong> und die spitzwinklige Faltengebun g.<br />
Der Altar wur<strong>de</strong> aus kun. thi storischer Sicht lange Zeit we nig beachtet. HEil RICH FEUR TEIN<br />
versucht 1938 erstmals eine Zuschreibung aufgrund eines Hinweises von PA L REVELLlO. 19<br />
Das Bräunlinger Retabel wird <strong>de</strong>mnach <strong>de</strong>m Vi llinger M aler Balthasar Ge<strong>de</strong>rscher zugesc<br />
hrieben und ei ne Verbindung zu Wandmalereien im Gewölbe <strong>de</strong>r Sakristei <strong>de</strong>s ehemaligen<br />
Villinger Fran ziskanerklosters gezogen. Einer genau eren Prüfung hielt diese Zuschreibung.<br />
die letztlich wohl auf das Urteil H ANS ROTrs !O zurückgeht. nicht stand.<br />
ALFRED STA, GE sieht dagegen seeschwiibisc he Einllüsse: "Viele <strong>de</strong>r in diesen kleinen Städtell<br />
tätigeIl M({ler welLlell in KO/lStall : ge/ernl o<strong>de</strong>r II 'elligslens I'oriibergehend gearbeitet<br />
habell. Aber d({nll erscheineIl sie doch ihreIl eigellen pml·ill ::.iellell Weg gegllllgen ::.u sein. " ~ I<br />
Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Hinweise kamen von BERND KOI Rf\D Y Es muss sich um einen Maler <strong>de</strong>r<br />
Konstanzer Schule gehan<strong>de</strong>lt haben: direkte Zuweisungen an die namhaft gemachten Maler<br />
<strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts entfallen zwar. " ... doch kiinnen auch an<strong>de</strong>re.<br />
allOIlYIII gebliebelle Mitar beiler ulld M({ler ({US <strong>de</strong>lll \\'eilerell Umkreis <strong>de</strong>r Murer all <strong>de</strong>li<br />
Briilllllinger T(l{elll lälig gewese/l sein."'<br />
Die Murer stammten aus Ravensburg. Vier Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Familie sind namentlich bekannt:<br />
Paule Murer. <strong>de</strong>r aus Ravensburg nach Konstanz kam und 1457 starb; sein Bru<strong>de</strong>r<br />
Peter. <strong>de</strong>r 1446 von Schaffllausen nach Konstanz zog und 1469 starb; Hans Murer d.Ä.,<br />
Sohn <strong>de</strong>s Peter. in K on. tan z verstorben 1486 o<strong>de</strong>r 1487: Hans Murer d.J. verließ Konstanz<br />
nach <strong>de</strong>m Tod . eines Vaters und wa r danach zunächst in Ra vensburg, dann in Lindau.<br />
seit 1509 in St.Gallen täti g, wo er 151 9 starb. In <strong>de</strong>r Murer-Werkstatt arbeitete außer<strong>de</strong>m<br />
ein Schwiegersohn <strong>de</strong>s Peter Murer. Michael Pfen<strong>de</strong>r. mitY<br />
A ls Vergleichsobjekt zieht KONRAD die Flügel eines ehemaligen Retabels au s <strong>de</strong>m Kloster<br />
Sl. Katharinenthal bei Diessenhofen heran . Geburt und Besc hn eidung Ch ri sti darstellend.<br />
A llerdings steht diese Arbeit qualitativ wei t über <strong>de</strong>r on Bräunlingen. Diese Tafeln, um<br />
1465 entstan<strong>de</strong>n. befin<strong>de</strong>n sich heute im Schweizerischen Lan<strong>de</strong>smuseum Zürich (Abb. 10). 24<br />
A uch Details <strong>de</strong>r Besc hneidung ähneln <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>s Bräunlinger Werkes, doch soll hier 0 1'<br />
allem die Geburt Christi genauer betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Br ~i unlin ge r Geburt ist spi ege lverkehrl zu <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Klosters Katharinenth al angeordnet.<br />
Ins A uge springt zunächst die fast <strong>de</strong>ta ilgenaue Übereinstimmung <strong>de</strong>r Stallarchitektur<br />
und auch <strong>de</strong>r Stadt (Jeru sa lem) im Hintergrund . Eine exakte Kopie scheint <strong>de</strong>r Hirte bei<br />
<strong>de</strong>r Verkündigun g im Hintergrund zu se in (Abb. 13. 14).<br />
Phys iognomie, Haaransatz und -schmuck <strong>de</strong>r Gottesmutter von Katllarinental sind sowohl<br />
mit <strong>de</strong>r M adonna <strong>de</strong>r Bräunlinger Geburt als auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anbetun g vergleichbar.<br />
Auffällig sind in allen drei Fällen Stofl'fülle und Faltenwurf <strong>de</strong>s Marienmantel s sow ie di e<br />
Gestaltung <strong>de</strong>r Krippe als einer strahlengeschmückten Mandorla. Schließlich haben die<br />
anbeten<strong>de</strong>n Engel und <strong>de</strong>r Verkündigungsengel große Ähnlichkeiten (Haltung, Gewän<strong>de</strong>r<br />
und Faltenwurf, Haare).<br />
Die Bräunlinger Retabelflügel ze igen keine <strong>de</strong>r sonst so häufig verwen<strong>de</strong>ten Pflanzensymbole<br />
- dies im Gegensatz zu <strong>de</strong>m Retabel von K atharinenthal. Jedoch fin<strong>de</strong>n sich aur<br />
bei<strong>de</strong>n Seiten (in Bräunlingen sowohl auf <strong>de</strong>n lnnen- als auch auf <strong>de</strong>n Außenseiten) die<br />
Darstellung verstreuter Erdklumpen o<strong>de</strong>r Steine sowie ähnlich ausgeführte "Kugelbäume".
19<br />
Abb. 11 : Verkündigung an Maria. Flügel vom ehemaligen M arienaltar<strong>de</strong>s M ei ters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg<br />
Verkündigung. um 1465 (Fürstenberg-Sammlungen Donaueschingen).<br />
Abb. 12: Geburt Chlisti. Flügel (Feicrtag~sei l e) vom ehemaligen Marien3itar<strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung<br />
(Fürstenberg-Samllliungen Donaueschingen).
20<br />
Abb. 13: Hirte . Detail au~ <strong>de</strong>r Geburt C hri ~ ti .<br />
Retabel von SI. Katharinenthal.<br />
Abb. 14: Hirte. Detai l aus <strong>de</strong>r Geburt Christi.<br />
Retabel von ßräunlingen.<br />
Abb. 1:1: Hirte. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Chri,ti .<br />
Marienaltar <strong>de</strong>r Wcr<strong>de</strong>nberg-Verkündigung<br />
(Für,tcnberg-Sammlungen Donaue,chingcn ).<br />
bb. 16: Hirte. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Chri,ti.<br />
Retabel von Bräunlingen.
2 1<br />
bb. 17: Maria. Detail aus<strong>de</strong>rGebUrl C hrist i.<br />
Retabe l von Bräunlingen.<br />
bb. 18: Maria. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Christi.<br />
Marienaltar<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Yerkündigung(Fürstenberg-Sammlungen<br />
Donaucsehingen).<br />
Abb. 19: Ochs und Esel. Detail aus<strong>de</strong>rGeburl Abb. 20: Ochs und Esel. Detail aus<strong>de</strong>rGeburl C hrist i.<br />
C hri st i. Retabel von Bräunlingcn.<br />
Marienaltar<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Ycrkündigung(Fürstenberg-Sammlungen<br />
Donaucschingen).
22<br />
Bei <strong>de</strong>r Bräunlinger Geburt ist rec ht s im Hintergrund eine Kirche dargestellt, die<br />
S\.Remigius. von O. len nach Westen betrachtet. nicht unähnlich zu ein scheint - wenn<br />
man in Betracht zieht. dass nach <strong>de</strong>m Brand 1680 <strong>de</strong>r obere Tei I <strong>de</strong>s Turmes erneuert und<br />
das Dach <strong>de</strong>s Chores erhöht wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Was <strong>de</strong>r Grund für die za hlreichen Übereinstimmungen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Altären gewesen<br />
sein könnte. ob es eine gemeinsame Vorl age gab o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bräunlinger M aler <strong>de</strong>n<br />
Flügel von SI.Katharinenthal mehr o<strong>de</strong>r weniger zu kopieren suchte. konnte bisher nicht<br />
gekl ärt wer<strong>de</strong>n. Dass Beziehungen zwischen Bräunlingen und SI.Katharinenthal - vielleicht<br />
auch z\ ischen <strong>de</strong>n Auftraggebern - bestan<strong>de</strong>n haben könnten. legen historisc he Tatsachen<br />
nahe: Das Dominikanerinnenkloster SI. Katharinenthal bei (ursprünglich in) Diessenhofen<br />
(Thurgau) gelegen, halle frühe Beziehungen zur Baa l'. 13 14 wur<strong>de</strong>n die Priorin und<br />
ihr Konvent als Bürgerinnen von Villingen aufgenommen. 1384 überträgt Rudolf von Blumberg<br />
seine unter an<strong>de</strong>rem aus einer erpfändung <strong>de</strong> Bi. chofs Heinrich von Konstanz herrühren<strong>de</strong>n<br />
Einkünfte " .. . <strong>de</strong>r kirchen :e Briilingen ... " an A gnes von Klingenberg. Klosterfrau<br />
in S\.Kath arinenwl und Witwe Burkarts von Blumberg.!5 loch 1703 be aßdas Kloster<br />
auf <strong>de</strong>r Bräunlinger Gemarkung Acker- und Wiesland 2 h Diessenhofen gehöl1e wie Bräunlingen<br />
wm Hause Habsburg. 13 13 erhielt Brliunlingen sein erstes umfassen<strong>de</strong>s Stadtrecht.<br />
die" Diessenhofener Freihei ten" .<br />
Eine weitere Verbindung lüsst sich zwisc hen <strong>de</strong>n Bräunlinger Retabelflügeln und <strong>de</strong>m Umkreis<br />
<strong>de</strong>r Konstan zer Werkstall <strong>de</strong>r Fami lie Murer her. teilen: Die Darstellungen aus <strong>de</strong>m<br />
Leben Marias <strong>de</strong>s M eisters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>n berg-Verkündi gung, entstan<strong>de</strong>n um 1465. Dieses<br />
Werk aus <strong>de</strong>r alten Heiligenberger Schlo. skapelle gelangte in die Sammlung <strong>de</strong>s Frei herrn<br />
von L aßberg und von dort in die Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen nach Donauesch<br />
ingen (Abb. 11. 12) n<br />
Diese drei Tafeln <strong>de</strong>s ehemaligen A ltares. gestiftet von Graf Irich 11. zu Wer<strong>de</strong>nberg<br />
Heiligenberg. stellen im Millelteil die (<strong>de</strong>n otn amen geben<strong>de</strong>) Verkündigung mit Stifter.<br />
auf <strong>de</strong>n Flügelinnenseiten die Geburt und Anbetung Christi und auf <strong>de</strong>n ußenseiten<br />
je zwei Apostel dar. Abgesehen von qualitative n ntersc hie<strong>de</strong>n sind die Ähnlichkeiten im<br />
Großen und Übereinstimmungen in Detai Is so überzeugend. dass ein Zusammenhang zwischen<br />
<strong>de</strong>r Wcrkstall <strong>de</strong>~ M eisters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg- Verkündi gun g und <strong>de</strong>m M aler <strong>de</strong>s<br />
Bräun linger Retabels gegeben sei n muss: lle drei Darstellungen <strong>de</strong>r Heiligen Jungfrau<br />
(Abb. 17. 18) stellen in Haltung und usd ruck <strong>de</strong>n gleichen Typu s wie in Bräunlingen dar.<br />
Der M antel <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-M adonn a ist - ebenso wie in Katharinental - dunkelblau. in<br />
Bräunlingen dagegen weiß. Doch ze igen Gewandfülle und Faltengebung wie<strong>de</strong>rum Übereinstimmung.<br />
Das göttliche Kind liegt in Donaueschingen in einer Strah lenmandorl a -<br />
hier sind die Darstellungen von Katharinental und Brliunlingen sich ähnlicher. Gut vergleichbar<br />
sind die anbeten<strong>de</strong>n Engel. <strong>de</strong>r Verkündigungsengel bei <strong>de</strong>r Geburt sowie die<br />
auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n verteilten Erdk lumpen b7.w. Steine. Der die Geburt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s als Zeuge<br />
beobachten<strong>de</strong> Hirte <strong>de</strong>r Bräunlinger Tafel. <strong>de</strong>r die typische spütmittelalterliche bäuerliche<br />
kapuzenarti ge Kopfbe<strong>de</strong>ckung und einen Hut Lrägt. <strong>de</strong>r auflallen<strong>de</strong>r Weise bi s über die<br />
Augen gezogen ist. fin<strong>de</strong>t sich auch bei <strong>de</strong> m Donaueschinger Bild wie<strong>de</strong>r (Abb. 15. 16).<br />
Ochs und Esel. bei<strong>de</strong> M ale bei Geburt und A nbetung dargestellt. gleichen einan<strong>de</strong>r. Der<br />
Ochse trügt fast menschliche Züge, se in Gesichtsausdruck kommt einem L ächeln nahe<br />
und ~cine Hörner haben eine charakteristi sche Form (Abb. 19. 20).<br />
Sch ließlich lohnt es sich auch. die Physiognomien <strong>de</strong>r han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Personen zu vergleichen<br />
: Josef mit Josef, Jose f mit Thom
23<br />
·S.:g ilmb·b·~. 1lI~ fIlnttllID<br />
lIUGUM rrtlJo (Ortü lIritan~<br />
bb. 2 1: Apostel. Flügel (Werktagsseite) d e~ M arienaltars<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung (Fürsten berg<br />
Sammlungen Donaueschingen).<br />
Abb. 22: A nbetu ng <strong>de</strong>r Könige. Teil eines Flügelretabel. um 1480 unbekannter Herkunft (Diözesanmu<br />
~e ulll ROllenburg).
24<br />
vier A postel. respekti ve ihrer Ge~ än<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Br ~i unlin ge r Schreinfiguren. Die<br />
gemalten lostel wirken durch ihre Haltung etwas steif. sind aber gleichzeitig plasti sch.<br />
Die gemalten Falten <strong>de</strong>r Unterklei<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Mäntel bzw. togaa rtigen .. berwürfe sind<br />
scharf gezogen, so dass sie Assoziationen an geschnitztes Holz wecken (Abb. 21).<br />
Schließlich soll ein drittes Objekt eingehen<strong>de</strong>r betrachtet wer<strong>de</strong>n: Im Diözesanarchi v Rouenburg<br />
befin<strong>de</strong>n sich zwei um 1480 entstan<strong>de</strong>ne AltarnLigelunbek annter Herkunft. Sie zeigen<br />
eine Geburt und Anbetung, die mit <strong>de</strong>m M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung in<br />
Verbindung gebracht wer<strong>de</strong>n (Abb. 22).!X<br />
Vor allem die Behandlung <strong>de</strong>r GewUn<strong>de</strong>r Mariens liisst an <strong>de</strong>n M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nbergerkündi<br />
gun g <strong>de</strong>nken. Die überproportionallangbeinigen und schlanken Figuren <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
stehen<strong>de</strong>n Kön ige erinnern an <strong>de</strong>n dunkelhäuligen König von Bräunlingen, doch ist<br />
die Klei dung <strong>de</strong>r K önige in ROllenburg ungleich priichtiger - eher ve rgleichbar mit St.<br />
Kath arinen thal .<br />
Die Konstruktion <strong>de</strong>s Stall es - in ROllenburg aber in an<strong>de</strong>rer Perspektive - scheint <strong>de</strong>nen<br />
in Briiunlingen und Zürich iihnlich zu sein: Ochs und Esel haben wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n gleichen<br />
Ausdruck.<br />
Der Bildhintergrund ze igt auf <strong>de</strong>r Rottenburger Tafel einen Berg, in Bräunlingen einen<br />
Hügel. an <strong>de</strong>m in einer Rechtsk urve ein mit run<strong>de</strong>n teinen übersäter Weg vorbeiführt.<br />
Auch die Bäume entl ang <strong>de</strong> ' Weges zeigen ge talteri:che Ähnlichkeit.<br />
ich t unerwähnt bleiben so ll eine Geburt Christi 2~ , datiert um 1480. auf Schloß Lichtenstein<br />
, die wie<strong>de</strong>rum ganz direk t mit <strong>de</strong>n Bräunlinger Retabelllügein in ges talteri scher Verbindung<br />
zu stehen scheint und vom M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>n berg-Verkündigung beeinllusst<br />
sci n kann .<br />
Gewiss ist die Liste <strong>de</strong>r Vergleichsobjekte bei we item nicht vollständig, doch dürfte das<br />
angeführte M aterial genügen. um zu ze igen. wo <strong>de</strong>r Schöpfer <strong>de</strong>s Bräunlinger Flügelaltars<br />
künstlerisch eingeordnet wer<strong>de</strong>n muss.<br />
Zwischen allen genannten Werken - aus Zürich. Donaueschingen. Roltenburg und Lichtenstein<br />
bestehen gestalteri sche Querverbindungen. Qualitati v sind alle diese Werke besser<br />
als das Bräunlinger Retabel. Dieses ist aber das einzige unter <strong>de</strong>n bis j etzt verglichenen ,<br />
das vollständi g erhalten ist und noch an seinem rsprungsstandorL <strong>de</strong>r Remigiuskirche,<br />
steht.<br />
Die Werkstatt <strong>de</strong>r Familie Murer in Konstanz bes tand drei Generationen lang und beschäfti<br />
gte eine Vi elzahl von Mitarbeitern. Ihr ist woh l, so BERND KONR D. "... ein Großteil <strong>de</strong>r<br />
KOl/swl/ ::.er Malerei ::.~r iscll e l/ U 50 1ll/d l-IlW ::,u::'/II l'eisel/ ." '0 Daher ist die relativ große<br />
Anzahl vergleichbarer Werke ni cht ve rwun<strong>de</strong>rlich. ebensowenig wie die Tatsache, dass<br />
neben Auftraggebern aus A<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r Geist lichkeit, die hier arbeiten ließen. auch beschei<strong>de</strong>nere<br />
A nsprüche. wie z. B. die <strong>de</strong>r kleinen Pfarrei in Bräunlingen. befriedigt wer<strong>de</strong>n konnten. ln<br />
diesem Zusammenhang ist <strong>de</strong>r Hinweis TIIOMA GR ÜNEW LDS, dass <strong>de</strong>r Tafelmaler das<br />
teure Blattgold gespart und die Nimben aus sogenann tem "Zwischgold ". das ist eine preis<br />
\. ene dünne. doppelte Folie aus Blattgold und -silber. hergestellt haI. wichtig.<br />
Erfreulich. dass durch das Zusammenwirken Vieler die aurwendige Restaurierung <strong>de</strong>r<br />
altcn Kirche ausge führt und sie am I.Oktober 1999 - <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>s Patroziniums <strong>de</strong>s Heiligen<br />
Remigius - wiedcr eingeweih t wer<strong>de</strong>n konnte.
25<br />
Anmerkungen<br />
I ) Pfarrarchiv Bräunlingen, Erneuerte Stiftung~urku n <strong>de</strong>n. ungeordneter Bestand<br />
2) Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. AußensteIle Freiburg. Liste <strong>de</strong>r arch äologi ehen<br />
Kunst<strong>de</strong>nkmale - Entwurf - Stand 12/ 1990. A Z 34/MS<br />
3) Erzbischön.Ordinariat Freiburg: Schriftverkehr großherzogl. Konservator, Nachl aß Gimer I.<br />
Fach No. 6 Nr. 57, Brief an das großherzogliehe Ministerium <strong>de</strong>r Kultur 15 .4. 1905<br />
4) Pfarramt Bräun linge n: Beri cht vom Glockeninspektor<strong>de</strong>r Erzdiözese Freiburg. Kurt Kramer.<br />
Karl sruhe, Nr. G 490<br />
5) Mündliche Mitteilung von Herrn KURT K RA IER und se in Beri cht vom 13.8. 1991 an das<br />
katholische Pfarramt Hüfingen<br />
6) HORNUNG. S. 430<br />
7) REICH. S. 5<br />
8) Brief vom 15.4.1905. siehe Anm. 3<br />
9) Brief von Bürgermeister BERTSCHE an Bezirksamt Donaueschingen am28. 11.1906. Diözesanarchi<br />
v Freiburg: ach laß Gintel', I, Fach I 0.6. An dieser Stelle danke ich Herrn Restaurator<br />
TH OMAS GR ' NEWALD für seine Hinwe ise.<br />
10) Pfarrarchi v Bräunlingen: IX, b Kirchenbaulichkeiten. betr. die Gottesackerkirche, <strong>de</strong>ren bauliche<br />
nterh altung. 190-+ f.<br />
11) Pfarrarchi v Bräunlingen: a.a.O. Brief von Dekan M ETLan kath . Oberstiftungsrat in Karl sruhe<br />
vom 10.1.1905<br />
12) Pfarrarchi v Brüunlingcn: a.a .O.. Rechnung <strong>de</strong>r Firma Silllmier vom 10.2. 1905<br />
13) Zum Vergleich können SIMMLERS Werke in <strong>de</strong>r Stadtkirche Bräunlingen 'owie seine Äußerun<br />
gen in Briefen heran gezogen wer<strong>de</strong>n (PFarrarchiv Bräunlingen: IXa. Kirchenbau lichkeiten.<br />
Betreff: Erbauung <strong>de</strong>s schmerzhaft en Muttcrgortesaltares in <strong>de</strong>r Pfarrkirche. 188 1)<br />
14) Der gebürtige Br ~iunlin ge r JOSEPH FUCHS kam in <strong>de</strong>n Genu ss eines St ipendiums <strong>de</strong>s Fürsten<br />
von Fürstenberg, studi erte in München und 1844/45 in Rom. Er war vor allem als Kirchenmaler<br />
tätig und lebte und starb in München.<br />
15) TH OMAS GRÜNEWALD. Bericht zur Konservicrun g und Restaurierung <strong>de</strong>s Choraltare s <strong>de</strong>r<br />
Remigiusk irche, 1999. S. 13<br />
16) Lex ikon <strong>de</strong>r christlichen Ikonograph ie. Bd.2. S. 92<br />
17) KÖHLER . S. 159und Anlll. 37 : Fünffigurenschreine sind am Oberrheinnicht erh alten. Einzige<br />
Ausnahme ist Bräunlingen. Fo lgt Illan <strong>de</strong>r landschaftlichen Zuordnung KÖHLERS. stellt die<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Bräunlinger Schreinfiguren also eine Beson<strong>de</strong>rheit dar.<br />
18) HORNUNG, S. 43 1<br />
19) FCURSTEIN. S. 1451'.<br />
20) Ron. S. LXXII f<br />
2 1) STANGE, S. 155<br />
22) Schriftliche Mitteilung von BERND KONRAD vom 18.7. 1999 an Restaurator Thoma Grünewaid.<br />
Bci<strong>de</strong>n Herren danke ich flir diesc Hinweisc.<br />
23) vgl. KONRAD. S. 36 11.<br />
24) KNOEPFLI, S. I 89IT .. Schweize ri sc hen Lan<strong>de</strong>smuscum Zürich (lnv.- r. 196 1/62)<br />
25) WOll_ASCH. S. 12 (09: FF26/4) 49 und S. 3081'. (T25) 1632<br />
26) RECH. S. 120f.<br />
27) GRIMM & Ko RAD. S. 108fr. , Inv. r. 12<br />
28) A LFRED STANGI:. a.a.O. S. 155. Inv.Nr.2.20.<br />
29) ALFRED STAI GE, a.a.O. S. 155 und Abb. 333. Zum Vergleich auch: STANGE, IX. Abb. 92.<br />
Michael Wolgelllut ( 1434- 151 9). Ei ne Verbindung zwi 'chen <strong>de</strong>n Werkstätten Murer in Konstanz<br />
und Wolgelllut in Nürnbcrg mag es - bcispielsweise durch wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Gesellen - gegebcn<br />
haben. Die Gestalt <strong>de</strong>r M uri a uuf <strong>de</strong>m Retabel von Schloß Lichtcnstein. insbeson<strong>de</strong>re ihr<br />
we ißer Mantel mit <strong>de</strong>m charakteri sti schen Faltenwurf. ihre Handha ltung. auch die anbeten<strong>de</strong>n<br />
Engel und schließlich sogar das - hi er halbrun<strong>de</strong> - abschließen<strong>de</strong> Maßwerk mit einem<br />
Dreipass und stilisierten Lilien lassen an Bräunlingen und dic Murerwerkstan <strong>de</strong>nken.<br />
30) KONRAD. :1.
26<br />
Schrifttum<br />
FEURSTf:I:-'. H. ( 1938): A lle Kunst in <strong>de</strong>r Baar. Badi~ehe Heimat. Die Baar<br />
GRI~I~I . c.. K O:-JRAD B. ( 1990): Die Fürstenberg~ammlungen Donauesehingen. A ll<strong>de</strong>ut. ehe und<br />
schweizerische Malerei <strong>de</strong>~ 15. und 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts. München<br />
HORNU 'G. J. B. ( 1964): Geschichte <strong>de</strong>r Swdt Bräunlingen. Bräunlingen<br />
KNOEPFLI . A. ( 1989): Die Kunst<strong>de</strong>nknüiler <strong>de</strong>s Kanton Thurgau IV. Basel<br />
KONKAD. B. ( 1990): Bo<strong>de</strong>nsee malerei - Die frühen Tafelbil<strong>de</strong>r. In : GRIMM & KONRAD, Die Fürstenbcrgs
27<br />
a lll rge~chi dllC <strong>de</strong>r Baar<br />
DOllallc ~c hill gc ll<br />
3 1. Miü-I: 2000<br />
Die lateinischen Pfarrerchroniken<br />
von Schramberg 1675 - 1734<br />
Entzi ffert und ins Deutsche übersetzt<br />
von Dankwart Schmid<br />
Vo rbemerkung <strong>de</strong>r Schriftleitung<br />
Die "Chroni cae Sacerdotitiae Parochiae Schramontanae renovatae Anno Domini 1809".<br />
also die "Pri esterchron i ken <strong>de</strong>r Pfarrei Schram berg erneuert im Jahr <strong>de</strong>o Herrn 1809".<br />
beginnen mit einer Abfolge <strong>de</strong>r Schramberger Pfarrer "seit M enschenge<strong>de</strong>nken " und sind<br />
<strong>de</strong>r fo lgen<strong>de</strong>n Übersetzung im Anhang beigefü gt. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n ältesten<br />
Blätter <strong>de</strong>r Chronik im Faksimile und mit vo llständigem lateinischen Tex t samt Übersetzung<br />
ins Deut ehe wie<strong>de</strong> rgegeben. Das älteste Blatt wur<strong>de</strong> von Pfarrer nastasius Göbel<br />
um 1635 angelegt. Das zweitälteste ist undatiert, wur<strong>de</strong> aber von Pfarrer Gabriel Schweikal1<br />
kalligraphisch gestaltet, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m 1648 verstorbenen Pfarrer Leonh ard M esslang nachfolgte<br />
und wahrscheinlich bald danach das Blatt verfertigte. Eine Epi so<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Leben<br />
Schweikarts ist <strong>de</strong>m Anhang zu entnehmen. Die eigentliche Chronik, das " Diarium", wur<strong>de</strong><br />
erst 1675 vom achfolger Schweikarts. <strong>de</strong>m Pfarrer Hieronymus Sichler. begonnen<br />
und ab 1699 von <strong>de</strong>ssen Nachfolger Johannes Hüener bis 1734 fortgesetzt. Mit einem<br />
Nachtrag von 1738 en<strong>de</strong>t Band I . Band 2 enthält nur wenige Lateinische Tex te, setzt aber<br />
die Ausführungen zur Geschichte in <strong>de</strong>utscher Sprache fort. lhre Veröffentlichung ist <strong>de</strong>rzeit<br />
nicht vorgesehen.<br />
Nicht nur wegen <strong>de</strong>r unterschiedlichen Handschriften. son<strong>de</strong>rn auch wegen mancher Abkürzungen<br />
und infolge sc hadhafk r Seiten war es nicht immer leicht, die Tex te zu entziffern<br />
und angemessen zu übersetzen. Das von Prof. Dr. Dankwart SCHMID in mühseliger aber<br />
erfolgreicher A rbei t gewonnene Ergebni s macht un s eine neue wichtige Quelle zugänglich.<br />
die über schwieri ge Zeiten, vornehmlich während <strong>de</strong>r Erbfolgekriege. aus <strong>de</strong>r Sicht<br />
aufmerksamer Zeitzeugen berichtet: dafür 'ind \. ir <strong>de</strong>m Übersetzer zu Dank verpfl ichtet.<br />
Die vielseitigen Beobachtungen und Beurteilungen <strong>de</strong>r jeweiligen hi stori schen Ereignisse,<br />
<strong>de</strong>r örtlichen Begebenheiten, <strong>de</strong>s Wett ers, <strong>de</strong>r Preise. sind nicht nur fi.ir Schramberg<br />
und se ine direkte Umgebung interessant. son<strong>de</strong>rn zeigen auch dari.iber hinaus Beziehungen<br />
zu Ereigni ssen und Personen in <strong>de</strong>r ze ntralen Baal' bis Villingen auf. Auch darum sind<br />
die "Schri ften <strong>de</strong>r B aal''' ein angemessener Ort für die Veröf1'entlichung <strong>de</strong>r Schramberger<br />
Chroniken. Für namhafte Beiträge zu <strong>de</strong>n Druckkosten danken wir <strong>de</strong>r Stadt Schramberg<br />
und H errn Prof. Dr. SCHMID herzlich. (G.Rt.)
28<br />
. ' .<br />
.. ~<br />
'.<br />
~.
29<br />
Ältestes Original blatt eines Schramberger Pfarrers<br />
Principium ex eo. qui<br />
nus omnibus est omnia.<br />
Poenitentiam agire. inquit Dominus Petrus, et baptizetur unu quisque vestrum, in nomine<br />
JESU Christi. in remi ssionem peccatorum veSlrorum. atque accipieri s donum Spiliws Sancti .<br />
(A ct. 2).<br />
Anno Salutis MDCXXXIIX vigesimo quarto Decembris.<br />
Schrambergensium Pastoralem curam suscipiens in vocato SS . Trinitatis nomine et Beati s<br />
simae Virginis M ari ac, atque omnium Caelitum suffragiis. adminislrare incepi. Antece sorum<br />
<strong>de</strong> ignatione nulla reperta l huic Iibro inserendorum, initium po ui .<br />
Pro i<strong>de</strong>bam Dominum in conspectu meo semper. quoniam a <strong>de</strong>x tris e t mihi. ne commo ear.<br />
(PsaI.15)<br />
Hle. 2<br />
Anastasius Göbl<br />
Rottwilanus.<br />
bersetzung<br />
Der Anfang liegt bei <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r Allein allen alles ist.<br />
Tut Buße, , agl <strong>de</strong>r Heilige Pelrus. und es lasse sich taufen j e<strong>de</strong>r von Euch, auf <strong>de</strong>n Namen<br />
JESU Christi , zur Vergebung Eurer Sün<strong>de</strong>n, und ihr wer<strong>de</strong>t die Gabe <strong>de</strong>o Heiligen Geistes<br />
empfangen. (Aposleigeschichte 2).<br />
Im Jahre <strong>de</strong>s Heils 1638. am 24. Dezember.<br />
Mit <strong>de</strong>r Übern ahme <strong>de</strong>r Fürsorge für die Schramberger Pfarrei, nach Anrufung <strong>de</strong>s Namens<br />
<strong>de</strong>r Heiligsten Dreifaltigkeit. <strong>de</strong>r Glückseligsten Jungfrau Maria und <strong>de</strong>r Fürsprache<br />
aller Himmlischen habe ich mein Amt begonnen.<br />
Da ich kein Verzeichni s meiner Vorgänger gefun<strong>de</strong>n habe, die ich diesem Bu ch hätte<br />
einbeziehen können, habe ich <strong>de</strong>n Anfang gemacht.<br />
Ich sah <strong>de</strong>n Herrn vor meinem Anges icht immer, <strong>de</strong>nn er ist zu meiner Rechten, damit ich<br />
nicht wanke. (Psalm 15).<br />
In Demut<br />
Anastasius Göbl<br />
aus Rottweil<br />
I ) von an<strong>de</strong>rer Hand an <strong>de</strong>n Rand geschrieben: bellorum turbine mulla perierunt. bone ir. non<br />
omnes fuinws in tuto siCUI tu .<br />
2) die Lesung kann al s " Humile" ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n: zu Deutsch: " in Demut".<br />
3) von an<strong>de</strong>rer Hand
3 1<br />
ZweitäItestes Originalblatt eines Schramberger Pfarrers<br />
Diß Buech begrei fft <strong>de</strong>rn amen all,<br />
I . So gwaschen seindt Von Adams Fahl.<br />
2. A uch so eier zeitlich todt genommen:<br />
3. Undt so in dEhe mit Willen kommen.<br />
Wo ie<strong>de</strong>r gschriben findst du wol,<br />
Wan suechst.wo man recht suechen so ll.<br />
Wem dise Ordnung ietzt nit grelt,<br />
<strong>de</strong>m ist zue seiner will Cür gstelt.<br />
Ein an<strong>de</strong>re form zu fangen an:<br />
Einer nit allen recht thun khan.<br />
B. I Was Gabriel ge chriben hat<br />
steht redlich auff eins ie<strong>de</strong>n blat.<br />
Die Zahl <strong>de</strong>r khin<strong>de</strong>r ins gemein .<br />
Die erste Cellul nimmet ein.<br />
2 Die aneler stell eies M onats ist.<br />
3 Die dritt nennet <strong>de</strong>n neuen Christ.<br />
4 Das vierte orth <strong>de</strong>n Elteren k e rt. ~<br />
5 Die fün ft dich seine götl' lehrt.<br />
6 Die 'echste za igt dir gleich zur hanelt.<br />
Wa j e<strong>de</strong>r gfüehret für einen stanelt.<br />
G.S .. DI.G. S. et Cap. li R o t.D . ~<br />
Veritas.<br />
Non est vestrum nosse tempora el 11l0menta, quae posuit pater<br />
in potestate sua.<br />
Qu a <strong>de</strong> Cau 'a<br />
Ol1lnem cre<strong>de</strong> diel1l ti bi diluxisse Suprel1lul1l .'<br />
Aequi voc
32<br />
'-<br />
. ... .:t
33<br />
Tagebuch ab <strong>de</strong>m Jahr 1675<br />
Hoc hverehrter, vortreFn icher Herr Pfarrer. verehrungswürdiger Nachfolger in <strong>de</strong>r Pfarrei<br />
Schramberg.<br />
Wolle es mir nicht als Feh ler anrechnen. dass ich voller Wissbegier<strong>de</strong> dieses Tagebuch<br />
zusammengeschrieben habe. damit achkommen<strong>de</strong> wissen können. was zeitlich hier und<br />
an<strong>de</strong>rswo geschehen ist. Der dies schrieb, war Hieronymus Sichler, geboren in RottweiI,<br />
Pri ester im Canonikat Wald see. im lahr 1675 zur Zeit <strong>de</strong>r herbstlichen Fronfasten aus<br />
Sulgen nach <strong>de</strong>m Hingang <strong>de</strong>s verehrungswürdigen Herrn Gabriel Sehweikard. löblichen<br />
Dekans <strong>de</strong>s Rott we iler K apitels. nach Schramberg beför<strong>de</strong>rt.<br />
1675<br />
In diesem Jahr erstand wie<strong>de</strong>r die Kirche zu Aichhal<strong>de</strong>n in höherem Glanz als zuvor. durch<br />
Wie<strong>de</strong>raulbau: ebendort steht ein auf meine Kosten errichteter Altar. Die ursprünglich<br />
geweihte Kirche ist 1674 aus mange ln<strong>de</strong>r Sorgfalt <strong>de</strong>r dort nächtigen<strong>de</strong>n Lüneburgischen<br />
Soldaten durch einen Brand zerstört wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r auch mehrere HLiu ser erfass te.<br />
Z u A nfang <strong>de</strong>s Jahres wütete fürch terlich die ungarische Krankheit ( Pest) unter <strong>de</strong>n<br />
Sulgenern und Aichhal<strong>de</strong>nsern. so dass <strong>de</strong>r grau same und ver<strong>de</strong>rbliche Tod während dreier<br />
M onate mehr als SO aus unserer Mille ri ss und wohl noch mehr wegzugehen zwang:<br />
<strong>de</strong>nn allein im M onat Februar. ich schweige von <strong>de</strong>n übrigen, ließen sich über SO Kranke<br />
außerhalb <strong>de</strong>s Kirchenbezirks bringen.<br />
1676<br />
In <strong>de</strong>n Österlichen Feiertagen hat ein trei t. <strong>de</strong>n die Edle Herrin Colonella von Bissing auf<br />
Betreiben <strong>de</strong>r Pfarrgemei n<strong>de</strong> in Gang gebracht hatte. ein glück liches En<strong>de</strong> ge fun<strong>de</strong>n. r<br />
sache für <strong>de</strong>n Streit bot I . die Wiese beim Spital. 2. die Taufgel<strong>de</strong>r und 3. die Entschädigung<br />
für die weiter entfernten Kranken. Die Wiese kam <strong>de</strong>. halb ins Gere<strong>de</strong>, weil die intriganten<br />
Schramberger behaupteten. Georg Müller. <strong>de</strong>r sich damit ein dauern<strong>de</strong>s JahresgecWchtnis<br />
gesichert hatte. habe die Wiese für die Stiftung nicht verwen<strong>de</strong>n können. weil<br />
sie nicht sein Eigentum gewesen sei. Wo doch <strong>de</strong>r Ortsherr <strong>de</strong>m Müller, <strong>de</strong>r die Pflicht<br />
hatte. als Wegmeister die vom Regen zerstörten Wege zu reparieren. die Wiese unter <strong>de</strong>m<br />
gu ten und gerechten Titel gleicherm aßen <strong>de</strong>r Schenkung und <strong>de</strong>s Kaufs übergeben hatte.<br />
Es vergingen mehr als 40 Jahre. bis zum erstenmal <strong>de</strong>r Pfarrer im ruhigen Be itz von <strong>de</strong>n<br />
unruhigen Schrambergern. die <strong>de</strong>m Pfarrherrn nicht immer geneigt waren, ge tört wur<strong>de</strong>.<br />
2. Wei ter brachte die Pfarrgemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>m eupfarrer Verwirrung wegen <strong>de</strong>r Taufgel<strong>de</strong>r:<br />
sie sagten nämlich. vor Kriegsbeginn sei <strong>de</strong>m Pfarrer nur eine gewisse M enge Wein und<br />
Brot gegeben wor<strong>de</strong>n. die schließlich auf 6 Batzen! angewachsen ei. und so seien die 6<br />
Batze n wegen <strong>de</strong>r un sicheren Kriegszeiten eingeführt wor<strong>de</strong>n. Dies sagten freilich nur die<br />
SchwLitzer und ei nige Leute, die ihre ase in alles hineinstecken. ohne j e<strong>de</strong>n Grund. 3. Es<br />
quälten aus <strong>de</strong>r Schramberger Pfarrgemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>n eupfarr'er dauernd die entfernter Wohnen<strong>de</strong>n<br />
wie Eselbach. A ufm Bühl. Kirnbach. Finsterbach. die ein PFerd für <strong>de</strong>n Pfarrer zur<br />
Versorgung <strong>de</strong>r Kranken zu stellen pflegen. und dann für die Arbeit 6 Batzen bezahlen,<br />
und die jetzt nur 3 Batze n. wie die Nüherwohnen<strong>de</strong>n geben wollten. Diese Streitigkeiten,<br />
von <strong>de</strong>n Unruhestiftern aufgegriffen und nach Konstan z vor <strong>de</strong>n Ri chter geb racht. haben<br />
durch ein Dekret zugunsten <strong>de</strong>s Pfarrers endlich das erwünsc hte En<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n: dadurch.<br />
I )<br />
A ngaben Z lI Geldsort en. Maßen lind Gewichten s. "Tabelle" im A nhang.
34<br />
dass die Ed le Herrin Colonella. mit ihren Bcamten, <strong>de</strong>n Neupfarrer in <strong>de</strong>n ruhigen Besitz<br />
<strong>de</strong>r Wiese beim Spital für alle Zukunft vor gesamter Gemein<strong>de</strong> feierlich einsetzte, damit er<br />
sic nach Belieben nützen o<strong>de</strong>r verpachten könne; und in<strong>de</strong>m sie als Taufgel<strong>de</strong>r 24 Kreuzer,<br />
und zur Versorgung für die entferntcr Wohnen<strong>de</strong>n ebenso 24 Kreuzer. für die Nahege legenen<br />
aber 12 Kreuzer dauernd ohne jedcn Wi<strong>de</strong>rspruch zu geben befah I. Wi<strong>de</strong>rspensti gen<br />
und Wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> eine empfindliche Strafe bestimmt. Jetzt, GOll sei Lob und<br />
Dank. besitzt <strong>de</strong>r Pfarrer von Schramberg und seine Nachfolger die Wie e wie früher und<br />
die übrigen Stolrcchte in aller Ruhe. und so ist se ine Stcllung in Frie<strong>de</strong>n gesichert.<br />
m etwa diese Zeit schweiften Wölre weit und breit umher und wüteten gegen die Kin<strong>de</strong>r;<br />
aus <strong>de</strong>r Gegcnd um Schramberg raubten sie drei weg und fraßen sie auf: einer von Finsterbach<br />
wur<strong>de</strong> schwer ve rletzt; diese wölfische Raublust wütete auch in Seedorf und an<strong>de</strong>rwUrts.<br />
Soldaten. in Winterquartiere gebracht. wütcten ebenso gegen die Beutel <strong>de</strong>r Bauern: <strong>de</strong>n<br />
Schrambergcrn wurdc Oberstl eutnant Zarte zutcil. mit einer Kompanie Lothringer Reiter<br />
unter <strong>de</strong>m Befehl von Baron M ercy.<br />
1 6 7 7<br />
A m 27. April verließen auch die Lothringischen Dragoner in <strong>de</strong>r Gegend von Schramberg<br />
ihr Winterquartier unter <strong>de</strong>m Herrn K apitän La Hausse, einem maßvollen und vieler Ehre<br />
würdigen Mann. Doch dauern<strong>de</strong> und fa st unerträgliche Beitreibungen leerten überall so<br />
die Beu tel <strong>de</strong>r Bauern, dass man häLle schwören können, es wer<strong>de</strong> ein Vacuum vol lbracht.<br />
we nn nich t ein phi losoph isc hes. so doch cin bUuerliches.<br />
Am 5. Juni übernachteten fran zös ischc Dragoner. mit sächsischen vermischt. in <strong>de</strong>r Region<br />
Schramberg. Die Bauern flohcn davon und ließen ihre Häu ser im Rücken: die darüber<br />
aufgebrachten Soldaten legten ihre ruchlosen Hän<strong>de</strong> an Backöfen und Scheuern und zerstörten<br />
wohl gemut Backöfen und brannten Scheuern nie<strong>de</strong>r.<br />
Ganzentsetzlich undmchr als an<strong>de</strong>re litt das Sulgener Pfarrhaus; kein Glas in <strong>de</strong>n Fenstern<br />
war unbeschUdigt geblieben. on<strong>de</strong>rn gar alle ohne Ausnahmc herausgehauen.<br />
Wehe dir. Franzose! Wenn j enc Soldaten, die so übel gegen Backöfen und so unbarmherzig<br />
gegen Scheunen wüten, auf <strong>de</strong>in Haupt das Oprermehl häufen, wirst du sicher nicht<br />
mehr um <strong>de</strong>n Sieg kämpfen , so n<strong>de</strong>rn das Sichere vcrlieren. <strong>de</strong>in trauri ges Los beklagend.<br />
Was so am grünen Holz geschieht, was wird dann am dürren (nämlich beim Feind) geschehen')<br />
1 6 7 7<br />
m Weihnachten herrschte eine unge\.vöhnliche Teuerung bei <strong>de</strong>n Leben mitteln: ein Simri<br />
Dinkel kostete 50 Kreuze r. ein Simri Hafer 24 Kreuzer. ein Ei I Kreuzer. Um Plingsten<br />
wur<strong>de</strong> auch eine alte Kuh gelegentlich um 24 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />
Gegen Enele August feierte <strong>de</strong>r Hochwürdigs te Herr Dr. Gnan. vier Jahre zuvor zum D e<br />
kan erwä hlt. die erste Kapitel-Zusammenkunft, wobei zwei Deputierte neu aufgenommen<br />
w ur<strong>de</strong>n. nümlich <strong>de</strong>r prarrer von Wolrach und eier von Schramberg. eier ich das schreibe.<br />
Gegen En<strong>de</strong> September erschütterte Kriegsgerücht elen Wald und Schwaben. als die Franzoscn.<br />
wä hrend die Unsrigen erschöpft wa ren, über dcn Rhcin zu uns zurückkehrten und<br />
elie Schi rrsbrücke bei Basel durch <strong>de</strong>n Eiscnacllcr Sachsen ganz unerwartet, und wovon<br />
niemand auch nur geträumt hüne. abbrachen.
35<br />
A m 5. Oktober er chienen bei mir in Schramberg unser Hochwürdigster Herr Dekan mit<br />
<strong>de</strong>m Kämmerer und 6 an<strong>de</strong>ren Geistlichen. die unter Becherklang und Leierspiel ein wenig<br />
sc hwankten und alle die Neigung zu A nzeichen von Laien-Festlichkei t zeigten.<br />
Am Fest <strong>de</strong>s Heiligen M arkus ' wird von mehreren Pfarrern eine Prozession in Mariazell<br />
gefeiert; aber in diesem Jahr erschien ich allein mit <strong>de</strong>n Schrambergern. während die übrigen<br />
ausblieben wegen <strong>de</strong>r kriegeri schen Unruhen.<br />
Am 15. ovember nimmt <strong>de</strong>r generöse Franzose Freiburg im Breisgau samt sei ner ziemlich<br />
starken Festung im Verl auf einer einzigen Woche ein. während die Unsrigen sich auf<br />
die Winterquarti ere vorbereiten. Aber <strong>de</strong>r Franzose schreckt die Daliegen<strong>de</strong>n auf und höhnt<br />
laut die Schlaftrunkenen. In Schramberg waren im Winterquartier Traulmann sdorffische<br />
Dragoner: im Tal war nur ei n einziger Fähnrich einquartiert.<br />
1678<br />
2. M ärz. Die Krankheit wütete uneingeschränkt weiter. Der Hochwürdige Herr Johannes<br />
Berlin, ein Verwandter von mir. Pfarrer in Dunningen. verstarb schließlich, getroffen von<br />
<strong>de</strong>r schrecklichen To<strong>de</strong>sgefahr. Llm 2. Mürz. Ich hielt ihm die Leichenpredigt am 30., und<br />
übernahm zugleich seine Hauserin. die mir großen Scha<strong>de</strong>n zufügte.<br />
wei I zu Diebstah I stets berei t.<br />
das übelste Stück auf zwei Beinen.<br />
1678<br />
Am 4. September verstarb zu Ba<strong>de</strong>n im <strong>de</strong>r Markgrafschaft gegen alle Erwartung <strong>de</strong>r<br />
Hochberühmte Oberherr <strong>de</strong>s Hauses Herr Georg Friedrich Freiherr von Bi singen. <strong>de</strong>r<br />
wegen se iner großen Gaben ein längeres Leben verdient hälle. Sein Hinschei<strong>de</strong>n verurachte<br />
bei <strong>de</strong>r Oberherrin und an<strong>de</strong>ren ei ne große Tränennut, Alle waren untröstlich. Zu<br />
seiner Ehre errichtete ich eine Schmerzensburg. geschmückt mit verschie<strong>de</strong>nen Symbolen.<br />
und hielt zugleich die Leichenre<strong>de</strong>.<br />
Im Verlauf von drei M onaten. nämlich Juli. August und September. raffte ein allzufrüher<br />
Tod mehr als 30 Kin<strong>de</strong>r hinweg. en twe<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>n Wiegen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Wiegen entwach. en.<br />
im Alter von drei o<strong>de</strong>r vier Jahren.<br />
Am 8. Oktober übernachtete <strong>de</strong>r Italieni sche Feldherr Gun<strong>de</strong>lin mit seinen Soldaten im<br />
Distrikt von Schramberg: am 11 . <strong>de</strong>sselben blieb die räuberi 'che Soldateska eine acht<br />
bei uns zum großen Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ein wohner.<br />
Inzwischen fiel das Winterquartier wie<strong>de</strong>rum an die Trautmannsdorffischen Dragoner. zum<br />
vierten M al nur <strong>de</strong>m Gebi et Schramberg zugeteilt.<br />
1679<br />
A m 5. Februar brachte <strong>de</strong>r zu Neumagen in Belgien von <strong>de</strong>n M achthabern geschlo sene<br />
Frie<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>m Kai se r und <strong>de</strong>m Franzosen fü r Deut. chland eine große Freu<strong>de</strong>; aber<br />
wie lang er halten wird kann niema nd leicht vorhersehen. Schon wird gearbeitet und geschwitzt.<br />
dass auch <strong>de</strong>r verl orene Frie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Herrn und <strong>de</strong>m Kurfürsten von<br />
Bran<strong>de</strong>nburg - Lüneburg usw. erneuert wird. A ls <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> erlangt war. wa n<strong>de</strong>rten sehr<br />
viele Schwaben und sehr viele Schramberger ins Breisgau und ins Elsass ein und wechselten<br />
ihre WohnpHitze auf <strong>de</strong>r Suche nach fruchtbarerem und besserem Land : aber ob dies<br />
nach Wunsch ge lingt, we iß ich nicht. Gott weiß es.<br />
I )<br />
25.April
36<br />
Zu Wicn in Österreich wütctc dic Pcst ~o grausam gegen dic Ei nwohner. das ' sie dcn<br />
Unbesiegbarsten Kaiser Leopold I.ur Vcrmeidung von Anstcckung samt dcm ganzen Hof<br />
nach Prag vertrieb.<br />
Ansch licßend einc Liste dcr in Wien an dcr Pest Vcrstorbcncn vom l.Januar bis 26. 0-<br />
vember 1779.<br />
lan. 410 Febr. 359 Martius 3797 Apri lis 4963<br />
Mai ju~ 5727 luniu~ 6557 Julius 7507 Aug. 45 17<br />
7.br. 16774 8.br. 6 ·-+75 9.br. 2400<br />
Summa 2291 1 Summa 13381 Summa 13704 Summa 9480<br />
In dcr Stadt 59476 Opfcr: in dcn Vorst~id t cn 30 -+70: in <strong>de</strong>n Lazarctten 50 560.<br />
In verschie<strong>de</strong>ne Winkel <strong>de</strong>r Wclt wan<strong>de</strong>rten aus und verbargcn sich, um <strong>de</strong>r Pest zu entfliehen:<br />
80000 Personen. Dies und andcrcs wird die achwelt kaum glauben.<br />
Dicse unglaubliche Summc von Totcn bcstreitet ei n Büchlcin mit <strong>de</strong>m Titcl "Merkhe weise"(?).<br />
Die Zahl eier Toten ist nümlich viel zu übertrieben und kaum glaublich.<br />
1680<br />
Am Er~cheinungsfes t woll te ein Brudcr scine 2 Schwcstcrn aus Tischneck. nach<strong>de</strong>m sie<br />
vorhcr die Messe gehört hatten. ins Schiltachtal zum Gottesdien~t (vielleicht zum Lutherisc<br />
hen ) wegbringen. Bei<strong>de</strong> chwestcrn ficlcn durch eincn unglücklichcn Zufall vom Brücklei<br />
n. dm. zum herzoglichen Gut führt. in dcn reißen<strong>de</strong>n Bach. dcr durch <strong>de</strong>n geschmolzenen<br />
Schnce gewaltig geschwollen war, ertranken und en<strong>de</strong>tcn so ihr Leben. Man begrub<br />
sic beim Beinhaus: das Grab ist kcnntlich durch ein Spanischcs Kreuz.<br />
Am Montag vor Palmsonntag begann die neue Glocke zu töncn: gegossen zu Strassburg.<br />
II Zentncr schwer. jüngst um 50 Gul<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Kirchturrn geb racht. Vom Glockengießermeistcr<br />
kostct sie ohne an<strong>de</strong>re A u ~gabc n 550 Gul<strong>de</strong>n.<br />
Am 7.Sonntag \ '01' Pfingstcn war cinc ncuc Monstranz. vergol<strong>de</strong>t. für unscre Kirche gekaurt<br />
wordcn für 100 Gul<strong>de</strong>n: die altc fici an die Lautcrbacher Kirche. nd balel darauf<br />
wurdc ein neues Gestühl in unsercr Kirchc errichtct. zur bcsseren Bcqucmlichkeit <strong>de</strong>r Pfarrei<br />
Angehörigen und eier Pilger. dic hicrhcr kommen.<br />
Um ovember sah man ei ncn ncucn Kometen l . ein VorLeichcn von Übeln . wie auch zu<br />
dieser Zeit cinc große Trockenheit überall herrschte. so dass man von wei tentfcrnten Orten<br />
sein Getrei<strong>de</strong> zu unserer Mühle brachte. und zugleich ei n schrcck lichcr Frost war. Zu<br />
Balingen kostctc ein Krug Wasser cinen Batzen. und Kesse l hingen bei je<strong>de</strong>m Haus. mit<br />
Schnce gefü llt. elen man mit Fackeln schmolz zum Trünkcn <strong>de</strong>s Viehs.<br />
Bi~jctzt in <strong>de</strong>n Dezember hinein leuchtctc <strong>de</strong>r unheil vo lle Komet. ein fürchterliches Gc<br />
~tirn. und schreck te Europa.<br />
I ) Zum Komclcn von 1680 ~c hrciht Profc~~or Dr. KU.UoR VOIll Planctarium Stuttgart: Im Jahrc<br />
1680 crschicn einer <strong>de</strong>r helbten Komctcn. dicje heobachtct wur<strong>de</strong>n. Er wird ~c hlicht "Komet<br />
\'on 1680" genannt. Ocr SchwciLcr Mathcmatikcr Jacob Bcrnoulli vcrsuchtc seine Bahn ZlI<br />
be:~limmcn. was ihm abc I' nicht gelang. Pfarrer Gcorg Samuel Dörfrd beobachtete bei<strong>de</strong>:<br />
Bahnii~lc - vor und nach <strong>de</strong>r Sonncnpa\\agc. Er fand. das~ ~ich <strong>de</strong>r Komet auf ei ner Parabel<br />
bcwegte - eine f"iir damaligc Zei ten bcachten~wertc Lei~lUn g. Tahüchli ch ist die Bahn d e~<br />
Kometen cine sehr langegcstrccklc Ellip~e.
37<br />
Unter <strong>de</strong>m Schutz Gottes beginnt<br />
1 68 1<br />
Gegcn En<strong>de</strong> August wur<strong>de</strong> dic Mauer. wo sie an dcn Fluss grenzt, wie<strong>de</strong>rhergestellt In<br />
einem Stein ist eingegraben die Ja hreszahl 1561 . Und sicherlich auch waren <strong>de</strong>n ganzen<br />
Sommcr über die Regengüsse se lten und daher auch eine dauern<strong>de</strong> Trockenheit <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />
und ein großer M angel an Heu.<br />
Unser Schwaben durchwan<strong>de</strong>rte in dieser Zeit <strong>de</strong>r Ehrwürdige Pater M arcus von Aniano.<br />
ein Kapuziner. Mit scinen Predigten bekehrtc er viele Sün<strong>de</strong>r. auch die wi<strong>de</strong>rspenstigsten.<br />
zur Rcue, sehr viele A n<strong>de</strong>r 'gHiubi ge zum rechten Glauben. und mit seinem Seraphischen<br />
egcn gab er <strong>de</strong>n Lahmen das Schreiten. <strong>de</strong>n Blin<strong>de</strong>n das Sehen. <strong>de</strong>n Kranken die Gesundheit.<br />
<strong>de</strong>n vom bösen Gei st Befallenen Befreiung mit Hilfe <strong>de</strong>r Göttlichen Gna<strong>de</strong>. Dies<br />
beweisen au thentische Zeugn isse mit schriftlichen Belegen.<br />
Gegen En<strong>de</strong> September. nämlich am 30. dieses wur<strong>de</strong> die berühmteste und am stärksten<br />
bcfestigte Stadt Straßburg. bestürzt über die Drohungen <strong>de</strong>s Gcneral s und Feldmarsc halls<br />
<strong>de</strong>s Französi ehen K önigs. dcs Herrn dc Montclar und Louvois. wenn sie sich nicht von<br />
se lbst und freiwillig in die Gewalt <strong>de</strong>s Französ ischen Königs begcbe. in so lche Konfusion<br />
gestürzt. dass die. e hoch gefeiertc Stadt ihre Freiheit, ein großes Wort. verschleu<strong>de</strong>rte und<br />
sich <strong>de</strong>m Generösen König von Frankrcich ergab. Zugleich anerkannte die in <strong>de</strong>r ganzen<br />
Wclt höchst berühmte Stadt wiedcr ihren Bischof: Gelobt sei Gott l<br />
1682<br />
Kaum glaubhaft i. t es. welch großc Schä<strong>de</strong>n Frankfurt. Holland, Seeland und die meisten<br />
Regionen durch die Überschwemmungen von Flüssen erlitten haben. Die Zahl <strong>de</strong>r umgekommenen<br />
Menschen und <strong>de</strong>s Viehs ist einer genauen Rechnung nicht zugänglich; und so<br />
waren die Monate Januar und Februar für viele ver<strong>de</strong>rblich.<br />
In diesem Jahr ist für unsere Kirche cin Baldachin zu m Fest Fronleichnam samt einer<br />
violetten Kasel gekauft wor<strong>de</strong>n. Und aus dcm Beutel <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften ist ein silbern es<br />
Abbild <strong>de</strong>r Jungfräulichen Gotte!>muttcr. umgeben von einer vergol<strong>de</strong>ten Sonne. und das<br />
Abbi ld <strong>de</strong>s am Krcuz hängcndcn Heilands zum Schmuck unserer Kirche geschaffen wor<strong>de</strong>n.<br />
Ebcnso wur<strong>de</strong> einc Glorien-Fahne gekauft: aus <strong>de</strong>m Rosenkranz-Geld.<br />
Im Juli befiel ei ne se ltsame und ver<strong>de</strong>rbliche Seuche das Vieh: auf <strong>de</strong>n Zungen hatten sich<br />
giftige Pusteln festgesetzt. die man mit silbernen Löffeln o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren silbern en Gegenstän<strong>de</strong>n<br />
öFfnen musstc, und so wur<strong>de</strong> das Vieh durch sorgsame und verschie<strong>de</strong>ne Anwendung<br />
von Millelnund durch das Abwaschen <strong>de</strong>r Zungen schließlich gerettet. Wer nachlässig<br />
wa r. <strong>de</strong>m gingen sie zugrun<strong>de</strong>. Wir haben angeordnet. in Schramberg un sere Glocken<br />
zu Iliuten für die Dauer von 48 Stun<strong>de</strong>n eine nach <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren ohne Unterbrechung: das<br />
soll auch an<strong>de</strong>rswo mit ziem licher Begeisterung geschehen sein. wie wir gelesen und gehört<br />
habcn.<br />
1683<br />
Bis zum Fest <strong>de</strong>s Hei ligen ebasti an (20. Januar) sah man keinen Schnee. So war <strong>de</strong>r<br />
Einzug <strong>de</strong>s Winters sehr mild und gnädig. Endlich fiel eine solche M enge Schnee. das<br />
man kaum die Spitzcn <strong>de</strong>r Zäune herausragen sah. Stroh wur<strong>de</strong> in schweren Wagen und<br />
nicht, wie gewöhnlich. in K arren in einer Kiste tran sportiert, was seit Menschen ge<strong>de</strong>nken<br />
noch nie geschehen ist. Die Schmelze geschah jedoch ohne Scha<strong>de</strong>n.
38<br />
Im Juni rielen so häurige. hefti ge und starke Regengüsse. dass sie vielerorts wegen berschwemmungen<br />
nicht unerhebliche Schj<strong>de</strong>n anrichteten. Vier o<strong>de</strong>r rünr Pllüge wur<strong>de</strong>n vom<br />
Feld in <strong>de</strong>n Winzler Weiher geschwemmt. und von <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n entfühl1e das Wasser teils<br />
leben<strong>de</strong>. teils tote K älber in das Städtchen Oberndorf. Verschie<strong>de</strong>ne Wege in <strong>de</strong>n Orten<br />
w ur<strong>de</strong>n aurgeri ssen, so dass sie nicht ohne großen Scha<strong>de</strong>n und Geldaurwand wie<strong>de</strong>rhergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n konnten. Vom Hagel erlitt großen Scha<strong>de</strong>n Waldmöss ingen und Seedor!'.<br />
Gras und Frucht und alles sonst <strong>de</strong>ck te er zu und vernichtete es völlig. Vom Blitz getroffen<br />
w ur<strong>de</strong> Kirche und Turm zu Mariaze ll , mit gewaltiger Wirkung. so dass sich alle Leute<br />
wun<strong>de</strong>rten: <strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nc Scha<strong>de</strong>n wird nicht ohne große A usgaben zu reparieren se in.<br />
Was soll ich VOI11 Krieg mit Türken. Tököly und Tataren sagen? Z u Anrang Juli fiel eine<br />
ungehcure Ma. se von Türken mit Tataren und Tököly. <strong>de</strong>m Rad und Galgen verdienen<strong>de</strong>n<br />
Rebe llen und verräteri schen Feind gegcn seinen König und Herrn. <strong>de</strong>m Ansti rter zu allen<br />
Übeln. in ngarn mit erstem und leichtem Errolg ein und umzingelte Wien mit einem<br />
Belagerungsring von 300000 Soldatcn. Di e~e Belagerun g dauerte bis ZUIll 12. eptember.<br />
Hilrstruppen wur<strong>de</strong>n von da und dort <strong>de</strong>m Kai ser zu Hilfe gesandt. beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r König<br />
von Polen mit zahlreichem Hee r. Sie arbeiteten mil allen Kräften damn, die Stadt von <strong>de</strong>r<br />
Belagerun g zu erl öse n, und das rührt e schließ lich zu einem glück lichen Erfolg. Die Stadt<br />
ve rteidigte großa rtig <strong>de</strong>r Großartige und nbesiegbarste Held Gral' Ernst RUdi ger von<br />
Starhemberg: daher. nach<strong>de</strong>m sie ihre Truppen <strong>de</strong>r Ordnung nach vert eilt hatten, greiren<br />
sie <strong>de</strong>n Feind an. kämpfen wie die Löwen. befreien die Stadt von <strong>de</strong>r Belagerung und jagen<br />
das Vezierwesen in die Flucht bei Tausen<strong>de</strong>n von gerangenen und getöteten oldaten und<br />
mit ungeheurer und unglaublicher <strong>de</strong>lll Fei nd en trissener Beu te. Bald danach ergaben sich<br />
verschie<strong>de</strong>ne Städte. und rast ganz Oberungarn anerkannte wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kai ser al seinen<br />
König und Herrn, in<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n Tököly verjagte und die Ilehen<strong>de</strong>n H ~in<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Polenköni g<br />
zust reck te, um durch sei ne Fürsprache wie<strong>de</strong>r beim Kai ser in Gunst gelangen zu können.<br />
o Tököly. du Erz- Bösewicht I Treulos igkeit hat se lten guten A usgang gehabt.<br />
Es folgt eine Liste <strong>de</strong>ljenigen, die vom Türken in die elen<strong>de</strong>s te Sklaverei weggebracht<br />
wur<strong>de</strong>n: 6000 alte M ~i nn e r. 12 2 15 Frauen. 14092 M jdchen. von <strong>de</strong>nen wenige älter als<br />
26 Jahre waren. larunter 10..+ aus Familien von Grafen und Baronen. 56 093 Kin<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>rlei<br />
Geschlechts von 5 o<strong>de</strong>r 6 Jahren. I nsgesamt 108809 Menschen. Aus <strong>de</strong>m Gebiet von<br />
Wien gingen durch Fcuer verl oren 1..+ 062 Dörrer. aus <strong>de</strong>m von Budapest 87 1. Die Zahl<br />
<strong>de</strong>r verbrannten Dörrer 14933. ber kaum glaublich ist diese Zahl. die <strong>de</strong>n tellllingemäß<br />
("I) ersc hei nen<strong>de</strong>n" euesten Nachrichten" en tnommen sind, die ort lügen.<br />
1684<br />
Z urecht spitze ich meine Fe<strong>de</strong>r gegen ei nen Winter, <strong>de</strong>r se it M ensc henge<strong>de</strong>nken noch nie<br />
mit solch ausgeprägter und lan ger Kälte gehaust hat und iele Wan<strong>de</strong>rer durch Frost gelötet<br />
hat.<br />
m Mitte Februar erfüllte unsere Burg mit grossem Jammer <strong>de</strong>r rrühe Tod <strong>de</strong>s H ochberühmten<br />
und Hoched len Herrn , <strong>de</strong>s Herrn Leopold Wilhelm Freiherr on Bissingen, K apitün<br />
<strong>de</strong>~ HochberLihmten Herrn Graf von Lesler. <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r besten Blüte seines Alters wie<br />
auch seiner Ehren ein frühLeitiger Tod abberufen hal, ei nen wahren Herrn . <strong>de</strong>r zum Höchsten<br />
beruren war. Dieser hat in seinem Testament angeordnet. dass I'i.ir seine Seele 6 000<br />
Messen gelesen we r<strong>de</strong>n sollen. Das ist viel. nicht wahr?<br />
Das kaiserliche Heer ve rbrachle <strong>de</strong>n ganzen Sommer lang bis zu A nfang Winter mit <strong>de</strong>r<br />
Belagerung von Buda o<strong>de</strong>r Ofen. das die Türken hartnückig verteidiglen: viele Soldaten.
39<br />
nicht nur gemei ne (20 000) . . on<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r ornehmsten Art (500) ver. chmorten ihr<br />
Leben an diesem Ofen. Darauf si nd die Versuche <strong>de</strong>r nsri gen merklich zurückgegangen:<br />
Der Hund, <strong>de</strong>r zwei Hasen zugleich fangen will, fängt keinen. So üben sie, während ie die<br />
durch Hunger und Mangel an Lebensmitteln sogar gefeierte und berühmte Festung euhäusel<br />
einzunehmen versuchen, auch auf Ofen durch eine lange Belagerung Druck au. :<br />
aber <strong>de</strong>r christliche Soldat hat we<strong>de</strong>r hier noch dort Erfolg. son<strong>de</strong>rn er drängt zu <strong>de</strong>n Winterqu<br />
artieren. und sie haben die kot igen Öfen <strong>de</strong>r Bauern eingenommen.<br />
1685<br />
Zu nfang <strong>de</strong>s Winters wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n zwei Beuteln <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften Rosenkranz und<br />
St. Sebastian ei n si lberner vergol<strong>de</strong>ter und außen mit silbernen Verzierungen versehener<br />
Becher mit Büchschen und ei ner Schü sei aus <strong>de</strong>mselben M aterial gekauft. Zusammen<br />
kosten sie 87 11 und 49 1/2 Kreuzer. Zugleich habe ich eine schöne lba und ein neue<br />
Missa le bestellt. und gekauft wur<strong>de</strong>n drei Antependien aus vergol<strong>de</strong>tem L e<strong>de</strong>r für 18 Gul<strong>de</strong>n.<br />
m Mitte August unterlag die ziemlich starke Festung Neuhäusel unter <strong>de</strong>m Druck ei ner<br />
langen Belagerun g <strong>de</strong>n Waffen <strong>de</strong>s Kai sers. und zugleich erlangte das von <strong>de</strong>n Türken<br />
belagerte Stri gonium Freiheit: <strong>de</strong>r Feind wur<strong>de</strong> geschlagen und in die Flucht getrieben,<br />
viele Fein<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n vermisst unel auf <strong>de</strong>r Flucht gelötet: wen ige <strong>de</strong>r Unsri gen gingen verloren.<br />
Der kaiserliche Solelat kämpfte glück lich: nach<strong>de</strong>m eli e Festung euhäu selmit Waffengewalt<br />
erobert, Strigonium von eier Belagerung befreit. eier übergewaltige Feind in schimpfliche<br />
Flucht getrieben wa r, kam kurz elarauf Eperjes und Kaschau in die Gewalt <strong>de</strong>s Kaisers:<br />
<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Türken se lbst ge fangen genommene Tököly wur<strong>de</strong> nach K onstantinopel<br />
in Ketten gefe. seit geschickt. um das rebellische Volk zu beruhigen. wo er <strong>de</strong>n gebühren<strong>de</strong>n<br />
Lohn für seine Verräterei empfangen wird. Noch aber lebt er verachtet weiler.<br />
Am Festlag Allerheiligen verstarb fromm Onuphrius Weissenbach. Pfarrer von M ariazell,<br />
<strong>de</strong>m ich die Leichelll'eele halten mu sste.<br />
Der Köni g von Frankreich hat viele Tau sen<strong>de</strong> on Reformierten au . einem Reich vertrieben<br />
und es von <strong>de</strong>r Calvinistischen Seuche völlig gereinigt. Das lobe ich.<br />
168 6<br />
Zur Zier<strong>de</strong> unserer Kirche habe ich aus <strong>de</strong>n Gel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften zwei Ka seln mit<br />
Velum für 30 Gu l<strong>de</strong>n gekauft.<br />
Am Sonntag Trinitatis trieb ein in <strong>de</strong>r achbarschaft so reichlich fallen<strong>de</strong>r Schnee die<br />
M enschen allenthalben an die Öfen. um <strong>de</strong>r Kälte zu entgehen.<br />
Buda. die königliche Stadt. berühmt im Königreich Ungarn, einst Sitz <strong>de</strong>r Könige, wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n gan zen Sommer über bi s zum Anfang <strong>de</strong>s Winters beharrlich von <strong>de</strong>n Unseren bel a<br />
gert. mit <strong>de</strong>rselben Hartnäck igkeit die Stadt von <strong>de</strong>n Türken verteidigt, und von bei<strong>de</strong>n<br />
Seilen immer wie<strong>de</strong>r tapfer gekämpft. Der Oberbefehlshaber <strong>de</strong>r .Osmanen versuch te öfters,<br />
seine Soldaten in die Stadt hinein zu schicken. aber vergeblich: vielfach geschlagen<br />
und überwä ltigt von <strong>de</strong>n Unsri gen. bis schließlich nach Zerstörung <strong>de</strong>r Mauern und Vorwerke<br />
<strong>de</strong>r christliche Soldat sie mit bewaffneter Hand in ei nem glücklichen Anlauf eroberte<br />
nicht ohne vieles Blutvergießen auf bei<strong>de</strong>n Seiten. Si cher ist: die Türken mögen innerhalb<br />
von Mauern kämpfen wie die Löwen : wenn es aber Kampf im offenen Feld gilt, dann<br />
laufen sie da von wie die Hasen.
40<br />
Buda rolgten die meisten Städte und Festungen. nämlich Szegedyn. die Stadt Fünfkirchen.<br />
zikla. Capuvar u w. Der Gouverneur über diese antwortete aur die Frage. warum er die<br />
Städte so schnell <strong>de</strong>n Christen übergeben habe: "Wenn die Hennc (Buda ) weggenogen ist.<br />
was wer<strong>de</strong>n dann die Jungen tun ?" So wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ehri. tliche Soldat ruhmreich und triumphierend<br />
in die Winterqu artiere geführt.<br />
Die Schnei<strong>de</strong>r haben zum ersten Mal zusa mmen mit <strong>de</strong>n Gerbern ihre Waren beim und vor<br />
<strong>de</strong>m Pfarrhaus an <strong>de</strong>n Wochenmürkten ausge legt.<br />
1687<br />
Ein ä u ße r ~t grauenhafter und langer Winter verursac hte einen M angel an Heu. Inzwischen<br />
war das aurslÜndische und von Verrätereien geschän<strong>de</strong>te ngarn vom Kai ser ganz unterjocht<br />
wor<strong>de</strong>n. Es sühnte jedoch durch verdiente Strafen. wie sie <strong>de</strong>n Verrätern gebühren.<br />
Buda wollte <strong>de</strong>r Oberst Fink von Finkenstein <strong>de</strong>n Türken für 2 000 Dukaten durch Verrat<br />
überlassen: Was tut das Geld nicht ?<br />
In diesem Jahr kümpfte eier Kaiser siegreich: er schlug <strong>de</strong>n Feind mehrmals. besetzte sehr<br />
viele Gemein<strong>de</strong>n und stark befesti gte Kastelle. vo r allem Chsekium (7), Erlau und in<br />
Slavonien Pressburg. eine Gemein<strong>de</strong> mit berühmtem Markt. Der ganz verstörte Türke <strong>de</strong>nkt<br />
liberall an Flucht. die Veziere und Bassen und Befehl shaber <strong>de</strong>r Befesti gungen wer<strong>de</strong>n<br />
aufgehängt. wei l sie so viele B e re~tig un gen <strong>de</strong>m Kai ser ausgelierertillilten. M öge GOII es<br />
rü gen. das~ die Unsri gen im folgen<strong>de</strong>n Jahr Konstantinopel sehen und einnehmen. so o<strong>de</strong>r<br />
so.<br />
Mit gleichem GlLick ktimprten die Venediger. ein kri egeri~c h es Volk.<br />
Lud" ig. Köni g von Frankreich (teils mit <strong>de</strong>m Beinamen "Der Große") hat aus seinem<br />
Reich viele Tausen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hugenollisc hen Sekte vertrieben: sie suchten darauf Wohnsitze<br />
in <strong>de</strong>r Schweiz bei <strong>de</strong>n Zwinglianern. bei <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn , Englün<strong>de</strong>rn. Bran<strong>de</strong>nburgern<br />
und sonstigen Sektengläubigen.<br />
Um Jahresen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> zum K öni g von Ungarn mit große r Feierlichkeit Joseph, <strong>de</strong>r Sohn<br />
<strong>de</strong>s Immerwühren<strong>de</strong>n Erhabenen Kaise rs Leopold. erwühlt: er Leigte gera<strong>de</strong> beim Akt <strong>de</strong>r<br />
Erwühlung und Bestätigung und nachher eine königliche MajestUI in seinem kleinen Körperchen<br />
auf. zum Staunen <strong>de</strong>r Betrachter.<br />
A uch die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Festung Erl au o<strong>de</strong>r Agri a. ein Bischofssitz. unterwarf sich <strong>de</strong>m K aiser.<br />
1688<br />
Die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Festung A lba Regia. zu Deutsch Stuhlweissenburg ergab sich vor <strong>de</strong>m<br />
nsturm <strong>de</strong>r Soldaten aus <strong>de</strong>n Winterquartieren <strong>de</strong>m Kaiser, zu großer Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Christen.<br />
und Trauer <strong>de</strong>r Osmanen.<br />
Dieses Jahr war Ulll die Mille <strong>de</strong>s Sommers rur viele unglücklich. we il Überschwemlllungen<br />
<strong>de</strong>r Gewässer vielen viele" bel brachten. Das Bächlein in GÖllelbach scl1\vo ll so weit<br />
an. dass e~ nicht nur Wege. vor allem dicjenigen. die die von hier nach ROllweil Rei en<strong>de</strong>n<br />
benutzen, erstaunlich aufri ss. son<strong>de</strong>rn auch Bäume ins Tal entführte. die zum Zersägen in<br />
Pfäh le geeignet gewesen wären . Das Büchlein in Keinbach brach tc größeren Scha<strong>de</strong>n.<br />
zcrstörte Brücke n, ri~ s Wege auf'. rührte elas Backhaus <strong>de</strong>s Weisshorn mit sich fort und ließ<br />
keinerlei Spuren davon zurück: an dcr oberen Papi ermühle entführte es elas meiste für die<br />
Fcuersüitte bereitgelegte Holz und schwe lllmtc über 100 Wagen Sand. Baul11wurze ln usw.
4 1<br />
in seine Werkstatt und ri ss ungeheure Felsbrocken aus <strong>de</strong>r Erd e. Und das Ärgste: En<strong>de</strong><br />
Juli, nacht um halb 12 Uhr. drosch ein H agelwetter die Saaten nie<strong>de</strong>r, fas t durch ganz<br />
Schwaben hin, zur großen Trauer <strong>de</strong>r armen Bauern: nicht mehr können ie so zahlreich in<br />
<strong>de</strong>n Wirtsc haften sitzen, nichlmehr wie sonst schreien sie" [m Hui !". son<strong>de</strong>rn sc hweigend<br />
ziehen sie ab. wenn sie sich nach Hause begeben von <strong>de</strong>n Wochenmärkten.<br />
Inzwisc hen haben die Waffen <strong>de</strong>s Kaisers einen glücklichen Fortgang in Ungarn. <strong>de</strong>r sich<br />
j edoch ve rzögert wegen <strong>de</strong>s Königs von Frankreich. <strong>de</strong>r unerwartet Philippsburg am Rhein<br />
erobert und viele Tau send Gul<strong>de</strong>n aus Deutschland eintreibt. zu Deutsch: K ontributions<br />
Gel<strong>de</strong>r. Die Schramberger haben 3 000 Gul<strong>de</strong>n bezahlt.<br />
Die Bürger von Rotlwe il haben große Tumulte angefangen gegen ihre Herren, in<strong>de</strong>m sie<br />
ungestüm alte Pri vilegien energisch ausfor<strong>de</strong>rten. Schließlich wur<strong>de</strong> durch eine Kommission<br />
überall eine große Verän<strong>de</strong>rung bewirkt und ein wahrhaft <strong>de</strong>mokrati sches Regime<br />
geschaffen.<br />
Um Anfang ovember übern achtete eine Schar französischer Soldaten zu Pferd und zu<br />
Fu ß in Schramberg. <strong>de</strong>nen ich als Reiter vorausziehen musste. während sich die offi ziell<br />
Verantwortlichen zu reiten weigerten. Sie verhi elten sich feindlich gegen säumige Kontributi<br />
onszahler, zu <strong>de</strong>nen sie auch die Schramberger zählten. Mit Hilfe GoUes wur<strong>de</strong>n die<br />
Anführer durch mein Z ure<strong>de</strong>n so besänfti gt, dass sie keinerl ei militäri schen Übermut verübten,<br />
kein Vieh wegtrieben, während sie doch später in Dunningen und Obereschach ein<br />
weitaus strengeres Vorgehen ein schlugen und in Villingen zwei Mühlen verbrannten.<br />
Am 9. Dezember übernachteten wie<strong>de</strong>r Franzosen in Schramberg. Si e zogen wei ter nach<br />
Ehingen, brannten dort das Rathaus und die Stadtmitte nie<strong>de</strong>r. nahmen die K asse mi t und<br />
übern achteten wie<strong>de</strong>r in Schramberg. Ich hatte über 100 Fu ß-Soldaten mit 5 Offiziellen<br />
und vielen Dienern im Pfarrhaus über acht: Wenn du dabei gewesen wärest. hättest du<br />
geschworen. <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>s jüngsten Geri chts se i da. Philippsburg ging an die Franzosen.<br />
Am 22. übern achteten die Franzosen wie<strong>de</strong>r, mit großem Scha<strong>de</strong>n für un s; das Heu für die<br />
Kuh verbrauchten sie fas t ganz, <strong>de</strong>r ich doch sonstwo nicht viel Heu habe, ich armer Teufel.<br />
A m 29. übern achteten die Franzosen wie<strong>de</strong>r: aber gegen Mittag ka men ihre A nführer.<br />
M arquis <strong>de</strong> Lanion. <strong>de</strong>r ein hoher Minister <strong>de</strong>s Französischen K önigs gewesen war. ein<br />
sehr humaner Herr; er besetzt das K astell lind schickt mir einen Schutzbrief. <strong>de</strong>n er vom<br />
Herrn Gouverneur in Freiburg ... erl angt hatte. <strong>de</strong>r mich und mein Haus für frei von jeglicher<br />
militäri schen Belästigung erklärt e.<br />
Die W ächter wur<strong>de</strong>n vom K astell weggebracht und in <strong>de</strong>r Kirche gefangen gehalten bis<br />
zum Abend. Schließlich habe ich für sie freien A bzug erl angt; man gab Befehl, mir für die<br />
Befreiung die Hand zu geben als Zeichen <strong>de</strong>r Dankbarkeit.<br />
1689<br />
A m 11. Janu ar kehrte vo rgenannter M arqui s <strong>de</strong> L ani on mit einer großen Anza hl Dragoner<br />
zurück . nach<strong>de</strong>m er vorher das H ornberger Kastell angezün<strong>de</strong>t hatte, und dann zwi ehen 3<br />
und4 morgens auch unser Schramberger anzün<strong>de</strong>te.<br />
A m 22. dieses M onats kam eine A bteilung K aiserl icher Soldaten nach Roltweil. die uns.<br />
die w ir aus Furcht vor einem Einfall <strong>de</strong>r Franzosen fast völlig verzweife lt waren. wie<strong>de</strong>r<br />
ermutigte un d bestärkte. Der v ore rw~ihnte Herr M arqui s hat auch unsere Mühle anzuzün<strong>de</strong>n<br />
befohlen, aber auf meine Bitten und Tränen hat er sie verschollt.
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.+3<br />
Im Septem ber wird Mainz erobert und <strong>de</strong>r Markgraf von Ba<strong>de</strong>n mel<strong>de</strong>t einen großen Sieg<br />
über die Türken. M öge <strong>de</strong>r M arkgraf seine Siege fortsetzen. Bonn wird eingenommen :<br />
siehe kurz zuvor.<br />
Ich habe zugleich Schramberg 01' <strong>de</strong>m ersten Einfall <strong>de</strong>r Franzosen. die <strong>de</strong>n äußersten<br />
UllIergang androhten. bewahrt. Ich habe überre<strong>de</strong>t. dass die Bauern in ihren Häusern ersteckt<br />
bl eiben, dass die Wege durch querliegen<strong>de</strong> Hölzer ungangbar gemacht und dass die<br />
Brücken über die Flüsse abgeri ssen wer<strong>de</strong>n; aber obwohl ich mein Leben dafür ein setzen<br />
wür<strong>de</strong>. dass es ni cht so sei. habe ich kaum die Pl äne <strong>de</strong>r Franzosen än<strong>de</strong>rn können. Merke<br />
dir: Was dir gefiel. haben dir die Schmeichler gestohlen, guter Sichler, und du gib t dich<br />
leeren Hoffnungen hin. Denn als <strong>de</strong>r Kai ser von mei ner Treue erfuhr, befahl er gnäd ig.<br />
mich mit einer Goldmünze zu ehren; aber die hochstehendsten Nebenbuhler haben mir die<br />
Münze in <strong>de</strong>r Kehle ersti ckt. <strong>de</strong>nn ich habe bisher nicht s gesehen. Solche Tüchtigkeit hat<br />
eben eid im Gefolge.'<br />
Fortsetz un g d es Tage bu c h s<br />
Fortdauer <strong>de</strong>s Türken- und Franzosenkriegs<br />
gegen unseren unbesiegbarsten Kaiser Leopold<br />
169 0<br />
Bei uns Schrambergern überwinterte eine Kompanie Sach ·en. 0 ihr Götter! Was für Leute'<br />
Fast alle waren Lutheraner. Wie <strong>de</strong>r Vater. so die Sö hne' Während Kriegspläne erwogen<br />
wer<strong>de</strong>n in Wien am kaiserlichen H of, stirbt auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Unbesiegteste und allen<br />
Lobes Würdigste, Frömmste. Held Kar!. Herzog von Lothringen, <strong>de</strong>r un vergleichliche<br />
Oberste Heerführer. Dessen verfrühtel' Tod verlangsamte merklich die kriegeri schen Bewegungen.<br />
Auf seine Stelle rückt nach Emanue!. Kurfürst von Baiern. ein Mann von ed lem<br />
Sinn.<br />
Gegen En<strong>de</strong> Frühjahr und Anfang S mll1er geschehen häufige militärische Umstellungen,<br />
die die Beutel <strong>de</strong>r Bauern zu Grun<strong>de</strong> ri chten . Der Savoyer verlässt die Partei <strong>de</strong>s französischen<br />
Königs und geht zum Kai 'er über. zur grossen Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Imperiums.<br />
Es tirbt Pap t Innocenz XI. und hinterl ässt großes Lob für sich. Ihm folgt nach Alexan<strong>de</strong>r<br />
Vlll.: Möge er mit sei nem Vorgänger wetteifern: aber er will <strong>de</strong>n epoti mus wie<strong>de</strong>r erwecken,<br />
<strong>de</strong>n sein Vorgiinger in lobenswerter Weise weggeräumt hat.<br />
Am Tag vor <strong>de</strong>m Fest St. Margareta, Jungfrau und M ärt yrerin, sind sechs Personen in<br />
A ichhal<strong>de</strong>n, die Heu auf ei nen Wagen la<strong>de</strong>n wollten, vom Blitz getroffen wor<strong>de</strong>n, drei sind<br />
sofort gestorben.<br />
Unsere Soldaten unternehmen nichts gegen <strong>de</strong>n Feind. sie hängen <strong>de</strong>n ganzen Sommer<br />
über in ihren Zelten herum . Sehr viele PlLin<strong>de</strong>rungsscharmütze l hatten mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n die<br />
Husa ren. ein barbarisches Volk. Diebstahl und Raub zugeneigt. wa. zu ihrem Scha<strong>de</strong>n die<br />
Kirche von Lauterbach verspürte und noch viele an<strong>de</strong>re.<br />
Den Winter über wer<strong>de</strong>n überall gelegen tlich Pl äne erwogen für Krieg und Frie<strong>de</strong>n. Diesen<br />
wünschen alle herbei, die Frie<strong>de</strong>ns-Liebhaber; j enen aber die Fürsorger <strong>de</strong>s Beutels.<br />
<strong>de</strong>n die meisten zur Zeit <strong>de</strong>s Krieges zu füllen pflegen und diesen zum größten Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
einfachen Bauern ve rl ~i n ge rn wollen . Dieser Krieg ist nicht schön.<br />
I )<br />
Die letzten Bemerkungen scheinen in großer Erregung nie<strong>de</strong>rgeschrieben zu sein: potui ist<br />
nachtrüglich eingesetzt. ebenso <strong>de</strong>r SalZ N.B. ( ota be ne).
44<br />
169 I<br />
Geschmie<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n mit großen Kosten große PI ~i n e zu Haag in Holland ; kaum sind sie<br />
beschlosse n. nimmt <strong>de</strong>r Franzose die stark befesti gte Stadt M ons ein. <strong>de</strong>n Schlüsse l zum<br />
Herzogtu m Brabant: allzu langsam waren die nsri gen. die Stadt von <strong>de</strong>r Belagerung zu<br />
be freien. allzu spät machten sie ~ i c h auf. Der Franzose nicht allzu sehr eifrig, <strong>de</strong>r überall.<br />
be. on<strong>de</strong>rs zu Straßburg. mit jubilieren<strong>de</strong>m bfe uern <strong>de</strong>r Geschütze. überall die Zeichen<br />
einer Freu<strong>de</strong> klarl egte. wegen <strong>de</strong>r Einnahme von Nizza in Savoyen und <strong>de</strong>r Stadt M on. in<br />
Brabant. will hier seine sieg reichen Fahnen we iter nach Schwa ben tragen, damit erfüllt<br />
wer<strong>de</strong>. was er auf einer Münze prägen li eß. nämlich: Einer gegen Alle und alle gegen<br />
Einen.<br />
In Ungarn triumphiert wie<strong>de</strong>ru m <strong>de</strong>r Durchlauchtigste Markgraf Ludwig von Ba<strong>de</strong>n über<br />
die Türken. Die Festung Großwar<strong>de</strong>in wird belagert .<br />
169 2<br />
Am A nfang Juli wird Großwar<strong>de</strong>in eingenommen: <strong>de</strong>m siegreichen Kaiser Leopold wird<br />
durch d i e~e Befestigung <strong>de</strong>r Schlüsse l für ngarn und Transsy lva nien verschafft.<br />
nter<strong>de</strong>ssen me l<strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r einen <strong>de</strong>nkwürdigen Sieg über <strong>de</strong>n stolze n<br />
Franzosen: die völlige Zerstörun g <strong>de</strong>r Flolte. A llein die Zahl <strong>de</strong>r Geschütze, teils erobe rt .<br />
teils ve rsenkt. beträgt 4 565. Dies wird eine fast unheilbare Wun<strong>de</strong> sein.<br />
Es herrschte zu gleicher Zeit eine un geheure Teuerung: ein Sester Glaltfrucht hat 2 Gul<strong>de</strong>n<br />
und 20 Kreuze r gekostet.<br />
Die Franzosen besetze n amur. Der Savoyer trägt se ine WalTen in die Dauphine. wo er<br />
fei ndlich haust. wie gewöhnlich die Fran zose n.<br />
A n die Festung Charl eroi macht sich <strong>de</strong>r Fran zose vergeblich heran . Um M ille ovember<br />
löst sich überall <strong>de</strong>r Soldat und sie suchen Orte fürs Winterquartier. A m Rhein und in<br />
ngarn ist nichts Bemerkenswert es geschehen. außer dass <strong>de</strong>r Franzose nach <strong>de</strong>r Einnahme<br />
von Pforzheim auch <strong>de</strong>n Herzog Friedrich von Württemberg. welcher <strong>de</strong>r Verwalter<br />
war. mit <strong>de</strong>m einen und an<strong>de</strong>ren A nführer gcfangengenommen hat. Im Herzogtum sammelte<br />
er große Beute und führte sie weg. nac h<strong>de</strong>m er die Stadt Calw sa mt an<strong>de</strong>ren Dörfern<br />
und Gütern in <strong>de</strong>r Nachbarschaft eingeäschert hane.<br />
Der Franzose greift ve rgeblich Rheinfeld an. Er besetzt Hei<strong>de</strong>lberg. Der Gouve rneur<br />
Haiterstorf erl ei<strong>de</strong>t als Verräter die verdienten Strafen.<br />
1693<br />
Vom Kaise r wi rd geschickt <strong>de</strong>r Durchlauchtigste Ludwig. M arkgraf von Ba<strong>de</strong>n. damit er<br />
am Oberrhein die Franzosen beobachte. Aberda er ihm an Zahl <strong>de</strong>r Soldaten nicht gewachsen<br />
wa r. wagte er es nicht, ihn anzugreifen; auch in Ungarn geschah nicht s.<br />
A m 15. Jan uar empfing <strong>de</strong>r Hoc hgechl1e Herr Lan<strong>de</strong>shauptmann und Kaiserliche Kommis<br />
~a r <strong>de</strong>n Lehense id von <strong>de</strong>n Bauern für <strong>de</strong>n euen Gebieter <strong>de</strong>r Herrin. <strong>de</strong>n Hochmögen<strong>de</strong>n<br />
Herrn Grafen von Hamilton.<br />
1694<br />
Husaren überwinterten bei un s. ein grobschl ;iehtiges Volk. Es herrsc hte eine große Teuerung<br />
bei allen Dingen. b cso nd e r ~ essbaren und trinkbaren: es gab auch größte Be<strong>de</strong>nken
-lS<br />
wegen Gu l<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>utsc h Krediualer', die weit und breit überall für ungültig erklärt wu r<br />
<strong>de</strong>n.<br />
A m 11. M ai zogen sich die Hu. aren zur Freu<strong>de</strong> und ohne irgen<strong>de</strong>in Verl angen nach ihnen<br />
zurückzulassen in ihre Bcfesti gungen zurück. Inzwisc hen dauern<strong>de</strong>s Geschwätz vom Fri e<br />
<strong>de</strong>n.<br />
Am 2. Juli verließ Schramberg <strong>de</strong>r Durchlauchligste und Hochedle Herr, Herr Ferdinand<br />
Karl Freiherr v. Biss inge n. ein M ann für alles Höchste geboren. Diese Hochedle Familie<br />
hat die Herrscha ft Schramberg 46 Jahre pfandweise reg iert, bis . ie schließlich durch Kauf<br />
um 100000 Gul<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Hochedlen und Hochberühmten Herrn v. Hamilton f iel: ein<br />
Mann am Pal asthof zu Neuburg höchster Minister und am Hofe <strong>de</strong>s Kaisers se hr mächtig.<br />
1695<br />
[m Winterquartier hallen wir <strong>de</strong>n Kapitän <strong>de</strong>r Husaren. <strong>de</strong>n Edlen Herrn v. Rudnai. einen<br />
sehr frommen. beschei<strong>de</strong>nen. jungfräulichen M ann. was selten ist: bei ausgelassenen Gelagen<br />
begehrte er Ungarn zu erheiraten.<br />
Gegen En<strong>de</strong> September besetzen <strong>de</strong>r Englün<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Hollän<strong>de</strong>r zu sa mmen mit <strong>de</strong>m Bayern<br />
Namur.<br />
1696<br />
Der Husaren leutnant ist ein se hr mäßi ger M ensc h.<br />
Um Mille März wur<strong>de</strong> eine großangelegle Verschwörung gegen <strong>de</strong>n König von England.<br />
Wilhelm 111.. aufge<strong>de</strong>ckt. Der König von Frankreich hatte Jakob, <strong>de</strong>n Exkönig angesti ftet.<br />
er solle vorgenannten Wilhelm, wenn er mit <strong>de</strong>r Jagd besc häftigt sei, ermor<strong>de</strong>n.<br />
U m die Heuernte \ ar <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Tag eine so lche Kälte, da. s die Mäher Feuer<br />
anzün<strong>de</strong>ten um sich in <strong>de</strong>n Wiese n zu wärmen. geeignet das Tabaktrinken (= Rauchen)<br />
glücklich au. zuführen.<br />
Gegen En<strong>de</strong> A ugust verursachte ei n Feuer, entstan<strong>de</strong>n Vorm Walter. großen Häuserscha<strong>de</strong>n;<br />
unter an<strong>de</strong>re n ansehnlichen Gebäu<strong>de</strong>n brannten nie<strong>de</strong>r die Pfarrkirche Heilig-Kreuz. das<br />
Pfarrhaus. und das Haus <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaft.<br />
A m 22. September sc hlug ein ruchloser Dieb die Fenster ein und raubte vom Tabernakel<br />
die silberne Büchse mit <strong>de</strong>n Heiligen Hostien und von <strong>de</strong>r Seilenwand <strong>de</strong>r Mauer die Dosen<br />
für das Öl bei heiligen Handlunge n. 0 Gott! Räche diese Untat!<br />
1697<br />
Die Bauern brachten gegen <strong>de</strong>n Durchl auchtigsten Herrn Baron v. Biss ingen Klagen vor<br />
am ka iserlichen Hof.<br />
Am 20. Juni brach ein fürchterliches nwetter los: die Gewalt <strong>de</strong>s Sturmes zer törte ein<br />
Haus auf <strong>de</strong>m Hardt völlig: viele wur<strong>de</strong>n stark besc hädigt. Er entw urzelte Bäume. das.<br />
t) Kredi ttaler: Krcd itmünzen sind Zahlungsmittel. <strong>de</strong>ren 5lOffwert niedriger als <strong>de</strong>r Wert als<br />
Geld ist. we l e h er~om it auf <strong>de</strong>m Kred it. <strong>de</strong>m Ansehen b7w. <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s Münzherren beruht.<br />
ihnen im Zah lungsverkehr<strong>de</strong>n höheren Wert beizulegen. Kred ittaler sind Münzen mit schiech·<br />
terem E<strong>de</strong> lmetall als üblich: "schlechtes Geld ".
47<br />
man kaum ohne Tränen die. en Windbruch ansehen kann . Säulen . sogenannte Lettsäulen I.<br />
wur<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> geri ssen. in die Höhe getragen und in <strong>de</strong>r Luft herumgewirbelt wie<br />
Tauben.<br />
Gegen Herbst wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Europäische Frie<strong>de</strong>n geschlo sen; vorher musste <strong>de</strong>r Türke eine<br />
empfindliche Nie<strong>de</strong>rl age hinnehmen .<br />
I 698<br />
Der Europäische Frie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> in Ryswick in Holland geschlosse n.<br />
1 699<br />
Unser Ruhmreicher Kaiser Leopold erlangte einen Sieg und zwang dadurch die Türkei, die<br />
Frie<strong>de</strong>nsbedingungen anzunehmen: er wur<strong>de</strong> glücklich in Karlowitz in Ungarn geschlossen<br />
und errüllte die Europäische Welt mit großer Freu<strong>de</strong>.<br />
Fortse t z un g d es Tage bu c h s<br />
16 9 8<br />
Ihren Streit mit <strong>de</strong>m Herrn B aron setzen bis j etzt die Schramberger Bauern fort, zu Inn s<br />
bruck.<br />
Wir hatten im Winterqu artier lothringische Fußtruppen mit <strong>de</strong>m Herrn Kapitän le Dominique,<br />
einem ganz ausgezeichneten Mann und einzigartigen Freund von Priestern und Pfarrern.<br />
Der Europäische Frie<strong>de</strong>n ist in Ryswick in Holland geschlos 'en wor<strong>de</strong>n.<br />
Ein Bündnis beschließen untereinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Franzose mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n. Dänen. Englän<strong>de</strong>rn<br />
und <strong>de</strong>n Lüneburgischen Für ten: das waren aber nur unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Vereinbarungen.<br />
Von Innsbruck kommen die B auern ohne Trost zu rück: sie gehen wie<strong>de</strong>r nach Wien und<br />
setzen vor <strong>de</strong>m Kaiserlichen Hof ihren Streit fort<br />
Die Denkwürdigkeiten zu ve rmerken setzt fort<br />
J ohannes Hüener, <strong>de</strong>r Nachfo lger <strong>de</strong>s P.Hieronymus Sichler<br />
16 9 9<br />
Als <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Kaiser sehr vortei Ihafte Frie<strong>de</strong>n . owohlmit Türken als auch mit Franzo. en<br />
geschlossen wa r. hatten sich die internen Kriege zwischen <strong>de</strong>m Edlen Herrn Baron v. Bissingen<br />
und <strong>de</strong>n Bauern keineswegs beruhi gt. Denn gera<strong>de</strong> am Tag meines Einzugs. <strong>de</strong>m 9.<br />
Juli 1699. war eine K ommission <strong>de</strong>r lnn sbrucker Regierung anwesend. ach <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r<br />
vorerwä hnten kaiserlichen Regierun g zu Ungunsten <strong>de</strong>r Bauern beschlossenen Erla s for<strong>de</strong>rte<br />
sie auf. <strong>de</strong>n Eid auf <strong>de</strong>n legitimen Herrn zu leisten unter <strong>de</strong>r Androhung <strong>de</strong>r Strafe<br />
<strong>de</strong>r Exekution. Aber die Bauern ließen sich dadurch zum wenigsten einschüchtern und<br />
konnten keineswegs zur Ableistung <strong>de</strong>s Ei<strong>de</strong>s bewegt wer<strong>de</strong>n. Sie wen<strong>de</strong>n sich neuerdings<br />
mit ihrer Klage an <strong>de</strong>n Ka iserlichen Hof. wo sie erneut unter bei<strong>de</strong>rseitigen hohen Kosten<br />
eine Aktion zu erreichen suchen. Wie diese Sache schließlich ausgehen wird. das erwarten<br />
wir gespannt.<br />
I )<br />
Letzsaul = Eckpfos ten im Gartenzaull. an <strong>de</strong>m die ZLiune befesti gt wur<strong>de</strong>n.
.18<br />
1700<br />
Für dieses große JubiWumsjahr wur<strong>de</strong> die Gol<strong>de</strong>ne Pforte geö ffnet unler <strong>de</strong>m Summus<br />
Pontifex Innozenz X II.. <strong>de</strong>rjedoch. an tödlicher Krankheitdarni e<strong>de</strong>rliegend. die'e Funktion<br />
einem Kardinal überlassen halte. Ein großer Zulauf von Pilgern aus allen Teilen <strong>de</strong>r<br />
WeIL entstand. um die Ablässe in Rom zu erlangen. und zwar so groß. dass bei <strong>de</strong>r Erö fTnung<br />
dcr Gol<strong>de</strong>nen Pforte 40 000 Pilger gezülllt wur<strong>de</strong>n. Inzwischen sind für dieses ganze<br />
Jahr alle Ablüsse ausserhalb <strong>de</strong>r Stadt Rom durch eine päpstliche Bulle aufgehoben wor<strong>de</strong>n<br />
und unter <strong>de</strong>r Strafe <strong>de</strong>r so fort mit <strong>de</strong>m Geschehen zu verfügen<strong>de</strong>n Exkommunikation<br />
ve rhin<strong>de</strong>rt \ or<strong>de</strong>n. dass diese bekannt gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Erwähnung für wert halte ich. dass in <strong>de</strong>n Sitzungen von Regensburg die Reform <strong>de</strong>s<br />
Julianisc hen Kalen<strong>de</strong>rs erwogen wur<strong>de</strong>. Endlich sind die Protestanten En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen<br />
Jahre~ durch die unbezwei felbaren Berechnungen zwei fellos überzeugt wor<strong>de</strong>n. un e<br />
ren on Gregor X III. vor 110 Jahren verbesserten Kalen<strong>de</strong>r mit einmütiger Zustimmung<br />
anzunehmen und haben in diesem Jahr zu En<strong>de</strong> Februar 10 Tage preisgegeben. mit <strong>de</strong>nen<br />
sie bisher von uns verschie<strong>de</strong>n waren. wodurch die Häretiker in <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r Zeiten<br />
uns angeglichen sind. Möge Gott in seiner himmlischen Güte die Herze n <strong>de</strong>r Nicht-Katholiken<br />
erleuchten. dass sie auch ihre übri gen Irrtümer einsehen und schließlich in <strong>de</strong>n Sch oß<br />
<strong>de</strong>r Mutter Kirche zurückkehren.<br />
Am I. April wird die sIark gesicherte Fe~tung Breisach auf Grund <strong>de</strong>s Ryswicker Frie<strong>de</strong>ns<br />
von <strong>de</strong>n Franzosen <strong>de</strong>m Kai se r übergeben.<br />
In <strong>de</strong>n Reichen <strong>de</strong>s Nor<strong>de</strong>ns entstehen neue Kriege zwischen <strong>de</strong>m Herzog von Holstein<br />
und <strong>de</strong>m König von Schwe<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r einen und <strong>de</strong>n Königen von Dänema rk und Polen<br />
auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. Verschie<strong>de</strong>ne Feindse ligkeiten werd en ausgetragen . Diese auszuräumen<br />
arbei ten <strong>de</strong>r Kaiser. <strong>de</strong>r König von England und die Hollän<strong>de</strong>r schon lange Zeit<br />
vergebens. in<strong>de</strong>m die EngHin<strong>de</strong>r und HolUn<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m König von Schwe<strong>de</strong>n Unterstützung<br />
versprechen. <strong>de</strong>n Dünen aber <strong>de</strong>r König von Frankreich. Der vorgenannte König von Polen.<br />
August. Herzog von Sachsen und KurfürsI <strong>de</strong>s Hei ligen Römischen Reiches. ist im<br />
vergangenen Jahr zum katholischen Glauben übergetreten und zum König von Polen erwä<br />
hlt wor<strong>de</strong>n. Erstaunlich ist. dass zu A nfang <strong>de</strong>r Lutheri schen Häresie <strong>de</strong>r Kurfürst von<br />
Sachsen als Erster von <strong>de</strong>n Fürsten diesem Glauben angehangen ist. dass aber <strong>de</strong>r junge<br />
Kurfürst von Sachsen auch <strong>de</strong>r ErSle von <strong>de</strong>n Fürsten gewesen ist. <strong>de</strong>r diese Häresie verlassen<br />
hat und zur Katholi schen Kirche /.urückgekehrt ist. Möge Gott seine Kriege unterstüt<br />
zen I.ur Mehrung <strong>de</strong>r Katholischen Kirche.<br />
Unsere Schramberger Bauern sind neue rlich von <strong>de</strong>m Kai serlichen Hof an die Inn sbrucker<br />
Regierun g zurück erwiesen wor<strong>de</strong>n. um von dort <strong>de</strong>n Spruch <strong>de</strong>s Revisors zu erwarten.<br />
Inzwischen wur<strong>de</strong>n sie zur Ableistung <strong>de</strong>~ Lehensei<strong>de</strong>s gemäß <strong>de</strong>m bereits früher von eier<br />
vo rerw~ihn t en Regierung erl assenen Spruch durch ei ne Kommission unler <strong>de</strong>r Androhung<br />
<strong>de</strong>r Exekuti on in die Pflicht genommen . am 19. Juli. Aber die Bauern lassen sich keineswegs<br />
einschüchtern LInd sind bereit. eher je<strong>de</strong> Exekution zu erwarten. als gemäß diesem<br />
Spruch elen Lehenseid zu leisten .<br />
Frie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> geschlossen zwischen <strong>de</strong>m Köni g von Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>m Herzog von Holstein<br />
LInd <strong>de</strong>m König von Dänemark ; es dauern jedoch noch an die Kriege mit <strong>de</strong>m König<br />
von Polen . nd neue Kriege mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n haI durch die Belagerung <strong>de</strong>r Stadt arwa<br />
<strong>de</strong>r Fürst von M oskau. eier Zar Peter. angefangen. Zur Hil fe kam <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n.<br />
unelnach einem Sieg übcr die M os kowiter ist arwa von <strong>de</strong>r Belagerun g befreit.
49<br />
A m 27. September vertauschte das ze itliche L eben mit <strong>de</strong>r Unsterblichkeit unser Hei ligster<br />
Papst lnnozenz XII. im 84. Jahr seines Leben.<br />
Am 28. Oktober wur<strong>de</strong> in Wien in Österreich <strong>de</strong>m Römischen K önig Joseph <strong>de</strong>r erste Sohn<br />
L eopold Joseph usw. geboren zur höc hsten Freu<strong>de</strong> nicht nur <strong>de</strong>s Hofes. , on<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong><br />
ganzen Reiches. Diese Freu<strong>de</strong> verwan<strong>de</strong>lte sich bald in Trauer durch <strong>de</strong>n unerwartet vorzeitigen<br />
Tod <strong>de</strong>s zweiten spani schen Königs Kar! 11. am I . ovember im A lter von 39<br />
Jahren, da er au s <strong>de</strong>m Hau se Ö 'teITeich stammte und ohne Erben hingeschie<strong>de</strong>n war. Der<br />
Kai serliche Hof hätte erwartet, dass <strong>de</strong>r Erzherzog Karl von Österreich, <strong>de</strong>r zweite Sohn<br />
<strong>de</strong>s Kaisers Leopold, durch Testament <strong>de</strong>s vorerwähnten K önigs zum Universalerben <strong>de</strong>r<br />
M onarchie eingesetzt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>; aber die Sac he ging ganz an<strong>de</strong>rs aus, da in die Herrschaft<br />
eingesetzt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r H erzog von Anjou, ein Neffe <strong>de</strong>s Sohn es Ludwigs XlV.. <strong>de</strong>s<br />
Königs von Frankreich. Dies verursachte beträchtliche Aufregung: was aber die Folge ein<br />
wird, erwarten wir mit Sorge.<br />
Am 3. September wur<strong>de</strong> zum höc hsten Gipfel <strong>de</strong>s Pontifikats erhoben durch B estimmung<br />
<strong>de</strong>r Kardinäle <strong>de</strong>r Kardinal Albani von Ursino. genannt Clemens XI.. Dieses päpstliche<br />
Amt übernahm er nach langem .... I, ein frommer und höc hst hei liger M ann.<br />
10. Dezember. Der HelT Dionysius Freiherr v. Rost, Landhauptmann in Rottenburg als<br />
Innsbrucker Kommissar in <strong>de</strong>r Sache Schramberg, legte, nach<strong>de</strong>m er schon zum zweiten<br />
Mal die Untertanen zur Ablegung <strong>de</strong>s Lehensei<strong>de</strong>s kraft seiner Kommission gela<strong>de</strong>n halte,<br />
ihnen die letzte kaiserliche Reso lution vor. <strong>de</strong>s Inhalts, falls sie nicht innerhalb einer Frist<br />
von 24 Stun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Eid geleistet hätten seien sie durch militärische Exekution zur Ableistung<br />
vorzuführen. Darauf hielten aber die Untertanen hartnäckig daran fest, auf nichts als<br />
das Roch-Merzische Urbar <strong>de</strong>n Eid abzuleisten; und so wur<strong>de</strong> er von neuem unverrichteter<br />
Sache mit Schimpf und Schan<strong>de</strong> fortgeschickt.<br />
1701<br />
Inzwischen verzögerte sich die Exekution bis I . M ärz dieses Jahres: unter<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong> an<br />
<strong>de</strong>r Abwendung <strong>de</strong>s Übel s auf versch ie<strong>de</strong>ne Weise vergeblich gearbeitet.<br />
Am besagten I . März aber marschierten 500 Soldaten aus <strong>de</strong>m Regiment <strong>de</strong>s Generals<br />
Gschwind aus Freiburg. für diese Exekution bestimmt, in diese Herrschaft Schramberg<br />
ein. Ihnen folgte am nächsten Tag <strong>de</strong>r bereits genannte K ommissar: die Untertanen aber<br />
konnten auch j etzt durch keinerlei Drohungen von ihrer M ei nung abgebracht und zur Vernunft<br />
zurückgeführt wer<strong>de</strong>n. Inzwischen waren neun <strong>de</strong>r Untergebenen gefesselt. als Anstifter<br />
<strong>de</strong>r übrigen betrachtet, in das Gefängnis von Villingen abge führt. elf an<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r<br />
hiesigen Burg eingekerkert. das Vieh aus <strong>de</strong>n Süillen geführt und auf <strong>de</strong>n M ärkten zum<br />
Verkauf angeboten. da es aber ni cht verkau ft wer<strong>de</strong>n konnte, wie<strong>de</strong>r zu rückgebracht wor<strong>de</strong>n.<br />
Die Soldaten j edoch. über 8 Tage anwesend und wegen <strong>de</strong>s verzögerten Sol<strong>de</strong>s ungeduldig,<br />
erhielten daraufhin die Erlaubnis, mit allen Mitteln gegen die Bauern vorzugehen;<br />
sie benützten diese Gelegenheit fleißig und quälten die Armen. und hatten innerh alb 24<br />
Stun<strong>de</strong>n eine so lch große Summe herausgepresst, dass sie für die Ablösung <strong>de</strong>r Kommissi-<br />
I )<br />
A ls er am 23. 11 . 1700 zum Papst gewählt wur<strong>de</strong>. slräuble er sich anfänglich dagegen und li eß<br />
von vier Theo loge n ein Gutachten erstellen. ob man Gott beleidigen wür<strong>de</strong>. wenn man nicht<br />
Papst wer<strong>de</strong>n wolle. Erst als die Theologen dies bejahten, nahm er die Wahl an und nannte<br />
sich Clemens XI.
50<br />
on und <strong>de</strong>r erpresserischen Soldaten ausreichte. Schließlich leisteten sie am II .März <strong>de</strong>m<br />
Herrn Freiherrn Ferdin3nd Kar! v. Bi ss ingen gezwungen <strong>de</strong>n Lehenseid, und so wur<strong>de</strong>n<br />
die Soldaten abgezogen. Dass ein so großer Scha<strong>de</strong>n durch diese Exekution diesem Terri <br />
torium zugefügt wor<strong>de</strong>n ist. wer<strong>de</strong>n auch die achkommen verspüren; <strong>de</strong>nn die gesamte<br />
Summe. für Kommi ssion. Exekution und für die von <strong>de</strong>r Regierung in Inn bruck wegen<br />
<strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspenstigkeit verhängte Strafe von I 000 Goldgul<strong>de</strong>n. ist auf über II 000 Gul<strong>de</strong>n<br />
gesc h ~i t z t , wobei an<strong>de</strong>re Ausgaben in fo lge <strong>de</strong>r bereits seit 9 Jahren andauern<strong>de</strong>n Aktion<br />
und we iterer sehr großer Aufwand nicht eingerechnet sind. M ögen die achkommenihre<br />
Lehre daraus ziehen.<br />
Obwohl diese Aktion ei nen solch unglücklichen A usgang hatte. geben die Untergebenen<br />
auch jetzt noch nicht klein bei: und was die Männer bi sher nicht haben herausholen können,<br />
hoffen sie durch ihre Weiber zu erreichen. Deswegen haben sie sieben schwangere<br />
ausge lesene Frauen zur Verringerung <strong>de</strong>r verhüngten Strafe und um an<strong>de</strong>res. ich weiß nicht<br />
was . in Bewegung zu bringen, nach Wien geschickt. GOIl möge ihre Wünsche unterstütze<br />
n' Von <strong>de</strong>r Revision bzw. <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>s ursprünglichen Zustands, wie sie<br />
hoffen. versprechen sich die Untertanen viel. aber meiner Ansicht nach ist dies eine leere<br />
Hoffnung.<br />
In diesem Jahr ist ein neues Grab <strong>de</strong>s Herrn ausgeschmückt wor<strong>de</strong>n. und zum erstenmal (es<br />
wur<strong>de</strong> vorher noch nie beobachtet) wur<strong>de</strong> das Ehrwürdige Sakrament in ihm aufgestellt<br />
und um Mitternacht <strong>de</strong>s Osterfestes wur<strong>de</strong> die Auferstehung <strong>de</strong>s Herrn mit einer Prozession<br />
und Frühmessen gefeiert unter großem Zulauf und Verehru ng <strong>de</strong>s Volks. Dies geschah<br />
auf Befehl und mit <strong>de</strong>r Autorität <strong>de</strong>r Vorgesetzten.<br />
Am Tag vor <strong>de</strong>m Fest <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Täufers Johannes kamen die schwangeren Frauen<br />
(über sie oben) alle zwar gesund hier an, aber wie ich gesagt hatte. ist es geschehen: sie<br />
si nd mit Schimpf und Schan<strong>de</strong> und ohne j e<strong>de</strong> erlangte Gna<strong>de</strong> von Wien nach Hause gesc<br />
hick t wor<strong>de</strong>n. Bald nach ihrer Ankunrt sind die Untertanen vom Herrn Baron zur<br />
Rechenschaftsablegung angehalten wor<strong>de</strong>n über die Leistun gen. die während <strong>de</strong>r Akti on,<br />
wei l strittig. angewachsen waren; nach ihrer Festlegung so llte die Lösung auf <strong>de</strong>n ursprünglichen<br />
Z ustand möglichst bald erfolgen. Es würe nicht erstaunlich, wenn alle Sch ramberger<br />
zu Steincn verwa n<strong>de</strong>lt wür<strong>de</strong>n. we il eine so lch große Summe Gel<strong>de</strong>s wäh rend dieser Akti<br />
on inmitten <strong>de</strong>s Kriegs lärm s ausgegeben wor<strong>de</strong>n wa r. dass man sie kaum beschreiben<br />
kann .<br />
Neue Kriege kündigte <strong>de</strong>r Kaiser <strong>de</strong>m Franzosen an, <strong>de</strong>r die Nachfolge <strong>de</strong>r gesamten<br />
M onarchie in Spanien gegen j e les Recht für sich bzw. seinen effen, <strong>de</strong>n H erzog von<br />
A njou, beansprucht. und diese Kriege nahmen einen guten Anfang im Herzogtum Mailand<br />
unter <strong>de</strong>m Prinzen Eugen von Sa voyen.<br />
In diesem .J ahr ist <strong>de</strong>r Kurfürst von Bran<strong>de</strong>nburg als erster vom Kaiser zum König von<br />
Preussen erwählt und gekrönt wor<strong>de</strong>n, gegcn <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s Königs von Frankreich.<br />
Obwohl in diesem Jahr kei n Krieg im K aiserreich, auch nicht gegen die Franzosen. erklärt<br />
word en ist. geschehen doch große Vorbereitungen auf bei<strong>de</strong>n Seiten.<br />
Wir haben Reiter aus <strong>de</strong>m Regiment <strong>de</strong>s Kai serlichen Herrn im Winterqu Rrtier.<br />
1702<br />
Gegen <strong>de</strong>n Franzosen ist im Reich <strong>de</strong>r Krieg erklürt wor<strong>de</strong>n: und
5 1<br />
und Hollän<strong>de</strong>r usw. : sie nehmen sie nach langem Wi<strong>de</strong>rstand glücklich ein. A m Oberrhein<br />
beginlll <strong>de</strong>r Krieg mit <strong>de</strong>r Belagerung <strong>de</strong>r Festung Landau unter <strong>de</strong>m K ommando <strong>de</strong>s<br />
Durchluuchtigsten Prin zen Ludwig v. Ba<strong>de</strong>n. Erklärt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Krieg gegen die Franzo. en<br />
auch von <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>r Königin Anna von England, die nach <strong>de</strong>m Hinschei<strong>de</strong>n<br />
Wilhelms 111. von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn erwählt und gekrönt wor<strong>de</strong>n war. Diese i t die Tochter<br />
Jakobs, <strong>de</strong>s geflohenen Köni gs von England. <strong>de</strong>r in Pari s verstorben ist. Zum König von<br />
England erkHirte <strong>de</strong>r König von Frankreich <strong>de</strong>n Herzog von Wal es, <strong>de</strong>n vermeintlichen<br />
(wie die Protestanten sagen) Sohn <strong>de</strong>s vorerwähnten K öni gs Jakob.<br />
Der 12. Juli war für un er Schramberger Tal fast <strong>de</strong>r sc hreckliche letzte, da so dichte und<br />
herti ge Regengüsse unter schauerlichen Donnerschlägen nie<strong>de</strong>rfielen, so dass davon Überschwemmungen<br />
von allen Bergen und Tälern gleich wie die reißend ten Flüsse in unser<br />
Tal zu sammenflo ·en und es ganz mit Wassern anfüllten, dass man selbst zu Pferd nicht<br />
ohne offensichtliche Leben. gefahr von einem zu <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Haus gelangen konnte. Dieser<br />
übergewaltige Strom ri ss mit sich viele hun<strong>de</strong>rt Karren Holz, Dämme, die aus langen<br />
Süimmen errichtet waren. die allerstürk sten Brücken. die Quellen, das mei ste Heu von <strong>de</strong>n<br />
Wi esen. füllte die Wiesen mit Sand und ze rstörte die meisten von ihnen mit amt <strong>de</strong>n Wegen;<br />
die Scheune an <strong>de</strong>r Papi ermühle führte er mit sich fort, beschädigte einige Häu se r und<br />
hätle sie fast abgeri ssen. und wälzte aus <strong>de</strong>n größten Stämmen errichtete M auern am Fluss<br />
über <strong>de</strong>n Haufen. ohne eine Spur von ihnen zu hinterl assen. Beson<strong>de</strong>rs in Kirnbach verwüstete<br />
er die Grundstücke auf' übelste; mit einem Wort: unser gan zes Tal. wenn j e. dann<br />
beson<strong>de</strong>rs zu dieser Zeit ein Tal <strong>de</strong>r Tränen zu nennen. schwebte in höch ter Gefahr, unterzugehen.<br />
Es dauerte diese Überschwe mmung ununterbrochen vier Stun<strong>de</strong>n lang, bevor die Wasser<br />
fielen. Den Scha<strong>de</strong>n halte ich für un ve rgleichbar und nicht wie<strong>de</strong>rherzu stellen: allein die<br />
Witwe an <strong>de</strong>r Oberen Papiermühle rechnet mit einem Scha<strong>de</strong>n von über I 000 Gul<strong>de</strong>n,<br />
Derartige Überschwemmungen waren auch 1688 entstan<strong>de</strong>n, aber mit die ·er. die es seit<br />
M enschenge<strong>de</strong>nken noch nie gab, waren sie überhaupt nicht vergleichbar.<br />
Am sei ben Tag erlitten auch an<strong>de</strong>re T äler gleiche Über chwemmungen. beson<strong>de</strong>rs das<br />
KinzigtaL Oberndorf, Epfendorf usw.<br />
Der Seligsten Jungfrau M ari a. die wir in diesem Tal <strong>de</strong>r Tränen jammernd angerufen und<br />
eine feierliche Prozess ion nach Triberg gelobt haben. schreibe ich es zu . dass wir nicht<br />
untergegan gen sind.<br />
Nach einer Belagerung von über drei M onaten ist die wohl befesti gte Stadt Landau durch<br />
die Waffen <strong>de</strong>s K aisers erobert und am 9.September <strong>de</strong>m Durchlauchtigsten König <strong>de</strong>r<br />
Römer, Joseph. <strong>de</strong>m Antistrategen <strong>de</strong>s kaiserlichen Heeres, vom Herzog v. Melac übergeben<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Tags zuvor, das ist
52<br />
m Rhein gab es zwischen <strong>de</strong>n Unsrigen und <strong>de</strong>n Franzosen bei <strong>de</strong>r Stadt euburg ( eIchen<br />
Ort die Franzosen beselLl hielten) eine blutige Aktion; mit <strong>de</strong>m Sieg kann sich kein<br />
Teil brüsten: auf bei<strong>de</strong>n Seiten fielen gegen 9 000 Mann. Und beson<strong>de</strong>rs betrauern wir<br />
Karl Egon. <strong>de</strong>n Landgrafen von Fürstenberg. Messkirch. General-Feldzeugmeister, einen<br />
herzhaften Mann und treu zum Kai~er haltend. und <strong>de</strong>n General von Zollern.<br />
Der Breisgau wur<strong>de</strong> von neuem verwüstet.<br />
In unserem Herrschaftsgebiet hatten wir im Winterquartier für drei Monate zwei Kompanien<br />
Reiter <strong>de</strong>s Generals v. Causan unter <strong>de</strong>n Kapitünen Graf v. Dana und Baron v. Miglione.<br />
leichen fahl. frech und rUuberi~ch. Die Ausgaben rur sie in unserem Gebiet belaufen sich<br />
LUS
53<br />
Aber wie diese Bauernkriege glücklich wa ren, so unglücklich wa ren sie in Schwaben und<br />
am Rhein. Im September belagertcn die Franzosen Breisach unter <strong>de</strong>m Feldherrn v. Bourgogne<br />
und Catinat. wührend in <strong>de</strong>r Stadt die Generale v.Ases und Marsili die Kommandanten<br />
waren ; und, oh Schan<strong>de</strong>'. nach einer Belagerung von 14 Tagen übergaben sie <strong>de</strong>n Franzosen<br />
diese stärkste Festung gleichsam von ganz Europa.<br />
In dieser Zeit wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Erzherzog von Österreich Karl in Wien vom Kaiser zum König<br />
von Spanien und K önig <strong>de</strong>r Römer erklärt und als K arl 111. kurze Zeit darauf nach Portugal<br />
entsand t.<br />
Inzwischen wur<strong>de</strong> in Schwaben ein Teil <strong>de</strong>s kaiserlichen Heeres unter <strong>de</strong>m General v.Syrum<br />
von <strong>de</strong>n Franzosen und Bayern vernichtend geschlagen.<br />
Im Elsass belagern die Franzosen Landau: aber ein erhoffter Entsatz wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Franzosen<br />
vernich tet und so sah sich die Besatzung trotz ausgezeichneter Verteidigung gezwungen.<br />
sie zu übergeben. In Schwaben belagerten die Franzosen zusammen mit <strong>de</strong>n Bayern<br />
Augsburg und nahmen es nach 6 Tagen ein: dic Ein wohner brachten sie durch grau samste<br />
Aktionen in Liußerste Not. Schl ießlich eroberten dic Franzosen auch noch Kempten, und so<br />
ging dieses traurigste Jahr zu En<strong>de</strong>.<br />
I 704<br />
Wie das vergangene .Iahr für <strong>de</strong>n K aiser verhängn isvoll war. so setzt es auch <strong>de</strong>r Anfang<br />
dieses Jahres fort. Rebellionen in Ungarn. schon im vergangenen Jahr unter <strong>de</strong>r Führung<br />
<strong>de</strong>s Fürsten v. Rakoczy begonnen. wachsen von Tag zu Tag mehr an: sie bil<strong>de</strong>n große<br />
Heere. besetzen verschie<strong>de</strong>ne Städte. verwüsten die Regionen und drohen selbst <strong>de</strong>r Stadt<br />
Wien mit Belagerung. Die Franzoscn besetzen PassaLI.<br />
In unserem Gebiet haben wir im Winterquartier drei Kompanien unter <strong>de</strong>r Anführung <strong>de</strong>s<br />
Herzogs Fricdrich von Hessen, lutheranische Soldaten zu Fuß.<br />
Zu Anfang Mai schicken die Franzosen von neuem ein Nachschubheer von 10000 Soldaten<br />
nach Schwaben. die wcnigstens un s nicht berührten: einen großen Nachschub an Soldaten<br />
schickcn <strong>de</strong>n kaiserlichen Truppen die Englün<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Herzog<br />
v.Marlborough . Sie bil<strong>de</strong>ten ein großes Heer, griffen die Bayern bei Donauwörth an , und<br />
nach<strong>de</strong>m sie diese mit großen Verlusten bei besagtem Donauwörth in die Flucht geschlagen<br />
haben, beginnen sie, Bayern feindlich mit Schwert und Feuer zu verwüsten.<br />
Im Monat Juli schickt <strong>de</strong>r König von Frankreich von neuem ein Heer von 30000 Mann<br />
unter <strong>de</strong>m Marschall <strong>de</strong> Tallal'd <strong>de</strong>m Herzog von Bayern zu Hilfe nach Schwaben. Sie<br />
richteten nach Zerstörung <strong>de</strong>r Hornberger Linie ihr Lager auf <strong>de</strong>m Hart in unserem Gebiet<br />
ein. verwüsteten elend unsere Orte und die achbarschaft. in<strong>de</strong>m sie die Frucht abschnitten,<br />
das Vieh wegtricben. Häuser. Wäl<strong>de</strong>r und die abgelegensten Winkel plün<strong>de</strong>rten. an<br />
erschie<strong>de</strong>nen Orten. zumal in Mariazell. schwere Brän<strong>de</strong> legten; dort fielen außer <strong>de</strong>r<br />
Kirche. <strong>de</strong>r Zehnt- und Pfarrscheuer II Häuser und Scheunen <strong>de</strong>m Brand zum Opfer. Der<br />
ganze in diesem und <strong>de</strong>m vergangenen Jahr diesem Gebiet zugefügte Scha<strong>de</strong>n (außer <strong>de</strong>m.<br />
was Kirchen und PFarrhäusern geschah. die alle ausgeplün<strong>de</strong>rt, aller Heiligsten Geräte an<br />
Hei ligsten Gefäßen und geweihten Hostien gotteslästerlich beraubt waren) beläuft sich, in<br />
einer Summe zusammengezählt. auf 57435 Gul<strong>de</strong>n und47 Kreuzer.<br />
Inzwischen such ten eier mciste Teil <strong>de</strong>r Schramberger Ein wohner rür sich und ihr Vieh<br />
Sicherheit, in<strong>de</strong>m sie in Ri chtung Horb davontlohen: an<strong>de</strong>re. in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn hin und her<br />
irrend und sich versteckend, wur<strong>de</strong>n fast alle von <strong>de</strong>n umherstreifen<strong>de</strong>n Soldaten gefun-
5-J.<br />
<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>r beraubt und, um ihr verborgenes Gut preiszugeben, mit Drohungen und<br />
Schlägen bedrängt, wenn sie !lohen, wur<strong>de</strong>n sie mit Präh len bedroht und teils durchbohrt,<br />
tei ls verwun<strong>de</strong>t. die Mädchen wur<strong>de</strong>n vergewaltigt: mit einem Wort ; ein Elend herschte,<br />
das man überhaupt nicht beschreiben kann. und bei <strong>de</strong>m ieh teils Zusehauer war, teils die<br />
feindliche Grausamkeit mehr als genu g erfahren habe.<br />
Inzwischen belagern die Fein<strong>de</strong> ViII i ngen: die Be lagerung dauerte vom 16. -22. J ul i; aber<br />
<strong>de</strong>r Feind mu sste die hel<strong>de</strong>nhal'te Verteidigung <strong>de</strong>r Vi Ilinger un ter <strong>de</strong>m Anführer und Kommandanten<br />
Baron v. Wilsdorff erfahren. einem Mann, herzhal't und mutig und treu seinem<br />
Kai 'er und <strong>de</strong>m Vaterland ergeben: au ßer<strong>de</strong>m bedrohte ihn ein kaiserliches Heer unter<br />
Führung <strong>de</strong>s Prin zen Eugen, und so gab <strong>de</strong>r Feind am20. Juli die Belagerung auf. In dieser<br />
Zeit fi elen von <strong>de</strong>n Villingern vier Bürger. unter diesen auch mein geliebter Bru<strong>de</strong>r, Maler<br />
und Wirt zum Adler. dazu noch vier Soldaten und ein Mädchen: einige wur<strong>de</strong>n verwun<strong>de</strong>t.<br />
Von <strong>de</strong>n Fe in<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n ge töt et o<strong>de</strong>r verwun<strong>de</strong>t gegen I 500 gezählt. Diese glorreiche<br />
Verteidigung und <strong>de</strong>n hel<strong>de</strong>nhal'len Wi<strong>de</strong>rstand preist die ganze Welt.<br />
A ls die Belagerung aufgehoben wa r, beeilt sich <strong>de</strong>r Feind, <strong>de</strong>m Herzog von Bayern zu<br />
Hilfe zu kommen und richtet seinen Laufnach Schwaben. Ihn bedrohte von <strong>de</strong>r Flanke mit<br />
seinem kaiserlichen Heer <strong>de</strong>r Prinz Eugen. Bei Höchstädt ve reinigen sich die Franzosen<br />
mit <strong>de</strong>n Bayern: die Kaiserlichen aber und die verbün<strong>de</strong>ten Englän<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r vermel<strong>de</strong>ten<br />
ei nen gloriosen und fast unerhörten Sieg über die Franzosen und Bayern, wo am<br />
3. ugust die teils von <strong>de</strong>n Kaiserlichen unter Prinz Eugen, teils von <strong>de</strong>m Herzog v. Marlborough<br />
in Akti onen vom frühen M orgen bis zum Abend angegriffenen Fein<strong>de</strong> das Feld <strong>de</strong>n<br />
glorreichen Siegern überließen. Von <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n fi elen gegen 20 000 Mann, ge fan gen<br />
wur<strong>de</strong>n (ein Bei 'pi el ohne Beispiel) außer <strong>de</strong>m M al'. chall <strong>de</strong> Tallard und neun Generalen<br />
gegen 10000 Soldaten. ur unserer Seite fi elen gegen 8- bis 10000 Mann au .<br />
Es entkam <strong>de</strong>r Herzog von Bayern . <strong>de</strong>r sich mit se inem kkinen Heer zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />
gegen die Unsri gen außer Stan<strong>de</strong> sah. Er ließ die Städte Augsburg, M em mingen, Biberach.<br />
Kempten. Neuburg. Regensburg und ganz Bayern zurück und eilte in sc hneller Flucht durchs<br />
Kinzigtal nach Straßburg. wodurch zug leich dieses ganze KinzigtaL bi. her von <strong>de</strong>r französischen<br />
Soldateska unter <strong>de</strong>m Herzog <strong>de</strong> Villars besetzt. jetzt frei wur<strong>de</strong> und uns, die wir<br />
bisher hin und her irren mussten. ei ne bessere Hoffnung auf sichereres Verbleiben ve r<br />
sprac h. Inzwischen belagern die Unsri gen die Stadt Ulm und nehmen sie nach kurzem<br />
Wi<strong>de</strong>r"tand ein; ihr f olgten Straubing und PaSSall.<br />
1m Elsass wird unter <strong>de</strong>m Kommando <strong>de</strong>s Durchlauchtigsten K öni gs <strong>de</strong>r Römer. Joseph.<br />
die seh r starke FesllIng Landau belagert und nach drei M onaten beharrlichsten Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s<br />
<strong>de</strong>n Unsri gen übergeben. Dabei starb unter an<strong>de</strong>ren ausgezeichneten Soldaten und<br />
Bel'ehl shabern <strong>de</strong>r Landgraf <strong>de</strong>s Kinzigtales Pros per Stiebling usw.: um ihn trauern außer<br />
<strong>de</strong>m König <strong>de</strong>r Römer noch sehr viele an<strong>de</strong>re Personen.<br />
Ab ganL Schwaben und Bayern durch die beson<strong>de</strong>re göttliche Gna<strong>de</strong> und Güte sowohl<br />
\ on <strong>de</strong>n Franzosen als auch von <strong>de</strong>n Bayern in schimpllicher Flucht verlassen war und<br />
außer ei nigen stärker befesti gten Orten <strong>de</strong>n Siegern zufiel. da fl ehte die Herzogin von<br />
Bayern. die sich bisher mit ihren Kin<strong>de</strong>rn in München aufgehalten hatte und sich j etzt von<br />
allen Se iten verla ssen sah, schließlich die Mil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kai ser" an. <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r ihm angeborenen<br />
Güte sie in Gna<strong>de</strong>n aurnahm und mit ihr einen Pakt schloss, auf Grund <strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>r<br />
besagten Herzogin München und mgebung verblieb. <strong>de</strong>r Kaiser aber sich <strong>de</strong>s ganzen<br />
übrigen Bayerns versicherte.
55<br />
Schließlich wur<strong>de</strong> gegen En<strong>de</strong> ovember die stark gesicherte Festung Trm'bach nach fast<br />
zweimonatiger Belagerung von <strong>de</strong>n Franzosen <strong>de</strong>m Kaiser übergeben.<br />
So hat dieses Jahr mit glorreichen Si egen glücklich sein En<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n. Ich füge ihm für<br />
das fo lgen<strong>de</strong> Jahr diese Wünsche bei:<br />
L eopoLDo Magno gaLLos oppVgnante,<br />
CaroLo granDes et pLebeM sVperante<br />
baVaro M oDo taCto et fraCto<br />
DeVs Conferat paCeM<br />
Leopold <strong>de</strong>m Großen. <strong>de</strong>r gegen die Franzosen ankämpft.<br />
Kar! , <strong>de</strong>r alle Großen und das gemeine Volk überwin<strong>de</strong>t,<br />
<strong>de</strong>m K önig <strong>de</strong>r Römer, <strong>de</strong>r die Ungarischen Rebellen bezwingt<br />
und jüngst <strong>de</strong>n Bayern geschl agen und zerschmettert hat,<br />
möge Gott Frie<strong>de</strong>n bescheren. I<br />
]705<br />
Unter größter Trauer und Betrübnis <strong>de</strong>s ganzen Römi schen Reichs verschied au s diesem<br />
sterblichen Leben und irdischer Herrschaft in das unsterbliche (wie wir unzweifelhaft erhoffen)<br />
<strong>de</strong>r frommste K aiser <strong>de</strong>r Römer L eopold I. Mit seinem trauervollen Hinschei<strong>de</strong>n<br />
erfüllte sich die Vorhersage einiger frommer M enschen. die zuvor schon gesagt hatten,<br />
dass ihm die Zahl5 verhängnisvoll sein wer<strong>de</strong>; <strong>de</strong>nn in diesem Jahr 1705, im 5. Monat, das<br />
ist <strong>de</strong>r M ai, am 5.Tag <strong>de</strong>s Monats und im 65. Jahr seines Lebens schied er von <strong>de</strong>n L eben<strong>de</strong>n.<br />
Das Römi sche Rei ch regierte er zumeist unter nichts al Kriegen. sowohl mit Türken<br />
als Franzosen. durch 47 Jahre, in Ungarn 51 , in Böhmen durch 49 Jahre. Möge er in heiligstem<br />
Frie<strong>de</strong>n ruhen.<br />
Die Regierung <strong>de</strong>s Römisc hen Reiches, <strong>de</strong>r Prov inzen und <strong>de</strong>r erblichen K öni greiche übernahm<br />
<strong>de</strong>r schon vor J 5 Jahren zum König <strong>de</strong>r Römer gewählte und gekrönte Sohn Leopolds<br />
1., Joseph L. <strong>de</strong>m alle Städte <strong>de</strong>s Reichs als ihrem Kai ser <strong>de</strong>n Treueid leis teten. A lle<br />
rufen jubelnd: Es lebe Kaiser Joseph.'<br />
In Kriegs-Angelegenheiten tat sich in diesem Jahr gegen aller Erwartung nichts Beson<strong>de</strong>res<br />
in unseren Reichen, es sei <strong>de</strong>nn, dass die Hol län<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Herzog von<br />
Marlborough die Linie von Brabant. und die Kaiserlichen unter <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>s Prinzen<br />
Ludwig von Ba<strong>de</strong>n die Linie im Elsass und Hagenau einnahmen.<br />
Im Katalan ischen Reich aber macht <strong>de</strong>r K önig von Spanien, Kar! 111. gute Fortschritte,<br />
in<strong>de</strong>m er sich die Haupt. tadt Barcelona und dieses ganze Königreich außer <strong>de</strong>r Stadt Ro sas<br />
unterwarf. GOlt möge diesen ruhmvollen König stärken I<br />
I )<br />
Das Ch ronogramm Iüsst sich auf Deutsch nicht wie<strong>de</strong>rgeben. Es beruht auf <strong>de</strong>r Verwendung<br />
römischer Zahl zeichen im Text (M= I 000. D = 500. C = 100. L = 50. V = 5) :<br />
In <strong>de</strong>m obigcn Wunschgebet fin<strong>de</strong>n sich<br />
5 M 5 x I 000 5 000<br />
5 D 5 x 500 2 500<br />
6C 6x l 00 600<br />
8L 8 x 50 ·wo<br />
5 V 5 x 5 25<br />
Dies ergibt. auf 5 Zei len vertei lt 8525 also durchschnittlich für je<strong>de</strong> Zeile 1705.<br />
Der Verfasser weist mit se incm Frie<strong>de</strong>nswunsch also 5 mal auf da. Jahr 1705 hin.
56<br />
Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres erregen die bayeri schen Bauern neuen A ufruhr, in<strong>de</strong>m gegen<br />
20000 Verschworene und Versammelte. nach Besetzung <strong>de</strong>r Städte Burghausen, Braunau.<br />
Schärding. Vi lshofen und Kehlheim. auch München zu erobern versuchen. aber sie wur<strong>de</strong>n<br />
von <strong>de</strong>n K aiserlichen geschlagen und gegen -I- 000 Bauern getötet. Dennoch geben sie<br />
nach dieser Nie<strong>de</strong>rlage keine Ruhe; von <strong>de</strong>n Unsri gen sind die Städte Burghau sen, Kehlheim<br />
und Vilshofen wie<strong>de</strong>r erobert wor<strong>de</strong> n.<br />
Die Rcbellionen in Ungarn dauern bi s jetzt an: vergebens wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n En glän<strong>de</strong>rn und<br />
Hollän<strong>de</strong>rn eine Beilegun g <strong>de</strong>s Streits angestrebt. Schließlich mussten die Ungarn am 10.<br />
November in Siebenbürgen ei ne große ie<strong>de</strong>rlage von <strong>de</strong>n Kaiserlichen hinnehmen: gegen<br />
7 000 starben. 160 Geschütze und un versehrte Lager fielen <strong>de</strong>n Siegern zur Beute.<br />
Aber sie lassen sich dadurch ni cht entillutigen und unternehmen in Oberungarn und Nie<strong>de</strong>rösterreieh<br />
ve r:chie<strong>de</strong>ne kecke Vorstösse.<br />
1706<br />
Die Rebellion in Bayern hat sich endlich beruhigt. Die von <strong>de</strong>n Bauern bi sher bese tzten<br />
Orte sind <strong>de</strong>m Kaiser wie<strong>de</strong>r unterstellt. Von <strong>de</strong>n Bauern sind in <strong>de</strong>r gan zen Zeit <strong>de</strong>r Rebellion<br />
gegen 10000 getötet wor<strong>de</strong>n. "Besser lI'äre es gell 'esel), Clieciliwl/ls, du Il'iiresl ;.uhC/lIse<br />
gehlieheIl. "<br />
Inzwischen entstehen in un. erem Gebi et neue Konnikte. we il di e Untertanen die Wie<strong>de</strong>raufnahme<br />
<strong>de</strong>s Verfahrens beim Reg iment in I nnsbruck hartnäcki g betreiben. Einer meiner<br />
Pfarrangehöri gen. Sylvester Lin<strong>de</strong>nmüllcl'. hat <strong>de</strong>n Herrn Baron v. Bissigen mit seiner ganzen<br />
Familie und mehreren an<strong>de</strong>ren vor das göttliche Geri cht ge for<strong>de</strong>rt . Da er sich <strong>de</strong>swcgen<br />
we<strong>de</strong>r von mir noch vom Herrn Dekan und selbst vom Ehrwürdigen Herrn K onstan zer<br />
Generalvikar zur Vernunft und zum Wi<strong>de</strong>rruf seiner Provokation bewegen ließ und die<br />
ös terliche Beichte und Kommunion hartnäcki g verweigerte, wur<strong>de</strong> , chließlich <strong>de</strong>r Ausschl<br />
w .. s vom Offizium ausgesprochen, vom Herrn Dekan verölTentlicht und an <strong>de</strong>n Türen<br />
<strong>de</strong>r hi esigen Kirche angeschlagen. Dennoch wur<strong>de</strong> er dadurch nicht besser gemacht. son<strong>de</strong><br />
rn verbl ei bl unbewegt in seiner Wi<strong>de</strong>rspensti gkeit und wird von mehreren se iner Anhänger<br />
gestützt und bestärkt gegen das Verbot <strong>de</strong>r Kirche: das C[uültmich nicht wenig und ich<br />
fürchte größere Übel.<br />
Ein junger M ann au s meiner Pfarrgemein<strong>de</strong> Sulgen namens Christi an Hörmann . 19 Jahre<br />
alt. wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Vergehen <strong>de</strong>r Grausamke it an zwei Ziegenböc ken öfters vermutet und<br />
schließlich ert appt. M an verurteilte ihn zum Köpfen und Verbrennen; ich habe ihn gestern.<br />
am 15. J uni zum Ri chtplatz zusammen mit <strong>de</strong>m Ehrwürdigen Herrn Kapu ziner Ferd inand<br />
begleitet. Der Verurteilte unterzog sich <strong>de</strong>r Strafe mit erstaunlicher Gefasstheit.<br />
Der vo rhin genannte Lin<strong>de</strong>nmüller erlangte zu österlicher Zeit A bso lution von <strong>de</strong>r Exkommunikation<br />
wegen seiner öft eren Wi<strong>de</strong>rspensti gkeit, wur<strong>de</strong> aber von <strong>de</strong>r Innsbrucker<br />
Regierung wegen <strong>de</strong>r hüuri gen Hanniicki gkeitund wegen <strong>de</strong>s Ungehorsams gegen sie aus<br />
<strong>de</strong>m Gebiet verwiesen.<br />
Was <strong>de</strong>n Krieg betrifft. so war <strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>r Kampagne am Rhein für die Franzosen<br />
gün stig. in<strong>de</strong>m sie die U nsrigen über <strong>de</strong>n Rhein zurücktrieben und die Stadt Hagenau besetzten<br />
und in Italien über einige kai serlichen Truppen triumphienen. Aber dank göttlicher<br />
Hilfe wandte si ch darauf das Kriegsg lUck. in<strong>de</strong>m
S7<br />
bei vollen Kräften größtenteils gesch lagen, gefangen und in die Flucht getrieben: ihre Lager<br />
überließen sie <strong>de</strong>n Siegern zur Beute. Die Franzosen zerstreuten sich; von <strong>de</strong>n ver 'ammelten<br />
60 000 Mann wur<strong>de</strong>n 20 000 als Restbestand geztihlt. ach diesem glorreichen<br />
Si eg ergaben sich die Städte Loeve n. Brüsse l, M echelen, Aalst, Gent, Antwerpen usw. und<br />
das ganze Brabant. Ihnen fo lgten nach einigen Tagen Belagerung die sehr starken Festungen<br />
Osten<strong>de</strong>. M enen. Den<strong>de</strong>rmon<strong>de</strong> und Ath.<br />
[m Katalonisc hen K önigreich belagerten die Franzosen und Spanier die Hauptstadt Barcelona<br />
zu Wasser und zu Land unter <strong>de</strong>n Anführern v. Anjou und Tesse; doch wur<strong>de</strong>n sie<br />
gezwungen, diese durch etwa zwei M onate dauern<strong>de</strong> Be[ agerung (während <strong>de</strong>r K önig Karl<br />
in <strong>de</strong>r Stadt selbst anwesend unter großer Gefahr für sich se lbst die Seinigen zu tapferem<br />
Wi<strong>de</strong>rstand aufrief) endlich in größter Verwirrung aufzugeben infolge <strong>de</strong>r Ankunft einer<br />
englischen Flotte unter <strong>de</strong>m Admiral v. Lack: sie ließen ihr Lager un verseh rt zur Beute.<br />
Dies geschah am 13. Mai, als eine 'chreckliche Sonnenfinsternis eintrat. in<strong>de</strong>m sich die<br />
Sonne durch <strong>de</strong>n dazwischen geschobenen Mond am Mittag ganz un vermutet so sehr verdunkelte,<br />
dass es bei sonst klarem Himmel finstere acht zu sein schien und die leuchten<strong>de</strong>n<br />
Sterne am Firnlament klar gesehen wur<strong>de</strong>n. Diese SonnenfinsteLlli s jagte <strong>de</strong>n Leuten<br />
gewaltigen Schrecken ein.<br />
Inzwischen machte in Spanien König K arl gute Fortschritte. Zu<strong>de</strong>m erlitten die Franzosen<br />
eine erneute große Nie<strong>de</strong>rlage am 7. September bei <strong>de</strong>r Belagerung <strong>de</strong>r lombardischen<br />
Hauptstadt Turin. die drei M onate hindurch streng andauerte und durch die diese berühmte<br />
Stadt und ganz Savoyen und L ombar<strong>de</strong>i schon <strong>de</strong>r Aufgabe nahe war. Aber sie wur<strong>de</strong> von<br />
<strong>de</strong>n kai se rl ichen Truppen unter <strong>de</strong>m Hoched len Antistrategen Prinz Eugen aus <strong>de</strong>m Rachen<br />
<strong>de</strong>r Franzosen gerissen, die Franzosen wur<strong>de</strong>n überwältigt, besiegt und in die Flucht<br />
geschlagen; <strong>de</strong>n Siegelll fielen kostbare L ager und 80 Geschütze zur Beute. Von <strong>de</strong>n Franzosen<br />
gingen die meisten zugrun<strong>de</strong>, gefangen wur<strong>de</strong>n gegen S 000 M ann und 10 Genera le<br />
und mehrere an<strong>de</strong>re Offiziere. Nach die 'em glorreichen Si eg ergaben sich nach kurzem<br />
Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>m savoy ischen Feldherrn die FeslUngen Verona. Vercel lae und an<strong>de</strong>re von<br />
<strong>de</strong>n Franzosen in <strong>de</strong>n vorhergehen<strong>de</strong>n Jahren besetzte Orte. Dem Heerführer Eugen unterwarf<br />
sich die von <strong>de</strong>n Franzosen im Stich gelasse ne Hauptstadt M ai land. Pavia, Alessandria.<br />
Brizzingtone (?) und alle übri gen Festungen und Orte unter <strong>de</strong>r Herrschaft M ailands<br />
ausser Cremona. Schließlich ergab sich auch diese und das Herzogtum M antua <strong>de</strong>m Kai se r.<br />
[m polnischen K önigreich hat <strong>de</strong>m K öni g August das widrige Schicksal bi s jetzt nicht<br />
wen ig mitgespiel t, weil <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n die P~1I1ei <strong>de</strong>s neugewählten Königs Stanislaus.<br />
nach<strong>de</strong>m er mehrere Große <strong>de</strong>s Reichs auf sei ne Seite gebrach t hatte, zäh vorantrieb,<br />
ja soga r in Sachsen se lbst mit einem großen Heer feindlich ein fiel. obwohl die Englän<strong>de</strong>r,<br />
Hollän<strong>de</strong>r und übrige Glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Reiches diese Invas ion missbilligten. Inzwisc hen<br />
j edoch war auch <strong>de</strong>m König August das Schicksal günstiger gesinnt. in<strong>de</strong>m er mit seinem<br />
aus Sachsen. Polen und M oskowitern gem ischten Heer das in Großpolen zurückgebliebene<br />
schwed isch-polnische Heer von 20000 Mann angri ff. besiegte und in die Flucht j agte.<br />
Bei dieser Aktion wur<strong>de</strong>n gegen 10000 getötet, die übrigen fas t alle ge fan gengenommen;<br />
nur wenige konnten sich durch die Flucht retten.<br />
Auf Grund dieses Sieges soll unvermutet zwischen besagten K önigen Polens und Schwe<strong>de</strong>ns<br />
ein Frie<strong>de</strong>n zustan<strong>de</strong> gekommen se in .<br />
Wun<strong>de</strong>r ergaben sich in diesem Jahr: I) Während im ganzen Sommer eine so lche Dürre im<br />
Bo<strong>de</strong>n herrschte, wei l durch fast drei Monate hindurch kein Regen kam, fiel doch die<br />
Frucht- und Weinernte so reichlich aus. dass das Modium Korn für 24 Kreuzer. das Ohm
S8<br />
Wein für 2 Gul<strong>de</strong>n S Kreuzer hier in Schramberg gekauft wer<strong>de</strong>n konnte. 2). Weil das<br />
Rosengu t eines würllembergischen Bauern "Zum Gast" in diesem Jahr drei M al blühte:<br />
einmal zur üblichen Zeit. das zwei te M al im August und schließlich im Oktober, zu weicher<br />
letzten Zeit ich eine mir von dort übersandte weiße Rose mit Erstaunen erblickt habe.<br />
3) Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrs war e~ so wa rm. dass an manchen Orten im Dezember die Bäume<br />
wie im Frühling blühten.<br />
1707<br />
Der Krieg halle in diesem Jahr für unsere Seite abso lut keinen so glücklichen und glorreichen<br />
Verlauf wie in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren. Im AlTagonischen Reich wur<strong>de</strong> das Heer<br />
K arls 111. unter <strong>de</strong>m Herzog von Gallaway on Spaniern und Franzo:en geschlagen. gegen<br />
7000 gctötct und gefangen. Am Rhein kommandierte nach <strong>de</strong>m Todc <strong>de</strong>s Obersten Befchl s<br />
habers Ludwig v. Ba<strong>de</strong>n dcr Prinz von Bayreuth. aber mit unglück lichem Ausgang; <strong>de</strong>nn<br />
kaum halle Mr. <strong>de</strong> Villars seine Truppen über <strong>de</strong>n Rhein herübergebracht. ließ <strong>de</strong>r Prinz<br />
die Bühlcrhöhe. die man bisher für nicht zu erobern angesehen halle, in schmählicher Flucht<br />
im Sti ch. die Franzosen drangen ungchin<strong>de</strong>rt ein und zerstörten sie völlig. ach diesem<br />
unglücklichen A usgang erpressten die Franzo. en aus <strong>de</strong>m Herzogtum Ba<strong>de</strong>n, Würllemberg.<br />
<strong>de</strong>r Pfalz. einem Teil von Franken und Schwaben große und reichliche Kontributionen.<br />
Danach fielen sie auch ins Kinzigtalmit 3000 Reitern unter <strong>de</strong>m Mr. <strong>de</strong> Vi vans ein, besetzen<br />
das von <strong>de</strong>n Unsri gen verl a!',sene Hornberg. von wo die Reitertruppe durch das ganze<br />
übrige Sein aben bis K onstanz und Im ei lig vordrang. um Kontributionen herauszupressen.<br />
Den illingern. die bei <strong>de</strong>r Bezahlung <strong>de</strong>r Kon tribution zu langsam waren . brannten<br />
sie die so genannte untere Mühle ab. in Klengen zün<strong>de</strong>ten sie ein Haus an und <strong>de</strong>m Abt von<br />
St.Georgen zwei Höfe in Kirchhofeni. <strong>de</strong>n Rott we ilern zwei Häuser in Zimmern. Da wir<br />
Schramberger in<strong>de</strong>ssen schon vorher ei ne Kontribution in Höhe von I 000 Gul<strong>de</strong>n nach<br />
Straßburg entrichtet hallen. konnten wir un s unter einem Schutzbrief sicher fühlen.<br />
Der König von Schwe<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r einen Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Kön ig August von Polen und Herzog<br />
von Sachsen geschlossen halte. eincn Fri e<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r August vom I olni sc hen Königreich, das<br />
ganz dcm Stani slaus überlasscn wurdc. nichts als <strong>de</strong>n Titel " König" beließ, blieb das<br />
ganzc Jahr mit seinem gesamten Hecr in Sachscn. Als cs ganz erschöpft und völlig ausgesogcn<br />
war. zog er von dort ei I igst nach Polcn gegen die M oskowi tel'. nach<strong>de</strong>m er zu vor seine<br />
Strei ti gkeiten mit <strong>de</strong>m Kaiser beigelegt hatte.<br />
Prinz Eugcn schickte aus hai ien I S 000 Mann unter <strong>de</strong>m General Graf Daun gegen das<br />
Königreich eape l, mit so glück lichem Erfolg, dass sich das ganze Reich so fort Karl un <br />
terwarf mit Ausnahme <strong>de</strong>r stark bcfcstigten Stadt Gaeta. die jedoch kurz darauf vom kaiserlichen<br />
Heer mit Waffengewalt in glück lichem Anlauferobert wu rd e; dort wur<strong>de</strong>n mehrere<br />
neapolitanische Magnaten. die <strong>de</strong> m Gegenkönig Philipp treu ergeben waren. zu sammen<br />
mit <strong>de</strong>m M i1iWr ge f"angen genommen. So dient jetzt dieses ganze Reich seinem legitimen<br />
Herrn und König K ar!.<br />
In <strong>de</strong>r Provinz war das Glück <strong>de</strong>m Prinzen ugen und <strong>de</strong>m Herzog von Savoyen nicht so<br />
günst ig: <strong>de</strong>nn in vergeblichem Versuch belagerten sie die stark bef"estigte am M eer gelegene<br />
Slad t Toulon und so zogen sie sich un vcrrichteter Sache nach Italien zurück. Für das<br />
ka iserl iche Heer wur<strong>de</strong> als Oberbefehlshaber <strong>de</strong>r Kurfürst und Herzog von Hanno er bestimmt.<br />
I) woh l K irchdorf bei Villingcn
59<br />
Der General <strong>de</strong> M ercy fiel <strong>de</strong>n Herzog <strong>de</strong> Vi vans durch einen glücklichen A ngri ff mit<br />
seinen Truppen un vermutet an und vernichtete sein Heer.<br />
1708<br />
In diesem Jahr hatten wir in un se rem Gebi et im Winterquartier Hu sa ren ... 1 5 Kapitäne, die<br />
nach ihrer Weise sich ausgezeichnet <strong>de</strong>r Bauern bedienten. Vor <strong>de</strong>n Franzosen freilich<br />
waren wir se lbst, durch die Uno ri gen geschützt, sicher, nicht aber un ser Hab und Gut, da<br />
vom K aiserlichen Heer, das auf <strong>de</strong>r Ben z-Ebene lagerte, alles Gras unserer Wiesen abgemäht<br />
und weggeschleppt wur<strong>de</strong>.<br />
Übersc hwe mmungen mus ·ten die Göttelbacher heute. am 10.Juni, wie im vori gen Jahr<br />
am 11 . Juni , erlei<strong>de</strong>n, und zwar gan z ver<strong>de</strong>rbliche. durch die die Wiesen elend und irreparabel<br />
verwüstet und vernichtet wor len sind: wie auch die Wiese un seres Gnädigen Herlll,<br />
we lche <strong>de</strong>n B auern j e<strong>de</strong>s Jahr viel Schweiß kostet.<br />
In Sachen <strong>de</strong>s Kriegs am Rhein wur<strong>de</strong> von keiner Partei etwas unternommen, so n<strong>de</strong>rn<br />
bei<strong>de</strong> verteidigten ihre Linien. In Italien brachte <strong>de</strong>r Savoyische Feldherr mit <strong>de</strong>r Eroberun<br />
g dreier Festungen <strong>de</strong>n Krieg zu En<strong>de</strong>. In Flan<strong>de</strong>rn sind sch werere und glücklichere<br />
Kriege geführt wor<strong>de</strong>n. Im M ärz rüsteten die Franzosen eine Flotte aus, mit <strong>de</strong>ren Hilfe ie<br />
<strong>de</strong>n Herzog V. Galles, <strong>de</strong>n angeblichen Sohn <strong>de</strong> verstorbenen nüchtigen Königs Jakob<br />
von England nach Schottland zu bringen und dort als K öni g einzusetzen versuchten: ohne<br />
Erfolg, <strong>de</strong>nn diese ganze Flotte wur<strong>de</strong> von einer englisch-holländischen unter <strong>de</strong>m Vize<br />
Admiral V. Bings unter Verlust eines einzigen Schi ffes. "von Salisbury" genannt, hier und<br />
dorthin zerstreut. in die Flucht geschl agen und musste unverrichteter Dinge nach Dünkirchen<br />
zurückkehren. So zerfloss in <strong>de</strong>n Wellen dieser ganze Plan <strong>de</strong>r Franzosen, <strong>de</strong>n sie bereits<br />
viel gerühmt hatten. und dieser "kimmerische König" kehrte, zum Spott gewor<strong>de</strong>n, nach<br />
Frankreich zurück vo ll Jammer über sein klügliches Schicksa l.<br />
W ährend für die Franzosen diese Aktion unglücklich verlief. bauen sie in Fl an<strong>de</strong>rn ein<br />
großes Heer auf unter <strong>de</strong>n Generalen Burgund. Be .. . 1 und Vendome, von <strong>de</strong>m 'ie sich<br />
gün sti gere Ergebni sse versprachen: und zun äch t begün sti gte si e das Glück irgend wie,<br />
weil , ie Gent und Brügge, große Städte Flan<strong>de</strong>rn s. durch ihre Taktik einnahmen. A ber bald<br />
we n<strong>de</strong>te das Glück seinen Würfel. al s die Franzosen am 12. Juli eine große ie<strong>de</strong>rl age<br />
erlitten bei Ou<strong>de</strong>naar<strong>de</strong>. und die Englän<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>r ruhmvollsten Führung<br />
von Prinz Eugen und M arlborough einen grandiosen Si eg vermel<strong>de</strong>n konnten. Bei dieser<br />
A ktion starben von <strong>de</strong>n Franzosen 3 370, 2 000 wur<strong>de</strong>n verwun<strong>de</strong>t. 9 070 ge fangen genommen,<br />
nebst 13 Generalen und 723 an<strong>de</strong>ren Kriegs- Bevollmächtigten. Auf unserer Seite<br />
wur<strong>de</strong>n 9 19 getötet, 2224 verwun<strong>de</strong>t. Naeh<strong>de</strong>m dieser Si eg errun gen war und ein<br />
Z usammenschluss <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r M osel herbeigeführten kai serlichen Heers mit <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn<br />
und Homin<strong>de</strong>rn erfolgt war, belagert Prinz Eugen die äußerst stark befesti gte Stadt<br />
Reuse l: diesen Schlüssel zu ver~c hi e<strong>de</strong> n e n Provinzen Frankreichs übergab nach fast drei<br />
Illonati ger Belagerung Mr. <strong>de</strong> Bourllers an Pri nz Eugen.<br />
Der Herzog von Bayern belagert inzwischen BrüsseL aber vergeblich. da er, durch das<br />
Herannahen <strong>de</strong>s Herzogs M arlborough erschreck t. die Belagerun g in schneller Flucht aufhebt<br />
unter Z urücklassun g von I 800 Toten. mehreren Verwun<strong>de</strong>ten. 12 Geschützen, Wagen<br />
un d <strong>de</strong>rgleichen.<br />
I )<br />
Hier ist die Seite beschiidigt
60<br />
Mit ihren Siegen geben sich die glorreichcn Hel<strong>de</strong>n nicht zufrie<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn belagern im<br />
bereits eintreten<strong>de</strong>n frosti gen Winterwetter. d.h. gegen End e dieses Jahres. die Stadt Gent.<br />
Gott möge ihre Absicht unterstützen und mit <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n neuen Jahr <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n geben.<br />
<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Wun sc h aller schon lange ersehnt wird.<br />
Schwere Zerwürfnisse sind zwischen Papst und Kai se r entstan<strong>de</strong>n. von ihnen hat j ener die<br />
Partei dcs K önigs von Frankreich nachhaltig unterstüt zt. So marsc hierten die kai serlichen<br />
Truppen in <strong>de</strong>n Kirchenstaat ein, mehrere Dörfer wur<strong>de</strong>n geplün<strong>de</strong>rt , angezün<strong>de</strong>t die Wi<strong>de</strong>rstand<br />
leisten<strong>de</strong>n Bauern getötet und ge fan gen usw. Der überwi Illern<strong>de</strong> Soldat genießt<br />
erfreut diese üppige Gegend. Die beste Hoffnung auf Beilegung dieses Zerwürfnisses leuchtet<br />
aur.<br />
In diesem Jahr verdarben ve rnichten<strong>de</strong> Fröste im Frühjahr und Dauerregen im Sommer die<br />
Früchte <strong>de</strong>r Bäume und <strong>de</strong>n Wein: hier w u c h ~ <strong>de</strong>r Preis für ein Ohm Wein auf 5 - 6 Gul<strong>de</strong>n<br />
an: auch da~ Getrei<strong>de</strong> erzielte einen höheren Preis, d.h. das M odium kostet I Gul<strong>de</strong>n 4<br />
Kreuze r.<br />
Gent und Brügge sind ohne großen Wi<strong>de</strong>rstand von <strong>de</strong>n Unsrigen wie<strong>de</strong>r erobert wor<strong>de</strong>n.<br />
1709<br />
E:-. herrschte ein sehr strenger Winter und eine äußerst frostige Witterun g. und es war so<br />
ka lt. w ie es seit M ensc henge<strong>de</strong>nke n ni cht war. und die bi ssige Külte dauerte im Januar<br />
volle drei Wochen und auch im Februar fas t <strong>de</strong>n ganze n M onat : in dieser Zeit ind hier und<br />
don mehrere M enschen durch die Kälte erfroren. Tiere in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn , Vieh in <strong>de</strong>n Stä l<br />
len und Vögel in <strong>de</strong>r Luft sind veren<strong>de</strong>t. Es ve rbreitete sich die Kälte auch in wärmeren<br />
Gegen<strong>de</strong>n: an so lchen Orten raffte die K älte wegen <strong>de</strong>s M angels an Holz und Bäumen<br />
mehrere M enschen dahin. A lle Gegen<strong>de</strong>n von ganz Europa vermerkten (nach <strong>de</strong>n Zeitungen)<br />
schwcrste Schä<strong>de</strong>n durch diesen Winter. beson<strong>de</strong>rs an Weinreben, Bäumen und Feldfrüchten.<br />
berschwemmungen etwa um Mittern acht zwisc hen <strong>de</strong>m 20. und 2 1. Juni waren auch in<br />
die. em Jahr wie in <strong>de</strong>n früheren sehr ver<strong>de</strong>rbl ich rur die Wiesen am Göttelbach. die zu vo r<br />
ei nigermaßen repa riert wor<strong>de</strong>n warel1. jetzt abcr wie<strong>de</strong>r elendigl ich verwüstet wur<strong>de</strong>n. Si e<br />
scha<strong>de</strong>ten aber auch <strong>de</strong>nen bei <strong>de</strong>r oberen Papiermühle und <strong>de</strong>nen am Kirnbach.<br />
Über die Erzielung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong> in di esem Jahr viel verhan<strong>de</strong>l t. aber ohne Erfolg.<br />
Bei <strong>de</strong>n Vorverhandlungen ve rl angten die Verbün<strong>de</strong>ten nümlich vom König von Frankreich<br />
die Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>r ge :-.amt en spanischen M onarchie und das Elsass samt beigefügten<br />
an<strong>de</strong>ren Bedingungen. Der Köni g jedoch wies dies alles al s mit seiner Ehre unvereinbar<br />
ab und wählte lieber <strong>de</strong>n Krieg al s einen so lchen Fri e<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r seinem Ansehen<br />
gänzlich un w ürdig war. So strömten die Englün<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter ihren glorreichen<br />
Führern Prinz Eugcn und Marlhorough wie<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Waffen und belagerten in Flan<strong>de</strong>rn<br />
di e Bischofsstaclt Ouclenaar<strong>de</strong>. die sie nach zweimonati gem Wi<strong>de</strong>rstand eroberten. Darauf<br />
gri ffen sie <strong>de</strong>n Feind an, <strong>de</strong>r sich trelTli ch ve rsc hanzt hatte und erbittert unter <strong>de</strong>m Herzog<br />
<strong>de</strong> Villars kämpfte: sie schlugen ihn glori os. abcr unter großem Blutverlust auch auf un scrcr<br />
Sci tc. ach<strong>de</strong>m dies glücklich vollbrac ht war. be lage rten und crobcrtcn sie die Stadt<br />
M ons in dcr Grafschaft Henncga u.<br />
A m Rhein w ur<strong>de</strong> nicht so glücklich gekiimpft: dort unterlag <strong>de</strong>r General M ercy mit einer<br />
A bteilung auf <strong>de</strong>r andcren Rhcin seite dcn Fran zosen unter Z uriicklassung vieler Toten,<br />
Ge fangcncn und einer Schi ff~ brü c k e.<br />
Auch die Stadt Dornick in Flan<strong>de</strong>rn nahmen dic Unsri gen cin .
6 1<br />
Die Schwe<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n M oskowitern in diesem Jahr vernichtend geschlagen, und<br />
dcr König von Schwe<strong>de</strong>n wusste nicht. wo er Zuflucht nehmen sollte außer bei <strong>de</strong>r Türkei.<br />
wo er in <strong>de</strong>r Stadt Sen<strong>de</strong>r im Ex il sein Lcben fri stet.<br />
In diesem Jahr kostete <strong>de</strong>r Scster Kernen I Gul<strong>de</strong>n 20 Kreuzer. mal mehr. mal weniger.<br />
Und da <strong>de</strong>r strenge Winter alle Reben überall völlig vernichtet halle, gab es fast gar keinen<br />
Wein . Hier kletterte <strong>de</strong>r Preis für ein Ohm Wein auf 6 - 7 Gul<strong>de</strong>n. Elen<strong>de</strong>r Hunger quLilte in<br />
diesem Jahr viele Regionen. beson<strong>de</strong>rs Frankreich.<br />
Die Pest wütete in Polen auf die übelste Weise.<br />
] 710<br />
W ährend mit diesem Jahr die ver<strong>de</strong>rbliche anstecken<strong>de</strong> Seuche Finnland. Polen und Ungarn<br />
usw. hefti g bedrückte und auch in <strong>de</strong>n angrenzen<strong>de</strong>n Gegen<strong>de</strong>n bel <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Arten sich ausbreiteten, geschahen bei un s zur Abwendung dieses Übels <strong>de</strong>r Pestilenz<br />
von uns verschie<strong>de</strong>ne Werke <strong>de</strong>r Buße. <strong>de</strong>r Beichte. <strong>de</strong>s Fastens und <strong>de</strong>r Bußtage. die von<br />
un seren Vorgesetzten angeordnet wur<strong>de</strong>n. unter großer Andacht <strong>de</strong>s Volkes; durch diese<br />
Vcranstaltungen wur<strong>de</strong> ohne Zweifel die göttliche Güte besänftigt und hielt so große Übel<br />
von un s fern.<br />
Ungeachtet <strong>de</strong>r höc hsten Bedürftigkeit in unserem Gebiet und <strong>de</strong> j ammervo llen Zustands.<br />
in <strong>de</strong>n die armseligen Einwohner durch dauern<strong>de</strong> Untaten <strong>de</strong>s Krieges gestürzt waren.<br />
nahm trotz<strong>de</strong>m das gegen seinen Gebi eter erbitterte bäuerliche Volk seine Aktion gegen<br />
ihn bei <strong>de</strong>r Regierung in Innsbruck durch verordnete Bevollmächti gte wie<strong>de</strong>r au f: und si e<br />
erlangten gegen <strong>de</strong>n vergeblichen Einspruch <strong>de</strong>s Gebieters die Gna<strong>de</strong> einer Wie<strong>de</strong>raufn ahme<br />
<strong>de</strong>s Verfahrens vom Erhabensten Fürstlichen Verwalter. In Kürze versprechen sie sich<br />
daher einen glückl ichen A usgang. GOlt gebe. dass j e<strong>de</strong>m sei n Recht zugetei It wi rd .<br />
Die Hoffnung auf <strong>de</strong>n sehnlichst erwarteten Frie<strong>de</strong>n ist, - 0 hinterlisti ger Betrug! - von<br />
neuem geschwun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n im vo ri gen Jahr angezeigten Grün<strong>de</strong>n.<br />
[n Flan<strong>de</strong>rn haben sich nach <strong>de</strong>r Überwindung <strong>de</strong>r keinen Wi<strong>de</strong>rstand leisten<strong>de</strong>n feindlichen<br />
Linie. nach hartn äckigen Belagerungen und reichlich auf unserer Seite vergossenem<br />
Blut. <strong>de</strong>n Unsrigen die stLirksten Städte Douai. Venant und Air ergeben.<br />
In Italien und am Rhei n geschah. wie üblich. nichts.<br />
In <strong>de</strong>n Königreichen Spaniens leuchtete für Köni g Karl ein glückliches Geschick auf: er<br />
griff die Armeen Phi lipps beherzt an und mel<strong>de</strong>t einen glorreichen Sieg. durch <strong>de</strong>n sich die<br />
Königreiche A rago nien und Val encia ihm unterwarfen. In das von Philipp in schneller<br />
Flucht verl assene Galicien sa mt <strong>de</strong>r Hauptstadt Madrid se lbst zog Kal'I ruhmreich ein .<br />
A ber wie i t <strong>de</strong>r Würfel <strong>de</strong>s Glücks unbestHndi g! Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrs wur<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>s<br />
Mangels an Lebensmitteln von Gallien aus die Armee Philipps w ie<strong>de</strong>r in Stand gebracht;<br />
<strong>de</strong>r tapfere Oberfeldherr v. Starhemberg wur<strong>de</strong> zum Rückzu g nach Aragonien gezwungen.<br />
schlug zwar die ihm ungestLim nachdrängen<strong>de</strong> feindliche Reiterei in die Flucht: doch das<br />
Heer Karls mu sste sich nach Katal onien zurückziehen, in<strong>de</strong>m man die Stadt Saragossa <strong>de</strong>n<br />
Fein<strong>de</strong>n überließ.<br />
In Finnland machten die M oskowiter gegen die Schwe<strong>de</strong>n gute Fortschritte. wobei sie<br />
außer Varna auch noch an<strong>de</strong>re StLidte besetzten. Auch <strong>de</strong>r K önig von Dänemark erklärte<br />
<strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Krieg. halle sich aber vergebliche HolTnungen gemacht. da er in Schonen<br />
von <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n geschlagen wur<strong>de</strong> und sich nach Dänemark zurLickziehen Illusste.
62<br />
Die Türken erklärten auf Drängen <strong>de</strong>s bisher in <strong>de</strong>r türki sc hen St adt Ben<strong>de</strong>r al s Flüchtling<br />
leben<strong>de</strong>n Königs von chwe<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>s Königs von Frankreich <strong>de</strong>n M oskowitern und<br />
August, <strong>de</strong>m König von Polen, <strong>de</strong>n Krieg, von <strong>de</strong>m für das folgen<strong>de</strong> Jahr viele Übel zu<br />
erwarten sind. M öge GOIl ve rhin<strong>de</strong>rn , dass sie auch <strong>de</strong>n ungari schen Rebellen Beistand<br />
leisten.<br />
In diesem Jahr haben wir. GOIt sei Lob, eine reichliche Ernte gehabt. fi llerdings eine millelmüßi<br />
ge Weinernte; das M aß Spelten/Kern en wur<strong>de</strong> für 40 Kreuzer ve rkauft; das Ohm<br />
alten Weines kos tete 6 Gul<strong>de</strong>n, neuen Weines -1- Gul<strong>de</strong>n.<br />
J 7 I J<br />
Auch di e~es Jahr hat ver<strong>de</strong>rbl iche Überschwemmungen nicht nur für Schramberg, son<strong>de</strong>rn<br />
für fas t ganz Europa gebracht. Mit Einbruch <strong>de</strong>r Erwärmung <strong>de</strong>r ti efer liegen<strong>de</strong>n Luftschichten<br />
schmolzen die dichteren Schneemassen, und am 23.Februar wuchsen die Wassernlassen<br />
<strong>de</strong>rmaßen an. dass Illan hier bei un s kaum j e solche gesehen hat; sie richteten<br />
aber keinen so lchen Scha<strong>de</strong>n wie die früheren an, da sie keine Hin<strong>de</strong>rnisse durch Eis o<strong>de</strong>r<br />
Holz orfan<strong>de</strong>n, die in <strong>de</strong>n vergan genen Jahren <strong>de</strong>n Lauf gehin<strong>de</strong>n hallen. Aber wieviel<br />
nheil sie am Rhein angeri chtet haben. ist kaum zu sagen, und wie <strong>de</strong>r reißen<strong>de</strong> Strom sieh<br />
überall hin verteilend Wiesen. Äcker, Weinberge. Hüuser usw. elendiglich zerstört und<br />
M enschen und Vieh weggeri ssen hat; mit einem Wort : Der Rhein hat sich durch gewalt sames<br />
Eindringen an vielen Orten einen neuen Lauf geschaffen. Den Wasserscha<strong>de</strong>n verspürten<br />
auch die Leute an M ose l. Donau und an<strong>de</strong>ren Flüssen. ja in allen Provinzen und<br />
K önigreichen fa st gan z Europas .<br />
Für <strong>de</strong>n König und das Königreich <strong>de</strong>r Fran zosen war <strong>de</strong>r 1-1-. A pril ein Trauertag. wei I <strong>de</strong>r<br />
Tod <strong>de</strong>n einzigen köni glichen Sohn Ludwigs (man nennt ihn Dauphin) hingerafft hat. Er<br />
hinterließ drei Söhne von <strong>de</strong>r Herzogin von Baye rn . Einen noch größeren Scha<strong>de</strong>n freilich<br />
mu ss te das ganze Römische Reich. un d die <strong>de</strong>m österreichi sch en Haus zugehörigen Königreiche<br />
und Provinzen hinnehmen, al s am 17. Apri I ein allzu früh er und unerwarteter Tod<br />
im Iter von ni cht gan z 33 Jahren und nach einer Regierungszeit von noch nicht ganz<br />
sechs Jahren wcgrafrte und bes iegte <strong>de</strong>n Unbesieg lichsten Kaise r Joseph 1. 1<br />
A n kriege ri scher Unternehmung ist am Rhein und in Italien nichts geschehen. König Kar!<br />
besitzt bislang in Katalonien nur noc h einen klei nen Distrikt, Lerida und Geronn sind <strong>de</strong>m<br />
Fei nd zugefallen.<br />
In Flan<strong>de</strong>rn wur<strong>de</strong> die feindliche Linie überwun<strong>de</strong>n. und die Fes tung Boucben hat sich<br />
nach hartnäck iger Belagerung <strong>de</strong>n Unsri gen ergeben. M oskowiter und Türken machten<br />
bei<strong>de</strong> große Vorbereitungen für <strong>de</strong>n Krieg. und j e<strong>de</strong>r Teil ve rsprach sich große Vorteile:<br />
aber "Die Berge gebären. und heraus wird komlllen eine lächerliche M aus". ach <strong>de</strong>m<br />
ersten Treffen. wobei die M os kowiter e t w a ~ unglücklich kümpf"ten. fo lgte ein noch auf<br />
<strong>de</strong>m Schlachtfeld geschlossener Fri e<strong>de</strong>. Fort gesetzt j edoch wird <strong>de</strong>r Krieg <strong>de</strong>r Könige<br />
Polens. Diinemarks und <strong>de</strong>s Herzogs von M oskau gegcn die Schwe<strong>de</strong>n. (<strong>de</strong>ren König sich<br />
bi sher in <strong>de</strong>r lÜrkischen Stadt Ben<strong>de</strong>r aufhaltcn und in Ungna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kaisers stehen soll). In<br />
Pommern belagert Illan Stralsund .<br />
In Frankfurt wur<strong>de</strong> zum obersten Haupt <strong>de</strong>s Römisc hen Reiches und zum Kaiser durch<br />
einmütige Z ustimmung <strong>de</strong>r Kurfürsten (allerdings unter Ausschluss <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n abgesetz-<br />
I ) ll1 '0 lrauri "er war die,cr Tod. wei l er als sei nen achfolger "einen an<strong>de</strong>ren a b ,einen<br />
, e '"'-<br />
Bru<strong>de</strong>r Kar! 111.. Köni g von S panie n. hinle rl a,sen hat. Möge er im Hinbli ck :lufGolllcben!
63<br />
ten. Herzog von Bayern und Erzbischof on Köln) Karlll!.. König von Spanien. Deutschland<br />
und Böhmen. Erzherzog von Österreich, am 12. Oktober erwählt und Karl VI.. Römischer<br />
K aiser genannt. Und wahrhaftig: "Gott hat Karl erwäh lt!" und möge ihm seine Gna<strong>de</strong><br />
verbun<strong>de</strong>n mit Erfolg erweisen.<br />
Für diese .. .. 1 Gna<strong>de</strong> . ind öffentliche Danksagungen von un o eren Vorgesetzten angesagt<br />
lind in allen Kirchen <strong>de</strong>r ganzen Diözese abgehalten wor<strong>de</strong>n.<br />
Als diese Wahl Kar!. <strong>de</strong>r bisher im Kön igreich Katalonien weilte, bestätigt wur<strong>de</strong>. beließ<br />
er dort seine königliche Gemahlin und kehrte über Italien nach Deutschland zurück. In<br />
Mailand wur<strong>de</strong> er mit großem Jubel empfangen: es beglückwünschten ihn zu dieser höchsten<br />
kaiserlichen Wür<strong>de</strong> die Gesandten <strong>de</strong>s Vatikans, Savoyens, Venedigs und Genuas<br />
uSW. In Innsbruck leisteten ihm die Tiroler <strong>de</strong>n Treueid, wobei er eine beson<strong>de</strong>re Art seiner<br />
Leutseligkeit erwies. in<strong>de</strong>m er nach ei ner öffentlichen Re<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Volk, wobei er auch<br />
Tränen vergoss. lind nach geleistetem Treueid nicht nur die A<strong>de</strong>l igen, so n<strong>de</strong>rn auch das<br />
Volk gnädig t zum Handkuss zuließ. Von dort begab er sich nach Frankfurt. wo er am 22 .<br />
Dezember mit gebühren<strong>de</strong>r Feierlichkeit und glückverheißen<strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>s Volkes<br />
zum Imperator und K aiser gekrönt wur<strong>de</strong>. Deshalb erllehe ich für das folgen<strong>de</strong> und un zählige<br />
kommen<strong>de</strong> Jahre: "Alle so llen sagen: Es lebe <strong>de</strong>r Kai se r! "<br />
Über <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n und die. es Jahr gibt e: mehrere Gerüchte und be. on<strong>de</strong>rs dieses spezielle:<br />
Die englische K ön igin arbeitet an einem Son<strong>de</strong>rfrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m König von Frankreich;<br />
<strong>de</strong>r Kai ser protestiert.<br />
Das Wetter im Frühling und <strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>s Sommers haben eine so reichliche Ernte und<br />
Weinlese versprochen, wie sie in mehreren vergangenen Jahren kaum reicher gewesen sein<br />
dürfte; aber <strong>de</strong>r zweite Teil <strong>de</strong>s Sommers und <strong>de</strong>r Herbst haben durch Dauerregen einen<br />
großen Teil dcr Ernte verdorben. Auch M äuse haben haben großen Scha<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Ernte<br />
verursacht: das Maß Spelten/Kernen verkauft man um I Gu l<strong>de</strong>n - mehr o<strong>de</strong>r weniger -, und<br />
<strong>de</strong>n neuen Wein um 3 Gul<strong>de</strong>n - mehr o<strong>de</strong>r weniger-.<br />
I 7 I 2<br />
Wie im vergangenen Jahr, so suchte auch im j etzigen <strong>de</strong>r Tod <strong>de</strong>n königlichen französischen<br />
Hof heim. <strong>de</strong>r am 12. Februar die Gemahlin <strong>de</strong>s neuen Dauphin, und am 18. <strong>de</strong>n<br />
Dauphin se lbst, <strong>de</strong>n Enkel <strong>de</strong>s Königs. dahinraffte, unter außergewöhnlicher Trauer <strong>de</strong>s<br />
ganzen Hofes. Aber leicht wischte die Königin von England <strong>de</strong>m König von Frankreich<br />
die Tränen ab. Denn diese trculo 'e Königin verl ässt die Partei ihrer Verbün<strong>de</strong>ten und strebt<br />
an. einen Son<strong>de</strong>rfrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Franzosen einzugehen, und schon hat sie zum nicht wie<strong>de</strong>r<br />
gut zu machen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n für die Verbün<strong>de</strong>ten einem Waffen tillstand zugestimmt,<br />
in<strong>de</strong>m näml ich. eben als Prinz Eugen nach <strong>de</strong>r Besetzung von Luesnoi eine Aktion gegen<br />
die Franzosen glänzend plante. ihn jetzt die Englän<strong>de</strong>r im Stich ließen und <strong>de</strong>n Wafensti llstand<br />
<strong>de</strong>r Öflcntlichkeit bekannt mac hten. ie übernahmen die von <strong>de</strong>n Franzo 'en geräumte<br />
Stadt Dünkirehen und zogen so ihre Truppen vom Heer <strong>de</strong>r Verbün<strong>de</strong>ten ab. Dadurch<br />
konnte es geschehen. dass sich <strong>de</strong>r ganze Würfel <strong>de</strong>s Krieges wen<strong>de</strong>te. Die Franzosen<br />
schlugen näm lich die 10000 M ann <strong>de</strong>s holländi schen Feldherrn Albermarli und besetzten<br />
trotz ve rbi ssener Verteidigung nacheinan<strong>de</strong>r die Städte Duai, Bouchen und Luesnoi . Durch<br />
diese Erfolge wer<strong>de</strong>n die Franzosen erstaunlich übermütig, und die Zu, ammenkünfte in<br />
Utrecht zur Erreichung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns bleiben oh ne Ergebnis. Die Königin von England<br />
I) Hier ist die Seite be~chüdigt
64<br />
such t mit allen Mitteln die Hollün<strong>de</strong>r. <strong>de</strong>n König von Portugal und <strong>de</strong>n Herzog von Savoyen<br />
dahin zu bringen. dass sie die Panei <strong>de</strong>s Kai sers verlassen und ihrem Beispi el folgend mit<br />
<strong>de</strong>m König von Frankreich Frie<strong>de</strong>n schliesse n. (0 we lche Treulosigkeit! Wer hätte so lches<br />
auch nur gerrüumt! ). Bis jetzt hat die Königin j edoch ni chts erreicht. Was aber sein wird.<br />
wird die Zeit bringen.<br />
Inzwischen erobern die Unsrigen durch einen unerwarteten Handstreich die ..... Fes tung<br />
Ypern .<br />
Im katalon isc hen Königreich machte <strong>de</strong>r Erzfelclherr Starhemberg einige, wenn auch gerin<br />
ge Fortschrille; Am Rhein aber und in Italien ist nichts weiter geschehen. [n <strong>de</strong>n nördlichen<br />
Königreichen setzen die Köni ge Polens. DHn emarks und die M oskowiter ihren Krieg<br />
fon gegen die Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>ren König in <strong>de</strong>r türki schen Stadt Ben<strong>de</strong>r sein Leben hinbringt.<br />
Den Genannten ergab sich Stellin. ei ne Stadt Pommern s, zugleich haben sie etwa<br />
80 schwedische Schiffe teils gekapert. teib verbrannt.<br />
Es bleibt ni chts an<strong>de</strong>res als ein schlechter Frie<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r schreckl ichste Kriege.<br />
In diesem Jahr wuchs <strong>de</strong>r Preis für ein Maß Spelten auf I Gul<strong>de</strong>n 30 Kreu zer an; <strong>de</strong>shalb<br />
gibt es eine Unmenge Bettler. Der Wein wird um 4 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />
1 7 I 3<br />
Der Anfang dieses Jahres sagte bel vorher. welche Gott abwen<strong>de</strong>n möge. Denn am Fest<br />
<strong>de</strong>s HI. Sebastian sind die Über~chwemmungen. die bisher Vorzeichen von sehlimmnen<br />
Kriegen waren. so groß gewesen . wie wir sie bisher kaum gesehen haben. Gott sei Lob.<br />
dass sie <strong>de</strong>r zugefrorenen Er<strong>de</strong> nicht <strong>de</strong>n kleinsten Scha<strong>de</strong>n zugefügt haben.<br />
In trecht. einer Stadt Hollands, arbei teten die Verbün<strong>de</strong>ten j e<strong>de</strong>n Teils für <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />
mit Frankreich. zu <strong>de</strong>m die vertragsbrü chi ge Königin von England in gewaltigem Vorgrifr<br />
auf die Ent scheidung <strong>de</strong>s K aisers <strong>de</strong>n Plan entworfen halle. Es schlosse n also am I . April<br />
ei nen Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Franzo:en und unterschrieben ihn I ) die Englän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r König<br />
von Frankreich in Spanien Gibraltar. in Flan<strong>de</strong>rn die Stüdte Dünkirchen zur Zerstörung.<br />
daLu Gent und Brügge und an<strong>de</strong>re fUr ihre Han<strong>de</strong>lsbeziehungen gü nsLi ge Orte überließ.<br />
2) <strong>de</strong>r König von Portu gal. 3) <strong>de</strong>r Köni g von Preussen. -t) <strong>de</strong>r Herzog von Savoyen,<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Kön ig von Frankreich das Kön igreich Sizilien zugestand. und schließlich die<br />
Hollün<strong>de</strong>r. die die Stadt Luxemburg. Ou<strong>de</strong>naar<strong>de</strong> und an<strong>de</strong>re erlangten. Dem König von<br />
Bayern überließ <strong>de</strong>r Köni g on Frankreich das Königreich Sardinien und wollte ihn in<br />
Bayern wie<strong>de</strong>r ei nsetze n. wie auch seinen Bru<strong>de</strong>r ins Erzbistum Köln . Den Kai ser wollten<br />
sie verpflichten. von se inem A nrecht. da" er auf das K ö ni g re i~h Spanien und Indien hatte.<br />
zurückzutreten. und wol lten ihm nur da" Königreich eape l, das Herzogtum Mailand und<br />
Brabant und die Festungen Kehl und Breisach zugestehen . Der aber war bereit. eher mit<br />
<strong>de</strong>m Reich das Ä ußerste zu wage n. als au f einen solch ungünstigen Frie<strong>de</strong>n einzugehen.<br />
Wührend also nur über die Stadt traßburg ve rhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>r Kaiser for<strong>de</strong>rte. und<br />
eu tral ilät in Italien und Flan<strong>de</strong>rn vereinbart und die Truppen mit <strong>de</strong>r Kaiserin aus Katalonien<br />
zurückgeru fen wur<strong>de</strong>n. wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r itz <strong>de</strong>s Krieges am Rhein bereitet. Da aber d.as<br />
Heer <strong>de</strong>s Köni gs von Frankreich unter Marschall Villars. das auf etwa 200 000 Mann<br />
gezLih lt wur<strong>de</strong>. das kaiserliche Heer, auf" nur 80 000 gezählt, bei we item übertraf. agierte<br />
dieses nur <strong>de</strong>fensi . die an<strong>de</strong>ren orlCn si v. Zunächst also be lagerten die Franzo. en die Festun<br />
g Landau. und <strong>de</strong>r KOlllman<strong>de</strong>ur. General Alexan<strong>de</strong>r v. WÜrllemberg übergab nach<br />
50-tiigiger Verteidigung sich. seine Soldaten. etwa 6 000 übriggebliebene Gefangene und<br />
die Festung <strong>de</strong>m Feind. Nach<strong>de</strong>m so diese Festung di esseits <strong>de</strong>s Rheins gefallen war. kehr-
65<br />
te das ganze französ ische H eer zurück, plün<strong>de</strong>rte elend fast <strong>de</strong>n ganzen Breisgau und be lagerte<br />
dann Freiburg, wo j edoch die Franzosen einen großen Wi<strong>de</strong>rstand und gewaltigen<br />
Scha<strong>de</strong>n erl itten; diese Belagerun g dauel1e vom 30. Oktober bi s 15. Dezember. an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
K omman<strong>de</strong>ur, General v. Hursch. <strong>de</strong>r die St adt sc hon vorher aufgegeben halte. chJi eßlich<br />
auch die Burg wegen M angels an Holz übergab. Da nun bereits vor <strong>de</strong>r Belagerung dieser<br />
Stadt von <strong>de</strong>n Franzosen die Unsrigen aus <strong>de</strong>r Linie auf <strong>de</strong>m Rosskopf bei Freiburg vertrieben<br />
wor<strong>de</strong>n waren, erl itten die Schwarzwäl<strong>de</strong>r großen Scha<strong>de</strong>n. Die Franzosen nämlich<br />
plün<strong>de</strong>rten mehrere Ortschaften. zün<strong>de</strong>ten in Lenzkirch und Saig und an<strong>de</strong>rwärts mehrere<br />
Häuser an. drangen bi s zu r Stad t Sl.Georgen vor. wo sie auch 8 H äuser anzün<strong>de</strong>ten<br />
und auch an vielen Orten <strong>de</strong>n kom men<strong>de</strong>n Winter über K ontributionen eintrieben: in Neustadt<br />
f ielen sie ein. führten die dort stationierten Soldaten als Gefangene ab, plün<strong>de</strong>rten<br />
<strong>de</strong>n Ort, zün<strong>de</strong>ten in L öffingen und in <strong>de</strong>ssen N achbarschaft einige H äuser an, wur<strong>de</strong>n<br />
aber von <strong>de</strong>n Unsri gen in die Flucht geschlagen und mehrere gef angen genommen. Das<br />
kai serliche Heer, aus einem Teil besagtcr Linie ve rtrieben. verließ die ganze Stellung in<br />
schimpflicher Flucht und bezog ein Lager. zusammen etwa 30 000 M ann, zu Rotlweil<br />
unter <strong>de</strong>m Herzog v. Vouban. zehrte die H euvorräte <strong>de</strong>r Bauern auf und brachte an<strong>de</strong>ren<br />
vielfälti gen und größten Scha<strong>de</strong>n für die achbarschaft. Wir Schramberger. obwohl <strong>de</strong>n<br />
Gefahren durch die Fein<strong>de</strong> äußerst ausgesetzt, sind durch die Güte Gottes, <strong>de</strong>m wir unendlichen<br />
Dank schul<strong>de</strong>n. wun<strong>de</strong>rbar bewahrt wor<strong>de</strong>n. Aber durch die Unsri gen haben die<br />
A ichhal<strong>de</strong>ner, Sulgener. M ari azeller, Tennenbronner großen Scha<strong>de</strong>n erlitten. Auch un s<br />
bedrückten die Soldaten im Winterquartier, von <strong>de</strong>nen wir eine K ompanie zu Fuß <strong>de</strong>s<br />
kaiserlichen Heeres v. Harrach unter <strong>de</strong>m K apitän Graf v. Barbo, beherbergten, die an<strong>de</strong>rswo<br />
die verarmten Bauern elend quälten.<br />
Diese so vielfältigen und großen Missstän<strong>de</strong> vermehrte aufs Äußerste die Teuerung <strong>de</strong>r<br />
Lebensmittel. Denn vo r <strong>de</strong>r Ernte sti eg <strong>de</strong>r Preis für ein M aß Spelten/ Kernen auf2 Gul<strong>de</strong>n<br />
30 Kreuzer, und für Hafer auf I Gul<strong>de</strong>n. Hunger plagte daher viele schrecklich. Das Ohm<br />
Wein wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Gaststätten meist zu 6 bis 7 Gul<strong>de</strong>n, ein Essen zu 24 Kreuzer verkauft;<br />
nach <strong>de</strong>r überreichlichen Ell1te jedoch kostete I M aß Spelten meist I Gul<strong>de</strong>n 20 Kreuzer.<br />
Hafer 24 Kreuzer. Auch ging eine anstecken<strong>de</strong> Seuche unter <strong>de</strong>m Vieh an einigen Orten<br />
um, beson<strong>de</strong>rs in Waldmössingen und A ichhal<strong>de</strong>n tötete sie das meiste.<br />
Während also überall Unglück herrscht und unsere D ynasti e auf äußerste A rmut zurückgeführt<br />
ist, setzen die Bauern bi sher ihre A kti on gegen <strong>de</strong>n Dynasten fort und bedrängen und<br />
erwarten von lnnsbruck <strong>de</strong>s Spruch <strong>de</strong>s Reversoriums. A ber siehe! Mitten in di esen Schrekken<br />
und Ä ngsten vor <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Jahr glänzte ei ne Hoffnung auf gewisse bessere A ussichten<br />
au f: es kamen nämlich in Ra. talt die bei<strong>de</strong>n höchsten Oberbefehlshaber. näml ich<br />
<strong>de</strong>r kaiserliche Prinz Eugen, und <strong>de</strong>r französ isc he M arschall v. Villars, zusammen. um über<br />
<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n im amen ihrer Höchsten Herren zu verhan<strong>de</strong>ln. Es möge sich also für da<br />
kommen<strong>de</strong> Jahr ver, irklichen: " Prin z Eu!!:en w ird <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n bringen." prInCeps<br />
eV genI V s paCeM nobl s Dablr.'<br />
1 7 I 4<br />
Für die Fami lie v. Bissingen war <strong>de</strong>r A nfang dieses Jahres verhängnisvoll, we il am 7. Januar<br />
in Rottweil ihr Leben beschloss die Durchlauchte Herrin M aria Sophi a v. Bodman.<br />
geborene Baronesse v. Bi sing, eine Witwe von 60 Jahren. die von <strong>de</strong>r Schwenckfeldi sc hen<br />
Häresie im Jahr 17 I I zum katholischen Glauben übergetreten war. A m 9. <strong>de</strong>s eiben M o-<br />
I ) Das late ini sche Chronogramm ergibt die Jahreszahl 17 14.
66<br />
nats überfiel in Üb rlingen, wo diese Fami lie vor <strong>de</strong>n feindlichen Gef ahren Schutz gesucht<br />
halle, und . treckte nie<strong>de</strong>r ein allzu früher Tod die Durchlauchtige Jungfrau Eleo nOl'e Magdalena<br />
Baronesse v. Bi ssingen. die einzige Tochter und Liebling ihrer Durchlauchten EItern<br />
. im 14. Lebensjahr. Bei<strong>de</strong>r Körper sind am seI ben Tag, näm lich am 13. Januar, in<br />
dieser meiner PFarrkirche in Schramberg begraben wor<strong>de</strong>n, und ich hielt ihnen an <strong>de</strong>m<br />
gleichen und folgen<strong>de</strong>n Tag die Leichenre<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>m trauern<strong>de</strong>n Volk. die ich auch später<br />
auf Billen dieser Familie drucken ließ.<br />
Diesem traurigen Bericht folgen frohe: Wenn j e endlich irgend einmal die Güte Gottes<br />
Bitlgebete gehört hat. so hat er uns <strong>de</strong>n erwünschten und lang ersehnten Frie<strong>de</strong>n gestattet,<br />
<strong>de</strong>ssen Vorbedingungen unter <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n genann ten Oberfeldherrn am 6. März in Rastall<br />
geschlossen wor<strong>de</strong>n sind: Auf Grund <strong>de</strong>ren hat <strong>de</strong>r König von Frankreich <strong>de</strong>m Kaiser die<br />
Königsrechte von Neapel. Si zilien und Sardinien zugestan<strong>de</strong>n, das ganze span ische Flan<strong>de</strong>rn<br />
. das Herzoglllm Mailand und Mantua. am Rhein die Städte Freiburg, Breisach und<br />
die Fest ung Keh!: es hat sich aber auch <strong>de</strong>r Kaise r <strong>de</strong>n Titel und das Recht gesichert. das er<br />
auf die span ischen Königreiche hat. D er Kurfürst von Köln erhielt se in Episkopat und <strong>de</strong>r<br />
von Baye rn sein Herzogtum. bei<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Wäh lerwür<strong>de</strong>.<br />
Dieser Frie<strong>de</strong> ist schließlich in <strong>de</strong>r Schweizer Stad t Ba<strong>de</strong>n geschlossen wor<strong>de</strong>n. Wegen<br />
<strong>de</strong>s von Gott erhaltenen Fri e<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalb Gott feierliche Danksag ungen in allen<br />
österreichisc hen Städten abgehalten. Speziell auch w ir haben dieses Fest <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns unter<br />
Zusammenruf <strong>de</strong>s ganzen Klerus und <strong>de</strong>r Untertanen <strong>de</strong>r Dynastie durch Predigt, feierliche<br />
Prozess ion, Hochamt, Ambrosianischen Lobgesang und mit Trommelklang hier in<br />
Schramberg feierlich begangen am 2. Juli. Ein glänzen<strong>de</strong>s Mahl spen<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Dynast.<br />
ConflrMet DeV s, qVae feCIl In nobb.<br />
et patriaM ConserVet In paCe DlebVs no. tris. 1<br />
M öge GOll festigen, was er unter un s getan hat,<br />
und un sere Heimat in Fric<strong>de</strong>n bewahren zu un serer Zei t.<br />
ach<strong>de</strong>m dieser Frie<strong>de</strong>n geschlossen und ratifiziert war, starb Anna, K önigin von England.<br />
und auf <strong>de</strong>n englischen, schotti schen und iberi schen Thron wur<strong>de</strong> durch einmütige<br />
Wahl erhoben Georg, Prinz und Kurfürst von Hannover, wührend <strong>de</strong>r Herzog von Wal es.<br />
<strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs Jakob. vergebl ich dagegen protesti erte.<br />
Jetzt endlich haben sich die Augen <strong>de</strong>r Englün<strong>de</strong>r geöffnet und sie sehen allzuspät, durch<br />
we lchen ungün. tigen Frie<strong>de</strong>n sie getüuscht wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Die Kriege in <strong>de</strong>n nordischen Königreichen dauern bi s j etzt an , und auch un sere heimischen<br />
Kriege sind nicht beigelegt. \cr Schiedsspruch <strong>de</strong>s Revisors wird bislang begierig<br />
erwartet.<br />
A n Getrei<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> das Maß Spelten zumeist um I Gul<strong>de</strong>n 12 Kreuzer. Hafer um 30 Kreuze<br />
r verkauft. I Ohm besseren Weines um 6 Gul<strong>de</strong>n.<br />
17 1 5<br />
Über <strong>de</strong>n erl angten Frie<strong>de</strong>n herrscht zwar allgemeine Freu<strong>de</strong>. aber überall auch große r<br />
M ange l an Geld. das <strong>de</strong>r Krieg aufgesaugt haI. Die Grausamkeit <strong>de</strong>s Kriegs erlitten j etzt<br />
erstm als die armen Katalonier, die vom Kaiser ve rl assen , sich doch aufs beharrl ichste weigerten.<br />
<strong>de</strong>m König Philipp v. Anjou zu dienen. wenn er nicht Pri vilegien und alte Freiheit<br />
I) Im latei ni schcn Chronogram m crgibt sich in bcidcn Zci lcn M DCCVV I JJ = 17 14.
67<br />
gewähre. Mit Militärgewalt wur<strong>de</strong>n sie schließlich unterjocht, und nach <strong>de</strong>r Eroberung <strong>de</strong>r<br />
Stadt Barcelona, die härtes ten und hoffnungslosen Wi<strong>de</strong>rstand leistete. elend von <strong>de</strong>n Spaniern<br />
vertrieben; mehrere wur<strong>de</strong>n aufgehängt o<strong>de</strong>r zu lebenslangem Kerker und Verbannung<br />
verurteilt; die Übriggebliebenen wur<strong>de</strong>n mit allen ausgesuchten Unzuträglichkeiten<br />
unterdrückt. Dasselbe wäre <strong>de</strong>n Mallorcanern geschehen. wenn sie nicht, durch die exempl<br />
ari sche Bestrafung ihrer Nachbarn bestürzt, sich freiwi llig ergeben hätten. Von <strong>de</strong>n Sizilianern<br />
wur<strong>de</strong> als König aufgenommen und gekrönt <strong>de</strong>r Herzog von Savoyen. während <strong>de</strong>r<br />
Kaiser Einspruch erhob. Eingeführt wur<strong>de</strong> auch und von <strong>de</strong>n Seinigen freudig begrüßt <strong>de</strong>r<br />
Kurfürst von Bayern . wie auch <strong>de</strong>r Kurfürst von K öln. Verh an<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m<br />
K aiser und <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn über die Übergabe <strong>de</strong>r flandrischen Provinzen an <strong>de</strong>n oben<br />
genannten Kai ser. aber bi s j etzt ohne Ergebni s.<br />
Die Türken haben <strong>de</strong>n Venedigern nicht nur <strong>de</strong>n Krieg erklärt, son<strong>de</strong>rn er setzt das mit<br />
einer beklagenswerten Nie<strong>de</strong>rlage <strong>de</strong>r Christen begonnene Vorhaben fort, wobei da lange<br />
Zeit unbezwungene M orea sich <strong>de</strong>n Türken ergab. Auch <strong>de</strong>m Kaiser j agen die Polen und<br />
M oscowiter Schrecken ein mit <strong>de</strong>rselben Grausamkeit. Seit<strong>de</strong>m geschehen große Vorbereitungen<br />
zu beachtlichem Wi<strong>de</strong>rstand , und es verspricht Papst Clemens X1. großen Beistand,<br />
und für <strong>de</strong>n von Gott zu erl angen<strong>de</strong>n guten Verlauf hat er ein A llgemeines Jubiläum<br />
öffentlich ausgerufen.<br />
Das Schlimmste aber ist. das, die Polen in großer Uneinigkeit mit ihrem eigenen König<br />
leben, und da s <strong>de</strong>r Streit zwischen <strong>de</strong>n nordi schen Königen noch aufs heftigste andauert.<br />
Zwar kämpften mit gutem Erfolg die Könige Pol ens, Dänemarks. Preussens und M oskaus<br />
gegen <strong>de</strong>n äußer t hartn äckigen K önig von Schwe<strong>de</strong>n um eine Entscheidung, in<strong>de</strong>m sie<br />
nach tagelangem und heftigstem Wi<strong>de</strong>rstand die Inse l Rügen und die woh lbefestigte Stadt<br />
Stralsund einnahmen; diese streben sie gänzlich aus <strong>de</strong>m Verband <strong>de</strong>s Reichs <strong>de</strong>r Deutschen<br />
herauszul ösen.<br />
Am 3. September wur<strong>de</strong> vom To<strong>de</strong> besiegt und nie<strong>de</strong>rgestreckt <strong>de</strong>r Unbe iegliche und<br />
Schrecken Europas Ludwig XIY. Köni g von Frankreich, im A lter von 77 Jahren und nach<br />
einer Regierung von 73 Jahren. Ihm fo lgte im Erbe <strong>de</strong>s ge amten Reiches Ludwig XY., <strong>de</strong>r<br />
Urenkel <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs, ein Knäblein von 4 o<strong>de</strong>r 5 Jahren. Die Verwaltung <strong>de</strong>s<br />
ganzen Reiches nahm auf sich <strong>de</strong>r Herzog von Orlean ., ein großer Begünstiger <strong>de</strong>r Janseni<br />
sten; er hat schon aus mehreren Orten die Jesuiten vertrieben. Sehr zu befürchten ist<br />
daher also eine große Wendung in <strong>de</strong>r Religion im französischen Königreich, - was Gott<br />
verhüten möge.<br />
Unsere Erlauchten H erren Barone v. Bi ssingen, Ferdinand und L eopold, sind nach Reisen<br />
durch Gegen<strong>de</strong>n Frankreichs und Italiens zurückgekehrt am 29. ovember. und von <strong>de</strong>n<br />
Erlauchtesten Eltern mit <strong>de</strong>m süßesten Kuss aufgenommen, und von <strong>de</strong>n Schramberger<br />
Bürgern . die sich in Waffen aufgestellt hatten, mit Trommelklang. <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n M auern <strong>de</strong>r<br />
Burg wi<strong>de</strong>rhallte, freudig begrüßt wor<strong>de</strong>n.<br />
In diesem Jahr haben wir eine reiche Ernte gehabt, von <strong>de</strong>n Orten abgesehen. wo <strong>de</strong>r Hagel<br />
die Ernte zerstört hat. wie z.B . in Dunningen. Das Maß Spelten wur<strong>de</strong> gegen da. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Jahres um 48 Kreuzer verk auft. An Wein haben wir einen ed len, aber nicht ebenso reichlichen<br />
Ertrag gehabt; ein Ohm vom besseren kostete 6 Gul<strong>de</strong>n.<br />
1716<br />
Schnee fi el in die em Winter in größter M enge und blieb bis April, an manchen Orten bis<br />
Mitte Mai andauernd liegen. Der 7. April wa r <strong>de</strong>r letzte Tag seines Lebens für <strong>de</strong>n Hocherlauchten<br />
und edlen Herrn , Herrn Ferdin
68<br />
Grunzheim und Willenhofen. Seiner geheiligten kaiserlichen Majestät Rechtsberater für<br />
Oberösterreich. Kammerherr dcs Durchlauchtigsten Wählers <strong>de</strong>s Pal asts usw .. <strong>de</strong>r nach<br />
vielerl ei chwächen und dieser letzten Krankheit. nach 17 Wochen schwerster durchlittener<br />
Schmerze n. mit allen <strong>de</strong>n Sterbcn<strong>de</strong>n notwendigen Sterbesakramenten richtig versehen.<br />
seinem Schicksal erl ag. im 6 1. Lebcnsjahr: begraben wurdc cr bei acht in unserer<br />
Pfarrkirche im Chor vor dcm Altar zur rechtcn Seitc. Die Leichenpredigt hielt <strong>de</strong>r Hochzuve<br />
rehren<strong>de</strong> P. Emanuel Kolkr. Superior <strong>de</strong>s Jesuitenor<strong>de</strong>ns in ROllwcil. Außer <strong>de</strong>r H errin<br />
Witwe b ' trauerten die zwei hinterl a!->sencn Söhne. Ferdinah: dass <strong>de</strong>m Älteren ausser 10000 Gul<strong>de</strong>n die Herr<br />
~c h af t Schramberg. <strong>de</strong>m Jüngeren die in Grunzheim zufallen sollte.<br />
m 13. April wur<strong>de</strong> zur größten Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ganze n Römischen Reiches und <strong>de</strong>r Erbkön<br />
igreiche <strong>de</strong>m Kai ser Karl VI. <strong>de</strong>r erste Sohn. <strong>de</strong>r Erzherzog von Österreich und Prinz<br />
von Asturien. geboren: in <strong>de</strong>r Taufe erhi elt er die Namen Leopold. Johanne . Joseph. Anton.<br />
FranL von Paula. Hermenegild, Rudolph. l gnaz. Balthasa r. Überall wur<strong>de</strong> die festliche<br />
Dankreier vo llzogen. so auch in dieser meiner Kirche zusammen mit <strong>de</strong>m ganzen Klerus<br />
von Schram berg. durch Predigt. Proze~s i o n mit <strong>de</strong>m verehrungswürdigen Sakrament, gesungenem<br />
Hochamt. Te<strong>de</strong>um. und mit Trommelklang am 24.Mai.<br />
Aber oh weh' Nach welch kurze r Zei t verwan<strong>de</strong>lte sich diese Freu<strong>de</strong> in größte Trauer für<br />
die Schrambcrger. Denn am 26. Mai um die drille achmillagsslUn<strong>de</strong> entstand im Haus<br />
von Michacl Glenlz. M etLger und Gasthaus zum Stier. ein ve r<strong>de</strong>rblicher Brand. durch <strong>de</strong>n<br />
innerhalb dreier Stun<strong>de</strong>n 26 Häu ser Lusammen mit <strong>de</strong>m KirchlUrm in Schutt und Aschc<br />
verwan<strong>de</strong>lt wu rd en . Es si nd dies namentlich aufgeführt di e Häuser folgen<strong>de</strong>r Personen:<br />
ur dcm großen Plat z: I . Michael Glcntz. GasthalL zum Stier; '2. Johann Lehnhan . Färber;<br />
3. Scbastian Haberstroh. Schuster. und Konrad Fichter. Bäcker: 4. die Witwe von Joseph<br />
Flaig. Salller: S. Michael Bauknecht. Schuster; 6. die Kaplanei. in <strong>de</strong>r Herr Vorstand und<br />
Behör<strong>de</strong>nlei ter <strong>de</strong>r Fabrik (= Kirchenve rwallUng). Herr Wilhelm Figglin (Jigglin, Jegg lin.<br />
Jäck lin) und <strong>de</strong>r Schulmeister Bartholomäus Salzgebe r wohnten. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seitc<br />
<strong>de</strong>s Platzes: 7. Joseph Spinner. Bierbrauer: 8. Ern st Schilling. Kaufmann: 9. Johann Pfundstein.<br />
Bäcker: 10. Christoph GIentl. M etzge r. und M artin Schilling. Gerber: 11. Joseph<br />
KI esse I. Gasthaus zum Hirsc h: 12. Theobald Neef!", Barbier und Küster: 13. Sal omon<br />
Wolber. Kaufmann.<br />
Am hinteren Pl atz: 14. Michae l Hüener. mein Bru<strong>de</strong>r. Kaufmann. und Lorenz M ossmann.<br />
Bücker: 15 . Christoph Essel. verstorbcn. und Joseph Haass: 16. Joseph icklaus. Büttel:<br />
17. Johannes M ossmann ; 18. Christian Pfafr. aulcr: 19. Lukas Müller. Gasthaus zum<br />
Büren; 20. Bened ikt Gricsser. Hutm
69<br />
Weinen man hören konnte. wieviel Unglück und Elend überall in Erscheinung trat. kannst<br />
Du, ehrenwerter L eser. selbst eher Dir aus<strong>de</strong>nken als ich beschreiben. da 33 Haushalte ihre<br />
Häuser in Schutt und Asche liegen d erblicken mu steno<br />
Es drohten auch noch am folgen<strong>de</strong>n 11 . Juli Überschwemmungen großen Scha<strong>de</strong>n anzurichten.<br />
die durch dichteste Regenfälle. ununterbrochen 3 Tage und 2 Nächte lang. allzusehr<br />
anschwollen. Uns haben sie zwar verschont und keinen weiteren Scha<strong>de</strong>n angerichtet.<br />
außer dass eine Magd aus Altenburg. PFarrei Mariazell, die zu un serer Kirche kommen<br />
wollte, schwindlig gewor<strong>de</strong>n durch ein en hervorbrechen<strong>de</strong>n Quell bei <strong>de</strong>r Papi ermühle. zu<br />
Bo<strong>de</strong>n fiel und von <strong>de</strong>n Wassermassen fongeschwemmt wur<strong>de</strong>; im Tal <strong>de</strong>r Schiltach wur<strong>de</strong><br />
. ie herausgezogen und auf unserem Friedhof beerdigt.<br />
A n seh r vielen Orten, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Herrschaft Elzac h und zumeist am Rhein. zerstörten<br />
und verwüsteten ie abscheulich mehrere Häuser. Äcker und Wiesen.<br />
Nach so viel Elend und Trauer fo lgten auch einige erfreuliche Schicksalsfälle. Durch die<br />
vielen im VOljahr gemel<strong>de</strong>ten Siege über die Venedi ger wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Türke überheblich und<br />
übermütig und drang feindlich in Ungarn ein . Aber kaum hatte er mit einem furchteinflössen<strong>de</strong>n<br />
Heer von 200 oon Mann bei Peterwar<strong>de</strong>in diesseits <strong>de</strong>r Donau Fuß gefasst. wur<strong>de</strong><br />
er vom chri stlichen kaiserlichen Heer. 70 000 Mann stark. unter <strong>de</strong>m Oberfeldherrn, <strong>de</strong>m<br />
ruhmreichen und hel<strong>de</strong>nh aft esten Prinzen Eugen von Savoyen am 5. August. <strong>de</strong>m Fest <strong>de</strong>r<br />
Seligsten Jungfrau im Schnee. geschlagen, nie<strong>de</strong>rgeworfen und ruhm vo ll besiegt. und zwar<br />
so. dass fast das ganze Heer (wenn man <strong>de</strong>n neuen achrichten glauben darf) mit seinem<br />
Oberbefehlshaber, Großwesier genannt. zugrun<strong>de</strong> ging, wobei es unver 'ehrte L ager. mit<br />
reich. ten Vorräten versehen. <strong>de</strong>n Siegern zur Beute zurückließ. N ach die em be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />
und fast unerhörten Si eg belagern sie die stärkste und von <strong>de</strong>n Türken für uneinnehmbar<br />
gehaltene Stadt Temeschwar. die sich nach zweimonati ger Belagerung am 14. Oktober<br />
durch Kapitulation <strong>de</strong>n Unsri gen ergab, nach<strong>de</strong>m sie 164 Jahre lang unter <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>r<br />
Türken gestan<strong>de</strong>n hatte. Und we i I t1U r ve nezianischer Seite dieselben Türken auf <strong>de</strong>r Insel<br />
Korru. <strong>de</strong>m Vorwerk Italiens. mit unglücklichem Ergebnis diese Stadt mit <strong>de</strong>n Unsrigen<br />
belagerten. mu ssten sie auch diese Belagerung unter Zurücklassung von etwa 20 000 Mann<br />
von <strong>de</strong>n Ihrigen aullösen und die übrigen in schneller Flucht die ganze Insel verl assen.<br />
Dadurch wu rd en die arm en Mohammedaner so bestürzt. dass sie versichern , falls sie nicht<br />
in diesem Winter <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n von unserem Kaiser erlangen wür<strong>de</strong>n. dass dann ein Aurstand<br />
<strong>de</strong>s Volkes zu befürchten sei.<br />
Aber siehe da! Diesen errreu lichen folgen vonneuem traurige achrichten . Denn am4. 0-<br />
ve mber. gera<strong>de</strong> am Fest <strong>de</strong>~ vergötlliehten Karl. wur<strong>de</strong> durch vorzei ti gen Tod dahingerafft<br />
unter großer Trauer <strong>de</strong>s ganzen Hofes und <strong>de</strong>s Reiches <strong>de</strong>r vor kurzem geborene Erzherzog<br />
on Österreich und Prinz von Asturien, <strong>de</strong>r erste und einzige Sohn <strong>de</strong>s Kai se rs Kar!,<br />
Leopold Johannes.<br />
Der Turm unserer Kirche kam in diesem se lben Jahr. aus Steinen erbaut und mit Ei sen<br />
be<strong>de</strong>ckt. zur Vollendung: und zwei neue Glocken (von <strong>de</strong>nen die größere II Zentner. 82<br />
Pfund, und die kleinere 7 Zentner. 8 Pfund wiegt), von Pelagius Grüninger aus Villingen<br />
gegossen. erk langen am 19. November zum ersten mal. Die Mauern erstellte Jakob Scharff.<br />
ei n Tiroler. das Holzwerk Jakob Jück lin aus Schramberg.<br />
Auch neue HLiu ser wur<strong>de</strong>n teilweise neu erstellt. gebaut und aufgeri Chtet im September in<br />
diesem Jahr. 17 an <strong>de</strong>r Zahl. was erstaunlich erscheint bei <strong>de</strong>r ganten ot <strong>de</strong>r M enschen.<br />
GOlt mölle uns künftig bewahren vor solch großem Unheil ' Endlich schlug auch unsere<br />
lang ersehnte Uhr
70<br />
Die Untertanen Schrambergs ersprachen sich <strong>de</strong>n Ausgan g ihrer Aktion und von <strong>de</strong>m<br />
Rev isor eher einen sicheren Sieg. als das . . ie unter <strong>de</strong>m neuen Herrn zur Ei<strong>de</strong>sleistung<br />
gezwun gen wür<strong>de</strong>n. Aber sie sahen sich in ihrer Hoffnung geüiuschl. als sie kraft <strong>de</strong>r (ohne<br />
Titel) durch <strong>de</strong>n Grafen v. Welsberg. <strong>de</strong>n Erzprae fekt en <strong>de</strong>s ellenburgischen Gebiet .<br />
gewährten Kommi sion. gezwun gen wur<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Eid zu leisten, <strong>de</strong>n sie auch am 4. Dezember<br />
ihrem neuen Herrn . <strong>de</strong>m Durchlauchti gen und Edlen Herrn, Herrn Ferdinand Joseph<br />
Baron v. Bi singen. ableisteten. Weniger zufrie<strong>de</strong>ne Untertanen ziehen von Innsbruck<br />
ab und wen<strong>de</strong>n sich von neuem an <strong>de</strong>n kaiserlichen Hof.<br />
Dieses Jahr war sehr unfruchtbar und die Ernte dürftig. da Willlerschnee <strong>de</strong>n Saaten in <strong>de</strong>n<br />
Äckern. und dauern<strong>de</strong> kalte Regengüsse <strong>de</strong>n ommerfrüchten allzugroßen Scha<strong>de</strong>n zufügten.<br />
Doch weil das Elsass und <strong>de</strong>r Breisgau eine reiche Ernte hallen, sti egen die Preise für<br />
das Getrei<strong>de</strong> nicht über <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>s vergangenen Jahre an : das Maß Spelten wur<strong>de</strong><br />
gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres um 50 Kreuzer verkauft, Hafer um 15 Kreuze r. Wei l die Trauben<br />
nicht zur Reife kamen, erntete man <strong>de</strong>n wenigsten und doch so sa uren und kaum trinkbaren<br />
Wein. Hier wur<strong>de</strong> zumeist das Ohm alten Weines um über 6 Gul<strong>de</strong>n verk auft.<br />
] 7 I 7<br />
Die gerechtes ten WarFen <strong>de</strong>r Heiligen kai serlichen und katholi schen M aj estät, die sich<br />
gegen <strong>de</strong>n wütendsten Feind christlichen amens schon im vori gen Jahr aufgeschwungen<br />
und mit glorreichsten Trophäen geschmückt haben, hat <strong>de</strong>r Beste und Größte Sohn Gotte<br />
auch in diesem Jahr durch seinen reichlichen Segen 'oweit bestärkt und mit erstaunlichen<br />
un d seit Jahrhun<strong>de</strong>rten niemals erhörten Si egen gere ti gt. dass man kaum an<strong>de</strong>rs sagen<br />
kann. als da 's hier die Prophezeiung von 2. M ose 32, I 0 in Erfüllung gegangen ist: "Einer<br />
soll Tausend erfolgen, und zwei wer<strong>de</strong>n Zehtausend in die Flucht schlagen. "<br />
Der glorreichste Oberfeldherr Prinz Eugen von Sa voyen übersc hritt mit seinen Truppen<br />
ohne irgendwelchen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> die Donau und belagert mit <strong>de</strong>m kai serlichen<br />
Heer von 70000 M ann die am stärksten befesti gte Stadt Belgrad , die mit al len zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen kriegeri schen Milleln reichlich. t versehen ist und (was am meisten<br />
0 1' einer so lchen großen Unternehmung die Unsri gen hättc abschrecken mü ssen). in <strong>de</strong>r<br />
die türkische B esatzun g das christliche Belagerungsheer an Zahl übertraf. m die Entscheidung<br />
w ur<strong>de</strong> auf bei<strong>de</strong>n Seiten einige Wochen lang vortrefflich gekämpft, wobei die<br />
Vo rr~ite <strong>de</strong>r Stadt, teils ein Raub <strong>de</strong>r Flammen, teils durch die Truppen verzehrt allmählich<br />
zu r eige gingen, und <strong>de</strong>r erschöpfte Verteidiger von seinem Sultan erbat und was die<br />
Belagerten auch erl angten. niimlich ein überstarkes und schauerlich tes Elllsatzheer on<br />
über 200 000 M ann . <strong>de</strong>ren Lager. im Rücken <strong>de</strong>r Unsri gen befesti gt und verwallt, sich von<br />
<strong>de</strong>r Donau bi s zur Save au s<strong>de</strong>hnten: und so wur<strong>de</strong>n unsere Truppen, gering im Vergleich<br />
zu <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n, von zwei zahlreichen Heeren von orn und von hinten eingesch lossen<br />
gehalten: ihre Z ahl war, teils durch um gehen<strong>de</strong> Krankheiten. teils in Kämpfen mit <strong>de</strong>n<br />
au sfallen<strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n . . oweit geschwun<strong>de</strong>n. dass sie kaum 50000 kriegstaugliche M änner<br />
zä hlten. Der Feind in<strong>de</strong>ssen wagte un se re tapfer befesti gten Lager nicht anzugreifen und<br />
ging mit Geschüt zen acht aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong> Tage lang dagegen an . während die Unsri <br />
gen sich ausgezeichnet wi<strong>de</strong>rsetzten: schließlich machten die Fein<strong>de</strong> ich daran, die Schiffsbrücken<br />
über die Donau und die Save zu zerstören, um <strong>de</strong>n nsri gen dadurch j egliche<br />
Hoffnung auf Verbindung und Nachschub abzusc hnei<strong>de</strong>n; und \ as noch mehr ver<strong>de</strong>rblich<br />
für die Un: ri gen war: wenn sie auch ihr Heil in <strong>de</strong>r Flucht suchen wollten. dass sie nirgend s<br />
einen Weg fan<strong>de</strong>n, wohin sie entfliehen konnten. Und so sagten die Zeitungen überall<br />
vorau s. das gan ze christliche Heer gehe zugrun<strong>de</strong>.
7 1<br />
Und siehe da! In olch hoffnungsloser Lage steht. ohne Zweifel durch Vermittlung <strong>de</strong>r<br />
Seligsten Jungfrau. GOll mit Rat und Hilfe <strong>de</strong>n Seinigen bei. Denn gera<strong>de</strong> am Fest <strong>de</strong>r<br />
Aufnahme <strong>de</strong>r Jungfrau in <strong>de</strong>n Himmel. das zuvor in un seren Lagern mit gebühren<strong>de</strong> r<br />
Andacht gefeiert wur<strong>de</strong>. fas. en die hel<strong>de</strong>nmütigen Feldherrn <strong>de</strong>n Entschluss, <strong>de</strong>n Feind<br />
anzugreifen, zur großen Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gesamten Volkes, und sie rücken in <strong>de</strong>rselben Nacht<br />
noch im amen <strong>de</strong>r göttlichen Personen Jesus und Ma,ia zum Gefecht aus. ungefähr 30000<br />
Mann. die übrigen zur B eobachtung <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Stadt zurückgelassen. die Fußtruppen<br />
unter <strong>de</strong>m Prinzen Eugen. die Reiterei unter <strong>de</strong>m General Pal fi als Kommandanten,<br />
und so. unter Begün stigu ng <strong>de</strong>. ebels (man könnte sagen, das sei <strong>de</strong>r Schutzmantel <strong>de</strong>r<br />
se ligsten Jungfrau gewesen für die Küchlein) nähern sie sich, ohne Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong> Fein<strong>de</strong>s.<br />
seinen Lagern. dringen hel<strong>de</strong>nhaft ei n auf <strong>de</strong>n türkischen Feind, von <strong>de</strong>m sie. beson<strong>de</strong>rs<br />
von <strong>de</strong>n sogenannten Janitscharen. großen und erbitterten Wi<strong>de</strong>rstand erwarten; mehr<br />
als einmal wer<strong>de</strong>n die Türken von <strong>de</strong>n nsrigen in die Flucht geschlagen und zer treut,<br />
aber sie sammeln sich erneut, (gegen türkische Gewohnheit). und kämpfen wie die Löwen.<br />
Um die Entscheidung wird gekämpft aufbei<strong>de</strong>n Seiten. unentsc hie<strong>de</strong>n wem <strong>de</strong>r Si eg zufiele,<br />
5 Stun<strong>de</strong>n lang ununterbroc hen: endlich, dadurch ohne Zweifel erschüttert, ergreifen<br />
die Fein<strong>de</strong> schimpflich unversehens die Flucht. Sie lassen <strong>de</strong>n Unsrigen ihre Lager als<br />
Beute, und so vermel<strong>de</strong>ten 30000 christliche Soldaten einen glorreichen und unerhörten<br />
Sieg über 200000 Türken. Am dritlen Tag darauf, am 19. August, ergab sich die bestbefestigte<br />
Stadt Belgrad durch K apitulation <strong>de</strong>n Unsrigen: und (S taune. 0 Leser!) es wur<strong>de</strong>n<br />
bisher 50 000 bewaffnete Männer nach <strong>de</strong>r Übergabe in <strong>de</strong>r Stadt gefun<strong>de</strong>n, und sie<br />
sind ohne Führer und ohne Ordnung herausgezogen.<br />
Während <strong>de</strong>r Aktion sind bei <strong>de</strong>n Türken getötet und verwun<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n 44 000. von <strong>de</strong>n<br />
nsrigen 4450. In Belgrad gingen gegen 30000 Türken zugrun<strong>de</strong>. An Geschützen in <strong>de</strong>n<br />
türkischen Lagern wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n nsri gen angetroffen 134 gegossene und 39 Böller'!, in<br />
eier Stadt 280 aus Erz, 35 aus Eisen und 59 aus Erz gego sene Böller; in <strong>de</strong>n Schiffen -<br />
Fregatten und Tschaiken genannt -: 120 Geschütze aus M etall. aus Eisen 84, 6 Böller aus<br />
Erz: auf <strong>de</strong>r Insel zwischen D onau und Save 30 Geschütze aus M etall. 5 aus Eisen: auf <strong>de</strong>n<br />
Schiffen Ge chütze aus M eta ll 37, aus Eisen 93; in <strong>de</strong>r alten Burg I Geschütz aus M etall<br />
und I aus Eisen. Die Gesamtzahl <strong>de</strong>r übernoillmenen Geschütze aus Erz beträgt 602, au<br />
Eisen 18. Böller 104 aus M etall. dazu 6 Böller. 3 Haubitzen und 4 Steinbüchsen. 3- und 2-<br />
pfündige Onegli '. dazu 6 Böller. 3 Haubitze n und4 Stei nbüchsen.<br />
Obendrein verl oren die Türken versch ie<strong>de</strong>ne Orte, Samandria. Orsu a und an<strong>de</strong>re. Tartaren.<br />
die in Transy lvanien einfielen, erursachten großen Scha<strong>de</strong>n, aber endlich wur<strong>de</strong>n ie von<br />
<strong>de</strong>n Unsrigen gestellt, nie<strong>de</strong>rgehauen und in die Flucht geschlagen und so die erschreckten<br />
Türken an mehreren Orten vernichtet.<br />
Für diese Siege ertönten allenthalben Danksagungen mit Ambrosianischem Lobgesang<br />
und Geschützdonner; solches geschah auch in unserem Tal in Schramberg. gera<strong>de</strong> am Tag<br />
<strong>de</strong>r Dedikati on, auf dieselbe Ar! wie im vorhergehen<strong>de</strong>n Jahr. Die Festpredigl hielt <strong>de</strong>r<br />
Hochehrwürdige P. Emanuel Koncr. Superior <strong>de</strong>r Soc. Jesu in ROllweil.<br />
berwä ltigung <strong>de</strong>r türki<br />
Auch die Veneeliger begünstigte besseres Geschick, da sie nach<br />
schen Flotte 2 o<strong>de</strong>r 3 Städte in Dalmatien einnahmen.<br />
Aber siehe! Nach diesen so glücklich zum Guten <strong>de</strong>r ganzen christlichen Welt und zur<br />
Mehrung <strong>de</strong>s Glaubens erfolgten Taten. rü stet nach <strong>de</strong>m Beispiel se ines Großvater ' Lud-<br />
I )<br />
cnnutlich Mörser
72<br />
wigs XIV <strong>de</strong>s Königs <strong>de</strong>r Franzosen. Philipp. Herzog v. Anjou. <strong>de</strong>r Besi tzer <strong>de</strong>r spanischen<br />
M onarchie. eine Flotte aus unter <strong>de</strong>m lügenhaftesten Vorwand und Ver. prechen sogar<br />
gegenüber <strong>de</strong>m POl1li fex Maximus. er wolle diese zur Hilfe für die Vened iger gegen die<br />
Türken best immt sehen. und mllt dann unversehens in das Herrschaftsgebiet <strong>de</strong>s Kai sers<br />
ein . nümlich in das Köni greich Sardinien. bekriegt zu Land und See die königliche Hauptstadt<br />
Cagliari. und weil sie wegcn dcr Abgeschniucnheit von <strong>de</strong>n Orten keinen genügen<strong>de</strong>n<br />
Nachschub besorgen konnte, besetzen di e Spanier nach ehrenvollem Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s<br />
Generals v. Rubi diese Stadt, und schließlich ergab sich dieses ganze K önigreich ohne<br />
we iteren Wi<strong>de</strong>rstand. Er droht auch frech untcr Beistand <strong>de</strong>r italienischen Flic ten, <strong>de</strong>n<br />
K aiser aus <strong>de</strong>m Königreich eape\. <strong>de</strong>m Herzogtum Mailand und we iteren Orten Italiens<br />
zu ve rtreiben. Deshalb gibt <strong>de</strong>r Kaiser <strong>de</strong>n Türken. die um Frie<strong>de</strong>n billen. Gehör, aber so<br />
wie die Sachen stehen. wird er keinen ~o gü nsti gen. wie zuvor erhofft. erlan gen.<br />
Die nordi schen Köni ge arbeiten an einem Frie<strong>de</strong>n. aber ohne Erfolg: es herrscht we<strong>de</strong>r<br />
Frie<strong>de</strong>n noch Krieg unter ihnen. \ ührend in diesem Jahr keine feindselige Tat geschah.<br />
Die Untergebenen erhoffen sich on Wien eine Revision. aber ohne Aussichten.<br />
Man hat eine beste und reichliche Ernte gehabt und eine gute Weinlese. und edlen Wein<br />
geerntet. Das Maß Spelten wur<strong>de</strong> gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres um 32 Kreuzer verkauft. Aber <strong>de</strong>r<br />
Pre i ~ <strong>de</strong>s Weins ist noch nicht so sehr angestiegen: das Ohm neuen Breisgauers wur<strong>de</strong> um<br />
3 Gul<strong>de</strong>n 15 Kreuzer. <strong>de</strong>s Elsüssischen und Viellensischen ' um4 o<strong>de</strong>r 5 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />
I 7 I 8<br />
Was die Türken im vori gen Jahr vom Kai ser erbaten, das haben sie bei sei ner Anwescnheit<br />
erlan gt. nümlich <strong>de</strong>n ihnen erwünsc hten und <strong>de</strong>m Kai scr sehr notwendigen Frie<strong>de</strong>n ; dieser<br />
Frie<strong>de</strong> ist geschlossen wor<strong>de</strong>n in Passarowitz, unter Vermittlung <strong>de</strong>r HolIUn<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r<br />
zwisc hen <strong>de</strong>m obengenannten Kai ser und Venedig auf dcr einen und <strong>de</strong>n Türken auf<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. Es behauptete <strong>de</strong>r Kai ser. was er durch seine glorrei chen Waffen erreicht<br />
hatte. nUmlieh Temesvar mit <strong>de</strong>m ganzen dortigen Banat und Belgrad mit einem<br />
großen Distrikt Serbiens, und dazu in Bos nien alle an <strong>de</strong>r Donau gelegenen Orte mit einem<br />
kleinen Distrikt in Kroatien. Es gestattete auch die Ollomanische Pforte <strong>de</strong>n Untergebenen<br />
<strong>de</strong>s Kaiser. freien Han<strong>de</strong>l durch die ga nze Türkei. we lches Pri vileg die kaiserlichen Kaufleute<br />
zugunsten <strong>de</strong>s ganzcn ungari schen Volkes und an<strong>de</strong>rer erstaunlich ausnützten. Für<br />
die Venediger war dieser Frie<strong>de</strong> nicht so ganz orteilhan: das ve rl orene Königtum M orea<br />
wu rd en "ie nUmlich <strong>de</strong>n Türken zu überlasse n gezwungen. wogegen ihnen im allerdings<br />
nicht gleichwertigen Wechse l ein kleiner Bezirk in Dalmatien zugestan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />
Es hütte, w ie wir hofften. innerhalb wcniger Jah rc die Türkci aus ganz Europa vertrieben<br />
wer<strong>de</strong>n können. hätten nicht die frie<strong>de</strong>nsbrecherischen Spanier nach Plan und Befehl <strong>de</strong>s<br />
Kardinal s A lberoni , <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n König und das ganze spani sche Volk beherrschte. <strong>de</strong>n Kaiser<br />
feindlich angegriFfen und ihn so zum Abschluss dieses Fri edcns gezwun gen.<br />
Kehren wir also zu diesem spani schen Krieg zurück: WLihrend <strong>de</strong>r ganzen winterlichen<br />
Zeit sind so große Vorbereitungen in <strong>de</strong>n Königreichen Spaniens getroffen wor<strong>de</strong>n, al s ob<br />
sie mit <strong>de</strong>r ganzen Welt Krieg anfangen wollten. Sie rü steten <strong>de</strong>shalb eine furchteinnößen<strong>de</strong><br />
Flotte aus. die mit Soldaten und an<strong>de</strong>rer kriegeri scher usrüstung bestens versehen wa r.<br />
Inzwischen bemühten sich die Könige Frankreichs und Englands unermüdlich. <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />
in Europa zu erhalten. in<strong>de</strong>m sie diese streiten<strong>de</strong>n Parteien beruhigten: Vorschläge.<br />
I ) Bühlenal ("7)
73<br />
dass <strong>de</strong>r König von Spanien <strong>de</strong>m K aiser außer Neapel auch das Königreich Si zilien. <strong>de</strong>m<br />
König von Sizilien aber Sardinien abtreten sollte. nahm <strong>de</strong>r Kaiser an; die Könige von<br />
Spanien und Si zilien aber wi<strong>de</strong>rsprachen, von <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r letztere bi sher schwankte, welche<br />
Bedingungen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Parteien er für sich günsti ger und ratsamer beurteilen so lle. Im<br />
Gegenzug zu <strong>de</strong>n vom König von Spanien gemachten ungün stigen Bedingungen wiesen<br />
die Englän<strong>de</strong>r diese zurück, rüsteten ebenfalls ei ne Flotte aus und schickten sie ins Mittelmeer.<br />
Wohin <strong>de</strong> halb die spani ehe Flotte ziele. erwarteten die Neapolitaner mit Sorge:<br />
aber gegen aller Erwartung wandte sich diese feindliche Flotte nicht gegen <strong>de</strong>n Strand von<br />
eape !. son<strong>de</strong>rn gegen Sizilien, wo ie die Sizi lianer. die <strong>de</strong> savoyischen Jochs überdrü. <br />
sig wa ren, freudig empfingen. Jetzt erst fleht <strong>de</strong>r zwei<strong>de</strong>utige und unbeständige König von<br />
Sizilien <strong>de</strong>n Kaiser und die Englün<strong>de</strong>r um Hilfe an. Z ur Stelle sind also die Englän<strong>de</strong>r mit<br />
ihrer Flotte unter <strong>de</strong>m Herzog von Bings und heißen die Spanier sich aus diesem Mittelmeer<br />
zu entfernen, wenn sie nicht mit Gewa lt vertrieben wer<strong>de</strong>n wollten. Die stolzen Spanier<br />
aber lachten über diesen Befehl: aber ihr L achen wan<strong>de</strong>lte sich bald in Weinen. Die<br />
panier greifen die Englän<strong>de</strong>r an. aber mit unglücklichem Ausgang: sie mussten nicht nur<br />
<strong>de</strong>n energischen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r verspüren. so n<strong>de</strong>rn diese ge amte feindliche<br />
spanische Flotte wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn geschlagen, wobei fast alle Schi ffe überwältigt.<br />
versenkt o<strong>de</strong>r gekapert wur<strong>de</strong>n. Aber durch diese ie<strong>de</strong>rlage wur<strong>de</strong> die spani che<br />
Großmannssucht nicht gebrochen o<strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>mütigt. Eine Einigung mit <strong>de</strong>m Kai ser einzugehen<br />
lehnen sie bisher ab und führen sogar in Sizilien Krieg mit glücklichem Elfolg. weil<br />
sie verschie<strong>de</strong>ne Städte erobert haben ohne j eglichen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s Kaisers und <strong>de</strong><br />
Savoyers.<br />
Um <strong>de</strong> 'halb für Europa <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rherzu stellen, gingen <strong>de</strong>r Kai ser, die Könige<br />
Frankreichs und Englands untereinan<strong>de</strong>r ein Bündnis ein , und ließen zu dieser Verbindung<br />
auch <strong>de</strong>n König von Sizilien zu. <strong>de</strong>m an Stelle Sardiniens ein Königreich aus <strong>de</strong>m M ailün<strong>de</strong>r<br />
St aat zuerkannt wur<strong>de</strong>. Es streben auch die Hollän<strong>de</strong>r an. diesem Bündni beizutreten,<br />
während die Spanier abraten, aber auch diese sind bi sher unentschlossen, in<strong>de</strong>m sie<br />
überlegen. ob sie <strong>de</strong>m Bündnis beitreten o<strong>de</strong>r eher die eutralität wäh len . ollen.<br />
Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres wur<strong>de</strong> in Frankreich eine Rebellion aufge<strong>de</strong>ckt. die. vom spanisc<br />
hen Gesandten eingeleitet, zum Untergang <strong>de</strong>s Königs und <strong>de</strong>s Regenten ruhren sollte.<br />
mittels <strong>de</strong>rer die Spanier auch Frankreich in ihre Gewa lt zu bringen suchten; ob es sich<br />
aber nicht für sie zum Ver<strong>de</strong>rben auswachsen wird. wird die Zeit lehren.<br />
In <strong>de</strong>n nordi schen Königreichen strebt man immer einen Frie<strong>de</strong>n zu erreichen. aber immer<br />
ohne Erfolg. Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres kämpfte <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n unglücklich um<br />
eine Entscheidung in orwegen bei <strong>de</strong>r Belagerung von Fre<strong>de</strong>riksten, wobei <strong>de</strong>r König<br />
elbst um Kampf teilnehmend durch eine Kugel getroffen elend tarb, und das ohne große<br />
Trauer <strong>de</strong>r Seinen. aber unter großem Jubel bei seinen Fein<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r ganzen Welt. Dieser<br />
Köni g <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>n und Goten war ein gewaltiger Krieger, aber auch ruhelos und<br />
rastlos. die wenigste Zeit in seiner Resi<strong>de</strong>nz: die mehrere Zeit seines Kön igtums verbrachte<br />
er in Lagern , niemals verheiratet, und so. nach verschie<strong>de</strong>nen Kämpfen. an <strong>de</strong>nen er immer<br />
allzuwenig vorsichtig, allzLlviel ungestüm teilnahm, verstarb er sch ließlich elend. ein Reich<br />
zurücklassend. das in seinen Mitteln erschöpft. von Armut allzusehr bed rückt und von<br />
verschie<strong>de</strong>nartigen öten LInd Fein<strong>de</strong>n angefüllt war. ohne <strong>de</strong>n notwendigen Erben.<br />
In diesem Jahr verschied im Herrn <strong>de</strong>r Hochehrwürdige und Ausgezeichnetste Herr Johann<br />
Ernst Pfister, <strong>de</strong>r Heiligsten Theologie Doktor, <strong>de</strong>s Ehrwürdigen Rott we iler Kapitels<br />
Dekan und Pfarrer zu Rottei!. frolllmen Ge<strong>de</strong>nkens. an <strong>de</strong>ssen Stelle durch ei n timmige
74<br />
Wahl <strong>de</strong>r Wahlberechtigten am 5. Jul i zum Dekan erwählt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Höchstzuverehren<strong>de</strong><br />
Herr Dominikus Straub. zuvor Kämmerer und PFarrer in Oberndorf,ein alter M ann von 74<br />
Jahren; als Kümmerer wur<strong>de</strong> erwLihlt <strong>de</strong>r Sehr Ehrwürdi ge Herr Johann Michael Staimer.<br />
zuvor Sekretär <strong>de</strong>s Kapitels und Pfarrer zu Deisslingen uSW.: zum Sekretär durch ei nstimmige<br />
Wahl <strong>de</strong>r Kammer meine Wenigkeit.<br />
Wir haben in diesem Jahr einen trockenen und dürren Sommer gehabt. heftigste Hitze hatte<br />
uns allzusehr im Griff; abe r die Temperatur war für Getrei<strong>de</strong> und Reben sehr günsti g.<br />
daher hatten wir eine reiche Ernte un d Weinlese. Um Jahresen<strong>de</strong> wu r<strong>de</strong> das M aß Spelten/<br />
Kernen um 26 und20 Kreuzer verkauft, das Ohm besseren neuen Weines um 3 Gu l<strong>de</strong>n 30<br />
Kreuzer.<br />
1 7 1 9<br />
Den in Sizilien begon nenen Krieg setzen auf bei <strong>de</strong>n Seiten die Kaiserlichen unter <strong>de</strong>m<br />
Oberbefehlshaber General v. M ercy. die Spanier un ter <strong>de</strong>m Herzog <strong>de</strong> Le<strong>de</strong> unvermin<strong>de</strong>rt<br />
fort. Harte Kümpfe, j edoch unter verschie<strong>de</strong>nem Erfolg. fan<strong>de</strong>n zwischen bei<strong>de</strong>n statl. und<br />
j e<strong>de</strong>s Heer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n rühmt sich seiner Siege. Die hochberühmte Stadt M essina ergab sich<br />
erst nach hartnLickigem Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>n nsri gen. Inzwischen muss General v. M ercy mit<br />
zwei Fein<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n spani schen oldaten und <strong>de</strong>n sizilianischen Bau ern. um die Entscheidung<br />
kümpfen: dieser Krieg wird hauptsüchlich auch durch <strong>de</strong>n dritten Feind er chwert,<br />
nämlich Hunger und Mangel an allen Dingen. wogegen auch <strong>de</strong>r kai serliche Soldat kämpfen<br />
muss. ngeachtet <strong>de</strong>ssen j edoch mu ssten sich im Lauf <strong>de</strong>r Zeit alle Städ te dieses Reiches<br />
<strong>de</strong>n K aiserlichen ergeben außer Palermo.<br />
In Frankreich rüstete <strong>de</strong>r Regent ein großes Heer aus gegen die Spanier, mit <strong>de</strong>m er im<br />
Herzogtum Katalonien anfänglich einige Fortschrille, größere allerdings in <strong>de</strong>r Biscaya<br />
machte. in<strong>de</strong>rn er die am M eer gel egenen Städte Fonterabi a und San Sebasti an bezwang.<br />
Auch die Engliin<strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>ten mit ihrer Flotte in Vigos und mel<strong>de</strong>ten große Beute. Die Spanier,<br />
zum Wi<strong>de</strong>rstand gegen so viele Fein<strong>de</strong> unterl ege n. beginnen an Frie<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>nken.<br />
In <strong>de</strong>n nordi schen Königreichen und SI eziell in Schwe<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n K önigsstuhl<br />
erhoben Ulrike. die Schwester <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs. W ährend die Dänen daran <strong>de</strong>nken.<br />
einen Son<strong>de</strong>rfri e<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n einzugehen und ein solcher schon lange mit<br />
<strong>de</strong>m Köni g von Preussen geschlossen wa r, brachen die Moskowiter mit einern großen Heer<br />
in Schwe<strong>de</strong>n ein und richteten unersetzlichen Scha<strong>de</strong>n an; sie wur<strong>de</strong>n j edoch durch die<br />
Flotte <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r und das Heer <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>n zum Rü ckzug gezwungen. Inzwischen<br />
aber quält <strong>de</strong>r Hunger die Schwe<strong>de</strong>n en tsetzlich.<br />
Am Fest <strong>de</strong>s Hlg. Jakobus brannte die in unserer Nachbarschaft gelegene württembergisehe<br />
Stadt Dornhan durch Blitzschl ag völlig nie<strong>de</strong>r mit A usnahme von zwei Häusern .<br />
Der pfLilzische Wahl fürst in Hei<strong>de</strong>lberg hat an <strong>de</strong>r Kirche zum Heiligen Geist. in <strong>de</strong>r bi s<br />
jetzt die Katholiken <strong>de</strong>n einen und die Kal vinisten <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Teil in Besitz hatten, nunmehr<br />
aus diesem ~e in e m Besitzanteil die Hugenollen ausgewiesen und <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>n<br />
K atholiken zuerkannt. Dadurch hat er große Entrüstung bei dcn Häretikern auf sich gela<strong>de</strong>n:<br />
ihre Klagen gegen dieses Allentat bringen die Protestanten bei <strong>de</strong>n Königen von<br />
England und Preussen vor, und bcrcits stellen die besagtcn Könige zusammen mit <strong>de</strong>n<br />
Hollän<strong>de</strong>rn Rep ressalicn an , in<strong>de</strong>m sie Klös ter in ihren Reichen :lunlcbcn, bis vom Wahl <br />
fürsten eine Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>s al tcn Z usta nds ge leistct sci . Was in <strong>de</strong>r Z ukunft sein<br />
wird. wird die Zeit bringen.
75<br />
In diesem Jahr hatten wir einen allzu trockenen und äußerst heißen Sommer; von Mitte<br />
April bis Mitte August fiel kein Regen; <strong>de</strong>shalb lrocknere das Getrei<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn aus.<br />
so dass für das Vieh Heu und Stroh ganz wenig gesammelt wur<strong>de</strong>; die Sommerfrüchte<br />
gingen wegen <strong>de</strong>r Trockenheit <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns größtentei ls zugrun<strong>de</strong>. Das Wintergetrei<strong>de</strong> dagegen<br />
ergab eine reiche Ernte, und das Maß Spelten wur<strong>de</strong> meist um 34 Kreuzer verkauft.<br />
Eine rei che Weinlese hatte auch das Kinzigtal. und das Ohm neueren und edleren Weines<br />
kostete 2 Gul<strong>de</strong>n 15 Kreuzer.<br />
1720<br />
In diesem Jahr hatten wireinen sehr enrägl ichen Winter, doch in <strong>de</strong>n Monaten Februar und<br />
März fiel <strong>de</strong>r Schnee so dicht, dass dadurch mehrere Hirsche und hier und dort auch M enschen<br />
hängen blieben und umkamen . A uch an mehreren Orten ließen die allzusehr durch<br />
die M asse <strong>de</strong>s Schnees bis zum Mai nie<strong>de</strong>rgedrückten Wintersaaten nur eine karge Hoffnung<br />
auf die Ernte aufkommen.<br />
Die Heilige Apostolische Mission, die wir im vori gen Jahr ersehnt hatten, haben wir end <br />
lich in diesem Jahr erhalten. Denn am 8. Mai, am 4. Gebetsfeiertag (Mittwoch) sind bei<br />
un eingezogen die Hochehrwürdigen Patre Kar! Maliardo. Michael Kolb und Franz Xaver<br />
Baier, Priester <strong>de</strong>r Societas Je u. als Prediger. die wir mit einer Prozession am sogenannten<br />
Grü<strong>de</strong>khlin-Platz empfangen und nach Begrüßung durch eine Re<strong>de</strong> eingeholt haben.<br />
Ihren Aufenthalt halten sie im PFarrhau s.<br />
Si e hielten während <strong>de</strong>r Folgen<strong>de</strong>n sieben Tage täglich in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit auF einem<br />
th eatermäßi g errichteten Gerüst vormittags eine Exhortatio und Instruktion über die zu<br />
leisten<strong>de</strong> Bestrebung. eine Erklärung <strong>de</strong>r Messe. dann nach B eendigung <strong>de</strong>s Heiligsten<br />
Amtes eine Predigt: nachmittags ein Uhr K atechese. 3 Uhr Predigt. 5 hr In truktion über<br />
die zu leisten<strong>de</strong> Prüfung <strong>de</strong>s Gewissens. und zweimal zu dieser Zeit eine Prozession. Die<br />
Zusammenkünfte waren nicht so zahlreich besucht, wie wir erwartet hatten, wegen <strong>de</strong>s<br />
Dauerregens; die Anstrengungen wegen <strong>de</strong>r Beichte waren aber nicht verfehlt, und mehr<br />
als 5000 M enschen haben wir in diesen acht Tagen bei Beichte und K ommunion gezählt.<br />
An ständi gen Beich ti gern hatten wir außer <strong>de</strong>n Mi. sions-Patre. und <strong>de</strong>n ier Pf;:ln"ern unserer<br />
Dynastie zwei Dom inikaner-Patre' , vier Kapu ziner und zwei Jesuiten. Die Wirkung<br />
dieser Heiligen Mission war hier bes 'er als sonst. weil viele Hun<strong>de</strong>rte von bewussten<br />
Generalbeichten abgelegt wur<strong>de</strong>n, von so lchen. die sich bisher nicht an ihre Pflichten gehalten<br />
hatten. Gott möge befestigen. was er bewirkt hat.<br />
Der spanische Klieg ist soweit been<strong>de</strong>t, dass kraft von Vorverhandlungen <strong>de</strong>r König von<br />
Spanien <strong>de</strong>m K aiserdas Königreich Sizilien und <strong>de</strong>m Herzog von Savoyen das Königreich<br />
Sardinien zugestan<strong>de</strong>n hat. Für die Endlösung dieses Frie<strong>de</strong>ns ist Cambrai, eine Stadt in<br />
französisch Flan<strong>de</strong>rn. bestimmt wor<strong>de</strong>n.<br />
Zwischen Moskowitern und Schwe<strong>de</strong>n dauert <strong>de</strong>r Krieg noch an, wobei die ersteren die<br />
Übermacht haben und <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n verwe igern.<br />
Eine gewaltige Bewegung rief im Rei ch die Vertreibung <strong>de</strong>r Calvinisten aus <strong>de</strong>r Kirche<br />
Hlg. Geist in Hei<strong>de</strong>lberg durch <strong>de</strong>n Wahl fürsten <strong>de</strong>r Pfalz hervor. Unzählige und auch<br />
an<strong>de</strong>re Klagen erheben diesc <strong>de</strong>shalb gegen die Katholiken vor <strong>de</strong>r Versammlung in Regensburg.<br />
Der Köni g von Preusse n vor allem. als <strong>de</strong>r private und tapferste Verteidiger<br />
dieser Häretiker. sammelt ein zahlreiches Heer und droht mit Krieg; <strong>de</strong>n Beistand versprechen<br />
die HolIHn<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r. und auch die Schweizer. wie es heißt, rüsten sich, und<br />
in unserer achbarschaft die Lutheraner. Diesen Attentaten. die nicht sorgsam organisiert
76<br />
sind. stellt sich aber <strong>de</strong>r Kaiser unerschrocken entgegen. Er bittet. diesen Prozes vor ein<br />
kaiserliches Tribunal zu bringen kraft <strong>de</strong>r kai serlichen Konstitutionen: er bewegt <strong>de</strong>n pfälzischen<br />
Wahl fürsten zur Rü ckgabe <strong>de</strong>r Kirche I-Ilg. Geist an die Protestalllen und mi ssbilligt<br />
die Repressalien <strong>de</strong>s Köni gs von Preussen. <strong>de</strong>n er auch zur Rückgab <strong>de</strong>r be chl agnahmten<br />
Klö ·ter zwang. Inzwischen besteht <strong>de</strong>r Kaiser darauf und drängt dazu, das <strong>de</strong>r<br />
geschüdigte Teil seine Klagen in <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>s Recht s und <strong>de</strong>s richterlichen Prozesses bei<br />
ihm als <strong>de</strong>m Höchsten Richter und Z ustündigen vorbringe und dass er <strong>de</strong>n Richterspruch<br />
gemüß <strong>de</strong>n kai se rlichen KonstilUtionen und <strong>de</strong>n Vereinbarungen <strong>de</strong>s Westfälischen Frie<strong>de</strong>ns<br />
erwa rt e. Bis j etzt weigert sich <strong>de</strong>r un verschämte ca l vinisti sche König von Preussen.<br />
in Sachen <strong>de</strong>r Religion <strong>de</strong>n katholischen Kaiser als Ri chter anzuerkennen. Die Zeit wird<br />
<strong>de</strong>n A usgang dieser unerqu icklichen und gefährlichen ngelegenheit bringe n.<br />
Weil die Saaten im Frühjahr durch <strong>de</strong>n dauernd darüberliege n<strong>de</strong>n Schnee gehemmt wur<strong>de</strong>n.<br />
war die Ernte <strong>de</strong>r Winterfrucht nicht reichlich. reichl icher aber die Ernte <strong>de</strong>r Sommerfrüchte:<br />
und auch <strong>de</strong>r Preis stieg nicht viel an: das M aß Spelten/ Kernen wur<strong>de</strong> um 40 und<br />
.+5 Kreuzer ve rkauft. Kälte und überreichliche Regengüsse in <strong>de</strong>n M onaten Juni , Juli und<br />
A ugust behin<strong>de</strong>rten <strong>de</strong>n Reifungsprozess <strong>de</strong>r Trauben. Deshalb haben wir wähleri schen<br />
chramberger <strong>de</strong>n neuen ess igsauren Wein we<strong>de</strong>r probi ert. noch kenn en wir seinen Preis:<br />
das Ohm alten. im Jahr 17 19 gekelterten Weines wur<strong>de</strong> meist um 2 Gul<strong>de</strong>n. 15 Kreuzer<br />
verkauft: We in vom Jahr 17 18 kostete 3 Gul<strong>de</strong>n.<br />
Eine elen<strong>de</strong> Pest suchte in diesem Jahr die Provence. eine französ ische Provinz, heim. und<br />
vor an<strong>de</strong>ren Orten die Stadt M arseille. wo über 40000 M ensch en zum Opfer gefallen se in<br />
so llen: einige Ortschaft en in <strong>de</strong>r ae hbarschal't sind entvölkert. Fast ganz Europa setzte<br />
diese ve r<strong>de</strong>rbliche Seuche in Schrecken.<br />
172 I<br />
A m 2 1. Mürz am Fest St. Joseph entschlicl' üu ße rst fromm zu Rom im Herrn <strong>de</strong>r Heiligste<br />
Vater und Herr, H err Papst CI emens. seines amens X l., im Alter von 72 Jahren. nach<strong>de</strong>m<br />
er 20 Jahre. 3 M onate, 22 Tage auf <strong>de</strong>m Stuhl gesessen halte. Dieser Höchste Pontifex<br />
führte ein unta<strong>de</strong> ligstes Leben und war geachtet durch <strong>de</strong>n Ruf <strong>de</strong>r Hei ligkeit. nerschrokken<br />
unterdrückte er die Dogmen <strong>de</strong>r Jansenisten, <strong>de</strong>ren Zahl in Frankreich allzusehr anwuchs.<br />
Ihre Lehren verdammte er durch die KonstilUtion 'Unigenitus' als häreti sch, und konnte ni e<br />
dazu gebracht we r<strong>de</strong>n, die 'e Damnation zu wi<strong>de</strong>rrufen o<strong>de</strong>r zu mil<strong>de</strong>rn , noch gestaltete cl'<br />
eine hartnück ige Appellati on an ein zukünftiges Generalkonzil. Diese Janseni sten sind<br />
auch j etzt noch nicht ganz ausgerottet: bi ~ heute nämlich gibt es noch ier Bischöfe in<br />
Frankreich. und <strong>de</strong>r Spruch <strong>de</strong>r Exkommnikati on ist noch bi s heute nicht veröffentlicht.<br />
Nächstens aber soll er. wie es heißt, gegen sie erl assen wer<strong>de</strong>n, und als Häretiker werd en<br />
sie bezeichnet wer<strong>de</strong>n on <strong>de</strong>m neuen Papst. Dieser ist am 8. M ai, nämlich am Fest <strong>de</strong>r<br />
Erscheinung <strong>de</strong>s Hlg. Michael, durch e in ~ timmi ge Abstimmung <strong>de</strong>r Herren Kardinäle (von<br />
<strong>de</strong>nen 55 im Konklave anwesend waren) als das Höchste Haupt sichtbar erwählt wor<strong>de</strong>n,<br />
nämlich <strong>de</strong>r Hocherhabenste Kardinal Michelangelo Fürst v. ConLi. im Alter von 66 Jahren.<br />
Innozenz XIII. genannt. Die. e Familie Conti so ll nach vier Ersten Fürsten j etzt schon<br />
<strong>de</strong>n fünFten sich anrechnen können.<br />
Die anstecken<strong>de</strong> Seuche hört nicht auf, Frankreich übe l mitzuspi elen: sie breitet sich sogar<br />
täglich mehr aus. <strong>de</strong>nn . ie greift auch auf an<strong>de</strong>re Städle au ßer Marseille über, nümlich<br />
Toulon. ix, A rl es, Avignon. Orange usw.usw .. und fast alle umliege n<strong>de</strong>n Dörfer hat sie<br />
entvö lkert: sie hat auch <strong>de</strong>n Languedoc und mehrere umliege n<strong>de</strong> Gegen<strong>de</strong>n elTeiehl. Damit<br />
Gott nicht auch unser Deut sc hl andll1it diesem Übel heimsuche. sind von un seren Vor-
77<br />
gesetzten öffentliche Billhandlungen angesetzt wor<strong>de</strong>n . nämlich dass die Billen angesicht<br />
<strong>de</strong>s Verehrungswürdigen Sakraments gesichert wer<strong>de</strong>n so llen und dass nach <strong>de</strong>m mittäglichen<br />
Engelgebet die Glocke gegen die Pest geschlagen wird und drei Vaterunser und Ave<br />
gebetet wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Kongress von Cambrai rLir die Stiftung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>n<br />
Englän<strong>de</strong>rn, Franzosen und Spaniern ist noch nicht eröffnet und geschehen: wann er aber<br />
sein wird. weiß man noc h nicht.<br />
In <strong>de</strong>n nordischen Königreichen haben die Schwe<strong>de</strong>n vom Großen Mo kauer Zar Frie<strong>de</strong>n<br />
erlangt, aber zu großem Scha<strong>de</strong>n für sich.<br />
Die Sache <strong>de</strong>r Prote. tanten wird in <strong>de</strong>n Zusammenkünften von Regensburg noch verhan<strong>de</strong>lt.<br />
und die Häretiker übertreiben ihre Klagen allzusehr. j edoch anerkennen sie <strong>de</strong>n Kaiser<br />
als Obersten Richter. und so hören die Drohungen mit Krieg auf, weil sie die M acht <strong>de</strong>s<br />
Kaisers fürchten.<br />
Was das Getrei<strong>de</strong> betri fft. so haben wir ein sehr fruchtbares Jahr gehabt. Das M aß Spelten/<br />
Kernen ist meist um 32 Kreuzer, Hafer um 10 Kreuzer verkauft wor<strong>de</strong>n. Wein haben die<br />
Talbewohner nicht so edlen geerntet und auch nicht so viel; alten Wein haben sie hierzulan<strong>de</strong><br />
um vier Gul<strong>de</strong>n ve rkauft. <strong>de</strong>n neuen um 3 Gul<strong>de</strong>n und auch zu geringerem Preis.<br />
1722<br />
Der Winter war in diesem Jahr ziemlich ertrUglich, Februar. M ärz und April so warm. dass<br />
sogar am 24. Mürz unter fürchterlichen Donnersc hlägen ein schrecklicher Hagel nie<strong>de</strong>rfiel.<br />
<strong>de</strong>r allerdings bis jetzt keinen Scha<strong>de</strong>n für die Saaten hervorrufen konnte. aber eine Vorankündigung<br />
wcu' Für <strong>de</strong>n nächsten künftigen Scha<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r - 0 Schmerz! - am 7. Juni fo lgte,<br />
als <strong>de</strong>r Hage l an versc hie<strong>de</strong>nen Orten Scha<strong>de</strong>n verursachte. Das größte Übel be<strong>de</strong>ckte in<br />
unserer Gegend vo r an<strong>de</strong>ren Orten vier Güter; in Sulzbach zerstörte es die ganze, in Apfelbach<br />
die halbe Ernte. in Aichhal<strong>de</strong>n. Waldmöss ingen, Hochmössingen. Winzeln die ganze<br />
Ernte insgesamt und völlig; die L eute von Hardt. Hintersulgen, Tuningen erlitten großen<br />
Scha<strong>de</strong>n: an mehreren Orten im Würtlembergischen ollen nicht nur die Früchte. son<strong>de</strong>rn<br />
auch die Gräser <strong>de</strong>r Wiesen völlig verni chtet sein. Bisher hat die göttliche Güte die Schramberger<br />
versc hont, die wir bisher kaum merklichen Scha<strong>de</strong>n erlitten haben. M öge Gott auch<br />
künftig ein so lches Übel on uns abwehren.<br />
Bester Frie<strong>de</strong> ist in Kraft. aber <strong>de</strong>m Kongre s in Cambrai hat es noch nicht geFallen. zu<br />
Abschluss und Sicherung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns zu kommen wegen <strong>de</strong>r vielen M ei nungsverschie<strong>de</strong>nheiten<br />
<strong>de</strong>r streiten<strong>de</strong>n Parteien.<br />
Fürchterliche Vorbereitungen hane <strong>de</strong>r Herrscher von M os kau getroffen (<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n<br />
Titel eines Kai sers <strong>de</strong>r Ru ssen angenommen und auch gewünscht hat. von allen Fürsten<br />
Europas damit geehrt zu wer<strong>de</strong>n. dies aber von <strong>de</strong>n mächtigeren noch nicht erlangen konnte);<br />
er hatte eine große Zahl von Soldaten zu sammengezogen. mit <strong>de</strong>nen er vielen Königreichen<br />
Schrecken eingejagt halle. <strong>de</strong>r jedoch schwand , als er sein zahlreiches Heer gegen<br />
die Perser lenkte, die gegen ihren König rebellierten. ur geringen Erfolg hat er sich mit<br />
großem Aufwand erkauft.<br />
In die em Jahr ist auch <strong>de</strong>r König von Frankreich gekrönt und Für minorenn erklärt wor<strong>de</strong>n.<br />
Wir hatten ein sehr fruchtbares Jahr. ausgenommen die Orte. <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Hagel gescha<strong>de</strong>t<br />
hat: das M aß Spelten wur<strong>de</strong> um 28 Kreuzer verkauft. Haber um 10 Kreuzer. Wein erntete
78<br />
man in mittelmäßi ger M enge und Qualiüit. Der alte wird hierzulan<strong>de</strong> um 3 Gul<strong>de</strong>n 30<br />
Kreuzer verk auft, <strong>de</strong>r neue um 2 Gul<strong>de</strong>n 30 Kreuzer.<br />
J 723<br />
[n diesem Jahr ist nichts Denkwürdiges gesch hen bi s zum 27.September, an <strong>de</strong>m im Herrn<br />
verstarb die äußerst fromme Erlauchteste Herrin Maria Theresia Catharina verwitwete Baronin<br />
v. Bissingen, Herrin in Schramberg, Grunzheim und Wi lIenhofen, geborene GrüFin v.<br />
Grafeneck und Biberach, wo sie ihren letzten Tag beschloss: sie wur<strong>de</strong> hierher überführt<br />
und in <strong>de</strong>r Pfarrkirche im Chor auf <strong>de</strong>r Epi stelseite ihrem Mann auch im To<strong>de</strong> zugesellt.<br />
Vor ihrem Hinschei<strong>de</strong>n hat sie viele fromme und große Legate vermacht, neben sonsti gen<br />
für un se re Fabrik 100 Gul<strong>de</strong>n, rLir die Rosenkranz- Bru<strong>de</strong>rschaft 50 Gul<strong>de</strong>n usw. usw. Möge<br />
sie im heiligs ten Frie<strong>de</strong>n ruhen.<br />
[n diesem Jahr ist neben an<strong>de</strong>ren Kapiteln auch unse r Ehrwürdiges Rottweiler Kapitel<br />
general isitiert wor<strong>de</strong>n, nämlich durch <strong>de</strong>n Hocherl auchten und Hochmögensten Herrn<br />
Herrn Franz Johann Anton Freiherr von und zu Sirgenstein. Bischof von Utina, Suffragan <br />
bi . chof und General vikar: ferner durch <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten und Hochedlen und Gnädigen<br />
Herrn Joseph Fran z v. Schorno, <strong>de</strong>r heiligsten Theol ogie Doktor und Protektor. <strong>de</strong>r Apostolischen<br />
Kath edralkirche zu Konstan z Archidiakon. Kanoniker <strong>de</strong>s berühmten Kollegs<br />
St. Stephan ebendort und on St. Pclagius zu Bischofsze ll und General visitator; ferner<br />
durch <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten Hochedlen Herrn Franzisku s Johann Albert v. Gol<strong>de</strong>nast. Kanoniker<br />
und Kapitular an <strong>de</strong>r berühmten Kirche St. Steph an. Es dauerte diese Vi sitation<br />
gegen die Sitte vom 4. ovember bi s 28. <strong>de</strong>sselben M onats. nämlich in Triberg, Wolfach,<br />
Oberndorf und Rottweil. In dieser Zeit sind geweiht wor<strong>de</strong>n die Pfarrkirchen in Triberg.<br />
Schoppach und Seedorf. die Pil gerherberge zur Ruhe Christi in Rotlweil; ge firmt wur<strong>de</strong>n<br />
im ganze n Kapitel 9 850 M enschen.<br />
Z ur sei ben Ze it erzichtete auf das Dekanat <strong>de</strong>r Höc hst Ehrwürdige Herr Dominikus Straub,<br />
Pfarrer in Oberndod·. ein 80-jähriger Greis, und schon vorher auf die Kämmerei <strong>de</strong>r Höchstehrwürdige<br />
Herr Johann Michael Staimer, Pfarrer in Deiss lingen. Zum Dekan wur<strong>de</strong> erwählt<br />
<strong>de</strong>r Höchst Ehrwürdige Edle und Ausgezeichnetste Herr Johann Bapti t Degen. Doktor<br />
<strong>de</strong>r Theo logie und Direktor <strong>de</strong>r Pi Igerstülle Triberg. Deputatus und Pfarrer ebendort: zum<br />
Kämmerer meine Wenigkeit.<br />
Ernte halten wir di eses Jahr reichlich, eine Weinlese millierer Quantität. aber guter Qualität.<br />
Der Preis für bei<strong>de</strong>s blieb <strong>de</strong>rselbe wie im vorigen Jahr.<br />
J 724<br />
Einen Winter hatten wir in diesem Jahr so mild, dass er kaum Winter genannt wer<strong>de</strong>n kann .<br />
We<strong>de</strong>r im vori gen. noch in diesem Jahr be<strong>de</strong>ckte nach Weihnachten Schn ee <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n,<br />
und auch die Gewässer sind nie zugefroren; mit einem Wort: einer so lchen mil<strong>de</strong>n Luft und<br />
Wärme können sich se lbst die M enschen hinmlfigsten Greisenalters nicht erinnern . Im<br />
pril endlich. aber nur an wenigen Tage n. fi el einiger Schnee.<br />
In diesem Jahr haben wir eine neue M onstranz für un se re Kirche in Augsburg fertigen<br />
lassen: dafür verwe n<strong>de</strong>ten wir das früher erwähnte L egat <strong>de</strong>r gnädi gen Herrin froll1men<br />
Ge<strong>de</strong>nkens für unse re Fabrik und für die Rosenkranz- Bru<strong>de</strong>rschaft lind eine Monstran z<br />
alls Lallterbach usw. Diese ganz alls Silber ge fertigte M o n ~ tra n z wiegt 10 Mark 13 Lot und<br />
kostet insgesamt 233 Gul<strong>de</strong>n, Zusendung 2 Gul<strong>de</strong>n.<br />
111 8. M ai ve rstarb Hußerst fro mm <strong>de</strong>r Heiligste Vater und Pontifex M ax imlls [nnozenz<br />
XII .. nac h<strong>de</strong>m er im Pontifikat 3 Jahre und 2 1 Tage gesessen hatte. Es folgte ihm im
79<br />
Pontifikat am 29. Mai auf gemeinsamen Beschluss <strong>de</strong>r Hervorragendsten Kardinäle <strong>de</strong>r<br />
H ervorragendste Kardinal <strong>de</strong>r Kirche Sl.Romana Vinzenz M ari a, Fürst v. Ursino. aus<br />
eapel. Dekan <strong>de</strong>s Heiligen Kollegiums. Erzbischof von Benevent au <strong>de</strong>m Dominikaneror<strong>de</strong>n.<br />
75 Jahre all und seit 47 Jahren Kardinal, genannt Benedikt XIII. An diesem Hochheiligen<br />
Vater wird gelobt eine einzigartige Verl ässlichkeit. eine wun<strong>de</strong>rbare Demut und<br />
außeror<strong>de</strong>nt I iche Weishei t.<br />
Im vori gen Jahr hat Philipp V. König von Spanien. <strong>de</strong>m Thron entsagt und ein einfaches<br />
Leben gewählt: er hat al s König bestimmt 'einen Erstgeborenen Sohn Ludwig aber al<br />
dieser in <strong>de</strong>r Blüte seiner Jugend durch allzu frühen Tod hingerafft wur<strong>de</strong>. hat <strong>de</strong>r Vater<br />
Philipp wie<strong>de</strong>r die Regierung angetreten.<br />
Der Kongres von Cambrai wird ohne Ergebni s ich vielleicht bald auflösen, und darau<br />
sind neue Kriege zu befürchten: <strong>de</strong>nn überall erfolgt Aushebung von Soldaten. GOll möge<br />
das zum Guten wen<strong>de</strong>n und un in Frie<strong>de</strong>n bewahren.<br />
Die Bauern haben in diesem Jahr keine reiche Ernte gesammelt: es sti eg <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Prei<br />
von Spelten auf über 50 Kreuzer, Hafer wur<strong>de</strong> das M aß um 17 o<strong>de</strong>r gar um 20 Kreuzer<br />
verkauft. Guten Wein, aber nicht so reichlich. haben sie geerntet; <strong>de</strong>r neue wird um 2<br />
Gul<strong>de</strong>n 30 Kreuzer verkauft, <strong>de</strong>r alte um 3 Gul<strong>de</strong>n 40 Kreuze r.<br />
Zu Weihnachten ist in Rom mit <strong>de</strong>r Öffnung <strong>de</strong>r Gol<strong>de</strong>nen Pfol1e ein Jubiläum ausgerufen<br />
wor<strong>de</strong>n, und außerhalb <strong>de</strong>r Stadt sind alle Ablässe für e1as folgen<strong>de</strong> Jahr aufgehoben wor<strong>de</strong>n.<br />
1725<br />
Wir hatten einen fri edvollen Winter in diesem Jahr und gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vori gen Jahrs. aber<br />
einen meist kalten und durch dauern<strong>de</strong> Regen feuchten Sommer; von Mitte April bis zum<br />
M onat Juli regnete es fas t täglich, während doch von A nfang Februar bis Mitte April eine<br />
so lch große Trockenheit herrschte. dass wir sogar mit Bitten elen Regen herbeizuflehen<br />
gezwungen waren, während wir j etzt nicht einmal mit Bitten einen heiteren Himmel von<br />
Gott zu erl angen vermocht haben.<br />
M os kau versetzte in Trauer <strong>de</strong>r un vermutete Tod seines M onarchen. <strong>de</strong>s Kaiser Peter.<br />
von uns Zar <strong>de</strong>r Große Fürst von M oskau genannt. Dieser glori ose M onarch hat eine ganz<br />
an<strong>de</strong>re Lebens\ ei. e. und einen gemäß <strong>de</strong>r Sitte an<strong>de</strong>rer Königreiche Europas politischen<br />
Zustand in se inen barbari schen Reichen einge führt: er war ein erhabener Kriegsheld. bezwang<br />
die Schwe<strong>de</strong>n. j agte an<strong>de</strong>ren Königreichen Schrecken ein, kämpfte zuletzt glücklich<br />
in Persien gegen <strong>de</strong>n Rebellen. Mireweis genannt. und zwang viele Orte, an er ter<br />
Stelle Derbent. unter seine Herrschaft. In <strong>de</strong>r Regierung folgte ihm seine Gemahlin. die<br />
schon cin Jahr früher zur Kaiserin von Großru ss land gekrönt wor<strong>de</strong>n wa r.<br />
Der Frie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Kaiser Karl VI. und <strong>de</strong>m spani schen K önig Philipp V , an <strong>de</strong>m<br />
sc hon drei Jahre lang in Cambrai vergeblich gearbeitet wur<strong>de</strong>, ist in diesem Jahr im M onat<br />
M ai zur Verwun<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r ganze n Welt zu Wien in Österreich glücklich und unerwartet<br />
geschlossen, ratifiziert und ve röffentlicht wor<strong>de</strong>n.<br />
Der Heiligste Papst Benedikt XIII. ze igt überall die A nzeichen großer Heiligkeit. auch in<br />
seiner Lebensweise: er fährt fort. Krankenh äuser zu besuchen. die von Schwermut Bedrückten<br />
zu trösten un d zu erquic ken. die A rmen mit hinreichen<strong>de</strong>r Unterstützu ng zu versorgen.<br />
auf wun <strong>de</strong>rbare Weise Kranke zu heilen. Dül110nen aus <strong>de</strong>n Be. essenen auszutreiben<br />
usw. usw. Er hat das sechste Laterankonzi I fe ierl ich eröffnet. durch das er vor an<strong>de</strong>rem<br />
<strong>de</strong>n Lebenswan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Kleriker und die Sitten in Italien in besseren Zustand zurückgeführt
80<br />
hat und diejenigen, <strong>de</strong>ren Leben nicht mit <strong>de</strong>n klerikalen A nfor<strong>de</strong>rungen vereinbar wa r.<br />
von kirchlichen Einkünften ausgeschlossen und <strong>de</strong>njenigen, die willentlich ei nen M ord<br />
begangen haben, die kirchliche Immmunitüt abgesprochen hat; er ordnet auch viele an<strong>de</strong>re<br />
heilsamste Maßnahmen an.<br />
In Thorn , ei ner polnischen Stad t, sind gewaltige Unruhen ausgebrochen zwischen Katholiken<br />
auf <strong>de</strong>r einen und Ca lvinisten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. wo wegen einer Ohd'eige, die<br />
ei n katholisc her Stu<strong>de</strong>nt einem Ca l vinisten verabreichte, <strong>de</strong>r mit be<strong>de</strong>cktem Haupt vor<br />
ei ner vorüberziehen<strong>de</strong>n Prozess ion mit <strong>de</strong>m verehrungswürig ten Sakrament dastand, große<br />
Tumulte entstan<strong>de</strong>n si nd: die Ca lvinisten sperrten <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nten ein, die katholi schen<br />
Stu<strong>de</strong>nten zum Ausgleich ebenfalls <strong>de</strong>n Ca l inisten, worauf das häreti sche Volk sich sammelte<br />
und in das Jesuitenkolleg eindrang. alles verwüstete und die Statuen Ch ri sti und <strong>de</strong>r<br />
Seligsten Jungfrau mit ihren Schwertern zerhi eben und ins Feuer warfen, usw. usw. Um<br />
<strong>de</strong>n Tumult zu schlichten, wur<strong>de</strong>n königl iche Soldaten <strong>de</strong>n Katholiken zu Hi I fe geschickt.<br />
durch eine köni gliche Kommission darauf eine Untersuchung <strong>de</strong>s Falles an gesetzt. einige<br />
HauptrLi<strong>de</strong> lsführer geköpft. an<strong>de</strong>re von <strong>de</strong>r Uni ersität ausgeschlossen, <strong>de</strong>r ganze Magistrat<br />
abgese tzt usw.<br />
ber die 'en Prozess beschweren sich die Köni ge von Preussen und England, und drohen<br />
mit Krieg. wen n die polnischen Katholiken nicht <strong>de</strong>n Reformierten Genugtuun g geben<br />
sollten. Ein e Beilegun g zu erreichen haben sich ergeblich <strong>de</strong>r Kaiser und die Hollän<strong>de</strong>r<br />
bemüht. und die Pol en sind <strong>de</strong>shal b standhaft bereit. für ihren Glauben zu kämpfen. Wie<br />
das sch ließlich en<strong>de</strong>n soll. erwa rten wir gespannt: fa st alle glauben. dass ein Religionskrieg<br />
unausweichlich bevorsteht.<br />
Wegen <strong>de</strong>r dauern<strong>de</strong>n kalten Regengüsse, die auch während <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Ernte anhielten,<br />
haben wir zwar ei ne reichliche Ernte erhalten, aber die Bauern haben ihre Garben. die im<br />
Regen bereits auf <strong>de</strong>n Äckern ausgewachsen \ aren, fast verdorben geerntet: <strong>de</strong>shalb stampfen<br />
sie die kaum essbaren Brote klein .<br />
Es ist daher <strong>de</strong>r Preis für das Getreid' ge fallen. und das Maß Spelten wird rLir 24 Kreuzer<br />
verkauft. Hafer für 10 Kreuzer. Und wei l die Trauben unreif gekeltelt wur<strong>de</strong>n, gab es<br />
dieses Jahr einen sauren und ungeni eßbaren Wein: das Ohm alten Weins wird für 4 Gul<strong>de</strong>n<br />
verkauft, neuer wird hi esigen Orts we<strong>de</strong>r ge trunken noc h gesehen.<br />
1726<br />
Der Winter wa r hart. vor allem wegen <strong>de</strong>r Dichte <strong>de</strong>r Schneefülle, die nicht wenig die<br />
Saaten bedrückte. In diesem Jahr stellten sich die im origen Jahr geäußerten Drohungen<br />
<strong>de</strong>r Kön ige Preussens und <strong>de</strong>r übrigen Ca lvinisti sc hen Potentaten als nichtig herau. und<br />
keine einzige <strong>de</strong>rarti ge wur<strong>de</strong> auch nur wie<strong>de</strong>r erwähnt. Im Gegensatz dazu erheben sich<br />
gegen die bei<strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten, Kaiser und spani schen König Phi li pp. an<strong>de</strong>re ähnlich Verbün<strong>de</strong>te.<br />
die Englän<strong>de</strong>r. Franzosen . Hollän<strong>de</strong>r und Preussen, on <strong>de</strong>nen die ersten sich<br />
weigern, die Stadt Gibraltar <strong>de</strong>n Spaniern zurLickzugeben. und die übrigen alle die in <strong>de</strong>r<br />
Stadt Osten<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n kaiserlichen Untertanen zum großen cha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hollän<strong>de</strong>r eingerichtete<br />
Schiffahrt nach Indien und <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l mit <strong>de</strong>n merikanern zu dul<strong>de</strong>n ablehnen<br />
und zu ve rhin<strong>de</strong>rn bestrebt sind. Deshalb geschehen von bei<strong>de</strong>n ei len größte Vorbereitungen<br />
zu ei nem un vermeidlichen Krieg. und Liberall wird eine Menge Soldaten zusammengezogen.<br />
Der Kaiser ver. ucht zwar mit allen Mitteln ver<strong>de</strong>rbliche Kriege von Europa fernzuhalten<br />
und verbLin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>shalb mit <strong>de</strong>r Moskuuer Herrsc herin . Doch wir befürchten zu<br />
Recht <strong>de</strong>n un vermeidlichen Krieg fLi r das niichste Jahr. wenn nicht Gott in seiner Güte ihn<br />
von un: abwen<strong>de</strong>t.
81<br />
Fürchterliche Donnerschl äge. wie sie seit vielen Jahren kaum gehört wur<strong>de</strong>n. haben uns<br />
häufig erschreckt, zumal sie verschie<strong>de</strong>ne Brän<strong>de</strong> allenrhalben verursacht haben. Weil die<br />
Dichte <strong>de</strong>s Schnee <strong>de</strong>n Winter hindurch die Saaten ganz gewaltig bedrückt hat. hatten wir<br />
hier eine reiche. freilich nicht nach <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r Garben. aber nach <strong>de</strong>r Güte <strong>de</strong>r Frucht<br />
kaum erreichbare Ernte. So brachte dieses Jahr auch zwar edlen, aber keine große M enge<br />
Wein hervo r, <strong>de</strong>r schon zu Anfang September von reifen Trauben geerntet wurd e. Der<br />
Preis <strong>de</strong>s neuen Getrei<strong>de</strong>s übersteigt weit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>s alten. ein eltenes VorkoIllmnis, da die<br />
neue zu 50 Kronen, die alte zu 30 Kronen verkauft wor<strong>de</strong>n ist: <strong>de</strong>r Prei s <strong>de</strong>s Weins blieb<br />
fast gleich w ie im vergangenen Jahr.<br />
1 727<br />
Eine erträgliche Kälte und se ltene Schneefälle brachte dieser Winter.<br />
Da von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn eine Rück führung <strong>de</strong>r Stadt Gibraltar und <strong>de</strong>r Inse l Port Mahon<br />
nicht geschah, machten hieraus die Spanier <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s Krieges und belagerten die<br />
besagte Stad t Gibraltar. Da aber durch verschie<strong>de</strong>ne umgehen<strong>de</strong> Krankheiten <strong>de</strong>r größte<br />
Tei I <strong>de</strong>r spani schen Soldaten hingerafft war, und <strong>de</strong>r Oberbefehl shaber Las Torri . <strong>de</strong>n<br />
hel<strong>de</strong>nhaften Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Belagerten erfahren hatte. bl ieb ihm nur wen ig Hoffnung auf<br />
Erfolg. In<strong>de</strong>ssen bestand <strong>de</strong>r Kai ser mit allen Mitteln darauf, dass <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> überall in <strong>de</strong>n<br />
Europäi chen Reichen bewahrt bl eibe: <strong>de</strong>shalb lieh er in Vorverhandlungen <strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten.<br />
Franzosen. Englän<strong>de</strong>rn . Hollän<strong>de</strong>rn , das Ohr. setzte sich für die angelaufene Schiffahrt<br />
an die amerikani chen Kü sten. als Stein <strong>de</strong>s Anstoße '. ein und unterschrieb die vereinbarten<br />
Vorverhandlungen. Die Spanier. die geheißen wur<strong>de</strong>n. kraft dieser Vorverhandlungen<br />
die Belagerung Gibraltars aufzugeben und das gekaperte Schiff. Friedrich genannt.<br />
zurückzugeben, zögerten lange: sch ließl ich gaben sie <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r otwendigkeit nach<br />
und versprachen bei<strong>de</strong>s: sie hoben die schon 3/4 Jahre dauern<strong>de</strong> Belagerung Gibraltars auf<br />
und versprachen zusätzl ich die Rückgabe <strong>de</strong>s Schiffes. Während nun <strong>de</strong>r König von England,<br />
Georg 1. am Frie<strong>de</strong>n arbeitete. sagte ihm <strong>de</strong>r Tod einen unerwarteten und un vorhergesehenen<br />
Krieg an. und dieser allgemeine Feind <strong>de</strong>s menschlichen Gesch lechts überfiel<br />
diesen Hel<strong>de</strong>n während einer Reise von England zu seinen <strong>de</strong>utschen Hannoverschen Provinzen<br />
plötzlich. erdrück te und löschte ihn aus. zur großen Trauer von ganz England. Aber<br />
leicht wischte sich die Tränen ab <strong>de</strong>r neue bald gewählte und auf <strong>de</strong>n königlichen Thron<br />
erhobene Georg 11. von Hannover. <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Königs. als er verkün<strong>de</strong>t und<br />
bald darauf gekrönt wur<strong>de</strong>.<br />
Die gleiche Tyrannei <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s erlill auch die Hochberühmte Kai serin <strong>de</strong>s russischen Reiches:<br />
sie hinterliess die ri esigen Gebiete dieses Reiches ihrem noch jugendlichen, aber<br />
ed len Enkel Peter 11.. <strong>de</strong>r auch bald darauF das on seiner Großmutter begonnene Bündnis<br />
mit <strong>de</strong>m Römisch-Deutschen Kaiser festigte.<br />
Die Türken wur<strong>de</strong>n überheb lich gemacht, weil ihnen die Hälfte <strong>de</strong>s Persischen Reiche<br />
zufiel durch einen Frie<strong>de</strong>n mit Mirowitz. <strong>de</strong>m Besitzer dieses Reiches, einem Anhänger<br />
<strong>de</strong>s Türkenglaubens. Durch diesen Frie<strong>de</strong>n gewannen die Türken mehrere rei chste Län<strong>de</strong>r.<br />
sodass e: für die Christen zum nicht geringen Ver<strong>de</strong>rben wer<strong>de</strong>n kann . Zunächst haben sie<br />
schon <strong>de</strong>m K ai 'er von Russland <strong>de</strong>n Krieg angesagt und treben die Rückgabe <strong>de</strong>r im<br />
Persischen Reich eroberten Provinzen an.<br />
Eine reichliche Ernte haben wir in diesem Jahr gehabt, Gott sei Lob. Das Maß Spelten wird<br />
um 30 Kreuzer verkauft, Haber um 33 Kreuzer. Die Rebenranken hallen eine sehr reiche<br />
Ernte bester Qualität ver prochen: aber die allzugroße M enge <strong>de</strong>r Trauben hat diesen Reben<br />
gescha<strong>de</strong>t: die Unmenge an Trauben. w ie sie seit M enschenge<strong>de</strong>nken nie gesehen<br />
wur<strong>de</strong>. hat erhin<strong>de</strong>rt. dass sie trotz bester Witterung zur nöti gen Reife gelangen konnten;
82<br />
<strong>de</strong>shalb verdarb ein großer Teil <strong>de</strong>s Mostes und <strong>de</strong>s Weins nach <strong>de</strong>m Pressen <strong>de</strong>r Trauben;<br />
<strong>de</strong>r übrige Wein aber ist bis j elzt sauer, we nngleich einige eine Verbesserung erhoffen. Das<br />
Ohm vom alten und besseren Wein kostet 4 Gul<strong>de</strong>n. vom neuen 2 bis 3 Gul<strong>de</strong>n.<br />
1728<br />
Der Winter wa r seh r erträglich. und die Kälte quälte uns nicht sehr.<br />
ach<strong>de</strong>m überall die Vorbereitungen <strong>de</strong>s zu vereinbaren<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>ns wie im vorigen Jahr<br />
erwähnt. untersc hrieben wa ren, wur<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Ort <strong>de</strong>r Zusammenkunft zur allgemeinen<br />
frie<strong>de</strong>nschnffen<strong>de</strong>n Ruhe in Europa nachgedacht, und die Wahl fiel auf Soissons, eine Stadt<br />
in Frankreich. wo auch die Gesandten <strong>de</strong>r Verbün<strong>de</strong>ten Wiener und Hannoveraner zusammenkamen.<br />
die mit größtem Eifer daran arbeiteten. wie <strong>de</strong>r allgemeine Frie<strong>de</strong> in Europa<br />
bewahrt wer<strong>de</strong>n könne. Doch die Hoffnung auf eine so lch heilsame Entwick lung schwand<br />
fast ganz, und <strong>de</strong>r ungeheure A ufwand blieb ohne Erfolg. Denn <strong>de</strong>r König von Spanien<br />
bestand hartnäckig darauf und for<strong>de</strong>rte zuvor die Rückgabe <strong>de</strong>r Stadt Gibraltar und <strong>de</strong>r<br />
sogenannten Inse l Port M ahon: aber <strong>de</strong>r König von England we igert sich dauernd und<br />
konnte auF keinen Fall zur Rü ckgabe dieser Orte bewegt wer<strong>de</strong>n . lie für se inen H an<strong>de</strong>l so<br />
wert vo ll sind. Deshalb mu ss man zu Recht ver<strong>de</strong>rbliche Kriege befürchten.<br />
Am 3.August zwischen 4 und 5 Uhr entstand ein heftiges Erdbeben in unserer Gegend und<br />
verursachte überall großen Schrecken. Dieses Beben w ie<strong>de</strong>rholte sich in <strong>de</strong>r Nacht um 9<br />
Uhr mit vermin<strong>de</strong>rter Stärke, gegen M orgen j edoch zwisc hen 2 und 3 Uhr erschütterte es<br />
die Er<strong>de</strong> von neuem mit noch heftigerer Gewa lt. Dieses Beben jagte <strong>de</strong>n M enschen teils<br />
Staunen, teils Schrecken ein, weil sich ein so lches seit M enschenge<strong>de</strong>nken noch nie in<br />
unserer Gegend mil so großer Slärke ereignet halle. Eine größere Gewalt die es unterirdisc<br />
hen Bebens verspürten die am Rhein gelegenen Orte, vor allem Straßburg, Frankfurt,<br />
Hci<strong>de</strong>lberg, Wonns, M annheim. Hanau, Orfenbach. A schaffenburg. Mainz usw., wo K a<br />
mine und Dächer mehrfach von <strong>de</strong>n Htiu sern geworfen wur<strong>de</strong>n und etliche Schä<strong>de</strong>n anri<br />
chteten.<br />
Zur Zei t <strong>de</strong>s Sommers trocknete allzugroße Hitze verbun<strong>de</strong>n mit nur seltenem Regen die<br />
Äcker aus und gestatteten eine nur mittelmäßige Ernte: beson<strong>de</strong>rs Hafer und Heu waren<br />
rnr. Hier wur<strong>de</strong> das M aß Hafer um 16 und 20 Kreuze r verkauft. lm Gegensatz dazu gaben<br />
die Weinberge einen reiehl ichen und guten Wein , aber er wu r<strong>de</strong> doch nicht zu einem günstigeren<br />
Preis verkauft wie im vori gen Jahr.<br />
Der Bau einer neuen Kirchc war schon lange erwogen wor<strong>de</strong>n und wur<strong>de</strong> endlich durch<br />
glückliche götLliche Hilfe zum gewün schten Ergebnis gebracht. Denn unsere alte Kirche<br />
war für di e große. täglich anwachsen<strong>de</strong> Pfarrgemein<strong>de</strong> und für di e auswärtige aus <strong>de</strong>n<br />
übrigen PFarreien un serer Herrsc haft an <strong>de</strong>n einzelnen Sonn- und Feiertagen reichlich zusam<br />
menströmen<strong>de</strong> M enge al lzu klein gewor<strong>de</strong>n und verl angte zu Recht eine größere; sie<br />
wur<strong>de</strong> also in diesem Jahr nach <strong>de</strong>r Länge um 25 . naeh <strong>de</strong>r Breite um 5 Fuß vergrößert. und<br />
so mit Ausnahme <strong>de</strong>s Chors eine gan z neue Kirche errichtet. Den Bau leitete <strong>de</strong>r Rottweiler<br />
Unterbaumeister Scharff", UlllerSlüLzt von sei nen Brü<strong>de</strong>rn Georg und Jakob Scharff,<br />
zwei Tirolern. Z um Frondienst wur<strong>de</strong>n alle Einwohner <strong>de</strong>r Dynastie herangezogen. Dieser<br />
Esel hielt sich nicht an die frühere Bau weise (?), son<strong>de</strong>rn erbaute gera<strong>de</strong>zu unersätt lich<br />
mei ne Kirche. die schOll seit 1I Jah ren baufällig war 2 •.•.<br />
I ) da rübergeschricbcn: ein Esel<br />
2) hier fol gt ein Fchl zcichcn
83<br />
L729<br />
Der Winter war lang und sehr kalt, und zwar so, dass er fast gleich war wie <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n wir<br />
1709 gehabt haben ; dichte. tel' Schnee fiel. und dies dauerte bis Mitte M onat M ai; <strong>de</strong>m<br />
fol gte eine sehr trockene Hitze, die das Gras auf <strong>de</strong>n Wiesen und <strong>de</strong>n Hafer auf <strong>de</strong>n Äckern<br />
o sehr austrocknete, das ' die Bauern überall über <strong>de</strong>n Mangel an H eu und Streu-S troh<br />
klagten.<br />
In diesem Jahr wur<strong>de</strong> ein neuer Altar im Chor erstellt auf Kosten <strong>de</strong>r Kirchenfabrik. ge fertigt<br />
von Johann Ig naz Schupp aus Villingen.<br />
Mit großen Kosten haben bisher in Soisson die Gesandten über die Erstellung eines allgemeinen<br />
Frie<strong>de</strong>ns verhan<strong>de</strong>lt;j etzt sind sie un verrichteter Sache auseinan<strong>de</strong>rgegangen. Endlich<br />
aber kamen die Könige <strong>de</strong>r Spanier und Englän<strong>de</strong>r soweit unter sich überein, dass <strong>de</strong>r<br />
erste <strong>de</strong>m zwei ten Port M ahon und die Stadt Gibraltar zum endgültigen Besitz überließ;<br />
<strong>de</strong>r König von England dagegen verspricht. Karl, <strong>de</strong>n Infanten von Spanien, in die Tos kani<br />
chen Provinzen einzulassen. Aber da diese Verträge ohne Wissen und gegen <strong>de</strong>n Willen<br />
<strong>de</strong>s K aisers abgeschlossen wor<strong>de</strong>n . ind, protestiert und wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r Unbesiegbarste<br />
K aiser <strong>de</strong>n Vereinbarungen, und so muss man neue Kriege befürchten.<br />
Der heißeste Sommer und dabei feh len<strong>de</strong>r Regen haben Gräser und Hafer nicht aufkommen<br />
lassen; das Getrei<strong>de</strong> jedoch hat gegen Erwartung <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>s vergangenen Jahres<br />
nicht übersti egen; die Reben aber haben im Gegensatz dazu eine reiche Ernte ergeben: das<br />
Ohm früheren Weins kostet über 4 Gul<strong>de</strong>n, das Ohm <strong>de</strong>s neueren aber 2 Gul<strong>de</strong>n.<br />
1730<br />
In diesem Jahr hätte man die winterlichen M onate wegen ihrer Mil<strong>de</strong> eher frühling harte<br />
nennen können, da wir in diesem Zeitraum keinen Schnee haben herabfallen sehen bi s fa st<br />
zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Februars: dann erst halte die Härte <strong>de</strong>s Winters angefan gen, in<strong>de</strong>m häufigere<br />
und dichtere SchneefUlle einsetzten. beson<strong>de</strong>rs um die Mitte <strong>de</strong>s M ärz, al: am 23. M ärz<br />
dichteste Regenfälle 24 Stun<strong>de</strong>n lang herabprasselten und darauf, nach einigen beträchtlichen<br />
chnee fällen in <strong>de</strong>n Bergen. in <strong>de</strong>n Tälern überall und beson<strong>de</strong>rs in un erem<br />
Schramberger Tal die Gewässer sowei t anschwollen, dass sie zu ei nem fürchterl ich wüten<strong>de</strong>n<br />
Strom anwuchsen, <strong>de</strong>r mit seinem Ungestüm viele Stämme, allgemein " f1otzholz" l<br />
genannt , und alle Brücken mit sich ri ss. dazu noch das Haus von Ignaz Fischer bei <strong>de</strong>r Säge<br />
völlig. und das Haus <strong>de</strong>s hi esigen Färbers Jakob Schwartz zur H äl fte abriss und wegführte;<br />
und nach<strong>de</strong>m obendrein die Wiesen im Tal unrettbar zerstört waren, ' uchten sich die Gewässer<br />
einen an<strong>de</strong>ren Lauf, als <strong>de</strong>r vori ge durch Felsbrocken angefüllt war; j a sogar <strong>de</strong>r<br />
Chor <strong>de</strong>r Kirche geriet in Gefahr nach <strong>de</strong>m teilwei. en Zerfall <strong>de</strong>r Friedhof mauer. Die<br />
Bewohner <strong>de</strong>r Häuser nahe am Strom räumten diese, ließen sie zurück und Ilüchteten sich<br />
darauf zu sichereren Orten, j a sogar minen in die Berge im dichtesten Regen, bela<strong>de</strong>n mit<br />
ihren Bün<strong>de</strong>ln bei stürmi scher achl. Die Schrecken und Schä<strong>de</strong>n kann man nicht zur<br />
Genüge beschreiben und ist dazu nicht im Stan<strong>de</strong>. Die Schä<strong>de</strong>n. di e auch an<strong>de</strong>re T äler,<br />
Kinzigtal, Wutachtal , Elzachtalusw. durch diese Überschwemmungen erlitten, haben, wenn<br />
man <strong>de</strong>n Beri chten Glauben schenken darf, die unsri gen sogar weit übertroffen. Derarti ge<br />
Überschwemmungen waren in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren die Vorzeichen <strong>de</strong>r schwersten<br />
Kriege. Der Gott <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns möge auch diese wenigstens von uns abwen<strong>de</strong>n.<br />
I) fl OlZho lz = fl o ttes Ho lz (7) = FlößerSlälllllle e)
84<br />
A m 2 1. Februar ve rstarb auf hei I igmUßigste Weise <strong>de</strong>r Hochhei I ige Vater Benedikt XIII..<br />
<strong>de</strong>r Oberste Pontifex, nach<strong>de</strong>m cr im Pontificat 5 Jahre. 8 M onate und 22 Tage gesessen<br />
hatte. Im Leben zeichnete er sich durch große Heiligkeit und durch viele be<strong>de</strong>utsame erwiesene<br />
Wun<strong>de</strong>rtaten aus; Deshalb wird er ohne ZweiFel schon in geheiligtem Fri e<strong>de</strong>n<br />
ruhen.<br />
173 I<br />
Fürwahr. au ch du. mein guter Vorgünger.j eglichen Lobes Rühmung würdiger M ann. wirst<br />
ohne Zweifel in heiligstem Frie<strong>de</strong>n ruhen. Dir hat eier unerbittliche Tod <strong>de</strong>n Fa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ines<br />
Lebens und <strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Denk würdigkeiten mit <strong>de</strong>r Si chel abgeschnitten. am 25.<br />
M ärz 173 1. gera<strong>de</strong> am festlichen Tag von Ostern . um die Mittag stun<strong>de</strong>, wo ich al s Hofkap<br />
lan anwese nd war und dir die mprehlung <strong>de</strong>r Seele sprach. als du , über alle Gra<strong>de</strong><br />
unse res dörllichen Rott weiler Kapitels aufsteigend schließlich <strong>de</strong>n höchsten Grad seiner<br />
Wür<strong>de</strong>. nämlich das Dekanat. erreicht hatt est. im Alter von 66 Jahren. Der verehrungswürdige<br />
Mann hat dieser Schramberger PFarrei vorgestan<strong>de</strong>n unter verschie<strong>de</strong>nen Schicksa lsfü<br />
llen ulld Tumulten <strong>de</strong>, französisc hen Krieges und unter j ammervollen Überfällen durch<br />
Feuer und Wasser kaum glaubliche 3 1 Jahre und einige Monate. In <strong>de</strong>n Sitze n <strong>de</strong>r Himmli<br />
schen. so bitte ich. ge<strong>de</strong>nke meiner!<br />
Es setzt also fort die Denkwürdigkeiten schriftlich festzuhalten und <strong>de</strong>n achkommen<br />
zum Lesen zu überliefern, <strong>de</strong>s geachteten M annes. nämlich <strong>de</strong>s Johann Hüener. un würdiger<br />
achfo lger Johann Bapti st Ignaz Olwang.<br />
Dem aus <strong>de</strong>m Leben geschie<strong>de</strong>ncn Papst Bcnedikt XIII. folgte C1 emens XII. aus <strong>de</strong>r Erlauchtesten<br />
Familie Corsini, geborcn in Fl orenz 1652. nach einer langen, etwa 3 M onate<br />
andauern<strong>de</strong>n strittigen Verhandlung. wobei <strong>de</strong>r eine Teil <strong>de</strong>n Königen von Spanien und<br />
Frankreich. <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re. stärkere. j edoch un se rem Unbes iegbarsten Kaiser anhing und ihn<br />
begünsti gte. beruren durch einmütigen Beschluss und bstimmung <strong>de</strong>r purpurtragen<strong>de</strong>n<br />
Viiter und auf <strong>de</strong>n höchsten Sessc l eier streitbaren Kirche erhoben
85<br />
bald an<strong>de</strong>rs geklei<strong>de</strong>t. Der Au. gang die. es erstaun lichen Verfahrens wird in ganz Europa<br />
mit höchster Spannung erwartet.<br />
icht viel wen iger Verdruss auch bereitet unserem Heiligsten <strong>de</strong>r K önig von Sardinien.<br />
<strong>de</strong>r Herzog von Savoyen USW., weil er durch <strong>de</strong>n Vorgänger Benedikt mehrere Privilegien<br />
<strong>de</strong>r Römischen Kurie erhalten hat, und zwar höchst ver<strong>de</strong>rbliche, wie die Kurie protestiert,<br />
die <strong>de</strong>r neue Höchste Geweihte wi<strong>de</strong>rru fen und aberkannt haben will.<br />
Gleichfalls bereitet <strong>de</strong>m Papst nicht kleine Beschwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r frühzei ti ge und unerwartete<br />
Tod <strong>de</strong>s Herzogs von Parma und Pl acentia, in <strong>de</strong>ssen Städte und Gebiete <strong>de</strong>r Kaiser die<br />
schon vorzeiten aus Furcht vor einem Einfall <strong>de</strong>r Spanier in Italien stehen<strong>de</strong>n Truppen hat<br />
einmarsch ieren und alle Gebiete hat besetzen lassen, auf welche Fürstentümer doch <strong>de</strong>r<br />
Höchste Pontifex als Lehen, wie die Römische Kurie behauptet, Anspruch erhebt. während<br />
Kaiser und Reich sich wi<strong>de</strong>rsetzen.<br />
Bi her hatte <strong>de</strong>r Streit zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m Spanier, zwischen diesem und <strong>de</strong>m<br />
Englän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r schon so viele Jahre andauert und höchst berüchtigt ist, noch keinen günstigen<br />
A usgang nehmen können. Aber jetzt. Gott sei L ob!, beginnt ei ne bessere M öglichkei t<br />
aufzutauchen, in<strong>de</strong>m zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m K ön ig <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsbündnis e<br />
eingegangen wor<strong>de</strong>n sind; dazu kommt, wie die letzten Nachrichten verkün<strong>de</strong>n, ei n Bündni<br />
zwischen Spaniern und Hollän<strong>de</strong>rn , und so wird <strong>de</strong>r wohlbekannte D on earlos, Infant<br />
von Spanien. friedlich mit 6 000 spanischen Soldaten in Italien, <strong>de</strong>m Zankapfel, einmarschieren,<br />
um die Provinzen Etruri ens. Parmas und Pl acentias in Besitz zu nehmen.<br />
Die Kirche von Schramberg ist zwar neu erbaut wor<strong>de</strong>n, aber die Sakristei stand alt da; sie<br />
ist in diesem Monat Juni gleichfalls in bessere Form gebracht und erhöht <strong>de</strong>r Kirche angeglichen<br />
wor<strong>de</strong>n. Die Wein- und Wassergefäße und das Heiligtum <strong>de</strong>r M esse, aus Silber<br />
gefertigt, aber elend zerbrochen, hat <strong>de</strong>r Hocherlauchte und wohlmeinen<strong>de</strong> Herr v. Bissingen.<br />
<strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Ortes. reparieren bzw. aus ihnen neue zusammenschmelzen las en;<br />
dazu hat er dann noch einen Kelch gesti ftet. so da s jetzt die Kirche schon drei silberne<br />
Kelche besitzt. zwei kunstvoll gefertigte und einen einfach um geschmolzenen.<br />
Der Winter war in diesem lahr hart, aber wir haben schon härtere erfahren; es se i <strong>de</strong>nn.<br />
dass in einer Nacht ein so dichter Schnee gefallen ist. <strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m vorhergehen<strong>de</strong>n<br />
und nachfolgen<strong>de</strong>n zu ei nem so lchen Hauren anwuchs, wie er seit Menschenge<strong>de</strong>nken<br />
noch nie gesehen wor<strong>de</strong>n ist. und zwar so hoc h. dass er überall über die Schu ltern ei nes<br />
Mannes großer Statur hinausreichte; alles ersc hien eben, keine Mauern und Zäune waren<br />
zu erblicken. Aber dieser Schnee richtete nicht viel Scha<strong>de</strong>n an, außer dass er <strong>de</strong>n Reisen<strong>de</strong>n<br />
Unbequemlichkeiten und Verspätungen einbrachte. Er fl oss allmäh lich ab, oh ne dass<br />
man es merkte. meist von <strong>de</strong>n feurigen Strahlen <strong>de</strong>r Sonne verflüssigt, bis in <strong>de</strong>n M ai<br />
hinei n hartnäckig sich haltend.<br />
Bemerkenswertes ereignete sich in diesem Sommer 173 1 nicht. es se i <strong>de</strong>nn, dass man slets<br />
einen neuen Krieg beabsichtigte, <strong>de</strong>r sich schließlich fas t in einen General fri e<strong>de</strong>n verwan<strong>de</strong>lte,<br />
da <strong>de</strong>r als Vermittler diese Frie<strong>de</strong>ns öfters erwähnte D on CU'los, Sohn <strong>de</strong>s besagten<br />
Phil ipps V. von Anjou, <strong>de</strong>s K önigs von Spanien, mit <strong>de</strong>n Seinigen nach Italien abzog. in<br />
<strong>de</strong>r Tat schon Infant und Herzog genannt.<br />
Die Einwohner <strong>de</strong>r Lnse l Korsika. <strong>de</strong>r genu esischen Republik unterworfen, aber schon seit<br />
zwei Jahren und länger <strong>de</strong>n legitimen Herren wi<strong>de</strong>rspensti g und Rebellen, wer<strong>de</strong>n sich<br />
endlich, wie die ach ri chten mitteilen. <strong>de</strong>n siegreichen Waffen un seres Kaisers Karl s V.<br />
unterwerfen.
86<br />
1732<br />
Der Winter wa r uns in diesem Jahr ziemlich gnädig; aber am 28. M ai sehi ckte er einen für<br />
un 'er Gebiet ziemlich schrecklichen Sturm mit Blitz und Hagelfällen, welche die Teile. die<br />
ie trafen. er taunlich verwüsteten: diesem unheil vollen Unwetter folgte eine solche M enge<br />
äußerst wüten<strong>de</strong>r Wasser. di e aus <strong>de</strong>n Bergen in unser Tal zusammen nossen, dass nicht<br />
so . ehr die Straßen. als vielmehr die fast weggeri ssenen Häuser, die überschwem mten<br />
Äcker. Wiesen und Gärten höchsten Scha<strong>de</strong>n da von ve rspürten: zu <strong>de</strong>ssen Beseitigung<br />
genügt nicht ein einziger M onat.<br />
Die Flotte, die vom spani. ehen König mit großem Aufwand ausgeba ut wor<strong>de</strong>n ist, hat<br />
einen nicht geringen Argwohn und Furcht in ganz Europa hervo rgerufen: zu wessen Ver<strong>de</strong>rben<br />
sie einmal auslaufen wird, wird die Zeit lehren.<br />
Sch ließlich klärte sich das M ysterium auf, als diese furchterregen<strong>de</strong> Flotte nach Afrika<br />
gegen die M auren, die Fein<strong>de</strong> <strong>de</strong>s christlichen amens au slief. In diesem Krieg besetzte<br />
<strong>de</strong>r Spanier die sehr bekannte Stadt Oran zusammen mit Maqualquivir gegen alle Erwartung<br />
gleich nach <strong>de</strong>n ersten A ngriffen. immerhin zwei Festungen, die, wie <strong>de</strong>n Christen<br />
sehr willkom men, so für die Fein<strong>de</strong> sehr ver<strong>de</strong>rblich sind.<br />
In diesem Jahr starben: I. Fran z Ludwig, Kurfürst von M ainz aus <strong>de</strong>m Geschlecht <strong>de</strong>r<br />
PHilzischen Fürsten; sein achfolger war Philipp Karl Freiherr v. Elz. 2. A loysius Noceni ga:<br />
sein ac hfolger als Doge von Vened ig war Ca r! o Ru zz ini . 3. Viktor Ama<strong>de</strong>us, Herzog von<br />
Savoyen und König von Sardinien: ihm folgte nach sein Sohn, Kar! Emanuel Viktor.<br />
An<strong>de</strong>rerseits ist in diesem Jahr nichts Erwä hnenswerte geschehen, außer das die Könige<br />
und Fürsten höch t beschäft igt sind. mit welchen festesten Bündnissen sie ich einer gegen<br />
<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren wappnen wollen.<br />
1 733<br />
Di eses .J ahr ließ uns nicht viel Gutes ahnen; <strong>de</strong>r Anfang brachte ntimlich verschie<strong>de</strong>ne<br />
Krankhei ten für Europa: allein <strong>de</strong>r Januar entriss un s zehn Schramberger. Der Winter war<br />
bisher gnädiger als im VOIj ahr: Januar und Februar ähnelten wegen ihrer Annehmlichkeiten<br />
fast frühlingshaften M onaten.<br />
Es sta rb Friedrich August. König von Polen und KurrLirst von Sachsen . Er hatte eine turbulen<br />
te Königsherrschafl, <strong>de</strong>nn im Jahr 1697 zum Köni g von Polen erwä hlt, sah er ich wegen<br />
<strong>de</strong>s Einfalls in Sach en im Jahr 1706 vom chwe<strong>de</strong>n schließlich gezwun gen, die Krone<br />
abzugeben: an seiner Stelle ließ Kar!. <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n polnischen Fürsten<br />
Leszinski nachrücken. Aber als <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>nkön ig im Jahr 1709 durch Peter, Zar genannt.<br />
<strong>de</strong>n ru ssischen Kaiser. besiegt wur<strong>de</strong> unter Mithilfe gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kurfürsten, durch<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong> gezwungen wor<strong>de</strong>n war, in die Türkei zu !lüchten, wo er lange in <strong>de</strong>r<br />
Stadt Ben<strong>de</strong>r sich aulhiell. da best ieg Friedrich August von neuem <strong>de</strong>n Thron : unter verschie<strong>de</strong>nen<br />
Streitigkeiten, wie sie <strong>de</strong>n Polen eigen sind, hat er bi s jetzt regiert , während <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re Kön ig Stan islaus weg!loh und die Partei <strong>de</strong>s Franzosen anflehte und ihn um Hilfe<br />
bat; mit Unterstüt zung durch die Millel <strong>de</strong>s Köni gs lebt er bis jetzt tatsächlich don. weil<br />
<strong>de</strong>r König <strong>de</strong>r Franzosen seine Tochter geheiratet hat.<br />
Endlich ist <strong>de</strong>r berüchti gte K ardinal v. Coscia. über <strong>de</strong>n wi r 173 1 geschrieben haben, wegen<br />
Verbrechen. wie man sagt, unter <strong>de</strong>m vori gen Regime und wege n Untreue als Sekretär<br />
<strong>de</strong>s Papstes zu 10-jähriger Ein kerkcrung in <strong>de</strong>r Engelsburg. im Volksmund Castel di Sr.<br />
Angelo genannt, verurteilt wor<strong>de</strong>n: we lches En<strong>de</strong> sein übles chicksal nimmt, erwartet<br />
man aurs gespa nnteste.
87<br />
Die Wahl <strong>de</strong>s neuen polnischen K önigs versetzt sicher ganz Europa in Unruhe, sodass<br />
nicht ohne Grund ein gefährlicher Krieg befürchtet wi rd .<br />
Und siehe! Der Krieg zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m Franzosen ist ausgebrochen. Die<br />
Ursache war fo lgen<strong>de</strong>: Stanislaus, <strong>de</strong>n ich oben erwähnt habe, ist zum zweiten Mal von<br />
sei nen Anhängern zum König von Polen erwählt wor<strong>de</strong>n und hat das Königreich unter<br />
Billigung <strong>de</strong>s französischen K önigs betreten. wur<strong>de</strong> aber kurz darau f wegen <strong>de</strong>r Gefahr<br />
durch <strong>de</strong>n drohen<strong>de</strong>n Ru ssen wie<strong>de</strong>r zum zweiten Mal zur Flucht gezwungen: an seiner<br />
Stelle wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Iithuani sc hen Gegenpartei zum Köni g gewählt <strong>de</strong>r Kurfürst von Sachsen,<br />
Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Königs von Polen. Folglich erklärte <strong>de</strong>r Franzose im Zorn<br />
gegen <strong>de</strong>n Kaiser wegen <strong>de</strong>ssen Partei. wie er sagt. <strong>de</strong>n Krieg. überschritt im M onat Oktober<br />
<strong>de</strong>n Rhein, belagerte die Festung K ehl und eroberte sie schließlich am 30. Oktober<br />
unter <strong>de</strong>m Anführer und Oberbefehlshaber Herzog <strong>de</strong> Berwick, M arschall von Frankreich.<br />
Die Festung Kehl wur<strong>de</strong> ei nige Wochen lang nicht allzu tapfer von <strong>de</strong>m Erhabensten General<br />
v. Pfüel verteidigt. Was nach Ablauf <strong>de</strong>s Winters sowohl <strong>de</strong>r Franzose als auch <strong>de</strong>r<br />
Kai ser beabsichtigen. wissen wir noch nicht. Vermutlich kommen zahlreiche österreichische<br />
Soldaten in unsere Gegend, um <strong>de</strong>m Franzo. en sei ne Grenzen zu zeigen.<br />
1734<br />
In diesem Jahr ist in Schramberg eine Mission abgehal ten wor<strong>de</strong>n durch drei Verehrung -<br />
würdige Missionspatres Joseph Perger. Ludwig Ligeritz und Simon Grässl von <strong>de</strong>n Jesuiten.<br />
Sie begann am 2. Juni und dauerte acht Tage lang. A m Missionskreuz sozu sagen vor<br />
<strong>de</strong>m Ölzweig ist außer <strong>de</strong>n Reliquien eine namentlich <strong>de</strong>m Heiligen Innoze nz geweihte<br />
Kerze zu erblicken.<br />
Der Krieg in Italien wird auch in unserem Gebiet tapfer von bei <strong>de</strong>n Seiten geführt. Die<br />
L ombar<strong>de</strong>i. von <strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten - Franzose n, Span ier, Savoyer - <strong>de</strong>m Kai ser entrisse n. ist<br />
<strong>de</strong>m Savoyer zugefallen. Fast das ganze Königreich Neapel, ebenfalls <strong>de</strong>m Kaiser entrissen.<br />
hat Don earl os, Sohn <strong>de</strong>s K önigs von Spanien durch seine zweite Gemahlin, Tochter<br />
<strong>de</strong>s H erzogs von Parm a, erhalten; die Franzosen sind bis jetzt zum Rhein vorgedrungen<br />
und haben Philippsb urg durch Belagerung eingeschlossen. wo sich General v. Wutgenau<br />
ausgezeichnet verteidigt.<br />
.B. Da Philippsburg erobert ist, dient es bi s j etzt <strong>de</strong>m Franzosen. Husaren mit Sichelschwertern<br />
haben in diesem Jahr <strong>de</strong>n Franzosen gewaltigen Scha<strong>de</strong>n zugefügt. Die Franzosen<br />
fürchten diese Sichelschwerter. erstaunlich wie sehr, und haben in diesem Jahr kein<br />
Gefecht am Rhei n gelierert. Aber die Franzosen haben allein bei <strong>de</strong>r Eroberung von Philippsburg<br />
mehr al 12000 Soldaten verl oren.<br />
[n ltalien haben die Deutschen unter <strong>de</strong>m Führer, Graf v. K ön igseck, die Verbün<strong>de</strong>ten<br />
besiegt. in die Flucht geschlagen. ihre L ager erobert und eine Beute. auf 80 000 Gul<strong>de</strong>n<br />
geschätzt, gemel<strong>de</strong>t.<br />
A uch in diesem Jahr sind zu uns gekommen die Hoc h-Ehrwürdigen Patres Missionare.<br />
nämlich Joseph Perger usw., wie ich oben sc hon geschrieben habe.<br />
Nachtrag<br />
.B. [m Jahr 1733 war in unserem Ehrwürdigen Rottwe iler Kapitel im Herbst zur Generalvisitation<br />
<strong>de</strong>rselbe, wie oben erwähnt. nämlich <strong>de</strong>r Verehrungswürdigste, Erl auchteste und<br />
Höchstgeehrte H err Herr Franz Johann Anton, Bischof von Utina, General -Suffragan-Vi <br />
kar zu Konstanz zusammen mit <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten und Angesehensten Herren l ohallll
88<br />
Franz v. Schorno. Or<strong>de</strong>ntl icher Genera 1-Vi si tator. und J ohan n Joseph Zell i ng. Kon vis i tator;<br />
von ihnen waren alle wir Pfarrer dieses Kapitels nach Roltweil ins Pfan'hau s zusammenberufen<br />
wor<strong>de</strong>n. wo die Generalvisitation für die einzelnen eingerichtet war und abgehalten<br />
wu r<strong>de</strong>. Der Prüfung habe ich mi ch zusammen mit meinem Vikar einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />
unterzogen unter <strong>de</strong>m Konvisitator. <strong>de</strong>m Höchst Ausgezeichneten Herrn Zelling; sie verlief<br />
ganz nach Wun sch. Der Hochehrwürdige Herr, Herr uffragan aber war in die Dörfer<br />
und Städte gereist und wei hte entwe<strong>de</strong>r Kirchen o<strong>de</strong>r A ltäre und heiligte sie. o<strong>de</strong>r wappnete<br />
die Knaben und M [idchen durch das Sakrament <strong>de</strong>r Heiligen Firmung.<br />
Und iehe! M erke es gut. mein bester Nachfolger! Während <strong>de</strong>r von mi r aufs angelegentlichste<br />
erbetene vorgenannte Herr. Herr Suffragan (Titel beiseite). schon die Reise zu un s<br />
erwog. um zugleich meine vor einigen Jahren neu errich tete Pfarrkirche zu wei hen und<br />
verbun<strong>de</strong>n damit <strong>de</strong>r schon genügend erwachsenen Jugend das ak rament <strong>de</strong>r Firmung zu<br />
spen<strong>de</strong>n. da schreckte eine plötzliche Furcht, um nicht zu sagen Panik, vor <strong>de</strong>m damals überlegenen<br />
Feind. <strong>de</strong>r zur selben Zeit die genannte Festung Kehl erobert hatte. und die alle<br />
ac hbarn ergriffen halle. sowohl j enen als auch uns von <strong>de</strong>m Versuch ab: <strong>de</strong>r Herr. Herr<br />
Suffragan reiste un verrichteter Sache weiter nach Konstan z, sodass bis zur künftigen General<br />
-Visitation die Knaben zur Erl:.lI1 gung <strong>de</strong>r Firmung das zwanzigste Jahr und mehr<br />
erreicht haben dürften: und wicviele wer<strong>de</strong>n bi s dahin durch ein vorzeitiges Schicksal - 0<br />
Schmerz! - abberufen wor<strong>de</strong>n sein! Das bedauere ich wahrlich von Herzen. Aber meinet<br />
\ egen ist dies nicht geschehen. Denn ich se lbst bin zu <strong>de</strong>m genannten H rrn. Herrn<br />
ulTragan. <strong>de</strong>r sich damals in Hanhausen aufllielt. gereist und habe ihm darge legt. wie<br />
gefährlich die Sache in Wahrheit sei. und dass wir vor einem Einfall <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s (vom<br />
Volk "Rinerpanei "I genannt). nicht so sehr sicher lebten. Dadurch bewogen. sah er von <strong>de</strong>r<br />
Reise zu un s ab.<br />
Und siehe da' Wir freuen un s. dass wir schließlich unsere Wünsche erfüllt gesehen haben.<br />
Denn un vermutet ist <strong>de</strong>rselbe Ehrwürdigste Herr. Herr ulTragan am 7. Oktober 1738 nach<br />
Schramberg gekommen. wo er an vier Tagen nacheinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n aus un erer Dynasti e und<br />
an<strong>de</strong>ren umliege n<strong>de</strong>n Orten zusammenströmen<strong>de</strong>n M enschen, die noch nicht gefirmt waren<br />
. seiner Wür<strong>de</strong> gemäß das Hcilige Sakramcnt <strong>de</strong>r Firmung spen<strong>de</strong>te. Am 8. Oktober<br />
we ihte er meine PFarrkirche mit <strong>de</strong>m Hauptalt ar; die bei<strong>de</strong>n Seitenaltäre zu weihen war<br />
nicht nötig. da sie ganz un versehrt und erh alten waren. Am 9. Oktober erhielt die Kirche<br />
von Lauterbach. die vor einem Jahr von Grund auf neu errichtet wor<strong>de</strong>n war. dieselbe<br />
Gna<strong>de</strong>. Am 11 . Oktober schließlich wu r<strong>de</strong> auch die vor einigen Jahren neu errichtete<br />
Kirche - .B. die künftige Pfarrkirche - in Aichhal<strong>de</strong>n 6eweihl. Bei allen drei Kirchen war<br />
ich immer dabei. GOll sci Dank!<br />
I )<br />
Partei dcr Rheiniclite ('I)<br />
Abfolge <strong>de</strong>r SchrambergeI' Pfarrer seit Menschenge<strong>de</strong>nken<br />
I . Der HochwÜrdi ge HerrGe<strong>de</strong>on Wa !!( n'?)c r. PFarrer in Sc hralllberg. BegrÜn<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Seba' ti a n ~-<br />
Brlld e r~chan 1570.<br />
') Der HoehwÜrd igc Herr Seba,ti an Thulll. gC~1. 1 581.<br />
3. Gcorg Berin!!ld:<br />
4. ChrislOph Hermall. gcs1.161 8.<br />
5. ichael Thollli. 1625.<br />
6. H an~ Koch 1629. ge,l. 1638.<br />
7. Johann Neidingld:. Kaplan in Hei ligcnbronn. Pfarrer in Schramberg.<br />
8. A nas tasills Gebell (GÖb l). Ging 1646 in die Schweiz: schl ießlich verstorben in Ravensbllrg.
89<br />
9. Leonhard M ess lang. gesl. 1648.<br />
10. Gabriel Schweikarl. Dekan. war 27 Jahre lang Pfarrer. gesl. in Rottweil<br />
11. Hieron ymu s Sichler. Königlicher Kanoniker. Von Geburt Rottweiler. Nach <strong>de</strong>m Tod seines<br />
Vorgängers 1675 von Sulgen nach Schramberg versetzl. Im 50. Jahr seines Priestertums.<br />
nämlich 1698 . feierte er in Villingen das jubiläummit einer zweiten Primiz: im folgen<strong>de</strong>n Jahr<br />
1699 begab er :ich nach Villingen ins Kloster St.Georgen, hochbetagl.mit gebrochener Kraft:<br />
dort verstarb er fromm am 2 1. März 170 I. Er war Deputierter <strong>de</strong>s Kapitels und 24 Jahre lang<br />
hierorLs Pfarrer; ein M ann. verehrungswürdig nach Gestalt und Sillen. berühmt ob seiner<br />
Kenntnisse. gefeiert in Musik. ein hcrvorragen<strong>de</strong>r Prediger.<br />
12. Johanne Hüener. Villinger von Geburt: nach <strong>de</strong>m Rücktrill seines Vorgängers aus <strong>de</strong>r Fronleichnams-<br />
Kaplane i in Villingen zur Pfarrei Schramberg berufen am 9.Juli 1699. Er leitete<br />
diese PfalTei 3 1 Jahre und einige M onate. ach<strong>de</strong>m er in unserem K apitel die höchste Ehrung.<br />
d a~ Dekanat meine ich, erlangt halle. starb er äußerst fromm in meiner Gegenwart am25.M ärz<br />
173 1 im Alter von 66 Jahren. Ein M ann. v,ohl würdig allen L obes, hochberühmt wegen seiner<br />
Gelehrsamkeit und seiner Frömmigkeil.<br />
13. Johann Baptist Ignaz Olwang. Aus Waltaschach in <strong>de</strong>r Diözese Würzburg. N ach verschie<strong>de</strong>nen<br />
gut en und schlechten Schicksalen war ich damals, als mein Vorgänger aus <strong>de</strong>m Leben<br />
schied, Hauskapl an beim Hochberühmten Edlen Herrn , Herrn Ferdinand Joseph Freiherr von<br />
Bissingen. meinem gnädi gen Herrn. Vorher Beichtiger in Triberg, wo ich auf Geheiß un seres<br />
Erhabensten in Konstanz vorläufig täti g war. Von diesem Erhabensten hatte ieh <strong>de</strong>n sogenanlllen<br />
Freitiseh empfangen. weil ich seinen elfen Franz Wilhelm Freiheml von Stauff'enberg<br />
vier Jahre lang die Freien Künste nach Kräften gelehrt halle. aeh <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r gesamten<br />
Philosophi e wur<strong>de</strong> ich zum M agister und Kandidat bei<strong>de</strong>r Rechte ZlI Würzburg ern annt.<br />
Darauf begab ich mich nac h M eersburg. von M eersburg nach Linz, <strong>de</strong>r Hauptstadt von<br />
Oberösterreich. aufGeheiss <strong>de</strong>s Erhabensten mit <strong>de</strong>m Herrn Baron, wo wir 8 Jahre lang beim<br />
Hochberümten Herrn Grafen von Starhemberg verweilten usw.<br />
14. Johannlgnaz Bürkner. Vom Jahr28. Mai 1745 bis 1770. Von da an verwaltete bis 25.Juni 1773<br />
Sebastian Schnizer die PFarrei. Auf ihn folgte im selben Jahr 1773 Johann Heinrich Kopf.<br />
Deputierter <strong>de</strong>s Kapitels und schließlich Kämmerer. bis zum 28. April 1802. Er wur<strong>de</strong> nach<br />
Dott ernhau sen versetzt und überließ die Pfarrei Fran z Joseph Werdich, Deputiertem <strong>de</strong>s<br />
Kapitels, <strong>de</strong>r von M ari aze ll hierh er gnädig ersetzt wur<strong>de</strong> am 25.M ai 1802.<br />
Tabelle <strong>de</strong>r im Text erwähnten Geldsorten, Hohlmaße und Gewichte.<br />
1) Geldsorten: (<strong>de</strong>r Münzwert ~c h wa nkt im Lauf <strong>de</strong>r Zeiten)<br />
Gul<strong>de</strong>n: ursprünglich ital. Goldmünze, naeh Florenz "Florenus" genannt (Abkürzung fl).<br />
Durch die Reichsmünzordnung von 1525 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r silberne Reichsgul<strong>de</strong>n 11 60 Kreuzer<br />
gesc ha ffen.<br />
Kreuzer: altes österreichisches Gepräge mit Kreuzzeichen. Er hai versc hie<strong>de</strong>ne W ährung<br />
(z. B. I rheinischer Gul<strong>de</strong>n = 60 Kreuzer).<br />
Bat zen: = 4 Kreuze r.<br />
Heller: ursprünglich Pl'ennig <strong>de</strong>r Reichsmünze Hall. 1653: I Pfund Heller = I Gul<strong>de</strong>n.<br />
2) Hohlmaße: Die Kornmaße waren örtlich etwas erschie<strong>de</strong>n. M an unterschei<strong>de</strong>t Rauhfrucht<br />
(Spelten): Hafer. Vesen (Dinkel ). Gerste: und Glallfru eht : Kernen. Roggen, Wei zen.<br />
M odium/ M alter: Rott weiler M ess ( 1557): I M alter = 8 Viertel = ca. 160 Liter.<br />
Simri : in Reutlingen = ca.22 Liter. in ROllweil = ca.22. 15 Liter<br />
Ohm: in Rott we il 1537 : I Ohm = 24 M aß = 38.6-+ Liter: I M aß = 1.6 1 Liter<br />
Sester (von Sex tarius): D e Ul sc h e~ und Schweizer Hohlmaß = ca. 15 Liter.<br />
3) Gewichte:<br />
Lot: I Lot = 233 Gramm.<br />
Mark: I M ark = 16 Lot = ca. 3.7 kg.<br />
4) Gelrcidcartcl1: Spelt(en): Die Körner bl eiben (beim Dreschen) von ihren Hüllen um chlossen.<br />
(Aber auch: Dinkel).<br />
Obige Angaben verdanke ich <strong>de</strong>r frdl. Mitteilung <strong>de</strong>s Stadtarchivars von ROllweil. Herrn Dr.<br />
W. Hecht.
90<br />
ber PfalTer Schweikart fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n<br />
"Rottweiler Heimatblättern" 1951 Nr.5, S.3 fol gen<strong>de</strong>r Bericht<br />
Erinnerung an eine Illutige Tat<br />
Wir cntnehmcn di ese \Vahrc Histori e cinem hcute kaum mehr auLwtrcibcndcn Blatte. nämlich dcm<br />
"Armcnfreund ". eincr Zeitschrift. dic von 18 15 bi s 1822 erschiencn ist. Und wir bringen die Erzählung<br />
auch so. w ie sie damals. 18 19. gegcbcn w ird. unter Weglassung all cs Unnötigen.<br />
"Schönes Bcispicl von Toleranz. - Gabriel Schwcigbrt. von 1629 bis 1643 Pfarrherr in Hohenmcssingen.<br />
einc Stun<strong>de</strong> on <strong>de</strong>r Stadt OberndorL wur<strong>de</strong> nac hher Pfarrherr in Schramberg. war von 1658<br />
an Dekan <strong>de</strong>~ Landkapitcls ROllwcil. re,ignicrt c dcn Sten M ai 1673. und , tarb <strong>de</strong>n 11 . Juni 1675 zu<br />
ROllwcil.<br />
Die,
91<br />
Schriften <strong>de</strong>s Verein, für Ge,chichte<br />
und atllrgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />
Donaue"chingcn<br />
31. März. 2000<br />
Bo<strong>de</strong>nnutzung im Mittleren Schwarzwald und <strong>de</strong>ren<br />
Verän<strong>de</strong>rung von 1780 bis heute<br />
von Dori s Hug<br />
Einleitung<br />
Di e Kulturlandscha rt ist <strong>de</strong>r Spiegel <strong>de</strong>r Ge,cllschaft. Sie vcrän<strong>de</strong>rt sich entsprechend <strong>de</strong>m Wertewan<strong>de</strong>l<br />
in <strong>de</strong>r Gesell schaft. Dic Verän<strong>de</strong>rung durch die Sicdlungstäti gke iten und <strong>de</strong>n Ausbau <strong>de</strong>r<br />
Verkehrs infrastruktur ist fast überall in Deutschland sichtbar. Auch im Schwarzwald führt dies zu<br />
Lebensraumverlusten für Fauna. Flora und Mensch. zu nachteiligen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Landschaft s<br />
bil<strong>de</strong>s. wenn ni cht sogar zum I<strong>de</strong>ntitätsverlust <strong>de</strong>r Landscha ft. Hinzu kommt in di esem reizvollen<br />
und dcshalb äußerst empfindlichen Raum die seit <strong>de</strong>m Endc <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts nachwe isbare<br />
Wa ld zunahme infolge <strong>de</strong>r tei lwe isen o<strong>de</strong>r völli gen Aufgabe <strong>de</strong>r landwirtschaftli chen NutZLIngen.<br />
Dieses "Zuwach. en" <strong>de</strong>r Land,chaft führt lang fri sti g unter an<strong>de</strong>rem zu ciner Vere inheitlichung <strong>de</strong>s<br />
Landschaftsbi I<strong>de</strong>s und zum Verlust <strong>de</strong>s für die Erlebbarkeit <strong>de</strong>r Landschaft sehr wichtigen Wechsels<br />
zwischen Offen land und Wald.<br />
Aufgrund <strong>de</strong>r Gegebenhe iten von Klima und Bo<strong>de</strong>n ist die Landwirtscha ft <strong>de</strong>s Millieren Schwarzwal<strong>de</strong>s<br />
gegenüber ihrer Konkurrenz. auch aus <strong>de</strong>r EG. benachteiligt. Sie wird bei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit betriebenen<br />
Agrarpolitik wohl auch in Zukunft auf Subventionen angewiesen sein . Obwohl die Dienst le i<br />
sllIng 'Land,chart"pflege' auch in <strong>de</strong>r Landwirtsc haft immer mehr in <strong>de</strong>n Vo r<strong>de</strong>rgrund rückt. wird<br />
ihre Bezahlung. wcnn 'ie ni cht an <strong>de</strong>n Verkauf e ines konkreten Produkts geko ppelt ist o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />
gesamten Gesellschaft finanziell unterstützt wird. langfri sti g zum Problem. Die seit <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r<br />
ersten Uhrmacher entstan<strong>de</strong>ne klein- und mitlelständische Indu trie. ist e in ni cht unbe<strong>de</strong> uten<strong>de</strong>r<br />
Faktor bei <strong>de</strong>r Ernährung und <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r Be ö lkerung für die Regio n. Trotz<strong>de</strong>m wi rd das obere<br />
Bregwl aufg rund von Lage. Verkehrsinfra. truktur und Re lief ni e Standort für größere industrie lle<br />
Ansiedlun gen ,ein können. Was bleibt. ist das dritte Standbein <strong>de</strong>r Gegend: <strong>de</strong>r To urismus. Darum<br />
muss versucht werd en. die Landschaft für ihre Besucher so anziehend und abwechs lungsreich zu<br />
erhalte n. dass <strong>de</strong>r Mitllere Schwarzwald auch in Zukunft ein interessantes Urlaubsziel für alle Altersklassen<br />
b leibt. Auch für die Einheimischen erscheint die Orfenhallung <strong>de</strong>r Landschaft. z. B. aus<br />
Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r aherholung, e rstrebenswert.<br />
In <strong>de</strong>r fo lgen<strong>de</strong>n Arbeit, die als Te il einer Diplom:trbeit an <strong>de</strong>r Fachhochschule ürtingen im Fachbere<br />
ich Lan<strong>de</strong>spllege entstan<strong>de</strong>n ist, soll versucht wer<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n Ve rlauf dieser Verän<strong>de</strong>rungen seit<br />
1773 bis heut e darzuste llen. Der Verd eutlichung dienen Grafike n, Karten und Fotografie n. Der<br />
Schwerpunkt liegt auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nnutzungen: Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Siedlungen und Gewässer bli eben<br />
unb erück~ic hti g t .<br />
1.1. Waldwirtschaft<br />
Die ersten Hinweise auf eine dauerhafte Besiedlung Furtwangens gehen auf das 9. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
zurück. die heuti gen Ortsteile L inach. Neukireh. Rohrbach und Schönenbach wer<strong>de</strong>n<br />
nur unbe<strong>de</strong>utend jünger angenommen [32]. Obwohl die utzu ng <strong>de</strong> Wal<strong>de</strong> auch<br />
schon vorher bestan<strong>de</strong>n haben dürfte, war die Intensität, mit <strong>de</strong>r ab diesem Zeitpunkt die<br />
großen Waldgebiete genutzt wu r<strong>de</strong>n, eine ganz an<strong>de</strong>re. Die ersten größeren Rod ungen<br />
wur<strong>de</strong>n auf Initiative <strong>de</strong>r Klöster SI. Georgen (für <strong>de</strong>n Bere ich Furtwangen, Rohrbach und
92<br />
chönenbach [19, 30. 32.]) und SI. Pctcr (für <strong>de</strong>n Bereich Neukirch 163 J) durchgeFührt.<br />
Als Folge <strong>de</strong>r Überbevölkerung <strong>de</strong>r bcrcits besie<strong>de</strong>ltcn Gebiete stand die Erschließung<br />
von neuem Lebensraum für Mensch und utzti er im Vor<strong>de</strong>rgrund [111.<br />
Für allc Bodcnnutzungen. nicht nur für dic Waldwirtschaft, war die Größe <strong>de</strong>r neu geschaffenen<br />
einze lnen Hofbesitzungen ausschlaggebcnd. Si e waren. sei es nun als Lehensgut<br />
o<strong>de</strong>r. bei <strong>de</strong>n später gegrün<strong>de</strong>ten Gcmcindcn, von Beginn an als unabhängiges Hofgut, im<br />
Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Regionen M illcleuropas sehr groß. Dic errichtetcn Höfe lagen isoliert.<br />
die nächstcn größeren Sied lungcn und Absatzmärkte warcn nur durch lange, anstrengcn<strong>de</strong><br />
Tagcsmärsche o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n ent sprechen<strong>de</strong>n Fuhrwerkcn zu erreichen l321. Die<br />
ersten icdler waren unmittelbar auf ihrc crarbeitetcn Erträge von Feld und Wald für sich.<br />
ihre Familicn und nicht zuletzt für die jährliche Abgabe <strong>de</strong>s sog. Zehnten an ihre weltlichen<br />
und gcistlichen Besitzer angewicscn. Diesc Situation blieb lange Zeit, auch nach<br />
Vcrbesscrung von Wegen, Fuhrwerkcn. M ärkten und <strong>de</strong>r Entstehung eigenständiger neuer<br />
Gcmcindcn. in ähnlicher Weisc erh altcn 132. 54J.<br />
AnfUnglich war die Trennung zwischcn Wald und Wci<strong>de</strong> nicht üblich; neben <strong>de</strong>m neu<br />
gcschaffcnen OfTcnland wa r vor allem auch dcr Wald Wei<strong>de</strong>platz für die Ticre. Des weiteren<br />
gab cs eine ze itlich begrenzte ackcrbau lichc Nutzung auf Waldflächen. die sog. Reutbergnutzun<br />
g (vgl. Kap. 1. 3.) [5 2j.<br />
Die Verwendung <strong>de</strong>s Holzes bestand in <strong>de</strong>r BrennholZllutzung, sie wur<strong>de</strong> im Gebiet <strong>de</strong>r<br />
gesch losscncn Hofgüter. die durch große zusammenhängen<strong>de</strong> Waldungen gekennzeichnet<br />
sind. durch überwiegen<strong>de</strong> Verwendung dcs Rei sigs (sog. "Ri eswelle") und <strong>de</strong> stholzes<br />
bcfriedigt [ 11. Dies ist auch hcute noch oft <strong>de</strong>r Fall. Inzwischen ist <strong>de</strong>r Verkauf von<br />
Brcnnholz an Pri vatleute für M anchen. <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r M otorsiige umzugehen weiß, zum<br />
lukrati vcn ebcnverdienst gewor<strong>de</strong>n.<br />
Neben Brennholz ist auch <strong>de</strong>r Ertrag an Bauhol z aus <strong>de</strong>m Wald , früher wie heut e, nicht<br />
unbeträchtlich. Infolge nicht se iLen vorkommen<strong>de</strong>r Unglücksfälle, wie z.B. Brand und<br />
Blitzsc hlag, war es früher wichtig. cinen gcnügend großen Waldbesitz für einen un verhollten<br />
Neuaufbau <strong>de</strong>s Hofes zu haben 151 J. HeUle ist dcr Bedarf an Bauholz durch das<br />
A ufkommen neucr Bau stoffe. vor allem Bcton, etwas in <strong>de</strong>n Hintergrund getreten . Trotzdcm<br />
steht in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg dcr Ei nschlag von Stamm- und Stangenholz mit fast<br />
70% noch immer an er ter Stellc, vor <strong>de</strong>r Industricholznutzung mit 26 % 157].<br />
Langc Zeit war Holz <strong>de</strong>r wichtigste Rohstoff für vielziihlige Geräte und Waren; da Holzhandwcrk<br />
(auch Schneflerei genannt ) z. B. Wagncr, Löfner. Spindler. Drechsler, SchindleI',<br />
Schreiner ete. halle eine frühe Tradition im Schwarzwald [40J . Der vermehrte Energiebedarf<br />
<strong>de</strong>r erstcn frühindustriellen utzungcn, wic z.B. die, durch dic Klöster ge för<strong>de</strong>rte,<br />
Ent stehung dcr Glashütten (Beginn GlashÜlle eukirch 1630, auf Initiative <strong>de</strong>. Klosters<br />
I. Petcr), aber auch Bergwerk e, Sa linen, Köhlereien. Schmie<strong>de</strong>n und Eisenhütten for<strong>de</strong>rten<br />
ihren Tribul. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhundcrts kamen durch die anwachsen<strong>de</strong> Uhrenindustrie<br />
Gicßereien zur Fertigung von hrenbestandteilen hinzu 154J. Der Wald wur<strong>de</strong> in großem<br />
Stil regelrecht ausgebeutel. Um Geld L.U sparen, verzichteten die Lan<strong>de</strong>sherren auf die<br />
künstliche Verjüngung. entsprechcnd hallC in <strong>de</strong>r alllrvel:jüngung vor allem die Fichte<br />
auf <strong>de</strong>m ausgebeuteten Bo<strong>de</strong>n gute Chancen 154 1.<br />
Von einer geregelten Bewirtschaflllng <strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r kann erst ab dcr Holznot En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt. gesprochen we rdcn 1271. Um die Holzp roduktion auch in Zukunft und auf<br />
Daucr zu sichern, war die gezicllc För<strong>de</strong>rung dcr Vel:jiingun g zur Errcichung eines funkti<br />
onsfähigen WaldzustLlnds notwendig 144 1. Vor allem nach 1850. mit Beginn <strong>de</strong>r Stallfiit-
93<br />
terung. die im Gebi et j edoch nur eine untergeordnete Rolle spielte, wur<strong>de</strong>n im MitlIeren<br />
Sch warzwald die forstwirtschaftlieh genutzten Fl ächen durch staatliche Zusc hü sse für<br />
Aufforstungen (SI EDLE spricht sogar von Aufforstungszwang [54]) und konkrete WaldwirtscharLsri<br />
chtiinien ge för<strong>de</strong>rt [49]. Trotz<strong>de</strong>m verschlechterte sich vielerorts durch die<br />
H erau nahme <strong>de</strong>r Streu aus <strong>de</strong>n sied lungsnahen Waldgebi eten, für die Verwendung im<br />
Sta ll, <strong>de</strong>r ·og. Streunutzung. <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und vor allem <strong>de</strong>s Waldbo<strong>de</strong>ns durch<br />
<strong>de</strong>n tändi gen ährstoffentzug auch we iterhin [54].<br />
Mit <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r Verkehr wege im Raum Furtwangen und vor allem mit <strong>de</strong>r Eröffnung<br />
<strong>de</strong>r Schwarzwaldbahn 1873 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Holzab atz außerhalb <strong>de</strong>r Gemarkung wesentlich<br />
vergrößert. Waren zuerst nur das Langholz ("Hollän<strong>de</strong>r"). Hopfenstangen. und<br />
"Rebstecken" ge fragt, so kamen mit <strong>de</strong>r Entwicklung und Ausweitung <strong>de</strong>r Papi erindustrie<br />
(vor allem Neustadt) hauptsächlich das Jungholz und mit <strong>de</strong>m Ausbau <strong>de</strong>r Elektrizitätsversorgung<br />
1893 (Tri berg) 40 - 60 j ährige Fichten als M aSlholz auf <strong>de</strong>n M arkt. Durch die<br />
ab ca. 1880 ständig steigen<strong>de</strong>n Holzpreise war <strong>de</strong>r Wald oftmals letzter Reiter <strong>de</strong>s Hofguls.<br />
ab 19 14 war jedoch auch dieser M arkt mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r von Stagnation geprägt.[541<br />
Verstärkte for twil1schaflliche und wa ldbauliehe M aßnahmen, die Verfolgun g konkreter,<br />
einheitlicher und längerfristi ger Ziele erhöhten die Erträge <strong>de</strong>s bestehen<strong>de</strong>n Wal<strong>de</strong>s : we i<br />
tere Au fforslungsperio<strong>de</strong>n zur Steigerung <strong>de</strong>s dringend nöti gen Holzerlrags, vo r allem auch<br />
nach <strong>de</strong>m erslen Weltkrieg. führten zur Zunahme <strong>de</strong>r Waldnächen und zur Verschiebung<br />
<strong>de</strong>r A rtenzusammensetzullg zugun, ten anspruchsloser, schnell wach en<strong>de</strong>r und pflegeleichter<br />
B aumarIen, wie <strong>de</strong>r Fi chte. [49. 54 J<br />
Abb. I: Die reinen Fiehtenbeslän<strong>de</strong> wie hier im Bil d prägen größtenteil s das Landsehaftsbild <strong>de</strong>s<br />
Untersuchungsgebiets. ebem,o wie die geradlini g verlaufen<strong>de</strong>n Waldrän<strong>de</strong>r. Im Vor<strong>de</strong>rgrund d ie<br />
Breg, d ie sich relativ naturnah jedoch weitgehend fre i von Gehö lzen. ihre n Weg durch <strong>de</strong>n brei ten<br />
Talgrund ~ u c ht.
94<br />
Abb. 2: Die Steilhänge illl Westen <strong>de</strong>, Unt ersuchungsgebietes konnten di e standortgereeht en<br />
Mi schwäl<strong>de</strong>r weitgehend vor <strong>de</strong>r Rodung bewahren. In Herbstfärbu ng sind di ese Wäl<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs<br />
reizvoll.<br />
Abb. 3: Ganz an<strong>de</strong>rs wirke n di e fl ach gene igten I-länge illl Osten Illit ihren nahezu re inen<br />
Fic ht e nb e~tü nd e n . die ganzjährig weni g Abwechslungsreichtulll bieten.
95<br />
In <strong>de</strong>n 50er Jahren, nach<strong>de</strong>m die wirtschaftlichen otzeiten infolge <strong>de</strong>s zweiten Weltkrieg<br />
weitgehend überwun<strong>de</strong>n waren, und auch in <strong>de</strong>n 70er Jahren. gingen weitere<br />
Aufforstungswellen übers Land. Trotz rückläufiger Holzprei. e nimmt <strong>de</strong>r Waldanteil auch<br />
heute noch zu. Einige Anwesen wur<strong>de</strong>n völlig aufgegeben, das verbliebene Offenland aufgefor<br />
tet o<strong>de</strong>r sich selbst überlassen, ehemaL landwirtschaftlich genutzte Flächen mangels<br />
Interesse o<strong>de</strong>r aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Arbeitserl eichterun g bzw. mit <strong>de</strong>r Funktion einer Sparkasse<br />
r I J auf lange Sicht angepflanzt.<br />
Heute erfolgt die Bewirtschaftung <strong>de</strong>r überwiegend in Privatbesitz (75 %) befindlichen<br />
Wäl<strong>de</strong>r pl enterwaldartig. also in Einzelstammnutzung. Kahlschläge bi l<strong>de</strong>n hier. wie auch<br />
in <strong>de</strong>n II % Staatswald und <strong>de</strong>m 14 % igen Anteil Gemein<strong>de</strong>- und Körperschafrswald, die<br />
Ausnahme. Die absolut dominieren<strong>de</strong> Hauptbaumart ist heute mit ca. 86 % die Fichte.<br />
gefolgt von <strong>de</strong>r Tanne mit 8%. <strong>de</strong>r Buche und <strong>de</strong>r Kiefer mit je 3 0 1 . Je nach Gemarkung.<br />
meist in Abhängigkeit vom Relief, schwankt diese Verteilung. A uf <strong>de</strong>m steilen Westabfall<br />
konnte sich die Buche mit einem vergleichsweise hohen Anteil halten, ganz im Gegensatz<br />
zu <strong>de</strong>n besser erschließbaren Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r fl acher abfallen<strong>de</strong>n Ostabdachung.<br />
Neuaufforstungen wer<strong>de</strong>n heute seltener in reinen Fichtenbestän<strong>de</strong>n vorgenommen. Staatlich<br />
geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n nur noch Mischaufforstun gen; die Vergütungen liegen bei einem<br />
Laubbaumanteil über 50 % in <strong>de</strong>r Regel um 1000,-- DM und somit höher als bei na<strong>de</strong>lholzdominierten<br />
Anpflanzungen 1 . ach * 25 <strong>de</strong>s Landwirtschafts- und Kulturge erzes sind<br />
euaufforstungen beim Amt für Landwirtsc haft, Landschafts- und Bo<strong>de</strong>nkultur genehmigung.<br />
ptlichtig. Sie dürfen nur versagt wer<strong>de</strong>n. wenn "Erfor<strong>de</strong>rnisse <strong>de</strong>r Raumordnung<br />
und <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>spl anung entgegenstehen, die Verbesserung <strong>de</strong>r Agrarstruktur behin<strong>de</strong>rt.<br />
nachbarliche Grundstücke erheblich beeinträchtigt wür<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Naturhaushalt, die Leben. -<br />
Abb. -k Relati v wi llkürlich plazierte A ufforstung mit unnatürlichcn rechtcn Winkeln und wie mit <strong>de</strong>m<br />
Lineal gezogcncn Waldrän<strong>de</strong>rn.
96<br />
stätten gefähr<strong>de</strong>ter Tier- und Ptlanze narten bzw. das Landschansbi Id erheb I ich beeinträchtigt<br />
wür<strong>de</strong>n" ' . Seit 199 1 kann über die EU sogar eine Aufforstungsprümie von 1400.-<br />
DM / ha und Jahr über die Dauer von 20 (I) Jahren in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n [131.<br />
Trotz <strong>de</strong>r bewiesenen hohen A nfälligkeit reiner Na<strong>de</strong>l-. o<strong>de</strong>r noch ex tremer, reiner Fi chtenkulturen,<br />
wird heUle be tenralls eine Mischung
97<br />
stäbe sehr unterschiedlich. Die sog. Gemarkungsallanten. die au!) <strong>de</strong>r ersten K atastervermessung<br />
<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n mit einer Gesetzesgrundlage vom 26.3. 1852 149] hervorgingen,<br />
waren hier schon einheitlicher. Lediglich inhaltlich di fferierten diese Karten für<br />
das Untersuchung gebiet. Einige unterschie<strong>de</strong>n neben Wald. Äcker und Wiesen auch Reutfel<strong>de</strong>r<br />
und Jungau fwuchs.<br />
Be. on<strong>de</strong>rs ex trem erscheint die Waldzunahme zwischen 1780 und 189 1- 1905, wobei es<br />
sich hier allerdings auch um <strong>de</strong>n längsten Beobachtungszeitraum han<strong>de</strong>lt. Gut erkennbar<br />
ist auf Karte I das "Hinunterwac hsen" <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>n Höhen in die Täler und somit<br />
Ictztcndlich das A nnähern an die Wohnstälten. Im Zeitabschnitt von 1905 bis 1953 war<br />
das A nptlanzen von verbliebenen Frei fl ächen im Wald und das Abholzen von Bestän<strong>de</strong>n<br />
auf <strong>de</strong>n Waldstandorten von 1780 sehr verbreitet. Ob auf diesen Flächen zu dieser Zeit<br />
allerdings noch immer Misc hwä l<strong>de</strong>r tockten. ist nicht zu agen. K ahl schläge sind auf <strong>de</strong>n<br />
Luftbil<strong>de</strong>rn von 1953 ve Jl11ehrt zu beobachten. Seit 1953 fallt das A ufforsten ganzer Seitentäler<br />
und <strong>de</strong>r Verlu. t kleiner OfTenlandtlächen beson<strong>de</strong>rs ex trem auf.<br />
1.2. Reutberg- / Weidfeldwirtschaft<br />
Die Reutbergwirtschaft hat ihren Ursprung in <strong>de</strong>r Waldwei<strong>de</strong>. Si e ist das Verbindungsglied<br />
zwischen Waldnutzung und Landwirtschaft. <strong>de</strong>nn die durch Brandrodung entstan<strong>de</strong>ncn<br />
Fel<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n nur für eine kurze Zeit als A cker bestellt. danach dienten sie noch<br />
einige Jahre al Wei<strong>de</strong>. bevor ihr Bewuchs so dicht wa r. dass sie sich selbst überl assen.<br />
wie<strong>de</strong>r vom Wald zurückgewonnen wur<strong>de</strong>n [52]. Diese A rt <strong>de</strong>s Wirt chaftens wur<strong>de</strong> in<br />
an<strong>de</strong>ren Teilen D eutschlands. sowie auch im EI aß. ul1ler völlig verschie<strong>de</strong>nen Bezeichnungen<br />
(z. B. Hauberge im Sicgerl and. Kritter im Elsaß) [49] ebenfa lls durchgeführt.<br />
Die max imale Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r im Beobachtungszeitraum ( 1780 - 1995) war<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s J 8. Jabrhun<strong>de</strong>rts zu verzeichnen, sie begrün<strong>de</strong>te sich durch die isolierte Lage und<br />
<strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Selbstversorgungszwang <strong>de</strong>r anwachsen<strong>de</strong>n Schwarzwa ldbevölkerung<br />
(vgl. Kap. 1.6.). Ein guter Teil <strong>de</strong>s ohnehin schon sehr großen Grundbesitzes<br />
<strong>de</strong>r Schwarzwaldhöfe mußte, um die Ernährung <strong>de</strong>r bäuerlichen Großfami lie samt ihrer<br />
zahlreichen Knechte und M äg<strong>de</strong> zu sichern, al A ckerland bewirtschaft et wer<strong>de</strong>n. Da die<br />
tonarmen und dadurch relati v nährstoffarmen B ö<strong>de</strong>n dieser Gegend in ihrer Fruchtbarkeit<br />
bald nachließen, mußten ie oft schon nach zweijähriger Bestellung, meist im er ten Jahr<br />
mit Roggen. im Jahr darauf mit Hafer, Raps o<strong>de</strong>r Kartoffeln, <strong>de</strong>r Sukzes. ion überl assen<br />
wer<strong>de</strong>n. Solange die sich wie<strong>de</strong>r ein. teilen<strong>de</strong> Vegetation noch nicht zu dicht war. wur<strong>de</strong>n<br />
die Bereiche bewei<strong>de</strong>t. Die Bäume und Sträucher <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Generati on wur<strong>de</strong>n<br />
nach ca. 20 Jahren wie<strong>de</strong>rum entfernt. das brauchbare Holz auf <strong>de</strong>n Hof gebracht LInd als<br />
Brennholz genutzt. Der Rest wur<strong>de</strong> an Ort und Stelle verbrannt und zur Düngung mit <strong>de</strong>r<br />
Hacke etwas eingearbeitet. Der in Abb. 5 dargestellte Kreislauf auf <strong>de</strong>m kaum regeneri erten<br />
Bo<strong>de</strong>n begann von euem. eben <strong>de</strong>r sich allzuschnell einstellen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nmüdigkeit<br />
tat die Bo<strong>de</strong>nerosion durch ie<strong>de</strong>rschläge an <strong>de</strong>n mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r teilen Reutberghängen<br />
das Ihrige, um <strong>de</strong>n von atur au ' geringen HumLlsanteil zu min<strong>de</strong>rn [49].<br />
Eine an<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r kombinierten Acker-Wei <strong>de</strong>nutzung, die Weid feldwirtschaft auf sog.<br />
A llmendwe i<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong> im Gegensatz zum Süd lichen Schwarzwald (Realteilung gebiet)<br />
im Mittleren Schwarzwald (Anerbenrecht) seltener prak ti ziert [641. Trotz<strong>de</strong>m hat die Gemein<strong>de</strong><br />
Furtwangen eine so lche gemeinschaftlich genutzte Wei<strong>de</strong> besessen (vgl. Allmend <br />
straße. nIere A llmend). In wieweit sie in <strong>de</strong>r traditionellen Weise (größtenteils Beweidung,<br />
aufkleineren Teilstücken "schorben", also das Abschälen <strong>de</strong>r Narbe einschließlich anschließen<strong>de</strong>m<br />
Trocknen und Verbrennen dieser. Verteilen <strong>de</strong>r A sche auf <strong>de</strong>r ganzen Fläche. ein-
98<br />
bis zwcijähriger Anbau von Roggen mit anschließen<strong>de</strong>r Brache und Wie<strong>de</strong>rbeweidung<br />
164 n bewirtschaftet wur<strong>de</strong>. ist leidcr nicht bekannt.<br />
m die Ziele einer nachhaltigen Forstwirt. chaf!. die Eindämmung <strong>de</strong>r Holznot und die<br />
Vcrhin<strong>de</strong>rung weiterer Erosion <strong>de</strong>r Humusschicht zu crreichen. wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m badi schen<br />
Forstgesetz von 1833 die " Beförsterung", also die Aufforstung o<strong>de</strong>r dic natürl iche Wie<strong>de</strong>rbcwa<br />
ldung. auf alle Fäl le aber die dauerhaftc Einstellung <strong>de</strong>s Reutbergzyklus. auf ein em<br />
erhcblichcn Teil <strong>de</strong>r so genutzten Flüchcn angeordnet. Die Abwan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r landwirtschaftlichcn<br />
Arbeitskräfte zur aufstrebendcn Industrie ab etwa 1850 machte die zeitweise sehr<br />
arbci tsintcnsivc Reutfeldbewirtschaftung auf <strong>de</strong>n immer mehr <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>gradati on ausgesetzten<br />
Standorten ohnehin we niger lukrati v. otverkäufe und das Aus terben von<br />
Bauerngeschlcc htern aufgrund dcr schlechter wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Lage verleiteten<br />
dic neuen Besitzc r (v.a. Staat. Gemcin<strong>de</strong>n, Großpri arbcsitzer, Kirche) meist zur Aufforstung<br />
<strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r und nicht sc ltcn <strong>de</strong>s ganzen Besitzes. 149 1<br />
Es ist anzunchmen, dass dic als Rcutbcrg genutzten Flächen im Schwarzwald im 15. und<br />
16. Jahrhun<strong>de</strong>rt ihre maximalc Aus<strong>de</strong>hnung hallen l491 . Konkrcte Zah len aus die er Zei t<br />
sind nicht bekannt. Die erstcn Bodcn erme ss ungen von 1780 geben für die Gemarkung<br />
FUr!wangen einen Reutfeldantci l von 63.0 % l491 an, En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts, mit <strong>de</strong>r<br />
Erstellung <strong>de</strong>r Gemarkungsatl antcn, hat dcr Anteil <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r bcreits ex trem abgenommen.<br />
uf <strong>de</strong>r Fläche <strong>de</strong>r heutigen Stadt Furtwangen. ein schließlich <strong>de</strong>r Ortsteile. betrug<br />
ihr Antei l 12.6 o/c. Bei <strong>de</strong>r nächstcn Bodcnnutzungserhebung ( 1925) wur<strong>de</strong> die K ategoric<br />
Reutfeld ni cht mehr erhoben. Obwohl diese Bewirtschaftungsweise an manchen Standorten<br />
bis nach <strong>de</strong>m 2. Weltkrieg durchgeführt wur<strong>de</strong>. rcchnete man ihrcn Antei l per Definiti<br />
on zu dcn landwirtsc haftlichen odcr forstwirtschafllichen Nutzfl ächen hinzu. Heute sind<br />
Icd iglich noch die Zeugen dicscr alten. ex tensi en utzungsart vorhan<strong>de</strong>n. Vor allem im<br />
frühen SOlllmer (M ai und Juni) sind die Besenginsterhei<strong>de</strong>n, durch die auffallen<strong>de</strong>n gel-<br />
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I Reutfeld - Zyklus I<br />
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99<br />
Abb. 6: Die wenigen verbliebenen Besenginsterhei<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n heute. wenn <strong>de</strong>r Gehölzaufwuchs<br />
noch nicht zu dicht i t. bewei<strong>de</strong>t. Die traditionelle Reutbergnutzung fin<strong>de</strong>t nicht mehr statt .<br />
Abb. 7: Der Wald nimmt diesesehemalige Reutfeld nach und nach wie<strong>de</strong>rein,eine landwirtschaftliche<br />
Nutzung kann hier bereits nicht mehr stattfi n<strong>de</strong>n. Im Vor<strong>de</strong>rgrund eine typische zweischürige Wiese.
100<br />
ben Blüten von Sarothalllnlls scoparills o<strong>de</strong>r aber du rch das Vorkommen von Alnlls viridis<br />
- <strong>de</strong>r Grünerle. auszum achen. Letztere hatte in <strong>de</strong>n postglazialen Zeiten bereits Reliktcharakter<br />
und konnte erst durch <strong>de</strong>n anthropogenen Einfluß, durch die Reutfeldnutzung, wie<strong>de</strong>r<br />
vermehrt Fuß fassen 1641149].<br />
Die Wie<strong>de</strong>reinführung einer ernsth aft betriebenen Reutbergsbewirtschaflung und damit<br />
<strong>de</strong>r Erh alt <strong>de</strong>r ent stan<strong>de</strong>nen flori sti sch und faunistisch hochwerti gen Sekundärbiotope.<br />
wie <strong>de</strong>r Besenginsterhei<strong>de</strong>n. ist nicht wahrscheinlich. us naturschützeri schen, heimatgeschichtlichen<br />
und touristischen Grün<strong>de</strong>n ist <strong>de</strong>r Erhalt <strong>de</strong>r wenigen Restbestän<strong>de</strong> an<br />
Reutfcl<strong>de</strong>rn im mittleren Schwarzwald durch eine extensive Rin<strong>de</strong>rbeweidung und gelegentliche<br />
Enth ur ~t un gsmaß n a hm en jedoch notwe ndig 1531.<br />
1.3. Grünlandwirtschaft<br />
Die durch ihre klimati schen und edaph ischen Gegebenhei ten benachteiligten Gebiete <strong>de</strong>r<br />
höheren Lagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds waren. se it ihrer Erschließung im Mittelalter, bevorzugt<br />
durch Viehhaltung zu be\ irtsc haflen. Die Ackerbewinschartung wa r zeit- und arbeitskrüfleaufwendig.<br />
die Ertrüge gering bzw. in beson<strong>de</strong>rs schlechten Jahren praktisch<br />
gar nicht vorhan<strong>de</strong>n. Die Haupterfor<strong>de</strong>rni sse waren nach SIEDLE ( 1924) "seit Beginn <strong>de</strong>r<br />
Besiedlllng ein grünei: nicht ::' 11 kleiner lind nicht ::'1I hüldiger Wei<strong>de</strong>gang im Sommer LInd<br />
ein gut eingehrachter Hell- lind Öhllld.l'tock \'()/I entsprechen<strong>de</strong>r Aus<strong>de</strong>hnung.fiir <strong>de</strong>n Win <br />
ter". 15-+1<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>~ 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts hielten die Bauern auf ihren Höfen durchschnittlich etwa<br />
2 Pfer<strong>de</strong>. zwischen 18 und 22 Stück Rind vieh und zu~ammen 2 bis 4 Schafe, Ziegen und<br />
chweine (meist nur ei nes)[ 181. Zu Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhund e rt ~ ~i nd e rt e sich diese Verteilung<br />
tiefgreifend. pro Hof wur<strong>de</strong>n bis zu 60 Schafe. Zicgen und Schweine gezählt. Vor<br />
allem mit zu nehmen<strong>de</strong>r Industrialisierung nahm die Zahl <strong>de</strong>r Bauern ab. Die mei ten Landwirte<br />
im Stad tgebiet gaben zugunsten an<strong>de</strong>rer utzungcn auf. Arbeiter mit ihren Familien<br />
zogen zu. so dass <strong>de</strong>r Verkauf von Milch und Buller für die verbleiben<strong>de</strong>n Landwirte zum<br />
lukrati ven Verdienst wur<strong>de</strong>, zu <strong>de</strong>sscn Gunsten die ansonsten dominieren<strong>de</strong> Jungzucht<br />
et was zurückge, teilt wur<strong>de</strong> 154 1. Die Schweinehaltung spielte für die Produktion <strong>de</strong>s<br />
Schwarzwäl<strong>de</strong>r Specks und Schinkcns eine wesentlich größere Rolle als heute, da die<br />
Abfallverwertung meist im Vor<strong>de</strong>rgrund steht. Üb r <strong>de</strong>n Sommer wur<strong>de</strong>n oft bi zu einem<br />
Dutzend Schafe gehalten. die Ziegenhaltung wur<strong>de</strong> erst im ersten Weltkrieg etwas populärer.<br />
zuvor war meist nur eine schwarze "Geiß" auf <strong>de</strong>m Hof anzu treffen. die als Glücksbringer<br />
fu ngieren sollte 15-+1.<br />
Für das 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt sind die Zahlen fast aller ViehbesUin<strong>de</strong> rücklLiufig, lediglich die<br />
Zahl <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r nahm etwas zu, die Anzahl ihrer Halter jedoch um über 50% ab. Sehr<br />
ex trem ~i nd die Abnahmen vor allem bei <strong>de</strong>n Schafen sowie <strong>de</strong>n Ziegen. Fraßen im Jahr<br />
1880 noc h 804 Schafe das Gras auf <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes. so wur<strong>de</strong>n<br />
1983 nur noch 72 Stück gezühlt. Die neusten Erhebungen von 1993 konnten eine Z unahme<br />
auf 165 Schafe verbuchen, die Z iegen wu r<strong>de</strong>n zwischen 1880 und 1930 von 524 auf 208<br />
Stück reduziert. Ä hnliches gilt auch Für die Pfer<strong>de</strong>. die seit Erfindung <strong>de</strong>s Autos und <strong>de</strong>m<br />
Auftreten von Traktoren auf <strong>de</strong>m Feld. im Wald sowie <strong>de</strong>r traße ihren Arbeitsplatz, und<br />
damit ielerorts ihre Daseinsbe rechtigung, verl oren haben. Im Jahre 1880 wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n<br />
fünf Gemarkungen 2 17 Pfer<strong>de</strong> gezählt. 1989 waren es gerad noch SO. millierweile ist ihre<br />
Zahl durch en tsprechen<strong>de</strong> Vereinsbemühungen und ihr Einsatz als Touristenattraktion und<br />
Freizeitbeschäfligung wie<strong>de</strong>r auf ca. 70 Tiere anges ti egen.16. 56 1<br />
Ab ca. 1925 ist ein " VergrünlandungsproLcß" zu beobachten. Infolge sinken<strong>de</strong>r Getrei<strong>de</strong>preise.<br />
Milchsubve ntionen. Arbeitskrüftemangcl bzw. <strong>de</strong>ren Abzug in die Industrie und
101<br />
<strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Anstieg <strong>de</strong>r Nebenerwerbslandwirtschaft, wur<strong>de</strong>n die naturgegebenen<br />
Grün<strong>de</strong>. die ackerbau I ich genutzten FHichen zu verringern. weiter unterstützt. Insgesamt<br />
nahmen die Grünlandtlächen bi s 1925 etwas ab. danach j edoch stark zu. Mit <strong>de</strong>m<br />
Aufkommen <strong>de</strong>r Verwendung von Kunstdünger in <strong>de</strong>r Landwirtschaft ab 1910 war <strong>de</strong>r<br />
Erhalt <strong>de</strong>r Erträge. trotz <strong>de</strong>r Zunahme <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und durch die Intensivierung auf <strong>de</strong>n<br />
geringer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n landwirtschaftlichen Flächen, zu bewerkstelligen 1491- Mit <strong>de</strong>r Einführung<br />
<strong>de</strong>r Mineraldünger haben vor allem die Reutberge an Be<strong>de</strong>utung verloren. ex tensive<br />
Bewinschaftungsweisen hatten in <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Landwirtschaft keine Chance mehr.<br />
Heute wird das Grünland überwiegend als zweischürige Mähwiese mit abschließen<strong>de</strong>r<br />
Beweidung im Herbst genut zt. Die beson<strong>de</strong>rs na sen Bereiche wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Rege l von<br />
ei ner utzun g ausgespart bzw. eltener gemäht. Eine durchweg maschinelle utzung führen<br />
nur wenige Betriebe aus. diese wer<strong>de</strong>n dann meistens im Haupterwerb umgetrieben.<br />
ach wie vor prägt das achfo lgegerät <strong>de</strong>r Sense. <strong>de</strong>r Balkenmäher, das Bild; ohne Handarbeit<br />
kommt nahezu kein Landwirt <strong>de</strong>s Gebietes aus. Der Anteil <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r<br />
Gesamttläche betrug 1993 bei <strong>de</strong>r letzten Betriebserhebung 30 %.<br />
Dass es sich im Untersuchungsgebiet um sehr ex tensiv genutztes Grünland han<strong>de</strong>lt macht<br />
auch <strong>de</strong>r hohe Fl ächenanteil von 2007 ha <strong>de</strong>utlich. <strong>de</strong>r mit einem Großviehbesatz (GVB)<br />
von bis zu 1.2 pro ha bewirtschaftet und durch das M EKA-Programm (MarktEntlastungs<br />
und KulwrlandschaftsAusg leichsprogramm ) geför<strong>de</strong>rt wird. L ed iglich 190 ha wer<strong>de</strong>n mit<br />
einem GVB von 1,2 bis 1,8 pro ha genutzt und geför<strong>de</strong>rt. Inten ' ivere Bewirtschafwngswe<br />
isen mit einem GVB über 1,8 pro ha. die ebenfalls för<strong>de</strong>rungswürdig wären, wur<strong>de</strong>n<br />
durch das M EKA-Programm im Gebiet nicht e rfaß t~ .<br />
Seit <strong>de</strong>r Milchkontingentierung und <strong>de</strong>n EG- Über 'chüssen in nahezu allen Bereichen <strong>de</strong>r<br />
Landwirtschaft wird auch die ex tensive Tierhaltung verstärkt von 'laatlicher Seite ge för<strong>de</strong>rt.<br />
So wird die Mutterkuhhalwng ( Kälberaufzucht direkt bei <strong>de</strong>r Mutter auf <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>)<br />
im Gebiet <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwalds verstärkt durchge führt und mittels Prämien <strong>de</strong>s<br />
M EKA- Programms honori ert.<br />
Eine För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Steillagenbewinschaftung durch das MEKA-Programm kann von <strong>de</strong>n<br />
Land wirten im Untersuchungsgebiet ebenfal ls in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n. Alle<br />
Grünlandhanglagen mit einer eigung über 25 % sind <strong>de</strong>mn ach för<strong>de</strong>rungswürdig. Im<br />
ntersuchung. gebiet fallen in die Kategori e zwischen 25 und 50 % Hangneigung 1135 ha.<br />
Flächen mit einem Gef1ille über 50 0/(' wer<strong>de</strong>n nur auf 60 ha <strong>de</strong>s Gebiets geför<strong>de</strong>rt 5. Ausgehend<br />
von <strong>de</strong>r Annahme, das nahezu alle Betriebe ihre För<strong>de</strong>rungsan sprüche geltend gemacht<br />
haben, weisen 45 % <strong>de</strong>r heutigen land wirtschaftlichen utztläche im Gebiet ein<br />
Gefalle zwischen 25 und 50 % auf. Der Anteil <strong>de</strong>r Hanglagen über 50 % eigung von nur<br />
2 % erhärtet die Vermutung, dass diese Flächen bereit früher aufge forstet wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
noch nie landwirtschaftlich genu tzt wur<strong>de</strong>n.<br />
J.4. Ackernutzung / Feldgraswirtschaft<br />
Mit <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>r Besiedlung <strong>de</strong>s Schwarzwaldkerngebiets war auch <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>r<br />
Ackerbewirtschaftung die:er Region verbun<strong>de</strong>n. Die Reinerträge <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s waren äußerst<br />
gering, da <strong>de</strong>r Weg zu <strong>de</strong>n Holzabnehmern schwieri g o<strong>de</strong>r kaum vorhan<strong>de</strong>n war r I J.<br />
Der Anbau von Feldfrüchten wa r entsprechend eine zwingend notwendige Überlebensgrundlage.<br />
Vor allem die langen Winter machten eine entsprechen<strong>de</strong> Vorratshaltung und<br />
ausreichen<strong>de</strong> Erträge not wendig.<br />
Obwohl Klima. Reliefund Bo<strong>de</strong>n gegen di e Anjage und Bewirtschaftung von Äckern mit<br />
Hafer, Roggen. Gerste und Weize n sprachen. <strong>de</strong>r Ertrag in manchen Jahren trotz intensiv-
102<br />
stem rbeitsaufwand nur äu ßerst spürlich ausfi el. konnte und wollte auf diese land wirtschaftliche<br />
Nutzform nicht verzichtet wer<strong>de</strong>n. Die Ertrüge <strong>de</strong>s KanolTelanbaus. <strong>de</strong>r auf<br />
<strong>de</strong>r Furtwanger Gemarkung ab 17 15 praktiziert wur<strong>de</strong>, waren weniger durch <strong>de</strong>n mageren<br />
Bo<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn vielmehr durch Fröste gcführ<strong>de</strong>l. Die Kart offel. die sich al s sehr viel robuster<br />
als Getrei<strong>de</strong> erwies. wur<strong>de</strong> im Schwa rzwald bald zu einem un verziehtbaren Lebensmittel:<br />
KREUZER ( 1880) sprach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts sogar vom "M ann a <strong>de</strong>s Schwarzwa<br />
lds aller Stün<strong>de</strong>" 132 ].<br />
Wie sich in <strong>de</strong>n klimati sch besser gestellten Gebi eten Mitleleuropas aus <strong>de</strong>m Wan<strong>de</strong>rfeldbau<br />
über die Feldgraswirtschaft (FG W ) zur Drei fe l<strong>de</strong>rwirtschaft eine zunehmen<strong>de</strong> Illlensivierung<br />
entwickelt hat. so mu ss te man in <strong>de</strong>n Millelgebirgen an <strong>de</strong>r Feldgraswirtschaft<br />
fes thalten. Der Fruchtbarkeit <strong>de</strong>r Bö<strong>de</strong>n waren und sind enge Grenzen gesetzt. Je nach Hanglage<br />
und Nie<strong>de</strong>rschlagsereignissen. wur<strong>de</strong> dcr von Haus aus geringe Humusanteil innerhalb<br />
weni ger Vegetationsperio<strong>de</strong>n abgeschweJl1mt , so dass an einen angemessenen EI1rag auf<br />
lange Sicht durch hochgezüchtete. empfindliche KullUrpllanze n auf <strong>de</strong>rselben Fl äche nicht<br />
zu <strong>de</strong>nken war 11 71. icht se lten musste <strong>de</strong>r humusreiche Bo<strong>de</strong>n im Frühjahr wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Berg hinauf getragen wer<strong>de</strong>n. um die utzungsdauer <strong>de</strong>s Ackers etwas zu erlängern [6J.<br />
Die Verbreitung <strong>de</strong>r Feldgrasw irtschaft <strong>de</strong>ckt sich relati v genau mit <strong>de</strong>m Gebi et <strong>de</strong>s Anerbenrechts.<br />
<strong>de</strong>n sog. geschlossc nen Hofgütern. Da hicr die Holbesitzungen größer wa ren<br />
als in <strong>de</strong>n Realteilungsgebi eten. wie beispi elswei. e <strong>de</strong>m Süd lichen chwarzwald, konnte<br />
auf die Intensi vierung <strong>de</strong>r Ackernutzu ng eher verzichtet wer<strong>de</strong>n (vgl. Kap. 2 .1 ).<br />
Im land wirtschaftlichen Wuchsgebi et Hochschwarzwald. zu <strong>de</strong>m das Ulllersuchungsgebi et<br />
gehört. sind Ackernutzungen von 3 bi s 4 Jahren üblich, dabei entfällt eine Rotation min<strong>de</strong>stens<br />
auf Hackfrüchte, überwiegend Kartoffeln. Im Jahr nach <strong>de</strong>m mbruch fo lgt zumeist<br />
Hafer. danach wer<strong>de</strong>n entwe<strong>de</strong>r Kartoffeln o<strong>de</strong>r Winterroggen angebaut. Im dritten Bauj<br />
ahr folgt Winter-. Sommerroggen o<strong>de</strong>r Gerste. [st ein weiteres Anbaujahr möglich , wird<br />
noc hmal s Roggen ku lti viert und das Feld ansc hießend sich selbst überlassen bzw. eingesät<br />
11 71 (vgl. Abb. 8). Ist dieses viert e Jahr aurgrund <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nverhältnisse nicht möglich,<br />
beginnt die Ruhepause durch cinc geschlossene Gras<strong>de</strong>cke ent sprechend eine Vegetati <br />
onsperi o<strong>de</strong> früher. Wird die zukünftige Gras fl äche sich selbst überlassen. spricht man von<br />
~ Roll en d c " Fcldgraswirlschaft<br />
1. AnbIIuli'"<br />
bb. 8: Fru chtwechsel auf <strong>de</strong>n e inzelnen Schl ägen <strong>de</strong>r "roll en<strong>de</strong>n" Feldgraswirtsc haft.
103<br />
einer "wil<strong>de</strong>n Feldgraswirt schaft", die "verbc serte FGW" ist durch die Ein aat mit einer<br />
Gras- o<strong>de</strong>r Kleegrasmi sc hung gekenn ze ichnet oftmal ' wer<strong>de</strong>n aber einfach nur die beim<br />
Säubern <strong>de</strong>s Heubo<strong>de</strong>ns gewonnenen Heusamen auf <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Feld ausgebracht.<br />
Die Intensität einer FGW wird neben <strong>de</strong>r A bwechsl ungshäuf igkeit <strong>de</strong>r A nbaufrüchte vor<br />
allem durch die Länge <strong>de</strong>r Grünlandnutzun g <strong>de</strong>s ehemaligen Ackerschl ags gekenn zeichnet.<br />
Die intensivste A usführung gewiihrl <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n lediglich drei Jahre Erh olung, bei <strong>de</strong>r<br />
ex tensivs tcn FGW hingegen erreicht sie 20 Jahre und mehr. Bezüglich Humusmenge und<br />
<strong>de</strong>r übrigen Faktoren <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nfruchtbarkeit ist die Extensi v-Form ihren intensi veren<br />
A usführungen weit überlegen. Bei arrondierten Hofgrund tücken, wie sie im A nerbengebiet<br />
vorherrschen, sprach man von ciner "rollen<strong>de</strong>n Feldgraswirtschaft", am Hangfu ß<br />
beginnend, " fraß" sich die Ackernutzung nach und nach <strong>de</strong>n Hang hinauf. Je nach Hanglänge<br />
konnten bis zu vier Feldgrasrotationen gleichzeitig und übereinan<strong>de</strong>r umgetrieben<br />
wer<strong>de</strong>n. l611<br />
Bis Anfang / Mitte <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts nahmen die land wirtschaftlich inten iv genutzten<br />
Fl ächen hauptsHcblich zu ; über diverse, kleinere Verschiebungen infolge Pest. Kriege etc.<br />
sind keine mengenmäßi gen Erhebungen vorhan<strong>de</strong>n. Ab ca. 1850 ist eine Abnahme <strong>de</strong>r<br />
Äcker zu vcrzeichnen. Die Verkehrswege waren besser gewor<strong>de</strong>n, ab 1893 besaß Furl wa n<br />
gcn ei ne eigene Bahnlinie, bereits seit 1873 war die Schwarzwaldbahn Offenburg-ViIIingen<br />
in Betrieb. so da s es ein fac her waL das inzwischen billiger gewor<strong>de</strong>ne GeLrei<strong>de</strong> aus<br />
<strong>de</strong>r Baar o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>m Rheintal zu "importi eren". an statt es aufwcndi g undmit <strong>de</strong>r Ungewis. heit<br />
<strong>de</strong>s Erfolges aller Bemühungen auf <strong>de</strong>n Schwarzwaldhöhen zu kulti vieren. D as Selbstversorgerprinzip<br />
wur<strong>de</strong>. wie auch in an<strong>de</strong>ren Regionen Deutschlands, immer mehr durch<br />
die Produ kti on für <strong>de</strong>n allgemeinen M arkt abgelöst. Durch an<strong>de</strong>re Verdien lmöglichke i<br />
ten gelock t. wur<strong>de</strong>n die A rbeitskräfte, vor allem auch die eigenen Familienmitglie<strong>de</strong>r. die<br />
früher als Folge <strong>de</strong>s Anerbenrechts mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r mittellos al s Knechte und M äg<strong>de</strong><br />
auf <strong>de</strong>m Hof blieben, in <strong>de</strong>r Landwirtschaft rar. Lukrative re Einnahmequellen. wie Viehzucht<br />
und Waldbau, wurdcn <strong>de</strong>m A ckerbau vorgezogen. Der Ertrag auf <strong>de</strong>n verbleiben-<br />
Abb. 9: Einer <strong>de</strong>r wenigen Äcker im Untersuchungsraum, hicr mit Kartoffeln und zwei Schlägen<br />
Hafer. icht selten liegt das Getrei<strong>de</strong> bereits im September am Bo<strong>de</strong>n, das w ie hier auf einer Höhe<br />
von 1060 m NN, unter . chwieri gsten Bed ingungen für <strong>de</strong>n EigenbedarF angebaut w ird. Neben extremen<br />
Witterun gen stellt oftmals auch das Schä<strong>de</strong>n verursachen<strong>de</strong> Rotwild ein Probl em dar.
104<br />
Abb. 10: Zu>.tand bei Neukirch 1780 (simuliert)<br />
bb. 11 : Zustand 1935 (Original)
105<br />
<strong>de</strong>n Ackerflächen wur<strong>de</strong> durch besseres Saatgut und verbesserte Anbaubedingungen konstanter<br />
und somit in gewisser Weise berechenbarer. Die Aufforstung land wirtsc haftlich<br />
genutzter Flächen wur<strong>de</strong> vom Staat finan ziell ge för<strong>de</strong>rt, Viehzucht und Waldbau wur<strong>de</strong>n<br />
immer mehr zu <strong>de</strong>n zwei dominieren<strong>de</strong>n Standbeinen <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Landwirtschaft.<br />
Auch die Einführung <strong>de</strong>s Kunstdüngers (Thomasmehl ab 188 5 und kün stlich hergestellter<br />
Stickstoff ab 19 10) konnte die Fortrührung <strong>de</strong>s Ackerbaus im Mittleren Schwarzwald nur<br />
kurzfristig erhöhen. Seit 1925 nehmen seine Flächenantei le kontinuierlich ab [49\ und<br />
liegen inzwischen bei ca. 0,4 % r56]. Zwischen 1880 und 1993 sank die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r<br />
Getrei<strong>de</strong>fbchen von 483 ha auf 22 ha. die Anbaufläche <strong>de</strong>r Kartoffel. <strong>de</strong>r einzigen H ackrrucht<br />
<strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes. von 141 ha auf9 ha [6, 56].<br />
Abb. 12: Gleicher Standort wie Abb. 10 und 11. 1995<br />
Ein typi sches Beispi el rür die Landschaftsverän<strong>de</strong>run g im Untersuchungsgebi et stellt <strong>de</strong>r<br />
Bildstandort dar. Au 'gehend von Abb. 11 , die ca. 1935 entstan<strong>de</strong>n ist, wur<strong>de</strong> versucht, <strong>de</strong>n<br />
histori sc hen Zustand von 1780, entsprechend <strong>de</strong>n damaligen Waldgrenzen, nachzuempfin<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 12 zeigt zum Vergleich <strong>de</strong>n ak tuellen Zustand. Beson<strong>de</strong>rs auffällig ist die weitere<br />
Waldzunahme, <strong>de</strong>r Verlust an feuchten Wiesen und Einzelbäumen entlang <strong>de</strong>r Wege, das<br />
Verschwin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r angelegten Stillgewä ser und, im Bildhintergrund. die schemenhaft<br />
erkennbare Ausbreitung <strong>de</strong>r Siedlungsflächen eukirchs.<br />
1.6. Quantitative Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>I' Bo<strong>de</strong>nnutzung:<br />
Abb. 13 veranschaulicht die quantitati ven Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung auf <strong>de</strong>n Gemarkungen<br />
Furtwangen, Linach, eukirch. Rohrbach und Schönenbach zwischen 1780<br />
und 1995 im Zusammenhang (vgl. Kai . 1. 1. bis 1.4.).
106<br />
100%<br />
11,6%<br />
-<br />
1',1%<br />
1780 1853·1902 1925 1950 1985 1995<br />
Obeosteht!f1<strong>de</strong>s BlockdaglnVTl verillSChaJlichl die .. etige Waldzunahme, das Vorochwln<strong>de</strong>o <strong>de</strong>r cMkei<br />
mar1
107<br />
terbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Z wischenstufen, die auf <strong>de</strong>m ungeteilten Gemeinbesitz aller achfa h<br />
ren ba ierten. wer<strong>de</strong>n ebenfalls vermutet [5 11 ·<br />
Das Anerbenrecht bedachte meistens <strong>de</strong>n jüngsten Sohn (Minorat ) als Hoferben. Damit<br />
konnte das Fälligwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Zehlllen an die weltlichen o<strong>de</strong>r geistlichen Herren <strong>de</strong>s Gebi<br />
ets. im Falle <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Hofbcsitzers möglichst lange hinausgezögert wer<strong>de</strong>n . Gab es<br />
keine männlichen achfahren auf <strong>de</strong>m Hof. wur<strong>de</strong> die mteste Tochter neue Hotbesitzerin.<br />
Seltener wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r älteste Sohn (M ajorat) zum Erben bestimmt l49] . Heute ist es zumeist<br />
<strong>de</strong>r bestgeeignete Nachkomme <strong>de</strong>r Fami lie, <strong>de</strong>r. falls er Interesse ze igt. die Landwirtschaft<br />
übernimmt.<br />
Vor Beginn <strong>de</strong>r Industrialisierung hallen die sog. "Weicherben" da ' Los. als Knechte und<br />
M äg<strong>de</strong> für Kost und Logie auf <strong>de</strong>m Hof bleiben zu mü ssen. A ußer in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />
gab es für sie selten an<strong>de</strong>re Verdienstmöglichkeiten. Die Auszahlung <strong>de</strong>r geringen Erbabfindung.<br />
die sie erhielten. erfolgte in "Zielen" o<strong>de</strong>r "Würfen". also in Raten und zumeist<br />
ohne Erstallung von Zinsen. Nicht se lten mussten sie 20 Jahre und länger warten, bis sie<br />
einen Anteil ihre- Erbes erhielten. Je nach Wirtschaftslage erhielten sie überh aupt nichts.<br />
<strong>de</strong>nn vor <strong>de</strong>m einze lnen Familienmitglied rangierte stets <strong>de</strong>r HoL Die Hofübergabe musste<br />
nicht selten mit <strong>de</strong>r Heirat <strong>de</strong>s Jungbauern gekoppelt wer<strong>de</strong>n. um durch die Mitgift <strong>de</strong>r<br />
Braut eine weitere finanzielle Stütze zu erhalten. Veranschlagt wur<strong>de</strong> ein sog. "Kindskaufpreis",<br />
<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Verkehrswert, meist sogar unter <strong>de</strong>m Ertragswert <strong>de</strong>s Hofbesitzes<br />
lag. Wenn die Weicherben einerseits durch ihre Arbeitskraft ei ne Stütze repräsentierten, so<br />
konlllen sie an<strong>de</strong>rerseits durch das Fehlen einer Ausbildung <strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Tagelöhnerdasein<br />
ohne Chance auf Verän<strong>de</strong>rung und einer oft nicht unbeträchtlichen Zahlunehelicher<br />
Kin<strong>de</strong>r. zur Last <strong>de</strong>s Hofes wer<strong>de</strong>n. [511<br />
Die Folgen <strong>de</strong>s geschlossenen Hofguts, das seit 20.8.1898 Lan<strong>de</strong>sgesetz ist. schlugen<br />
sich vor allem in <strong>de</strong>r Waldbewirtschaftung ni e<strong>de</strong>r. Der <strong>de</strong>n Weicherben zu zahlen<strong>de</strong><br />
Abfindungsbetrag wur<strong>de</strong> meist durch <strong>de</strong>n Waldbesitz abge<strong>de</strong>ckt bzw. erwirtschaftet [51].<br />
Je nach Höhe <strong>de</strong>s Betrags, eventueller Verzinsung und <strong>de</strong>r Zeitspanne, in <strong>de</strong>r er abzu lösen<br />
war. wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wald nac hh altig bewirtschaftet o<strong>de</strong>r aber ausge beutet. Die Bewirtschaftungszeit<br />
von 30 bi s 35 Jahren pro Generation sorgte allerdings in <strong>de</strong>r Regel dafür.<br />
dass sich <strong>de</strong>r Wald wie<strong>de</strong>r erholen konnte und an<strong>de</strong>rerseits eine völlige Bewirtschaftung<br />
nie unterblieb 151] .<br />
Trotz <strong>de</strong>r großen Zahl billiger Arbeitskräfte konnten, aufgrund <strong>de</strong>r natürlichen Gegebenheitenund<br />
<strong>de</strong>m ständig steigen<strong>de</strong>n Konkurrenzdruck mit an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong>n, im landwirtschaftlichen<br />
Bereich se lten Überschüsse erwirtschaftet wer<strong>de</strong>n. Der Wald bil<strong>de</strong>te und bil<strong>de</strong>t<br />
auch heute noch mit seinen Erlr~igen , die j e nach Holzmarktlage eben fall tark schwanken<br />
können. ein notwendiges Gegengewicht. Extreme Ereignisse, wie z. B. Sturm- o<strong>de</strong>r<br />
Schneebruch, können wie 1990 zum Zusammenbruch ganzer Bestän<strong>de</strong> führen und dadurch<br />
<strong>de</strong>n Verkauf erheblich erschweren sow ie <strong>de</strong>n Gewinn erheblich schmälern. Extrem<br />
betroffen sind dabei in <strong>de</strong>r Regel die eng gcpnanzten Fichtenreinkulturen. Vielstufige Wa ldbestän<strong>de</strong><br />
mit einem breiten Altersklassenspektrum. die im Anerbengebiet häufiger erhalten<br />
blieben als im Realtei lungsgebi etlll, sind meist wesentlich weniger anfällig gegen solche<br />
Einllüsse 139 J.<br />
Das praktizierte Erbrecht <strong>de</strong>s Millieren Schwarzwalds führte aber nicht nur zu Au bildung<br />
und Erhalt arrondierter Hofgüter mit vielen Grünlän<strong>de</strong>reien und großen zusammenhängen<strong>de</strong>n<br />
Waldgebietenmit relativ geringer Erschließung. son<strong>de</strong>rn im Verlauf <strong>de</strong>rGeschichte<br />
auch zu einer ex tremen Verschiebun g <strong>de</strong>r landwirtschaftlich genutzten Flächen zugun-
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um 1900<br />
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• Bebauung<br />
Auffallend ist bei dieser Betrachtung nicht nur <strong>de</strong>r ehemal s hohe<br />
A nteil an Reutrel<strong>de</strong>rn und die Vi elza hl <strong>de</strong>r Äcker, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
hUufige Dec kungsgleichheit <strong>de</strong>r Waldllüchen aus <strong>de</strong>m Gemarkungsatl<br />
as mit <strong>de</strong>n heutigen Standorten <strong>de</strong>r Buchen-Tannen-Mischwäl<strong>de</strong>r.<br />
Dies ist noch ex tremer auf einigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gemarkungen festzustellen.<br />
Je nac h Hangneigun g wur<strong>de</strong>n die ehemaligen Reutfel<strong>de</strong>r<br />
aurge forstet o<strong>de</strong>r sind heute in GrUnlandnutzu ng, die ehemaligen<br />
Ackerstandorte blieben nur in wenigen Fällen erhalten .<br />
BezUglich <strong>de</strong>r heutigen Waldqualität auf <strong>de</strong>r Gemarkung Neukirch<br />
fü llt <strong>de</strong>r hohe A nteil an Misc hwa ld auf. Durch die ex treme Reliefsituati<br />
on <strong>de</strong>s Schwarzwaldwestabfa lls untersc hei<strong>de</strong>t sich diese<br />
Gemarkung von <strong>de</strong>n ös tlichen Teilen <strong>de</strong>s Untersuchungsgebiets. in<br />
<strong>de</strong>nen die mensc hlichen Eingri ffe wesentlich ex tremer wa ren. D a<br />
<strong>de</strong>r Gemarkungsatl as Neuk irchs die damal ige Verbrei tung <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r<br />
auswe ist, wur<strong>de</strong> ebendiese Gemein<strong>de</strong>ausgewählt. Zum an<strong>de</strong>ren<br />
kann ke ine <strong>de</strong>r Gemarkungen <strong>de</strong>s Gebi ets als typi sc h bezeichnet<br />
we r<strong>de</strong>n:je<strong>de</strong> bes itzt ihre Beso n<strong>de</strong>rheiten (z. B. stärkerer Siedlungsdruck.<br />
extreme Fami lienverhältnisse in <strong>de</strong>n land wirtsc haftlichen Betrieben,<br />
schlechtere Verkehrsin frastruklUr etc.). die sie von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
unterschei<strong>de</strong>t und Verallgemeinerungen erschwert.<br />
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Abb. 14a<br />
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Die Qual ität <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s hat sich se it 1950 auf vielen Standorten verschl<br />
ec htert, oftmals sind die kleinflächigeren Mischwaldreste verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Die größeren Mischwaldgebiete, die alle in relati v<br />
un wegsa mem Gebiet liegen, vergrößerten sich zum Teil. Ebenfalls<br />
auffal lig ist die VerschiebungehemaligerTannen-Buchen-Mischwä l<br />
<strong>de</strong>r zu Tannen-Fichten-Mischwä l<strong>de</strong>rn. durch gezieltes Schlagen <strong>de</strong>r<br />
Buchen. Eine wesentlich stärkere Waldzu nahme ist im reliefreicheren<br />
SU<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gemarkung zu verze ichnen; im fl acheren Nor<strong>de</strong>n si nd die<br />
Verh ältnisse wese ntlich stabiler.
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1953<br />
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~ Tannen· Fichten· Mischwald<br />
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11 0<br />
bb. 15 : Di e im Winte r 1994/95 durch<br />
Schneebruch verursacht e n Schä<strong>de</strong>n blieben<br />
aufFichtenreinkulturen im Iter von<br />
ca. 15 .. 20 Jahre beschrÜnkl. Zurück<br />
bli eben lic ht e bis ö llig zusammengebrochene<br />
Bestän<strong>de</strong>. w ie auf'diesem Bild.Hier<br />
bi etet sich nun die C hance eies Umbaus<br />
zu e ine m Mischwald mitte ls e ines<br />
Vorbaue, mit Buchelljullgpnanzen.<br />
sten <strong>de</strong>r Forst wirtschaft. Die ehemals<br />
im Anerbengcbiet zahlreich vorhan<strong>de</strong>ncn<br />
ArbeitskrLifte (mehrheitlich<br />
Geschwister <strong>de</strong>. Bauern) wan<strong>de</strong>rten<br />
Mitte bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
ve rmehrt in die Industrie ab [1 ,32 1.<br />
Man geht da von aus. dass das durchschnittliche<br />
Flächenalter bei entsprechend<br />
großem Waldbesitz in <strong>de</strong>r Regel<br />
höher liegt als bei kleineren Parzellen<br />
111. Ein gün sti ges Allersklassenverhältnis<br />
besitzen lediglich<br />
Stand0l1e. die sc hon immer <strong>de</strong>m Wald<br />
orbehalten wal'en. Sie machen allerdings<br />
<strong>de</strong>n geringsten Teil <strong>de</strong>r heuti ge n WaldrlUche aus. Bedingt durch <strong>de</strong>n großen Walei <br />
besitz im Bereich eier geschlossenen Horgüter kann auf völlige Kah lhiebe und große Eingrille<br />
we itgehend verzichtet wer<strong>de</strong>n. Z u Beginn <strong>de</strong>r Besiedlung war dies nicht immer so.<br />
Die Kontinuiüit <strong>de</strong>s Besitzes und die ähe von Wald und Wohnort fUhren zur Verbun<strong>de</strong>nheit<br />
mit <strong>de</strong>r Landschaft. die sich wie<strong>de</strong>rum in Steti gkeit und BestLindigkeit üußert [I). Trotz<strong>de</strong>m<br />
ließen sich die enormen Abholzungen und die seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt fol gen<strong>de</strong>n<br />
Walelzunahmen infolge ·truktureller Umwä lzungen nicht vermei<strong>de</strong>n .<br />
2.2. Einfluss <strong>de</strong>r Infrastruktur<br />
Mit <strong>de</strong>r Besiedlung <strong>de</strong>s Kerngebi ets <strong>de</strong>s Schwarzwalds ging eine ständi ge Verbesserun g<br />
seiner Erschließung ei nher. War man anl"ünglich auf die Erstellung und Verbesserung <strong>de</strong>s<br />
Wegenetzes bedacht. so kam. wie bereits erwlihnt. am Anfang <strong>de</strong>s 19. Jah rhun<strong>de</strong>rts das<br />
Streben nach einem eigenen Bahnanschluß FUr!wangens hinzu. Die ursprüngliche Erschließung<br />
<strong>de</strong>s Gebiets erfolgte einersei ts von St. Georgen aus durch das Roh rbachtal: eine Verbindungsachse<br />
ZUIll we ltlichen Besitzer Furtwangens, Triberg. bestand ebenfalls an dieser<br />
Strecke über die sog. 'Geutsche'. Der Austausch nach Westen ins Simonswäl<strong>de</strong>rtal. bzw.<br />
Rheilllal w ur<strong>de</strong> bis ins 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt hinein über <strong>de</strong>n sog. 'Kilpen' ermöglicht. Der Ausbau<br />
<strong>de</strong>r Straße von Obersimonswald nach Gütenbach konnte aufgrund <strong>de</strong>r notwendigen<br />
Spreng- und Ausbauarbeiten erst um 1858 errolgen 15 .. lI- Eine weitere Verbindung ex i<br />
sti erte über Neukirch. Glashü tte und St. Mürgen o<strong>de</strong>r St. Pcter in das Rheintal1 32 1. Vor<br />
allem die Verbindungen nach Westen waren von j e her. gleichgültig ob mit Fuhrwerken.<br />
<strong>de</strong>r Bahn o<strong>de</strong>r Krartfahrzeugen. problematisc h. Der zu überwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Höhenunterschied<br />
von ca. 600 M eter machte Sommers wie Winters einen erheb lichen Aufwand nötig [541.
III<br />
Ganz an<strong>de</strong>rs lagen die Verhältnisse auf <strong>de</strong>r wesentlich fl acher verlaufen<strong>de</strong>n Ostabdachung<br />
<strong>de</strong>s Schwarzwalds. Vor allem die Verbindung entlang <strong>de</strong>r Breg nach D onaueschingen verläuft<br />
ohne extreme Höhenunterschie<strong>de</strong>. Sei t Pl anung <strong>de</strong>r Bahnlinie M annheim-Offenburg<br />
wur<strong>de</strong> in FUrl wangen auf die Weiterführung dieser "Schwarzwaldbahn " über Triberg, Furtwangen<br />
nach Konstanz gehofft 132]. Entsprechen<strong>de</strong> Initiati ven zum Bau dieser Trasse<br />
wur<strong>de</strong>n von Seiten <strong>de</strong>r Furtwell1ger Bevölke rung ergriffe n. j edoch we<strong>de</strong>r diese noch an<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>nkbare M öglichkeiten, wie z.B. die Elztallinie o<strong>de</strong>r die Höllentalbahn, wur<strong>de</strong>n über Furtwangen<br />
gebaut [32]. Zum einen . tan<strong>de</strong>n technische Hin<strong>de</strong>rnis e im Weg, zum an<strong>de</strong>ren wa r<br />
die L obby <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gemein<strong>de</strong>n so . tark, dass eine in Furtwangen en<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Strecke<br />
durch das Bregtal die einzige Chance <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> auf einen eigenen B ahn an chluss war<br />
154J.<br />
Dieser " Bregtäler" wa r es auch, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m oberen Bregtal 1893 <strong>de</strong>n langersehnten Eisenbahnanschluß<br />
ermöglichte und somit sowohl <strong>de</strong>n A bsatz <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Prod ukte, als<br />
auch die Güterversorgung <strong>de</strong>r Bevölkerung verbesserte r54 J. An erster Stelle <strong>de</strong>r Verkau fsgüter<br />
stand das Holz, da: nun ei nfacher und sc hneller transportiert wer<strong>de</strong>n konnte. Entsp<br />
rechend wur<strong>de</strong> die Bewirtsc haftung vieler Äcker und Reu tfe l<strong>de</strong>r aufgegeben und mit<br />
·chnellwüchsigen. pflege leichten Fichtenreinkulturen bepflanzt [54 J. Das Gelrei<strong>de</strong> konnte<br />
per Bahn eingeführt wer<strong>de</strong>n. die Milchproduktion wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Verkauf an Milchzentralen<br />
r 181 zu einem lukrati ven Geschäft. Diese Verschiebung <strong>de</strong>s Absatzmarktes hatte<br />
ganz unmittelbar die Ver chiebung <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung zugunsten von Wald und Grünland,<br />
und damit längerfri. tig die Verän<strong>de</strong>rung bzw. Vereinheitlichung <strong>de</strong>s Land ·chaft sbil<strong>de</strong>s.<br />
zu r Folge.<br />
eben <strong>de</strong>n verbesserten Verkehrsanbindungen hatte aber auch die Vergrößerung <strong>de</strong>s sc hu <br />
lischen A ngebots Furtwangens unmittelbare A uswirkungen auf die Bo<strong>de</strong>nnutzung im oberen<br />
BregtaL Mit <strong>de</strong>r Eröffnung <strong>de</strong>r Uhrmacherschule 1850 und <strong>de</strong>r ihr angeglie<strong>de</strong>rten Strohflechterschulc<br />
[32] bekamen die bisher al s Tagelöhner und Bill igarbeitskräfte in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />
täti gen "Weicherben" die Chance, mit einer Ausbildung. ihre Situati on zu verbessern.<br />
Finanzielle und pri vate Unabhängigkeit. die Gründung einer eigenen Familie und<br />
die M öglichkeit an<strong>de</strong>re Gegen<strong>de</strong>n und ferne Uin<strong>de</strong>r zu bereisen, lockten nicht wenige<br />
A rbeitskrlift e aus <strong>de</strong>r Land wirtschaft in da: Uhrmachergewerbe. Manche Bauern verkauften<br />
sogar Hof und L än<strong>de</strong>reien. um ihr Glück in <strong>de</strong>m neu erstehen<strong>de</strong>n Wirtschaftszweig zu<br />
ve rsuchen [54 1. Obwohl so mancher Uhrmacher zum Ausgleich noch etwas Landw irtschaft<br />
nebenbei betrieb. wur<strong>de</strong> auf die intensivsten Bo<strong>de</strong>nnutzungen (Acker und Reutfeld)<br />
immer mehr verzichtetl 32J.<br />
2.3. Einnuss <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Soziostruktur<br />
Die ehemals die stattlichen Schwarzwaldhöfe besie<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n bäuerlichen Großfamilien gehören<br />
heute. wie an<strong>de</strong>rswo auch. zumeist <strong>de</strong>r Vergangenheit an. Drei Generationen unter<br />
einem Dach sind mittlerweile wese ntlich seltener zu fin<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rne Hof wur<strong>de</strong> immer<br />
mehr zu einem Ei n- bis Zweipcrsonen-(lndustrie) Betrieb. Benöti gte man früher zur<br />
Unterbringung <strong>de</strong>r Familienmitglie<strong>de</strong>r (ein. chließlich <strong>de</strong>r Weicherben) und rbeitskrä fte<br />
(2 -3 Dauerarbeitskräfte pro Hof waren die Rege l 16]) viel Platz unter <strong>de</strong>m großen Hofdach.<br />
so sind es heute die zahlreichen M aschinen, die <strong>de</strong>n Schutz vor ie<strong>de</strong>rschlägen und<br />
Willerungseinllü sen benötigen und <strong>de</strong>n Hof füllen. icht selten zieht an stall <strong>de</strong>s A ltbauern<br />
<strong>de</strong>r junge Landwirt mit se iner Familie in das neu erbaute o<strong>de</strong>r fri sch renovierte Leibgedinghaus;<br />
wer verzichtet schon gerne auf Komfort?
11 2<br />
ber nicht nur. dass die bäu erliche Familie in <strong>de</strong>r Rege l kleiner ist als früher. ach<strong>de</strong>m die<br />
Hofnachfolge geklärt ist. hat es <strong>de</strong>r Jungbauer oft schwer, auf Dauer eine Lebensgefährtin<br />
bzw. eine Ehefrau zu fin<strong>de</strong>n. Wesentlich se ltener ist eine Übernahme <strong>de</strong>s Hofes durch die<br />
Töc hter. Die Arbeit <strong>de</strong>r Bäu erin ist kaum begehrt: zu groß sind die Ein sc hränkungen und<br />
<strong>de</strong>r zu leisten<strong>de</strong> Verzicht aufgrund <strong>de</strong>s Hofes. Kein fre i e~ Wochenen<strong>de</strong>, praktisch kein<br />
Urlaub,j e nach Maschinisierungsgra I körperlich anstrengen<strong>de</strong> Arbeit. <strong>de</strong>r Land wirtschartsgeru<br />
ch usw. kennze ichnen auch heute noch das Leben auf <strong>de</strong>n, nicht selten ziemlich isoliert<br />
gelegenen Höfen <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwald ... In einer Gesellschaft. in <strong>de</strong>r die Freize<br />
it eine immer größere Rolle spi el t. sind dies Punkte. die die Familiengründung und <strong>de</strong>n<br />
Erh alt <strong>de</strong>s landwirtschaftlichen Betriebs nicht einfach machen.<br />
Vor allem bei guter Konjunktur und geringer Arbeitslos igkeit ist die Verl ockung. <strong>de</strong>n Hof<br />
zugunsten geregelter Arbei tszeiten, guter Löhne und wetlerunabhängiger Arbeitsbedingungen<br />
aufzugeben, groß. In Gebi eten, wie beispi elsweise <strong>de</strong>r Umgebung von Furtwangen,<br />
wo diese Arbeitsplätze nicht allzuweit vom Wohnort entfernt sind. ist das noch häufiger al.<br />
in Gebieten. in <strong>de</strong>nen Arbeitsplätze in <strong>de</strong>r Industrie seltener und weni ger gut erreichbar<br />
sind.<br />
Seit Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts sind in <strong>de</strong>n Dörfern mehr o<strong>de</strong>r we niger starke Abwan<strong>de</strong>run<br />
gstenclenzen in größe re Tal - o<strong>de</strong>r Schwarzwaldrandgemein<strong>de</strong>n zu verzeiehnen [61.<br />
Der enge ahrungsspi elraum, das strenge A nerbenrec ht und sc hl echte Vieh- und Holzpreise<br />
führten seit<strong>de</strong>m zu einer großen Anziehungskraft <strong>de</strong>r Industriegemein<strong>de</strong>n. wo sich<br />
die wirtschaftliche L age <strong>de</strong>r A bwa n<strong>de</strong>rer. dank ihrer guten handwerklichen Fähigkeiten.<br />
die sie sich durch die früh entstan<strong>de</strong>nen Hau simlustrien <strong>de</strong>s Gebiets hatten aneignen können.<br />
rasch ve rbesserte. Trotz Geburtenüberschuß nahm die land. irtschaftliche Bevölkerung<br />
ab [6 1. Der Rückgang dieser gewachsenen bäuerlichen Gemeinsehaftsstrukturen fin<strong>de</strong>t<br />
ihren unmillelbaren Nie<strong>de</strong>rschl ag im Landschaftsbild. Die logische Konsequenz bei<br />
rbei tskrliftemangel ist das Einschränken <strong>de</strong>r arbeitsintensiven Bewirtschaftung. alten. allermeistens<br />
zugunsten <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s. Es wird abo aufge forstet: Rohrbach. mit einem überdurchschnittlich<br />
hohen A nteil an Jungbauern ohne Frau ist hier ein Para<strong>de</strong>beispiel. Die SilUati<br />
on ist an <strong>de</strong>r Waldzun ahme und einem hohen A nteil Jungaufforslllngen abzu lesen.<br />
2.4. Einfluss <strong>de</strong>r Wirtschaftslehrcn und -struktur<br />
Die Entstehung ei ner geregelten Wirtschaft hat zu allen Zeiten. j edoch in unterschiedlichem<br />
M aße. die Land wirtschaft und die Art <strong>de</strong>r Landbewirtschaftung beeinflusst. Waren<br />
die Bauern on Beginn an durch ihre we ltlichen Herren und von Seiten <strong>de</strong>r Kirche unterdrückt<br />
(Art <strong>de</strong>r Besiedlung. bgaben etc.). so hütte <strong>de</strong>r Bauernkrieg eine Wen<strong>de</strong> herbeiführen<br />
so llen. Der utzen dieses Aufstands wa r allerdings geringer als die achteile. die<br />
<strong>de</strong>n Bauern daraus erwuchsen 1321. Eine erste theoreti sche Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Pos ition <strong>de</strong>s<br />
Bauerntums brachte die Lehre von QUES:-Ji\Y ( 1694- 1774). <strong>de</strong>r sich als Erster ausgiebig mit<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaft befasste 14 11. Er schuf die phys iokrati sche Lehre. die allein in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />
die Quelle <strong>de</strong>s Volkswohlstancles sah und befand <strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>m 30-jührigen Krieg<br />
verstürkt betriebenen M erkantilismus mit seiner einse itigen För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ls und<br />
<strong>de</strong>r Industrie für wenig sinnvoll. Die Grundlasten und Abgaben konnte und wollte aber<br />
auch er mit seiner Lehre nicht beseitigen. Zwar setzte Q I, SNAY sich f"i.ir die freie Marktwirtschaft<br />
ein . die Herrschaft eines Despoten über die Bevölkerun g zweifelte aber auch er<br />
nicht an 191. Die Befreiung <strong>de</strong> ~ Betriebes brachte al so nicht automatisch die Befreiung<br />
seiner Bewohner mit sich. Erst mit <strong>de</strong>r französ ischen Revolution. unter Beteiligung <strong>de</strong>r<br />
Bauern . kam auch für sie die ersehnte Unabhiingigkeit )4 11 .
113<br />
[m Mitlleren Schwarzwald wur<strong>de</strong>n die wirtschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen allerdings erst mit<br />
Beginn <strong>de</strong>r Industrialisierung ab <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt so schwerwiegend. dass sie sich<br />
längerfristi g auf das Landschaftsbild auswirken konnten. Z u diesem Zeitpun kt war die<br />
Bevölkerung so weit angewachsen, dass die Ver orgung durch die eigene L and wirtschaft<br />
nicht mehr gewährleistet war. Die zahlreich vorhan<strong>de</strong>nen Knechte und M äg<strong>de</strong>, gleichgül <br />
ti g ob Familienmitglied o<strong>de</strong>r nicht. wollten in <strong>de</strong>n allermeisten Fällen ihre Abh ängigkeit<br />
vom Hofbauern been<strong>de</strong>n und familiär sowie win. cha ftlich f rei wer<strong>de</strong>n. Die ersten Glashütten<br />
und das daraus fo lgen<strong>de</strong> Uhrmachergewerbe ab <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt boten nahezu<br />
j e<strong>de</strong>m die Chance ich zu verän<strong>de</strong>rn , au f eigcnen Fü ßen zu . tehen und mit <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Eigeninitiati ve gutes Geld zu verdienen. Viele zog es ins A usland , wo sie Vertriebssysteme<br />
für die Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhr aufbauten. die M eisten blieben nur ein paar Jahre.<br />
einige blicben für immer. Die Z urückkehren<strong>de</strong>n hatten meist ausgesorgt. konnten sich ein<br />
kleincs Haus. oft in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s elterlichen Hofes, bauen und mit etwa Landwirtschaft<br />
die Dinge <strong>de</strong>s täglichen Bedarfs sc lbst produ zieren l32].<br />
Die handwerklichen A rbeiten in <strong>de</strong>r Landwirtschaft wur<strong>de</strong>n zunehmend spezieller und<br />
komplexer. Was <strong>de</strong>r Bauer früh er se lbst repariert hatte. mu sste mehr und mehr von sog.<br />
"Landhand werkern " erledigt wer<strong>de</strong>n. Viele von ihnen waren aus <strong>de</strong>r Landwirtschaft abgewa<br />
n<strong>de</strong>rt 12]. da ihre Verdienstmöglichkeilen nach einer Speziali ierung als H and werker<br />
wesentl ich besser wa ren.<br />
Die Landwirte mussten sich <strong>de</strong>r neucn Situati on anpassen. ihre Produktion wur<strong>de</strong> arbeit -<br />
kräfteex tensiver, folglich verän<strong>de</strong>rte sich auch das Land chaftsbild. Weil es nun weniger<br />
um dic Ern ährung <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen A rbeitskräfte, son<strong>de</strong>rn immer mehr um die<br />
Begleichung <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Hand werker und <strong>de</strong>n Zukauf billiger produzierter Agrarprodukte<br />
ging. trat vermehrt Bargeld in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund dcs bäuerlichen Betriebs [2J.<br />
Ebenso führte ab 178 1 die mwandlung <strong>de</strong>r an die Grundherren zu zahlen<strong>de</strong>n Naturaldienste<br />
in eine Geldrente im Gebiet Vor<strong>de</strong>rösterreichs [321(zu <strong>de</strong>m Teile <strong>de</strong>s Untersuchungsgebicts<br />
gehörtcn) zur Ablösung <strong>de</strong>r Dominanz von aturalien (meist Getrei<strong>de</strong>) durch Bargeld.<br />
Dieses beschaffte man sich vor allem durch <strong>de</strong>n Erl ös aus <strong>de</strong>m Verkauf von Vieh und<br />
Holz. was längerfristi g <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Landschaft stark beeinflusstc.<br />
3. Leitbild für das zukünftige Landschaftsbild <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwalds<br />
Dcm Leitbild zugrun<strong>de</strong> gelegt wcr<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>n bi oti 'chen und abi oti schen Belangen.<br />
wie Bo<strong>de</strong>n- und Wasserschutz, Klimaschutz, A rten- und Biotopschutz, L andschafts- und<br />
Kulturland. chaftsschutz 'owic Erholung. auch die natumlUmspezifischenund hi tori schen<br />
Gegebcnheiten 120]. Daneben sind. um nicht einer maßlosen Utopi e zu verfallen. bis zu<br />
einem gewissen Grad auch die ökonomi schen Rahmenbedingungen, die in absehbarer<br />
Zukun ft die Kulturlandschaft prägen, zu berücksichtigen. Ebenso kann es tro tz <strong>de</strong>r Besinnung<br />
au f Histori sches, Althergebrac htes und A ltbewährtes im Zuge <strong>de</strong>r Leitbildfindung<br />
nicht Sinn sein. eine Museumslandschafl um j e<strong>de</strong>n Preis o<strong>de</strong>r eine ur prüngliche aturlandschaft<br />
zu for<strong>de</strong>rn . A uch die künftigen und mo<strong>de</strong>rnen Bedürfnis 'e aller Lebewe 'en,<br />
nicht nur <strong>de</strong>s M enschen, sind zu beachten. Das Leitbild einer Landschaft umsc hreibt einen<br />
anzustreben<strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s. zu <strong>de</strong>ssen Erhalt bzw. <strong>de</strong>ssen Errcichung<br />
konkrete M aßnahmen durchgeführt wer<strong>de</strong>n 120]. Durch die Formulierun g <strong>de</strong>s Leitbilds<br />
können die verfügbaren Kräft e und Millel zu r Erreichung dieses Ziels koordinierter. elTekti<br />
ver und auf Dauer sinnvoller cingesetzt wer<strong>de</strong>n. Die notwendigen M aßnahmen ordnen<br />
sich somit diesem konkreten Z iel unter und vermin<strong>de</strong>rn dadu rc h Fehlplanungen und -<br />
entscheidungen.
11 4<br />
Der Waldanteil an <strong>de</strong>r Gesamtgemarkungsfläche <strong>de</strong>r politisc hen Gemein<strong>de</strong> FUIlwangen<br />
liegt heute ( 1995) bei 63 %. Die Gemarkung Rohrbach im Nordosten liegt mit 7 1 % Waldan<br />
teil an <strong>de</strong>r Spitze. es fol gen die im Sü<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n Gemarkungen eukich mit 64 %<br />
und Linach mit 63 % Wald anteil. Die sied lungsgeprägteren Gemarkungen Schönenbach<br />
mit 62 % und Furt\ angen mit 59 Ck Waldfläche liegen nur wenig dahinter.<br />
Bei <strong>de</strong>n momentanen Siedlungsausprägungen. <strong>de</strong>ren Kenn zeichen erstreute Ein zelhöfe<br />
und. abgesehen vom Stadtkern Furtwangen. kleine Dörfer sind. scheint die klimatische<br />
Situation ausgeglichen. Je höher <strong>de</strong>r Waldanteil. um so höher ist die Staubaufnahme- und<br />
Reinigungskapazilät durch die Bäume. Die luftverbessern<strong>de</strong> und regulieren<strong>de</strong> Funktion<br />
örtlicher Frischlurtschnei sen und Kaltluftabflussbahnen kann aber durch einen zu hohen<br />
Waldanteil vermin<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r völlig aufgehoben wer<strong>de</strong>n. Dringt <strong>de</strong>r Wald zu weit in die<br />
Tal sohlen vor. kann es bei entsprechen<strong>de</strong>n In ve rsionswellerlagen zu Smogerschei nungen<br />
kommen. Vor allem über <strong>de</strong>m Furtwanger Stadtgebi ettriu diese Situation schon heute ab<br />
und zu auf [62 1. Die Bildungsrate von Kaltluft ist über Offenland. wie Acker und Wiese,<br />
beson<strong>de</strong>rs hoch. Wer<strong>de</strong>n diese Bereiche aufge forstet, wird entsprechend we ni ger schadstoffarme<br />
und käl tere Frischluft zur Vermi sc hung mit <strong>de</strong>r wärmeren und mehr belasteten<br />
Luft gebil<strong>de</strong>t. Die Zufuhr von K altluft. die generell für die Abkühlung und <strong>de</strong>n Luftaustausch<br />
zusammenhängen<strong>de</strong>r Sied lungsgebiete nöti g ist. kann dureh das Vordringen <strong>de</strong>s<br />
Wal<strong>de</strong>s in die Talbereiche o<strong>de</strong>r die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Bebauun g an die Waldgrenze eingeschränkt<br />
o<strong>de</strong>r völlig abgeschnitten wer<strong>de</strong>n. Des weiteren kann es zu einem Stau <strong>de</strong>r Kaltluft<br />
und <strong>de</strong>r Bildung sog. Kaltluftseen kommen. was zu einer erhöhten Frostgefährdung<br />
flihrt 6 Die Offenhaltung zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r Talauen und örtlichen Fri schluftschneisen <strong>de</strong>r Si edlungsakkumulati<br />
onen. ist darum auf Dauer zu sichern.<br />
Auch aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s rten- und Biotopschutzes. <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r histori sch gewachsenen<br />
Kulturlandschaft. <strong>de</strong>r Erholung und <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s, ist eine weitere Waldzunahme<br />
nicht zu befürworten. Die anthropogen entstan<strong>de</strong>nen Pflanzengesellschaften <strong>de</strong>s Offenlan<strong>de</strong>s.<br />
also <strong>de</strong>r Wiese n. Wei<strong>de</strong>n. Reutfel<strong>de</strong>r bzw. ihrer Folgegesellschaften (z. B. Be enginsterhei<strong>de</strong>n<br />
im Mittleren Sch warZ\- ald, Flügelginsterhei<strong>de</strong>n großfl ächig im Südlichen<br />
Schwarzwald ). teil weise auch <strong>de</strong>r Äcker. weisen Arten und Gesellschaften auf, wie sie im<br />
Wald nicht zu fin<strong>de</strong>n sind. Darunter befin<strong>de</strong>n sich auch inzwischen seilen gewor<strong>de</strong>ne und<br />
unter Schutz gestellte Arten. Nicht nur die feuchten bis nassen Bereiche klei ner Seiten tälchen.<br />
die in aller Rege l etwas entfernter vom Hof lagen und <strong>de</strong>shalb ex tensiver bewirtschaftet<br />
wur<strong>de</strong>n, wa ren und sind in vereinzelten Fällen auch noch heute Lebensraum elten gewor<strong>de</strong>n<br />
er Pfl anzenarten (z.B . Knabenkräuter. Silberdi ste l ete.).<br />
A llge mein kann davon au. gegangen werd en. dass <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Flächenviel fa ll in engem<br />
Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r Artenvielfalt und LebensqualiUil von Flora und Fauna<br />
steht 1551. Wenn auch die Verbu sc hung auf <strong>de</strong>m nicht mehr bewirtsc hafteten Grünland<br />
nicht sofort einsetzt. so ist j edoch eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r fl ori sti sc hen Artenzusammensetzung<br />
bzw. eine wesentlich geringere Artenvielfalt innerhalb weniger Vegetationsperio<strong>de</strong>n<br />
festzustellen. ie<strong>de</strong>rwüch ige, horsti ge Pilanze n wer<strong>de</strong>n zugunsten hoc hwüchsiger.<br />
ausläufertreiben<strong>de</strong>r Pflanzen verdrängt 110 I.<br />
Bei elen Vertretern <strong>de</strong>r Faun a ist ebenfalls eine Spezialisierung auf das Offenland anzutreffen.<br />
Die Aufgabe <strong>de</strong>r Bewirtschaftung führt in diesem Berei ch kurzfristig zu besseren<br />
Lebensraumqualitäten für ihre Bewohner (z. B. Insekten. v.a. Schmetterlinge. Vögel, Wi Id).<br />
Die generelle Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Biotops (z. B. Aufforstun g, Verbuschung) be<strong>de</strong>utet aber<br />
auch hier A rten erlust (<strong>de</strong>r Offenlandfaun a) 18. 101·
11 5<br />
Abb. 16: Ein Seitental in Linach.<br />
das noch nicht ganz aufgeforstet<br />
wur<strong>de</strong>,jedoch on <strong>de</strong>n überhängen<br />
her bereits wesentl iche Verän<strong>de</strong>rungen<br />
erfuhr.<br />
D er Erhal t hi , tori scher Kulturlandschaften<br />
mit beson<strong>de</strong>rs charakteri<br />
stischer Eigenart ist nach<br />
Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetz § 2<br />
Grundsatz 13 zu gewährleisten.<br />
Diesen gewachsenen Landschaften<br />
ist auch <strong>de</strong>r seit <strong>de</strong>m ca. 10.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt bi s ins K ern gebi et<br />
besie<strong>de</strong>lte Mittlere Schwarzwald<br />
mit seinem typischen Wechse l<br />
von Wald und O ffenland zuzurechnen.<br />
Wenn auch die Relationen<br />
zwischen Waldland und offenem<br />
Gelän<strong>de</strong> tändig schwankten,<br />
wur<strong>de</strong> ihre Kombination seit<br />
dieser Zeit ein Charakteristikum<br />
<strong>de</strong>r Schwa rzwaldlandschaft.<br />
Aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Erholungsnutzung ist eine weitere Waldzunahme<br />
ebenfalls nicht zu befürworten. D er Erh alt von Vielfalt. Eigenart und Schönheit<br />
von atur und L andschaft sind gemäß § I BNatSchG nachhaltig zu sichern . Entsprechend<br />
sind die Faktoren Vielfalt, N atürlichkeit. Eigenart, H armonie und Schönheit zur Ein schätzun<br />
g <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s nach FELLER ( 198 1) notwendig [20].<br />
Vielfalt<br />
Die Vielfa lt einer Landschaft, <strong>de</strong>r kleinräumige Wechsel verschie<strong>de</strong>ner utzungen. die<br />
A bwechslung zwi schen <strong>de</strong>n Extremen Chaos und M onotonie sind es, die eine Landschaft<br />
für die meisten M enschen attrakti v und interessant machen [20]. Die Kulturl andschaft<br />
(Ku ltur kommt von lat. colere = hegen, pnegen. bebauen) in ihrer ursprünglichen. kleil1leilig<br />
geg lie<strong>de</strong>rten, land wirtschaftlich geprägten , Form repräsentiert dieses Opti mum für viele<br />
M ensc hen am Ehesten. Für das U ntersuchungsgebiet be<strong>de</strong>utet das, dass vor allem <strong>de</strong>r<br />
Wechsel zwischen Wald und Offenland die Landschaft für <strong>de</strong>n M enschen, <strong>de</strong>r in ihr lebt.<br />
wohnt. arbeitet, Urlaub macht etc. , wertvoll und erlebenswert macht. Dies gi It auch für die<br />
jahre zeitlich unterschiedlichen, viel fä ltigen Aspekte <strong>de</strong>r bei un s vorherrschen<strong>de</strong>n zweischürigen<br />
Wiesen in Farbe, Duft, Äs thetik etc .. die für <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r " Kulturland schaft<br />
Schwarzwald" sprechen.<br />
Natürlichkeit<br />
Die Natürlichkeit <strong>de</strong>r L andschaft. die heute von <strong>de</strong>n M enschen als angenehm empfun<strong>de</strong>n<br />
wird. kann sich weniger auf <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r durchgeführten o<strong>de</strong>r un terlassenen Verän<strong>de</strong>run-
116<br />
gen in <strong>de</strong>r Landschaft beziehen, son<strong>de</strong>rn vielmehr auf die Wirkung und das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />
natürlich wirken<strong>de</strong>r Land schanse leillente. ach<strong>de</strong>m die Landschaft von uns M en chen<br />
über weite Strecken sehr ex trem bee innusst wur<strong>de</strong>, ist nachträglich oft schlecht festzustellen.<br />
in wieweit die L andschaftselemente völlig natürlich sind o<strong>de</strong>r nicht. Im ntersuchungsraum<br />
gilt di es beispielsweise rur di e Fließgewässer, wie auch für <strong>de</strong>n natLirlicherweise<br />
anLlltrelTe n<strong>de</strong>n Waldanteil.<br />
Eigenart<br />
Die Eigenart <strong>de</strong>r Landschaft steht für eine un ve rwechse lbare. typi sche Zusammensetzung<br />
natürlich wirken<strong>de</strong>r und kulturhistori :-,cher Elemente. Z ur Einordnung. was als Typicum<br />
<strong>de</strong>:-, speziellen Raumes zu beLeichnen ist. dienen in erster Linie die naturräumliche Glie<strong>de</strong>rung.<br />
hi storische Daten sowie die Geomorphologie. Folge dieser vorhan<strong>de</strong>nen o<strong>de</strong>r nicht<br />
vo rhan<strong>de</strong>nen Eigenart ist das Heimatge fühl: die I<strong>de</strong>l1lifizierung <strong>de</strong>s M enschen mit seiner<br />
Umgebung. Durch die Ver:"chi ebun g dieser Zu sammen:etzun g. wie etwa zu einem ex trem<br />
hohen A llleil einer bestimmten ut zungsart. kann dieses Geruhl <strong>de</strong>r Eigenart und <strong>de</strong>r<br />
Heimat vorübergehend o<strong>de</strong>r dauerhaft ze rstört wer<strong>de</strong>n 1201 . Dies kann z. B. auch durch<br />
einen ex trem hohen Anteil an Wald geschehen.<br />
Harmonie / Schönheit<br />
Die Begri frc <strong>de</strong>r Harmonie und <strong>de</strong>r Schönheit einer Landschaft sind zwar mit einer gewi s<br />
sen Subjekti vität behaftet. <strong>de</strong>nnoch lließen auch sie in die Empfindungen <strong>de</strong>s M enschen<br />
beim A nblick einer Landschaft ein: die Harmonie bezeichnet <strong>de</strong>n Einklang erschie<strong>de</strong>ner<br />
Landschaftelemente z. B. in ihrer nordnung. Form. Farbe. Kontrasl wirkung. Dimension<br />
und Proportion zueinan<strong>de</strong>r 120 1. Dabei sind vor allem die bei <strong>de</strong>n zuletztgenannten Punkte<br />
im Untersuchungsgebi et äußerst wichtig. Die heutigen Aus<strong>de</strong>hnungen <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und ihr<br />
Größenverhältni s zum Offenland lassen eine we itere Waldzunahme ohne einen verstärkten<br />
Verlu :-.t <strong>de</strong>r Harmonie unmöglich ersc heinen. Die gleichmäßigen Formen und die einheitliche<br />
Farbe <strong>de</strong>r vorherrschen<strong>de</strong>n Fichtenwiil<strong>de</strong>r beeinträchtigen diese Harmonie und<br />
damit let7tendlich die Schönheit <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Gesamtlandschaftsbil<strong>de</strong>s bereit. heute<br />
erheblich. Im Herbst ist die geringe Au:-.prLigung an Vi elfalt und Harmonie <strong>de</strong>s Fichtenwa<br />
i<strong>de</strong>s im direkten Vergleich mit erhalten gebliebenen Mischwa ldfragmenten durch die<br />
entsprechen<strong>de</strong> Verfärbung <strong>de</strong>r BI ~itt e r beso n<strong>de</strong>rs ex trem. Bei genauerem Hinsehen füllt<br />
dieses M anko aber auch zu an<strong>de</strong>ren Jahresze iten auf.<br />
A uf die Erholungseignung einer Landschaft wirken die genannten Faktoren generell ein .<br />
Trotz<strong>de</strong>m mu ss in <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Erh olung. zu <strong>de</strong>r das zu untersuchen<strong>de</strong> Gebiet hauptsächlich<br />
genutzt wird. unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. 0 ist <strong>de</strong>r M ensch beispielsweise bereit. zur Kurzze itund<br />
aherholung eine weni ger "perrckte" und attraktive Landsc haft zu akzeptieren als für<br />
Jüngere Aufenthalte. wie L. B. Urlaub o<strong>de</strong>r eine Kur 11 2 1. Auch ist es nötig. bei <strong>de</strong>m Bedür<br />
fni ~ nach Wald. zwischen stüdtisc her o<strong>de</strong>r ländlicher Bevölkerun g zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />
So ergab eine Befra gung im SOl11mer 1972 auf <strong>de</strong>n Höhen von Feldberg. chauinsland und<br />
Kan<strong>de</strong>l. dass z. B. 51 Ck <strong>de</strong>r Urlauber aber lediglich 39 e/e <strong>de</strong>r Tageserholer weiter in <strong>de</strong>n<br />
Wald hinein gehen. Vor allem die Tagestouristen geben an. in ihren Welil<strong>de</strong>rgewohnheiten<br />
sehr unterschiedlich zu han<strong>de</strong>ln (30 9t: ). die Urlauber hingegen beschränken ihren Erholungsbereich<br />
wührend einer Wan<strong>de</strong>rung eher auf einen bestimmten Landschaftstei I [121. Gleichgültig<br />
ob im o<strong>de</strong>r am Wald . erscheint <strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r Erholungssuchen<strong>de</strong>n ein möglichst<br />
nalllrnaher Wald mit verschie<strong>de</strong>nen Baul1larten, guter alllrveljüngung und einer hohen<br />
ökologischen Stabilität als optimaler Erholungswald 139 1. Manche Erholungssuchen<strong>de</strong><br />
geben an. si e run<strong>de</strong>n einen Waldanteil bis zu 80 % immer noch an genehm 1121 . Die M ehr-
117<br />
za hl <strong>de</strong>r Touristen sucht jedoch offensichtlich <strong>de</strong>n Wechse l zwischen Wald und Offen land<br />
und fin<strong>de</strong>t sich bei entsprechen<strong>de</strong>m Wetter nahezu je<strong>de</strong>s Wochenen<strong>de</strong> und zu je<strong>de</strong>r Jahre -<br />
zeit an <strong>de</strong>n wen igen. verbliebenen, waldfreien Standorten mit Aussicht (wie z. B . Brend,<br />
Thurner. Kan<strong>de</strong>l, Feldberg) ein. Auch bei Ruhepausen. Ve. perpausen o.ä. in freier atur<br />
läßt sich beobachten. dass sich die M enschen. ähnlich wie die Tiere, bevorzugt an WaIdrän<strong>de</strong>m.<br />
Gehölzen o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st unter Einzelbäumen, nie<strong>de</strong>rlassen. Auch die Tiere wissen<br />
Grenzlinieneffekte und Saumbiozönosen und die damit verbun<strong>de</strong>ne Vielfalt an Räumen und<br />
Strukturen zu schätzen 1231 .<br />
Zwar ist hinsichtlich <strong>de</strong>r Belange <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzcs die Au. <strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s. we nn es<br />
sich um standort gerechte Mischwäl<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lt. zu befürworten. So ist bei pi elsweise <strong>de</strong>r<br />
Wasser- und Lufthaushalt eines Waldbo<strong>de</strong>ns verglichen mit <strong>de</strong>m eines Grünland- o<strong>de</strong>r<br />
Ackerbo<strong>de</strong>ns wesen tlich ausgeglichener und som it langfri tig bes er. Durch die hohe<br />
Wasseraufnahmefähigkeit <strong>de</strong>r Kronenbereiche und die gute Durchlässigkeit ein es optimal<br />
durchwurzelten Waldbo<strong>de</strong>ns ist <strong>de</strong>r Obernächenablluss geringer als bei landwirtschaftlich<br />
genutzten Flächen. was letztendlich zu ei ner geringeren Bo<strong>de</strong>nerosion führt. Reine Fichtenkulturen<br />
sowie auch an<strong>de</strong>re M onokulturen führen zu Bo<strong>de</strong>nverschlechterungen 139] in<br />
chem isc her und mechani scher Hinsicht : vor allem reine Na<strong>de</strong>lholzbestänele weisen einen<br />
geringeren Antei I an Bo<strong>de</strong>nlebewesen wie z. B. Regenwürmer auf. die entschei<strong>de</strong>nd an eier<br />
Bo<strong>de</strong>nentwicklung und einem gesun<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>naulbau beteiligt sind. Auch kann grundsätzlich<br />
im Vergleich mit landwirtschaftlichen Flächen bei Waldmischbesüin<strong>de</strong>n von einem<br />
geringeren Ei ntrag chemischer Produkte. wie Mineraldünger o<strong>de</strong>r Pflanzen. chutzmillel.<br />
in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Bezüglich <strong>de</strong>s Wassersc hutzes ist di es ebenso<br />
von Be<strong>de</strong>u tung. Bei ordnungsgemUßer Landbewirtschaftung, die im Höhengebiet hauptsUchlich<br />
ex tensiv ist, ist diese Gefahr allerdings ohnehin weniger gegeben.<br />
Trotz dieser Aspekte muss man in <strong>de</strong>r Gesamtabwägung berücksichtigen, dass aus <strong>de</strong>n<br />
genannten Grün<strong>de</strong>n die bei ei ner we iteren Waldzunahme entstehen<strong>de</strong>n negati ven Folgen<br />
für das Land schaftsbild und die Erh olungseignung die entstehen<strong>de</strong>n positiven Folgen überlagern<br />
wür<strong>de</strong>n. Da die Bo<strong>de</strong>n- und Wasserbeeinträchtigungen im Gebiet bi slang eher gering<br />
sind. Landschaftsbild und Erholungseignung an einigen Stellen <strong>de</strong>s ntersuehun gsgebi<br />
etes bereits heute eingesehrUnkt sind. müssen die letztgenannten Belange höher bewertet<br />
und als oberste Pri orität betrachtet wer<strong>de</strong>n. Ent prechend ist eine weitere Waldzun<br />
ahme zu ve rmei<strong>de</strong>n.<br />
Im Landschaftsrahmenplan von 1985 <strong>de</strong>r Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. wird ebenfalls<br />
die M einung vertreten. dass aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s. <strong>de</strong>s Luftaustau schs<br />
und <strong>de</strong>s Artenschutzes eine Waldzunahme vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollte. Entsprechend wird<br />
Furtwangen zu <strong>de</strong>n stark bewa l<strong>de</strong>ten Gebieten eingestuft, <strong>de</strong>ren Offenland unbedingt erhalten<br />
bleiben sollte. [47 1<br />
Von Seiten <strong>de</strong>r Landwirtschafts- und Forstverwaltung. <strong>de</strong>s aturschutzes. <strong>de</strong>s Frem<strong>de</strong>nverkehrs,<br />
<strong>de</strong>r KOlllmunalpolitik und nicht zuletzt <strong>de</strong>r Bewohner <strong>de</strong>s Mitlleren Schwarzwa<br />
l<strong>de</strong>s selbst. darf nichts un versucht gelassen wer<strong>de</strong>n. um <strong>de</strong>n nteil <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s von<br />
<strong>de</strong>rzeit über zwei Dritlel n an <strong>de</strong>r Gesamtfläche nicht noch we iter ansteigen zu la sen und<br />
damit auch langfristig die Kulturlandschaft Schwarzwald in ihrer Vi elfalt und Anraktivität<br />
für Mensch, Tier und Pilanze zu sichern .<br />
Beson<strong>de</strong>rs empfindliche Bereiche stellen offene kleine Seitentäler og. 'Döbel' dar. wie sie<br />
in <strong>de</strong>n breiten danubisch geprägten Tälern (Li nach, Schönenbach und teilweise auch Rohrbach)<br />
zu fin<strong>de</strong>n sind bzw. zu rin<strong>de</strong>n waren. Sie weisen zumeist eine höhere Reliefenergie
11 8<br />
al s die Hauplläler auf und för<strong>de</strong>rn somit die Vielfalt und Harmonie <strong>de</strong>r Landschaft. icht<br />
selten liegen sie ziemlich entfernt von <strong>de</strong>n landwirtschaftlichen Betrieben, sind al so entsprechend<br />
ex ten iv genutzt und somit Rückzugsgebiet für Flora und Fauna. Ähnlich empfindlich<br />
gegenüber Aufforstung sind di e noch verbliebenen Waldwiesen und Ausblicke <strong>de</strong>s<br />
Untersuchungsgebiete s. Je nach Lage. überwiegend im Wesueil <strong>de</strong>s Gebi ets (z.B. Brend<br />
Furtwangen. teinberg, Kohlplatz lind Kajetanendobel Neukireh), bi eten sie schöne Ausblicke<br />
in die Tüler und auf die Kuppen <strong>de</strong>r Umgebung und lasse n <strong>de</strong>n Betrachter die Landschaft<br />
erst durch <strong>de</strong>n Anblick erl eben. In iiußerst begren ztem Maße wären Wa ldzunahmen<br />
nur an <strong>de</strong>n I-längen <strong>de</strong>r breiten Tüler <strong>de</strong>nkbar. Dort wür<strong>de</strong>n sie etwas weniger einengend<br />
wirken. al s in ohnehin schon kleinen OITenlandbereichen. Am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r noch verbliebenen<br />
sehr großen Kuppenbereiche w~ire n geringe Waldzunahmen on Fall zu Fall <strong>de</strong>nkbar.<br />
Hier han<strong>de</strong>lt es sich allerdings sehr on um gut zu bewirtsc haften<strong>de</strong> Landwirtschaflsflächen,<br />
die aus diesem Grund wie<strong>de</strong>rum olTen bl eiben so llten.<br />
Generell sollte die Venneidung von Waldzunahmen an erster Stelle stehen und j e<strong>de</strong> Aufforstun<br />
gsbestrebun g einer gründl ichen Prüfung unterzogen wer<strong>de</strong>n.<br />
4. Zusammenfassung und Folgerungen<br />
Der Wa ldante il nimmt nach ausgiebigen Rodungen im Z uge <strong>de</strong>r Bcsicdlung <strong>de</strong>s Schwarzwaldk<br />
e rn gc bi e t e~ und e iner akuten Ho lznot En<strong>de</strong> d e~ 18. Jh .. seit ca. 200 Jahren ständig zu. Vo n ehemab<br />
19 '7c Waldlbche um 1780 sti eg ihre A u ~ d c hu ng au f dcn hcuti gcn Stand von 63 %. Dic durc hgeführte<br />
n A uffo rstungcn erfo lgte n in <strong>de</strong> n allerme i, ten Fiillen a u ~ w irt scha ftli chen Grün<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r<br />
,chncll wüch, igen und pnegele iehten Ficht c. Mittlerweile hat man dic Schwiichen di eser Fi chtenmonokulturcn.<br />
w ie hohe Wind- und Schnccbru chgcf:ihrdung. fl oristi sche und faunisti sche Artcnarmut<br />
etc. erkannt und versucht durch natu rnahe Waldbaumaßnahmc n. bi , lang le i<strong>de</strong>r hauptsächl ich<br />
nur im Slaa t ~wa ld . e ine Ve rbrc iterung und S t ab ili ~ i e run g <strong>de</strong>s Artenspcktrums zu c lTe ichen.<br />
Dic Reutbergbewirt schaftung. e inc te mporiin: Acke rnutzung auf chcmaligen Waldllächen mit anschlicßen<strong>de</strong>r<br />
Wic<strong>de</strong>rbewaldung. spi elte LU Zeiten <strong>de</strong>r völli gen S e l b ~ t ve r so rg un g e ine äußerst w ichtigc<br />
Ro llc. S ie ermöglichte e~. auf <strong>de</strong>n klim a ti ~c h und edaphisch benachte ili gten Standort en. zumin<strong>de</strong>st<br />
fü r einen Zeitraum von zwei Jahre n e ine ackerbau li ehe utLllng Lur Ernährung <strong>de</strong>r zahlre ichen<br />
bäuerlichen Fa mil ienmitg lie<strong>de</strong>rdurch7.urLihren. Mit Verbesserung <strong>de</strong>r In frastruktur im ntersuchungsgebiet<br />
w ie bei"pie lsweise Bahnamchluß. konnten zum e inen di e benöti gte n Lebe nsmitte l aus ackerbaul<br />
ich be.,ser geeigneten Gebietc n beLogen wer<strong>de</strong>n. Z um an<strong>de</strong>ren konnte <strong>de</strong>r Holzabsatzmarkt<br />
\ e~en tli c h erweitert und die Reut berge größtenteil s aufge for,tet wer<strong>de</strong>n. Ihr Anteil von 63 '*" ( 1780)<br />
~a n k , teti g. Heute wird die R eu t fe l d bcwi rt ~c haft u ll g ni cht mehr durchgeführt. ledi g lich die Zeugen<br />
di eser extensi\'en Nutzung,wei,e. die Besenginsterhe i<strong>de</strong> ll und Grünerl engebüsche. sind an manchen<br />
Ste llen noch im Ulllcr, uchungsgebiet l U fin<strong>de</strong>n.<br />
Vergleichbar i ~ t di e utzungsent wicklung bei <strong>de</strong>n Äckern . ihr Ant e il schwand von 37 % im Jahr<br />
1925 auf 0 ...1 o/c 1993. Infolgc <strong>de</strong>r natürlichcn ,egebe nheiten ko nnte <strong>de</strong>r Acke rbau ohnehin ni e sehr<br />
inten, iv betrie ben wer<strong>de</strong>n, di e Fe ldgraswirtschaft mit e inem hohen An te il an Grünlandbrache wur<strong>de</strong><br />
ni cht. w ie in an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong> n Deutschl ands. durch di e Dre ifeldcrwirt schaft ersetzl. Außer<strong>de</strong> m<br />
konnten nur robuste pnanzen wie Roggen. Hafe r. G e r ~ t e und Kart o ffe ln . die <strong>de</strong>m Klima wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n.<br />
angebaut wer<strong>de</strong>n. Heute ist d ie c kernutZli ng im nt e rs u e hun g~ge bi e t nur noch se lten zu li n<br />
<strong>de</strong>n und d ient in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Se lb , t ve r ~o rg un g <strong>de</strong>r Ho lbe,itzer.<br />
Der A nt e il <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s s ti eg von 12 '7c um 17 () auf c inen heutigen A nte il von 30 ~ . 1950 lag e r<br />
,ogar bei 34 o/c. Neben <strong>de</strong> r il c h v i e h wi n ~c h a ft spie len auch hier exten, ive Bewirtsehaflungsweisen<br />
e ine immer größere Ro lle. Die Beweidung durch Mutlerkuhherd en u.Ü. ste igt. ni cht zuletzt durch<br />
eine Ve rdrli ngung <strong>de</strong>r Landwiw,cha rt in <strong>de</strong>n ebencrwerb und durch staatl iche För<strong>de</strong> rung extensiver<br />
B ew ilbC h a flLJn gswe i ~e n w ie das MEKA- 7 Progralllm dc, L a nd e~ Badcn-Würllemberg.<br />
Di e G rün<strong>de</strong> rLir die Ve rschi ebung <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung sind üußer, t vie illiiti g. Das praktiz iert e Anerbenredll<br />
<strong>de</strong>., Mitlleren Schwarzwal<strong>de</strong>., för<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Erhalt großer arrondierte r Ho fgüte r. Die dar-
11 9<br />
aus gewachsene Tradition und Verbun<strong>de</strong>nhei t dcr bäuerlichen Fami lie mit <strong>de</strong>m Hofbil<strong>de</strong>te die Grundvoraussetzung.<br />
dass sich die Landwirtschaft in diesem benachteiligten Gebiet so lange und zahlreich<br />
halten konnte. Die infrastruklLlrellen Verbesserun gen <strong>de</strong>r Region führten zu einer ex tensiveren Landbewirtschaftung<br />
als vorher. Weitere Folgen.jedoch nicht nur aus i nfr a~ trukturell e n Grün<strong>de</strong>n. waren<br />
die Aufgabe ganzer Hofgüter und die AufrorslLIng von Fl ächen. Die wirtschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen.<br />
die die Industrialisierun g (Glas-, hrcn-. Schni LZ- und Strohnechthandwerk) sowie die allgemein<br />
festzus tellen<strong>de</strong>n Verlin<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r SoziostruklLlr <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Fami lien sind Grün<strong>de</strong>,<br />
die die Abwan<strong>de</strong>rung von A rbeitskräften aus <strong>de</strong>r L andwirtschaft bewirkten und in nicht unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m<br />
M aße zur Verlin<strong>de</strong>run g <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s beitrugen.<br />
leben quantitati ven Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Landschaft <strong>de</strong>r flinf Gemarkungen konnte auch ein qualitativer<br />
Verl ust sowohl in <strong>de</strong>r utzungsvielfalt als auch in <strong>de</strong>r Zusammensetzung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s am<br />
Beispicl <strong>de</strong>r Gemarkung euk irch festgestell! werd en. Von <strong>de</strong>n vier ursprünglichen utzungsa rt en<br />
blieben nur noch zwei (Wald und Grünland) übrig. so fern man die Überbauung von Flächen nicht<br />
als neue Bo<strong>de</strong>nnutzungsart ansieh t. Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r ist vereinzel! die Vergrößerun g <strong>de</strong>r<br />
Mischwaldtlächen pos itiv hera uszuheben. hingegen ist auf an<strong>de</strong>ren Standorten das gezielte Sch lagen<br />
<strong>de</strong>r Buchen und die Versc hiebung zu einem Fichten- Tannenbestand o<strong>de</strong>r reinem ichtenbestand<br />
ZlI beobachten. Eine Artenverringerung durch Inten. i vierung auf <strong>de</strong>n verbliebenen Standorten bzw.<br />
Vereinheitlichung <strong>de</strong>r Standorte ist lei<strong>de</strong>r auch in <strong>de</strong>n Grünlandbereichen fes tzustellen.<br />
Vor <strong>de</strong>m geschil<strong>de</strong>rten historischen Hintergrund <strong>de</strong>r Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen. strebt das in di eser<br />
rbeit formulierte Lei tbild <strong>de</strong>r zukünftigen Landschaft im Untersuchungsgebict einen weitgchen<strong>de</strong>n<br />
Verzicht auf weitere Aufforstungen und <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r verbliebenen offenen Flächen an. Au<br />
Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen Faktoren von Vielfalt. Eigenart. Schönheit.<br />
Harmoni e und Natürlichkeit ist eine us<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Wa l<strong>de</strong>s eben so wenig ünschens\ ert.<br />
wie aus Sicht <strong>de</strong>r Erholungseignung <strong>de</strong>r Landschaft. Der flir das Gebiet <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwa<br />
lds typische Wechscl zwisc hen Wald und offenen Bereichen ist es. <strong>de</strong>r die A ttrakti vität für <strong>de</strong>n<br />
Frem<strong>de</strong>nverkehr. ein weiteres wi rt sc haftliches Standbein <strong>de</strong>s Gebiets. erh ält. Auch aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Arten- und Biotopschutzes (Erhalt von Lebcnsraum für Pilanzen und Tiere). <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r Kaltluftabnußbahnen<br />
und <strong>de</strong>r Frischluftzufuhr für die Siedlungsgebicte so llte eine weitere Waldzunahme<br />
verhin<strong>de</strong>rt werd en.<br />
Anmerkungen<br />
I ) Angaben: Staatliches Forstamt Furtwangen<br />
2) Staat liches Forstamt Furtwangen<br />
3) Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Land wirtschafts- und Lan<strong>de</strong>skullUrgesetzes. Stutlgart 1992<br />
4) Angaben <strong>de</strong>s Amtes für Landwi rt schaft usw. Donauesehingen Stand 1994<br />
5) Angaben <strong>de</strong>s Amte. für Landwirtschaft w,w. Donauesehingen Stand 1994<br />
6) z.B. TR ENKLE& V. RUDLOFF 1980: 6 1fin [40 1<br />
7) MarktEn tl astungs- und Ku lturlandschaftsAusgleich<br />
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Generallan<strong>de</strong>sarchiv. Karlsruh e: Kart enbe~ t and H <strong>de</strong>r Gemarkungen Furt wangen (1783), eukirch<br />
( 1773) und Rohrbach (ca. 1785)
122<br />
Land wirtschaftsamt Donau eschingen: Betriebsergebnisse <strong>de</strong>r Jahre 197017 1, 1980, 1983 , 1989. 1993<br />
Pri vatarchiv Fam. Aribert Hoch. Furt wangen<br />
Histori sche Fotographi en <strong>de</strong>r Sta ndorte 4. 5. 10. 11. 12. 13, 14. 15, 16, 17 und 18<br />
Staatl iche. Forstamt. Furtwangen: Luftbil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Befliegungen von 1953 und 199 1<br />
Staatliches Verm essungsamt, Villingen: Gemarkungsatlanten von Furtwangen ( 1898- 1904). Linaeh<br />
( 189 1- 1893). eukirch ( 1897- 1905). Rohrbach ( 1897- 1905) und Schönenbach ( 1893- 1898)<br />
sowie eigene histori sche und aktuelle Fotographien<br />
Ansc hri ft <strong>de</strong>r Verfasserin : Dipl. l ng. (FH ) Doris Hug. Bregenbach 9, 78 120 Furtwa ngen-<br />
eukirch<br />
Sc hramberg um 1790 (Zeichner unbekannt : Stadtarchi v Schramberg)<br />
Die Stadt ist vom Hang <strong>de</strong>s Töswa ldcs a u ~ gegen or<strong>de</strong>n gesehen. Von links kommt das Lauterbac<br />
htal. von rechts die Schiltach. Die Hänge ~ ind um 1790 noch bi s weit hi nauf bewei<strong>de</strong>t. Am<br />
Schloßberg (lin ks) sind alte WeidbLiume und umgrenzte Flächen zu sehcn. <strong>de</strong>ren bu schige Vegetation<br />
au f Reut fe ldwirtschaft schließen His~ t. Heute ist <strong>de</strong>r Berg we itgehend bewal<strong>de</strong>t. A m " Paracliesberg"<br />
(hinten rechts) zie ht eine durch BU sche begrenzte Viehgassc aus <strong>de</strong>lll Glasbachtal <strong>de</strong>n Hang<br />
hinauf. W Li l<strong>de</strong>r besc hränken sich auf die Ü berhänge: <strong>de</strong>n rund lichen Kronen zu folge sind an ihrer<br />
Z u ~a mm e n se tzun g offe nbar L aubholzarten we~e ntl ic h stLirker ab heute beteiligt.
123<br />
Dona ll c~c hi ngc n<br />
3 1. März 1000<br />
Die Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung auf <strong>de</strong>r Baar seit Beginn<br />
kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />
von Alexan<strong>de</strong>r Si egmund<br />
I. Einleitung<br />
Schon , eit einigen Jahren hält nunmehr die Diskussion um einen sich abzeichnen<strong>de</strong>n global<br />
en Klimawan<strong>de</strong>l an. Dabei steht zumeist eine mögliche Zunahme <strong>de</strong>r bo<strong>de</strong>nnahen Lu fttemperatur<br />
infolge eines vermeintlich vom M enschen verstärkten Treibhauseffektes im<br />
Mittelpunkt <strong>de</strong>s öffentlichen Interesses. In diesem Zusammenhang wird häufig übersehen,<br />
dass weniger diese direkte Folge <strong>de</strong> ' anthropogenen Treibhauseffekts zu nachh altigen Umwelt<br />
verän<strong>de</strong>rungen führen kann, als vielmehr die zahlreichen indirekten Auswirkungen,<br />
die durch die verän<strong>de</strong>l1en TemperalUrverhältnisse induziert wer<strong>de</strong>n. Die Spanne <strong>de</strong>r möglichen<br />
Folgewirkungen reicht von globa len und regiona len ie<strong>de</strong>rschlagsverän<strong>de</strong>ru ngen,<br />
einer Verstärkung <strong>de</strong>r Westwindzirkulati on in <strong>de</strong>n Mittleren Breiten, eine Zunahme <strong>de</strong>r<br />
Häufigkeit und Intensität tropischer Wirbelstürme bis hin zu einem weltweiten Anstieg <strong>de</strong>r<br />
M eeresspi egel und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen ökologi ·chen. ökonomischen und sozialen Folgen<br />
für die j eweils betroffenen Regionen (vgl. FRANKE BERG & SI EGM ND 1997).<br />
Denjahreszeitlichen und regionalen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsverhältni sse kommt<br />
hierbei eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu. Durch sie wird eier Wasserhaushalt und damit <strong>de</strong>r<br />
gesamte alurhaushalt eines Raumes nachhaltig beeinflusst - nicht zuletzt auch mit massiven<br />
Folgen für ve rschie<strong>de</strong>ne kulturräumliche Bereiche, wie etwa die Landwirtschaft. Dabei<br />
ind die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagsmengen in zeitlicher und räumlicher Hinsicht<br />
noch wesentlich heterogener als bei <strong>de</strong>n Temperaturen. Während beispi elsweise in<br />
weiten Teilen <strong>de</strong>s Mittelmeerraumes die ' ie<strong>de</strong>rschlagsmengen in <strong>de</strong>n vergangenen 100<br />
Jahren zum Tei l <strong>de</strong>utlich zurückgingen, verzeichnete im gleichen Zeitraum Mittel- und<br />
or<strong>de</strong>uropa einen Zuwachs. In <strong>de</strong>n meisten Regionen Süd- und Südwes t<strong>de</strong>utschland nahmen<br />
die jährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen dabei um etwa 100 bi 150 mm zu (vgl. FRANKE ,<br />
BERG & SI EGM ND 1997, S. 34 f. ). B ei einer genaueren jahreszeitlichen Betrachtung stellen<br />
sich die Verän<strong>de</strong>rungen noch weitaus differenzierter dar. Entsprechend schwieri g gestalten<br />
sich Prognose n. Es <strong>de</strong>utet sich j edoch an, dass die ie<strong>de</strong>r chl äge in <strong>de</strong>n tropi chsubtropischen<br />
Regionen eher weiter zurückgehen wer<strong>de</strong>n. während sie in etwa j enseits <strong>de</strong>r<br />
Wen<strong>de</strong>k reise insgesamt eine zunehmen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz aufzeigen.<br />
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage. ob und in welchem Umfang sich auch auf <strong>de</strong>r<br />
B aa r so lche ie<strong>de</strong>rschl agsverän<strong>de</strong>rungen abzeichnen. A us diesem Grund soll die Nie<strong>de</strong>rschlagsent<br />
wicklung in <strong>de</strong>r Region auf <strong>de</strong>r Basis ent sp rechen<strong>de</strong>r M essreihen genauer un <br />
tersucht wer<strong>de</strong>n. Dadurch lassen ich mögliche Parallelen und Unter chie<strong>de</strong> zu an<strong>de</strong>ren<br />
Regionen erkennen und eventuelle Rü cksc hlüsse auf die Folgen <strong>de</strong>r gegebenenfalls zu<br />
erwarten<strong>de</strong>n zukünftigen Klimaverän<strong>de</strong>rungen für die Baar ziehen.
12..+<br />
2. Datengrundlage<br />
Die ältesten Klimaa ufze ichnungen reichen auf <strong>de</strong>r Baa r bis zum Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
zurück. So sind von 1802 bis 18 14 bzw. 1820 Weuerbeobachtungen <strong>de</strong>s damaligen<br />
Hofarchiva rs Johann Baptist M LLER in Donaueschingen überliefert. Zwischen 1828 und<br />
1830 zeichnete <strong>de</strong>r Hofgärtner Peter M ARSTRAND eben falls in Donaueschingen regelmäßig<br />
das Witterungsgeschehen auf. Während diese M ess ungen j edoch zum Tei I sehr <strong>de</strong>tailliert<br />
die Temperatur- und Luftdruckverh ältnisse sowie eine Reihe weiterer Witterungserscheinungen<br />
erfassen. feh len entsprechen<strong>de</strong> ie<strong>de</strong>rschlagsmessun gen. Den ie<strong>de</strong>rschl ägen<br />
scheint <strong>de</strong>mnach in <strong>de</strong>r damaligen Zeit keine allzugroße Be<strong>de</strong>utung beigemessen wor<strong>de</strong>n<br />
zu sein. hHtten sie doch durch entsl rechend geeichte ufTangbehälter relativ einfach gem<br />
e ~sen we r<strong>de</strong>n können. Erst die M essrei he <strong>de</strong>s Fürstlich Fürstenbergischen Domänen'ats<br />
HOPFG,\RTNER zwischen 187 1 und 1883. die er im Gegensatz zu seinen Vorgängern se lbst<br />
auswe rtete ( gl. HOPFGAIHJ LR 1872 und HOPFGARTNER 1885), enthält auch Angaben über<br />
die Nie<strong>de</strong>rschlagsverhältnisse in Donaueschingen. Trotz <strong>de</strong>s rur klimatologische Zwecke<br />
vergleichsweise kurzen und daher we nig repräsentati ven. dreizehnjährigen Beobachtungszeitraums,<br />
wird auf die entsprechen<strong>de</strong>n M esswe rte noch näher eingegangen.<br />
Bereits am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong>n durch die Badische Lan<strong>de</strong> 'wetterwa<br />
rte in Karlsruhe auch auf <strong>de</strong>r Baal' die ersten amtlichen Klimastationen eingerichtet.<br />
Donau eschingen und Villingen waren die ersten St andorte dieses ganz Ba<strong>de</strong>n flächen<strong>de</strong>ckend<br />
errassen<strong>de</strong>n M essnetzes. in <strong>de</strong>m auch die ie<strong>de</strong>rschliige registriert wur<strong>de</strong>n. Von<br />
bei<strong>de</strong>n Stationen sind entsprechen<strong>de</strong> ie<strong>de</strong>rschl agsdaten j edoch erst seit 189 1 bzw. 1890<br />
überliefert. Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit wur<strong>de</strong>n wei tere tat ionen eingeri chtet, wie etwa in Dürrheim<br />
(damals noch nicht " Bad"). Königsfelcl. Rott weil und Tuttlingen. Ihre Zeitreihen reichen<br />
zwar teil we ise auch bi s ins letzte Jahrhun<strong>de</strong>rt zurück. we isen j edoch mitunter erhebliche<br />
M ess lücken auf. Von <strong>de</strong>r Stati on Spaichingen liegt eine etwas kürzere aber dafür durchgehen<strong>de</strong><br />
M essreihe vor, die bi s 190 I zurückreicht.<br />
3. Analyse von Nie<strong>de</strong>rschlagszeih"eihen<br />
Mit Hilre von Zeitreihenanalysen ein ze lner Klimastationen lässt sich die klimatische Entwick<br />
lungsgeschichte eines Raumes über einen längeren Zeitraum <strong>de</strong>taillierter untersuchen .<br />
Die ILingsten durchgehen<strong>de</strong>n ie<strong>de</strong>r:-.chl agsreihen auf <strong>de</strong>r Baa l' stehen von <strong>de</strong>n Stationen<br />
Donaueschingen und Villingen zur Verfügung. Von bei<strong>de</strong>n Standorten liegen standardi sierte<br />
und homogeni sierte Datenreihen or. die bis 189 1 bzw. 1890 zurückreichen. Einige Datenlücken<br />
<strong>de</strong>r Stat ion Donaueschingen in <strong>de</strong>n Nachkriegsjahren 194 1 - 1947 und 195 1/ 1952<br />
konnten hierbei durch entsprechen<strong>de</strong> Angaben von Villingen geschlossen wer<strong>de</strong>n. Die bei <strong>de</strong>n<br />
Standorte spi ege ln die Klima ge ~ c hi c hte im Bereich <strong>de</strong>r Südbaar (Donaueschingen) und<br />
<strong>de</strong>n nördlichen Teilen <strong>de</strong>r Baar (Villingenl wi<strong>de</strong>r. Die Ostbaar wird durch die, wenn auch<br />
etwas kürze re ie<strong>de</strong>rschlagsreihe <strong>de</strong>r Station Spaichingen repräsentiert .<br />
3.1. Verlauf <strong>de</strong>r jährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />
Die Abb. I zeigt <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r jührlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen an <strong>de</strong>n Klimastati onen<br />
Donaueschinge n. Villingen und Spaichingen. Zusätzlich sind jeweils die Weite <strong>de</strong>r 10-j ährigen<br />
und30-j~ihligen Gauß'schen Tief passfi ltenll1g. durch die verschie<strong>de</strong>ne Trocken- und Feuchtpha:-.en<br />
beson<strong>de</strong>rs hel orgehoben wer<strong>de</strong>n, sowie die lineare und quadratische Regressionskurve<br />
dargestellt. Durch die Schrarfur zwisc hen <strong>de</strong>r 30-j ährigen Gauß'schen Tiefpassfilterung und<br />
<strong>de</strong>m langjLihrigen Mittelwert <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlLige. <strong>de</strong>r als waagrechte Linie eingezeichnet ist,<br />
heben sich feuchtere und trockenere Peri o<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlicher voneinan<strong>de</strong>r ab.
125<br />
1300<br />
mm<br />
1200<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500 L-________ ~--------~r_--------_r--------~~--------~~----<br />
1900<br />
1920<br />
1940 1960 1980<br />
1300<br />
m~ Jahressummen<br />
10-Jahr. Gauß·s.<br />
Tlefpaßfilterung<br />
30-jahr. Gauß's.<br />
Tiefpaßfilterung<br />
_ _ linearer/quadr. Trend<br />
1200<br />
11 00<br />
1000<br />
900<br />
800 ---<br />
---<br />
700<br />
600<br />
500<br />
1900<br />
1920<br />
1940 1960 1980<br />
- - Jahressummen<br />
10-jahr. Gauß's.<br />
---- Tiefpaßfilterung<br />
3D-jahr. Gauß's. _ _<br />
Tiefpaßfilterung<br />
linearer/quadr. Trend<br />
Abb. I a: Verl auf <strong>de</strong>r jährlichen Nie<strong>de</strong>rschl agssummen. <strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r IO-j ährigen und 3D-jährigen<br />
G a u ß'~c h e n Ti e fpa~s filt e run g 'owie d e~ linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klimastation<br />
Don:1ueschingen von 189 1 - 1990 (Quelle: Eigener Entwurf. Datengrundlage: DeUbcher Welterdienst)<br />
Abb. I b: Verlauf <strong>de</strong>r j ährlichen i c d e r~ c hla gss llmm e n . <strong>de</strong>r Wertc dcr IO-jährigcn und 30-j ührigen<br />
Gauß'schen Tiefpass filterung sowie <strong>de</strong>s linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klilllaslalion Villingen<br />
von 1890 - 1990 (Quelle: Eigener Enlwurf. Datengrundlage: Deutscher Wellerdienst)
126<br />
Die drei Stati onen <strong>de</strong>uten auf eine we itgehend einheitliche Entwicklungsten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge<br />
auf <strong>de</strong>r Baar hin. Sowohl in Donaueschingen als auch in Villingen und Spaichingen<br />
ist auf <strong>de</strong>r Basi. einer linearen Regression eine <strong>de</strong>utliche Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge<br />
zu beobachten. So beträgt <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagszu wachs zwischen 189 1 und 1990 an <strong>de</strong>r tation<br />
Donaueschingen 133.4 mm (vgl. Abb. I a). Dabei vollzog sich dieser pos iti ve Trend<br />
naturgemäß nicht kontinuierlich. sond ern feuchtere und trockenere Peri o<strong>de</strong>n lösten einan<strong>de</strong>r<br />
ab. Im Vergleich zum M itlelwert <strong>de</strong>r gesamten Beobachtungsperi o<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r in Donau <br />
eschingen 765,3 mm betrügt. wa r <strong>de</strong>r Zeitraum von Beginn <strong>de</strong>r Beobachtung reihe bis<br />
et wa 19 12 durch eine anhalten<strong>de</strong> und ergleichsweise starke Trockenperi o<strong>de</strong> gekennze ichnet.<br />
In diesem Zeitraum wur<strong>de</strong>n im Mittel ( 10- und 30-j ährige Gauß'sche Tiefpassfi Iterung)<br />
di e geringsten j ährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>r gesamten Reihe registriert, auch wenn<br />
im weiteren Verlauf in ein ze lnen Jahren noch erheblich geringere Werte gemessen wur<strong>de</strong>n.<br />
Zwischen 19 12 und <strong>de</strong>m Anfang <strong>de</strong>r dreißiger Jahre bewegten sich die ie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />
in etwa auf <strong>de</strong>m Durchschnittsni veau zwi schen 189 1 und 1990. Die interannualen<br />
Schwankungen waren dabei zum Teil j edoch erheblich, glichen sich aber in <strong>de</strong>r Regel<br />
relati v kurzfristi g wie<strong>de</strong>r aus, so das ' allenfalls die I O-j ährige Gauß'sche Tiefpass filterung<br />
auf kurzfristi ge positive o<strong>de</strong>r negati ve Fluktuationen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rschlags hin<strong>de</strong>utet.<br />
W ährend sich in <strong>de</strong>r zweiten Hülfte <strong>de</strong>r dreißiger Jahre eine etwas feuchtere Perio<strong>de</strong> an<strong>de</strong>utet.<br />
die vo r allem durch die bei<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs nie<strong>de</strong>rsc hl agsreichen Jahre 1939 - es wa r<br />
mit 1. 164.0 mm das nie<strong>de</strong>rschlagsreichste <strong>de</strong>r ge. amten Datenreihe - und 1940 verursacht<br />
wur<strong>de</strong>, ze ichn et sich <strong>de</strong>r Zeitraum zwischen 1945 und <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r fünfziger Jahre durch<br />
ei ne stürk ere Trockenheit aus. I n diese Epoche fällt auch das Jahr mit <strong>de</strong>r geringsten j ährlichen<br />
ie<strong>de</strong>rschlagsmenge zwischen 1891 und 1990. wur<strong>de</strong>n doch 1949 nur 51 5.4 mm<br />
registriert. Ab 1960 stellte sich eine überdurchschnittlich feuchte Perio<strong>de</strong> ein, die bi s zu m<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe anh ält.<br />
Auf <strong>de</strong>r Grundlage dieser Entwicklung ergibt sich f'ijr di e tation Donaueschingen bei<br />
einer Standardabweichung <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschUge von 134.03 mm ein Trend-Rausch-Verhältni<br />
s (Quoti ent aus <strong>de</strong>m linearen Trend und <strong>de</strong>r Standarclabweichung) on knapp 1.0. Dies<br />
ist bei einem sich hieraus ergeben<strong>de</strong>n Si gnifikanzni veau <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagszun ahme von<br />
nur 68 % bei einem Ausschlus. kriterium von 90 % bzw. 95 % statisti sch nicht signifikant.<br />
Dem ent spricht auch <strong>de</strong>r Korrelationskoe ffizient zwischen <strong>de</strong>n j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />
und <strong>de</strong>r Jahreszahl on 0,29. In Tab. I sind die wichtigsten statistischen Kenn <br />
größen zusammenge fass t.<br />
A n <strong>de</strong>r tat ion Villingen fällt die ie<strong>de</strong>rschlagszunahme auf <strong>de</strong>r Grundlage einer linearen<br />
Regression mit einem positiven Trend von rund 195.0 mm noch <strong>de</strong>utlich höher aus als in<br />
Donaueschingen. Die Streuung <strong>de</strong>r Daten ist mit einer Standardabwe ichung von 150.29 mm<br />
ebenfall.' etwas höher. Hieraus ergibt sich für Villingen mit 1,30 ein günsti geres Trend<br />
Rausch-Verlüiltni als in Donaueschingen. Das Signifikanzni veau <strong>de</strong>s Trend s bleibt j e<br />
doch mit 8 1 0/(' wesentlich unter <strong>de</strong>m kritischen Schwe llenwert von 90 % und ist <strong>de</strong>mnach<br />
als nicht signifikant einzus tufen. Ein Korrelationskoeffizient zwischen el en j ährlichen<br />
ie<strong>de</strong>rschlagssummen und <strong>de</strong>r Jahreszahl von 0.34 <strong>de</strong>utet ebenfalls auf einen vergleichsweise<br />
schwachen Z usammenhang zwischen bei<strong>de</strong>n Größen hin (vgl. Tab. I ). Ä hnliche<br />
Ergebni sse gehen auch aus an<strong>de</strong>ren Untersuchungen zur ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung an<br />
<strong>de</strong>r Klimastati on Villingen hervor (vgl. REICIIELT 1995. S. 4 1 ff.).<br />
Der stati stisch etwas <strong>de</strong>utlichere ie<strong>de</strong>rschl agszuwachs an <strong>de</strong>r Stati on Villingen im Vergleich<br />
zu Donaueschingen ist auf einen in Relation zum ieelerschlagszu wachs gleich-
127<br />
mäßigeren Verlauf <strong>de</strong>r einze lnen Jahreswerte zurückzurLihren, <strong>de</strong>r vor allem aus <strong>de</strong>m Verlauf<br />
<strong>de</strong>r 30-jähri gen Gauß'schen Tiefpass filterung <strong>de</strong>utlich hervorgeht (Abb. I b). So verzeichnet<br />
Villingen. ähnlich wie Donaueschingen. bis etwa 1912 eine sehr trockene Perio<strong>de</strong>.<br />
Trotz eines leich ten Nie<strong>de</strong>rschlagszuwachses bleibt die Kurve <strong>de</strong>r 30-jährigen Gauß'<br />
sehen Tiefpassfilterung dort jedoch noch bi s in die Mille <strong>de</strong>r dreißiger Jahre durchweg<br />
unter <strong>de</strong>m Mittelwert <strong>de</strong>r Gesamtperio<strong>de</strong>. Nach diesem Zeitpunkt stellt sich im Gegensatz<br />
zu Donaueschingen bi s zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe eine durchgehen<strong>de</strong> feuchte Epoche ein.<br />
Dennoch fä llt das nie<strong>de</strong>rschlagsreichste Jahr zwischen 1890 und 1990 nicht in diesen Zeitraum<br />
. Vielmehr verzeichnet das Jahr 1939 mit 1.275.0 mm die höchste ie<strong>de</strong>rschlagsmenge.<br />
während <strong>de</strong>r Tiefstwert <strong>de</strong>r Reihe mit 500.0 mm 192 1 registriert wur<strong>de</strong>. Im Durchschnitt<br />
ergibt sich für die gesamte Beobachtungsperi o<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Station Villingen eine jährliche<br />
Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von 862.5 mm.<br />
1300<br />
mm<br />
1200<br />
1100<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500 L-________ ~----------~----------~----~----~----------,_-----<br />
1900<br />
1920<br />
1940 1960 1980<br />
--Jahressummen<br />
10-jähr. Gauß·s.<br />
Tiefpaßfilterung<br />
30-jähr. Gauß's. _ _<br />
Tiefpaßfilterung<br />
linearer/quadr. Trend<br />
Abb. I c: Verlauf <strong>de</strong>r jährlichen ie<strong>de</strong>rsehlagssu111111en. <strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r 10-jährigen und 3D-jährigen<br />
Gauß'sehen Tiefpassfilterung sowie <strong>de</strong>s linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klimastati on<br />
Spaiehingen von 190 I - 1990 (Quelle: Eigener En twurf. D ~lI e n g rundla ge : Deut eher Wetterdienst)<br />
Die Station paichingen zeigt eine ähnliche ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung wie Donaueschingen<br />
(Abb. I c). Dadurch_ dass die Zeitreihe er-! 190 I einsetzt. geht aus <strong>de</strong>m Diagramm die<br />
ausgeprägte Trockenperi o<strong>de</strong> am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rt, die in Donaueschingen<br />
und Villingen zu beobachten ist. nur an<strong>de</strong>utungsweise aus <strong>de</strong>m Verlauf <strong>de</strong>r 10-jährigen<br />
Gauß'schen Tiefpass filterung hervor. Die 30-jHhrige Gauß'sche Tiefpassfi lterung etzt erst
128<br />
zu einem Zeitpunkt ein, als di e Nie<strong>de</strong>rschlüge im Millel über eine längere Perio<strong>de</strong> nur<br />
geringfü gig um <strong>de</strong>n Durchschnillswerl <strong>de</strong>r Gesamtperi o<strong>de</strong> schwanken. Diese Epoche dauert<br />
in Spaichingen bis 19 .. W an. Anschließend setzt eine Troc kenperio<strong>de</strong> ein. die in Spaichingen<br />
\lin ger und intensiver ausgeprägt zu sein scheint als in Donaueschingen. Hierbei<br />
gilt es j edoch zu berücksichtigen, dass die Uinge <strong>de</strong>r Zeitreihen <strong>de</strong>r untersuchten Stationen<br />
unterschiedlich ist. Weil die Beobachtungsreihe <strong>de</strong>r Stati on Spaichingen erst 190 I beginnt<br />
und dam it die beson<strong>de</strong>rs trockene Perio<strong>de</strong> am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts nicht erfasst,<br />
ergibt sich im Vergleich zu Donaueschingen und Villingen für die Gesamtperi o<strong>de</strong> ein höherer<br />
Durchschnillsnie<strong>de</strong>rsc hl ag. Da dieser in bezug auf <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r 3 0 -j ~ihri ge n Gau ß'schen<br />
Ti e fp a~ . filterung als Maß ~ t a b für <strong>de</strong>n A usweis feuchterer und trockenerer Ze i t r~ium e dient.<br />
erscheinen in Spaichingen cinige Peri o<strong>de</strong>n trockener al s etwa in Donaueschingen.<br />
Ab <strong>de</strong>r Mille <strong>de</strong>r sechziger Jahre ist in Spaichingen <strong>de</strong>r Übergang zu einem feuchteren<br />
Ze itab:chnitt zu beobachten, <strong>de</strong>r bis zu m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe anhält. Da <strong>de</strong>r Anstieg <strong>de</strong>r<br />
ie<strong>de</strong>rschlagsmengen j edoch bereits ab etwa Anfang 1950 beginnt, zeigt die Stati on über<br />
einen Zeitraum von über 30 Jahren einen durchgehen<strong>de</strong>n pos itiven Trend. Das abso lute<br />
Maximum <strong>de</strong>r Gesam tperi o<strong>de</strong> tritt dabei nicht am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe auf, .. on<strong>de</strong>rn bereits<br />
im Jahr 1939 mit einer j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von 1.246,4 mm. Zehn Jahre spüter<br />
markiert das Jahr 1949 mit 487.3 mm <strong>de</strong>n Tiefpunkt <strong>de</strong>r Reihe und fä llt dadurch sowohl<br />
bei <strong>de</strong>r 10-jährigen al s auch bei <strong>de</strong>r 30-j ~i hri ge n Gauß'sc hen Tiefpassfilterun g in die trokkenste<br />
Peri o<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gesamten Beobachtungszeitraum s. Insgesamt ergibt sich für die St ation<br />
Spaichingen zwischen 1901 und 1990 bei einer durchschnittlichen Jahressumme von<br />
8 16.2 Illm ein positiver Nie<strong>de</strong>rschl agstrend von etwa 11 2,0 mm. Mit einer Stand ardabwe<br />
ichung <strong>de</strong>r Daten von 137.08 Illm leitet sich hieraus ein Trend -Rausch-Verhältnis von<br />
0.82 ab. Mit einem Si gnifikanzni vea u on 59 O/C . das sich hieraus ergibt, ist <strong>de</strong>r Trend<br />
damit ~ tati s ti sc h nicht signifikant. Das <strong>de</strong>utct auch <strong>de</strong>r Korrelationskoeffi zient zwi schen<br />
<strong>de</strong>n einze lnen Jahreswerten und <strong>de</strong>r Jahreszahl von 0. 18 an (vgl. Tab. I ).<br />
3.2. Jahl'eszeitliche nterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung<br />
Eine genaucre j ahreszeitliche Analyse <strong>de</strong>r ic<strong>de</strong>rschlagsent wicklung zeigt für die Baa r<br />
ein sehr heterogenes Bild. So verzeichn et die Station Donaueschingen in <strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r<br />
M onate innerhalb <strong>de</strong>s Beobachtungszeitl'aums eine zum Teil <strong>de</strong>utliche Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlüge.<br />
Sie ist im Februar mit 29,9 mm am größten, gefolgt vom ovember mit 23,2 mm<br />
und A ugust mit 2 1.6 mm. In <strong>de</strong>n M onaten M ~ir z und April ist <strong>de</strong>r Z uwachs hingegen vergleichsweise<br />
gering und liegt bei 9.0 bzw. 9.6 mm. Im Juli. eptember und Oktober ist ein<br />
negati er ie<strong>de</strong>rsehlagstrend zu beobachten. In diesen M onaten gingen die ie<strong>de</strong>rschlüge<br />
zwischen 189 1 LInd 1990 im Mittel um 4,3 mm (Juli) bis 17,4 mm (September) zurück<br />
(vgl. Tab. I ).<br />
Ein j ahreszeit licher Trend <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagsent wicklung zeigt sich in <strong>de</strong>n Datenreihen<br />
kaum . Sowohl im Winter- als auch im Somillerhalbj ahrtreten M onate mit überdurchschnittlich<br />
starken LInd schwachen ie<strong>de</strong>rschlagszuwiichsen bzw. -rückgän gen auf. Lediglich die<br />
M onate mit rückl äufigen ie<strong>de</strong>rschlagstrends scheinen sich vor allem aur die Herbstmonate<br />
zu konzentrieren. I nsgesamt ist die Si gni fikanz <strong>de</strong>s Trends im Februar bei ei nem Trend<br />
Rausch- erhültni s on 0.89. was einem Si gnifikanzni veau von 63 o/c entspricht , <strong>de</strong>utlich<br />
am h öc h ~ t e n . In allen an<strong>de</strong>ren M onaten bleiben die entsprechen<strong>de</strong>n Werte unter 0.7 bzw.<br />
52 o/c. Insgesamt zeigt sich somit in allen M onaten eine sehr geringe Si gnifikanz <strong>de</strong>s<br />
Nie<strong>de</strong>rsch lagstrends. Die Tab. I fasst einige wichtige stati stische Kcnngrößen zusammen.
129<br />
Tab. I : Statisti sche Kenngrößen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung bei <strong>de</strong>n Jahressummen an <strong>de</strong>n<br />
Klimastati onen Donaueschingen ( 189 1 - 1990). Villingen ( 1890 - 1990) und Spaichingen ( 190 I -<br />
1990) owie für die einzelnen M onate in Donaueschingen<br />
Per. Zeitraum Mittel M ax. Min. Ampl. St.ab. Lin. T T./R. Sig.n. Korr.<br />
( 111111) (111m) (mm) (ml11) (111m) (111m) (%)<br />
Spaiching. Jahr 190 1- 1990 816.2 1246,4 487,3 759, 1 137 ,08 11 2,0 0,82 59 0.18<br />
Villingen Jahr 1890- 1990 862,5 1275.0 500.0 775 .0 150,29 195,0 1.30 8 1 0.34<br />
Donauesch. Jahr 189 1- 1990 765 .3 1164.0 5 I 5,4 648.6 134.03 133.4 1,00 68 0,29<br />
Jan. 1891- 1990 55.3 149,0 8.0 14 1.0 33 ,05 18.6 0,56 42 0. 16<br />
Feb. 189 1- 1990 45,2 19 1.6 3.4 188.2 33.54 29,9 0,89 63 0.26<br />
Mrz 189 1- 1990 48,0 158,6 I.7 156.9 27,05 9,0 0,33 26 0.10<br />
Apr. 189 1- 1990 54,0 176,0 2.0 174,0 30.09 9.6 0.32 24 0.09<br />
Mai 189 1- 1990 74.8 171 ,5 9.8 16 1,7 32.32 19.7 0.6 1 46 0.18<br />
Jun . 189 1- 1990 89,8 204.5 30,0 174,5 32.44 17.2 0.53 40 0. 15<br />
Jul. 189 1- 1990 83.2 22.+,5 7,5 2 17.0 40.24 -4.3 0, 11 7 -0.03<br />
A ug. 189 1- 1990 84.5 230,0 10,0 220,0 42,44 2 1,6 0.5 1 39 0. 15<br />
Sep. 1891- 1990 63.6 178,0 7.0 17 1.0 35.79 - 17,4 0.49 37 -0. 14<br />
Okt. 189 1- 1990 54.4 182 .0 1,8 180.2 34,92 -7. 1 0.20 15 -0,06<br />
Nov. 189 1- 1990 56.9 198,5 2.0 196.5 37 ,49 23 .2 0,62 46 0. 18<br />
Dez. 189 1- 1990 55.9 226,7 0.7 226,0 38, 17 14.7 0.36 30 0,11<br />
(Per. = Perio<strong>de</strong>, Minel = Millel <strong>de</strong>rZeiLreihe. Max. = M ax i l11ul11 <strong>de</strong>rZeitreihe, Min. = M inimul11 <strong>de</strong>r<br />
Zeitreihe, Ampl. = Differenz zwischen <strong>de</strong>m M ax il11u m und <strong>de</strong>l11 Minil11ul11 <strong>de</strong>r Zei treihe. Stab. =<br />
Standardabweichung, Lin. Tr. = linearerTrend. T./R. = Trend-Rausch-Verhä ltnis, Sig.n. = Signifikanzni<br />
veau. Korr. = Korrelati onskoeffizient zwischen <strong>de</strong>n einzelnen l ahresmitteln und <strong>de</strong>r Jahreszahl)<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst)<br />
Demgegenüber weist die Standardabweichung <strong>de</strong>r monatlichen Nie<strong>de</strong> rschlagssummen einen<br />
leichten Jahresgang auf. Die Werte sind in <strong>de</strong>n Übergangsj ahreszeiten Frühling und<br />
Herbst j eweils etwas geringer als in <strong>de</strong>n Sommer- und Wintermonaten. Letztere sind durch<br />
einen mitunter von Jahr zu Jahr unterschied lich großen Einnuss von Hochdruckgebieten<br />
gekennzeichnet, die Zll größeren interannualen ie<strong>de</strong>rschlagsschwankungen füh ren. Diese<br />
gehen sowohl im Sommer als auch im Winter nicht Zllietzt au <strong>de</strong>r Differenz zwischen <strong>de</strong>r<br />
höchsten und ti efsten monatl ichen Nie<strong>de</strong>rschlagssumme innerh alb <strong>de</strong>r Zeitreihe hervor,<br />
die im Juli, August und Dezember auf <strong>de</strong>utlich über 2 10 mm ansteigt (vgl. Tab. I ).<br />
Die Abb. 2 teilt die ie<strong>de</strong>r 'chlagsentwicklu ng an <strong>de</strong>r Klimastation Donaueschingen von<br />
189 1 - 1990 in j ahreszeitlicher Di ffe renzierung dar. Die Darstellung basiert auf <strong>de</strong>n ein zelnen<br />
monatlichen ie<strong>de</strong>rschJ agssummen <strong>de</strong>s gesamten Beobachtungszeitraums, die mit Hilfe<br />
eies Programms SURFER in Form einer zweidimensionalen Grafik interpoliert wur<strong>de</strong>n.<br />
Auf <strong>de</strong>r x-Achse sind dabei die einze lnen M onate. auf <strong>de</strong>r y-Ach e die Jahre aufgeführt<br />
(vgl. SI EGMUND 1998, S. 133). Die Grafik ver<strong>de</strong>utlicht <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlag zuwachs, <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r Zeitreihe vor allem in <strong>de</strong>n Wintermonaten zu beobachten ist. So nehmen am linken<br />
(Januar und Februar) und rechten Bildrand (November und Dezember) die dunkel eingefärbten<br />
Flächen. die Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen über 60 mm kenn ze ichnen, immer mehr Zll.
130<br />
1990<br />
1980 80 80 •<br />
40<br />
BO<br />
1970 • ...<br />
0<br />
1960<br />
40 ~I:l<br />
13 1<br />
140<br />
120 -, --<br />
I j<br />
100 r--<br />
1',<br />
- / --- ......<br />
/ ' ,,-<br />
/<br />
"-<br />
"-<br />
E<br />
E<br />
80<br />
60<br />
o<br />
Jan.<br />
Feb.<br />
.-------J<br />
Mrz Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.<br />
r ___ 1871-1883-·-- 1891 -1900 --;:-" 1901=1930 ~<br />
x 1931 -1960 --1961-1990<br />
.I<br />
Abb. ]: Millierer Jahresgang <strong>de</strong>r monatlichen N ie<strong>de</strong>rsch lagssummen an dcr Klimaslalion Donaueschingen<br />
in verschie<strong>de</strong>nen Zeiträumen (Quelle: Eigener Elllwurf. Datengrundlage: H OPrGARTNER<br />
1885. Deulscher Wencrdiensl)<br />
Die Abb. 3 ver<strong>de</strong>utlicht die j ahreszeitliche Entwicklung <strong>de</strong>r mittleren Nie<strong>de</strong>rschl agssummen<br />
an <strong>de</strong>r Klimastati on Donaueschingen für die Zeiträume 187 1 - 1883 (vgl. HOPFGARTNER<br />
1885) und 189 1 - 1900 sowie <strong>de</strong>r drei Standardperi o<strong>de</strong>n 190 I - 1930, 193 1 - 1960 und<br />
1961 - 1990. Daraus wird zun ächst <strong>de</strong>r typi sche Jahresgang <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge auf <strong>de</strong>r<br />
Baar <strong>de</strong>utlich. Die Sommermonate Juni. Juli und August. in einigen Perio<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>r<br />
M ai, weisen im Mittel die höchsten monatlichen Nie<strong>de</strong>rsc hlagsmengen <strong>de</strong>rjeweiligen Peri<br />
o<strong>de</strong> auf. Ein sek undäres ie<strong>de</strong>rschlagsmax imum zeichnet sich außer zwischen 187 1 und<br />
1883 in <strong>de</strong>n M onaten ovember. Dezember und Januar ab. Zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Zeiträumen<br />
. ind im Frühjahr und Herbst zwei etwa gleich stark ausgeprägte relati ve ie<strong>de</strong>rschlagsminim
132<br />
auch <strong>de</strong>r August. Während die jüngste Perio<strong>de</strong> 196 1 - 1990 im Winter (November - Febru <br />
ar) jeweils die höch ·ten ie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>r betrachteten Zeiträume aufweist. fa llen<br />
die entsprechen<strong>de</strong>n M ax ima im Frühjahr, Sommer und Herbst (M ürz - Oktober) auf das<br />
M illel <strong>de</strong>r Jahre 187 1 - 1883. Dabei ze igt . ich selbst bei <strong>de</strong>n langjühri gen Mittel werten die<br />
recht wechselhafte ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung. So wa r etwa die Zun ahme <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlüge.<br />
die seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts im M ärz, A pri l, M ai und Dezember<br />
zu beobachten ist. nicht kontinuierlich, son<strong>de</strong>rn von einem vo rübergehen<strong>de</strong>n Rückgang<br />
zwischen <strong>de</strong>r Peri o<strong>de</strong> 190 I - 1930 und 193 1 - 1960 gekennzeichnel. Den höchsten Nie<strong>de</strong>rsch<br />
lagszuwachs zwischen <strong>de</strong>r ersten ( 187 1 - 1883) und j üngsten Peri o<strong>de</strong> ( 196 1 - 1990)<br />
verzeichnete jedoch mit 24.5 mm <strong>de</strong>r Januar. Die größte Di fferenz im Vergleich zweier<br />
Zei trüume crgibt sich in<strong>de</strong>s mit 25 .1 mm im 0 ember zwischen <strong>de</strong>m Mittel <strong>de</strong>s Zeitraums<br />
189 1 - 1900 un d <strong>de</strong>r ak tuellen Standardperi o<strong>de</strong> (vgl. bb.3 und Tab. 2).<br />
Tab. 2: Milliere monatl iche ie<strong>de</strong>r~chla g ssummen an <strong>de</strong>r Kl imastation Donauesehingen in ve rschie<strong>de</strong>nen<br />
Zcitriiumen (Quelle: Ei gene Berechnungen. Datengrund lage: J-J OPFGA RTNI: R 1885, Deutscher<br />
Wetlerdien,t)<br />
Zeitraum .I an. Feb. M~i rz April Mai Jun i J ul i Aug. Sep. Okt. Nov . Dez. Jahr<br />
187 1- 188:\ :\6.4 -1-5 .0 56.9 79.0 96. 1 126.7 11 5.4 9 1.7 94.2 89.0 66.6 55,9 953. 1<br />
1891 - 1900 -1-5.0 3-1-. 1 -1-0.7 53.9 63 .2 80.8 90.8 66. 1 6 1.9 63.0 41.7 46,7 687.9<br />
1901 - 19:\0 50.8 36.3 49.0 54.8 7-1-,4 S3.4 83.0 8 1.0 67.3 57.5 5:\.3 57.8 748.6<br />
19:\1 - 1960 58. 1 -1-9.3 40,4 45.5 68.5 96.1 83.7 89.2 69,2 50,9 56.0 47.2 754. 1<br />
196 1- 1990 60.9 54.7 56.6 61.0 85.0 93.6 80.4 89.9 54.9 51.7 66.8 65. 1 8 19.4<br />
Mittel 50.3 -1-3.9 -I-S.7 58.8 77,4 96. 1 90.7 83.6 69.5 62.4 56.9 54.5 792.6<br />
Maximum 60.9 54.7 56.9 79.0 96. 1 126,7 115.4 91.7 94.2 89.0 66.8 65, 1 953, 1<br />
Mi nimum 36.4 34. 1 40.4 45.5 63 .2 80.8 80.-1- 66. 1 54.9 50.9 -1-1.7 46.7 687.9<br />
Ami litudc 24.5 20.6 16.5 33.5 32.9 45.9 35.0 25.6 39.3 38. 1 25. 1 18,4 265.2<br />
Sla.abw. 9.95 8.67 8, 10 12.55 13.2l I S.2( 14.36 10.60 1-1-,87 15.65 10,45 7.76 10 1.06<br />
In <strong>de</strong>n Sommer- und Herbstmonaten stcllen ich die Vcrh ültnisse an<strong>de</strong>rs dar. Sie sind zumeist<br />
durc h einen Rückgang <strong>de</strong>r i e d e r sc h l ~ige gekenn zeichnet. <strong>de</strong>r sich zu min<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r<br />
jüngsten Peri o<strong>de</strong> nie<strong>de</strong>rschl äg t. Im Juli und eptember wird dies beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich. In<br />
diesen Monaten we ise n die Zeitrüu me 187 1 - 1883. 189 1 - 1900. 190 I - 1930 und<br />
193 1 - 1960 jeweils höhere mittlere N ie<strong>de</strong>rschlagsmengen auf als die Peri o<strong>de</strong> 196 1 - 1990.<br />
Der stürkste ie<strong>de</strong>r. chlagsrü ckgang zwischen <strong>de</strong>r ersten und j üngsten Peri o<strong>de</strong> fällt dabei<br />
mit 39.3 mm in <strong>de</strong>n Septembe r. Bei <strong>de</strong>n Jahresmi tteln überwiegt j edoch zu min<strong>de</strong>st wä h<br />
rend diese. Jahrhun<strong>de</strong>rts eine <strong>de</strong>u tliche Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme, wie sie bereits aus Abb. I<br />
und Tab. I hervorging. A uf diesc Weise nahmen die mittleren j ährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />
von 687 ,9 mm im Zei tra um von 189 1 - 1900 bis zur jüngsten Perio<strong>de</strong> UI11 13 1,5 111111 zu<br />
und liegen an <strong>de</strong>r Station Donaucsch ingen nun ( 196 1 - 1990) bei 8 19.4 mm. ur <strong>de</strong>r Zeitraum<br />
187 1 - 1883 war l11it einem M ittelwert von 953, I mm noch <strong>de</strong>utlich nie<strong>de</strong>rschlagsreicher<br />
(vgl. Tab. 2).<br />
4. Überregionaler ergleich <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsent wicklung<br />
Die Klimastationen Donaueschi ngen. Villingen un d Spaiehingen zeigen insbeson<strong>de</strong>re im<br />
langjährigcn M itlei ( I O-jährige und vor allem 30-jährige Gauß'sehe T iefpass filterung) insgesamt<br />
eine recht ~i hn l i c h e ic<strong>de</strong>rsehlagsc nt wick lung. Durch die A nalyse so lcher Zeit-
133<br />
reihen lassen sich letztlich j edoch nur die spezi fischen klimageschichtlichen Gegebenheiten<br />
einzelner Orte miteinan<strong>de</strong>r ve rgleichen, von <strong>de</strong>nen entsprechen<strong>de</strong> D aten zur Verfügung<br />
stehen. Flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>, überregionale räumliche Unterschie<strong>de</strong> gehen daraus nicht<br />
unmittelbar hervor. Aus diesem Grund dient <strong>de</strong>r Entwurf von Klimakarten für verschie<strong>de</strong>ne<br />
Zeiträume einer genaueren Untersuchung <strong>de</strong>r Variation <strong>de</strong> räumlichen Verleilungsmusters<br />
<strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge. Entsprechen<strong>de</strong> Karten wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r durchschnittlichen<br />
ie<strong>de</strong>rschlagsmengen fi.ir die bei <strong>de</strong>n letzten klimatologisc hen Standardperio<strong>de</strong>n<br />
193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 generi ert. Die Karten basieren dabei auf einem<br />
mehr o<strong>de</strong>r weni ger n ächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Stationsnetz, das in Deutschland zumin<strong>de</strong>st seit <strong>de</strong>n<br />
dreißiger Jahren eine ausreichen<strong>de</strong> Dichte für die zum Entwurf <strong>de</strong>r Karten notwendigen<br />
Berechnungen aufweist. Diese beruhen auf einer rtiuml ich variablen, linearen Höhenregression<br />
(zur methodischen Vorgehensweise beim Entwurf <strong>de</strong>r Klimakarten vgl. SI EGM ND<br />
I 999a. S. 200 und M -- LL ER-W ESTERMEIER 1995).<br />
Die Abb. 4 - 6 zeigen das räumliche Verteilungsmuster <strong>de</strong>r mittleren Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />
pro Jahr, im hydrologischen Winterhalbjahr ( ovember - April) und im hydrologischen<br />
Sommerhalbjahr (M ai - Oktober)" für die bei<strong>de</strong>n Zei träume 193 1 - 1960 und 196 1 -<br />
1990. Die Karten erfassen einen A usschnitt von 100 km in West-Ost- und 75 km in ord<br />
Süd-Richtung, in <strong>de</strong>ssen Zentrum die Baar liegt. Die dargestellte Region reicht in etwa von<br />
Freiburg im Westen bi s nach M eßkirch im Osten und von <strong>de</strong>r Schweizer Grenze im Si.i<strong>de</strong>n<br />
bi s nach Balingen im or<strong>de</strong>n. Im äußersten Nordwesten wird die französische Grenze<br />
berührt, im Südosten fast Konstanz (vgl. SI EGMU D 1988, A bb. 4, S. 138).<br />
Die A bb. 4a und A bb. 4b zeigen die räumliche Verteilung <strong>de</strong>r j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />
im Mittel <strong>de</strong>r Ze itr~ium e 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990. In bei<strong>de</strong>n Perio<strong>de</strong>n treten<br />
<strong>de</strong>utlich die hohen Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen im Bereich <strong>de</strong>s Südschwarzwalds in Erscheinung,<br />
die in <strong>de</strong>n Gipfellagen mehr als 1.800 mm pro Jahr betragen. ach Westen und<br />
Osten nehmen die ie<strong>de</strong>rschläge j eweils ab und zeichnen dabei gleichsam die Topographie<br />
<strong>de</strong>, betreffen<strong>de</strong>n Raumes nach. Sie erreichen in <strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene zumeist<br />
etwa 800 - 1.000 mm. Im Lee <strong>de</strong>s SchwarzwaJdhauptkamms gehen die Nie<strong>de</strong>rschl ä<br />
ge trotz größerer H öhenlage zum Teil noch weiter zurück als auf <strong>de</strong>r Luvse ite. [m Bereich<br />
<strong>de</strong>r Baal' erreichen sie zwischen 196 1 und 1990 im Mittel nur etwa 700 - 1.000 mm. in<br />
einigen beson<strong>de</strong>rs geschützten Lagen, wie beispielsweise um Spaichingen, gehen sie soga r<br />
auf 600 - 700 mm zu rück. Auch im Donautalund in Richtung B o<strong>de</strong>nsee dominieren mittlere<br />
Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen von 600 - 900 mm pro Jahr. Die Höhenlagen <strong>de</strong>s Hega us, <strong>de</strong>r<br />
Süd- und Ostbaal' und <strong>de</strong>r sich ansch ließen<strong>de</strong>n Schwäbischen A lb si nd hingegen durch<br />
eine Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge auf bi s zu J .200 mm ( 196 1 - 1990) gekenn zeichnet.<br />
Ein genauerer Vergleich <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Peri o<strong>de</strong>n zeigt, dass <strong>de</strong>r Zeitraum 196 1 - 1990 im<br />
dargestellten Raum im Mittel höhere ie<strong>de</strong>rschlagsmengen aufwie als 1931 - 1960. D er<br />
Südschwarzwald ist hiervon in beson<strong>de</strong>rem Maße betroffen. Dort nimmt in <strong>de</strong>n Gipfelregionen,<br />
wie etwa <strong>de</strong>m Feldberggebiet und rund um <strong>de</strong>n Belchen, die Fläche mit Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />
über 1.800 mm pro Jabr (dunkelviolett) <strong>de</strong>utlicb zu . Auch in tieferen L a<br />
gen <strong>de</strong>s Südschwarzwalds ist eine entsprechen<strong>de</strong> Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge von tei lwe i<br />
se über 200 mm pro Jahr zu verzeichnen. Der positive ie<strong>de</strong>rschlagstrend macht sich auch<br />
im L ee <strong>de</strong>s Schwarzwalds bemerkbar. So ist im Bereich <strong>de</strong>r Baal' ein, wenn auch nur leichter<br />
Zuwac hs <strong>de</strong>r Jahres ni e<strong>de</strong>rschläge zu beobachten, <strong>de</strong>r j edoch zumeist kaum mehr al<br />
100 mm betTägt. Ä hnliches gilt auch für die Schwäbische A lb. D on tritt <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagszuwachs<br />
durch das Auftret.en <strong>de</strong>s hellblau gekenn zeichneten Nie<strong>de</strong>rschl agsbereichs von<br />
1. 101 - 1.200 mm pro Jahr im Zeitraum 196 1 - 1990 beson<strong>de</strong>rs in Erscheinung.
Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagssummen <strong>de</strong>s Zeitraums 1931 - 1960<br />
Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />
• • >1800 1001 -1100 501 - 600 N<br />
1601 - 1800 901 - 1000 -~-_-.....---<br />
401 - 500<br />
A<br />
1401 - 1600 801 - 900 301 - 400 20 km<br />
• 1201 - 1400 701 - 800
135<br />
Einen gegenläufigen Trend zeigt <strong>de</strong>r Oberrheingraben. <strong>de</strong>r Hegau und das Bo<strong>de</strong>nseegebiel.<br />
Dort ist zwischen <strong>de</strong>n betrachteten Zeiträumen ein leichter Rückgang <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>L"chläge<br />
zu verzeichnen. So trill in <strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> 196 1 - 1990 in <strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene im<br />
Gegensatz zum Zeitraum 193 1 - 1960 vereinzelt <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rsc hlagsbereich von 70 I - 800 mm<br />
(hellgrün ) in Erscheinung. zwischen Hegau und B o<strong>de</strong>nsee sogar <strong>de</strong>r Bereich von 60 I -<br />
700 mm (grüngelb). Der Nie<strong>de</strong>rschlagsrückgang beträgt j edoch kaum über 100 mm. in<br />
einigen Regionen ist sogar keine Veriin<strong>de</strong>rung auszumachen.<br />
Die Abb. 5 und Abb. 6 geben die jahreszeitliche Verteilung <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschläge im hydrologischen<br />
Winter- ( ovember - April) und Sommerhalbjahr (Mai - Oktober) wie<strong>de</strong>r. Daraus<br />
geht <strong>de</strong>utlich hervor. dass die jährl ichc ie<strong>de</strong>rschlagszunahme zwischen 193 1 - 1960 und<br />
196 1 - 1990. die in weiten Tei len <strong>de</strong>s Kartcnausschnills zu beobachten ist. vor allem auf<br />
einen entsprechen<strong>de</strong>n Zuwachs in <strong>de</strong>n Wintermonaten zurückzuführen ist. Die Abb. 5a<br />
und Abb. Sb ze igen im gesamten dargestellten Raum. on einigen Ausnahmen im Oberrheingebiet<br />
abgesehen. eine markante Zunahme <strong>de</strong>r winterlichen ie<strong>de</strong>rschläge, selbst injenen<br />
Regionen, die im Jahresmillel eine leicht rück läufige Ten<strong>de</strong>nz aufze igen. Am <strong>de</strong>utlichsten<br />
füllt dabei <strong>de</strong>r positive ie<strong>de</strong>rschlagstrend in <strong>de</strong>n Höhenlagen <strong>de</strong>s Südschwarzwalds auf.<br />
Die Fläche mit über 900 mm Nie<strong>de</strong>rschlag von November bis April (dunkelviolett) nimmt<br />
dort zwischen <strong>de</strong>n betrachteten Standardperio<strong>de</strong>n erheblich zu. In einigen Tei len <strong>de</strong>s Feldbe<br />
rg- und Rohrhardsberggebiets geht daraus ei ne Zunahme von über 200 mm zwischen<br />
<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Zeiträumen hervor.<br />
Die Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme macht sich aber auch westlich und östlich <strong>de</strong>s Schwarzwaldhauptkamms<br />
bemerkbar. So ist im Bereich <strong>de</strong>r Baar im Minel ein Zuwachs von etwa 50 mm.<br />
teilwe ise aber auch über 100 mm zu beobachten. Zwischen 1961 und 1990 liegt dort die<br />
Höhe tier winterlichen ie<strong>de</strong>rsc hlLige dadurch im Durchschnill zwischen 300 und550 mm.<br />
in <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>rs trockenen Gebiet um Spaichingen sogar nur bei 200 - 300 mm. Ähnliche<br />
Zuwachsraten wie auf <strong>de</strong>r Baal' si nd mit etwa 50 - 100 mm auch auf <strong>de</strong>r Schwäbi schen Alb.<br />
im Hegau und im Bo<strong>de</strong>nseeraum zu verzeichnen. Lediglich im äußersten Nordwesten <strong>de</strong>s<br />
Kartenau sschnills lässt sich in <strong>de</strong>n ti eferen Lagen <strong>de</strong>s Oberrheingrabens eine leicht rü cklLiufige<br />
winterliche ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz erkennen.<br />
Wie die Abb. 6a und Abb. 6b ver<strong>de</strong>utlichen. stellt sich die ' ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung im<br />
hydrologischen Sommerhalbjahr differenzierter dar. Wie<strong>de</strong>rum weisen die Höhenlagen<br />
<strong>de</strong>s Südschwarzwalds die stärksten Zuwachsraten auf. die sich zwischen <strong>de</strong>m Mittel <strong>de</strong>r<br />
Zeiträume 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 auf maximal 100 mm belaufen. Da Gebiet um<br />
<strong>de</strong>n Rohrhard sberg und <strong>de</strong>n Kan<strong>de</strong>l ist davon wei t mehr betroffen als das Feldbergmassiv,<br />
wo sich zum Tei I nur sehr geringfügige Verän<strong>de</strong>rungen ausmachen lassen. In Richtung<br />
Hotzenwald ist soga r ei ne leicht rücklLi ufige Nie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zu beobac hten. Mit<br />
abnehmen<strong>de</strong>r Höhe wird die Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme geringer. ach Westen drehen . ich<br />
die Verhältni sse unterhalb ei ner sommerlichen Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von etwa 600 - 700 mm<br />
um - die ie<strong>de</strong>rsc hläge nehmen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n betrachteten Peri o<strong>de</strong>n ab. im Bereich<br />
<strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene um bis zu 100 mm.<br />
A uf <strong>de</strong>r Leeseite zeigen sich ähnliche Ten<strong>de</strong>nzen. Auch don kehrt sich die Zunahme <strong>de</strong>r<br />
Nie<strong>de</strong>rschläge in <strong>de</strong>n Höhen lagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds allmählich in einen Rückgang um.<br />
Im Bereich <strong>de</strong>r Baar erreicht dieser einen Wert von bi s zu 50 mm. Mitunter ind die Verän<strong>de</strong>rungen<br />
jedoch zu gering. al dass sie sich in <strong>de</strong>n K arten durch unterschiedliche Skalenbereiche<br />
abzeichnen wür<strong>de</strong>n. Insgesa mt betragen die sommerlichen Nie<strong>de</strong>rschläge im Mittel<br />
<strong>de</strong>r Jahre 196 1 - 1990 auf <strong>de</strong>r Baar zwischen -WO und 550 mm. verein zelt sogar bis zu<br />
600 mm. Auch we ite Teile <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb. <strong>de</strong>s Hegaus und <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>n seeraumes
Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagshöhen hydro!. Winterhalbjahr (1931 - 1960)<br />
Rottwell •<br />
.... Lomberg<br />
..<br />
• VltMngen<br />
• Tutthngen<br />
Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />
• >900 • 501 - 550 251 - 300<br />
• 801 - 900 • 451 - 500 201 _ 250<br />
• 70 1 -800 • 401 - 450 • 151- 200<br />
• 601 -700 • 351 - 400 •
137<br />
verze ichnen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Standardperio<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsrückgänge von bis zu<br />
100 mm. Auf <strong>de</strong>r H egaualb tritt die rückläufige ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zwischen 193 1 -<br />
1960 und 196 1 - 1990 durch eine <strong>de</strong>utliche Abnahme <strong>de</strong>s hellblau gekenn zeichneten ie<strong>de</strong>rschlagsbereichs<br />
von 55 1 - 600 mm zugunsten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n grünen Skaleneinheiten (45 1<br />
- 500 mm bzw. 501 - 550 mm) beson<strong>de</strong>rs in Erschei nung.<br />
Ein Vergleich <strong>de</strong>r Abb. 5 und Abb. 6 macht räumliche Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r j ahreszeitlichen<br />
Vertei I u ng <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rsch läge und dami t <strong>de</strong>ren Genese <strong>de</strong>utl ich. So fä ll t das j ah reszei tl iche<br />
ie<strong>de</strong>rschlagsmax imum im Südschwa rzwald insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> von 196 L - 1990<br />
in das Winterh albjahr, wo im Umfeld <strong>de</strong>s Feldberg- und Belchenmassivs verbrei tet Werte<br />
von über 900 mm auftreten . 1111 SOIllmer sind dort die Nie<strong>de</strong>rschl agsmengen wesen tlich<br />
geringer - mehr als 900 ml11 wer<strong>de</strong>n nur noch sehr vereinzelt erzielt. Sowohl im Oben'heingraben<br />
al auch auf <strong>de</strong>r Leeseite <strong>de</strong>s Schwarzwalds ste llen sich die Verhältnisse genau<br />
umgekehrt dar. Hier dominiert bei weitem <strong>de</strong>r sommerliche ie<strong>de</strong>rschlag. A uf <strong>de</strong>r Baa l'<br />
fa llen im Sommer stellenweise bis zu mehr als 150 mm höhere Nie<strong>de</strong>rschläge als im Winter,<br />
wie etwa in <strong>de</strong>r Region um Spaichingen.<br />
Ln dieser jahreszeitlichen ie<strong>de</strong>rschlags erteilung spiegelt sich <strong>de</strong>r unterschiedliche Grad<br />
<strong>de</strong>r hygrischen Kontinentalität wi<strong>de</strong>r. Die Höhenlagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds erhalten ihre<br />
Nie<strong>de</strong>r 'chläge vor allem infolge von Staueffekten <strong>de</strong>r vorwiegen<strong>de</strong>n geostrophischen Westbi<br />
s Südwestwin<strong>de</strong>. Diese sind im Z usammenh ang mit einer stärkeren Dynamik in <strong>de</strong>r Atmosphäre<br />
durch größere Energiegegensätze zwischen Äquator und Pol im Winterha lbjahr<br />
stärker als im Sommer. Mit <strong>de</strong>n in diese Westwinddri ft eingelagerten Tiefdruckwirbeln<br />
geht ein hohes Feuch ti gkeitspotential einher. Die dabei zumeist vorhelTschen<strong>de</strong>n advekti ven<br />
Nie<strong>de</strong>rsch läge erreichen die tiefer gelegenen Regionen im Osten <strong>de</strong>s Schwarzwaldhauptkamms<br />
infolge von Leeeffekten nur in abgeschwächter Form - die winterlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />
sind entsprechend geringer. Dort treten j edoch in <strong>de</strong>n Sommermonaten<br />
verstärkt konvektive Prozesse in Erscheinung. die eine Bewöl kungszunahme und lokale<br />
Schauernie<strong>de</strong>rschl äge bewirken, mit <strong>de</strong>nen zum Teil heftige Gewitter einhergehen. Diese<br />
führen im langjährigen Mittel - in einze lnen Jahren können sich die Verhältnisse durch die<br />
zellen- und bän<strong>de</strong>rarti ge Struktur <strong>de</strong>r konvektiven Nie<strong>de</strong>rschläge zu m Teil sehr unterschiedlich<br />
darstellen - zu einer Dominanz <strong>de</strong>r sommerlichen N ie<strong>de</strong>rschläge in diesen Regionen,<br />
wie etwa <strong>de</strong>r Baa r.<br />
5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />
Wie die Untersuchungen gezeigt haben. ist auf <strong>de</strong>r Baal' seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts nicht nur ein Temperaturansti eg zu vei'zeichnen (vgl. SI EGMUND 1998), son<strong>de</strong>rn<br />
auch eine markante Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl agsmengen. 1m l ahresmittel beträgt <strong>de</strong>r<br />
Zuwachs etwa 130 mm im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Baar (D onaueschingen) bi s ca . 200 mm im Nor<strong>de</strong>n<br />
(Villingen). Bei einer genaueren j ahreszeitlichen A nalyse <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsverän<strong>de</strong>rungen<br />
an <strong>de</strong>r Station Donaueschingen hat sich gezeigt, dass die Zunahme in erster Linie auf einen<br />
<strong>de</strong>utlichen Ansti eg <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl agsmengen im Winterhalbjahr zurückzuführen ist. In<br />
<strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r Sommermonate sind die Zuwächse, wenn so lche überhaupt auftreten,<br />
relativ gering. In einigen Monaten <strong>de</strong>s Sommerhalbjahrs ist in <strong>de</strong>n vergangenen 100 l ahren<br />
sogar eine leicht rückläufige ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zu beobachten. D ennoch sind die<br />
linearen Trends an <strong>de</strong>n drei untersuchten Stationen we<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Jahressummen noch in<br />
<strong>de</strong>n einzelnen Monaten statisti sch hinreichend abgesichert. Die Befun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihenanalysen<br />
fü gen sich dabei recht gut in die Untersuchungsergebnisse <strong>de</strong>r überregionalen<br />
N ie<strong>de</strong>rschl agsentwicklung in Südwest<strong>de</strong>utschl and ein. A uch dort ist bei einem Vergleich<br />
<strong>de</strong>r Durchschnittswerte <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Stanclardperi o<strong>de</strong>n 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 in <strong>de</strong>r
Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagshöhen hydrol. Sommerhalbjahr (1931-1960)<br />
Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />
• >900 • 501 - 550<br />
• 801-900 • 451- 500<br />
• 701 - 800 • 401 - 450<br />
• 601 - 700 • 351 - 400<br />
• 551 -600 • 301- 350<br />
1 251 - 300<br />
I" 201 - 250<br />
151 - 200<br />
•
139<br />
M ehrzahl <strong>de</strong>r Regionen eine ie<strong>de</strong>rschlagszunahme zu verze ichnen. die sich vor allem auf<br />
das Winterhalbjahr konzentriert. In <strong>de</strong>n höheren Bereichen <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s sind die<br />
ZuwUchse dabei wesentlich höher als in <strong>de</strong>n ti eferen Lagen östlich und westlich davon.<br />
Trotz ihrer klimatischen Son<strong>de</strong>rstellung, die sie von ihren Nachbarregionen <strong>de</strong>utlich abheben<br />
(vgl. IEGM ND 1999a). stellen sich die auf <strong>de</strong>r Baar zu beobachten<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsverün<strong>de</strong>rungen<br />
innerhalb <strong>de</strong>r vergangenen 100 Jahre weitgehend analog zu weiten Teilen<br />
Mitteleuropas dar. So ist auch bei einer möglichen weiteren Verstärkung <strong>de</strong>s anthropogenen<br />
Treibhauseffekts - zumin<strong>de</strong>st im langjUhrigen Mittel - mit einem anh alten<strong>de</strong>n A nstieg<br />
<strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen zu rechen. Der Zuwachs wird sich dabei insbeson<strong>de</strong>re auf die<br />
Wintermonate konzentrieren. Ursache hierfür ist eine. tärkere We twindzirkulation und<br />
damit eine größere Zahl dynamischer Tierdruckwirbel, mit <strong>de</strong>nen ein höheres Feuchtigkeitspotential<br />
ei nhergeht. Da die. er Effekt durch <strong>de</strong>n größeren Energiegegensatz zwi ehen Äquator<br />
und Pol im Winter beson<strong>de</strong>rs stark ausgeprägt ist. sind gera<strong>de</strong> in die 'er Jahreszeit <strong>de</strong>utliche<br />
ie<strong>de</strong>rschlagszunahmen zu erwarten. Dabei laufe n diese Proze se nicht linear im<br />
Sinne eines kontinuierlichen Anstiegs <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge ab. Vielmehr geht mit <strong>de</strong>r zu<br />
erwarten<strong>de</strong>n M eridionalisierung <strong>de</strong>r Wetterlagen ein häufiger Wechsel be. on<strong>de</strong>rs trockener<br />
und sehr feuchter Witterun gsphasen einher (vgl. FR AI KE BERG & SIEGMUND 1997,<br />
S. 3S fL). Damit stei gt aur <strong>de</strong>r Baal' durch die Häufung außergewöhnlicher Starkregenereigni<br />
sse - zumeist zusätzlich verstärkt durch entsprechen<strong>de</strong> Tauwelterphasen - nicht zuletzt<br />
die Hoc hwassergefahr in <strong>de</strong>n Wintermonaten an. Aber auch im Sommer können. neben<br />
ausgeprLigten Trockenphasen. hüufiger auftreten<strong>de</strong> Feuchtperi o<strong>de</strong>n und .. berschwemmungen<br />
die Folge sein.<br />
Schriftum<br />
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Geographbches Inslilut. L e hr ~ tuhl Hi r Ph ys i ~c h e Geographie und L lin<strong>de</strong>rkun<strong>de</strong>. Po~tfac h 103462.<br />
68 13 1 1allllheim. e- mai l: s i eglllu nd 0) rul1lm ~ . uni -lllan nh eil1l.<strong>de</strong>. prival: Zlihringer Str. 3 1, 78 I 83<br />
H lillngen-Flir~tenberg
141<br />
Donaueschingen<br />
3 I. März 2000<br />
Renaturierung eines Teilabschnitts <strong>de</strong>r Aitrach auf <strong>de</strong>r<br />
Gemarkung Geisingen / Leipferdingen<br />
von Liane Dom<strong>de</strong>y-Kunz und Ulrike Schwär<br />
Einleitung<br />
Der BU D-Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg hat in <strong>de</strong>n Wintermonaten 1995/<br />
1996 <strong>de</strong>n geplanten Renaturierung eingri ff an <strong>de</strong>r Ailrach auf <strong>de</strong>r Gemarkung Geisingen /<br />
Leipferdingen durchgeführt. Im Band 39 <strong>de</strong>r "Schriften <strong>de</strong>r Baar" wur<strong>de</strong> bereits über die<br />
Pl anung <strong>de</strong>s Renaturierun gsprojekts beri chtet.<br />
Da. Projekt wur<strong>de</strong> 1996 mit <strong>de</strong>m Umweltpreis <strong>de</strong>r Firma AESCULAP Tultlingen ausgezeichnet.<br />
Die " Kal'I Kraus Stiftung für Tier und atur" verlieh <strong>de</strong>m Bund Für Umwelt und<br />
atursc hu tz Deutschland beim "Wellbewerb zu r Schaffung von Überschwemmungs flächen"<br />
1995/96 für die Bemühungen um die Aitrachaue ei nen zweiten Preis.<br />
Die Stadt Geisingen. die Gemein<strong>de</strong> Leipferdingen und das Wa erwirtschaftsamt ROllweil<br />
(Gewässerdirektion Donau) stellten die not wendigen Geldmittel zu r Verfügung und unterstützen<br />
die Durchführung auch sonst in je<strong>de</strong>r Hinsicht. Der Lan<strong>de</strong>snaturschutzverband<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württem berg. SlUllgarl. ermöglichte die vorliegen<strong>de</strong> Veröffentlichung, sowie Pflegemaßnahmen<br />
und Gehölzpflanzungen durch <strong>de</strong>n BU D im Jahr 1998/99. Die Untere<br />
aturschutzbehör<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Landratsam ts und <strong>de</strong>r Naturschutzbeauftragte <strong>de</strong>s Landkreises<br />
Tuttlingen sind wichtige Partner bei <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong> Renaturierungskonzepts.<br />
Der Renaturierungseingdff im Novembel' 1995 und die nachfolgen<strong>de</strong> Entwicklung<br />
Durch <strong>de</strong>n Renaturierun gseingriff wur<strong>de</strong> die Fl ießstrecke <strong>de</strong>r itrach in diesem Bereich<br />
ungefähr verdoppelt (vgl. Abb. 1-3). aus einem kanalartigen Verlauf ein vielgestaltiger.<br />
mäandrieren<strong>de</strong>r Flußlauf entw ickelt. Dieser kann nun seine natürliche Dynamik oll entfalten,<br />
Uferabbrüche und A nlandungen selbst schaffen. Die Aitrachregulierung fand in<br />
<strong>de</strong>n 30er Jahren <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts stall. und die Aue in <strong>de</strong>n Gewannen "Riegelt",<br />
"Einö<strong>de</strong>" und "Zwischen <strong>de</strong>n Grüben" ist seither von einem ungewöhnlich dichten Grabennetz<br />
durchzogen.<br />
Im Zuge <strong>de</strong>r RenalUrierung erfolgte die Ved'üllung fast aller Grabenanschlüsse am Flusslauf.<br />
Mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n Tiefbrunnen blieben zwei große Seitengräben erhalten. Durch die<br />
M äandrierun g <strong>de</strong>s Haupttlusses und <strong>de</strong>n Rückstau <strong>de</strong>r verfüllten Seitengräben ist nun eine<br />
Fläche von ca. 16 ha bisher weitgehend trockenen Grün- und Brachlan<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r vernä. st.<br />
In <strong>de</strong>n neu entstan<strong>de</strong>nen A ltwassern steht das Wasser bi s an die obere Uferkante ho 'h an<br />
und bil<strong>de</strong>t ausufernd an vielen Stellen größere Flachwasserzonen. A lle Gräben sind seither<br />
wasse rgeFü llt, die Wie enllächen dazwischen sind stark vern äs t. E ergibt sich dadurch<br />
ein kleingliedriges Netz aus Wasserflächen. stehen<strong>de</strong>n und schwach bis türker fließen<strong>de</strong>n<br />
Gewässern unterschied l icher Tiefe und Feuchlwiesenstru kturen (Abb. 5-12).
142<br />
Abb. I: Luftbild vom 3 1.8. 199 1. Maßstab: ca. 1:7200. Dic "Einö<strong>de</strong>" vor <strong>de</strong>r Re nawricrung. Dcutlich<br />
erkcnnbar ist <strong>de</strong>r begradigtc Verlauf dcr Aitrach mit <strong>de</strong>n linienförmigen Seitcngräbcn. (Landcs<br />
\ c rme,sungsamt Ba<strong>de</strong>n-Würllcmbcrg. 27.8.1 998. Az.: 4.47/39 1)<br />
Abb. 2: Luftbild VOIll 30.5. 1996. Ocr renaturierte Vcrlauf <strong>de</strong>r Aitrach. Dic entstan<strong>de</strong>ncn A lt wasser<br />
und die altcn En twlisscrungsgräben habcn , ich mit Wasser
143<br />
neu entstan<strong>de</strong>ne Altwasser<br />
00 0<br />
• 0 0<br />
~<br />
renaturierte Aue<br />
ehemalige Fischteiche<br />
Wege<br />
111111111 Bahnlinie<br />
o Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wasserversorgung<br />
L 185 B1umberg . Kirchen/I-lausen<br />
Abb. 3: Karte nach Luftbild vom 30.5. 1996: ( I cm = 72 m)
I-lA<br />
Für Wa sservögel ist diese Fläche auch insofern von großer Be<strong>de</strong>ulUng. als sie im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r Riedbaal' zwisc hen Donaueschingen und Geisingen gesehen wer<strong>de</strong>n mu ss.<br />
einem Rastplatz für Zugvögel. welcher von internati onaler Be<strong>de</strong>u tung ist. Die Aitrach<br />
mün<strong>de</strong>t bei Geisingen in die Donau .<br />
I n <strong>de</strong>r ersten Zugperio<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>r Renaturierung wur<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rholt größere und kleinere<br />
Trupps von Kiebitzen beobachtet. olTensi chtlich rast en<strong>de</strong> Durchzügler. was zuvor noch<br />
nie <strong>de</strong>r Fall war. In <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Folgejahren nahm die Zahl <strong>de</strong>r rasten<strong>de</strong>n Durchzügler zu.<br />
Eine größe re Zahl von St ockent en brütet in <strong>de</strong>n neu entstan<strong>de</strong>nen Feuchtnäehen. Mehrere<br />
Graureiher sind rege lmäßig dort anzutreffen. Die Higer haben ausdrücklich versichert. dass<br />
keine Jagd auf Wasservögel staufin<strong>de</strong>n wird. son<strong>de</strong>rn ausschließlich auf Fuchs und Reh.<br />
Abb.'+: (9.8.1998) In<strong>de</strong>n ausge<strong>de</strong>hnten Hodl\tau<strong>de</strong>nOuren zwischen Engelwurz (Allgelica syh·eslris).<br />
Surnprk r :lIzdi~ t e l (Cirsilllll palI/sIre) und M;idc~üß (Filipellcll/ilil/i/l/aria) liegcn die Brulplälze elcr<br />
Braunkehl c hen.<br />
Um die Feuchtwiesen zu erhalten und zu elllwickeln . mäht <strong>de</strong>r BU D im Spätsommer<br />
einige Flächen . Die IUrnusmäßige Mahd erhöht die Biotopvielfalt. Dabei geht es auch um<br />
<strong>de</strong>n Lebensraum von Braunkehlchen und Wiesenpieper. die in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" ihre Brutplätze<br />
haben. Die Hochstau<strong>de</strong>nnuren bieten diesen Bo<strong>de</strong>nbrütern Nistplätze und Ansitz.<br />
Die gemähten Wiesentlächen ermöglichen die ahrungssuche. in M osaik aus bei<strong>de</strong>n<br />
Bi otoptypen ist i<strong>de</strong>al.<br />
Ebenfalls in das Renaturierun gsproj ekt miteinbezogen wur<strong>de</strong>n die ehemaligen Fi schteiche.<br />
die jenseits <strong>de</strong>r Brücke Ilussabwärts <strong>de</strong>r Aitrach liegen. Diese wer<strong>de</strong>n schon lange<br />
nicht mehr genutzt und fi elen weitgehend trocken. Sechs Teiche sind zugefüllt. Die sechs<br />
übrigen Teiche sind während <strong>de</strong>r RenalUrierun gsmaßnahmen in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" so umgestal -
145<br />
tet wor<strong>de</strong>n. dass sie wie<strong>de</strong>r ganzjährig Wasser enthalten. Sie stehen ausschließlich als Biotope<br />
ohne Fischbesatz zur Verfügung. Die Amphibienpopulationen haben bereits sehr erfreulich<br />
darauf reagiert: Wie in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" selbst ist auch überall in <strong>de</strong>n ehemaligen<br />
Fi sc hteichen achwuchs von Grasfrosch und Erdkröte zu fin<strong>de</strong>n - ein Grund vielleicht für<br />
die Nachkommen <strong>de</strong>r Störche aus <strong>de</strong>r Ri edbaar. in die "Einö<strong>de</strong>" zu kommen.<br />
Flussgeschichte<br />
Wer das Aitrachtal schon einmal durchquert hat, <strong>de</strong>r fragte sich vielleicht. wie die beeindrucken<strong>de</strong><br />
Weite <strong>de</strong>s Tal s und das kleine. gemächlich dahintließen<strong>de</strong> Flüsschen Ailrach<br />
zusammenpassen. Welche Kräfte schufen diese breite Tal form?<br />
Die Flussgeschichte Ba<strong>de</strong>n-Wüntembergs ist in erster Linie ein Kampf um die Wasserschei<strong>de</strong><br />
zwischen Rhein und Donau, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Rhein stets als Si eger hervorging. Tm<br />
Jungpl eistozä n (80000 bis etwa 10000 Jahre vor heute) wur<strong>de</strong> das Aitrachtal zum jüngsten<br />
Schauplatz dieses Kampfes.<br />
Am Eichberg bei Blumberg wur<strong>de</strong>n weit über <strong>de</strong>m heutigen Talbo<strong>de</strong>n alpine Gerölle nachgewiesen<br />
("Eichbergscholler". M ANZ 1934). Diese wur<strong>de</strong>n im Altpliozän (vor etwa 10 Mio.<br />
Jahren) von <strong>de</strong>r Aaredonau dorthi n verfrachtet. Die Aaredonau entsprang im Berner Oberland<br />
und tloß von Waldshut über Blumberg durch das Aitrachtal. Ihre Fließrichtung war<br />
<strong>de</strong>r heutigen Wutach also entgegengesetzt, was auf tek tonische Vorgänge im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r AlpenauffallUng zurückzuführen ist. Bei Blumberg vereinigte sich die Aaredonau<br />
mit Zutlüssen aus <strong>de</strong>m Schwarzwald und legte mit ihren gewaltigen Wassermassen<br />
die weite Grundform <strong>de</strong>s heutigen Aitrachtales an. Der IThein hatte seinen Ursprung in<br />
dieser Zeit nördlich <strong>de</strong>s Kaiserstuhls. Durch die fortdauern<strong>de</strong>n Bewegungen <strong>de</strong>r Erdkruste<br />
wur<strong>de</strong> die Aare immillieren PliozH n zur Rhone umgelenkt, die ins Miltelmeer entwässerle.<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>s Plei tozäns (vor etwa 2 Mio. Jahren) führten tek tonische Senkungen im<br />
Bereich <strong>de</strong>s zuvor eingcbrochenen Oberrheingrabens dazu. daß sich die Aare mit <strong>de</strong>m<br />
Urrhein verband . Die Umlenkung <strong>de</strong>r Aare be<strong>de</strong>utete <strong>de</strong>n ersten großen Verlust für die<br />
Donau. Ihr Anfang lag fortan im Feldberggebiet. Dieser kleine ehemalige ebenfluss <strong>de</strong>r<br />
Aarcdonau gab ihr <strong>de</strong>n amen "Feldbergdonau". Im vorgeformten Bett <strong>de</strong>r Aaredonau<br />
konnte sich die Feldbergdonau weiter einschnei<strong>de</strong>n. Die Aaredonau und die Feldbergdon<br />
au sind also für das breite Aitrachtal verantwortlich. Dass heute nur noch die kleine<br />
Aitrach durch diese große Senke fließt. ist ein weiterer Erfolg <strong>de</strong>s Rheins im Kampfum die<br />
Wasserschei<strong>de</strong>. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Würm-Eiszeit (vor etwa 10000 Jahren) wur<strong>de</strong> die Feldbergdonau<br />
bei Achdorf angeschnillen und nach Sü<strong>de</strong>n abge lenkt, wo sie bei Waldshut <strong>de</strong>n<br />
Rhein erreichte. Grund für diese Anzapfung war das im Vergleich zur Donau größere Gefälle<br />
zum Rhein hin. Die H öhendifferenz zwischen Achdorf und Waldshut erreicht auf nur<br />
38 km Strecke <strong>de</strong>n gleichen Wert wie die Donau auf 490 km (RUTTE 1987, S.131 ). Rücksc<br />
hreiten<strong>de</strong> Erosion <strong>de</strong>r Ur-Wutach. die südlich von Achdorfentsprang und bei Wa ldshut<br />
in <strong>de</strong>n Rhein floss. wie auch überlaufen<strong>de</strong> Schmelzwasserflüsse <strong>de</strong>s Würm-Schwarzwaldgletschers<br />
dürften die Anzapfung <strong>de</strong>r Feldbergdonau veranlasst haben. Durch das hohe<br />
Gefalle formten die Wassermassen <strong>de</strong>s ehemaligen Donauquellnu. ses die Wutachschlucht.<br />
So bl ieb <strong>de</strong>r Donau von ihren großen Quellni.issen nur die kleine itrach. Im Gegen satz zu<br />
ihren Vorgängern Aare- und Feldbergdonau leistet die Aitrach nur Tiefeneros ion. Wo die<br />
ehemaligen Quellflüsse <strong>de</strong>r Donau ihren Lauf immer wie<strong>de</strong>r verlegten und ein breites Tal<br />
'chufen, fehlt <strong>de</strong>r Aitrach die nötige Dynamik, um <strong>de</strong>n zwisc hen 1830 und 1840 (Originalpl<br />
an VOll 1832) begradigten Verlauf zu verlassen und sich somit selbst zu renaturieren. Die<br />
Renaturierung <strong>de</strong>r begradigten Aitrach konnte also nur mit menschlicher Hilfe erfolgen.
146<br />
Ahh. 5: (5.5.1996) Weid e nra~thincn kurz nach <strong>de</strong>m Einbau.<br />
Abb.6: (9X I 99t;) Di..: I:::rl..:n und Wei<strong>de</strong>n clllwicke ln ~ic h zu eincm kleinen Aue\\ ald.
I-n<br />
Abb. 7: (5.5 .1996) Die neu cnt ·tan<strong>de</strong>ncn Altwasser füll en sich rasch bis über <strong>de</strong>n Rand mit Was 'er<br />
alls dcn eitengräben.<br />
Abb. 8: (5.5 .1 996) Die Aufstoßque ll e im Pappe lbestand bringt ganzjährig viel Wasser in die Fläche.
148<br />
Abb. 9: (2.6. 1996) Al le Griihcn stchcn wic<strong>de</strong>r untcr Wa ~~c r.<br />
Abb. 10: (2.6. 1996) Troliblulllcn (Tmllimellmpaells): Die typi,chcn Pilanzcnancn dcrFcuchtwic,cn.<br />
dic vor dcr Rcnaturicrung nur noch vc rcin/cil an dcn Grabcnr~indcrn LU lindcn warcn. bcginncn ,ich<br />
im Frühjahr 1996 dcutlich au,zubrcitcn.
149<br />
Abb. 11 : (Mai 1996) Seit ovember 1995 . ind die bisher trockengefallenen Teiche <strong>de</strong>r ehemali gen<br />
Fischzuchlanl age wie<strong>de</strong>r ganzjährig mit Wasser gefüllt.<br />
Abb. 12: (9.8. 1998) Zweieinhalb Jahre nac h <strong>de</strong>r Renaturierung besie<strong>de</strong>ln artenreiche Röhrichte die<br />
Teiche lind ih re Uferbereichc. Im Wasser entw ickel n sich Grasfrosch. Erdkröte und Libe ll enl arven.
150<br />
Dem Rhein wird es durch seine höhere Erosionskraft auch we iterhin möglich sein, im<br />
Kampf um die Wa sserschei<strong>de</strong> die Donau zu besiegen. In ein paar M ill ionen Jahren wird es<br />
<strong>de</strong>m von Blumberg in die Wulach fließen<strong>de</strong>n Schleifebäch lc vielleich t gelingen, die AiLrach<br />
anzuzapfen und ihr Was ser mit aur <strong>de</strong>n Weg zum Rhein zu nehmen.<br />
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Luftbil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>svennessungsailltes Ba<strong>de</strong>n-Würlle illberg<br />
ß ellug Le iplc nJingen. Ailracht al, Bel1ugdaten: Frühjahr 1968.3 1.8. 1991.30.5. 1996. Originalmaßstab:<br />
I: 18000. Umbi ldungsmaßstab ca. 1: 7 :WO<br />
Anhang<br />
Gelün<strong>de</strong>nolizen im Frühjahr 1996 nach <strong>de</strong>m Re naturierung,eingriff ergaben fo lgen<strong>de</strong><br />
Landschartselemente:<br />
Fli eßgcwlb~e r : Hauptlluß und dauernd f1ießcn<strong>de</strong> G rüben<br />
Grliben mil TeiblaU<br />
fcrbereiche und Flachwasserzonen<br />
A llwa,ser<br />
Feuchtwie,en. periodisch überlluld und daucrnaß<br />
Hochslaudcnllure n. Röhricht e<br />
Groß- und Kl ein,eggenrie<strong>de</strong>r. L T. in horsli g / bultiger Au,prügung<br />
Arlenreiche Wie ~e n auf trockeneren Standorten<br />
Fellwie,en<br />
Ru<strong>de</strong>rall1 ächen nach Baggereingrirf<br />
Ehemalige Erd<strong>de</strong>poni e llüchen<br />
Gehölzgruppen: all. neu gepllanzt / gc,teckl. Wc idcngellecht c<br />
Alter Pappel bestand<br />
Benjeshecke mit Te ilpllanzung von GehÖll.en<br />
Allee: Birken und Streuobsl, alter Bestand und Ergänzungspl1anzungcn neu<br />
Feldhecken mit Saulllgeseli schaften nähr,tofTreicher Slandorte<br />
Magen'ascn- und Trillrasengesellschaften auf dcm südlich gelegenen Feld weg<br />
Magerrasen
IS 1<br />
M argerile<br />
Hornklee<br />
Bittere Kreuzblume<br />
Scharfer Hahnenfuß<br />
Große Bre nne ~se l<br />
Sumpfualdrian<br />
Sumpfverg i ßmei nn icht<br />
Bachbungenehrenpreis<br />
Wasserh ahnenfuß<br />
Sumpfdouerblume<br />
Sumpfkratzdi stel<br />
Bachnelkenwurz<br />
Wiesenkerbel<br />
Kriechen<strong>de</strong>r Glin ~e l<br />
Wal<strong>de</strong>ngelwurz<br />
Wiesenschaumkraut<br />
Kreuzlabkraul<br />
Wiesenl abkraut<br />
Weiße Taubnessel<br />
Wi esengloc kenblume<br />
A ufrechte Trespe<br />
Flligelginster<br />
Thymian<br />
Witwenblume<br />
Wiesen ri spengras<br />
Kn aul gras<br />
Wiesen fuchsschwanz<br />
Wiesen lieschgras<br />
Löwenzahn<br />
Schilf<br />
RohrglanLgras<br />
Echter Bald rian<br />
M ~i d e, li ß<br />
Kohlcli stel<br />
Bachkratzdistel<br />
A ufrechte S c hlli s~e lblum e<br />
Esparsc ttc<br />
Walclenge lwurz<br />
Frauenllachs<br />
Klellenlabkraut<br />
Wiesenknöteri ch<br />
Wasserampfcr<br />
Braunsegge<br />
Breitblätlrigcr Rohrkolbcn<br />
R a~e n sc hmi c l e<br />
Wolliges Honiggras<br />
Knoten-Braun wurz<br />
Cillysaillilellli/l/l lelfcalllilelllUlI1<br />
Lolus earl/iculalUS<br />
Polvgala {///wra<br />
Ral/lfl/Cllill. acris<br />
Urlim dioica<br />
Va/eriolla dioica<br />
MrosOlis paillsiris<br />
Vemnica heeeahlll/ga<br />
Ral/llIlClIllIS aqll.lsp.<br />
Call//({ palusllü<br />
Cirsilllll p([!t.lslre<br />
Gelllll rim le<br />
Al/lilrisellS sill'e.wü<br />
Ajllga replWlS<br />
A llgelica xiil'eslris<br />
Cardalllil/e pr(l/el/sis<br />
Crtlciala /ael'ipes<br />
Galill/l/ 1Il0/lllg0<br />
La llliulIl albulIl<br />
Call1pal/u/a palll/a<br />
BrolllllS ereCl llx<br />
Gellista sagil/a /is<br />
Tilnl1US pllieg ioi<strong>de</strong>s<br />
KI/aulia an 'el/sis<br />
Poa prO/el/sis<br />
D acl:\'lis g /olllera/a<br />
A lopeclIrtis pr([/el/sis<br />
PhleUlIl pmlel/se<br />
TaraxaCUlIl (!fJicil/alis<br />
Pilragllliles COl7lllHll/is<br />
Pha/aris arlllu/il/acea<br />
Va lerial/a f!fJicil/alis<br />
Filipel/dula u/lIlaria<br />
CirsiulIl oleraeewl1<br />
Ci rsiulIl r i l'u/are<br />
Pril1/l1/ll elalior<br />
Ollobrvcilis I'ieiij'olia<br />
AI/ge/ica xyil'e.l'/ris<br />
Limlria I'ulgar is<br />
Ga/iulIl aparil/e<br />
Polrgol/ul// hislOria<br />
RWI/ex aqua/icus<br />
Ca rex j'usca<br />
Tlpha /al!{olia<br />
D esclw lIlpxia cespilOsa<br />
H olcu.\' lal/a/lls<br />
Scmphu/aria I/odosa<br />
Artenliste <strong>de</strong>r Gehölze:<br />
Wei<strong>de</strong>n<br />
Hybridpappcln<br />
Schw arzerle<br />
F ichte<br />
Stieleiche<br />
Sa!i.r spec.<br />
POPltiUS cal/ a<strong>de</strong>l/sis<br />
Alnlls gllllinosa<br />
Picea abies<br />
QlIerclIs robur
152<br />
Traubenkir,che<br />
We ißdorn<br />
Birke<br />
Apfelbaum und Birnbaum<br />
Schwarzer Holun<strong>de</strong>r<br />
Schl ehe<br />
Zillerpappel<br />
Silberpappel<br />
Pnl/III,\' padlls<br />
C/'{/({/egll,\' I/ /OI/ognw 111 /11 C. ox\'{/calllh{/<br />
ße/llla f7elldllla<br />
Mahl,l dlJllle.l'/ic{/, PYI'I/I' .I'/le(',<br />
Sl/IlIlJlIClI.l' lIigra<br />
P/'IIIIII.I' ,1/liIlO,\'a<br />
POPltllI.I' //'ell/lllo<br />
P O}JIIIII,I' alho<br />
Beobachtete Vögel:<br />
(Gellincl.;no li zen über mehrere Jahre hinweg)<br />
Brau nkehlchen<br />
Wi e~enpie p er<br />
Stockente<br />
Graureiher<br />
Stieglill.<br />
Bekassine<br />
Kiebitz<br />
Ringeltaube<br />
Libellen:<br />
AZlI ljungfer<br />
Braune He i<strong>de</strong>li belle<br />
Schml!lIeriinge:<br />
Kai,ennaillei<br />
Kl e iner Fuchs<br />
Schwalbenschwanz<br />
:>-4 Brutpaare mit erfo lgreicher Jungenaufzucht<br />
Brutvogel in <strong>de</strong>r Flüc he (Revierges
153<br />
Schriften <strong>de</strong>s Verein ' für Geschichte<br />
und Naturgeschi chte <strong>de</strong>r Baal'<br />
Donau e,>chingell<br />
3 1. M;irz 2000<br />
Rot- und Schwarzmilan auf <strong>de</strong>r Baar<br />
Ergebnisse einer Brutbestandserfassung<br />
von Hartmut und Gabi Ebenhöh<br />
1. Einleitung<br />
Schon seit vielen Jahren sind die herbstlichen Schlafplätze <strong>de</strong>s Rotmilans bei Sunthausen<br />
und Sumpfohren bekannt. n bei<strong>de</strong>n Schl afplätzen zusammen fin<strong>de</strong>n sich im September/<br />
Oktober 100 - 150 Rotmilane ein . In <strong>de</strong>n letzten Jahren ist die Baar auch al s Sammelplatz<br />
und Durchzug station für Schwa rzmilane vor ihrem Wegzu g im August bekannt gewor<strong>de</strong>n,<br />
mit kurzze itig über 600 Vögeln (EBENHöH el al. 1997). Über <strong>de</strong>n Brutbes tand bei<strong>de</strong>r<br />
Milane wussten wir hingegen noch wenig.<br />
Die quantitati ve Brutvogelerfa sung im Sehwarzwald-Baar-Krei von 1987 (GEHRt G 199 1)<br />
erbrachte zwar eine unge fähre Abschätzung <strong>de</strong>r Bestandsgrößen, erlaubte j edoch keine<br />
genaueren Angaben über die nzahl <strong>de</strong>r tatsächlich besetzten Brulreviere. Vor allem ist<br />
nicht geklärt ob es sich bei <strong>de</strong>n während <strong>de</strong>r Brutzeit allenthalben zu sehen<strong>de</strong>n Milane um<br />
Brutvögel o<strong>de</strong>r um ichtbrüter han<strong>de</strong>lt.<br />
Rotmilan und Schwarzmilan unterschei<strong>de</strong>n sich in ihrerBiologie in wesentlichen Punkten<br />
(GL TZ, BAUER & BEZZEL 197 1).<br />
Der Rotmilan kommt nahezu aus chließlich in Europa vo r. Sein Brutgebi et reicht vom<br />
nord we tlichen Afrika (Marokko) bis zu <strong>de</strong>n ba lti. ehen Staaten. Der Schwerpunkt se iner<br />
Verbreitung liegt ein<strong>de</strong>utig in Deutsc hland, wo etwa 60% <strong>de</strong>s Weltbestan<strong>de</strong>s brüten (HAGE -<br />
~t E IJ E R & BL tR 1997: M EBS 1995). A us dieser Tatsache resultiert die beson<strong>de</strong>re Verantwortung,<br />
<strong>de</strong>n Fortbestand einer starken Rotmilan-Population zu sichern .<br />
Rotmilane sind Kurzstreckenzieher. In <strong>de</strong>r Regel ziehen sie im Oktober/N ovember ab,<br />
spätestens bei Wintereinbruch mit Frost und Schnee. Ihr Hauptüberwinterung 'gebiet liegt<br />
in Frankreich, Spanien und Portugal (z. B. ORTLI EB 1995). Die Rückkehr ins Brulgebiet und<br />
die B esetzung <strong>de</strong>r Brulreviere beginnt ab En<strong>de</strong> Februar und ist En<strong>de</strong> M ärz bi s Mitte April<br />
abge, chlosse n. Rotmilane halten wü hrend <strong>de</strong>r Brutze it ein Brut- und Nahrungsrevier, in<br />
<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>re Rotmilane ni cht gedul<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Schwarzmilan ist in meh reren Unterarten über weite Teile <strong>de</strong>r alten Welt verbrei tet.<br />
ausgenommen die Tundra- und Taigagebiete. In Milteleuropa reicht sein Brutgebier bis an<br />
die Ostsee. Im Gegensatz zum Rotmilan sind unsere Brutvögel Fern zieher. die südlich <strong>de</strong>r<br />
Sahara überwintern. Bei uns treffen die Schwarzmi lane Anfang M ärz bis Mitte April ein ,<br />
also etwas später als die Rotmilane. Der A bzug erfo lgt außeror<strong>de</strong>ntlich früh , nämLi ch En<strong>de</strong><br />
Juli bi s Mitte A ugust. Sie verlassen ihre Brutgebi ete bereits 2 bis 3 Wochen nach <strong>de</strong>m A ustliegen<br />
<strong>de</strong>r Jungen, während man die Rotmilane bis in <strong>de</strong>n September hinein im Brutrevier<br />
antreffen kann . Schwarzmilane veneidigen meist nur einen kl einen Bereich um ihren Horst<br />
als Rev ier und können bi swei len beinah koloni eartig zu sa mmen brüten (ORTLIEß 1998).
Abb. I: ROllllilanc am SchlafplalZ bci SUlllpfohrcn<br />
SchwarLmilane wer<strong>de</strong>n mit 3 bis 4 Jahren geschlechtsreif, Rotmilane mit 3 Jahren (ORT<br />
I.IEB 1998 und 1995). Die einjUhri gen Jungvögel <strong>de</strong>r chwarzmilane verweilen noch im<br />
Winterquartier bzw. im Mittelmeerraum. Die noch nicht geschl echtsreifen o<strong>de</strong>r noch nicht<br />
brüten<strong>de</strong>n Vögel ziehen in Richtung Brutheimat. Wahrscheinlich bi l<strong>de</strong>n sie die Nichtbrütergesellsc<br />
haf"ten. die. Uhnlich wie auf <strong>de</strong>r Baar. an vielen Stellen Mitteleuropas auftreten.<br />
Das Z ugverhalten die. er noch nicht geschlechtsreifen Vögel ist noch nicht vollständig<br />
erforscht (ORTLlEI3 1996).<br />
1995 begannen wi r. uns ein ge nau ere~ Bild über die Situation <strong>de</strong>r Milane auf <strong>de</strong>r Baar zu<br />
erarbeiten . Un:"er Ziel war e!>. sowohl die Brutvöge l als auch die eventuell Revier halten<strong>de</strong>n<br />
ichtbrüter zu erfassen. da auch die ichtbrüler zum Bestand ein es bestimmten Gebietes<br />
zu rechnen si nd (ORTLlEIl 1998). Das am besten untersm:hte Jahr 1998 so ll im Folgen<strong>de</strong>n<br />
im Mittelpunkt unsere r Dar!'.tcllung stehen.<br />
2. Untersuchungsgebict<br />
Das ntersuchungsgebiet ers treck t sich von Vi llingen und Sehwenningen im or<strong>de</strong>n bi s<br />
SUl1lpfohrcn und GUll1ladingen im Sü<strong>de</strong>n. und von Pfaffcn we iler und Wolterdingen im<br />
Westen bis zur Autobahn A 8 1 im Osten. Der Kernbereich unse res Untersuchungsgebietes<br />
hat eine FILiche on etwa 200 bis 2 10 km 2 . Das Gebiet enthiilt folgen<strong>de</strong> größere Waldstücke:<br />
I . Winterhal<strong>de</strong> und Eggwald (südlich von PfaITenweilcr). ca. 260 ha:<br />
2. Ochsenberg. Schachen und Weißwaid sowie Honbergwald (zwisc hen Tannheim,<br />
Beckhofen und GrÜningen). ca. 600 ha:<br />
3. Hüll. Buchwald und Weiherwald (zwischen Bad Dürrheim-Hirschhal<strong>de</strong> und Aasen),<br />
ca. 300 ha:<br />
-I-. Breitbergen (zwischen Brigachtal- Klengen und GrÜningen). ca. 110 ha;
155<br />
5. Wuhrholz (ca. 54 ha) und Berchenwald (ca . 56 ha) (zwischen Hüfi ngen und Pfohren);<br />
6. nterhölzer Wald (Pfohren), ca. 600 ha.<br />
Bei die en W~i ld e rn han<strong>de</strong>lt es sich mit A usnahme <strong>de</strong>s Unterhölzer Wal<strong>de</strong> um Fichtenwiil<strong>de</strong>r<br />
bzw. Fichten-Tannen-W äl<strong>de</strong>r. Im Unterhölzer Wald fin<strong>de</strong>t man neben FichtenbesUin<strong>de</strong>n<br />
auch ausge<strong>de</strong>hnte Laubholzfl iichen.<br />
Kleine Waldstücke außerhalb <strong>de</strong>r oben genannten W äl<strong>de</strong>r sind Fichlenpflanzu ngen.<br />
Das Gebi et wird von mehreren stark befahrenen Straßen durchschnitten. Be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Gewlisser<br />
sind die Riedseen zwischen Pfohren und Hüfingen, <strong>de</strong>r Unterhölzer Weiher und die<br />
DonaLI. Das Untersuchungsgebi et wird durch die M essti schblätter 79 16. 79 17, 801 6 und<br />
801 7 abge<strong>de</strong>ckt (Abb. 2, 3).<br />
3. Metho<strong>de</strong><br />
3.1 Reviererfassung durch Beobachtung <strong>de</strong>r Altvögel<br />
Erfahrung 'gemäß streifen nicht brüten<strong>de</strong> Rot- und (vor allem) Schwarzmi lane während<br />
<strong>de</strong>r Brutzeit weit umher, so dass man von <strong>de</strong>r Beobachtung von Altvögeln nicht ein fach auf<br />
Rev iere schließen kann .<br />
Rotmilane ze igen im Frühjahr einige Verhaltensweisen, die auf ein Revier hin<strong>de</strong>uten ( OR<br />
GA LL 1995). Z. B. kreisen Rotmi lane zu r Zeit <strong>de</strong>r Revierbesetzung regelmäßi g über <strong>de</strong>m<br />
künftigen Brutplatz. A uch während <strong>de</strong>r Bebrütungszeit wird <strong>de</strong>r Horst mehrmals täglich<br />
angefl ogen. M an erhält durch die Beobachtung <strong>de</strong>r Vögel recht ein<strong>de</strong>utige Hinweise auf<br />
besetzte Rev iere. D a die Schwa rzmilane nur ein kleines Horstrevier vertei digen. kann <strong>de</strong>r<br />
Brutbestand so nicht einfach ermittelt wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m befin<strong>de</strong>t sich zu r Brutze it ein erheblicher<br />
Anteil von ichtbrütern im Gebi et. So um fass t z.B. die Schlafpl atzge. ell schaft im Bereich<br />
Wuhrholz-Sumpfohren bereits im A pril 40 bis 50 Schwarzmilane (EBENHöH et al. 1997).<br />
3.2 Horstsuche<br />
Si e ist beso n<strong>de</strong>rs einfach in <strong>de</strong>n Pappelreihen und an<strong>de</strong>ren Laubhölzern <strong>de</strong>r offenen Fl ä<br />
chen im M ärz und April. Mit <strong>de</strong>m Spekti v kann festgestellt wer<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r Horst besetzt<br />
ist, ohn e die Vögel zu stören. A uch . päter noch im Juni läs. t sich trotz Belaubung 0 ohne<br />
Störung fe ·tstellen. ob Junge im Horst sind. Probl emati scher sind die Horste in <strong>de</strong>n a<strong>de</strong>lwä<br />
l<strong>de</strong>rn . M eistens sind sie nur aus <strong>de</strong>r Nähe zu sehen. Es ist daher ratsam, diese erst dann<br />
aufzusuchen. wenn Junge vorh an<strong>de</strong>n sind. Rotmilane können ein Revier aufgeben. wenn<br />
ie vor o<strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r Eiab lage gestört wer<strong>de</strong>n ( ORGA LL 1995). Da die Horstsuche in<br />
<strong>de</strong>n Na<strong>de</strong>lwä l<strong>de</strong>rn sehr aufwe ndig ist. bestehen in <strong>de</strong>n oben genannten Wä l<strong>de</strong>rn noch Erfass<br />
ungslücken.<br />
St all nach Horsten zu suchen, kann man ab En<strong>de</strong> Juni nach <strong>de</strong>n ausge tlogenen Jungvögeln<br />
Ausschau halten. Die ausge fl ogenen Jungvögel von Rot- und Schwarzmilan sind bei günsti<br />
gen Beobachtungsbedingungen leicht zu erkennen. Si e nehmen in <strong>de</strong>n ersten Tagen und<br />
Wochen das Futter am Horst o<strong>de</strong>r in unmittelbarer Horstnähe entgegen. Kann man die<br />
ausgeflogenen Jungen beobachten. dann bestäti gt das nicht nur ein Revier. son<strong>de</strong>rn auch<br />
eine erfo lgreiche Bru t.<br />
4.1 chwarzmilan<br />
4. EI'gebnisse<br />
Abb. 2 zeigt die nachgewiesenen Rev iere im Jahr 1998. Von <strong>de</strong>n 2 1 Re ier halten<strong>de</strong>n<br />
Paaren im Kernbereich <strong>de</strong>s Unterslichungsgebi etes hatten min<strong>de</strong>stens 17 Paare Bruterfolg.
156<br />
Pf!)<br />
TOs:?<br />
•<br />
•<br />
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3.5 km<br />
G<br />
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158<br />
4.2 Rotmilan<br />
Abb.3 zeigt die Revierverteilung im Jahr 1998.<br />
Im K ernbereich <strong>de</strong>s ntersuchungsgbietes stellten wir 24 Reviere fest. Daneben waren<br />
min<strong>de</strong>stens zwei wei tere Rev iere wen igste ns orübergehend besetzt. Bei Marbaeh trug<br />
ein A ltvogel istmateri al in einen Wa ld ei n; später konnten wir keine Rotmilane mehr<br />
hier fes tstellen. An <strong>de</strong>r Donau unterh alb von Pfohren war ze it we ise ein Paar anwesend.<br />
Durch menschliche Störungen und Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen mi t (ebenfalls nicht brüten<strong>de</strong>n)<br />
Schwa rzmilanen kam es zu keiner Brut (vgl. Kap. 4. 1).<br />
Von II Paaren kannten\: ir <strong>de</strong>n Horst. Da von wa ren 8 Paare erfolgreich. Bei <strong>de</strong>n 3 Paaren<br />
ohne Bruterfolg gaben zwei Paare auf, ohne dass wir die Grün<strong>de</strong> kan nten. Beim dritten<br />
Paar wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Horstbaum im SG Unterh ölzer Wa ld während <strong>de</strong>r Brut En<strong>de</strong> M ai ge fLillt.<br />
(Ein M [iusebu ssa rd und ein Schwarzmi lan. die im Umkreis von 100 m horsteten, brachten<br />
ihre Jungen zum Auslliegen).<br />
In zwei wei teren Revieren sahen wir di e flüggen Jungvögel.<br />
Von <strong>de</strong>n II Paaren. <strong>de</strong>ren Horste wir nicht ka nnten. waren 5 erfolglos o<strong>de</strong>r schritten nicht<br />
zur Brut. Bei <strong>de</strong>n restlichen 6 Paaren können wir keine Au 'sagen über Brut o<strong>de</strong>r Bruterfolg<br />
machen. we il wir sie gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Brutzeit nicht mehr kontrol liert hauen.<br />
Im Vergleich zu 1997 gab es wie beim Schwarzmi lan nur wenige Verän<strong>de</strong>rungen. 20 Reviere<br />
waren gleich gebliebe n. 3 im Jahre 1997 besetzte Reviere wur<strong>de</strong>n aufgegeben, dafür<br />
kamen 4- neue hinzu.<br />
Den kürzesten Abstand zwischen zwei Rotmilanhorsten gab es an <strong>de</strong>r Sti llen Muse l. 1997<br />
lagen die Horste etwa 100 m voneinan<strong>de</strong>r entfernt. 1998 (und ebenso 1999) rückten die<br />
Paare auf etwa 200 - 250 111 auseinan<strong>de</strong>r.<br />
4.3 HOl'stbäume<br />
Die von un s fes tgestellten Horstbüul11e sind in Tab. I aufgeführt.<br />
Tab. I: IIll Ben::ich <strong>de</strong>r Baal' rc~tge~tellte Horstbüullle bei Rot- und Schwarzillilan in <strong>de</strong>n Jahren 1997<br />
bi~ 1999. In vielen Fällen han<strong>de</strong>lt es ,ich in uen ver~chic<strong>de</strong>nen Jahren Uill <strong>de</strong>n~elbcn Horstbauill.<br />
Hostbliume Rotmil an Schwarzillilan<br />
1997 1
159<br />
Abb. 4: Lebensraulll dcr Milane. NSG. Bi rken - Minclmeß<br />
Abb. 5: BrUlplatz von Rot- lind Schwarzillilan. Birkcn
160<br />
1996 brülete ein Rotmilanpaar in <strong>de</strong>r Donauaue in einer frei stehen<strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>. Dieser<br />
Horstbaum ist in <strong>de</strong>r Tabelle nicht enthalten.<br />
4.4 Nachbarschaft zwischen Rot- und Schwarzmilan<br />
Die et was später eintreiTen<strong>de</strong>n Schwa rzmilane scheuen " ich offenbar nicht. sich in unmittelbarer<br />
Nac hbarsc haft <strong>de</strong>r Rotmilane anzusie<strong>de</strong>ln. Das geht nicht ohne A useinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
zu Beginn <strong>de</strong>r Revierbese tzung ab. Im we iteren Verlauf <strong>de</strong>r Brutze it hören die StI'eiti<br />
gkeiten offensichtlich aur.<br />
Brutnachbarschaft en beobachteten wir an folgen<strong>de</strong>n Orten:<br />
I. A nkenbuck - Stille Musei: Die 7 chwarzmilanpaare sie<strong>de</strong>lten im gleichen Bereich wie<br />
drei Rotmilanpaare an diesem Ort. Ein Schwa rzmilan hatte z. B. seinen Horst zwischen<br />
zwei ROlmilanhorsten. die ca. 200 m au se inan<strong>de</strong>r lagen (s iehe 4. 1 und 4.2) .<br />
2. Sumpfohren: In <strong>de</strong>r Pappelreihe nördlich von Sumpfohren brüteten 1999 bereits zum<br />
dritten Mal bei<strong>de</strong> Arten nebeneinan<strong>de</strong>r. Dabei betrug <strong>de</strong>r Horstabstand 1997 und 1999<br />
nur etwa 35 - 40 m.<br />
3. Unterhölze r Wald - I ördlicher Kap!": 1997 und 1998 brüteten bei<strong>de</strong> Paa re erfolgreich<br />
nebeneinan<strong>de</strong>r. 1999 hatte nu r <strong>de</strong>r Rotmi lan Bruterfolg. Im Winter 1998/99 wur<strong>de</strong>n die<br />
bi sheri ge Horstfichte <strong>de</strong>s Schwa rzmi lan s sowie die ac hbarfichten ge fällt. Bereits im<br />
M ai 1998 wur<strong>de</strong>n hier Fichten geschl age n. in unmittelbarer ühe <strong>de</strong>s Schwarzmilanhorstes.<br />
Die Brul kam <strong>de</strong>nnoch zu m A uslliegen.<br />
-L nterhölzer Wald. Ostseite: A uch hier betrug <strong>de</strong>r A bstand zwischen <strong>de</strong>n Hor. ten 1998<br />
weniger als 100 m. zu sätzlich horstete ein M üusebu ssard Lwischen ihnen. N ach<strong>de</strong>m<br />
1998 <strong>de</strong>r Horstbaum <strong>de</strong>s Rotmilans geUllt wor<strong>de</strong>n wa r (s iehe 4.2). war 1999 zwar<br />
wie<strong>de</strong>r ein Rotmilan anwese nd. jedoch kein Schwa rzmilan.<br />
5. eudinger Gru ft: 1997 brüteten sowohl ein Rot- als auch ein Schwarzmilan in ei er<br />
Reiherkolonie. 1998 sehr wahrscheinlich nur noch eier Rotmilan.<br />
6. Walds tück (Eiben) zwischen benluchen unel Rietheim: In eli esem gut 10 ha großen<br />
Walelstück brüteten 1998 zwei Schwarzmilane unel ein Rot-milan. 1999 ein Schwarzmilan<br />
un d ein Rotm ilan.<br />
5. Diskussion<br />
HÖLZliXGER ( 1987: 873. 880) schützt I"i.ir Baelen-Württemberg elen Gesamtbestanel eies Rotmilans<br />
au f 200 bis :no Paare. <strong>de</strong>n eies chwarzmilans auf 300 Paare. Danach befänelen<br />
sich bereits 10% <strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n-Württernbergischen Rotmi lanbestaneles auf <strong>de</strong>r Baar. Die<br />
Si edlungsdichte ist mit 12 Paaren pro 100 km 2 wahrscheinlich die höchste in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.<br />
Bei<strong>de</strong> Milanarten fin<strong>de</strong>n hier in <strong>de</strong>r we itgehend offenen Landschaft mit <strong>de</strong>m Angebot an<br />
inse lhaften Waldsrücken und Baumgruppen einen günstigen Lebensraum . Bei <strong>de</strong>r Nahrungsbeschaffung<br />
spi elt das Dauergrünland ei ne wesentliche Rolle. weni ger die Gewässer. Nach<br />
Beobachlllngen von J. WALZ und A. GRAl'EL (mündliche Mitteilung 1999) erbeuten Rotmilane<br />
auf <strong>de</strong>n M Lihwiesen fast ausschließlich und sehr effektiv Feldmäuse. Die Müll<strong>de</strong>ponie<br />
Hüfingen hat zumin<strong>de</strong>st für die Brutvögel keine wese ntl iche Be<strong>de</strong>utung.<br />
Nach HOLZING ER ( 1987) brüten Rotmilane vor allem in W m<strong>de</strong>rn . Bei uns legen sie ihre<br />
Horste außer<strong>de</strong>m in kleinsten Waldsti.icken sowie in Pappelreihen Lind sogar in einzeIstehen<strong>de</strong>n<br />
BUumen an . Auf die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Pappclreihen haben wir oblOn schon hingewiesen<br />
(Kap. 4.3).
16 1<br />
Danksagung<br />
H elmut G EHRI NG . H elmut K AISER und Felix ZINKE ergänzten durch ihre B eobac htungen<br />
gan z w esentlich unsere Daten. Dietrich W ELLER informierte uns über das Rotmilanpaar am<br />
Aasener Kap!". Vo n Helmut G EHRING stammen die Bil<strong>de</strong>r, und er erstellte für uns die<br />
Verbreitungskarten (Abb.2 und 3). Ihnen allen gilt unse r beson<strong>de</strong>rer Dank.<br />
Literatur<br />
EI3t;NIIÖII . G. & H .• H. K A I SE I~. C. & H. PIoLCHEN, R. SCllün ( 1997): Große Schlafpl::lIzgemeinschafi<br />
von Schwarzmi lanen (Mi I V LI S migrans) auf <strong>de</strong>r Baal'. Ornithologische Jahreshefte für Ba<strong>de</strong>n<br />
WÜrltemberg 13. im Druck<br />
GI:HRING. H. ( 199 1): Quantitati ve Brutvoge lerfassung im Sch warzwald-Baar-Kreis 1987 . Schriften<br />
<strong>de</strong>r Baar 37: 77 - 11 2<br />
GLUTZ VON BLOTZI-IEIM, U .. K . B Al;t;R. E. BEZZEL ( 197 1): Handbuch <strong>de</strong>r Vögel Miueleuropas, Band 4.<br />
Frankfun Hm M ain (Aka<strong>de</strong>mi sc he Verl agsgesellschaft)<br />
H AGE~ l E IJ ER . W.J .M .. M.J . BLr\ IR ( 1997): The EBCC AtlasofEuropean Breeding Birds- theirDistribution<br />
and A bundance. London (Poyser)<br />
HÖLZINGER, J. ( 1987): Die Vögel Ba<strong>de</strong>n- Würuembergs. Band 1.2. Karlsruhe (Ulmer)<br />
M EBs. T. ( 1995): Die beson<strong>de</strong>re Verant wortung <strong>de</strong>r Mitteleuropäer für <strong>de</strong>n Rotmilan - Status und<br />
Bestand sentwick lung. Voge l und mwclr 8. Son<strong>de</strong>rheft Rotmilan. 7 - 10<br />
ORGALL. A . ( 1995): Revierk an ierun g als zielorientiene M eth odik zur Erfassung <strong>de</strong>r "Territorialen<br />
aison-Populat ion" beim Rotmilan (Milvus milvus) . Vogel und Umwelt 8. Son<strong>de</strong>rh eft<br />
Rotmi lan. 147 - 164<br />
OIULlEB, R. ( 1995): Der Rotmilan. NBB 532. M ag<strong>de</strong>burg (Wcs tarp Wi ssenschaften)<br />
( 1996): Die Klei<strong>de</strong>r immaturer Schwarzmilane Milvus migrans. Limico la 10. 105 - 11 3<br />
( 1998): Der Schwarzmilan. NBB 100. Hohcnwarslebcn (Westarp Wi ssenschaften)<br />
A nschrift <strong>de</strong>r Verfasse r: Dr. Hartmut und Gabi Ebenhöh. Kirnacher Höhe 7. 78089 Uillerkirnach
162<br />
ercil1' rür Gc,chichlC<br />
alllrgc, chichlC <strong>de</strong>r ßmlr<br />
Donalle,chingen<br />
:1 I . MUrt 2000<br />
Arche Noah in <strong>de</strong>r Riedbaar -<br />
Zur Entwicklung einiger angelegter Biotope 1978 - 1998<br />
I . Teil: Die "Riedmul<strong>de</strong>"<br />
von Günther Reichelt<br />
l. Einführung<br />
Das Donaueschinger Ri ed hat durch die 1978/79 durchge führte Flurbereinigung und die<br />
dabei ausgeführten Dr ~in agemaß n a hm e n und A ufschüttungen nahezu sHmtliche <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>m<br />
g roß r ~i umi ge n Feuchtllächen verl oren, obwohl diese seit 1976 ausdrücklich unter <strong>de</strong>m<br />
Schutz <strong>de</strong>s Natursc hutzgesetzes (* 16) stan<strong>de</strong>n. Ihren Ilori sti schen Reichtum hatte bereits<br />
H. ZAIIN ( 1889) aufgezeigt. K . W ACKER ( 1960) ihre ornithologischc Be<strong>de</strong>utung beschrieben:<br />
ZI 'KlO & REICHELT ( 1977) versuchten speziell <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen pflanzensoziologischem<br />
Biotopcharakter und <strong>de</strong>r AvifaunCl in <strong>de</strong>r Ri edbaar darzustellen. Von diesem<br />
national be<strong>de</strong>utsamen Feuchtgebiet blieben nach <strong>de</strong>r Flurbereinigung je<strong>de</strong>nfalls nur<br />
kümmerliche Reste übrig. Das Flurberein igungsverfahren Donaueschingen 1977- 1980<br />
umfasste rund 745 ha freier Fläche, davon wur<strong>de</strong>n 378 hOl <strong>de</strong>r VolIentwässerung unterworfen.<br />
das sind rund 5 1 O/C . ur 7 ha, also 0.9 o/c <strong>de</strong>r Gesamtntiche verblieben laut Landschaftspflegeri<br />
schem Begleitplan (LPB) offiziell als nicht bewirtsc haftete "Feuchtflächen". Doch<br />
wa ren diese ke ineswegs ge nercll Fcuchtfliichen im Sinne <strong>de</strong>r Ökologie, also we<strong>de</strong>r<br />
"Wetlands" nach <strong>de</strong>n Kriteri en <strong>de</strong>r Rum sa r- Konvention von 197 1 noch beson<strong>de</strong>r zu schützen<strong>de</strong><br />
Biotoptypen im Sinne <strong>de</strong>r Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinsc<br />
haft o<strong>de</strong>r nach * 24 a SchG.<br />
Im Landschaftsp llegerischen Beg leitplan (LBP) vom 14.12. 1977 wur<strong>de</strong>n näm lich fol gen<strong>de</strong><br />
Flurstücke als sogenannte "Feuchtllächcn" ausgewiesen (Abb. I ):<br />
I. A ufgeschüttete Abraumlläclle am "Vor<strong>de</strong>ren Schneebühl " (LBP Maßnahme 9) üdlich<br />
<strong>de</strong>s Verk ehrslan<strong>de</strong>platzes. zugleich zur " A usgleichsmaßnahme" für die Verluste wert <br />
voller Feuchtllächen durch die Verl ängerun g <strong>de</strong>r Start- und Lan<strong>de</strong>bahn <strong>de</strong>s Flugplatzes<br />
erkliirt (!); rund 1.3 ha.<br />
2. " Riedmul<strong>de</strong>" im Gewann "Espen spitz" (LBP Maßnahme 16) ös tlich <strong>de</strong>r B 27/3 1 (Umgehung);<br />
rund 0.7 ha.<br />
3. Am Grenzgraben Donaueschingen/Pfohren (LBP M aßnahme 17): rund 0,7 ha .<br />
.. L trci fen zwischen Bahnlinie Konstan z und B 27/31 (LBP M aßnahme 18) : 0.3 ha.<br />
5. Abraumlläche ( Ki e~) am Kleinen Wuhrholz (LBP Maßnahme 19); 2.4 ha.<br />
6. A llmendshofer Graben (LBP Maßnahmc 20): 1,6 ha.<br />
Das sind zusammen etwa 7 ha. Zwei <strong>de</strong>r Flüchen. Nr. I und r. 5. sind ein<strong>de</strong>utige Abraum<strong>de</strong>ponien.<br />
r. 3 und Nr. 4 völ lig entwässerte und trockene Grenzsäume direkt neben ti efen<br />
Haupt-EntwässerungsgrLiben. Ei nzig r. 6 kann al s schmaler GewLisserlauf mit bachbegleiten<strong>de</strong>r<br />
Hochstau<strong>de</strong>nflur und A uegebüsch als wirkliches Fcuchtgebiet bezeichn et<br />
wer<strong>de</strong>n. Die im Folgen<strong>de</strong>n näher untersuchte "Riedmul<strong>de</strong>" hingegen (LBP Nr. 16) war
163<br />
zwar vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung<br />
ebenfalls eine Feuchtfläche, wur<strong>de</strong><br />
jedoch nach <strong>de</strong>r Verlegun g<br />
<strong>de</strong>r Dränstränge von <strong>de</strong>r Teilnehmergemeinschaft<br />
mit Au -<br />
hubmaterial aufgefüllt und eingeebnet.<br />
Wenn also die <strong>de</strong>m aturschutz<br />
anhcim gegebenen Flächen überhaupt<br />
eine ökologisch sinnvolle.<br />
mit <strong>de</strong>r ursp rünglichen Riedlandsc<br />
haft vereinbare Funktion<br />
übernehmen sollten. stand er<br />
vor <strong>de</strong>r Aufgabe. die ihm überlassenen<br />
"Inseln" erst einmal entsprechend<br />
einzurich ten. mithin<br />
ein gut überl egtes "Biotopmanagement"<br />
durchzuführen.<br />
Da durch die Drängräben und<br />
> I m tief verlegte Dränagestränge<br />
<strong>de</strong>r Zusammenhang <strong>de</strong>r<br />
Feuchtflächen mit <strong>de</strong>m Grundwasser<br />
großflächig zerstört wor<strong>de</strong>n<br />
war, kam <strong>de</strong>r Durchlässigkeit<br />
<strong>de</strong>s Oberbo<strong>de</strong>ns beson<strong>de</strong>rc<br />
Be<strong>de</strong>utung zu. Für die Entwicklung<br />
zu einem Feuchtgebiet erschienen<br />
nur ein kleinerTeil <strong>de</strong>r<br />
Fläche am Schneebühl ( r. 1).<br />
die spätere "Ri edmul<strong>de</strong>" ( r.2)<br />
~/'<br />
100 200<br />
Abb. I: Lage <strong>de</strong>r "Feucht flächen " im Ri ed<br />
und die Kies<strong>de</strong>ponie am Klei nen Wuhrholz ( 1'.5) allenfall geeignet. In die em I. Teil<br />
wird zunächst die Riedmul<strong>de</strong> vorge ·tellt; ein B eitrag über die Entwicklun g <strong>de</strong>r Biotopfläche<br />
"Am Wuhrholz" so ll folgen.<br />
ach Überlegungen und Vo rstellungen <strong>de</strong>s Verfa. ers und <strong>de</strong>s damaligen BUND- aturschutzwartes<br />
F. ZI, KE, erfolgten die notwendigen Ge lallUngsmaßnahmen am 15. - 18. 11 .<br />
1978 in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m zuständigen Naturschutzbeauftragten, Dr. E. K ÖLLNER .<br />
D ie Fachaufsicht führte <strong>de</strong>r damalige Landschaftspfleger beim BUND-Lan<strong>de</strong>sverband,<br />
W. FRIEDRICH. Radolfze ll.<br />
2. Zur Begründung <strong>de</strong>r Gestaltungsmaßnahmen<br />
Aus pflanzensoziologischen Kartierungen <strong>de</strong>s Verfassers 1966- 1968 ging hervor, dass die<br />
betreffen<strong>de</strong> Fläche damals ein 20-60 m breites. bis 550 m langgestrecktes Groß 'eggenried<br />
trug. Es nahm eine flache Mul<strong>de</strong> ein . die einem alten Breg lauf entsprach. Ei n später - wohl<br />
im Z usam menhang mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Eisenbahn nach Konstan z um 1868 herum - angelegter<br />
Entwässerungsgraben war inzwischen verwachsen (vgl. REICHELT 1995, Abb. 3 1, S. 74).<br />
Die Mul<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> ursprünglich während <strong>de</strong>r nachw il1lerlichen Überschwemmungen sanft<br />
durchflutet. so dass hier Tone und Sch luffe zum Absatz kamen. Im Bereich <strong>de</strong>s
164<br />
Großseggenrieds hatte auch bereits die Bildung von Seggen torf begonnen. Wie erwähnt.<br />
wur<strong>de</strong> die im offiziellen Plan von 1977 als FeuchtIlüche a u ~gcw i ese n e Mul<strong>de</strong> im fol gen<strong>de</strong>n<br />
Jahr mit Erdaushub bis über SO cm Höhe wi<strong>de</strong>rrechtlich verschüttet und eingeebnet<br />
mi t <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>r unwie<strong>de</strong>rbringlichen Zerstörung <strong>de</strong>s Großseggenrie<strong>de</strong>s. Eine eubegründung<br />
konnte nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn die Verfü llung bi s auf die<br />
unterlagernd e Ton- o<strong>de</strong>r Torfschicht wie<strong>de</strong>r entfernt wür<strong>de</strong>. Das geschah im Einve rnehmen<br />
mi t dcm Flurbereinigungs
165<br />
bb. 2: Die vcrschütlete Riedmul<strong>de</strong> wird wie<strong>de</strong>r ausgebaggert (Nove mber 1978)<br />
Abb. 3. Riedmul<strong>de</strong> im Mai 1982
166<br />
A bb. -l: Ried illui<strong>de</strong> im M ärz 1988<br />
Abb. 5: Ricclmulcle im M ai 1998
167<br />
3.1. Wasserstand und Wasserqualität<br />
3. Die Entwicklung <strong>de</strong>r "Riedmul<strong>de</strong>"<br />
ach guter Füllung <strong>de</strong>r zwei Teilmul<strong>de</strong>n während <strong>de</strong>s Winter 1978 und im Frühjahr 1979<br />
blieb das Was, er an <strong>de</strong>n tiefsten Stellen noch bi s En<strong>de</strong> Juli zurück: im August bi s Anfa ng<br />
Oktober 1979 wa r <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>r völlig trocken. Der schluffig-tonige Bo<strong>de</strong>n wie '<br />
Trockenrisse auf (Abb. 7). Ab Mitte Oktober sammelte sich langsam wie<strong>de</strong>r Wasser; bi s<br />
Februar 1980 waren bei<strong>de</strong> Mul<strong>de</strong>n praktisch rand vo ll. Im August 1980 trocken, waren sie<br />
im September bereits wie<strong>de</strong>r zu etwa 75 % gefüllt. Nach weiterer Zunahme im Herbst und<br />
Winter hielt sich das Wasser 198 1 erstmals ganzjährig. Trotz guter Füllung im Janu ar/<br />
Februar 1982 bestan<strong>de</strong>n schon im M ai nur noch kleine Wa sseraugen, hielten sich aber bi s<br />
En<strong>de</strong> Juni und waren nach kurzem Austrocknen am 11 . August wie<strong>de</strong>r bis zum Rand <strong>de</strong>r<br />
Mul<strong>de</strong>n aufgefüllt. ach leichtem Rückgang im September erholte sich <strong>de</strong>r Wasserstand<br />
bis zum Frühjahr 1983, 0 dass ganzj ährig in bei <strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n Wasser angetroffen wur<strong>de</strong>.<br />
Die fo lgen<strong>de</strong>n Jahre bestätigten die Erfahrung <strong>de</strong>r ersten fünf Jahre, <strong>de</strong>nen zu fo lge je nach<br />
<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>s Winterhalbjahres Wasser bi s min<strong>de</strong>stens En<strong>de</strong> Juni angetroffen<br />
wird und ab September/Oktober mit Wie<strong>de</strong>rvernässung zu rechnen ist. Das sollte<br />
ausreichen. um beispi elsweise die Entwicklung von Amphibienlarven zu gewährleisten.<br />
Wasseruntersuchungen durch das Fachseminar für Biologie <strong>de</strong>s Studienseminars Rottweil<br />
ergaben, dass in <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong> im Unterschied zum Biotop "Am Wuhrhol z" Einflüs e <strong>de</strong>r<br />
Landwirtschaft die Wasserqualität beeinträchtigen. Bei vergleichsweise hohem pH-Wert<br />
von 7,0 - gegenüber <strong>de</strong>r Fläche am Wuhrholz mit pH
168<br />
seggenried. Dafür trat don zwisc hen 198 1 und 1987 eine vorübergehen<strong>de</strong> Phase mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Beteiligun g von Eriophortll11 {/ lIg IlSlifo /illlJl auf (Abb. 3). Heute ist diese Art,<br />
wohl info lge <strong>de</strong>s Nährstoffgehalts, nahezu ve rsc hw un<strong>de</strong>n.<br />
Tab. I : Elllwick lung <strong>de</strong>r Vegctation d e~ Teichbo<strong>de</strong>ns mit > I 0 Monaten Wasserbe<strong>de</strong>ckung 1979- 1998<br />
(D.:ckun gsgrad n. Wt L~I" :-.Js): physiognomi sch beq imlllcn<strong>de</strong> Arien hervorgchoben.<br />
Arlnallle 1979 1980 198 1 1982 1983 1987 1996 1998<br />
Pep /i.l· purtl//a Sumpfkresse x x 2b 3 x<br />
./I/IICI/S !m/l)().\'I/S Zwiebelbinse x 2a 2b I<br />
Ca!!ilr iehe !)o!uslris Sumpf- Wasserstern x 2b 3 2b<br />
!?alll/IICI/ltls.llallll/1l/!a Brcnn -Hahncnruß x x I 2a 2<br />
wechsell'eucht > wechseltrocken ent spricht (Abb. 12).
169<br />
Tab, 2: Entwicklung <strong>de</strong>s trocken fallen<strong>de</strong>n Teichbo<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>r Ri ed mul<strong>de</strong> (Artenliste),<br />
Artname 1979 1980 198 1 1982 199 1 1996 1998<br />
PO/ygOIlIlIll per.l'icorio Floh-Knöterich x x<br />
5pelgll/oria /'/Ibm Roter Spörgel x x<br />
Co/eop.l'i,I' lelrahil Gewöhn licher Hohl Lahn x x x<br />
50gilla proclllllhells ie<strong>de</strong>rl iegen<strong>de</strong>s Mastkraut x x x<br />
Cype/'/l.l'ji/sclls Braunes Zypergras x x<br />
Rorippo palmlris Gewöhnliche Sumpfkresse x x x X<br />
l/IIlC/ls bl(!;lIIills Krötenbinse x x x X<br />
'/lIl1ells Imlho,l'lIS Zwiebelbinse x x x X<br />
Plall/ago i/llerllledia K leiner Wegerich x x x X<br />
Callilriche paillslris Sumpf-Wasserstern x x x x<br />
Pep/i.\' porlltla Sumpfquen<strong>de</strong>l x x x x<br />
Eleoc!taris ociclliore a<strong>de</strong>lbinse x x x x x<br />
l-I,rpericlIlII hlllllijt/SIlI1l Nie<strong>de</strong>rlieg, J o h a nni ~kra ut x x x x X<br />
RlII/III1ClIllIs repells Kriechen<strong>de</strong>r Hahnenfuß x x x x x<br />
Cllaphalilllll lI/iginosUlI1 Sumpf-Ruhrkraut x x x x x<br />
Agroslis slOl(lII ij'era pmr, Weißes Straußgra~ x x x x x x X<br />
./III/CIIS ejJi/slIs Flalter-Binse x x x x x x X<br />
1111/CIIS Ol'/iClllalll,\ Glanzfrücht. Bin ~e x x x x x x<br />
Oeschalllpsia cespi/o.l'o Rasen-Schm iele x x x x x x x<br />
Achilleo plarlllica Sumpf-Schafgarbe x x x x x x X<br />
Mvo.l'OI is palll.l'lris Sumpf-Vergißmeinnicht x x x x x x X<br />
RlII/lll1cullis j/allllllllio Brennen<strong>de</strong>r Hahnenfuß x x x x x x X<br />
COIiIlIl/ IIligillO.l'l/1II M oor-Labkraut x x x x x x<br />
Eqlli.l'ellllll palI/SIre Sumpf-Schachtel hai Jll x x X x x X<br />
Tri/fililll1/ .I'padicelllll M oor-Klee x x<br />
AlopeclIl'IIs oeqllolis Roter Fuchsschwanz x x x<br />
VerOllico .I'(,lIlella/(/ Schi Id-Ehrenpreis x x x<br />
POlelllilla ereclll Blutwurz x x x x X<br />
Colilllll /willslre Sumpf-Labkraut x x x x x<br />
L,rclll/isj/os cllcllii Kuckuckslichtnelke x x x x X<br />
ClillWcilll1l <strong>de</strong>lldl'Oi<strong>de</strong>s Leitermoos x x x x x<br />
Carex I-Iol'llllollii Harlmans Segge x x<br />
Corex 10sioclIIl'o Fa<strong>de</strong>n-Segge x x<br />
Ca rex \'esicorio Blasen-Segge x x x x<br />
Carex ela/(/ Steife Segge x x x x<br />
Carex callescell,l Grau-Segge x x x x<br />
Carex oe<strong>de</strong>ri Oe<strong>de</strong>r~ Segge x x x x<br />
Carex palliceo H i r,en-Segge x x x x<br />
5clllellaria glllericlIllI/(/ Sumpf-Helmkraut x x x x<br />
Me/llha a/'l'ellsis allSlr, Acker-Minze x x x x<br />
Acroclodilllll clIspido/1I111 Spießmoos x x x x<br />
AllloCOI/lllill/1I polt/SIre Sumpf-Strei fenstern moos x x x<br />
Fes/ttca ol'illa I/llj(i,\'a Torf-Schwingel x x x<br />
Carex/i/sco Braune Segge x x x<br />
Agl'Oslis ('(tll im/ Hunds-Straußgras x x x<br />
./I/IICII.l' (,ollg/olllero/tts Kn ~iuel-Binse x x x<br />
Corex gracilis Schlanke Segge x x<br />
Ca rex pollescell.\' Bleiche Segge x x<br />
511ccisa prolellsis Teufelsabbi 's x x<br />
OOIllIl(lIIio <strong>de</strong>clIIII!7ells Dreizahn x x
170<br />
S{/lIglli.w rlw of]icinalis<br />
Cirsilllll palllSlre<br />
Genis/{f rincroria<br />
Solix repens<br />
Großer Wie~enkn(lpf<br />
ul11pf-KratLd i ~ t e l<br />
Färber-G i n~tcr<br />
Kricch-Weiuc<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
Anteil <strong>de</strong>r Artengruppen<br />
..c:<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
!lI<br />
25<br />
N<br />
t:<br />
Q)<br />
t:: 20<br />
« 15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1979 1980<br />
1982 1991 1998<br />
o Borstgras-Magerrasen<br />
EI Feuchtwiesen<br />
~ Großseggenröhrichte<br />
o Kleinseggenrasen<br />
11 Ufer-/Flutrasen<br />
o Zwergbinsenrasen<br />
• Unkrautarten s.1.<br />
Abb. 6: Entwicklung dcs Tcichbodcm nach A rtcnzahluncl Artcngruppcnanteil 1979- 1998<br />
3.2.3. Flächen mit Resten alter Vegetation:<br />
A uf <strong>de</strong>n nicht ausgeschürflen Bereichen zwischen <strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n und an <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn hatten<br />
sich R e~te <strong>de</strong>r Vegetation aus <strong>de</strong>r Ze it vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung erhalten. Auch sie unterlagen<br />
~e it 1978 einer gewissen Ver~in<strong>de</strong>run g. doch blieb die Physiognomie die ersten Jahre<br />
über im we:entlichen erhalten. E~ han<strong>de</strong>lt sich dabei um drei Komplexe: die Vegetati on im<br />
al ten. gelegentlich wassergerlillten Graben. einen M agerrasen im Südwestteil <strong>de</strong>r Fläche<br />
und ei nen Hochstau<strong>de</strong>nsa um . <strong>de</strong>r sich vom östlichen Rand her über die durch Baggerspuren<br />
betrüchtlich gestörten Bereiche in <strong>de</strong>r Mitte und zwischen dcn bei<strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n<br />
in Lwischen erheblich ausgebre itet hat. Darüber hinaus ist gera<strong>de</strong> dort eine anfangs kaum<br />
merkliche. inzwischen beschleunigte Verbuschung eingetreten. we lche dazu zwingt. <strong>de</strong>n<br />
Lunlichst befolgten Grundsatz. <strong>de</strong>r Entwicklung freien Lauf zu lassen. aufzugeben. Damit<br />
~ind Probleme <strong>de</strong>r Pflege ~o l cher FUchen angesprochen. die nochmals eingehen<strong>de</strong>r diskut<br />
ien wer<strong>de</strong>n so llen.<br />
3.2.3. 1. Der Graben am Süd westrand <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong>: Wie schon erwlihnt. i. t <strong>de</strong>r Graben<br />
nur noch bei berschwemmungen im nördlichen Teil gelegentlich wassergefüllt. Die<br />
Sohle \ ird von Großseggen wie Carex ,'esicl/ria, Cl/rex gmcifis, Carex efata eingenommen.<br />
dazu komlllen Rlllllex aqllariclIs und Iris pselldllcort/S ~owie Afopecllrtls aeqllafis.<br />
Die U rer wer<strong>de</strong>n im Frü hjahr von <strong>de</strong>r Sumpfdonerblume. sp~il e r vom Mä<strong>de</strong>süß beherrsch t.<br />
Die Trollblume halte ~ich in <strong>de</strong>n ersten Jahren zwar von 4 auf20 Exemplare ve rmehrt. ist
171<br />
Abb. 7: Zwergbinsenrasen aufaustrocknen<strong>de</strong>m ton igen Teichbo<strong>de</strong>n. Es haben sich tiefe Trockenrisse<br />
gebil<strong>de</strong>t (Mai 1979).<br />
bb. 8: M oorklee im trockenrallen<strong>de</strong>n Teichbo<strong>de</strong>n (Juni 198 1).
172<br />
Abb. 9: F ro~c hl ö fTc I im Tcich. links dah intcr<br />
mit chwilllmbläuern : Sumpfqucn<strong>de</strong>l (Scptcmber<br />
1980).<br />
Abb. 10: Einfacher Igelkolben (September<br />
198 1 ).<br />
A hb . 11 : Orangerotes Habichtskraut im \Vcc h ~e l feuchtcn M agerrase n (Mai 1998).
173<br />
Vegeta tion d er<br />
Riedmul<strong>de</strong><br />
198 1 und 1998<br />
)<br />
/<br />
J<br />
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o 10 20111<br />
J<br />
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'''' '..........-.<br />
--J<br />
~ Unterwasserrasen<br />
1-= ::.1 Zwergbinsenrasen<br />
~ KI~lnscggcllras~n<br />
!ttm !'ol.\scggcnröhncht<br />
1+ + 1 Gestörtes Scggcnncd<br />
DIlIl Ackcrd istcJ-HochsWlldclI<br />
IJIII) I Jochstau,klltl u!'<br />
Cl Wechsel feuchter Mag
174<br />
Abb. 13: JungerGrasfroseh undjunge Kreul.<br />
krölc im Trillsiegel ci n e~ R c h~ (Juni 198 I ).<br />
Abb. 14: Braunkehl chcn mil Spinne aur Wal<strong>de</strong>nge<br />
lwurz ( -OlO: H. Gchring).<br />
Abb. 15: Bekass ine (FOlO: H. Gehring).<br />
Abb. 16: Großer Vierflcck (FOlO: H. Gehring).
175<br />
aber wie die Bach-Kratzdi stel (Cirsillfl/ ril'lIlare) seit 199 1 ve rschwun<strong>de</strong>n. Carex mlpina<br />
und sogar Carex dal'alliano bil<strong>de</strong>n örtlich beschränkte aber bemerkenswerte Vorkommen.<br />
Zwischen 1979 und 1982 im Bereich <strong>de</strong>s Weges noch blühen<strong>de</strong> Exe mplare <strong>de</strong>r Breitbl<br />
ättrigen Knabenkrauts (Dactylorhi-:,a IIwjalis) sind seit<strong>de</strong>m verschollen. Insgesamt läuft<br />
die Ent wicklung auf eine Filipendllla-Hochstau<strong>de</strong>nflur mit Phalaris amlldinacea zu.<br />
3.2.3.2. Der Mage.-rasen: Wie die Vegetari onskarte (Abb. 12) ze igt, weist die Fl äche im<br />
SW an zwei Stellen M agerrasen auf. Er wird unrege lmäßig. durchschnittlich alle zwei<br />
Jahre im Herbst gemäht. Das chnillgut wird an <strong>de</strong>r W-Ecke <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong> <strong>de</strong>poniert.<br />
Das vorherr ·chen<strong>de</strong> Grm. i t Fesillca rttb ra , reichlich kommen D eschall1psia cespi/osa<br />
und H olcl/.\' lalla/lIs, rege lmäßig aber spärlich auch Al'ena pllbesce/1S, Trise/wn{lal'escens.<br />
A rrhena/herulll ela/iOl ; Alop ecurus pratensis, Poa /rivialis, Agrostis tenllis, flecken weise<br />
auch Dan/honia <strong>de</strong>cIIl'llbens, Nardlls slricta und Fes/l/ ca Ol'ina turfosa vor. Hier liegt das<br />
Hauprvorkommen <strong>de</strong>s ordi schen Labkrauts (Galilll/1 boreale) und <strong>de</strong>s Echten L abkrauts<br />
(G. l'erl//ll). Ferner sind vorhan<strong>de</strong>n: Teufelsabbi ss (SlIccisa p ratensis), Großer Wiesenknopf<br />
(Songllisorba officinalis), Schwarze Teufelskralle (Phy /ellllla nigra). Sumpf-Schafgarbe<br />
(Achillea ptarlllica). stellenweise aspektbil<strong>de</strong>nd Schlangenknöterich (POlygOIlIlJ1l<br />
bislOr/a), sodann Bach- elkwurz (GeIlllI ril'ole). Kuckuckslichtnelke (Lw:hnisflos Cllcl/Ii).<br />
sowie das beachtenswerte Wiesen-Habichtskraut (Hieracillfll caespi/oSlIIll) und das seltene<br />
Orangerote Habicht skraut (H. allretllliaclIlII ), welches m. E. in <strong>de</strong>r Riedbaar als autochth<br />
on anzusehen ist (Abb. 11 ). Dazu tritt seit 199 1 die Busch- elke (Dialllhlls seg lleri);<br />
außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n Gefl eckt es Johanni skraut (Hypericul/1 l/1acllla/lIl11 ) und die Gewöhnliche<br />
Kreuzblume (Polvgala I'ltlgaris), <strong>de</strong>r Färber-Ginster (GenislCI/incloria) und Blutwurz<br />
(Polen/illa erec/a) noti ert. Bis 199 1 wuchs hier die Knollige Kratzdi stel (CirsiulII /u beroSlIlIl<br />
). etwas weniger häufig auch die Bach- Kratzdistel (Cirsillfll rivlIlare) in tattlichen<br />
Exemplaren. Diese ein<strong>de</strong>utig zu <strong>de</strong>n wec hse lfeuchten Silikat-M agerrasen gehören<strong>de</strong>, sehr<br />
interessante und arten reiche Pflanze ngesellschaft - 1982 wur<strong>de</strong>n 45, 1998 noch 37 A rten<br />
noti ert - wä re nach OßERDORFER ( 1978: 2 17 ff. 232) <strong>de</strong>m Thymo-Festucetul11 anzusc hließen.<br />
Diese für die Baal' typi sche Assoziation war vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung im Ri ed we it<br />
verbreitet; lei<strong>de</strong>r wird sie in <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> längerfristi g nicht zu halten sein . Seit einigen<br />
Jahren dringen Phalaris artilldillacea und Filipelldllla lIll/Iar ia ein . A m Wuhrholz hat diee<br />
nur auf <strong>de</strong>r Baar vorkommen<strong>de</strong> schützenswerte Gese llschaft noch gün sti gere Chance n.<br />
3.2.3.3. Dei' Hochstau<strong>de</strong>n-Komplex: Der südliche Teil <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> östlich <strong>de</strong>s trockenen<br />
Grabens sowie <strong>de</strong>r östliche Mul<strong>de</strong>nrand trug bereits 1979 einen breiten Saum von<br />
Hochstau<strong>de</strong>n. Darin herrschten M ä<strong>de</strong>süß (Fil ipelldllla IIll/1or ia) und Engelwurz (A llgelica<br />
syh ·eslris) vor. Rohr-G lanzgras (Plw laris artilldillacea) und Rainfarn (Ch,:n·all/hellllllli<br />
\"lIlgare) traten zurück. Rege lmäßi g waren aber auch Cirsilll/l r i vlIlare, Galillll1 venllll.<br />
Galilllll boreale, Sangui.wr /)a ()[ficinalis. Acltillea ptarl/lica und sogar das Spatelblüttri gc<br />
Greiskraut (Sellecio helelliles: 198 1 no
176<br />
einem Bu sch von Rosa C(/llillo am H a upt ~ eg, traten nur noc h zwei Gru ppen von Büschen<br />
<strong>de</strong>r Grau-Wei<strong>de</strong> (So /ix cillerea). ein niedriges Gebüsch <strong>de</strong>r Öhrchen-Wei<strong>de</strong> (5. allri/({) und<br />
ein Busch <strong>de</strong>r Bruch-Wei<strong>de</strong> (5. .fi·agili.l') auf. Von unbekannter Hand und j e<strong>de</strong>nfalls unerwün<br />
scht. wur<strong>de</strong>n eine Eiche sow ie zahlreiche Heister verschie<strong>de</strong>ner Wei<strong>de</strong>n eingebracht.<br />
Zwar konnten die meisten wie<strong>de</strong>r entfernt wer<strong>de</strong>n. doch eben nicht alle. so da s sich inzwischen.<br />
ausgehend von <strong>de</strong>n aufgeri ssenen St ellen <strong>de</strong>s Hochstau<strong>de</strong>nsaumes und in <strong>de</strong>n vom<br />
Bagger hinterlassenen Störungsstellen. alsbald junge Wei<strong>de</strong>n au sbreiteten. Durch <strong>de</strong>n<br />
Pflegetrupp <strong>de</strong>s BUND-Regional ve rban<strong>de</strong>s Villingen wur<strong>de</strong> in etwa zweijiihrigem Turnus<br />
versucht. die jungen Wei<strong>de</strong>n auszureiße n o<strong>de</strong>r wurze lnah zu kappen; in<strong>de</strong>ssen ist inzwischen<br />
die Verbu sehung weit fangeschrillen und kaum noch aufzuhalten. Festgestellt wur<strong>de</strong>n<br />
neben <strong>de</strong>n en iihnten folgen<strong>de</strong> A rten: Laven<strong>de</strong>l-Wei<strong>de</strong> (S(/ /ix e/eagllo.l'). Lorbeer-Wei<strong>de</strong><br />
(5. pell/a lldm), Korb- x M an<strong>de</strong>l-Wei<strong>de</strong> (5. I'illlilloli.l' x S. / riw/(/ra). Sal -Wei<strong>de</strong> (5. caprea).<br />
Lei<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n daher die Standonbedingungen insbe 'on<strong>de</strong>re für die lichtlieben<strong>de</strong>n A rten<br />
zunehmendungün.'ti ger (Abb. 3-5).<br />
3.3. Beobachtungen zu r Fauna<br />
Die Fauna istnaturgemüß wese ntl ich schwieri ger zu erfasse n als die Flora und die Vegetati<br />
on. Rege lmäßige KontroligLinge fan<strong>de</strong>n von 1978 bis En<strong>de</strong> 1983 von M ~ir z bis Oktober<br />
monatlich mehrmals stall. spUter und bi s 1998 nur noch im April/M ai, Juni und im September.<br />
Daraus ergibt sich immerhin ein Bild über rege lmiißi g don vork ommen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r nur<br />
zufällig angelroffene Anen.<br />
3.3. 1. Amphibien und Reptili en:<br />
Bereils 1979 wur<strong>de</strong>n in bei<strong>de</strong>n Teichen Laichschnüre <strong>de</strong>r Kreuzkröte ent<strong>de</strong>ckt und ih re<br />
erfolgreiche Ansiedlung durch zahlreiche Jungkröten im August bestüti gt. Erst 198 1 trat<br />
au ch Gras froschlaich hinzu. Jungti ere bei<strong>de</strong>r A rten wur<strong>de</strong>n bis 199 1 beobachtet (Abb. 13).<br />
Vorübergehend kam 198 1 auch <strong>de</strong>r Grünfrosc h vor. 1992 wur<strong>de</strong> noc h <strong>de</strong>r Bergmolch ent<strong>de</strong>ckt<br />
. war ve rmutlich aber schon vorher dort.<br />
1980 wur<strong>de</strong>n einige St einhaufen au s Lesesteinen aufgesetzt. Bald konnten auf ihnen zunUchst<br />
di e Zaunei<strong>de</strong>chse (L(lcer /({ agili.l'). 1982 auch die Bergei<strong>de</strong>chse (L. I'i l'ipara) mit<br />
mehreren jungen Exemplaren festgeslellt wer<strong>de</strong>n. Die Hau fe n dienten <strong>de</strong>m Steinschmätzer<br />
hUufig ab Singwanen. Inzwisc hen sind sie vom HochsLau<strong>de</strong>nsaum überwuchert wor<strong>de</strong>n.<br />
3.3.2. Vögel:<br />
A ls Brutvogel o<strong>de</strong>r zu min<strong>de</strong>st brut erdiichtig konnten folgen<strong>de</strong> A rt en beobachtet wer<strong>de</strong>n:<br />
Elster. Feldlerche, Goldammer. Steinschmiitze r. <strong>de</strong>r auch regelmüßi g noch 1998 paarweise<br />
bi s A nfa ng Juni (20.6.1 98 1 mit I Jungvogel, 28 .5 . 1982 auf einem Steinhaufen singend)<br />
beobac htet wur<strong>de</strong>. Ferner: Rohrammer, Grauammer, Braunkehlchen (Abb. 14, 1-2 Rev iere).<br />
Sumpfrohrsänger (ab 1982, 1999: 3-4 Reviere). Gartengrasmücke ( 198 1), Rebhuhn<br />
( brut ve rd ~i c hti g) mit 3-8 Exemplaren. Von 1980 bis 1983 konnle auch <strong>de</strong>r Große Brac hvogel<br />
mit 2-3 A ltvögeln , wie<strong>de</strong>rholt sitze nd, auf eier Flüche beobachtet wer<strong>de</strong>n. Inzwisc hen<br />
ist cl' als Brutvogel in <strong>de</strong>r gan Len Ri edbaar Llusgel'allen. Der Kiebitz war 198 1 und 1982<br />
zur Brutzeit regelmäßig paa rwe i)'e auf <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> anzutreffen. fehlt aber seit 199-+<br />
ebenfalls in <strong>de</strong>r zentralen Ri edbaal' als Brutvogel.<br />
Be)'on<strong>de</strong>re A ufmerksamkeit ve rdienen auch die auf <strong>de</strong>m Z ug bei uns für Tage o<strong>de</strong>r gar<br />
M onate ras ten<strong>de</strong>n Vögel. Sie benöligen so lche "Tril1steine" wie die Riedmul<strong>de</strong>. A ls beson<strong>de</strong>rs<br />
~ t a nd o rllre u erwiesen ~ i ch von 1980- 1986 die Bekassi nen ( bb. 15) un d waren ab<br />
A nl'ang A u g u ~ t bis Oktober/ ovelllber m e i ~ t paarwe ise, LLl we ilcn im Pulk bi s zu 10 Tieren<br />
( 1982), Lwischen <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> und <strong>de</strong>m Bi otop am Wuhrholz wec hselnd. anzu treffen.
177<br />
Für nur wenige Tage rasteten K ampfläufer (4- 15 Exemplare: 198 1. 1982. 1986), Grünschenkel<br />
( 1979. 1980. 1984), Bruchwasserläufe r ( 1980, 1982). Waldwasse rltiufer ( 1980.<br />
1985), Zwergstrandläufer ( 1979).<br />
mherstreifend besuchten auch Graureiher. Stieglitz. Bachstelze. Turmfa lke. M äusebussa<br />
rd , Weißstorch, Stockente, Pfeifente. Krickente. L achmöwe die Ri edmul<strong>de</strong> mehr o<strong>de</strong>r<br />
weniger regelmäßig.<br />
Inzwischen ind viele <strong>de</strong>r A rten ausgeblieben. Da. liegt j edoch nicht nur am immer noch<br />
zu bekl agen<strong>de</strong>n Artenrückgan g; auch die Verün<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Biotopcharakters selbst, insbeson<strong>de</strong>re<br />
die geschil<strong>de</strong>rte Verbuschung. trägt dazu bei, dass die Riedmul<strong>de</strong> ihre Funktion<br />
al " ische" für Limikolen nicht mehr erfüllen kann (GEHRING 1998:96).<br />
3.3.3. Säugetiere:<br />
Ein Sprung Rehe benutzt seit 1979 dic durch <strong>de</strong>n Hochstau<strong>de</strong>nkomplex enrstan<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dekkun<br />
g. Von 1982- 1986 warcn 1-2 Fel dh ascn regelmäßig Gast in <strong>de</strong>r Riedmulcle. Ein Hermelin<br />
wur<strong>de</strong> zwischen 1979 und 1982 beobachtet. Ein M auswiesel konnte 1982 in einem<br />
Steinhaufen ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Jm Sommer 1998 steckte ein Fuchs lauernd in <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong>.<br />
3.3.4. Wi."bellose:<br />
Bei <strong>de</strong>r Vielzahl wirbelloser Tiere konnten nur weni ge Gruppen während <strong>de</strong>r Kontrollgänge<br />
beobachtet wer<strong>de</strong>n. Fänge wur<strong>de</strong>n überh aupt nicht durchgeführt. '0 dass die folgen<strong>de</strong><br />
Liste <strong>de</strong>r angetroffenen Libellen und Schmetterlinge keines falls voll. tändi g i t.<br />
Libellen: Blaugrüne M o aikjungfer (Aeshl/a c."Gllea), Hu feisen-AzUljungfer (Coel/agriol/<br />
puel/a), Hei<strong>de</strong>libelle (SYl1lp elrul11 slriolalulII), Gefl eckte Hei<strong>de</strong>libelle (SYll1perrtlJll<br />
j7aveolum), Adonislibelle (Pyrrho.\'o/ll Cl I/Ylllphula), Vierfleck (Libel/llla qlladrimaculalC/.<br />
Abh. 16). Die Beobachtungen entstammen <strong>de</strong>n Jahren 1979- 1986. Mit <strong>de</strong>r Etablierung <strong>de</strong>s<br />
Großseggen-Röhrichts verschwa n<strong>de</strong>n die drei letztgenannten Arten wie<strong>de</strong>r.<br />
Schmetterlinge: Großer Kohl weißling. Rapsweißling. Gol<strong>de</strong>ne A cht (Colias hyale), Kleiner<br />
Fuchs. Tagpfauenauge, Distel falter, Damen brett (M elal/wg ia galarhea), Schwa lbenschwanz.<br />
Braunfleckiger Perlmutt fa lter (ClossiCina selene), Kleiner Feuerfalter (Lycaena<br />
phlaea.l'), Dukatenfa lter (Heo<strong>de</strong>s I'irgaurea). Dickkopffalter (Gchla<strong>de</strong>s spec.). Geißkleebl<br />
äuling (Plebejus OIgus c.I), M ohrenfa lter (Erebia spec.), Grünwid<strong>de</strong>rchen (Pracris<br />
sla/ices). Kleewid<strong>de</strong>rchen (Hllebllerian Ci Ir(folii). Kleine ' achtpfa uenauge (Eudia<br />
pa I'IJ1l ia). Mit Ausnahme <strong>de</strong>s K ohl weißlings und <strong>de</strong>s Dickkopffa lters wur<strong>de</strong>n alle Schmetterlinge<br />
ausschließlich im Bereich <strong>de</strong>s wechsel feuchten M agerrasens angetroffen.<br />
4.1. Zum Status <strong>de</strong>r angetroffenen Sippen<br />
4. Abschließen<strong>de</strong> Bewertung<br />
Wer die A rtenlisten aufmerksam liest, w ird fes tstellen können, dass auf einem <strong>de</strong>rart kleinen<br />
Fleck wie <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> sehr viele Pfl anzen und Tier genannt wer<strong>de</strong>n. die in <strong>de</strong>n<br />
Floren und Faunen als selten o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>t eingestuft wer<strong>de</strong>n. Tatsüchlich stehen allei n<br />
bei <strong>de</strong>n Pflanzen 29 <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>nen A rten auf <strong>de</strong>r offiziellen "Roten<br />
L iste" für Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg. So gilt Hieracilll11 Clllral/liacUIII (Abb. 11 ) al. vom A ussterben<br />
bed roht ( I ). A ls stark gefähr<strong>de</strong>t (2) gelten: TrifoliuJII spadicelll1l (Abb. 8), DialllllUs<br />
segueri, Sel/ecia helel/ires, Ca rex harllllCinii. A ls gefähr<strong>de</strong>t (3) wer<strong>de</strong>n geführt: RUII/ex<br />
aqllCilicus, Peplis porlllla, Veronica sClllel/ara, Cl/rex dOI'{;tlliol/a, Carex lasiocOIjJlI, Carex<br />
oe<strong>de</strong>ri, Hieracilllll caespiloslIlII, Dacly lorhi::,o lIIajalis, Ci rs illlll fllberosull1, Trollius<br />
ellropaellS, Eleocharis aciculare, Spe / ~r: llla ri {/ m bra. ( "pm.\' .fuscus. A ls schonungsbe-
178<br />
dürftig (5) wer<strong>de</strong>n eingestuft: Cir.l'ill/ll ril'lIlare. lUIICIIS blllboslI.I'. NonIus slric/{/. Dal1fhollia<br />
<strong>de</strong>clIlllbell.l'. A lopecurlls aeqllali.l'. Carex vulpillo. Corex callescell.l'. Carex elata, Ga/iulII<br />
IIligillOSIIIII. Galium boreale.<br />
Bei <strong>de</strong>n in<strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> beobachteten Vögel n si nd auf <strong>de</strong>r Roten Liste Ba<strong>de</strong>n-Würltembergs<br />
(HÖLZINGER 1987:256 ff) folgen<strong>de</strong> vermerkt: Vom Aussterben bedroht (A. I): Bekassine.<br />
Brachvogel, Bruchwasserlüufer, Kampflüuler (für BRD). Stark gefähr<strong>de</strong>t (A.2): Braunkehlchen.<br />
Krickente. SteinschmLiLzer. Gefähr<strong>de</strong>t (A.3): Grauammer, Graureiher, Rebhuhn.<br />
Bei <strong>de</strong>n Reptilien und Amphibien stehen auf <strong>de</strong>r "Roten Liste Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" (2.<br />
Fassung v. 3 1.1 2.1 984): Kreuzkröte (3) und Gra. frosch (4).<br />
4.2. Lehren aus <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
Betrachtet man die nun 20 Jahre wühren<strong>de</strong> Ent wicklung <strong>de</strong>r Ri edmu l<strong>de</strong> 0 wird eindringlich<br />
<strong>de</strong>utlich. wie sc hnell sich Pflanzengese llschaften und die auf sie angewiesene Fauna<br />
verän<strong>de</strong>rn. Es ist erstaunlich, wie bald sich auf neu geschaffenen wech el nassen Rohbö<strong>de</strong>n<br />
aus <strong>de</strong>n Resten noch vorhan<strong>de</strong>ner artenreicher Vegetation und kurzlebigen rnitialstadien<br />
wie<strong>de</strong>r Röhrichte regenerieren können. Es ze igt sich aber auch. dass Verl elZllngen langjähri<br />
g stabiler Gesellschaften wie es die Magerra sen waren, die In vas ion wuchskräftiger Konkurrenten<br />
wie die Hochstau<strong>de</strong>n begü nsti gen, insbeson<strong>de</strong>re dann. wenn gleichzeitig <strong>de</strong>r<br />
Wasserhaushalt durch Drünagen nachteilig verän<strong>de</strong>rt wird. Ei ndrucksvoll ist weiterhin.<br />
wie schnell die Verbu schung die ge ·törten. nicht so fort von dichtem Ra sen ge<strong>de</strong>ckten Flächen<br />
erobert. selbst wenn in regelmüßigen bSlän<strong>de</strong>n versucht wird, die aufkommen<strong>de</strong>n<br />
Jungsträucher ZlI kappen. Dieses gezielt verfolgen und dokumentieren ZlI können, war schon<br />
<strong>de</strong>n Versuch wert.<br />
Die anfängliche Wie<strong>de</strong>rbesied lung <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> durch Tiere verlief so aufregend wie<br />
diejenige durch Pflanzen. Bei<strong>de</strong> führten überraschend Vertreter auf <strong>de</strong>n Plan , die seit Jahren<br />
nicht mehr gesehen wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r als ausgesprochen selten galten. M ag das bei <strong>de</strong>n<br />
Pflanzen fürdie (noch) Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Diasporenvo rräte im Bo<strong>de</strong>n und in <strong>de</strong>n RestbesÜin<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r nur extensi o<strong>de</strong>r gar nicht bewirtschafteten Pflanzengesellschaften sprechen.<br />
Die Vögel. Amphibien und die bei<strong>de</strong>n vo rgestellten Ordnungen <strong>de</strong>r Wirbellosen signalisieren<br />
uns hingegen <strong>de</strong>n Druck, unter <strong>de</strong>m sie stehen: nämlich je<strong>de</strong> sich neu auftuen<strong>de</strong>.<br />
noch so kleine ische nutzen zu müssen. um al Indi viduen und als AI1 zu überleben.<br />
Schon diese Tatsache rechtferti gt es, zahlreiche so lcher" rchen Noahs" mit ei nfachen<br />
Mitteln zu schaffen und einzurichten. Selbst wenn schon nach wenigen Jahren die erfreu liche<br />
En twicklung <strong>de</strong>r Artenzahlen sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren ihr Maximum<br />
erreicht und im Beispi el <strong>de</strong>r Ri edm ul<strong>de</strong> seitunge fühl' 10 Jahren rü ckläufig ist, so konnte<br />
für viele Arten doch immerhin für rund 10 Jahre eine kleine Überlebenschance geboten<br />
wer<strong>de</strong>n . Durch die Eigendynamik <strong>de</strong>r Vegetation in dieser sehr kleinen "Arche oah Riedmul<strong>de</strong>"<br />
sind inzwischen vor allem die Nischen für Limikolen geschwun<strong>de</strong>n; es ent lan<strong>de</strong>n<br />
neue ischen für an<strong>de</strong>re Tiere und wer<strong>de</strong>n nun von diesen genutzt.<br />
Aber die Riedmul<strong>de</strong> darf nicht iso liert gesehen wer<strong>de</strong>n. Sie steht im funktionellen Zusammenhang<br />
nicht nur mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren 1979 angelegten Biotopen wie jenem am Wuhrholz<br />
und mit <strong>de</strong>m noch vorhan<strong>de</strong>nen System <strong>de</strong>r Grüben im Ried. Sie mu ss auch im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>m Projekt <strong>de</strong>r " Bi olopvernetzung Ri edbaal''' betrachtet wer<strong>de</strong>n. Hier wird seit<br />
nunmehr annähernd I 0 Jahren versucht. durch Verträge mit einsichtigen Landwirten gegen<br />
Ausgleichszahlungen für entgangene Ertrüge eine Extensivierung <strong>de</strong>r LandbewirtschafLUng<br />
zu erreichen. Derze it bestehen entsprechen<strong>de</strong> Vertrüge mit rund SO Landwirten fü r etwa<br />
225 ha. Und es sieht so aus. als wenn bereits j etzt ein merklicher Antei l <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s
179<br />
wesentlich artenreicher zusammengesetzt ist, als das noch vor 10 Jahren <strong>de</strong>r Fall war. E ine<br />
genaue Erhebung darüber ist im Gange. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n einige weitere Feuchtflächen<br />
mit Teichen angelegt und die Riedseen weiter verän<strong>de</strong>rt. Mittelfristig w ird ein Gesamtkonzept<br />
zur systemati ehen Pflege auch dieser Biotope notwendig wer<strong>de</strong>n.<br />
Im nächsten Band dieser "Schri ften " soll vorauss ichtlich die überraschend vielfältige Entw<br />
icklung <strong>de</strong>s Biotopkomplexes "am Wuhrholz" vorgestellt w er<strong>de</strong>n.<br />
Schrifttum<br />
GEHRI 'G. H. ( 1999): Die Baal' als "Tritrstein " für ziehen<strong>de</strong> Limikolen (Watvögel).- Schri ften <strong>de</strong>r Baal'.<br />
43: 8 1-96. Donaueschingen<br />
HOLZI GER, J. ( 1987): Die Vögel Ba<strong>de</strong>n-Würtlembergs Band l.1 : Gefährdung lind Schutz. - 724 S ..<br />
E.Ulmer. Stuttgart<br />
Lan<strong>de</strong>sa n talt für Umweltschu tz B a<strong>de</strong>n-Würuemberg (Hrg.) ( 1983): Ver chollene und ge fähr<strong>de</strong>te<br />
Pflanzen in Ba<strong>de</strong>n-WÜrltemberg. - Beih. Veröff. aturschulz Landsc haft spflege. 32: 1- 160.<br />
Karl sruhe 1983<br />
OBERDORFER, E. (Hrg.) ( 1977): Süd<strong>de</strong>utsche Pflanzengesellschaften Teil l. - 3 11 S. , G. Fi scher.<br />
SllIllganl ew York<br />
(Hrg.) ( 1978): Süd<strong>de</strong>utsche Pflanzengesellschaften, Teil 2.- 355 S. , ebd.<br />
( 1979): Pflanzensoziologische Exkursionsflora . - 4. Auf!. 997 S., E. Imer. Stultgart<br />
REICHELT, G. ( 1995): Die Baal' 1945 bi s 1995. Landschaft im Wan<strong>de</strong>l. - 223 S. , H. Kulm-Verl ag.<br />
Vi II i ngen-Sch wenni ngen<br />
W ACKER, K. ( 1960): Beiträge zur Vogel fauna im Quellgebiet <strong>de</strong>r Donau und <strong>de</strong>s Neckars. - Sc hri ften<br />
<strong>de</strong>r Baal', 25: 59-2 13. Donaueschingen<br />
WI LMA NS . 0 ., REICHE(; r. G. ( 1973): Prakti sche Arbeitsweisen <strong>de</strong>r Vegetation geographi e. Reihe "Das<br />
Geographi sche Seminar". - 2 10 S .. Westennann. Brallnschweig<br />
ZAHN. H. ( 1889): Flora <strong>de</strong>r Baal' und <strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Gebiete.- Schriften <strong>de</strong>r Baar, 7: 3- 174.<br />
Donallesc hingen<br />
ZINKE. F.. REICHELr. G. ( 1976): Die Riedbaar - ihre BiolOpe und ihr Bestand bedrohter Vögel. Schriften<br />
<strong>de</strong>r Baal', 3 1: 14-52, Donaueschingen<br />
A nschri ft <strong>de</strong>s Verfassers: Prof. Dr. GÜlllher ReicheI!, Schulstr. 5. 78 166 Donaueschingen
180<br />
Vereinschronik<br />
Weil das Verein.j ahr nicht mit <strong>de</strong>m Kalen<strong>de</strong>ljahr übereinstimmt. <strong>de</strong>r Redaktionsschluß<br />
für <strong>de</strong>n neuen Schriftenband dagegen schon vor <strong>de</strong>m Jahrese n<strong>de</strong> liegt. umfaßt <strong>de</strong>r Bericht<br />
über die Vereinsüitigkeit immer ei nen Überhang aus <strong>de</strong>m vorigen und einen un vo llständigen<br />
.. berblick über das laufen<strong>de</strong> Vereinsjahr. Zu vermel<strong>de</strong>n sind folgen<strong>de</strong> Ereignisse:<br />
1. Vo rträge<br />
Forstdirektor Wolf HOCKE JOS. Villingen-Schwenningen: "Jagdliche M ärzerrungenschaften<br />
- Auswirkungen <strong>de</strong>r 48er Revol uti on auf Wild und Wald " (27.0 1. 1999)<br />
Dr. Andreas WII.:rs. Donaueschingen: " Karl Aloys Fürst zu Fürstenberg. K .K. Feldmarschallleutnant<br />
und fürstenbergischer tall1 mvater. gest. 1799" (24.06. 1999)<br />
Prof. Dr. Günther REI HEeL Donaueschingen: "Erlebni s vor <strong>de</strong>r Haustür - Die Ri edbaal'''<br />
(07.07. 1999)<br />
Frau Evely ne DARGEL. M.A .. Aach: " Die Zivilkom missäre auf <strong>de</strong>r Baal' 1849" (25. 11 . 1999)<br />
Dr. Gert GOLDENBERG. Freiburg: " 7000 Jahre Bergbau im Südschwarzwald - Forschungsergebnisse<br />
<strong>de</strong>r M ontnnarchäologie" (09. 12. 1999)<br />
2. Exkursionen<br />
Halbtagsexkursion nach ViII ingen zum Besuch <strong>de</strong>r Ausstellung "Die 48er Revolution aur<br />
<strong>de</strong>r Baar" im Franziskanermuseum. Führung durch Vereinsmitglie<strong>de</strong>r und an<strong>de</strong>re an <strong>de</strong>r<br />
Erstellung <strong>de</strong>r Ausstellung Betei ligte (06.02. 1999)<br />
Halbtagsex kursion zur Donau ve rsinkung in Illllllendingen und zur Aachquelle. Führung<br />
durch Herrn Fran z DREYloR. Illll11endingen (25.09. 1999)<br />
Halbt agsexkursion nach Bräunlingen. " 1200 Jahre St. Remigius in Bräunlingen. Eine<br />
Mutterkirche <strong>de</strong>r Baar ". Führung durch Frau Susanne H BER-WINTERMANTEL, M .A., Hüfingen<br />
( 16. 10. 1999)<br />
3. Jahresexkursion<br />
Ba<strong>de</strong>nweiler (Römerbad , Burg und tadtkirche) und Sulzburg (Jüdischer Friedhof. Bergbau<br />
al11 Riestergang Lan<strong>de</strong>sbergbaumuse ul11, St. Cyriak und Synagoge) mit Führungen<br />
durch Herrn GFELL in Ba<strong>de</strong>nweiler und Herrn GRO. SPIETSCl I in Su lzburg, sowie Herrn Dr.<br />
WII.:rs und Herrn M ARTI 1 ( 18.07. 1999)<br />
4. "Kleine Abend e"<br />
Herr Hans-Joachil11 HALL. Villingen: " Restaurierung <strong>de</strong>r Bened iktinerkirche in Villingen"<br />
(03.03. 1999)<br />
Prof. Dr. Günther RElcIiELT, Donaueschingen: "Naturlandschaft und Kulturlandschaft <strong>de</strong>r<br />
Bretagne" (05.05.1999)<br />
5 . .J ~lhresve rsa mmlun g<br />
Bei <strong>de</strong>n satzungsgel11äßen Neuwahlen aur <strong>de</strong>r Jahresversammlung <strong>de</strong>s Vereins für Ge-
181<br />
sc hichte und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baal' am 26. M ärz 1999 in Restaurant "Donaustuben" in<br />
Donaue chingen hat es bemerkenswerte Verän<strong>de</strong>run gen in <strong>de</strong>r Zusammensetzung <strong>de</strong>s<br />
Vorstan<strong>de</strong>s gegeben. Herr Wolfgang HI LPERT hat <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>r geschichtlichen Abteilung<br />
nie<strong>de</strong>rgelegt - nach zwanzig sehr erfolgreichen Jahren. wie Dr. Kal'I K WASN ITSC HKA in seiner<br />
Laudatio hervorhob. Nur Georg Tumbült und Kar! Wacker haben dieses Amt vor ihm<br />
länger versehen. Die Versammlung wählte Herrn HI LPERT daher "durch einhelligen<br />
Besch lu s" zum Ehrenmitglied. Sein achfolger wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r bisherige Ge chäftsführer <strong>de</strong>s<br />
Vereins. Dr. Andreas WILTS vom FF Archiv. Frau Gisela HOLZHÜTER, die Leiterin <strong>de</strong>r FF<br />
Hofbibliothek, rückte in <strong>de</strong>n dadurch freigewor<strong>de</strong>nen Posten <strong>de</strong>s Geschäftsführers nach.<br />
A uch im erwe iterten Vorstand gab es Verän<strong>de</strong>rungen. Frau Hil<strong>de</strong>gard MI GES und Herr<br />
Theo WÖSSNER haben nach langjähriger verdienstvoller Tätigkeit ihr Amt zur Verfügung<br />
gestellt. Mit <strong>de</strong>r Kunsthistorikerin Frau Antonia REICHMANN aus Donaueschingen, Herrn<br />
Kreisarchi va r Dr. Joachim STURM aus Nie<strong>de</strong>reschach und Herrn Kultur- und Verkehrsamtsleiter<br />
Bernh ard HAusER aus Bräunlingen so rgte die Versammlung für kompetenten Ersatz.<br />
Im Amt bestätigt wur<strong>de</strong>n Herr Wolfgang M ARTIN als Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r naturgeschichtlichen<br />
Abteilung, Frau Hil<strong>de</strong>gret SATTLER als Schriftführerin. Frau M argarethe K RANK al s Rechnerin<br />
sowie Frau Susanne H UBER-WI NTERMANTEL und Herr Dr. H elmut GEHRING als Mitglie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>s erweiterten Vorstan<strong>de</strong>s. Herr Prof. Dr. Günther REICHELT wird weiterhin die<br />
Redaktion <strong>de</strong>r Vereinsschriften betreuen.<br />
Im A nschluß an die Vereinsregularien referierte im traditionellen Vortrag H err Dr. Helmut<br />
GEHRING, unterstützt durch sei ne herrlichen Diaaufnahmen, über "Wan<strong>de</strong>rer zwischen <strong>de</strong>n<br />
Welten - Watvögel auf <strong>de</strong>r Baar".<br />
6. Vorstands- und Beiratssitzungen<br />
Sitzung am 13. Jan uar 1999 Sitzung am 20. Oktober 1999<br />
7. Im Jahre ]999 verstorbene Vereinsmitglie<strong>de</strong>r<br />
GRILL, K arl, Donaueschingen<br />
OBERGFELL. Dr. Emil. Donauesc hingen<br />
VETTER, August. Waldkirch<br />
HÄFNER. Rainer, Donaueschingen<br />
SCHEDL. Hil<strong>de</strong>, Donaueschingen-Pfohren<br />
VON B RIEL, Detl ef, Hüfingen-Mun<strong>de</strong>lfingen<br />
Mit Dr. Emil OB ERG FELL und August V ETTER haben wir zwei aktive, verdiente Mitglie<strong>de</strong>r<br />
verloren. E in Nachruf auf A. V ETTER folgt am Sch lu ss.<br />
ALLGAIER, Michael, Donauesc hingen<br />
EIcHHoLTZ. Dr. Wolfgang, VS-Villingen<br />
H ÜRST, Rainer, Donaue. chingen<br />
KNÖRR-NoPPER. Cornelia. Bad Dürrheim<br />
K uol , Herbert , VS-Villingen<br />
PALMTAG. Joachim. Hüfingen-Sumpfohren<br />
STADIE. Dr. Babette. VS-Villingen<br />
8. Beitritte zum Verein 1999<br />
ALLGEIER, Reinhold, Donaueschingen<br />
H ÄUSLER, Kar!. Donaueschingen<br />
J NG, Gisela. Donaueschjngen<br />
K ÖRNER, Hi I<strong>de</strong>ga rd, Bräunl ingen<br />
L IMBERGER-ANDRIS, Stefan. Titisee-Neustadt<br />
Schwenninger Heimatverein. VS-Schwenningen<br />
SPEETER, Christiane, Donaueschingen<br />
Wolfgang Martin
182<br />
August Vetter zum Ge<strong>de</strong>nken<br />
All Fersleberg<br />
E BO/:r;. e Slädl/i. e hohi M/II//; eil liife Grabe.<br />
H'e e Krol1 halid si die Kuppe ::.ien<br />
D Johl' silld kUli/me. d Johl' sil1d gallge.<br />
si hond Freid und Schmer: II/il sech gJiehrt .. .<br />
(A nfang eines unveröff Gediehls VOll Allgust Vellel: 11111 / 975).<br />
A m 11 .7. 1999 starb unser langjähriges und verdienstvolles Vereinsmitglied A ugust Vetter<br />
im A lter von 71 Jahren. Er gehört e zu <strong>de</strong>n Sti llen im Lan<strong>de</strong> un d lrat fast gänzlich hinter<br />
seinem Werk zurück . Der Heimatchroni sl. Mundarldichter und Lehrer wur<strong>de</strong> am 12.1 2.<br />
1927 in Fü rstenberg geboren. eine Eltern waren Bauern und von klein auf war er an<br />
ausdauern<strong>de</strong> A rbeiten gewöhnt. Schon in <strong>de</strong>r Schule entzün<strong>de</strong>te Lehrer Karl M AlER in <strong>de</strong>m<br />
aufgeweckten Buben <strong>de</strong>n brennen<strong>de</strong>n Wun sch, mehr über die heimische Geschichte wissen<br />
zu wollen. Das kennzeichnete auch seinen späteren Lebensweg.<br />
eine A usbildung zum Lehrer erfolgte in <strong>de</strong>n unruhigen Vorkricgs-, Kriegs- und achkri<br />
egsjahren. Er gehöl1e zu <strong>de</strong>n ersten Lehrern , die nach <strong>de</strong>m Krieg ihr Examen machten.<br />
Seinc Fächer waren Geschichte und Erd kun<strong>de</strong>. Folgerichtig galt <strong>de</strong>r regionalen Geschichte<br />
wä hrend <strong>de</strong>s SLUdiums sein beson<strong>de</strong>res Interesse. Mit 01'. Erwin SUMSER verband ihn ein<br />
freundschaftlicher Kontakt. <strong>de</strong>r auch seine Kenntnisse <strong>de</strong>r heimischen Botanik vertiert e. [n<br />
dcn Fcri en ra<strong>de</strong>lte <strong>de</strong>r fleißige Studcnt von Fürstenberg nach Donauesehingen ins Fürstliche<br />
rehi v, um die Geschichtc se iner Hcimatstadt zu erforschen und schu f damit, ohne es<br />
damals schon zu wissen, dic Grundlagc zu seinem erstcn Buch. An <strong>de</strong>r Chronik von Fürstenberg<br />
arbeitctc er insgesamt zwölf Jahrc: sind doch nicht hundcrtc, son<strong>de</strong>rn tau sen<strong>de</strong> von<br />
Stun<strong>de</strong>n hinter Büchern und Aktcn zu vcrbringen. bis eine Chronik vollen<strong>de</strong>t ist. August<br />
Velter schenkte un o erer Heimat zwei Chroniken von Fü rstenbcrg ( 1959 und 1997) sowie<br />
diej enigen von Geisingcn ( 1964). Hüfingen ( 1984), Sumpfohren ( 1989) und Öfingen<br />
( 1996). E. HA GERS Chronik von Wolterdingen überarbeitcte er wesentlich ( 1960) und<br />
seinc Riedböhringer Chronik ist im Druck. Dies alles erarbeitcte er neben seiner erfolgreichen<br />
Täti gkeit als Lehrer. A ls solchcr war er zuerst in eudingen. dann in Kappel bei<br />
Villingen. später in Waltershofen am Tuniberg tätig. Er bil<strong>de</strong>te sich au todidaktisch zum<br />
Realschullehrer für Geschichte, Gemeinschaftsku n<strong>de</strong> und Erd kun<strong>de</strong> weiter und waltete<br />
von 1966 bis 1969 als Rektor in Blul11berg. Danach leitete er die Realschule in K ollnau<br />
und wirkte gleich ze itig al s gesclüirtsfüh ren<strong>de</strong>r Schu lleiter <strong>de</strong>r Stadt Waldkireh, bis er 1990<br />
in dcn Ruhestandlrat. um endlich genügend Muße Für seine vielseitigen A rbeiten zu tin<strong>de</strong>n.<br />
A ls Junglehrer in eudingen verfasste Cl' we nige Jahre nach <strong>de</strong>m Z weitcn Wellkrieg sein<br />
erstes Mundart lÜck. Er dachte dabei an se ine Schüler. die unbefangener Theater spi elen.<br />
wenn sie im vertrauten Dialekt re<strong>de</strong>n dürfen. Bald folgte ein abendfüllen<strong>de</strong>s Problemstück<br />
mit <strong>de</strong>m Titel "H eimge fun<strong>de</strong>n" ( 1952). Für " Oe Eckhofer" ( 1956) wur<strong>de</strong> ihm <strong>de</strong>r<br />
zweite Preis <strong>de</strong>s Regierungspräsidiums Südba<strong>de</strong>ns zur För<strong>de</strong>rung von Bühnenstücken in<br />
alemanni scher Sprache verliehen. [n <strong>de</strong>n 50ern und 60ern erf'reuten sich seine Stücke<br />
großer Beliebtheilund wur<strong>de</strong>n hiiufig als Hörspiele mit ihm als Sprecher im Rad io gesen<strong>de</strong>t.<br />
Ferner griff er die Sagenwelt auf: " Der Schn aufer" (von Pfohren) und "Der Heiland
183<br />
\ ()Il Geisi ngen" zeugen davon: über <strong>de</strong>n Ur<br />
~J1rllng Baaremer Sagen han<strong>de</strong>lte er auch in<br />
lllhcren "Schriften <strong>de</strong>r Baar", für die er au<br />
I.k r<strong>de</strong>m mehrere lokalhistorische Beiträge<br />
bc i ~te ueI1e . Wen ige Wochen vor seinem plötzlichen<br />
Tod konnte er noch ein Manuskript<br />
/llr Geschichte <strong>de</strong>r Herren von A lIlllendshoren<br />
vollen<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Verein übergeben.<br />
Dies alles wäre selbstverständlich nicht<br />
1111 \gl ich gewesen ohne die tatkräftige. ver<br />
~Undn i svo ll e Unter tÜlzung seiner Frau lrmgard<br />
und seiner bei<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r. Bei so vielen<br />
bemerkenswerten Veröffentlichungen<br />
\..onnten auch öffentliche Anerkennungen<br />
rur August Vetter nicht ausbleiben. 1987<br />
crhielt er das Bun<strong>de</strong>sverdi enslkreuz a. B. und<br />
1 )9 1 durfte er <strong>de</strong>n Ba<strong>de</strong>n-Württelllbergi<br />
'>ehen Lan<strong>de</strong>spreis fü r Hei Illatforschung entgcgen<br />
nehmen. In seinen Werken und in <strong>de</strong>r<br />
erinnerung <strong>de</strong>rjenigen, die ihn kennenl er<br />
Ilcn durften. lebt er weiler.<br />
Antonia Reichmann<br />
Schriften von August Vetter (A uswahl):<br />
19-9: Die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt Fürstenberg. Freiburg. Rombach. 2 15 S.<br />
1959: ZurGründungsgeschichte <strong>de</strong>r Stadt Für~tenberg. Alemannische: Jahrbuch 1959. S. 159- 179.<br />
Lahr<br />
1964: Geisingell. Eine Stadtgründung <strong>de</strong>r E<strong>de</strong>l freien von Warten berg. Konstanz, S" DKURIER. 434 S.<br />
1968: Der Feldberg. Die Geschichte <strong>de</strong>s höchsten Schwarzwaldberges. Hg: Gemein<strong>de</strong> Feldberg.<br />
Feldberg. 523 S.<br />
1978: "Die bbrennung <strong>de</strong>s ganzen Stiidtchens Fürstenberg am 18.Juli 184 1 ". Schriften <strong>de</strong>r Baar.<br />
32. S.125-132. Donaueschi ngen<br />
19 2: Feldberg im Schwarzwald. Die Geschichte <strong>de</strong>s höch ·ten Schwarzwaldberges, <strong>de</strong>r einstigen<br />
Vogteien Altglashütlen. Bärental. Falkau und euglashütlen sowie <strong>de</strong>r Gemeind Feldberg<br />
(Schwarzwald). Feldberg. elbsl verlag d. Gemein<strong>de</strong>. 59 1 S.<br />
1982: Waldbesi tzer wehren sich. Ause inan<strong>de</strong>rsetzung bei <strong>de</strong>r Ei nführung <strong>de</strong>r Beförsterung <strong>de</strong>r<br />
Pri va twa ldungen im Amt eustadt 18 12- 1827. Schriften <strong>de</strong>r Baal'. 34. S. 185- 198 . Donauese<br />
hingen<br />
1984: Hüfingen. Daseinsti ge Brigobanne. be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> alemannische Sied lung. Hg: Stadt Hüfingen.<br />
Hüfingen, M oog-Druck, 7 15 S.<br />
1989: Sumpfohren. Stadtteil von Hüfingen. Ein Bauerndorf im Herze n <strong>de</strong>r Baa l'. Hüfingen. Moog<br />
Druck. 270 S.<br />
1995: Die Sage vom Ltingeschloß und ihr Wahrheitsgehalt. Schriften <strong>de</strong>r Baal'. 38. S.1 22- 13 1.<br />
Donauesehingen<br />
1995: Die Legen<strong>de</strong> vom Gna<strong>de</strong>ntal. Schriften <strong>de</strong>r Baar. 38. S.I72-182. Donaueschingen<br />
1996: Öfingen. Die Gesc hichte <strong>de</strong>s höchslgelegenen Baarortes. Hg: Stadt Bad Dürrheim. Freibllrg.<br />
Rombaeh . 558 S.<br />
1997: Fürstenberg. Stadtteil von Hüfinge n. Die Geschichte <strong>de</strong>r einSligen Bergstndt in <strong>de</strong>r Baar. Hg:<br />
Stadt Hüfingen. Hüfingen. M oog- Drllck. 568 S.<br />
1999: Der Sackzeichner Michael Eggert. Schriften <strong>de</strong>r Baar, 42. S. 110- 12 1, Donaueschingen