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SCHRIFTEN<br />

<strong>de</strong><br />

Vereins für Geschi chte<br />

und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

in Don aue chingen<br />

43. Band - 2000<br />

Sch ri ft leitung: GüntJler Reichelt<br />

Die Autoren sind für <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Arbeit selbst verantwortlich<br />

Zitiervorschlag: Schriften <strong>de</strong>r Baa l', Bd. 43. 2000<br />

Selbstverlag les Vereins für Geschich te und Naturgeschichte <strong>de</strong>r B aal'<br />

78 166 Dona ueschingen 2000


Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Übersetzung, achdruck,<br />

Vcrvie lmltigung aur rotomechan ischem o<strong>de</strong>r ähnlichem Wege sowie Speicherung<br />

in Datenve rarbeitungsanlagen - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung<br />

<strong>de</strong>s Hcrau sgebers.<br />

Verein für Geschichtc und aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar e. Y.<br />

Haldcnstr. 3. D- 78 166 Donaucschingcn<br />

ISSN 0340-4765<br />

Satz: too ll1uch dcs ign. Freiburg<br />

Druck: M oog- Druck, Hüfingen<br />

100 o/c chlorl"rci gcbleichl cc;, Papi er


5<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Vorwort<br />

6<br />

SUSAN NE H UBER-W I TER IANTEL:<br />

Die SI. Remigiusk irche in Bräunlingen<br />

7<br />

D A KWART SCHMID:<br />

Die lateinisc hen Pfarrerchroniken<br />

von Schramberg 1675 - 1734<br />

27<br />

DORIS H G:<br />

Bo<strong>de</strong>nnutzung im Mittleren Schwarzwald und <strong>de</strong>ren<br />

Veriin<strong>de</strong>rung von 1780 bis heut e<br />

91<br />

ALEXANDER SI EGM U D:<br />

Dic Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung auf <strong>de</strong>r Baal' seit Beginn<br />

kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />

123<br />

LIANE DOMDEy-K NZ und ULRIKE SCHWÄR:<br />

Renaturierung eines Teilab, chnitts <strong>de</strong>r Aitrach auf <strong>de</strong>r<br />

Gemarkung Gei ingen / Leipferdingen<br />

14 1<br />

HARTM T und G ABI EBENHÖI-i:<br />

Rot- und Schwarzmilan auf <strong>de</strong>r Baar<br />

Ergebni sse einer Brutbestandserfass ung<br />

153<br />

G "" NTH ER REICHELT:<br />

Arche oah in <strong>de</strong>r Riedbaar-<br />

Z ur Entw icklung einiger angelegter Biotope 1978 - 1998<br />

162<br />

Vereinsc hronik<br />

180<br />

August Vetter zum Ge<strong>de</strong>nken<br />

182


6<br />

Vorwort<br />

ochmals können wir rechtzeitig zur Mitglie<strong>de</strong>rversammlung im Jahre 2000 einen neuen<br />

Band <strong>de</strong>r" chriften <strong>de</strong>r Baal''' vorlegen. Allerdings ist ungewiss. ob wirdiejährliche Erscheinüngs<br />

folge auch künftig beibehalten können. Zwar dürfen wir j e<strong>de</strong>s Jahr eine erfreulich<br />

große Zahl neuer Mitglie<strong>de</strong> r begrüßen: aber ihnen stehen viele Abg~inge gegenüber. so<br />

das. unsere Mitglie<strong>de</strong>rzahlen nur geringfü gig steigen. Aus <strong>de</strong>n Mitgliedsbeiträgen konnten<br />

nur etwa 70% <strong>de</strong>r Herstellungskosten von Band 43 ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Ei n "eiserner<br />

Bestand " wird om Vorstand aus gutem Grund zurück gehalten. Der "<strong>Baarverein</strong>", nach<br />

<strong>de</strong>r ,. aturhi stori schen Gesellschaft Hannover" von 1797 <strong>de</strong>r ~i1t es te Kulturverein in Deut schland.<br />

wird näm lich in fünf Jahren 200 Jahre all. Dieses Jubiläum erfor<strong>de</strong>rt neben Überlegungen<br />

zu seiner Gestaltung auch die Bereitstellung entsprechen<strong>de</strong>r Mittel. Da" ir inzwischen<br />

un sere Leistungen ni cht einschränken wollen. bl eiben uns nur wenige Optionen:<br />

eine merkliche Erhöhung <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong> rza hl , eine Erhöhung <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rbeiträge und/<br />

o<strong>de</strong>r eine vermehrte Zah l von Sponsoren. Für diesen Band war nur <strong>de</strong>r letzte (Aus) Weg<br />

begehbar. führte aber zum Erfolg.<br />

Band·+3 sollte eigentlich aus <strong>de</strong>n dargelegten Grün<strong>de</strong>n etwas schmaler ausfallen. Aber die<br />

eingegangenen Arbei ten unserer Autoren wa ren umfangreicher als erwartel. Drei Beiträge<br />

hat di e Schriftleitung sogar zurückstellen mü sse n. konnte sich jedoch ni cht dazu entschließen.<br />

die übrigen zu kürzen. Die erwogene A urteilung <strong>de</strong>r un gewöhnlich umfangreichen<br />

chramberger Pfarrerchronik auf zwei BUn<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> aus mehreren Grün<strong>de</strong>n aufgegeben:<br />

einmal han<strong>de</strong>lt es sich um eine erstmals <strong>de</strong>r Öffentlichkeit zugängliche. für unsere Region<br />

neue Quelle aus <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Erbfolgekriege; zum an<strong>de</strong>ren hat die Stadt Schramberg einen<br />

namhaften Druckkostenzu sc huss beigesteuert und war an einem vollständigen Son<strong>de</strong>rdruck<br />

interessiert. Auf<strong>de</strong>n Beitrag zur Rem igiuskirche in Bräunlingen sei ebenfalls hingewiesen:<br />

die lange ungelöste Frage. wem die spätgoti schen Itartafeln zuzuschreiben sind.<br />

wird darin einer überzeugen<strong>de</strong>n nt wort zugeführt. Allgemeines I nteresse dürfte auch die<br />

Arbeit über die Verän<strong>de</strong>rungen im Mittleren Schwarzwald se it 1780 rund um Furtwangen<br />

fin<strong>de</strong>n. Die Analyse <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong> rsc hlagstrends auf <strong>de</strong>r Baal', <strong>de</strong>r Beri cht über die Renaturierun<br />

g <strong>de</strong>r A itrach und zwei weitere aufschlussreiche Studien zur Biologie <strong>de</strong>r Baar sorgen<br />

für ei n zwischen <strong>de</strong>n geschichtlichen (im we iteren Sinne) und naturwissenschaftlichen<br />

Themen ausgewogenes Verhältni. Wir danken un. eren utoren herzlich dafür, das sie uns<br />

ihre Arbeiten - w ie<strong>de</strong>rum ohne ein Honorar zu erwart en - zur Veröfi'entl ichung an ertraut<br />

haben.<br />

Für bereitwillig gewührte Druckkostenzuschü sse. aber auch rür spontane pen<strong>de</strong>n haben<br />

wir folgen<strong>de</strong>n Sponsoren ~e hr herzlich zu danken:<br />

Den ständigen Sponsoren:<br />

S.O. Joachim Fürst zu Fürstenberg<br />

Stadt Donaueschingen<br />

Landkreis Schwarzwald-Baar<br />

Sparkasse Donaueschingen<br />

Der Schriftleiter: G. Reichelt<br />

Den För<strong>de</strong>rern von Band 43:<br />

Stadt Brüunlingell<br />

Stadt Geisingen<br />

Stadt Schramberg<br />

A rbeitsgclllci nschart R iedbaar- Donau<br />

Siegfried Ros il1u s. Donaueschingen<br />

Pror. Dr. Dank wa rt Schmiel. ROllwcil


7<br />

Schriften <strong>de</strong>s Ve rein, für Geschichtc<br />

und Natu rgeschichtc <strong>de</strong>r Baar<br />

Donaueschingen<br />

3 I. März 2000<br />

Die St.Remigiuskirche in Bräunlingen<br />

-Beiträge zu Geschichte und Kunstvon<br />

Su sa nne Huber-Wintermantel<br />

Im Jahre 799 soll Abt Waldo von Reichenau die Pfarrei St.Remigius zu Bräunlingen<br />

gegrün<strong>de</strong>t haben - original-urkundlich läßt sich diese r Zeitpunkt nicht mehr belegen. 1767<br />

mu ss das entsprechen<strong>de</strong> Dokument in Bräunlingen noch ex istiert haben. <strong>de</strong>nn Oberschultheiß,<br />

Pfarrer, Bürgermeister und Kirchenpfleger erneuern in diesem Jahr die Urkun<strong>de</strong><br />

unter Angabe <strong>de</strong>r Jahreszahl 799. <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s Abtes Waldo und seines Reichenauer<br />

Konvents und erweitern sie auf die Bräunlinger Depen<strong>de</strong>nzorte Bubenbach, Ober- und<br />

nterbränd. die ebenfalls durch einen Geistlichen betreut wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

"Wir ober und Kirchen Pfleger dahier : /f Breiinlingen bekennen hierlllil fiir L1I1S und IIIISere<br />

Nacllflliger daß. nach<strong>de</strong>lll auf allerhöchste Anordnung iiberjene Stiftung, worüber noch<br />

keine Stifibriefe erricllfel wären, sogleich die behörigen Stifibriefe zu stan<strong>de</strong> gebracht<br />

Irer<strong>de</strong>n l1Iiißen, Wir anno 799 nachj(Jlgen<strong>de</strong> stiftung I'on weil. HI. abbl Waldo von Reichenau<br />

: II <strong>de</strong>lll En<strong>de</strong> iiberkoJIIlllen, daß in Folge seines /IIil dortigemlöbl. Kapilel einll/iilhig<br />

gefäßlell SchlLlßes I'or besländig dahier ein Pfarrer seyn ulld darbleiben solle, da/llil solcherje<strong>de</strong>r<br />

Zeit, sowohl dahiel; als in <strong>de</strong>n Depen<strong>de</strong>n: örthleill in <strong>de</strong>/ll Bubenbach, m (f <strong>de</strong>m<br />

ober- LInd Un<strong>de</strong>rbrändl sich als ein fleißiger und eiifriger Seelsorger in allen geistlichen<br />

filllctionihus gebrauchen lassen. auch {.IIIbev die gOlles Ehr allfor<strong>de</strong>rsl beför<strong>de</strong>l71 solle ... " '.<br />

Bis 1694 war die Remigiuskirche - trotz ihrer L age außerhalb <strong>de</strong>r Stadtmauer - Pfarrkirche.<br />

Erst dann übernahm die dreimal umgebaute und erwei terte Marienkapelle innerh alb<br />

<strong>de</strong>r Stadt diese Funktion. 188 1 wur<strong>de</strong> diese M arienkirche aber vollständig abgebrochen<br />

und an ihrer Stelle die heuti ge neoromani sche Kirche gebaut.<br />

Das Patronat <strong>de</strong>s HI. Remigius, <strong>de</strong>s Bi schofs von Reims, geboren 436, <strong>de</strong>utet bereits auf<br />

ein hohes Alter <strong>de</strong>r Kirche hin. Remigius taufte <strong>de</strong>n Frankenkönig Chlodwig 496. nach<strong>de</strong>m<br />

dieser in <strong>de</strong>r Schlacht bei Zülpich die Alamannen besiegt hatte und sich als Dank für<br />

diesen Sieg zum katholischen (im Gegensatz zum arianischen) Christentum bekehrte. Diees<br />

Ereignis war <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>r Christianisierung Nordgalliens und in Folge <strong>de</strong>ssen auch<br />

unserer Gegend. Hier grün<strong>de</strong>ten die mi ssionieren<strong>de</strong>n Mönche Gallus und Pirmin die Klöster<br />

St.Gallen und Reichenau.<br />

Das hohe A lter <strong>de</strong>r Remigiuskirche wird außer<strong>de</strong>m durch archäologische Befun<strong>de</strong> belegt,<br />

<strong>de</strong>nn sie wur<strong>de</strong> innerhalb eines merowingerze itlichen Gräberfeld s errichtet. Bereit. in<br />

<strong>de</strong>n I 930er Jahren fa nd man. im Zuge ei ner Friedhofserweiterung, Bestattungen mit Grabbeigaben<br />

aus <strong>de</strong>m 7.J ahrhun<strong>de</strong>rt n.Chr. Be<strong>de</strong>utendste Stück ist <strong>de</strong>r "Bräunlinger L anze n­<br />

reiter", eine Bronzez ierscheibe vom Gürtelgehiinge einer Frau (Bad i ches Lan<strong>de</strong>sm useum<br />

K arlsruhe). Spätere Baumaßnahmen för<strong>de</strong>rten stet neue Fundstücke wie Bronzearmreifen<br />

o<strong>de</strong>r Waffen zutage, zu letzt 1990.


8<br />

Die heutige Kirche ist nicht die erste, die an diese m Plat z errichtet wor<strong>de</strong>n ist, " ... es ist<br />

dm'on ulIs: llgehen. dqß sich lInter lind neben <strong>de</strong>li/ bestehen<strong>de</strong>n Cebäll<strong>de</strong> Re.I·le von<br />

VOIgöngerbolllen erhalien lU/hen."1 Diese Fundamente sind 1859/60 tatsächlich freigelegt.<br />

aber nicht dokumentiert wor<strong>de</strong>n. ] Ä ltester Teil <strong>de</strong>r heuti gen Kirehe ist <strong>de</strong>r Turm aus<br />

<strong>de</strong>r Zeit um das Jahr 1000.<br />

Drei alte G locken, 1990/9 1 durch eine Initiat ive <strong>de</strong>s Kulturför<strong>de</strong>rvereins Bräunlingen repariert.<br />

überstan<strong>de</strong>n alle Kriege und hängen wie<strong>de</strong>r funktionstüchtig an Holzjochen aus<br />

<strong>de</strong>m 17.J ahrhun<strong>de</strong>rt. Die g röß ~ e Glocke, gegossen l ·n5, wird <strong>de</strong>r Gießerhütte Klain in<br />

Roltweil zugeordnet. Si e trägt die amen <strong>de</strong>r vier Evangelisten. eine <strong>de</strong>r ältesten bekannten<br />

Glockeninschriften, sowie di e Inschrift "0 rex glorie x p - e (christe) !'eni Cllll1 pace".<br />

Die miniere Glocke stammt vermutlich aus <strong>de</strong>r ersten Häl f"Lc <strong>de</strong>s 15.Jahrhun<strong>de</strong>lts. die kleinste<br />

aus <strong>de</strong>r Zeit um 1300. Sie wird <strong>de</strong>r Schat"nlausener Gießhütte <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Irieh und Hug<br />

zugeord net und ist 190 kg schwer: 1<br />

Interessanter Weise hän gt im Turm <strong>de</strong>r benachbarten Hüringer PFarrkirche St.Verena eine<br />

mit <strong>de</strong>r letztgenannten stilistisch i<strong>de</strong>ntische. allerdings 550 kg schwere Glocke. Es ist<br />

davon auszugehen, dass bei<strong>de</strong> Glocken ursprünglich im sei ben Turme hingen, ob in Hüfingen<br />

o<strong>de</strong>r Bräunlingen lässt sich nicht klären.'<br />

1680 erhiel t <strong>de</strong>rTurmheim seine heutige Ge~ta lt und <strong>de</strong>r hor sei ne das Langhaus überragen<strong>de</strong><br />

Höhe. Ein Blitzschlag hatte <strong>de</strong>n Turmabschluß. eine <strong>de</strong>r drei Glocken und das Dach<br />

<strong>de</strong>s Chores besch~idigt. Das Langhaus stammt vermuLIi ch aus <strong>de</strong>m 16.Jah rhun<strong>de</strong>rt. <strong>de</strong>r<br />

spätgotische Chor entstand um 1450. Links und rec ht s vom Chorbogen. in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Chor<br />

abschließe n<strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n. fan<strong>de</strong>n sich bei Restauri erungsarbeiten im Winter 1998/99 unter<br />

<strong>de</strong>m Putz Teile von Bogengewä n<strong>de</strong>n. die veranschaulichen. dass das Langhaus jünger ist<br />

als <strong>de</strong>r Chor und ursprünglich breiter als heute gewesen sein muß.<br />

Auf unterschiedliche Stilepochen w iesen auch die Fresken in Chor und Langhaus hin.<br />

JOHA BAPTI ST HORN NG, Kunsthi storiker und Stadtchroni.'t. 1874 in Bräunlingen geboren<br />

. war noch Augenzeuge <strong>de</strong>s Z u sta nd e~ <strong>de</strong>r Kirche vor 1905: "In gleicher Weise hahen<br />

Wandll/olereiell ill/ Chor lind WI <strong>de</strong>n Langlrwl.l"\l"iirlllen <strong>de</strong>n Altersllnterschied iiher:ellgend<br />

l'er{II1Sclllllllicht. ,, (, Zeuge für die Ex istenz von Wandmalereien ist auch L CIA REICII.<br />

<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 19.Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>n damals arg verwahrlosten Zustand <strong>de</strong>r<br />

alten Kirche beobach tete, und später beschrieb: ".. . {[II <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n :eiglen sich /l och Irie<br />

lIIul da ÜberresIe I'on alteIl Malereien. " 7<br />

Im Zuge von Restaurierungsmaßnahmen 1905 so llten die Wandmalereien durch das<br />

Denkmalamt begutachtet wer<strong>de</strong>n - als die Beauftragten einlraren x . waren die Wän<strong>de</strong> im<br />

Chor bereits abge. chlifTen'l und neu bemalt.<br />

Aus <strong>de</strong>r Stellungnahme eies Denkma lamtes geht hervor. dass gera<strong>de</strong> im Chor die besten<br />

und besterhaltenen Tei le <strong>de</strong>r Wandmalereien ve rni chtet word en seien. Im Langhaus wa ren<br />

zu diesem Zei tpunkt noch ni cht al le Wandmalereien aufge<strong>de</strong>ckt; sichtbar wa ren die 12<br />

Apostel mit amen und Wappen <strong>de</strong>r Stifter und ei n in einer Nische dargestellter, von<br />

Engeln umgebener SI.Sebastian. Dieser Befund sollte damals photographiert wer<strong>de</strong>n, doch<br />

fan<strong>de</strong>n sich bis heute keine Aufnahmen.<br />

Der in Orrenburg ansässige Bildhauer und Maler FR ANZ JOSEF SJMMLI:.R ( 1846 - 1926)<br />

erhielt vom Bräunlinger Dekan Metz <strong>de</strong>n Auf"trag. die Rem igiusk irche im neogoti schen<br />

Stil auszumalen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Künstl er in <strong>de</strong>n Jahren zuvor bereits erfolgreieh <strong>de</strong>n Innenraum<br />

<strong>de</strong>r neuen Bräunlinger Stadtkirche gestaltet hatte W Darüber hinaus beauftragte De-


o<br />

Abb.2:<br />

Flügelinnense ite. links (Feiertagssei te): Gebun Christi . Briiunlingen.<br />

Abb.3:<br />

Flügclinncnsci tc. recht s (Feien agsscite): Anbctung <strong>de</strong>r Königc. Bräunlingcn.


11<br />

Abb. 4: Geschlossenes Retabel ( We rkt ags~c it e).<br />

Abb. 5: Anbeten<strong>de</strong> Engel. Detail von <strong>de</strong>r Geburt Christi, BrHunlingen.


Iv<br />

Abb. 6: Kreuzigun gsgruppe (Maria und Johannes unter<br />

<strong>de</strong>m Kreuz). Detail alls <strong>de</strong>n Pass ionsdarstellunge n.<br />

Briiunlingen. Z ustand seit 1905.<br />

Abb. 7: Kreuzigungsgruppe. Zustand nach Abnahme<br />

<strong>de</strong>r Übermalungen. Ursprünglicher Zustand . Schii<strong>de</strong>n<br />

und Fehlstellen sichtbar.<br />

Abb. 8: Kreuzigungsgruppe. konservierter und<br />

restauri erter Z ustand.


13<br />

kan M ETz Simmler mit <strong>de</strong>r Restaurierung <strong>de</strong>s spätgoti schen Flügelaltares: "Diesel: <strong>de</strong>r<br />

sehr <strong>de</strong>fect ist. IIIl!ß, L1111 <strong>de</strong>m lIeuell Chor :u elItsprechen. gründlich restauriert wer<strong>de</strong>n.<br />

Dies soll geschehen dllreh die Firma Sill/II/lel: Da soll eill nelles Alllepelldilllll geschafFell<br />

11 'e r<strong>de</strong>n, einIleIl e I' Altartritt. eine Prae<strong>de</strong>lla, die Bil<strong>de</strong>r neu \'e/gol<strong>de</strong>tlilld gefasst wer<strong>de</strong>n.<br />

die Bil<strong>de</strong>r (Gell/äl<strong>de</strong>) (//(/<strong>de</strong>ll bei<strong>de</strong>lI Flügelll entsprechend he/gestellt \rer<strong>de</strong>n, eille lIelie<br />

Bekrönullg (//Igehracht llnd II/it eillem schöllell Chm: i{tx (grr~ß) "ersehen \·rer<strong>de</strong>ll." 11<br />

Bereits drei Wochen spüter schickte die Firma Simmler <strong>de</strong>n restaurierten A ltar per Bahn<br />

als Frachtgut (I) nach BrHunlingen zurück. A uf <strong>de</strong>r Rechnung si nd folgen<strong>de</strong> Arbeiten aufgeführt:<br />

" / gotischer A/tarFür die dortige Friedhoj:l'kopelle rell(J\'iert und : \\'ar die \'01'­<br />

//(/n<strong>de</strong>lle Mille/nische sw/II Fliigel reparirt. l'erleill/t etc. und neu hell/alt IlIId l'ergo/<strong>de</strong>t.<br />

ebel/So die alteIl SW/llell neu bell/altlilld reich \'ergol<strong>de</strong>t. die Flügeldarstellullgen : UII/ Teil<br />

allsgebessert. Hin ::,u I/eu angefertigt J SIL(/fen IIlId eille nelle Pre<strong>de</strong>lla ill Weichho/: samt<br />

eillell/nellell AI/f.wt:, II/it Krel/:, TodtellkopIl/lld gotischen Christl/s." 12<br />

Nachdcm die Remigiuskirche 1990/9 1 außen reno iert wurdc. folgte 1998/99 die gründliche<br />

In nen renovierung. Dabci wur<strong>de</strong> die größte Sorgfalt auf die Restaurierung <strong>de</strong>r Wandmalercicn<br />

in Chor und Langhaus sowie die K onse rvierung und Re taurierung <strong>de</strong>s Flügelaltares<br />

gelegt, <strong>de</strong>r aus klimatisc hen Grün<strong>de</strong>n vor 011 restauriert wer<strong>de</strong>n mu sste. [n Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalamt und <strong>de</strong>m erzbischöflichen Bauamt wur<strong>de</strong>n die<br />

Firma Ebe rhard Grether. Freiburg, mit <strong>de</strong>n Arbeiten im Innenraum und <strong>de</strong>r Restaurator<br />

Thomas Grünewald. Waldkireh. mit <strong>de</strong>n Maßnahmen am Altar beauftragt.<br />

Während die von Simmler gestal tcte Wand- und Deckenbema lung erh alten. bzw. wie<strong>de</strong>r<br />

hergestellt wor<strong>de</strong>n ist. wur<strong>de</strong>n die Übermalungen. mit <strong>de</strong>nen Simmler die spHtgoti schen<br />

A ltarflügel "au. gebessert " hatte, abgcnommen. <strong>de</strong>r ursprüngliche Zustand wie<strong>de</strong>r hergestellt.<br />

Wie sich ze igte, hatte Siml11ler ganz erhebliche Verän<strong>de</strong>rungen vorgenommen. die<br />

wa hrsc heinlich mit seinem vom Nazarenerstil geprägten äs theti schen Empfin<strong>de</strong>n erklärt<br />

wer<strong>de</strong>n können (Abb. 6-8).11<br />

Der Flügelaltar lüsst sich auf die Zeit um 1470/80 datieren. Sein Standort war bis vo r 1905<br />

weiter vorne im Chor. Dekan M etz ließ ihn. um bessere Lieht ve rhältnisse bemüht, ganz<br />

ans Fcnster nach hinten rücken (vgI. A nm. 8, 9). Dass <strong>de</strong>r A ltar ursprünglich Raum für<br />

einen Umgang bot, ist mit liturgischen Anfor<strong>de</strong>rungen zu erklären. und auch damit. dass<br />

hinter dcm Altar die Beichte abgenommen wur<strong>de</strong>.<br />

Dcm A ltar. als zentralem Teil <strong>de</strong>r KirchenHusstattung komm t beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

Schmücken<strong>de</strong>s Beiwe rk <strong>de</strong>s Itares waren das Antependium. eine vor <strong>de</strong>n Allar gehüngte<br />

Tafcl. und das Retabel. eine auf scine hintere K ante ges tellte Ta fel.<br />

Im 14. Jahrhun<strong>de</strong>rt entstand das Flü gelretabel, das auf- und zugeklappt wer<strong>de</strong>n konn te.<br />

Die beweglichen Seitenflügel wur<strong>de</strong>n nur an Feiertagen geö ffnet. Fciertags- und Werktagsseitc<br />

unterschie<strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>utlich voneinan<strong>de</strong>r: Die Außenseitcn wur<strong>de</strong>n bemal t und dabei<br />

auf E<strong>de</strong>lmetallaullagen verzichtct. Die Innenansicht <strong>de</strong>r FlLigel zeigte gcschnitzte. üppig<br />

vergol<strong>de</strong>te Fi guren im Schrein und Flügclmit prtichtigem Goldhintergrund. Der Brtiunlinger<br />

Itar ze igt auf <strong>de</strong>n Außenseiten Passionsszenen. innen die Geburt Christi und die Anbetung<br />

<strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige. Stifterwappen. häufig auf FlLigelretabeln dargestellt. sind<br />

nicht vorhan<strong>de</strong>n. Deshalb ist ni ch t bekannt. wer <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die Stifter waren.<br />

Flügelrelabcl wur<strong>de</strong>n durch ihre Wan<strong>de</strong>lbarkeit immer belicbter, sie kamen <strong>de</strong>m Bedürfnis<br />

sehr entgegen. Glaubcnsinhalte bildlich darzustellcn und sic damit <strong>de</strong>m nicht lesen<strong>de</strong>n<br />

Gliiubigen vor Augcn zu führen . In <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong>n Retabe l III<br />

erie ge ferti gt; Produktionszentren waren dic BischofsslÜdte.


14<br />

5<br />

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15<br />

Die Retabe lteile unterliegen einer Rangordnung. D er wichtigste Teil ist <strong>de</strong>r Schrein: Flügel.<br />

Pre<strong>de</strong>lla und Gesprenge gelten als rahmen<strong>de</strong> Teile. tandfläche <strong>de</strong>s Retabels auf <strong>de</strong>r<br />

A ltarmensa ist die Pre<strong>de</strong>lla. ein chmaler ockel. <strong>de</strong>r ebenfalls bemalt o<strong>de</strong>r mit ei nem<br />

geschnitzten Relief geschmückt ist. Hüufig wer<strong>de</strong>n auf Pre<strong>de</strong>llen Chri tu s und die zwöl f<br />

Apostel o<strong>de</strong>r das letzte Abendmah l dargestellt als Hinweis auf <strong>de</strong>n Ur 'prung und die Einrichtung<br />

<strong>de</strong>r am Altar gefeiert en Euchari sti e.<br />

Die Pre<strong>de</strong>lla. die Simmler 1905 neu ange ferti gt hat. ist ganz auf die Funktion <strong>de</strong>r<br />

Remigiusk irche als Friedhofsk irche, <strong>de</strong>m Ort, an <strong>de</strong>m die zum Begräbni s gehören<strong>de</strong>n<br />

Seelenämter stattfan<strong>de</strong>n, abgestimmt und trägt zwischen Rankenornamenten die Auf'chrift:<br />

" Herr gib ihnen die ell'ige Rlihe /ll/d das ewige Lich/le/lch/e ihl/ell."<br />

Als außeror<strong>de</strong>ntlicher Glücksfall ist die Tatsache zu werten. dass sich in <strong>de</strong>n Fürstenberg­<br />

Sammlungen Donaueschingen eine Zeichnung <strong>de</strong>s Bräunlinger Malers JOSEPH FUCHS ( 18 10-<br />

1880) 14 fand. die <strong>de</strong>n Altar mit geöffneten Flügeln im sonst nirgends dokumentierten Zustand<br />

von vor 1905 zeigt (Abb. 9). Unklar bleibt. ob Fuchs seine schwarz-weiße Fe<strong>de</strong>rze<br />

ichnung vor o<strong>de</strong>r nach 1859/60 angefertigt hat, <strong>de</strong>nn zu die. em Zeitpunkt müsse n. wie<br />

erwähnt, einige Restaurierungs- und Baumaßnahmen ausgeführt wor<strong>de</strong>n sein.<br />

Ein Ergebnis <strong>de</strong>r Untersuchungen <strong>de</strong>s Altares von 1999 ist. dass auch die bei<strong>de</strong>n Altarflü<br />

gel Rahmungen aus <strong>de</strong>m 19.Jahrhun<strong>de</strong>rt erhalten haben . Demn ach war <strong>de</strong>r Rahmen rot<br />

gefasst (vermutlich nach <strong>de</strong>m ori ginalen Vorbild) und nicht. wie eit 1905. blau. I )<br />

Das Schleierwerk an <strong>de</strong>r oberen Kante <strong>de</strong>r Festtag 'seiten sowie ihr Goldbrokathintergrund<br />

'ind bei Fuchs genau so dargestcllt wie heute. ebenso die minutiös kopierten Darstellungen<br />

von Geburt und Anbetung. Interessa nt i t, dass <strong>de</strong>r Altar vor 1905 nicht von ei nem<br />

Gesprenge bekrönt wur<strong>de</strong>, so n<strong>de</strong>rn schlicht mit einem relativ kleinen Kruzifix absch loß.<br />

ahezu unverän<strong>de</strong>rt präsentiert sich das Schleierwerk <strong>de</strong>s Schreins, während <strong>de</strong>r Schreinhintergrund<br />

erneuert wor<strong>de</strong>n sein muss.<br />

Zum ein zigartigen Dokument für einen früheren Zustand - vielleich t für <strong>de</strong>n originalen -<br />

wird die Zeichnung von Fuchs aber vor allem <strong>de</strong>shalb, wei l sie die ursprüngliche Pre<strong>de</strong>lla<br />

ze igt: Die Köpfe on Christus (in <strong>de</strong>r Mitte) und <strong>de</strong>n zwölf Aposteln . Diese Pre<strong>de</strong>lla i t<br />

verloren. es gibt keinerlei Beschreibungen darüber und e: fin<strong>de</strong>n sich keine Hinweise über<br />

ihr we itere. Schicksal. Wahrscheinlich ist. dass . ie vernichtet wur<strong>de</strong>.<br />

Über <strong>de</strong>r Pre<strong>de</strong>lla befin<strong>de</strong>t sich bei <strong>de</strong>n spätgotisehen Flügelaltären <strong>de</strong>r Altarschrein. Er<br />

wird als 'Bun<strong>de</strong>sla<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Neuen Bun<strong>de</strong>s'. mit Bezug auf die Lauretanische Litanei. mit<br />

Maria bzw. Christus gleichgesetzt. Im Schrein sind mehrere Einzelfiguren o<strong>de</strong>r eine weitere<br />

Szene figürlich o<strong>de</strong>r als Tafelgemäl<strong>de</strong> dargestellt. Im Zentrum stehen meistens Marieno<strong>de</strong>r<br />

Chri stusdarstellungen: die flankieren<strong>de</strong>n Heiligen sind Patrone <strong>de</strong>r Kirche o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Stifter. Als zentrale Dar. teilungen fin<strong>de</strong>n sich oft Geburt Christi , Anbetung <strong>de</strong>r Hei ligen<br />

Drei Könige. Verkündigun g. M ari enkrönung o<strong>de</strong>r Marientod. Da <strong>de</strong>r Altar die Stätte <strong>de</strong>s<br />

euchari sti schen Opfers Lind Mahles ist. sind Passion. themen naheliegend und häufig. Si e<br />

schmücken meist die Flügelaußenseiten (Werktagsseite) und Llmfa sen in Bräunlingen<br />

ac ht Einzelszenen. Die große Beliebtheit <strong>de</strong>r Anbetung <strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige erklärt<br />

sich durch die wichtige Rolle. die im Mittelalter die Zeugenschaft <strong>de</strong>r Geburt Christi als<br />

Be. eismittel ·pielte. Die Drei Könige. Wei en o<strong>de</strong>r M agier konnten die Wahrheit und<br />

Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>s Geschehens bezeugen. sie anerkannten durch ihre Gaben - Gold, Weihrau<br />

ch und M yrrhe - Christu s als König. Gott Lind Erlöser. Seit <strong>de</strong>m 15 . Jahrhun<strong>de</strong>rt verkörpern<br />

sie die damals bekannten drei Erdtei le Europa, Asien Lind Afrika Lind zugleich die<br />

drei Lebensalter - die ganze M ensc hheit erkennt Christus als ihren Gotlund König an.


16<br />

Die gleiche Rolle spielten auch die Hinen. die - wie in Bräunlingen - oft in zwci Szcnen im<br />

Hintergrund dargestellt wurdcn. Einmal. al~ ihnen ci n Engel die Geburt <strong>de</strong>s Erl ösers verkün<strong>de</strong>te.<br />

sodann, wenn sic durch Fenstcröffnungen o<strong>de</strong>r übcr Balken und Mauern <strong>de</strong>s Stalle<br />

' gelehnt, das göttliche Kind unmittclbar bctrachten dürren. Sie stehen in <strong>de</strong>r hierarch i­<br />

schen millclalterlichen Sozialordnung an untcrstcr Stellc - doch könnte ihrc Präsenz auf<br />

<strong>de</strong>m Retabcl durchaus i<strong>de</strong>ntitütsstiftend gcmeint sein: Die M ehrzahl <strong>de</strong>r Kirchenbesucher<br />

konnte sich sozial auf cincr Ebenc stchcnd mit <strong>de</strong>njcnigcn. die das Privileg hatten. dcn<br />

Heiland zucrst gesehen zu haben . wiedcrerkennen. Wic die Heiligen Drei Könige tragcn<br />

auch die Hirtcn zeitgenöss ischc Klcidung; das Geschchen wird '0 in die Realität dcr Betrachte<br />

r Lu r Ent stehungszcit <strong>de</strong>r Tafelbildcr vcrsetzt.<br />

Eine cbcnfalls wichtige Be<strong>de</strong>utung als Zcugcn <strong>de</strong>s Gcschchcns - Geburt wic Anbctung -<br />

habcn Ochs und Esel. Zum cincn nehmen sic Bczug auf das A lte Testament Jesaia 1.3: Der<br />

Ochsc kennt seinen Herrn und dcr Esel dic Krippc sei ncs Hcrrn . Zum an<strong>de</strong> rn reprä sentiercn<br />

sic auch das Ju<strong>de</strong>n- und das Hei<strong>de</strong>ntum: Der Ochse trägt das Joch <strong>de</strong>s Gesetzes (Ju<strong>de</strong>ntum),<br />

dcr Esel die Last dc ' Götzendienstcs - durch Christus wurdcn bei<strong>de</strong> da von befreit.<br />

'"<br />

Als Simmler 1905 <strong>de</strong>n Altar restauriertc, nahm er an dcn Inncnsciten dcr Flügel nur wenigc<br />

Korrekturcn vor (durch brüunlichcn Firnis erschien die gcsamte Malcrei, insbeson<strong>de</strong>re<br />

das Inkarnat, dunkler. Das Gesicht dcs dunk e lh ~iuti ge n c n Köni gs war durch eine violcllwe<br />

ißliche Übermalung aufgehcllt). In die Gestaltung dcr Außenseiten hatte Simmler jcdoch<br />

sta rk ci ngegriffen.<br />

Entstellt wi rkcn auch dic fünf Schrcinfigurcn. Die llLichige Farbgebung von 1905 läss t sie<br />

wie stcifc Kopien aus dcr Zeit <strong>de</strong>r eo-S tile crschcinen. Zentral figur <strong>de</strong>s Schreines ist<br />

Maria mit Kind. Ihr zur Scitc stehcn dic Hciligcn Katharina von Alexandrien, Barbara,<br />

Johanncs dcr Tüufer und Remigius. 17 Durch ihre A ttribu te zweifelsfrei gekennzeichnet<br />

sind Johanncs und Barbara: Katharina von A lexandrien hUlt nur noch ihr Schwert - vor<br />

1905 war ihr auch ihr Allribut, das Rad. bcigcgcben. L Dass es sich bci <strong>de</strong>m heiligen<br />

Bischof um Rcmigius han<strong>de</strong>ln muss. legt das Patronat nahe. Zu Füßen dcr Skulpturen am<br />

Altarschrein sind ihre Namcn aufgemalt.<br />

Wenig erhcllcnd. eher verwirrend, sind dic amcn. mit dcncn JOSEPII Fuclls zwei <strong>de</strong>r Skulpturen<br />

bezcichnet hat. Katharina wird zu gatha und Barbara zu Maria Martha. Einc Vcrwechslung<br />

von Katharina mit Agatha ist cigcntlich unmöglich. da einc Agatha ihr llribut.<br />

dic mcist auf cinem Teller licgen<strong>de</strong>n abgeschnillenen Brüste, nicht mit <strong>de</strong>r gegebencn<br />

Haltung dcr rme pr~i enticren könnte. währcnd Katharina ihr Rad nicht hält, son<strong>de</strong>rn es<br />

zu ihren Füßcn licgt o<strong>de</strong>r steht. Eine heilige Maria Martha ist nicht cx istent: dagegcn<br />

könnte Maria Magdalena gemeint gewesen sein. Die heilige Magdalcna wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Spätgotik gerne mit einer modischen. turbanartigen Kopfbe<strong>de</strong>ckung dargestcllt, doch fin<strong>de</strong>t<br />

: ich so lchcr Kopfschmuck ebenso bci fast jedcr an<strong>de</strong>ren weiblichen Heiligen dicser<br />

Zeit. beson<strong>de</strong>rs bei Barbara. Das Attribut. mit <strong>de</strong>m F CIIS die Hei lige darstellt. haljedoch<br />

we itaus mehr Ahnlichkeil mit <strong>de</strong>m Turm <strong>de</strong>r Barbara als mit <strong>de</strong>m Saibgefäß <strong>de</strong>r Maria<br />

Magdalcna.<br />

Dass J051:1' 1I FL'cHs die amcnszüge untcr dcn Schrein figurcn offensichtlich sch lecht cnt ­<br />

ziffern konnte. könnte cin Indiz dafür sei n. dass seine Zcichnung tatsüchlich <strong>de</strong>n wahrschei<br />

nlich <strong>de</strong>solaten Zustand dcs Altares vor 1859/60 dokumentiert. Für diese Annahme<br />

spricht auch. dass J.B. HORN NG als Zeuge für <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s A ltares im letzten Viertel<br />

<strong>de</strong>s 19.Jahrhun<strong>de</strong>rts die Katharina mit Rad gesehen halle.


Abb. 10: Geb1ll1 Christi . Flügel einesehcmaligen Retabe ls um 1465


18<br />

Die geschnitzten Figuren <strong>de</strong>s Schreins und die gemalten Retabe lflügel ze igen einige wesentliche<br />

gemeinsame Stilmerkmal e. am augenHilligsten die Gestaltung <strong>de</strong>r langen schmalen<br />

Hän<strong>de</strong> und die spitzwinklige Faltengebun g.<br />

Der Altar wur<strong>de</strong> aus kun. thi storischer Sicht lange Zeit we nig beachtet. HEil RICH FEUR TEIN<br />

versucht 1938 erstmals eine Zuschreibung aufgrund eines Hinweises von PA L REVELLlO. 19<br />

Das Bräunlinger Retabel wird <strong>de</strong>mnach <strong>de</strong>m Vi llinger M aler Balthasar Ge<strong>de</strong>rscher zugesc<br />

hrieben und ei ne Verbindung zu Wandmalereien im Gewölbe <strong>de</strong>r Sakristei <strong>de</strong>s ehemaligen<br />

Villinger Fran ziskanerklosters gezogen. Einer genau eren Prüfung hielt diese Zuschreibung.<br />

die letztlich wohl auf das Urteil H ANS ROTrs !O zurückgeht. nicht stand.<br />

ALFRED STA, GE sieht dagegen seeschwiibisc he Einllüsse: "Viele <strong>de</strong>r in diesen kleinen Städtell<br />

tätigeIl M({ler welLlell in KO/lStall : ge/ernl o<strong>de</strong>r II 'elligslens I'oriibergehend gearbeitet<br />

habell. Aber d({nll erscheineIl sie doch ihreIl eigellen pml·ill ::.iellell Weg gegllllgen ::.u sein. " ~ I<br />

Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Hinweise kamen von BERND KOI Rf\D Y Es muss sich um einen Maler <strong>de</strong>r<br />

Konstanzer Schule gehan<strong>de</strong>lt haben: direkte Zuweisungen an die namhaft gemachten Maler<br />

<strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s 15. Jahrhun<strong>de</strong>rts entfallen zwar. " ... doch kiinnen auch an<strong>de</strong>re.<br />

allOIlYIII gebliebelle Mitar beiler ulld M({ler ({US <strong>de</strong>lll \\'eilerell Umkreis <strong>de</strong>r Murer all <strong>de</strong>li<br />

Briilllllinger T(l{elll lälig gewese/l sein."'<br />

Die Murer stammten aus Ravensburg. Vier Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Familie sind namentlich bekannt:<br />

Paule Murer. <strong>de</strong>r aus Ravensburg nach Konstanz kam und 1457 starb; sein Bru<strong>de</strong>r<br />

Peter. <strong>de</strong>r 1446 von Schaffllausen nach Konstanz zog und 1469 starb; Hans Murer d.Ä.,<br />

Sohn <strong>de</strong>s Peter. in K on. tan z verstorben 1486 o<strong>de</strong>r 1487: Hans Murer d.J. verließ Konstanz<br />

nach <strong>de</strong>m Tod . eines Vaters und wa r danach zunächst in Ra vensburg, dann in Lindau.<br />

seit 1509 in St.Gallen täti g, wo er 151 9 starb. In <strong>de</strong>r Murer-Werkstatt arbeitete außer<strong>de</strong>m<br />

ein Schwiegersohn <strong>de</strong>s Peter Murer. Michael Pfen<strong>de</strong>r. mitY<br />

A ls Vergleichsobjekt zieht KONRAD die Flügel eines ehemaligen Retabels au s <strong>de</strong>m Kloster<br />

Sl. Katharinenthal bei Diessenhofen heran . Geburt und Besc hn eidung Ch ri sti darstellend.<br />

A llerdings steht diese Arbeit qualitativ wei t über <strong>de</strong>r on Bräunlingen. Diese Tafeln, um<br />

1465 entstan<strong>de</strong>n. befin<strong>de</strong>n sich heute im Schweizerischen Lan<strong>de</strong>smuseum Zürich (Abb. 10). 24<br />

A uch Details <strong>de</strong>r Besc hneidung ähneln <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>s Bräunlinger Werkes, doch soll hier 0 1'<br />

allem die Geburt Christi genauer betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Br ~i unlin ge r Geburt ist spi ege lverkehrl zu <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Klosters Katharinenth al angeordnet.<br />

Ins A uge springt zunächst die fast <strong>de</strong>ta ilgenaue Übereinstimmung <strong>de</strong>r Stallarchitektur<br />

und auch <strong>de</strong>r Stadt (Jeru sa lem) im Hintergrund . Eine exakte Kopie scheint <strong>de</strong>r Hirte bei<br />

<strong>de</strong>r Verkündigun g im Hintergrund zu se in (Abb. 13. 14).<br />

Phys iognomie, Haaransatz und -schmuck <strong>de</strong>r Gottesmutter von Katllarinental sind sowohl<br />

mit <strong>de</strong>r M adonna <strong>de</strong>r Bräunlinger Geburt als auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Anbetun g vergleichbar.<br />

Auffällig sind in allen drei Fällen Stofl'fülle und Faltenwurf <strong>de</strong>s Marienmantel s sow ie di e<br />

Gestaltung <strong>de</strong>r Krippe als einer strahlengeschmückten Mandorla. Schließlich haben die<br />

anbeten<strong>de</strong>n Engel und <strong>de</strong>r Verkündigungsengel große Ähnlichkeiten (Haltung, Gewän<strong>de</strong>r<br />

und Faltenwurf, Haare).<br />

Die Bräunlinger Retabelflügel ze igen keine <strong>de</strong>r sonst so häufig verwen<strong>de</strong>ten Pflanzensymbole<br />

- dies im Gegensatz zu <strong>de</strong>m Retabel von K atharinenthal. Jedoch fin<strong>de</strong>n sich aur<br />

bei<strong>de</strong>n Seiten (in Bräunlingen sowohl auf <strong>de</strong>n lnnen- als auch auf <strong>de</strong>n Außenseiten) die<br />

Darstellung verstreuter Erdklumpen o<strong>de</strong>r Steine sowie ähnlich ausgeführte "Kugelbäume".


19<br />

Abb. 11 : Verkündigung an Maria. Flügel vom ehemaligen M arienaltar<strong>de</strong>s M ei ters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg­<br />

Verkündigung. um 1465 (Fürstenberg-Sammlungen Donaueschingen).<br />

Abb. 12: Geburt Chlisti. Flügel (Feicrtag~sei l e) vom ehemaligen Marien3itar<strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung<br />

(Fürstenberg-Samllliungen Donaueschingen).


20<br />

Abb. 13: Hirte . Detail au~ <strong>de</strong>r Geburt C hri ~ ti .<br />

Retabel von SI. Katharinenthal.<br />

Abb. 14: Hirte. Detai l aus <strong>de</strong>r Geburt Christi.<br />

Retabel von ßräunlingen.<br />

Abb. 1:1: Hirte. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Chri,ti .<br />

Marienaltar <strong>de</strong>r Wcr<strong>de</strong>nberg-Verkündigung<br />

(Für,tcnberg-Sammlungen Donaue,chingcn ).<br />

bb. 16: Hirte. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Chri,ti.<br />

Retabel von Bräunlingen.


2 1<br />

bb. 17: Maria. Detail aus<strong>de</strong>rGebUrl C hrist i.<br />

Retabe l von Bräunlingen.<br />

bb. 18: Maria. Detail aus <strong>de</strong>r Geburt Christi.<br />

Marienaltar<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Yerkündigung(Fürstenberg-Sammlungen<br />

Donaucsehingen).<br />

Abb. 19: Ochs und Esel. Detail aus<strong>de</strong>rGeburl Abb. 20: Ochs und Esel. Detail aus<strong>de</strong>rGeburl C hrist i.<br />

C hri st i. Retabel von Bräunlingcn.<br />

Marienaltar<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Ycrkündigung(Fürstenberg-Sammlungen<br />

Donaucschingen).


22<br />

Bei <strong>de</strong>r Bräunlinger Geburt ist rec ht s im Hintergrund eine Kirche dargestellt, die<br />

S\.Remigius. von O. len nach Westen betrachtet. nicht unähnlich zu ein scheint - wenn<br />

man in Betracht zieht. dass nach <strong>de</strong>m Brand 1680 <strong>de</strong>r obere Tei I <strong>de</strong>s Turmes erneuert und<br />

das Dach <strong>de</strong>s Chores erhöht wor<strong>de</strong>n sind.<br />

Was <strong>de</strong>r Grund für die za hlreichen Übereinstimmungen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Altären gewesen<br />

sein könnte. ob es eine gemeinsame Vorl age gab o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bräunlinger M aler <strong>de</strong>n<br />

Flügel von SI.Katharinenthal mehr o<strong>de</strong>r weniger zu kopieren suchte. konnte bisher nicht<br />

gekl ärt wer<strong>de</strong>n. Dass Beziehungen zwischen Bräunlingen und SI.Katharinenthal - vielleicht<br />

auch z\ ischen <strong>de</strong>n Auftraggebern - bestan<strong>de</strong>n haben könnten. legen historisc he Tatsachen<br />

nahe: Das Dominikanerinnenkloster SI. Katharinenthal bei (ursprünglich in) Diessenhofen<br />

(Thurgau) gelegen, halle frühe Beziehungen zur Baa l'. 13 14 wur<strong>de</strong>n die Priorin und<br />

ihr Konvent als Bürgerinnen von Villingen aufgenommen. 1384 überträgt Rudolf von Blumberg<br />

seine unter an<strong>de</strong>rem aus einer erpfändung <strong>de</strong> Bi. chofs Heinrich von Konstanz herrühren<strong>de</strong>n<br />

Einkünfte " .. . <strong>de</strong>r kirchen :e Briilingen ... " an A gnes von Klingenberg. Klosterfrau<br />

in S\.Kath arinenwl und Witwe Burkarts von Blumberg.!5 loch 1703 be aßdas Kloster<br />

auf <strong>de</strong>r Bräunlinger Gemarkung Acker- und Wiesland 2 h Diessenhofen gehöl1e wie Bräunlingen<br />

wm Hause Habsburg. 13 13 erhielt Brliunlingen sein erstes umfassen<strong>de</strong>s Stadtrecht.<br />

die" Diessenhofener Freihei ten" .<br />

Eine weitere Verbindung lüsst sich zwisc hen <strong>de</strong>n Bräunlinger Retabelflügeln und <strong>de</strong>m Umkreis<br />

<strong>de</strong>r Konstan zer Werkstall <strong>de</strong>r Fami lie Murer her. teilen: Die Darstellungen aus <strong>de</strong>m<br />

Leben Marias <strong>de</strong>s M eisters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>n berg-Verkündi gung, entstan<strong>de</strong>n um 1465. Dieses<br />

Werk aus <strong>de</strong>r alten Heiligenberger Schlo. skapelle gelangte in die Sammlung <strong>de</strong>s Frei herrn<br />

von L aßberg und von dort in die Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen nach Donauesch<br />

ingen (Abb. 11. 12) n<br />

Diese drei Tafeln <strong>de</strong>s ehemaligen A ltares. gestiftet von Graf Irich 11. zu Wer<strong>de</strong>nberg­<br />

Heiligenberg. stellen im Millelteil die (<strong>de</strong>n otn amen geben<strong>de</strong>) Verkündigung mit Stifter.<br />

auf <strong>de</strong>n Flügelinnenseiten die Geburt und Anbetung Christi und auf <strong>de</strong>n ußenseiten<br />

je zwei Apostel dar. Abgesehen von qualitative n ntersc hie<strong>de</strong>n sind die Ähnlichkeiten im<br />

Großen und Übereinstimmungen in Detai Is so überzeugend. dass ein Zusammenhang zwischen<br />

<strong>de</strong>r Wcrkstall <strong>de</strong>~ M eisters <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg- Verkündi gun g und <strong>de</strong>m M aler <strong>de</strong>s<br />

Bräun linger Retabels gegeben sei n muss: lle drei Darstellungen <strong>de</strong>r Heiligen Jungfrau<br />

(Abb. 17. 18) stellen in Haltung und usd ruck <strong>de</strong>n gleichen Typu s wie in Bräunlingen dar.<br />

Der M antel <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-M adonn a ist - ebenso wie in Katharinental - dunkelblau. in<br />

Bräunlingen dagegen weiß. Doch ze igen Gewandfülle und Faltengebung wie<strong>de</strong>rum Übereinstimmung.<br />

Das göttliche Kind liegt in Donaueschingen in einer Strah lenmandorl a -<br />

hier sind die Darstellungen von Katharinental und Brliunlingen sich ähnlicher. Gut vergleichbar<br />

sind die anbeten<strong>de</strong>n Engel. <strong>de</strong>r Verkündigungsengel bei <strong>de</strong>r Geburt sowie die<br />

auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n verteilten Erdk lumpen b7.w. Steine. Der die Geburt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s als Zeuge<br />

beobachten<strong>de</strong> Hirte <strong>de</strong>r Bräunlinger Tafel. <strong>de</strong>r die typische spütmittelalterliche bäuerliche<br />

kapuzenarti ge Kopfbe<strong>de</strong>ckung und einen Hut Lrägt. <strong>de</strong>r auflallen<strong>de</strong>r Weise bi s über die<br />

Augen gezogen ist. fin<strong>de</strong>t sich auch bei <strong>de</strong> m Donaueschinger Bild wie<strong>de</strong>r (Abb. 15. 16).<br />

Ochs und Esel. bei<strong>de</strong> M ale bei Geburt und A nbetung dargestellt. gleichen einan<strong>de</strong>r. Der<br />

Ochse trügt fast menschliche Züge, se in Gesichtsausdruck kommt einem L ächeln nahe<br />

und ~cine Hörner haben eine charakteristi sche Form (Abb. 19. 20).<br />

Sch ließlich lohnt es sich auch. die Physiognomien <strong>de</strong>r han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Personen zu vergleichen<br />

: Josef mit Josef, Jose f mit Thom


23<br />

·S.:g ilmb·b·~. 1lI~ fIlnttllID<br />

lIUGUM rrtlJo (Ortü lIritan~<br />

bb. 2 1: Apostel. Flügel (Werktagsseite) d e~ M arienaltars<strong>de</strong>rWer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung (Fürsten berg­<br />

Sammlungen Donaueschingen).<br />

Abb. 22: A nbetu ng <strong>de</strong>r Könige. Teil eines Flügelretabel. um 1480 unbekannter Herkunft (Diözesanmu<br />

~e ulll ROllenburg).


24<br />

vier A postel. respekti ve ihrer Ge~ än<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Br ~i unlin ge r Schreinfiguren. Die<br />

gemalten lostel wirken durch ihre Haltung etwas steif. sind aber gleichzeitig plasti sch.<br />

Die gemalten Falten <strong>de</strong>r Unterklei<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Mäntel bzw. togaa rtigen .. berwürfe sind<br />

scharf gezogen, so dass sie Assoziationen an geschnitztes Holz wecken (Abb. 21).<br />

Schließlich soll ein drittes Objekt eingehen<strong>de</strong>r betrachtet wer<strong>de</strong>n: Im Diözesanarchi v Rouenburg<br />

befin<strong>de</strong>n sich zwei um 1480 entstan<strong>de</strong>ne AltarnLigelunbek annter Herkunft. Sie zeigen<br />

eine Geburt und Anbetung, die mit <strong>de</strong>m M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nberg-Verkündigung in<br />

Verbindung gebracht wer<strong>de</strong>n (Abb. 22).!X<br />

Vor allem die Behandlung <strong>de</strong>r GewUn<strong>de</strong>r Mariens liisst an <strong>de</strong>n M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>nbergerkündi<br />

gun g <strong>de</strong>nken. Die überproportionallangbeinigen und schlanken Figuren <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

stehen<strong>de</strong>n Kön ige erinnern an <strong>de</strong>n dunkelhäuligen König von Bräunlingen, doch ist<br />

die Klei dung <strong>de</strong>r K önige in ROllenburg ungleich priichtiger - eher ve rgleichbar mit St.<br />

Kath arinen thal .<br />

Die Konstruktion <strong>de</strong>s Stall es - in ROllenburg aber in an<strong>de</strong>rer Perspektive - scheint <strong>de</strong>nen<br />

in Briiunlingen und Zürich iihnlich zu sein: Ochs und Esel haben wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n gleichen<br />

Ausdruck.<br />

Der Bildhintergrund ze igt auf <strong>de</strong>r Rottenburger Tafel einen Berg, in Bräunlingen einen<br />

Hügel. an <strong>de</strong>m in einer Rechtsk urve ein mit run<strong>de</strong>n teinen übersäter Weg vorbeiführt.<br />

Auch die Bäume entl ang <strong>de</strong> ' Weges zeigen ge talteri:che Ähnlichkeit.<br />

ich t unerwähnt bleiben so ll eine Geburt Christi 2~ , datiert um 1480. auf Schloß Lichtenstein<br />

, die wie<strong>de</strong>rum ganz direk t mit <strong>de</strong>n Bräunlinger Retabelllügein in ges talteri scher Verbindung<br />

zu stehen scheint und vom M eister <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>n berg-Verkündigung beeinllusst<br />

sci n kann .<br />

Gewiss ist die Liste <strong>de</strong>r Vergleichsobjekte bei we item nicht vollständig, doch dürfte das<br />

angeführte M aterial genügen. um zu ze igen. wo <strong>de</strong>r Schöpfer <strong>de</strong>s Bräunlinger Flügelaltars<br />

künstlerisch eingeordnet wer<strong>de</strong>n muss.<br />

Zwischen allen genannten Werken - aus Zürich. Donaueschingen. Roltenburg und Lichtenstein<br />

bestehen gestalteri sche Querverbindungen. Qualitati v sind alle diese Werke besser<br />

als das Bräunlinger Retabel. Dieses ist aber das einzige unter <strong>de</strong>n bis j etzt verglichenen ,<br />

das vollständi g erhalten ist und noch an seinem rsprungsstandorL <strong>de</strong>r Remigiuskirche,<br />

steht.<br />

Die Werkstatt <strong>de</strong>r Familie Murer in Konstanz bes tand drei Generationen lang und beschäfti<br />

gte eine Vi elzahl von Mitarbeitern. Ihr ist woh l, so BERND KONR D. "... ein Großteil <strong>de</strong>r<br />

KOl/swl/ ::.er Malerei ::.~r iscll e l/ U 50 1ll/d l-IlW ::,u::'/II l'eisel/ ." '0 Daher ist die relativ große<br />

Anzahl vergleichbarer Werke ni cht ve rwun<strong>de</strong>rlich. ebensowenig wie die Tatsache, dass<br />

neben Auftraggebern aus A<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r Geist lichkeit, die hier arbeiten ließen. auch beschei<strong>de</strong>nere<br />

A nsprüche. wie z. B. die <strong>de</strong>r kleinen Pfarrei in Bräunlingen. befriedigt wer<strong>de</strong>n konnten. ln<br />

diesem Zusammenhang ist <strong>de</strong>r Hinweis TIIOMA GR ÜNEW LDS, dass <strong>de</strong>r Tafelmaler das<br />

teure Blattgold gespart und die Nimben aus sogenann tem "Zwischgold ". das ist eine preis­<br />

\. ene dünne. doppelte Folie aus Blattgold und -silber. hergestellt haI. wichtig.<br />

Erfreulich. dass durch das Zusammenwirken Vieler die aurwendige Restaurierung <strong>de</strong>r<br />

altcn Kirche ausge führt und sie am I.Oktober 1999 - <strong>de</strong>m Tag <strong>de</strong>s Patroziniums <strong>de</strong>s Heiligen<br />

Remigius - wiedcr eingeweih t wer<strong>de</strong>n konnte.


25<br />

Anmerkungen<br />

I ) Pfarrarchiv Bräunlingen, Erneuerte Stiftung~urku n <strong>de</strong>n. ungeordneter Bestand<br />

2) Lan<strong>de</strong>s<strong>de</strong>nkmalamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. AußensteIle Freiburg. Liste <strong>de</strong>r arch äologi ehen<br />

Kunst<strong>de</strong>nkmale - Entwurf - Stand 12/ 1990. A Z 34/MS<br />

3) Erzbischön.Ordinariat Freiburg: Schriftverkehr großherzogl. Konservator, Nachl aß Gimer I.<br />

Fach No. 6 Nr. 57, Brief an das großherzogliehe Ministerium <strong>de</strong>r Kultur 15 .4. 1905<br />

4) Pfarramt Bräun linge n: Beri cht vom Glockeninspektor<strong>de</strong>r Erzdiözese Freiburg. Kurt Kramer.<br />

Karl sruhe, Nr. G 490<br />

5) Mündliche Mitteilung von Herrn KURT K RA IER und se in Beri cht vom 13.8. 1991 an das<br />

katholische Pfarramt Hüfingen<br />

6) HORNUNG. S. 430<br />

7) REICH. S. 5<br />

8) Brief vom 15.4.1905. siehe Anm. 3<br />

9) Brief von Bürgermeister BERTSCHE an Bezirksamt Donaueschingen am28. 11.1906. Diözesanarchi<br />

v Freiburg: ach laß Gintel', I, Fach I 0.6. An dieser Stelle danke ich Herrn Restaurator<br />

TH OMAS GR ' NEWALD für seine Hinwe ise.<br />

10) Pfarrarchi v Bräunlingen: IX, b Kirchenbaulichkeiten. betr. die Gottesackerkirche, <strong>de</strong>ren bauliche<br />

nterh altung. 190-+ f.<br />

11) Pfarrarchi v Bräunlingen: a.a.O. Brief von Dekan M ETLan kath . Oberstiftungsrat in Karl sruhe<br />

vom 10.1.1905<br />

12) Pfarrarchi v Brüunlingcn: a.a .O.. Rechnung <strong>de</strong>r Firma Silllmier vom 10.2. 1905<br />

13) Zum Vergleich können SIMMLERS Werke in <strong>de</strong>r Stadtkirche Bräunlingen 'owie seine Äußerun<br />

gen in Briefen heran gezogen wer<strong>de</strong>n (PFarrarchiv Bräunlingen: IXa. Kirchenbau lichkeiten.<br />

Betreff: Erbauung <strong>de</strong>s schmerzhaft en Muttcrgortesaltares in <strong>de</strong>r Pfarrkirche. 188 1)<br />

14) Der gebürtige Br ~iunlin ge r JOSEPH FUCHS kam in <strong>de</strong>n Genu ss eines St ipendiums <strong>de</strong>s Fürsten<br />

von Fürstenberg, studi erte in München und 1844/45 in Rom. Er war vor allem als Kirchenmaler<br />

tätig und lebte und starb in München.<br />

15) TH OMAS GRÜNEWALD. Bericht zur Konservicrun g und Restaurierung <strong>de</strong>s Choraltare s <strong>de</strong>r<br />

Remigiusk irche, 1999. S. 13<br />

16) Lex ikon <strong>de</strong>r christlichen Ikonograph ie. Bd.2. S. 92<br />

17) KÖHLER . S. 159und Anlll. 37 : Fünffigurenschreine sind am Oberrheinnicht erh alten. Einzige<br />

Ausnahme ist Bräunlingen. Fo lgt Illan <strong>de</strong>r landschaftlichen Zuordnung KÖHLERS. stellt die<br />

Anzahl <strong>de</strong>r Bräunlinger Schreinfiguren also eine Beson<strong>de</strong>rheit dar.<br />

18) HORNUNG, S. 43 1<br />

19) FCURSTEIN. S. 1451'.<br />

20) Ron. S. LXXII f<br />

2 1) STANGE, S. 155<br />

22) Schriftliche Mitteilung von BERND KONRAD vom 18.7. 1999 an Restaurator Thoma Grünewaid.<br />

Bci<strong>de</strong>n Herren danke ich flir diesc Hinweisc.<br />

23) vgl. KONRAD. S. 36 11.<br />

24) KNOEPFLI, S. I 89IT .. Schweize ri sc hen Lan<strong>de</strong>smuscum Zürich (lnv.- r. 196 1/62)<br />

25) WOll_ASCH. S. 12 (09: FF26/4) 49 und S. 3081'. (T25) 1632<br />

26) RECH. S. 120f.<br />

27) GRIMM & Ko RAD. S. 108fr. , Inv. r. 12<br />

28) A LFRED STANGI:. a.a.O. S. 155. Inv.Nr.2.20.<br />

29) ALFRED STAI GE, a.a.O. S. 155 und Abb. 333. Zum Vergleich auch: STANGE, IX. Abb. 92.<br />

Michael Wolgelllut ( 1434- 151 9). Ei ne Verbindung zwi 'chen <strong>de</strong>n Werkstätten Murer in Konstanz<br />

und Wolgelllut in Nürnbcrg mag es - bcispielsweise durch wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Gesellen - gegebcn<br />

haben. Die Gestalt <strong>de</strong>r M uri a uuf <strong>de</strong>m Retabel von Schloß Lichtcnstein. insbeson<strong>de</strong>re ihr<br />

we ißer Mantel mit <strong>de</strong>m charakteri sti schen Faltenwurf. ihre Handha ltung. auch die anbeten<strong>de</strong>n<br />

Engel und schließlich sogar das - hi er halbrun<strong>de</strong> - abschließen<strong>de</strong> Maßwerk mit einem<br />

Dreipass und stilisierten Lilien lassen an Bräunlingen und dic Murerwerkstan <strong>de</strong>nken.<br />

30) KONRAD. :1.


26<br />

Schrifttum<br />

FEURSTf:I:-'. H. ( 1938): A lle Kunst in <strong>de</strong>r Baar. Badi~ehe Heimat. Die Baar<br />

GRI~I~I . c.. K O:-JRAD B. ( 1990): Die Fürstenberg~ammlungen Donauesehingen. A ll<strong>de</strong>ut. ehe und<br />

schweizerische Malerei <strong>de</strong>~ 15. und 16. Jahrhun<strong>de</strong>rts. München<br />

HORNU 'G. J. B. ( 1964): Geschichte <strong>de</strong>r Swdt Bräunlingen. Bräunlingen<br />

KNOEPFLI . A. ( 1989): Die Kunst<strong>de</strong>nknüiler <strong>de</strong>s Kanton Thurgau IV. Basel<br />

KONKAD. B. ( 1990): Bo<strong>de</strong>nsee malerei - Die frühen Tafelbil<strong>de</strong>r. In : GRIMM & KONRAD, Die Fürstenbcrgs


27<br />

a lll rge~chi dllC <strong>de</strong>r Baar<br />

DOllallc ~c hill gc ll<br />

3 1. Miü-I: 2000<br />

Die lateinischen Pfarrerchroniken<br />

von Schramberg 1675 - 1734<br />

Entzi ffert und ins Deutsche übersetzt<br />

von Dankwart Schmid<br />

Vo rbemerkung <strong>de</strong>r Schriftleitung<br />

Die "Chroni cae Sacerdotitiae Parochiae Schramontanae renovatae Anno Domini 1809".<br />

also die "Pri esterchron i ken <strong>de</strong>r Pfarrei Schram berg erneuert im Jahr <strong>de</strong>o Herrn 1809".<br />

beginnen mit einer Abfolge <strong>de</strong>r Schramberger Pfarrer "seit M enschenge<strong>de</strong>nken " und sind<br />

<strong>de</strong>r fo lgen<strong>de</strong>n Übersetzung im Anhang beigefü gt. Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n ältesten<br />

Blätter <strong>de</strong>r Chronik im Faksimile und mit vo llständigem lateinischen Tex t samt Übersetzung<br />

ins Deut ehe wie<strong>de</strong> rgegeben. Das älteste Blatt wur<strong>de</strong> von Pfarrer nastasius Göbel<br />

um 1635 angelegt. Das zweitälteste ist undatiert, wur<strong>de</strong> aber von Pfarrer Gabriel Schweikal1<br />

kalligraphisch gestaltet, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m 1648 verstorbenen Pfarrer Leonh ard M esslang nachfolgte<br />

und wahrscheinlich bald danach das Blatt verfertigte. Eine Epi so<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Leben<br />

Schweikarts ist <strong>de</strong>m Anhang zu entnehmen. Die eigentliche Chronik, das " Diarium", wur<strong>de</strong><br />

erst 1675 vom achfolger Schweikarts. <strong>de</strong>m Pfarrer Hieronymus Sichler. begonnen<br />

und ab 1699 von <strong>de</strong>ssen Nachfolger Johannes Hüener bis 1734 fortgesetzt. Mit einem<br />

Nachtrag von 1738 en<strong>de</strong>t Band I . Band 2 enthält nur wenige Lateinische Tex te, setzt aber<br />

die Ausführungen zur Geschichte in <strong>de</strong>utscher Sprache fort. lhre Veröffentlichung ist <strong>de</strong>rzeit<br />

nicht vorgesehen.<br />

Nicht nur wegen <strong>de</strong>r unterschiedlichen Handschriften. son<strong>de</strong>rn auch wegen mancher Abkürzungen<br />

und infolge sc hadhafk r Seiten war es nicht immer leicht, die Tex te zu entziffern<br />

und angemessen zu übersetzen. Das von Prof. Dr. Dankwart SCHMID in mühseliger aber<br />

erfolgreicher A rbei t gewonnene Ergebni s macht un s eine neue wichtige Quelle zugänglich.<br />

die über schwieri ge Zeiten, vornehmlich während <strong>de</strong>r Erbfolgekriege. aus <strong>de</strong>r Sicht<br />

aufmerksamer Zeitzeugen berichtet: dafür 'ind \. ir <strong>de</strong>m Übersetzer zu Dank verpfl ichtet.<br />

Die vielseitigen Beobachtungen und Beurteilungen <strong>de</strong>r jeweiligen hi stori schen Ereignisse,<br />

<strong>de</strong>r örtlichen Begebenheiten, <strong>de</strong>s Wett ers, <strong>de</strong>r Preise. sind nicht nur fi.ir Schramberg<br />

und se ine direkte Umgebung interessant. son<strong>de</strong>rn zeigen auch dari.iber hinaus Beziehungen<br />

zu Ereigni ssen und Personen in <strong>de</strong>r ze ntralen Baal' bis Villingen auf. Auch darum sind<br />

die "Schri ften <strong>de</strong>r B aal''' ein angemessener Ort für die Veröf1'entlichung <strong>de</strong>r Schramberger<br />

Chroniken. Für namhafte Beiträge zu <strong>de</strong>n Druckkosten danken wir <strong>de</strong>r Stadt Schramberg<br />

und H errn Prof. Dr. SCHMID herzlich. (G.Rt.)


28<br />

. ' .<br />

.. ~<br />

'.<br />

~.


29<br />

Ältestes Original blatt eines Schramberger Pfarrers<br />

Principium ex eo. qui<br />

nus omnibus est omnia.<br />

Poenitentiam agire. inquit Dominus Petrus, et baptizetur unu quisque vestrum, in nomine<br />

JESU Christi. in remi ssionem peccatorum veSlrorum. atque accipieri s donum Spiliws Sancti .<br />

(A ct. 2).<br />

Anno Salutis MDCXXXIIX vigesimo quarto Decembris.<br />

Schrambergensium Pastoralem curam suscipiens in vocato SS . Trinitatis nomine et Beati s­<br />

simae Virginis M ari ac, atque omnium Caelitum suffragiis. adminislrare incepi. Antece sorum<br />

<strong>de</strong> ignatione nulla reperta l huic Iibro inserendorum, initium po ui .<br />

Pro i<strong>de</strong>bam Dominum in conspectu meo semper. quoniam a <strong>de</strong>x tris e t mihi. ne commo ear.<br />

(PsaI.15)<br />

Hle. 2<br />

Anastasius Göbl<br />

Rottwilanus.<br />

bersetzung<br />

Der Anfang liegt bei <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r Allein allen alles ist.<br />

Tut Buße, , agl <strong>de</strong>r Heilige Pelrus. und es lasse sich taufen j e<strong>de</strong>r von Euch, auf <strong>de</strong>n Namen<br />

JESU Christi , zur Vergebung Eurer Sün<strong>de</strong>n, und ihr wer<strong>de</strong>t die Gabe <strong>de</strong>o Heiligen Geistes<br />

empfangen. (Aposleigeschichte 2).<br />

Im Jahre <strong>de</strong>s Heils 1638. am 24. Dezember.<br />

Mit <strong>de</strong>r Übern ahme <strong>de</strong>r Fürsorge für die Schramberger Pfarrei, nach Anrufung <strong>de</strong>s Namens<br />

<strong>de</strong>r Heiligsten Dreifaltigkeit. <strong>de</strong>r Glückseligsten Jungfrau Maria und <strong>de</strong>r Fürsprache<br />

aller Himmlischen habe ich mein Amt begonnen.<br />

Da ich kein Verzeichni s meiner Vorgänger gefun<strong>de</strong>n habe, die ich diesem Bu ch hätte<br />

einbeziehen können, habe ich <strong>de</strong>n Anfang gemacht.<br />

Ich sah <strong>de</strong>n Herrn vor meinem Anges icht immer, <strong>de</strong>nn er ist zu meiner Rechten, damit ich<br />

nicht wanke. (Psalm 15).<br />

In Demut<br />

Anastasius Göbl<br />

aus Rottweil<br />

I ) von an<strong>de</strong>rer Hand an <strong>de</strong>n Rand geschrieben: bellorum turbine mulla perierunt. bone ir. non<br />

omnes fuinws in tuto siCUI tu .<br />

2) die Lesung kann al s " Humile" ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n: zu Deutsch: " in Demut".<br />

3) von an<strong>de</strong>rer Hand


3 1<br />

ZweitäItestes Originalblatt eines Schramberger Pfarrers<br />

Diß Buech begrei fft <strong>de</strong>rn amen all,<br />

I . So gwaschen seindt Von Adams Fahl.<br />

2. A uch so eier zeitlich todt genommen:<br />

3. Undt so in dEhe mit Willen kommen.<br />

Wo ie<strong>de</strong>r gschriben findst du wol,<br />

Wan suechst.wo man recht suechen so ll.<br />

Wem dise Ordnung ietzt nit grelt,<br />

<strong>de</strong>m ist zue seiner will Cür gstelt.<br />

Ein an<strong>de</strong>re form zu fangen an:<br />

Einer nit allen recht thun khan.<br />

B. I Was Gabriel ge chriben hat<br />

steht redlich auff eins ie<strong>de</strong>n blat.<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r khin<strong>de</strong>r ins gemein .<br />

Die erste Cellul nimmet ein.<br />

2 Die aneler stell eies M onats ist.<br />

3 Die dritt nennet <strong>de</strong>n neuen Christ.<br />

4 Das vierte orth <strong>de</strong>n Elteren k e rt. ~<br />

5 Die fün ft dich seine götl' lehrt.<br />

6 Die 'echste za igt dir gleich zur hanelt.<br />

Wa j e<strong>de</strong>r gfüehret für einen stanelt.<br />

G.S .. DI.G. S. et Cap. li R o t.D . ~<br />

Veritas.<br />

Non est vestrum nosse tempora el 11l0menta, quae posuit pater<br />

in potestate sua.<br />

Qu a <strong>de</strong> Cau 'a<br />

Ol1lnem cre<strong>de</strong> diel1l ti bi diluxisse Suprel1lul1l .'<br />

Aequi voc


32<br />

'-<br />

. ... .:t


33<br />

Tagebuch ab <strong>de</strong>m Jahr 1675<br />

Hoc hverehrter, vortreFn icher Herr Pfarrer. verehrungswürdiger Nachfolger in <strong>de</strong>r Pfarrei<br />

Schramberg.<br />

Wolle es mir nicht als Feh ler anrechnen. dass ich voller Wissbegier<strong>de</strong> dieses Tagebuch<br />

zusammengeschrieben habe. damit achkommen<strong>de</strong> wissen können. was zeitlich hier und<br />

an<strong>de</strong>rswo geschehen ist. Der dies schrieb, war Hieronymus Sichler, geboren in RottweiI,<br />

Pri ester im Canonikat Wald see. im lahr 1675 zur Zeit <strong>de</strong>r herbstlichen Fronfasten aus<br />

Sulgen nach <strong>de</strong>m Hingang <strong>de</strong>s verehrungswürdigen Herrn Gabriel Sehweikard. löblichen<br />

Dekans <strong>de</strong>s Rott we iler K apitels. nach Schramberg beför<strong>de</strong>rt.<br />

1675<br />

In diesem Jahr erstand wie<strong>de</strong>r die Kirche zu Aichhal<strong>de</strong>n in höherem Glanz als zuvor. durch<br />

Wie<strong>de</strong>raulbau: ebendort steht ein auf meine Kosten errichteter Altar. Die ursprünglich<br />

geweihte Kirche ist 1674 aus mange ln<strong>de</strong>r Sorgfalt <strong>de</strong>r dort nächtigen<strong>de</strong>n Lüneburgischen<br />

Soldaten durch einen Brand zerstört wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r auch mehrere HLiu ser erfass te.<br />

Z u A nfang <strong>de</strong>s Jahres wütete fürch terlich die ungarische Krankheit ( Pest) unter <strong>de</strong>n<br />

Sulgenern und Aichhal<strong>de</strong>nsern. so dass <strong>de</strong>r grau same und ver<strong>de</strong>rbliche Tod während dreier<br />

M onate mehr als SO aus unserer Mille ri ss und wohl noch mehr wegzugehen zwang:<br />

<strong>de</strong>nn allein im M onat Februar. ich schweige von <strong>de</strong>n übrigen, ließen sich über SO Kranke<br />

außerhalb <strong>de</strong>s Kirchenbezirks bringen.<br />

1676<br />

In <strong>de</strong>n Österlichen Feiertagen hat ein trei t. <strong>de</strong>n die Edle Herrin Colonella von Bissing auf<br />

Betreiben <strong>de</strong>r Pfarrgemei n<strong>de</strong> in Gang gebracht hatte. ein glück liches En<strong>de</strong> ge fun<strong>de</strong>n. r­<br />

sache für <strong>de</strong>n Streit bot I . die Wiese beim Spital. 2. die Taufgel<strong>de</strong>r und 3. die Entschädigung<br />

für die weiter entfernten Kranken. Die Wiese kam <strong>de</strong>. halb ins Gere<strong>de</strong>, weil die intriganten<br />

Schramberger behaupteten. Georg Müller. <strong>de</strong>r sich damit ein dauern<strong>de</strong>s JahresgecWchtnis<br />

gesichert hatte. habe die Wiese für die Stiftung nicht verwen<strong>de</strong>n können. weil<br />

sie nicht sein Eigentum gewesen sei. Wo doch <strong>de</strong>r Ortsherr <strong>de</strong>m Müller, <strong>de</strong>r die Pflicht<br />

hatte. als Wegmeister die vom Regen zerstörten Wege zu reparieren. die Wiese unter <strong>de</strong>m<br />

gu ten und gerechten Titel gleicherm aßen <strong>de</strong>r Schenkung und <strong>de</strong>s Kaufs übergeben hatte.<br />

Es vergingen mehr als 40 Jahre. bis zum erstenmal <strong>de</strong>r Pfarrer im ruhigen Be itz von <strong>de</strong>n<br />

unruhigen Schrambergern. die <strong>de</strong>m Pfarrherrn nicht immer geneigt waren, ge tört wur<strong>de</strong>.<br />

2. Wei ter brachte die Pfarrgemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>m eupfarrer Verwirrung wegen <strong>de</strong>r Taufgel<strong>de</strong>r:<br />

sie sagten nämlich. vor Kriegsbeginn sei <strong>de</strong>m Pfarrer nur eine gewisse M enge Wein und<br />

Brot gegeben wor<strong>de</strong>n. die schließlich auf 6 Batzen! angewachsen ei. und so seien die 6<br />

Batze n wegen <strong>de</strong>r un sicheren Kriegszeiten eingeführt wor<strong>de</strong>n. Dies sagten freilich nur die<br />

SchwLitzer und ei nige Leute, die ihre ase in alles hineinstecken. ohne j e<strong>de</strong>n Grund. 3. Es<br />

quälten aus <strong>de</strong>r Schramberger Pfarrgemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>n eupfarr'er dauernd die entfernter Wohnen<strong>de</strong>n<br />

wie Eselbach. A ufm Bühl. Kirnbach. Finsterbach. die ein PFerd für <strong>de</strong>n Pfarrer zur<br />

Versorgung <strong>de</strong>r Kranken zu stellen pflegen. und dann für die Arbeit 6 Batzen bezahlen,<br />

und die jetzt nur 3 Batze n. wie die Nüherwohnen<strong>de</strong>n geben wollten. Diese Streitigkeiten,<br />

von <strong>de</strong>n Unruhestiftern aufgegriffen und nach Konstan z vor <strong>de</strong>n Ri chter geb racht. haben<br />

durch ein Dekret zugunsten <strong>de</strong>s Pfarrers endlich das erwünsc hte En<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n: dadurch.<br />

I )<br />

A ngaben Z lI Geldsort en. Maßen lind Gewichten s. "Tabelle" im A nhang.


34<br />

dass die Ed le Herrin Colonella. mit ihren Bcamten, <strong>de</strong>n Neupfarrer in <strong>de</strong>n ruhigen Besitz<br />

<strong>de</strong>r Wiese beim Spital für alle Zukunft vor gesamter Gemein<strong>de</strong> feierlich einsetzte, damit er<br />

sic nach Belieben nützen o<strong>de</strong>r verpachten könne; und in<strong>de</strong>m sie als Taufgel<strong>de</strong>r 24 Kreuzer,<br />

und zur Versorgung für die entferntcr Wohnen<strong>de</strong>n ebenso 24 Kreuzer. für die Nahege legenen<br />

aber 12 Kreuzer dauernd ohne jedcn Wi<strong>de</strong>rspruch zu geben befah I. Wi<strong>de</strong>rspensti gen<br />

und Wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> eine empfindliche Strafe bestimmt. Jetzt, GOll sei Lob und<br />

Dank. besitzt <strong>de</strong>r Pfarrer von Schramberg und seine Nachfolger die Wie e wie früher und<br />

die übrigen Stolrcchte in aller Ruhe. und so ist se ine Stcllung in Frie<strong>de</strong>n gesichert.<br />

m etwa diese Zeit schweiften Wölre weit und breit umher und wüteten gegen die Kin<strong>de</strong>r;<br />

aus <strong>de</strong>r Gegcnd um Schramberg raubten sie drei weg und fraßen sie auf: einer von Finsterbach<br />

wur<strong>de</strong> schwer ve rletzt; diese wölfische Raublust wütete auch in Seedorf und an<strong>de</strong>rwUrts.<br />

Soldaten. in Winterquartiere gebracht. wütcten ebenso gegen die Beutel <strong>de</strong>r Bauern: <strong>de</strong>n<br />

Schrambergcrn wurdc Oberstl eutnant Zarte zutcil. mit einer Kompanie Lothringer Reiter<br />

unter <strong>de</strong>m Befehl von Baron M ercy.<br />

1 6 7 7<br />

A m 27. April verließen auch die Lothringischen Dragoner in <strong>de</strong>r Gegend von Schramberg<br />

ihr Winterquartier unter <strong>de</strong>m Herrn K apitän La Hausse, einem maßvollen und vieler Ehre<br />

würdigen Mann. Doch dauern<strong>de</strong> und fa st unerträgliche Beitreibungen leerten überall so<br />

die Beu tel <strong>de</strong>r Bauern, dass man häLle schwören können, es wer<strong>de</strong> ein Vacuum vol lbracht.<br />

we nn nich t ein phi losoph isc hes. so doch cin bUuerliches.<br />

Am 5. Juni übernachteten fran zös ischc Dragoner. mit sächsischen vermischt. in <strong>de</strong>r Region<br />

Schramberg. Die Bauern flohcn davon und ließen ihre Häu ser im Rücken: die darüber<br />

aufgebrachten Soldaten legten ihre ruchlosen Hän<strong>de</strong> an Backöfen und Scheuern und zerstörten<br />

wohl gemut Backöfen und brannten Scheuern nie<strong>de</strong>r.<br />

Ganzentsetzlich undmchr als an<strong>de</strong>re litt das Sulgener Pfarrhaus; kein Glas in <strong>de</strong>n Fenstern<br />

war unbeschUdigt geblieben. on<strong>de</strong>rn gar alle ohne Ausnahmc herausgehauen.<br />

Wehe dir. Franzose! Wenn j enc Soldaten, die so übel gegen Backöfen und so unbarmherzig<br />

gegen Scheunen wüten, auf <strong>de</strong>in Haupt das Oprermehl häufen, wirst du sicher nicht<br />

mehr um <strong>de</strong>n Sieg kämpfen , so n<strong>de</strong>rn das Sichere vcrlieren. <strong>de</strong>in trauri ges Los beklagend.<br />

Was so am grünen Holz geschieht, was wird dann am dürren (nämlich beim Feind) geschehen')<br />

1 6 7 7<br />

m Weihnachten herrschte eine unge\.vöhnliche Teuerung bei <strong>de</strong>n Leben mitteln: ein Simri<br />

Dinkel kostete 50 Kreuze r. ein Simri Hafer 24 Kreuzer. ein Ei I Kreuzer. Um Plingsten<br />

wur<strong>de</strong> auch eine alte Kuh gelegentlich um 24 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />

Gegen Enele August feierte <strong>de</strong>r Hochwürdigs te Herr Dr. Gnan. vier Jahre zuvor zum D e­<br />

kan erwä hlt. die erste Kapitel-Zusammenkunft, wobei zwei Deputierte neu aufgenommen<br />

w ur<strong>de</strong>n. nümlich <strong>de</strong>r prarrer von Wolrach und eier von Schramberg. eier ich das schreibe.<br />

Gegen En<strong>de</strong> September erschütterte Kriegsgerücht elen Wald und Schwaben. als die Franzoscn.<br />

wä hrend die Unsrigen erschöpft wa ren, über dcn Rhcin zu uns zurückkehrten und<br />

elie Schi rrsbrücke bei Basel durch <strong>de</strong>n Eiscnacllcr Sachsen ganz unerwartet, und wovon<br />

niemand auch nur geträumt hüne. abbrachen.


35<br />

A m 5. Oktober er chienen bei mir in Schramberg unser Hochwürdigster Herr Dekan mit<br />

<strong>de</strong>m Kämmerer und 6 an<strong>de</strong>ren Geistlichen. die unter Becherklang und Leierspiel ein wenig<br />

sc hwankten und alle die Neigung zu A nzeichen von Laien-Festlichkei t zeigten.<br />

Am Fest <strong>de</strong>s Heiligen M arkus ' wird von mehreren Pfarrern eine Prozession in Mariazell<br />

gefeiert; aber in diesem Jahr erschien ich allein mit <strong>de</strong>n Schrambergern. während die übrigen<br />

ausblieben wegen <strong>de</strong>r kriegeri schen Unruhen.<br />

Am 15. ovember nimmt <strong>de</strong>r generöse Franzose Freiburg im Breisgau samt sei ner ziemlich<br />

starken Festung im Verl auf einer einzigen Woche ein. während die Unsrigen sich auf<br />

die Winterquarti ere vorbereiten. Aber <strong>de</strong>r Franzose schreckt die Daliegen<strong>de</strong>n auf und höhnt<br />

laut die Schlaftrunkenen. In Schramberg waren im Winterquartier Traulmann sdorffische<br />

Dragoner: im Tal war nur ei n einziger Fähnrich einquartiert.<br />

1678<br />

2. M ärz. Die Krankheit wütete uneingeschränkt weiter. Der Hochwürdige Herr Johannes<br />

Berlin, ein Verwandter von mir. Pfarrer in Dunningen. verstarb schließlich, getroffen von<br />

<strong>de</strong>r schrecklichen To<strong>de</strong>sgefahr. Llm 2. Mürz. Ich hielt ihm die Leichenpredigt am 30., und<br />

übernahm zugleich seine Hauserin. die mir großen Scha<strong>de</strong>n zufügte.<br />

wei I zu Diebstah I stets berei t.<br />

das übelste Stück auf zwei Beinen.<br />

1678<br />

Am 4. September verstarb zu Ba<strong>de</strong>n im <strong>de</strong>r Markgrafschaft gegen alle Erwartung <strong>de</strong>r<br />

Hochberühmte Oberherr <strong>de</strong>s Hauses Herr Georg Friedrich Freiherr von Bi singen. <strong>de</strong>r<br />

wegen se iner großen Gaben ein längeres Leben verdient hälle. Sein Hinschei<strong>de</strong>n verurachte<br />

bei <strong>de</strong>r Oberherrin und an<strong>de</strong>ren ei ne große Tränennut, Alle waren untröstlich. Zu<br />

seiner Ehre errichtete ich eine Schmerzensburg. geschmückt mit verschie<strong>de</strong>nen Symbolen.<br />

und hielt zugleich die Leichenre<strong>de</strong>.<br />

Im Verlauf von drei M onaten. nämlich Juli. August und September. raffte ein allzufrüher<br />

Tod mehr als 30 Kin<strong>de</strong>r hinweg. en twe<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>n Wiegen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Wiegen entwach. en.<br />

im Alter von drei o<strong>de</strong>r vier Jahren.<br />

Am 8. Oktober übernachtete <strong>de</strong>r Italieni sche Feldherr Gun<strong>de</strong>lin mit seinen Soldaten im<br />

Distrikt von Schramberg: am 11 . <strong>de</strong>sselben blieb die räuberi 'che Soldateska eine acht<br />

bei uns zum großen Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ein wohner.<br />

Inzwischen fiel das Winterquartier wie<strong>de</strong>rum an die Trautmannsdorffischen Dragoner. zum<br />

vierten M al nur <strong>de</strong>m Gebi et Schramberg zugeteilt.<br />

1679<br />

A m 5. Februar brachte <strong>de</strong>r zu Neumagen in Belgien von <strong>de</strong>n M achthabern geschlo sene<br />

Frie<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>m Kai se r und <strong>de</strong>m Franzosen fü r Deut. chland eine große Freu<strong>de</strong>; aber<br />

wie lang er halten wird kann niema nd leicht vorhersehen. Schon wird gearbeitet und geschwitzt.<br />

dass auch <strong>de</strong>r verl orene Frie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Herrn und <strong>de</strong>m Kurfürsten von<br />

Bran<strong>de</strong>nburg - Lüneburg usw. erneuert wird. A ls <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> erlangt war. wa n<strong>de</strong>rten sehr<br />

viele Schwaben und sehr viele Schramberger ins Breisgau und ins Elsass ein und wechselten<br />

ihre WohnpHitze auf <strong>de</strong>r Suche nach fruchtbarerem und besserem Land : aber ob dies<br />

nach Wunsch ge lingt, we iß ich nicht. Gott weiß es.<br />

I )<br />

25.April


36<br />

Zu Wicn in Österreich wütctc dic Pcst ~o grausam gegen dic Ei nwohner. das ' sie dcn<br />

Unbesiegbarsten Kaiser Leopold I.ur Vcrmeidung von Anstcckung samt dcm ganzen Hof<br />

nach Prag vertrieb.<br />

Ansch licßend einc Liste dcr in Wien an dcr Pest Vcrstorbcncn vom l.Januar bis 26. 0-<br />

vember 1779.<br />

lan. 410 Febr. 359 Martius 3797 Apri lis 4963<br />

Mai ju~ 5727 luniu~ 6557 Julius 7507 Aug. 45 17<br />

7.br. 16774 8.br. 6 ·-+75 9.br. 2400<br />

Summa 2291 1 Summa 13381 Summa 13704 Summa 9480<br />

In dcr Stadt 59476 Opfcr: in dcn Vorst~id t cn 30 -+70: in <strong>de</strong>n Lazarctten 50 560.<br />

In verschie<strong>de</strong>ne Winkel <strong>de</strong>r Wclt wan<strong>de</strong>rten aus und verbargcn sich, um <strong>de</strong>r Pest zu entfliehen:<br />

80000 Personen. Dies und andcrcs wird die achwelt kaum glauben.<br />

Dicse unglaubliche Summc von Totcn bcstreitet ei n Büchlcin mit <strong>de</strong>m Titcl "Merkhe weise"(?).<br />

Die Zahl eier Toten ist nümlich viel zu übertrieben und kaum glaublich.<br />

1680<br />

Am Er~cheinungsfes t woll te ein Brudcr scine 2 Schwcstcrn aus Tischneck. nach<strong>de</strong>m sie<br />

vorhcr die Messe gehört hatten. ins Schiltachtal zum Gottesdien~t (vielleicht zum Lutherisc<br />

hen ) wegbringen. Bei<strong>de</strong> chwestcrn ficlcn durch eincn unglücklichcn Zufall vom Brücklei<br />

n. dm. zum herzoglichen Gut führt. in dcn reißen<strong>de</strong>n Bach. dcr durch <strong>de</strong>n geschmolzenen<br />

Schnce gewaltig geschwollen war, ertranken und en<strong>de</strong>tcn so ihr Leben. Man begrub<br />

sic beim Beinhaus: das Grab ist kcnntlich durch ein Spanischcs Kreuz.<br />

Am Montag vor Palmsonntag begann die neue Glocke zu töncn: gegossen zu Strassburg.<br />

II Zentncr schwer. jüngst um 50 Gul<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Kirchturrn geb racht. Vom Glockengießermeistcr<br />

kostct sie ohne an<strong>de</strong>re A u ~gabc n 550 Gul<strong>de</strong>n.<br />

Am 7.Sonntag \ '01' Pfingstcn war cinc ncuc Monstranz. vergol<strong>de</strong>t. für unscre Kirche gekaurt<br />

wordcn für 100 Gul<strong>de</strong>n: die altc fici an die Lautcrbacher Kirche. nd balel darauf<br />

wurdc ein neues Gestühl in unsercr Kirchc errichtct. zur bcsseren Bcqucmlichkeit <strong>de</strong>r Pfarrei­<br />

Angehörigen und eier Pilger. dic hicrhcr kommen.<br />

Um ovember sah man ei ncn ncucn Kometen l . ein VorLeichcn von Übeln . wie auch zu<br />

dieser Zeit cinc große Trockenheit überall herrschte. so dass man von wei tentfcrnten Orten<br />

sein Getrei<strong>de</strong> zu unserer Mühle brachte. und zugleich ei n schrcck lichcr Frost war. Zu<br />

Balingen kostctc ein Krug Wasser cinen Batzen. und Kesse l hingen bei je<strong>de</strong>m Haus. mit<br />

Schnce gefü llt. elen man mit Fackeln schmolz zum Trünkcn <strong>de</strong>s Viehs.<br />

Bi~jctzt in <strong>de</strong>n Dezember hinein leuchtctc <strong>de</strong>r unheil vo lle Komet. ein fürchterliches Gc­<br />

~tirn. und schreck te Europa.<br />

I ) Zum Komclcn von 1680 ~c hrciht Profc~~or Dr. KU.UoR VOIll Planctarium Stuttgart: Im Jahrc<br />

1680 crschicn einer <strong>de</strong>r helbten Komctcn. dicje heobachtct wur<strong>de</strong>n. Er wird ~c hlicht "Komet<br />

\'on 1680" genannt. Ocr SchwciLcr Mathcmatikcr Jacob Bcrnoulli vcrsuchtc seine Bahn ZlI<br />

be:~limmcn. was ihm abc I' nicht gelang. Pfarrer Gcorg Samuel Dörfrd beobachtete bei<strong>de</strong>:<br />

Bahnii~lc - vor und nach <strong>de</strong>r Sonncnpa\\agc. Er fand. das~ ~ich <strong>de</strong>r Komet auf ei ner Parabel<br />

bcwegte - eine f"iir damaligc Zei ten bcachten~wertc Lei~lUn g. Tahüchli ch ist die Bahn d e~<br />

Kometen cine sehr langegcstrccklc Ellip~e.


37<br />

Unter <strong>de</strong>m Schutz Gottes beginnt<br />

1 68 1<br />

Gegcn En<strong>de</strong> August wur<strong>de</strong> dic Mauer. wo sie an dcn Fluss grenzt, wie<strong>de</strong>rhergestellt In<br />

einem Stein ist eingegraben die Ja hreszahl 1561 . Und sicherlich auch waren <strong>de</strong>n ganzen<br />

Sommcr über die Regengüsse se lten und daher auch eine dauern<strong>de</strong> Trockenheit <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong><br />

und ein großer M angel an Heu.<br />

Unser Schwaben durchwan<strong>de</strong>rte in dieser Zeit <strong>de</strong>r Ehrwürdige Pater M arcus von Aniano.<br />

ein Kapuziner. Mit scinen Predigten bekehrtc er viele Sün<strong>de</strong>r. auch die wi<strong>de</strong>rspenstigsten.<br />

zur Rcue, sehr viele A n<strong>de</strong>r 'gHiubi ge zum rechten Glauben. und mit seinem Seraphischen<br />

egcn gab er <strong>de</strong>n Lahmen das Schreiten. <strong>de</strong>n Blin<strong>de</strong>n das Sehen. <strong>de</strong>n Kranken die Gesundheit.<br />

<strong>de</strong>n vom bösen Gei st Befallenen Befreiung mit Hilfe <strong>de</strong>r Göttlichen Gna<strong>de</strong>. Dies<br />

beweisen au thentische Zeugn isse mit schriftlichen Belegen.<br />

Gegen En<strong>de</strong> September. nämlich am 30. dieses wur<strong>de</strong> die berühmteste und am stärksten<br />

bcfestigte Stadt Straßburg. bestürzt über die Drohungen <strong>de</strong>s Gcneral s und Feldmarsc halls<br />

<strong>de</strong>s Französi ehen K önigs. dcs Herrn dc Montclar und Louvois. wenn sie sich nicht von<br />

se lbst und freiwillig in die Gewalt <strong>de</strong>s Französ ischen Königs begcbe. in so lche Konfusion<br />

gestürzt. dass die. e hoch gefeiertc Stadt ihre Freiheit, ein großes Wort. verschleu<strong>de</strong>rte und<br />

sich <strong>de</strong>m Generösen König von Frankrcich ergab. Zugleich anerkannte die in <strong>de</strong>r ganzen<br />

Wclt höchst berühmte Stadt wiedcr ihren Bischof: Gelobt sei Gott l<br />

1682<br />

Kaum glaubhaft i. t es. welch großc Schä<strong>de</strong>n Frankfurt. Holland, Seeland und die meisten<br />

Regionen durch die Überschwemmungen von Flüssen erlitten haben. Die Zahl <strong>de</strong>r umgekommenen<br />

Menschen und <strong>de</strong>s Viehs ist einer genauen Rechnung nicht zugänglich; und so<br />

waren die Monate Januar und Februar für viele ver<strong>de</strong>rblich.<br />

In diesem Jahr ist für unsere Kirche cin Baldachin zu m Fest Fronleichnam samt einer<br />

violetten Kasel gekauft wor<strong>de</strong>n. Und aus dcm Beutel <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften ist ein silbern es<br />

Abbild <strong>de</strong>r Jungfräulichen Gotte!>muttcr. umgeben von einer vergol<strong>de</strong>ten Sonne. und das<br />

Abbi ld <strong>de</strong>s am Krcuz hängcndcn Heilands zum Schmuck unserer Kirche geschaffen wor<strong>de</strong>n.<br />

Ebcnso wur<strong>de</strong> einc Glorien-Fahne gekauft: aus <strong>de</strong>m Rosenkranz-Geld.<br />

Im Juli befiel ei ne se ltsame und ver<strong>de</strong>rbliche Seuche das Vieh: auf <strong>de</strong>n Zungen hatten sich<br />

giftige Pusteln festgesetzt. die man mit silbernen Löffeln o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren silbern en Gegenstän<strong>de</strong>n<br />

öFfnen musstc, und so wur<strong>de</strong> das Vieh durch sorgsame und verschie<strong>de</strong>ne Anwendung<br />

von Millelnund durch das Abwaschen <strong>de</strong>r Zungen schließlich gerettet. Wer nachlässig<br />

wa r. <strong>de</strong>m gingen sie zugrun<strong>de</strong>. Wir haben angeordnet. in Schramberg un sere Glocken<br />

zu Iliuten für die Dauer von 48 Stun<strong>de</strong>n eine nach <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren ohne Unterbrechung: das<br />

soll auch an<strong>de</strong>rswo mit ziem licher Begeisterung geschehen sein. wie wir gelesen und gehört<br />

habcn.<br />

1683<br />

Bis zum Fest <strong>de</strong>s Hei ligen ebasti an (20. Januar) sah man keinen Schnee. So war <strong>de</strong>r<br />

Einzug <strong>de</strong>s Winters sehr mild und gnädig. Endlich fiel eine solche M enge Schnee. das<br />

man kaum die Spitzcn <strong>de</strong>r Zäune herausragen sah. Stroh wur<strong>de</strong> in schweren Wagen und<br />

nicht, wie gewöhnlich. in K arren in einer Kiste tran sportiert, was seit Menschen ge<strong>de</strong>nken<br />

noch nie geschehen ist. Die Schmelze geschah jedoch ohne Scha<strong>de</strong>n.


38<br />

Im Juni rielen so häurige. hefti ge und starke Regengüsse. dass sie vielerorts wegen berschwemmungen<br />

nicht unerhebliche Schj<strong>de</strong>n anrichteten. Vier o<strong>de</strong>r rünr Pllüge wur<strong>de</strong>n vom<br />

Feld in <strong>de</strong>n Winzler Weiher geschwemmt. und von <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n entfühl1e das Wasser teils<br />

leben<strong>de</strong>. teils tote K älber in das Städtchen Oberndorf. Verschie<strong>de</strong>ne Wege in <strong>de</strong>n Orten<br />

w ur<strong>de</strong>n aurgeri ssen, so dass sie nicht ohne großen Scha<strong>de</strong>n und Geldaurwand wie<strong>de</strong>rhergestellt<br />

wer<strong>de</strong>n konnten. Vom Hagel erlitt großen Scha<strong>de</strong>n Waldmöss ingen und Seedor!'.<br />

Gras und Frucht und alles sonst <strong>de</strong>ck te er zu und vernichtete es völlig. Vom Blitz getroffen<br />

w ur<strong>de</strong> Kirche und Turm zu Mariaze ll , mit gewaltiger Wirkung. so dass sich alle Leute<br />

wun<strong>de</strong>rten: <strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>nc Scha<strong>de</strong>n wird nicht ohne große A usgaben zu reparieren se in.<br />

Was soll ich VOI11 Krieg mit Türken. Tököly und Tataren sagen? Z u Anrang Juli fiel eine<br />

ungehcure Ma. se von Türken mit Tataren und Tököly. <strong>de</strong>m Rad und Galgen verdienen<strong>de</strong>n<br />

Rebe llen und verräteri schen Feind gegcn seinen König und Herrn. <strong>de</strong>m Ansti rter zu allen<br />

Übeln. in ngarn mit erstem und leichtem Errolg ein und umzingelte Wien mit einem<br />

Belagerungsring von 300000 Soldatcn. Di e~e Belagerun g dauerte bis ZUIll 12. eptember.<br />

Hilrstruppen wur<strong>de</strong>n von da und dort <strong>de</strong>m Kai ser zu Hilfe gesandt. beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r König<br />

von Polen mit zahlreichem Hee r. Sie arbeiteten mil allen Kräften damn, die Stadt von <strong>de</strong>r<br />

Belagerun g zu erl öse n, und das rührt e schließ lich zu einem glück lichen Erfolg. Die Stadt<br />

ve rteidigte großa rtig <strong>de</strong>r Großartige und nbesiegbarste Held Gral' Ernst RUdi ger von<br />

Starhemberg: daher. nach<strong>de</strong>m sie ihre Truppen <strong>de</strong>r Ordnung nach vert eilt hatten, greiren<br />

sie <strong>de</strong>n Feind an. kämpfen wie die Löwen. befreien die Stadt von <strong>de</strong>r Belagerung und jagen<br />

das Vezierwesen in die Flucht bei Tausen<strong>de</strong>n von gerangenen und getöteten oldaten und<br />

mit ungeheurer und unglaublicher <strong>de</strong>lll Fei nd en trissener Beu te. Bald danach ergaben sich<br />

verschie<strong>de</strong>ne Städte. und rast ganz Oberungarn anerkannte wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kai ser al seinen<br />

König und Herrn, in<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n Tököly verjagte und die Ilehen<strong>de</strong>n H ~in<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Polenköni g<br />

zust reck te, um durch sei ne Fürsprache wie<strong>de</strong>r beim Kai ser in Gunst gelangen zu können.<br />

o Tököly. du Erz- Bösewicht I Treulos igkeit hat se lten guten A usgang gehabt.<br />

Es folgt eine Liste <strong>de</strong>ljenigen, die vom Türken in die elen<strong>de</strong>s te Sklaverei weggebracht<br />

wur<strong>de</strong>n: 6000 alte M ~i nn e r. 12 2 15 Frauen. 14092 M jdchen. von <strong>de</strong>nen wenige älter als<br />

26 Jahre waren. larunter 10..+ aus Familien von Grafen und Baronen. 56 093 Kin<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>rlei<br />

Geschlechts von 5 o<strong>de</strong>r 6 Jahren. I nsgesamt 108809 Menschen. Aus <strong>de</strong>m Gebiet von<br />

Wien gingen durch Fcuer verl oren 1..+ 062 Dörrer. aus <strong>de</strong>m von Budapest 87 1. Die Zahl<br />

<strong>de</strong>r verbrannten Dörrer 14933. ber kaum glaublich ist diese Zahl. die <strong>de</strong>n tellllingemäß<br />

("I) ersc hei nen<strong>de</strong>n" euesten Nachrichten" en tnommen sind, die ort lügen.<br />

1684<br />

Z urecht spitze ich meine Fe<strong>de</strong>r gegen ei nen Winter, <strong>de</strong>r se it M ensc henge<strong>de</strong>nken noch nie<br />

mit solch ausgeprägter und lan ger Kälte gehaust hat und iele Wan<strong>de</strong>rer durch Frost gelötet<br />

hat.<br />

m Mitte Februar erfüllte unsere Burg mit grossem Jammer <strong>de</strong>r rrühe Tod <strong>de</strong>s H ochberühmten<br />

und Hoched len Herrn , <strong>de</strong>s Herrn Leopold Wilhelm Freiherr on Bissingen, K apitün<br />

<strong>de</strong>~ HochberLihmten Herrn Graf von Lesler. <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r besten Blüte seines Alters wie<br />

auch seiner Ehren ein frühLeitiger Tod abberufen hal, ei nen wahren Herrn . <strong>de</strong>r zum Höchsten<br />

beruren war. Dieser hat in seinem Testament angeordnet. dass I'i.ir seine Seele 6 000<br />

Messen gelesen we r<strong>de</strong>n sollen. Das ist viel. nicht wahr?<br />

Das kaiserliche Heer ve rbrachle <strong>de</strong>n ganzen Sommer lang bis zu A nfang Winter mit <strong>de</strong>r<br />

Belagerung von Buda o<strong>de</strong>r Ofen. das die Türken hartnückig verteidiglen: viele Soldaten.


39<br />

nicht nur gemei ne (20 000) . . on<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r ornehmsten Art (500) ver. chmorten ihr<br />

Leben an diesem Ofen. Darauf si nd die Versuche <strong>de</strong>r nsri gen merklich zurückgegangen:<br />

Der Hund, <strong>de</strong>r zwei Hasen zugleich fangen will, fängt keinen. So üben sie, während ie die<br />

durch Hunger und Mangel an Lebensmitteln sogar gefeierte und berühmte Festung euhäusel<br />

einzunehmen versuchen, auch auf Ofen durch eine lange Belagerung Druck au. :<br />

aber <strong>de</strong>r christliche Soldat hat we<strong>de</strong>r hier noch dort Erfolg. son<strong>de</strong>rn er drängt zu <strong>de</strong>n Winterqu<br />

artieren. und sie haben die kot igen Öfen <strong>de</strong>r Bauern eingenommen.<br />

1685<br />

Zu nfang <strong>de</strong>s Winters wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n zwei Beuteln <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften Rosenkranz und<br />

St. Sebastian ei n si lberner vergol<strong>de</strong>ter und außen mit silbernen Verzierungen versehener<br />

Becher mit Büchschen und ei ner Schü sei aus <strong>de</strong>mselben M aterial gekauft. Zusammen<br />

kosten sie 87 11 und 49 1/2 Kreuzer. Zugleich habe ich eine schöne lba und ein neue<br />

Missa le bestellt. und gekauft wur<strong>de</strong>n drei Antependien aus vergol<strong>de</strong>tem L e<strong>de</strong>r für 18 Gul<strong>de</strong>n.<br />

m Mitte August unterlag die ziemlich starke Festung Neuhäusel unter <strong>de</strong>m Druck ei ner<br />

langen Belagerun g <strong>de</strong>n Waffen <strong>de</strong>s Kai sers. und zugleich erlangte das von <strong>de</strong>n Türken<br />

belagerte Stri gonium Freiheit: <strong>de</strong>r Feind wur<strong>de</strong> geschlagen und in die Flucht getrieben,<br />

viele Fein<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n vermisst unel auf <strong>de</strong>r Flucht gelötet: wen ige <strong>de</strong>r Unsri gen gingen verloren.<br />

Der kaiserliche Solelat kämpfte glück lich: nach<strong>de</strong>m eli e Festung euhäu selmit Waffengewalt<br />

erobert, Strigonium von eier Belagerung befreit. eier übergewaltige Feind in schimpfliche<br />

Flucht getrieben wa r, kam kurz elarauf Eperjes und Kaschau in die Gewalt <strong>de</strong>s Kaisers:<br />

<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Türken se lbst ge fangen genommene Tököly wur<strong>de</strong> nach K onstantinopel<br />

in Ketten gefe. seit geschickt. um das rebellische Volk zu beruhigen. wo er <strong>de</strong>n gebühren<strong>de</strong>n<br />

Lohn für seine Verräterei empfangen wird. Noch aber lebt er verachtet weiler.<br />

Am Festlag Allerheiligen verstarb fromm Onuphrius Weissenbach. Pfarrer von M ariazell,<br />

<strong>de</strong>m ich die Leichelll'eele halten mu sste.<br />

Der Köni g von Frankreich hat viele Tau sen<strong>de</strong> on Reformierten au . einem Reich vertrieben<br />

und es von <strong>de</strong>r Calvinistischen Seuche völlig gereinigt. Das lobe ich.<br />

168 6<br />

Zur Zier<strong>de</strong> unserer Kirche habe ich aus <strong>de</strong>n Gel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaften zwei Ka seln mit<br />

Velum für 30 Gu l<strong>de</strong>n gekauft.<br />

Am Sonntag Trinitatis trieb ein in <strong>de</strong>r achbarschaft so reichlich fallen<strong>de</strong>r Schnee die<br />

M enschen allenthalben an die Öfen. um <strong>de</strong>r Kälte zu entgehen.<br />

Buda. die königliche Stadt. berühmt im Königreich Ungarn, einst Sitz <strong>de</strong>r Könige, wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>n gan zen Sommer über bi s zum Anfang <strong>de</strong>s Winters beharrlich von <strong>de</strong>n Unseren bel a­<br />

gert. mit <strong>de</strong>rselben Hartnäck igkeit die Stadt von <strong>de</strong>n Türken verteidigt, und von bei<strong>de</strong>n<br />

Seilen immer wie<strong>de</strong>r tapfer gekämpft. Der Oberbefehlshaber <strong>de</strong>r .Osmanen versuch te öfters,<br />

seine Soldaten in die Stadt hinein zu schicken. aber vergeblich: vielfach geschlagen<br />

und überwä ltigt von <strong>de</strong>n Unsri gen. bis schließlich nach Zerstörung <strong>de</strong>r Mauern und Vorwerke<br />

<strong>de</strong>r christliche Soldat sie mit bewaffneter Hand in ei nem glücklichen Anlauf eroberte<br />

nicht ohne vieles Blutvergießen auf bei<strong>de</strong>n Seiten. Si cher ist: die Türken mögen innerhalb<br />

von Mauern kämpfen wie die Löwen : wenn es aber Kampf im offenen Feld gilt, dann<br />

laufen sie da von wie die Hasen.


40<br />

Buda rolgten die meisten Städte und Festungen. nämlich Szegedyn. die Stadt Fünfkirchen.<br />

zikla. Capuvar u w. Der Gouverneur über diese antwortete aur die Frage. warum er die<br />

Städte so schnell <strong>de</strong>n Christen übergeben habe: "Wenn die Hennc (Buda ) weggenogen ist.<br />

was wer<strong>de</strong>n dann die Jungen tun ?" So wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ehri. tliche Soldat ruhmreich und triumphierend<br />

in die Winterqu artiere geführt.<br />

Die Schnei<strong>de</strong>r haben zum ersten Mal zusa mmen mit <strong>de</strong>n Gerbern ihre Waren beim und vor<br />

<strong>de</strong>m Pfarrhaus an <strong>de</strong>n Wochenmürkten ausge legt.<br />

1687<br />

Ein ä u ße r ~t grauenhafter und langer Winter verursac hte einen M angel an Heu. Inzwischen<br />

war das aurslÜndische und von Verrätereien geschän<strong>de</strong>te ngarn vom Kai ser ganz unterjocht<br />

wor<strong>de</strong>n. Es sühnte jedoch durch verdiente Strafen. wie sie <strong>de</strong>n Verrätern gebühren.<br />

Buda wollte <strong>de</strong>r Oberst Fink von Finkenstein <strong>de</strong>n Türken für 2 000 Dukaten durch Verrat<br />

überlassen: Was tut das Geld nicht ?<br />

In diesem Jahr kümpfte eier Kaiser siegreich: er schlug <strong>de</strong>n Feind mehrmals. besetzte sehr<br />

viele Gemein<strong>de</strong>n und stark befesti gte Kastelle. vo r allem Chsekium (7), Erlau und in<br />

Slavonien Pressburg. eine Gemein<strong>de</strong> mit berühmtem Markt. Der ganz verstörte Türke <strong>de</strong>nkt<br />

liberall an Flucht. die Veziere und Bassen und Befehl shaber <strong>de</strong>r Befesti gungen wer<strong>de</strong>n<br />

aufgehängt. wei l sie so viele B e re~tig un gen <strong>de</strong>m Kai ser ausgelierertillilten. M öge GOII es<br />

rü gen. das~ die Unsri gen im folgen<strong>de</strong>n Jahr Konstantinopel sehen und einnehmen. so o<strong>de</strong>r<br />

so.<br />

Mit gleichem GlLick ktimprten die Venediger. ein kri egeri~c h es Volk.<br />

Lud" ig. Köni g von Frankreich (teils mit <strong>de</strong>m Beinamen "Der Große") hat aus seinem<br />

Reich viele Tausen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hugenollisc hen Sekte vertrieben: sie suchten darauf Wohnsitze<br />

in <strong>de</strong>r Schweiz bei <strong>de</strong>n Zwinglianern. bei <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn , Englün<strong>de</strong>rn. Bran<strong>de</strong>nburgern<br />

und sonstigen Sektengläubigen.<br />

Um Jahresen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> zum K öni g von Ungarn mit große r Feierlichkeit Joseph, <strong>de</strong>r Sohn<br />

<strong>de</strong>s Immerwühren<strong>de</strong>n Erhabenen Kaise rs Leopold. erwühlt: er Leigte gera<strong>de</strong> beim Akt <strong>de</strong>r<br />

Erwühlung und Bestätigung und nachher eine königliche MajestUI in seinem kleinen Körperchen<br />

auf. zum Staunen <strong>de</strong>r Betrachter.<br />

A uch die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Festung Erl au o<strong>de</strong>r Agri a. ein Bischofssitz. unterwarf sich <strong>de</strong>m K aiser.<br />

1688<br />

Die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Festung A lba Regia. zu Deutsch Stuhlweissenburg ergab sich vor <strong>de</strong>m<br />

nsturm <strong>de</strong>r Soldaten aus <strong>de</strong>n Winterquartieren <strong>de</strong>m Kaiser, zu großer Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Christen.<br />

und Trauer <strong>de</strong>r Osmanen.<br />

Dieses Jahr war Ulll die Mille <strong>de</strong>s Sommers rur viele unglücklich. we il Überschwemlllungen<br />

<strong>de</strong>r Gewässer vielen viele" bel brachten. Das Bächlein in GÖllelbach scl1\vo ll so weit<br />

an. dass e~ nicht nur Wege. vor allem dicjenigen. die die von hier nach ROllweil Rei en<strong>de</strong>n<br />

benutzen, erstaunlich aufri ss. son<strong>de</strong>rn auch Bäume ins Tal entführte. die zum Zersägen in<br />

Pfäh le geeignet gewesen wären . Das Büchlein in Keinbach brach tc größeren Scha<strong>de</strong>n.<br />

zcrstörte Brücke n, ri~ s Wege auf'. rührte elas Backhaus <strong>de</strong>s Weisshorn mit sich fort und ließ<br />

keinerlei Spuren davon zurück: an dcr oberen Papi ermühle entführte es elas meiste für die<br />

Fcuersüitte bereitgelegte Holz und schwe lllmtc über 100 Wagen Sand. Baul11wurze ln usw.


4 1<br />

in seine Werkstatt und ri ss ungeheure Felsbrocken aus <strong>de</strong>r Erd e. Und das Ärgste: En<strong>de</strong><br />

Juli, nacht um halb 12 Uhr. drosch ein H agelwetter die Saaten nie<strong>de</strong>r, fas t durch ganz<br />

Schwaben hin, zur großen Trauer <strong>de</strong>r armen Bauern: nicht mehr können ie so zahlreich in<br />

<strong>de</strong>n Wirtsc haften sitzen, nichlmehr wie sonst schreien sie" [m Hui !". son<strong>de</strong>rn sc hweigend<br />

ziehen sie ab. wenn sie sich nach Hause begeben von <strong>de</strong>n Wochenmärkten.<br />

Inzwisc hen haben die Waffen <strong>de</strong>s Kaisers einen glücklichen Fortgang in Ungarn. <strong>de</strong>r sich<br />

j edoch ve rzögert wegen <strong>de</strong>s Königs von Frankreich. <strong>de</strong>r unerwartet Philippsburg am Rhein<br />

erobert und viele Tau send Gul<strong>de</strong>n aus Deutschland eintreibt. zu Deutsch: K ontributions­<br />

Gel<strong>de</strong>r. Die Schramberger haben 3 000 Gul<strong>de</strong>n bezahlt.<br />

Die Bürger von Rotlwe il haben große Tumulte angefangen gegen ihre Herren, in<strong>de</strong>m sie<br />

ungestüm alte Pri vilegien energisch ausfor<strong>de</strong>rten. Schließlich wur<strong>de</strong> durch eine Kommission<br />

überall eine große Verän<strong>de</strong>rung bewirkt und ein wahrhaft <strong>de</strong>mokrati sches Regime<br />

geschaffen.<br />

Um Anfang ovember übern achtete eine Schar französischer Soldaten zu Pferd und zu<br />

Fu ß in Schramberg. <strong>de</strong>nen ich als Reiter vorausziehen musste. während sich die offi ziell<br />

Verantwortlichen zu reiten weigerten. Sie verhi elten sich feindlich gegen säumige Kontributi<br />

onszahler, zu <strong>de</strong>nen sie auch die Schramberger zählten. Mit Hilfe GoUes wur<strong>de</strong>n die<br />

Anführer durch mein Z ure<strong>de</strong>n so besänfti gt, dass sie keinerl ei militäri schen Übermut verübten,<br />

kein Vieh wegtrieben, während sie doch später in Dunningen und Obereschach ein<br />

weitaus strengeres Vorgehen ein schlugen und in Villingen zwei Mühlen verbrannten.<br />

Am 9. Dezember übernachteten wie<strong>de</strong>r Franzosen in Schramberg. Si e zogen wei ter nach<br />

Ehingen, brannten dort das Rathaus und die Stadtmitte nie<strong>de</strong>r. nahmen die K asse mi t und<br />

übern achteten wie<strong>de</strong>r in Schramberg. Ich hatte über 100 Fu ß-Soldaten mit 5 Offiziellen<br />

und vielen Dienern im Pfarrhaus über acht: Wenn du dabei gewesen wärest. hättest du<br />

geschworen. <strong>de</strong>r Tag <strong>de</strong>s jüngsten Geri chts se i da. Philippsburg ging an die Franzosen.<br />

Am 22. übern achteten die Franzosen wie<strong>de</strong>r, mit großem Scha<strong>de</strong>n für un s; das Heu für die<br />

Kuh verbrauchten sie fas t ganz, <strong>de</strong>r ich doch sonstwo nicht viel Heu habe, ich armer Teufel.<br />

A m 29. übern achteten die Franzosen wie<strong>de</strong>r: aber gegen Mittag ka men ihre A nführer.<br />

M arquis <strong>de</strong> Lanion. <strong>de</strong>r ein hoher Minister <strong>de</strong>s Französischen K önigs gewesen war. ein<br />

sehr humaner Herr; er besetzt das K astell lind schickt mir einen Schutzbrief. <strong>de</strong>n er vom<br />

Herrn Gouverneur in Freiburg ... erl angt hatte. <strong>de</strong>r mich und mein Haus für frei von jeglicher<br />

militäri schen Belästigung erklärt e.<br />

Die W ächter wur<strong>de</strong>n vom K astell weggebracht und in <strong>de</strong>r Kirche gefangen gehalten bis<br />

zum Abend. Schließlich habe ich für sie freien A bzug erl angt; man gab Befehl, mir für die<br />

Befreiung die Hand zu geben als Zeichen <strong>de</strong>r Dankbarkeit.<br />

1689<br />

A m 11. Janu ar kehrte vo rgenannter M arqui s <strong>de</strong> L ani on mit einer großen Anza hl Dragoner<br />

zurück . nach<strong>de</strong>m er vorher das H ornberger Kastell angezün<strong>de</strong>t hatte, und dann zwi ehen 3<br />

und4 morgens auch unser Schramberger anzün<strong>de</strong>te.<br />

A m 22. dieses M onats kam eine A bteilung K aiserl icher Soldaten nach Roltweil. die uns.<br />

die w ir aus Furcht vor einem Einfall <strong>de</strong>r Franzosen fast völlig verzweife lt waren. wie<strong>de</strong>r<br />

ermutigte un d bestärkte. Der v ore rw~ihnte Herr M arqui s hat auch unsere Mühle anzuzün<strong>de</strong>n<br />

befohlen, aber auf meine Bitten und Tränen hat er sie verschollt.


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.+3<br />

Im Septem ber wird Mainz erobert und <strong>de</strong>r Markgraf von Ba<strong>de</strong>n mel<strong>de</strong>t einen großen Sieg<br />

über die Türken. M öge <strong>de</strong>r M arkgraf seine Siege fortsetzen. Bonn wird eingenommen :<br />

siehe kurz zuvor.<br />

Ich habe zugleich Schramberg 01' <strong>de</strong>m ersten Einfall <strong>de</strong>r Franzosen. die <strong>de</strong>n äußersten<br />

UllIergang androhten. bewahrt. Ich habe überre<strong>de</strong>t. dass die Bauern in ihren Häusern ersteckt<br />

bl eiben, dass die Wege durch querliegen<strong>de</strong> Hölzer ungangbar gemacht und dass die<br />

Brücken über die Flüsse abgeri ssen wer<strong>de</strong>n; aber obwohl ich mein Leben dafür ein setzen<br />

wür<strong>de</strong>. dass es ni cht so sei. habe ich kaum die Pl äne <strong>de</strong>r Franzosen än<strong>de</strong>rn können. Merke<br />

dir: Was dir gefiel. haben dir die Schmeichler gestohlen, guter Sichler, und du gib t dich<br />

leeren Hoffnungen hin. Denn als <strong>de</strong>r Kai ser von mei ner Treue erfuhr, befahl er gnäd ig.<br />

mich mit einer Goldmünze zu ehren; aber die hochstehendsten Nebenbuhler haben mir die<br />

Münze in <strong>de</strong>r Kehle ersti ckt. <strong>de</strong>nn ich habe bisher nicht s gesehen. Solche Tüchtigkeit hat<br />

eben eid im Gefolge.'<br />

Fortsetz un g d es Tage bu c h s<br />

Fortdauer <strong>de</strong>s Türken- und Franzosenkriegs<br />

gegen unseren unbesiegbarsten Kaiser Leopold<br />

169 0<br />

Bei uns Schrambergern überwinterte eine Kompanie Sach ·en. 0 ihr Götter! Was für Leute'<br />

Fast alle waren Lutheraner. Wie <strong>de</strong>r Vater. so die Sö hne' Während Kriegspläne erwogen<br />

wer<strong>de</strong>n in Wien am kaiserlichen H of, stirbt auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Unbesiegteste und allen<br />

Lobes Würdigste, Frömmste. Held Kar!. Herzog von Lothringen, <strong>de</strong>r un vergleichliche<br />

Oberste Heerführer. Dessen verfrühtel' Tod verlangsamte merklich die kriegeri schen Bewegungen.<br />

Auf seine Stelle rückt nach Emanue!. Kurfürst von Baiern. ein Mann von ed lem<br />

Sinn.<br />

Gegen En<strong>de</strong> Frühjahr und Anfang S mll1er geschehen häufige militärische Umstellungen,<br />

die die Beutel <strong>de</strong>r Bauern zu Grun<strong>de</strong> ri chten . Der Savoyer verlässt die Partei <strong>de</strong>s französischen<br />

Königs und geht zum Kai 'er über. zur grossen Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Imperiums.<br />

Es tirbt Pap t Innocenz XI. und hinterl ässt großes Lob für sich. Ihm folgt nach Alexan<strong>de</strong>r<br />

Vlll.: Möge er mit sei nem Vorgänger wetteifern: aber er will <strong>de</strong>n epoti mus wie<strong>de</strong>r erwecken,<br />

<strong>de</strong>n sein Vorgiinger in lobenswerter Weise weggeräumt hat.<br />

Am Tag vor <strong>de</strong>m Fest St. Margareta, Jungfrau und M ärt yrerin, sind sechs Personen in<br />

A ichhal<strong>de</strong>n, die Heu auf ei nen Wagen la<strong>de</strong>n wollten, vom Blitz getroffen wor<strong>de</strong>n, drei sind<br />

sofort gestorben.<br />

Unsere Soldaten unternehmen nichts gegen <strong>de</strong>n Feind. sie hängen <strong>de</strong>n ganzen Sommer<br />

über in ihren Zelten herum . Sehr viele PlLin<strong>de</strong>rungsscharmütze l hatten mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n die<br />

Husa ren. ein barbarisches Volk. Diebstahl und Raub zugeneigt. wa. zu ihrem Scha<strong>de</strong>n die<br />

Kirche von Lauterbach verspürte und noch viele an<strong>de</strong>re.<br />

Den Winter über wer<strong>de</strong>n überall gelegen tlich Pl äne erwogen für Krieg und Frie<strong>de</strong>n. Diesen<br />

wünschen alle herbei, die Frie<strong>de</strong>ns-Liebhaber; j enen aber die Fürsorger <strong>de</strong>s Beutels.<br />

<strong>de</strong>n die meisten zur Zeit <strong>de</strong>s Krieges zu füllen pflegen und diesen zum größten Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

einfachen Bauern ve rl ~i n ge rn wollen . Dieser Krieg ist nicht schön.<br />

I )<br />

Die letzten Bemerkungen scheinen in großer Erregung nie<strong>de</strong>rgeschrieben zu sein: potui ist<br />

nachtrüglich eingesetzt. ebenso <strong>de</strong>r SalZ N.B. ( ota be ne).


44<br />

169 I<br />

Geschmie<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n mit großen Kosten große PI ~i n e zu Haag in Holland ; kaum sind sie<br />

beschlosse n. nimmt <strong>de</strong>r Franzose die stark befesti gte Stadt M ons ein. <strong>de</strong>n Schlüsse l zum<br />

Herzogtu m Brabant: allzu langsam waren die nsri gen. die Stadt von <strong>de</strong>r Belagerung zu<br />

be freien. allzu spät machten sie ~ i c h auf. Der Franzose nicht allzu sehr eifrig, <strong>de</strong>r überall.<br />

be. on<strong>de</strong>rs zu Straßburg. mit jubilieren<strong>de</strong>m bfe uern <strong>de</strong>r Geschütze. überall die Zeichen<br />

einer Freu<strong>de</strong> klarl egte. wegen <strong>de</strong>r Einnahme von Nizza in Savoyen und <strong>de</strong>r Stadt M on. in<br />

Brabant. will hier seine sieg reichen Fahnen we iter nach Schwa ben tragen, damit erfüllt<br />

wer<strong>de</strong>. was er auf einer Münze prägen li eß. nämlich: Einer gegen Alle und alle gegen<br />

Einen.<br />

In Ungarn triumphiert wie<strong>de</strong>ru m <strong>de</strong>r Durchlauchtigste Markgraf Ludwig von Ba<strong>de</strong>n über<br />

die Türken. Die Festung Großwar<strong>de</strong>in wird belagert .<br />

169 2<br />

Am A nfang Juli wird Großwar<strong>de</strong>in eingenommen: <strong>de</strong>m siegreichen Kaiser Leopold wird<br />

durch d i e~e Befestigung <strong>de</strong>r Schlüsse l für ngarn und Transsy lva nien verschafft.<br />

nter<strong>de</strong>ssen me l<strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r einen <strong>de</strong>nkwürdigen Sieg über <strong>de</strong>n stolze n<br />

Franzosen: die völlige Zerstörun g <strong>de</strong>r Flolte. A llein die Zahl <strong>de</strong>r Geschütze, teils erobe rt .<br />

teils ve rsenkt. beträgt 4 565. Dies wird eine fast unheilbare Wun<strong>de</strong> sein.<br />

Es herrschte zu gleicher Zeit eine un geheure Teuerung: ein Sester Glaltfrucht hat 2 Gul<strong>de</strong>n<br />

und 20 Kreuze r gekostet.<br />

Die Franzosen besetze n amur. Der Savoyer trägt se ine WalTen in die Dauphine. wo er<br />

fei ndlich haust. wie gewöhnlich die Fran zose n.<br />

A n die Festung Charl eroi macht sich <strong>de</strong>r Fran zose vergeblich heran . Um M ille ovember<br />

löst sich überall <strong>de</strong>r Soldat und sie suchen Orte fürs Winterquartier. A m Rhein und in<br />

ngarn ist nichts Bemerkenswert es geschehen. außer dass <strong>de</strong>r Franzose nach <strong>de</strong>r Einnahme<br />

von Pforzheim auch <strong>de</strong>n Herzog Friedrich von Württemberg. welcher <strong>de</strong>r Verwalter<br />

war. mit <strong>de</strong>m einen und an<strong>de</strong>ren A nführer gcfangengenommen hat. Im Herzogtum sammelte<br />

er große Beute und führte sie weg. nac h<strong>de</strong>m er die Stadt Calw sa mt an<strong>de</strong>ren Dörfern<br />

und Gütern in <strong>de</strong>r Nachbarschaft eingeäschert hane.<br />

Der Franzose greift ve rgeblich Rheinfeld an. Er besetzt Hei<strong>de</strong>lberg. Der Gouve rneur<br />

Haiterstorf erl ei<strong>de</strong>t als Verräter die verdienten Strafen.<br />

1693<br />

Vom Kaise r wi rd geschickt <strong>de</strong>r Durchlauchtigste Ludwig. M arkgraf von Ba<strong>de</strong>n. damit er<br />

am Oberrhein die Franzosen beobachte. Aberda er ihm an Zahl <strong>de</strong>r Soldaten nicht gewachsen<br />

wa r. wagte er es nicht, ihn anzugreifen; auch in Ungarn geschah nicht s.<br />

A m 15. Jan uar empfing <strong>de</strong>r Hoc hgechl1e Herr Lan<strong>de</strong>shauptmann und Kaiserliche Kommis­<br />

~a r <strong>de</strong>n Lehense id von <strong>de</strong>n Bauern für <strong>de</strong>n euen Gebieter <strong>de</strong>r Herrin. <strong>de</strong>n Hochmögen<strong>de</strong>n<br />

Herrn Grafen von Hamilton.<br />

1694<br />

Husaren überwinterten bei un s. ein grobschl ;iehtiges Volk. Es herrsc hte eine große Teuerung<br />

bei allen Dingen. b cso nd e r ~ essbaren und trinkbaren: es gab auch größte Be<strong>de</strong>nken


-lS<br />

wegen Gu l<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>utsc h Krediualer', die weit und breit überall für ungültig erklärt wu r­<br />

<strong>de</strong>n.<br />

A m 11. M ai zogen sich die Hu. aren zur Freu<strong>de</strong> und ohne irgen<strong>de</strong>in Verl angen nach ihnen<br />

zurückzulassen in ihre Bcfesti gungen zurück. Inzwisc hen dauern<strong>de</strong>s Geschwätz vom Fri e­<br />

<strong>de</strong>n.<br />

Am 2. Juli verließ Schramberg <strong>de</strong>r Durchlauchligste und Hochedle Herr, Herr Ferdinand<br />

Karl Freiherr v. Biss inge n. ein M ann für alles Höchste geboren. Diese Hochedle Familie<br />

hat die Herrscha ft Schramberg 46 Jahre pfandweise reg iert, bis . ie schließlich durch Kauf<br />

um 100000 Gul<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Hochedlen und Hochberühmten Herrn v. Hamilton f iel: ein<br />

Mann am Pal asthof zu Neuburg höchster Minister und am Hofe <strong>de</strong>s Kaisers se hr mächtig.<br />

1695<br />

[m Winterquartier hallen wir <strong>de</strong>n Kapitän <strong>de</strong>r Husaren. <strong>de</strong>n Edlen Herrn v. Rudnai. einen<br />

sehr frommen. beschei<strong>de</strong>nen. jungfräulichen M ann. was selten ist: bei ausgelassenen Gelagen<br />

begehrte er Ungarn zu erheiraten.<br />

Gegen En<strong>de</strong> September besetzen <strong>de</strong>r Englün<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Hollän<strong>de</strong>r zu sa mmen mit <strong>de</strong>m Bayern<br />

Namur.<br />

1696<br />

Der Husaren leutnant ist ein se hr mäßi ger M ensc h.<br />

Um Mille März wur<strong>de</strong> eine großangelegle Verschwörung gegen <strong>de</strong>n König von England.<br />

Wilhelm 111.. aufge<strong>de</strong>ckt. Der König von Frankreich hatte Jakob, <strong>de</strong>n Exkönig angesti ftet.<br />

er solle vorgenannten Wilhelm, wenn er mit <strong>de</strong>r Jagd besc häftigt sei, ermor<strong>de</strong>n.<br />

U m die Heuernte \ ar <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Tag eine so lche Kälte, da. s die Mäher Feuer<br />

anzün<strong>de</strong>ten um sich in <strong>de</strong>n Wiese n zu wärmen. geeignet das Tabaktrinken (= Rauchen)<br />

glücklich au. zuführen.<br />

Gegen En<strong>de</strong> A ugust verursachte ei n Feuer, entstan<strong>de</strong>n Vorm Walter. großen Häuserscha<strong>de</strong>n;<br />

unter an<strong>de</strong>re n ansehnlichen Gebäu<strong>de</strong>n brannten nie<strong>de</strong>r die Pfarrkirche Heilig-Kreuz. das<br />

Pfarrhaus. und das Haus <strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>rschaft.<br />

A m 22. September sc hlug ein ruchloser Dieb die Fenster ein und raubte vom Tabernakel<br />

die silberne Büchse mit <strong>de</strong>n Heiligen Hostien und von <strong>de</strong>r Seilenwand <strong>de</strong>r Mauer die Dosen<br />

für das Öl bei heiligen Handlunge n. 0 Gott! Räche diese Untat!<br />

1697<br />

Die Bauern brachten gegen <strong>de</strong>n Durchl auchtigsten Herrn Baron v. Biss ingen Klagen vor<br />

am ka iserlichen Hof.<br />

Am 20. Juni brach ein fürchterliches nwetter los: die Gewalt <strong>de</strong>s Sturmes zer törte ein<br />

Haus auf <strong>de</strong>m Hardt völlig: viele wur<strong>de</strong>n stark besc hädigt. Er entw urzelte Bäume. das.<br />

t) Kredi ttaler: Krcd itmünzen sind Zahlungsmittel. <strong>de</strong>ren 5lOffwert niedriger als <strong>de</strong>r Wert als<br />

Geld ist. we l e h er~om it auf <strong>de</strong>m Kred it. <strong>de</strong>m Ansehen b7w. <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s Münzherren beruht.<br />

ihnen im Zah lungsverkehr<strong>de</strong>n höheren Wert beizulegen. Kred ittaler sind Münzen mit schiech·<br />

terem E<strong>de</strong> lmetall als üblich: "schlechtes Geld ".


47<br />

man kaum ohne Tränen die. en Windbruch ansehen kann . Säulen . sogenannte Lettsäulen I.<br />

wur<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> geri ssen. in die Höhe getragen und in <strong>de</strong>r Luft herumgewirbelt wie<br />

Tauben.<br />

Gegen Herbst wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Europäische Frie<strong>de</strong>n geschlo sen; vorher musste <strong>de</strong>r Türke eine<br />

empfindliche Nie<strong>de</strong>rl age hinnehmen .<br />

I 698<br />

Der Europäische Frie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> in Ryswick in Holland geschlosse n.<br />

1 699<br />

Unser Ruhmreicher Kaiser Leopold erlangte einen Sieg und zwang dadurch die Türkei, die<br />

Frie<strong>de</strong>nsbedingungen anzunehmen: er wur<strong>de</strong> glücklich in Karlowitz in Ungarn geschlossen<br />

und errüllte die Europäische Welt mit großer Freu<strong>de</strong>.<br />

Fortse t z un g d es Tage bu c h s<br />

16 9 8<br />

Ihren Streit mit <strong>de</strong>m Herrn B aron setzen bis j etzt die Schramberger Bauern fort, zu Inn s­<br />

bruck.<br />

Wir hatten im Winterqu artier lothringische Fußtruppen mit <strong>de</strong>m Herrn Kapitän le Dominique,<br />

einem ganz ausgezeichneten Mann und einzigartigen Freund von Priestern und Pfarrern.<br />

Der Europäische Frie<strong>de</strong>n ist in Ryswick in Holland geschlos 'en wor<strong>de</strong>n.<br />

Ein Bündnis beschließen untereinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Franzose mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n. Dänen. Englän<strong>de</strong>rn<br />

und <strong>de</strong>n Lüneburgischen Für ten: das waren aber nur unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Vereinbarungen.<br />

Von Innsbruck kommen die B auern ohne Trost zu rück: sie gehen wie<strong>de</strong>r nach Wien und<br />

setzen vor <strong>de</strong>m Kaiserlichen Hof ihren Streit fort<br />

Die Denkwürdigkeiten zu ve rmerken setzt fort<br />

J ohannes Hüener, <strong>de</strong>r Nachfo lger <strong>de</strong>s P.Hieronymus Sichler<br />

16 9 9<br />

Als <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Kaiser sehr vortei Ihafte Frie<strong>de</strong>n . owohlmit Türken als auch mit Franzo. en<br />

geschlossen wa r. hatten sich die internen Kriege zwischen <strong>de</strong>m Edlen Herrn Baron v. Bissingen<br />

und <strong>de</strong>n Bauern keineswegs beruhi gt. Denn gera<strong>de</strong> am Tag meines Einzugs. <strong>de</strong>m 9.<br />

Juli 1699. war eine K ommission <strong>de</strong>r lnn sbrucker Regierung anwesend. ach <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r<br />

vorerwä hnten kaiserlichen Regierun g zu Ungunsten <strong>de</strong>r Bauern beschlossenen Erla s for<strong>de</strong>rte<br />

sie auf. <strong>de</strong>n Eid auf <strong>de</strong>n legitimen Herrn zu leisten unter <strong>de</strong>r Androhung <strong>de</strong>r Strafe<br />

<strong>de</strong>r Exekution. Aber die Bauern ließen sich dadurch zum wenigsten einschüchtern und<br />

konnten keineswegs zur Ableistung <strong>de</strong>s Ei<strong>de</strong>s bewegt wer<strong>de</strong>n. Sie wen<strong>de</strong>n sich neuerdings<br />

mit ihrer Klage an <strong>de</strong>n Ka iserlichen Hof. wo sie erneut unter bei<strong>de</strong>rseitigen hohen Kosten<br />

eine Aktion zu erreichen suchen. Wie diese Sache schließlich ausgehen wird. das erwarten<br />

wir gespannt.<br />

I )<br />

Letzsaul = Eckpfos ten im Gartenzaull. an <strong>de</strong>m die ZLiune befesti gt wur<strong>de</strong>n.


.18<br />

1700<br />

Für dieses große JubiWumsjahr wur<strong>de</strong> die Gol<strong>de</strong>ne Pforte geö ffnet unler <strong>de</strong>m Summus<br />

Pontifex Innozenz X II.. <strong>de</strong>rjedoch. an tödlicher Krankheitdarni e<strong>de</strong>rliegend. die'e Funktion<br />

einem Kardinal überlassen halte. Ein großer Zulauf von Pilgern aus allen Teilen <strong>de</strong>r<br />

WeIL entstand. um die Ablässe in Rom zu erlangen. und zwar so groß. dass bei <strong>de</strong>r Erö fTnung<br />

dcr Gol<strong>de</strong>nen Pforte 40 000 Pilger gezülllt wur<strong>de</strong>n. Inzwischen sind für dieses ganze<br />

Jahr alle Ablüsse ausserhalb <strong>de</strong>r Stadt Rom durch eine päpstliche Bulle aufgehoben wor<strong>de</strong>n<br />

und unter <strong>de</strong>r Strafe <strong>de</strong>r so fort mit <strong>de</strong>m Geschehen zu verfügen<strong>de</strong>n Exkommunikation<br />

ve rhin<strong>de</strong>rt \ or<strong>de</strong>n. dass diese bekannt gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Erwähnung für wert halte ich. dass in <strong>de</strong>n Sitzungen von Regensburg die Reform <strong>de</strong>s<br />

Julianisc hen Kalen<strong>de</strong>rs erwogen wur<strong>de</strong>. Endlich sind die Protestanten En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen<br />

Jahre~ durch die unbezwei felbaren Berechnungen zwei fellos überzeugt wor<strong>de</strong>n. un e­<br />

ren on Gregor X III. vor 110 Jahren verbesserten Kalen<strong>de</strong>r mit einmütiger Zustimmung<br />

anzunehmen und haben in diesem Jahr zu En<strong>de</strong> Februar 10 Tage preisgegeben. mit <strong>de</strong>nen<br />

sie bisher von uns verschie<strong>de</strong>n waren. wodurch die Häretiker in <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r Zeiten<br />

uns angeglichen sind. Möge Gott in seiner himmlischen Güte die Herze n <strong>de</strong>r Nicht-Katholiken<br />

erleuchten. dass sie auch ihre übri gen Irrtümer einsehen und schließlich in <strong>de</strong>n Sch oß<br />

<strong>de</strong>r Mutter Kirche zurückkehren.<br />

Am I. April wird die sIark gesicherte Fe~tung Breisach auf Grund <strong>de</strong>s Ryswicker Frie<strong>de</strong>ns<br />

von <strong>de</strong>n Franzosen <strong>de</strong>m Kai se r übergeben.<br />

In <strong>de</strong>n Reichen <strong>de</strong>s Nor<strong>de</strong>ns entstehen neue Kriege zwischen <strong>de</strong>m Herzog von Holstein<br />

und <strong>de</strong>m König von Schwe<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r einen und <strong>de</strong>n Königen von Dänema rk und Polen<br />

auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. Verschie<strong>de</strong>ne Feindse ligkeiten werd en ausgetragen . Diese auszuräumen<br />

arbei ten <strong>de</strong>r Kaiser. <strong>de</strong>r König von England und die Hollän<strong>de</strong>r schon lange Zeit<br />

vergebens. in<strong>de</strong>m die EngHin<strong>de</strong>r und HolUn<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m König von Schwe<strong>de</strong>n Unterstützung<br />

versprechen. <strong>de</strong>n Dünen aber <strong>de</strong>r König von Frankreich. Der vorgenannte König von Polen.<br />

August. Herzog von Sachsen und KurfürsI <strong>de</strong>s Hei ligen Römischen Reiches. ist im<br />

vergangenen Jahr zum katholischen Glauben übergetreten und zum König von Polen erwä<br />

hlt wor<strong>de</strong>n. Erstaunlich ist. dass zu A nfang <strong>de</strong>r Lutheri schen Häresie <strong>de</strong>r Kurfürst von<br />

Sachsen als Erster von <strong>de</strong>n Fürsten diesem Glauben angehangen ist. dass aber <strong>de</strong>r junge<br />

Kurfürst von Sachsen auch <strong>de</strong>r ErSle von <strong>de</strong>n Fürsten gewesen ist. <strong>de</strong>r diese Häresie verlassen<br />

hat und zur Katholi schen Kirche /.urückgekehrt ist. Möge Gott seine Kriege unterstüt<br />

zen I.ur Mehrung <strong>de</strong>r Katholischen Kirche.<br />

Unsere Schramberger Bauern sind neue rlich von <strong>de</strong>m Kai serlichen Hof an die Inn sbrucker<br />

Regierun g zurück erwiesen wor<strong>de</strong>n. um von dort <strong>de</strong>n Spruch <strong>de</strong>s Revisors zu erwarten.<br />

Inzwischen wur<strong>de</strong>n sie zur Ableistung <strong>de</strong>~ Lehensei<strong>de</strong>s gemäß <strong>de</strong>m bereits früher von eier<br />

vo rerw~ihn t en Regierung erl assenen Spruch durch ei ne Kommission unler <strong>de</strong>r Androhung<br />

<strong>de</strong>r Exekuti on in die Pflicht genommen . am 19. Juli. Aber die Bauern lassen sich keineswegs<br />

einschüchtern LInd sind bereit. eher je<strong>de</strong> Exekution zu erwarten. als gemäß diesem<br />

Spruch elen Lehenseid zu leisten .<br />

Frie<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> geschlossen zwischen <strong>de</strong>m Köni g von Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>m Herzog von Holstein<br />

LInd <strong>de</strong>m König von Dänemark ; es dauern jedoch noch an die Kriege mit <strong>de</strong>m König<br />

von Polen . nd neue Kriege mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n haI durch die Belagerung <strong>de</strong>r Stadt arwa<br />

<strong>de</strong>r Fürst von M oskau. eier Zar Peter. angefangen. Zur Hil fe kam <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n.<br />

unelnach einem Sieg übcr die M os kowiter ist arwa von <strong>de</strong>r Belagerun g befreit.


49<br />

A m 27. September vertauschte das ze itliche L eben mit <strong>de</strong>r Unsterblichkeit unser Hei ligster<br />

Papst lnnozenz XII. im 84. Jahr seines Leben.<br />

Am 28. Oktober wur<strong>de</strong> in Wien in Österreich <strong>de</strong>m Römischen K önig Joseph <strong>de</strong>r erste Sohn<br />

L eopold Joseph usw. geboren zur höc hsten Freu<strong>de</strong> nicht nur <strong>de</strong>s Hofes. , on<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong><br />

ganzen Reiches. Diese Freu<strong>de</strong> verwan<strong>de</strong>lte sich bald in Trauer durch <strong>de</strong>n unerwartet vorzeitigen<br />

Tod <strong>de</strong>s zweiten spani schen Königs Kar! 11. am I . ovember im A lter von 39<br />

Jahren, da er au s <strong>de</strong>m Hau se Ö 'teITeich stammte und ohne Erben hingeschie<strong>de</strong>n war. Der<br />

Kai serliche Hof hätte erwartet, dass <strong>de</strong>r Erzherzog Karl von Österreich, <strong>de</strong>r zweite Sohn<br />

<strong>de</strong>s Kaisers Leopold, durch Testament <strong>de</strong>s vorerwähnten K önigs zum Universalerben <strong>de</strong>r<br />

M onarchie eingesetzt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>; aber die Sac he ging ganz an<strong>de</strong>rs aus, da in die Herrschaft<br />

eingesetzt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r H erzog von Anjou, ein Neffe <strong>de</strong>s Sohn es Ludwigs XlV.. <strong>de</strong>s<br />

Königs von Frankreich. Dies verursachte beträchtliche Aufregung: was aber die Folge ein<br />

wird, erwarten wir mit Sorge.<br />

Am 3. September wur<strong>de</strong> zum höc hsten Gipfel <strong>de</strong>s Pontifikats erhoben durch B estimmung<br />

<strong>de</strong>r Kardinäle <strong>de</strong>r Kardinal Albani von Ursino. genannt Clemens XI.. Dieses päpstliche<br />

Amt übernahm er nach langem .... I, ein frommer und höc hst hei liger M ann.<br />

10. Dezember. Der HelT Dionysius Freiherr v. Rost, Landhauptmann in Rottenburg als<br />

Innsbrucker Kommissar in <strong>de</strong>r Sache Schramberg, legte, nach<strong>de</strong>m er schon zum zweiten<br />

Mal die Untertanen zur Ablegung <strong>de</strong>s Lehensei<strong>de</strong>s kraft seiner Kommission gela<strong>de</strong>n halte,<br />

ihnen die letzte kaiserliche Reso lution vor. <strong>de</strong>s Inhalts, falls sie nicht innerhalb einer Frist<br />

von 24 Stun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Eid geleistet hätten seien sie durch militärische Exekution zur Ableistung<br />

vorzuführen. Darauf hielten aber die Untertanen hartnäckig daran fest, auf nichts als<br />

das Roch-Merzische Urbar <strong>de</strong>n Eid abzuleisten; und so wur<strong>de</strong> er von neuem unverrichteter<br />

Sache mit Schimpf und Schan<strong>de</strong> fortgeschickt.<br />

1701<br />

Inzwischen verzögerte sich die Exekution bis I . M ärz dieses Jahres: unter<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong> an<br />

<strong>de</strong>r Abwendung <strong>de</strong>s Übel s auf versch ie<strong>de</strong>ne Weise vergeblich gearbeitet.<br />

Am besagten I . März aber marschierten 500 Soldaten aus <strong>de</strong>m Regiment <strong>de</strong>s Generals<br />

Gschwind aus Freiburg. für diese Exekution bestimmt, in diese Herrschaft Schramberg<br />

ein. Ihnen folgte am nächsten Tag <strong>de</strong>r bereits genannte K ommissar: die Untertanen aber<br />

konnten auch j etzt durch keinerlei Drohungen von ihrer M ei nung abgebracht und zur Vernunft<br />

zurückgeführt wer<strong>de</strong>n. Inzwischen waren neun <strong>de</strong>r Untergebenen gefesselt. als Anstifter<br />

<strong>de</strong>r übrigen betrachtet, in das Gefängnis von Villingen abge führt. elf an<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r<br />

hiesigen Burg eingekerkert. das Vieh aus <strong>de</strong>n Süillen geführt und auf <strong>de</strong>n M ärkten zum<br />

Verkauf angeboten. da es aber ni cht verkau ft wer<strong>de</strong>n konnte, wie<strong>de</strong>r zu rückgebracht wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Soldaten j edoch. über 8 Tage anwesend und wegen <strong>de</strong>s verzögerten Sol<strong>de</strong>s ungeduldig,<br />

erhielten daraufhin die Erlaubnis, mit allen Mitteln gegen die Bauern vorzugehen;<br />

sie benützten diese Gelegenheit fleißig und quälten die Armen. und hatten innerh alb 24<br />

Stun<strong>de</strong>n eine so lch große Summe herausgepresst, dass sie für die Ablösung <strong>de</strong>r Kommissi-<br />

I )<br />

A ls er am 23. 11 . 1700 zum Papst gewählt wur<strong>de</strong>. slräuble er sich anfänglich dagegen und li eß<br />

von vier Theo loge n ein Gutachten erstellen. ob man Gott beleidigen wür<strong>de</strong>. wenn man nicht<br />

Papst wer<strong>de</strong>n wolle. Erst als die Theologen dies bejahten, nahm er die Wahl an und nannte<br />

sich Clemens XI.


50<br />

on und <strong>de</strong>r erpresserischen Soldaten ausreichte. Schließlich leisteten sie am II .März <strong>de</strong>m<br />

Herrn Freiherrn Ferdin3nd Kar! v. Bi ss ingen gezwungen <strong>de</strong>n Lehenseid, und so wur<strong>de</strong>n<br />

die Soldaten abgezogen. Dass ein so großer Scha<strong>de</strong>n durch diese Exekution diesem Terri ­<br />

torium zugefügt wor<strong>de</strong>n ist. wer<strong>de</strong>n auch die achkommen verspüren; <strong>de</strong>nn die gesamte<br />

Summe. für Kommi ssion. Exekution und für die von <strong>de</strong>r Regierung in Inn bruck wegen<br />

<strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspenstigkeit verhängte Strafe von I 000 Goldgul<strong>de</strong>n. ist auf über II 000 Gul<strong>de</strong>n<br />

gesc h ~i t z t , wobei an<strong>de</strong>re Ausgaben in fo lge <strong>de</strong>r bereits seit 9 Jahren andauern<strong>de</strong>n Aktion<br />

und we iterer sehr großer Aufwand nicht eingerechnet sind. M ögen die achkommenihre<br />

Lehre daraus ziehen.<br />

Obwohl diese Aktion ei nen solch unglücklichen A usgang hatte. geben die Untergebenen<br />

auch jetzt noch nicht klein bei: und was die Männer bi sher nicht haben herausholen können,<br />

hoffen sie durch ihre Weiber zu erreichen. Deswegen haben sie sieben schwangere<br />

ausge lesene Frauen zur Verringerung <strong>de</strong>r verhüngten Strafe und um an<strong>de</strong>res. ich weiß nicht<br />

was . in Bewegung zu bringen, nach Wien geschickt. GOIl möge ihre Wünsche unterstütze<br />

n' Von <strong>de</strong>r Revision bzw. <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>s ursprünglichen Zustands, wie sie<br />

hoffen. versprechen sich die Untertanen viel. aber meiner Ansicht nach ist dies eine leere<br />

Hoffnung.<br />

In diesem Jahr ist ein neues Grab <strong>de</strong>s Herrn ausgeschmückt wor<strong>de</strong>n. und zum erstenmal (es<br />

wur<strong>de</strong> vorher noch nie beobachtet) wur<strong>de</strong> das Ehrwürdige Sakrament in ihm aufgestellt<br />

und um Mitternacht <strong>de</strong>s Osterfestes wur<strong>de</strong> die Auferstehung <strong>de</strong>s Herrn mit einer Prozession<br />

und Frühmessen gefeiert unter großem Zulauf und Verehru ng <strong>de</strong>s Volks. Dies geschah<br />

auf Befehl und mit <strong>de</strong>r Autorität <strong>de</strong>r Vorgesetzten.<br />

Am Tag vor <strong>de</strong>m Fest <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Täufers Johannes kamen die schwangeren Frauen<br />

(über sie oben) alle zwar gesund hier an, aber wie ich gesagt hatte. ist es geschehen: sie<br />

si nd mit Schimpf und Schan<strong>de</strong> und ohne j e<strong>de</strong> erlangte Gna<strong>de</strong> von Wien nach Hause gesc<br />

hick t wor<strong>de</strong>n. Bald nach ihrer Ankunrt sind die Untertanen vom Herrn Baron zur<br />

Rechenschaftsablegung angehalten wor<strong>de</strong>n über die Leistun gen. die während <strong>de</strong>r Akti on,<br />

wei l strittig. angewachsen waren; nach ihrer Festlegung so llte die Lösung auf <strong>de</strong>n ursprünglichen<br />

Z ustand möglichst bald erfolgen. Es würe nicht erstaunlich, wenn alle Sch ramberger<br />

zu Steincn verwa n<strong>de</strong>lt wür<strong>de</strong>n. we il eine so lch große Summe Gel<strong>de</strong>s wäh rend dieser Akti<br />

on inmitten <strong>de</strong>s Kriegs lärm s ausgegeben wor<strong>de</strong>n wa r. dass man sie kaum beschreiben<br />

kann .<br />

Neue Kriege kündigte <strong>de</strong>r Kaiser <strong>de</strong>m Franzosen an, <strong>de</strong>r die Nachfolge <strong>de</strong>r gesamten<br />

M onarchie in Spanien gegen j e les Recht für sich bzw. seinen effen, <strong>de</strong>n H erzog von<br />

A njou, beansprucht. und diese Kriege nahmen einen guten Anfang im Herzogtum Mailand<br />

unter <strong>de</strong>m Prinzen Eugen von Sa voyen.<br />

In diesem .J ahr ist <strong>de</strong>r Kurfürst von Bran<strong>de</strong>nburg als erster vom Kaiser zum König von<br />

Preussen erwählt und gekrönt wor<strong>de</strong>n, gegcn <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s Königs von Frankreich.<br />

Obwohl in diesem Jahr kei n Krieg im K aiserreich, auch nicht gegen die Franzosen. erklärt<br />

word en ist. geschehen doch große Vorbereitungen auf bei<strong>de</strong>n Seiten.<br />

Wir haben Reiter aus <strong>de</strong>m Regiment <strong>de</strong>s Kai serlichen Herrn im Winterqu Rrtier.<br />

1702<br />

Gegen <strong>de</strong>n Franzosen ist im Reich <strong>de</strong>r Krieg erklürt wor<strong>de</strong>n: und


5 1<br />

und Hollän<strong>de</strong>r usw. : sie nehmen sie nach langem Wi<strong>de</strong>rstand glücklich ein. A m Oberrhein<br />

beginlll <strong>de</strong>r Krieg mit <strong>de</strong>r Belagerung <strong>de</strong>r Festung Landau unter <strong>de</strong>m K ommando <strong>de</strong>s<br />

Durchluuchtigsten Prin zen Ludwig v. Ba<strong>de</strong>n. Erklärt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Krieg gegen die Franzo. en<br />

auch von <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>r Königin Anna von England, die nach <strong>de</strong>m Hinschei<strong>de</strong>n<br />

Wilhelms 111. von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn erwählt und gekrönt wor<strong>de</strong>n war. Diese i t die Tochter<br />

Jakobs, <strong>de</strong>s geflohenen Köni gs von England. <strong>de</strong>r in Pari s verstorben ist. Zum König von<br />

England erkHirte <strong>de</strong>r König von Frankreich <strong>de</strong>n Herzog von Wal es, <strong>de</strong>n vermeintlichen<br />

(wie die Protestanten sagen) Sohn <strong>de</strong>s vorerwähnten K öni gs Jakob.<br />

Der 12. Juli war für un er Schramberger Tal fast <strong>de</strong>r sc hreckliche letzte, da so dichte und<br />

herti ge Regengüsse unter schauerlichen Donnerschlägen nie<strong>de</strong>rfielen, so dass davon Überschwemmungen<br />

von allen Bergen und Tälern gleich wie die reißend ten Flüsse in unser<br />

Tal zu sammenflo ·en und es ganz mit Wassern anfüllten, dass man selbst zu Pferd nicht<br />

ohne offensichtliche Leben. gefahr von einem zu <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Haus gelangen konnte. Dieser<br />

übergewaltige Strom ri ss mit sich viele hun<strong>de</strong>rt Karren Holz, Dämme, die aus langen<br />

Süimmen errichtet waren. die allerstürk sten Brücken. die Quellen, das mei ste Heu von <strong>de</strong>n<br />

Wi esen. füllte die Wiesen mit Sand und ze rstörte die meisten von ihnen mit amt <strong>de</strong>n Wegen;<br />

die Scheune an <strong>de</strong>r Papi ermühle führte er mit sich fort, beschädigte einige Häu se r und<br />

hätle sie fast abgeri ssen. und wälzte aus <strong>de</strong>n größten Stämmen errichtete M auern am Fluss<br />

über <strong>de</strong>n Haufen. ohne eine Spur von ihnen zu hinterl assen. Beson<strong>de</strong>rs in Kirnbach verwüstete<br />

er die Grundstücke auf' übelste; mit einem Wort: unser gan zes Tal. wenn j e. dann<br />

beson<strong>de</strong>rs zu dieser Zeit ein Tal <strong>de</strong>r Tränen zu nennen. schwebte in höch ter Gefahr, unterzugehen.<br />

Es dauerte diese Überschwe mmung ununterbrochen vier Stun<strong>de</strong>n lang, bevor die Wasser<br />

fielen. Den Scha<strong>de</strong>n halte ich für un ve rgleichbar und nicht wie<strong>de</strong>rherzu stellen: allein die<br />

Witwe an <strong>de</strong>r Oberen Papiermühle rechnet mit einem Scha<strong>de</strong>n von über I 000 Gul<strong>de</strong>n,<br />

Derartige Überschwemmungen waren auch 1688 entstan<strong>de</strong>n, aber mit die ·er. die es seit<br />

M enschenge<strong>de</strong>nken noch nie gab, waren sie überhaupt nicht vergleichbar.<br />

Am sei ben Tag erlitten auch an<strong>de</strong>re T äler gleiche Über chwemmungen. beson<strong>de</strong>rs das<br />

KinzigtaL Oberndorf, Epfendorf usw.<br />

Der Seligsten Jungfrau M ari a. die wir in diesem Tal <strong>de</strong>r Tränen jammernd angerufen und<br />

eine feierliche Prozess ion nach Triberg gelobt haben. schreibe ich es zu . dass wir nicht<br />

untergegan gen sind.<br />

Nach einer Belagerung von über drei M onaten ist die wohl befesti gte Stadt Landau durch<br />

die Waffen <strong>de</strong>s K aisers erobert und am 9.September <strong>de</strong>m Durchlauchtigsten König <strong>de</strong>r<br />

Römer, Joseph. <strong>de</strong>m Antistrategen <strong>de</strong>s kaiserlichen Heeres, vom Herzog v. Melac übergeben<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Tags zuvor, das ist


52<br />

m Rhein gab es zwischen <strong>de</strong>n Unsrigen und <strong>de</strong>n Franzosen bei <strong>de</strong>r Stadt euburg ( eIchen<br />

Ort die Franzosen beselLl hielten) eine blutige Aktion; mit <strong>de</strong>m Sieg kann sich kein<br />

Teil brüsten: auf bei<strong>de</strong>n Seiten fielen gegen 9 000 Mann. Und beson<strong>de</strong>rs betrauern wir<br />

Karl Egon. <strong>de</strong>n Landgrafen von Fürstenberg. Messkirch. General-Feldzeugmeister, einen<br />

herzhaften Mann und treu zum Kai~er haltend. und <strong>de</strong>n General von Zollern.<br />

Der Breisgau wur<strong>de</strong> von neuem verwüstet.<br />

In unserem Herrschaftsgebiet hatten wir im Winterquartier für drei Monate zwei Kompanien<br />

Reiter <strong>de</strong>s Generals v. Causan unter <strong>de</strong>n Kapitünen Graf v. Dana und Baron v. Miglione.<br />

leichen fahl. frech und rUuberi~ch. Die Ausgaben rur sie in unserem Gebiet belaufen sich<br />

LUS


53<br />

Aber wie diese Bauernkriege glücklich wa ren, so unglücklich wa ren sie in Schwaben und<br />

am Rhein. Im September belagertcn die Franzosen Breisach unter <strong>de</strong>m Feldherrn v. Bourgogne<br />

und Catinat. wührend in <strong>de</strong>r Stadt die Generale v.Ases und Marsili die Kommandanten<br />

waren ; und, oh Schan<strong>de</strong>'. nach einer Belagerung von 14 Tagen übergaben sie <strong>de</strong>n Franzosen<br />

diese stärkste Festung gleichsam von ganz Europa.<br />

In dieser Zeit wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Erzherzog von Österreich Karl in Wien vom Kaiser zum König<br />

von Spanien und K önig <strong>de</strong>r Römer erklärt und als K arl 111. kurze Zeit darauf nach Portugal<br />

entsand t.<br />

Inzwischen wur<strong>de</strong> in Schwaben ein Teil <strong>de</strong>s kaiserlichen Heeres unter <strong>de</strong>m General v.Syrum<br />

von <strong>de</strong>n Franzosen und Bayern vernichtend geschlagen.<br />

Im Elsass belagern die Franzosen Landau: aber ein erhoffter Entsatz wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Franzosen<br />

vernich tet und so sah sich die Besatzung trotz ausgezeichneter Verteidigung gezwungen.<br />

sie zu übergeben. In Schwaben belagerten die Franzosen zusammen mit <strong>de</strong>n Bayern<br />

Augsburg und nahmen es nach 6 Tagen ein: dic Ein wohner brachten sie durch grau samste<br />

Aktionen in Liußerste Not. Schl ießlich eroberten dic Franzosen auch noch Kempten, und so<br />

ging dieses traurigste Jahr zu En<strong>de</strong>.<br />

I 704<br />

Wie das vergangene .Iahr für <strong>de</strong>n K aiser verhängn isvoll war. so setzt es auch <strong>de</strong>r Anfang<br />

dieses Jahres fort. Rebellionen in Ungarn. schon im vergangenen Jahr unter <strong>de</strong>r Führung<br />

<strong>de</strong>s Fürsten v. Rakoczy begonnen. wachsen von Tag zu Tag mehr an: sie bil<strong>de</strong>n große<br />

Heere. besetzen verschie<strong>de</strong>ne Städte. verwüsten die Regionen und drohen selbst <strong>de</strong>r Stadt<br />

Wien mit Belagerung. Die Franzoscn besetzen PassaLI.<br />

In unserem Gebiet haben wir im Winterquartier drei Kompanien unter <strong>de</strong>r Anführung <strong>de</strong>s<br />

Herzogs Fricdrich von Hessen, lutheranische Soldaten zu Fuß.<br />

Zu Anfang Mai schicken die Franzosen von neuem ein Nachschubheer von 10000 Soldaten<br />

nach Schwaben. die wcnigstens un s nicht berührten: einen großen Nachschub an Soldaten<br />

schickcn <strong>de</strong>n kaiserlichen Truppen die Englün<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Herzog<br />

v.Marlborough . Sie bil<strong>de</strong>ten ein großes Heer, griffen die Bayern bei Donauwörth an , und<br />

nach<strong>de</strong>m sie diese mit großen Verlusten bei besagtem Donauwörth in die Flucht geschlagen<br />

haben, beginnen sie, Bayern feindlich mit Schwert und Feuer zu verwüsten.<br />

Im Monat Juli schickt <strong>de</strong>r König von Frankreich von neuem ein Heer von 30000 Mann<br />

unter <strong>de</strong>m Marschall <strong>de</strong> Tallal'd <strong>de</strong>m Herzog von Bayern zu Hilfe nach Schwaben. Sie<br />

richteten nach Zerstörung <strong>de</strong>r Hornberger Linie ihr Lager auf <strong>de</strong>m Hart in unserem Gebiet<br />

ein. verwüsteten elend unsere Orte und die achbarschaft. in<strong>de</strong>m sie die Frucht abschnitten,<br />

das Vieh wegtricben. Häuser. Wäl<strong>de</strong>r und die abgelegensten Winkel plün<strong>de</strong>rten. an<br />

erschie<strong>de</strong>nen Orten. zumal in Mariazell. schwere Brän<strong>de</strong> legten; dort fielen außer <strong>de</strong>r<br />

Kirche. <strong>de</strong>r Zehnt- und Pfarrscheuer II Häuser und Scheunen <strong>de</strong>m Brand zum Opfer. Der<br />

ganze in diesem und <strong>de</strong>m vergangenen Jahr diesem Gebiet zugefügte Scha<strong>de</strong>n (außer <strong>de</strong>m.<br />

was Kirchen und PFarrhäusern geschah. die alle ausgeplün<strong>de</strong>rt, aller Heiligsten Geräte an<br />

Hei ligsten Gefäßen und geweihten Hostien gotteslästerlich beraubt waren) beläuft sich, in<br />

einer Summe zusammengezählt. auf 57435 Gul<strong>de</strong>n und47 Kreuzer.<br />

Inzwischen such ten eier mciste Teil <strong>de</strong>r Schramberger Ein wohner rür sich und ihr Vieh<br />

Sicherheit, in<strong>de</strong>m sie in Ri chtung Horb davontlohen: an<strong>de</strong>re. in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn hin und her<br />

irrend und sich versteckend, wur<strong>de</strong>n fast alle von <strong>de</strong>n umherstreifen<strong>de</strong>n Soldaten gefun-


5-J.<br />

<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>r beraubt und, um ihr verborgenes Gut preiszugeben, mit Drohungen und<br />

Schlägen bedrängt, wenn sie !lohen, wur<strong>de</strong>n sie mit Präh len bedroht und teils durchbohrt,<br />

tei ls verwun<strong>de</strong>t. die Mädchen wur<strong>de</strong>n vergewaltigt: mit einem Wort ; ein Elend herschte,<br />

das man überhaupt nicht beschreiben kann. und bei <strong>de</strong>m ieh teils Zusehauer war, teils die<br />

feindliche Grausamkeit mehr als genu g erfahren habe.<br />

Inzwischen belagern die Fein<strong>de</strong> ViII i ngen: die Be lagerung dauerte vom 16. -22. J ul i; aber<br />

<strong>de</strong>r Feind mu sste die hel<strong>de</strong>nhal'te Verteidigung <strong>de</strong>r Vi Ilinger un ter <strong>de</strong>m Anführer und Kommandanten<br />

Baron v. Wilsdorff erfahren. einem Mann, herzhal't und mutig und treu seinem<br />

Kai 'er und <strong>de</strong>m Vaterland ergeben: au ßer<strong>de</strong>m bedrohte ihn ein kaiserliches Heer unter<br />

Führung <strong>de</strong>s Prin zen Eugen, und so gab <strong>de</strong>r Feind am20. Juli die Belagerung auf. In dieser<br />

Zeit fi elen von <strong>de</strong>n Villingern vier Bürger. unter diesen auch mein geliebter Bru<strong>de</strong>r, Maler<br />

und Wirt zum Adler. dazu noch vier Soldaten und ein Mädchen: einige wur<strong>de</strong>n verwun<strong>de</strong>t.<br />

Von <strong>de</strong>n Fe in<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n ge töt et o<strong>de</strong>r verwun<strong>de</strong>t gegen I 500 gezählt. Diese glorreiche<br />

Verteidigung und <strong>de</strong>n hel<strong>de</strong>nhal'len Wi<strong>de</strong>rstand preist die ganze Welt.<br />

A ls die Belagerung aufgehoben wa r, beeilt sich <strong>de</strong>r Feind, <strong>de</strong>m Herzog von Bayern zu<br />

Hilfe zu kommen und richtet seinen Laufnach Schwaben. Ihn bedrohte von <strong>de</strong>r Flanke mit<br />

seinem kaiserlichen Heer <strong>de</strong>r Prinz Eugen. Bei Höchstädt ve reinigen sich die Franzosen<br />

mit <strong>de</strong>n Bayern: die Kaiserlichen aber und die verbün<strong>de</strong>ten Englän<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r vermel<strong>de</strong>ten<br />

ei nen gloriosen und fast unerhörten Sieg über die Franzosen und Bayern, wo am<br />

3. ugust die teils von <strong>de</strong>n Kaiserlichen unter Prinz Eugen, teils von <strong>de</strong>m Herzog v. Marlborough<br />

in Akti onen vom frühen M orgen bis zum Abend angegriffenen Fein<strong>de</strong> das Feld <strong>de</strong>n<br />

glorreichen Siegern überließen. Von <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n fi elen gegen 20 000 Mann, ge fan gen<br />

wur<strong>de</strong>n (ein Bei 'pi el ohne Beispiel) außer <strong>de</strong>m M al'. chall <strong>de</strong> Tallard und neun Generalen<br />

gegen 10000 Soldaten. ur unserer Seite fi elen gegen 8- bis 10000 Mann au .<br />

Es entkam <strong>de</strong>r Herzog von Bayern . <strong>de</strong>r sich mit se inem kkinen Heer zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />

gegen die Unsri gen außer Stan<strong>de</strong> sah. Er ließ die Städte Augsburg, M em mingen, Biberach.<br />

Kempten. Neuburg. Regensburg und ganz Bayern zurück und eilte in sc hneller Flucht durchs<br />

Kinzigtal nach Straßburg. wodurch zug leich dieses ganze KinzigtaL bi. her von <strong>de</strong>r französischen<br />

Soldateska unter <strong>de</strong>m Herzog <strong>de</strong> Villars besetzt. jetzt frei wur<strong>de</strong> und uns, die wir<br />

bisher hin und her irren mussten. ei ne bessere Hoffnung auf sichereres Verbleiben ve r­<br />

sprac h. Inzwischen belagern die Unsri gen die Stadt Ulm und nehmen sie nach kurzem<br />

Wi<strong>de</strong>r"tand ein; ihr f olgten Straubing und PaSSall.<br />

1m Elsass wird unter <strong>de</strong>m Kommando <strong>de</strong>s Durchlauchtigsten K öni gs <strong>de</strong>r Römer. Joseph.<br />

die seh r starke FesllIng Landau belagert und nach drei M onaten beharrlichsten Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>n Unsri gen übergeben. Dabei starb unter an<strong>de</strong>ren ausgezeichneten Soldaten und<br />

Bel'ehl shabern <strong>de</strong>r Landgraf <strong>de</strong>s Kinzigtales Pros per Stiebling usw.: um ihn trauern außer<br />

<strong>de</strong>m König <strong>de</strong>r Römer noch sehr viele an<strong>de</strong>re Personen.<br />

Ab ganL Schwaben und Bayern durch die beson<strong>de</strong>re göttliche Gna<strong>de</strong> und Güte sowohl<br />

\ on <strong>de</strong>n Franzosen als auch von <strong>de</strong>n Bayern in schimpllicher Flucht verlassen war und<br />

außer ei nigen stärker befesti gten Orten <strong>de</strong>n Siegern zufiel. da fl ehte die Herzogin von<br />

Bayern. die sich bisher mit ihren Kin<strong>de</strong>rn in München aufgehalten hatte und sich j etzt von<br />

allen Se iten verla ssen sah, schließlich die Mil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kai ser" an. <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r ihm angeborenen<br />

Güte sie in Gna<strong>de</strong>n aurnahm und mit ihr einen Pakt schloss, auf Grund <strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>r<br />

besagten Herzogin München und mgebung verblieb. <strong>de</strong>r Kaiser aber sich <strong>de</strong>s ganzen<br />

übrigen Bayerns versicherte.


55<br />

Schließlich wur<strong>de</strong> gegen En<strong>de</strong> ovember die stark gesicherte Festung Trm'bach nach fast<br />

zweimonatiger Belagerung von <strong>de</strong>n Franzosen <strong>de</strong>m Kaiser übergeben.<br />

So hat dieses Jahr mit glorreichen Si egen glücklich sein En<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n. Ich füge ihm für<br />

das fo lgen<strong>de</strong> Jahr diese Wünsche bei:<br />

L eopoLDo Magno gaLLos oppVgnante,<br />

CaroLo granDes et pLebeM sVperante<br />

baVaro M oDo taCto et fraCto<br />

DeVs Conferat paCeM<br />

Leopold <strong>de</strong>m Großen. <strong>de</strong>r gegen die Franzosen ankämpft.<br />

Kar! , <strong>de</strong>r alle Großen und das gemeine Volk überwin<strong>de</strong>t,<br />

<strong>de</strong>m K önig <strong>de</strong>r Römer, <strong>de</strong>r die Ungarischen Rebellen bezwingt<br />

und jüngst <strong>de</strong>n Bayern geschl agen und zerschmettert hat,<br />

möge Gott Frie<strong>de</strong>n bescheren. I<br />

]705<br />

Unter größter Trauer und Betrübnis <strong>de</strong>s ganzen Römi schen Reichs verschied au s diesem<br />

sterblichen Leben und irdischer Herrschaft in das unsterbliche (wie wir unzweifelhaft erhoffen)<br />

<strong>de</strong>r frommste K aiser <strong>de</strong>r Römer L eopold I. Mit seinem trauervollen Hinschei<strong>de</strong>n<br />

erfüllte sich die Vorhersage einiger frommer M enschen. die zuvor schon gesagt hatten,<br />

dass ihm die Zahl5 verhängnisvoll sein wer<strong>de</strong>; <strong>de</strong>nn in diesem Jahr 1705, im 5. Monat, das<br />

ist <strong>de</strong>r M ai, am 5.Tag <strong>de</strong>s Monats und im 65. Jahr seines Lebens schied er von <strong>de</strong>n L eben<strong>de</strong>n.<br />

Das Römi sche Rei ch regierte er zumeist unter nichts al Kriegen. sowohl mit Türken<br />

als Franzosen. durch 47 Jahre, in Ungarn 51 , in Böhmen durch 49 Jahre. Möge er in heiligstem<br />

Frie<strong>de</strong>n ruhen.<br />

Die Regierung <strong>de</strong>s Römisc hen Reiches, <strong>de</strong>r Prov inzen und <strong>de</strong>r erblichen K öni greiche übernahm<br />

<strong>de</strong>r schon vor J 5 Jahren zum König <strong>de</strong>r Römer gewählte und gekrönte Sohn Leopolds<br />

1., Joseph L. <strong>de</strong>m alle Städte <strong>de</strong>s Reichs als ihrem Kai ser <strong>de</strong>n Treueid leis teten. A lle<br />

rufen jubelnd: Es lebe Kaiser Joseph.'<br />

In Kriegs-Angelegenheiten tat sich in diesem Jahr gegen aller Erwartung nichts Beson<strong>de</strong>res<br />

in unseren Reichen, es sei <strong>de</strong>nn, dass die Hol län<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Herzog von<br />

Marlborough die Linie von Brabant. und die Kaiserlichen unter <strong>de</strong>r Führung <strong>de</strong>s Prinzen<br />

Ludwig von Ba<strong>de</strong>n die Linie im Elsass und Hagenau einnahmen.<br />

Im Katalan ischen Reich aber macht <strong>de</strong>r K önig von Spanien, Kar! 111. gute Fortschritte,<br />

in<strong>de</strong>m er sich die Haupt. tadt Barcelona und dieses ganze Königreich außer <strong>de</strong>r Stadt Ro sas<br />

unterwarf. GOlt möge diesen ruhmvollen König stärken I<br />

I )<br />

Das Ch ronogramm Iüsst sich auf Deutsch nicht wie<strong>de</strong>rgeben. Es beruht auf <strong>de</strong>r Verwendung<br />

römischer Zahl zeichen im Text (M= I 000. D = 500. C = 100. L = 50. V = 5) :<br />

In <strong>de</strong>m obigcn Wunschgebet fin<strong>de</strong>n sich<br />

5 M 5 x I 000 5 000<br />

5 D 5 x 500 2 500<br />

6C 6x l 00 600<br />

8L 8 x 50 ·wo<br />

5 V 5 x 5 25<br />

Dies ergibt. auf 5 Zei len vertei lt 8525 also durchschnittlich für je<strong>de</strong> Zeile 1705.<br />

Der Verfasser weist mit se incm Frie<strong>de</strong>nswunsch also 5 mal auf da. Jahr 1705 hin.


56<br />

Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres erregen die bayeri schen Bauern neuen A ufruhr, in<strong>de</strong>m gegen<br />

20000 Verschworene und Versammelte. nach Besetzung <strong>de</strong>r Städte Burghausen, Braunau.<br />

Schärding. Vi lshofen und Kehlheim. auch München zu erobern versuchen. aber sie wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>n K aiserlichen geschlagen und gegen -I- 000 Bauern getötet. Dennoch geben sie<br />

nach dieser Nie<strong>de</strong>rlage keine Ruhe; von <strong>de</strong>n Unsri gen sind die Städte Burghau sen, Kehlheim<br />

und Vilshofen wie<strong>de</strong>r erobert wor<strong>de</strong> n.<br />

Die Rcbellionen in Ungarn dauern bi s jetzt an: vergebens wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n En glän<strong>de</strong>rn und<br />

Hollän<strong>de</strong>rn eine Beilegun g <strong>de</strong>s Streits angestrebt. Schließlich mussten die Ungarn am 10.<br />

November in Siebenbürgen ei ne große ie<strong>de</strong>rlage von <strong>de</strong>n Kaiserlichen hinnehmen: gegen<br />

7 000 starben. 160 Geschütze und un versehrte Lager fielen <strong>de</strong>n Siegern zur Beute.<br />

Aber sie lassen sich dadurch ni cht entillutigen und unternehmen in Oberungarn und Nie<strong>de</strong>rösterreieh<br />

ve r:chie<strong>de</strong>ne kecke Vorstösse.<br />

1706<br />

Die Rebellion in Bayern hat sich endlich beruhigt. Die von <strong>de</strong>n Bauern bi sher bese tzten<br />

Orte sind <strong>de</strong>m Kaiser wie<strong>de</strong>r unterstellt. Von <strong>de</strong>n Bauern sind in <strong>de</strong>r gan zen Zeit <strong>de</strong>r Rebellion<br />

gegen 10000 getötet wor<strong>de</strong>n. "Besser lI'äre es gell 'esel), Clieciliwl/ls, du Il'iiresl ;.uhC/lIse<br />

gehlieheIl. "<br />

Inzwischen entstehen in un. erem Gebi et neue Konnikte. we il di e Untertanen die Wie<strong>de</strong>raufnahme<br />

<strong>de</strong>s Verfahrens beim Reg iment in I nnsbruck hartnäcki g betreiben. Einer meiner<br />

Pfarrangehöri gen. Sylvester Lin<strong>de</strong>nmüllcl'. hat <strong>de</strong>n Herrn Baron v. Bissigen mit seiner ganzen<br />

Familie und mehreren an<strong>de</strong>ren vor das göttliche Geri cht ge for<strong>de</strong>rt . Da er sich <strong>de</strong>swcgen<br />

we<strong>de</strong>r von mir noch vom Herrn Dekan und selbst vom Ehrwürdigen Herrn K onstan zer<br />

Generalvikar zur Vernunft und zum Wi<strong>de</strong>rruf seiner Provokation bewegen ließ und die<br />

ös terliche Beichte und Kommunion hartnäcki g verweigerte, wur<strong>de</strong> , chließlich <strong>de</strong>r Ausschl<br />

w .. s vom Offizium ausgesprochen, vom Herrn Dekan verölTentlicht und an <strong>de</strong>n Türen<br />

<strong>de</strong>r hi esigen Kirche angeschlagen. Dennoch wur<strong>de</strong> er dadurch nicht besser gemacht. son<strong>de</strong><br />

rn verbl ei bl unbewegt in seiner Wi<strong>de</strong>rspensti gkeit und wird von mehreren se iner Anhänger<br />

gestützt und bestärkt gegen das Verbot <strong>de</strong>r Kirche: das C[uültmich nicht wenig und ich<br />

fürchte größere Übel.<br />

Ein junger M ann au s meiner Pfarrgemein<strong>de</strong> Sulgen namens Christi an Hörmann . 19 Jahre<br />

alt. wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Vergehen <strong>de</strong>r Grausamke it an zwei Ziegenböc ken öfters vermutet und<br />

schließlich ert appt. M an verurteilte ihn zum Köpfen und Verbrennen; ich habe ihn gestern.<br />

am 15. J uni zum Ri chtplatz zusammen mit <strong>de</strong>m Ehrwürdigen Herrn Kapu ziner Ferd inand<br />

begleitet. Der Verurteilte unterzog sich <strong>de</strong>r Strafe mit erstaunlicher Gefasstheit.<br />

Der vo rhin genannte Lin<strong>de</strong>nmüller erlangte zu österlicher Zeit A bso lution von <strong>de</strong>r Exkommunikation<br />

wegen seiner öft eren Wi<strong>de</strong>rspensti gkeit, wur<strong>de</strong> aber von <strong>de</strong>r Innsbrucker<br />

Regierung wegen <strong>de</strong>r hüuri gen Hanniicki gkeitund wegen <strong>de</strong>s Ungehorsams gegen sie aus<br />

<strong>de</strong>m Gebiet verwiesen.<br />

Was <strong>de</strong>n Krieg betrifft. so war <strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>r Kampagne am Rhein für die Franzosen<br />

gün stig. in<strong>de</strong>m sie die U nsrigen über <strong>de</strong>n Rhein zurücktrieben und die Stadt Hagenau besetzten<br />

und in Italien über einige kai serlichen Truppen triumphienen. Aber dank göttlicher<br />

Hilfe wandte si ch darauf das Kriegsg lUck. in<strong>de</strong>m


S7<br />

bei vollen Kräften größtenteils gesch lagen, gefangen und in die Flucht getrieben: ihre Lager<br />

überließen sie <strong>de</strong>n Siegern zur Beute. Die Franzosen zerstreuten sich; von <strong>de</strong>n ver 'ammelten<br />

60 000 Mann wur<strong>de</strong>n 20 000 als Restbestand geztihlt. ach diesem glorreichen<br />

Si eg ergaben sich die Städte Loeve n. Brüsse l, M echelen, Aalst, Gent, Antwerpen usw. und<br />

das ganze Brabant. Ihnen fo lgten nach einigen Tagen Belagerung die sehr starken Festungen<br />

Osten<strong>de</strong>. M enen. Den<strong>de</strong>rmon<strong>de</strong> und Ath.<br />

[m Katalonisc hen K önigreich belagerten die Franzosen und Spanier die Hauptstadt Barcelona<br />

zu Wasser und zu Land unter <strong>de</strong>n Anführern v. Anjou und Tesse; doch wur<strong>de</strong>n sie<br />

gezwungen, diese durch etwa zwei M onate dauern<strong>de</strong> Be[ agerung (während <strong>de</strong>r K önig Karl<br />

in <strong>de</strong>r Stadt selbst anwesend unter großer Gefahr für sich se lbst die Seinigen zu tapferem<br />

Wi<strong>de</strong>rstand aufrief) endlich in größter Verwirrung aufzugeben infolge <strong>de</strong>r Ankunft einer<br />

englischen Flotte unter <strong>de</strong>m Admiral v. Lack: sie ließen ihr Lager un verseh rt zur Beute.<br />

Dies geschah am 13. Mai, als eine 'chreckliche Sonnenfinsternis eintrat. in<strong>de</strong>m sich die<br />

Sonne durch <strong>de</strong>n dazwischen geschobenen Mond am Mittag ganz un vermutet so sehr verdunkelte,<br />

dass es bei sonst klarem Himmel finstere acht zu sein schien und die leuchten<strong>de</strong>n<br />

Sterne am Firnlament klar gesehen wur<strong>de</strong>n. Diese SonnenfinsteLlli s jagte <strong>de</strong>n Leuten<br />

gewaltigen Schrecken ein.<br />

Inzwischen machte in Spanien König K arl gute Fortschritte. Zu<strong>de</strong>m erlitten die Franzosen<br />

eine erneute große Nie<strong>de</strong>rlage am 7. September bei <strong>de</strong>r Belagerung <strong>de</strong>r lombardischen<br />

Hauptstadt Turin. die drei M onate hindurch streng andauerte und durch die diese berühmte<br />

Stadt und ganz Savoyen und L ombar<strong>de</strong>i schon <strong>de</strong>r Aufgabe nahe war. Aber sie wur<strong>de</strong> von<br />

<strong>de</strong>n kai se rl ichen Truppen unter <strong>de</strong>m Hoched len Antistrategen Prinz Eugen aus <strong>de</strong>m Rachen<br />

<strong>de</strong>r Franzosen gerissen, die Franzosen wur<strong>de</strong>n überwältigt, besiegt und in die Flucht<br />

geschlagen; <strong>de</strong>n Siegelll fielen kostbare L ager und 80 Geschütze zur Beute. Von <strong>de</strong>n Franzosen<br />

gingen die meisten zugrun<strong>de</strong>, gefangen wur<strong>de</strong>n gegen S 000 M ann und 10 Genera le<br />

und mehrere an<strong>de</strong>re Offiziere. Nach die 'em glorreichen Si eg ergaben sich nach kurzem<br />

Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>m savoy ischen Feldherrn die FeslUngen Verona. Vercel lae und an<strong>de</strong>re von<br />

<strong>de</strong>n Franzosen in <strong>de</strong>n vorhergehen<strong>de</strong>n Jahren besetzte Orte. Dem Heerführer Eugen unterwarf<br />

sich die von <strong>de</strong>n Franzosen im Stich gelasse ne Hauptstadt M ai land. Pavia, Alessandria.<br />

Brizzingtone (?) und alle übri gen Festungen und Orte unter <strong>de</strong>r Herrschaft M ailands<br />

ausser Cremona. Schließlich ergab sich auch diese und das Herzogtum M antua <strong>de</strong>m Kai se r.<br />

[m polnischen K önigreich hat <strong>de</strong>m K öni g August das widrige Schicksal bi s jetzt nicht<br />

wen ig mitgespiel t, weil <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n die P~1I1ei <strong>de</strong>s neugewählten Königs Stanislaus.<br />

nach<strong>de</strong>m er mehrere Große <strong>de</strong>s Reichs auf sei ne Seite gebrach t hatte, zäh vorantrieb,<br />

ja soga r in Sachsen se lbst mit einem großen Heer feindlich ein fiel. obwohl die Englän<strong>de</strong>r,<br />

Hollän<strong>de</strong>r und übrige Glie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Reiches diese Invas ion missbilligten. Inzwisc hen<br />

j edoch war auch <strong>de</strong>m König August das Schicksal günstiger gesinnt. in<strong>de</strong>m er mit seinem<br />

aus Sachsen. Polen und M oskowitern gem ischten Heer das in Großpolen zurückgebliebene<br />

schwed isch-polnische Heer von 20000 Mann angri ff. besiegte und in die Flucht j agte.<br />

Bei dieser Aktion wur<strong>de</strong>n gegen 10000 getötet, die übrigen fas t alle ge fan gengenommen;<br />

nur wenige konnten sich durch die Flucht retten.<br />

Auf Grund dieses Sieges soll unvermutet zwischen besagten K önigen Polens und Schwe<strong>de</strong>ns<br />

ein Frie<strong>de</strong>n zustan<strong>de</strong> gekommen se in .<br />

Wun<strong>de</strong>r ergaben sich in diesem Jahr: I) Während im ganzen Sommer eine so lche Dürre im<br />

Bo<strong>de</strong>n herrschte, wei l durch fast drei Monate hindurch kein Regen kam, fiel doch die<br />

Frucht- und Weinernte so reichlich aus. dass das Modium Korn für 24 Kreuzer. das Ohm


S8<br />

Wein für 2 Gul<strong>de</strong>n S Kreuzer hier in Schramberg gekauft wer<strong>de</strong>n konnte. 2). Weil das<br />

Rosengu t eines würllembergischen Bauern "Zum Gast" in diesem Jahr drei M al blühte:<br />

einmal zur üblichen Zeit. das zwei te M al im August und schließlich im Oktober, zu weicher<br />

letzten Zeit ich eine mir von dort übersandte weiße Rose mit Erstaunen erblickt habe.<br />

3) Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrs war e~ so wa rm. dass an manchen Orten im Dezember die Bäume<br />

wie im Frühling blühten.<br />

1707<br />

Der Krieg halle in diesem Jahr für unsere Seite abso lut keinen so glücklichen und glorreichen<br />

Verlauf wie in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren. Im AlTagonischen Reich wur<strong>de</strong> das Heer<br />

K arls 111. unter <strong>de</strong>m Herzog von Gallaway on Spaniern und Franzo:en geschlagen. gegen<br />

7000 gctötct und gefangen. Am Rhein kommandierte nach <strong>de</strong>m Todc <strong>de</strong>s Obersten Befchl s­<br />

habers Ludwig v. Ba<strong>de</strong>n dcr Prinz von Bayreuth. aber mit unglück lichem Ausgang; <strong>de</strong>nn<br />

kaum halle Mr. <strong>de</strong> Villars seine Truppen über <strong>de</strong>n Rhein herübergebracht. ließ <strong>de</strong>r Prinz<br />

die Bühlcrhöhe. die man bisher für nicht zu erobern angesehen halle, in schmählicher Flucht<br />

im Sti ch. die Franzosen drangen ungchin<strong>de</strong>rt ein und zerstörten sie völlig. ach diesem<br />

unglücklichen A usgang erpressten die Franzo. en aus <strong>de</strong>m Herzogtum Ba<strong>de</strong>n, Würllemberg.<br />

<strong>de</strong>r Pfalz. einem Teil von Franken und Schwaben große und reichliche Kontributionen.<br />

Danach fielen sie auch ins Kinzigtalmit 3000 Reitern unter <strong>de</strong>m Mr. <strong>de</strong> Vi vans ein, besetzen<br />

das von <strong>de</strong>n Unsri gen verl a!',sene Hornberg. von wo die Reitertruppe durch das ganze<br />

übrige Sein aben bis K onstanz und Im ei lig vordrang. um Kontributionen herauszupressen.<br />

Den illingern. die bei <strong>de</strong>r Bezahlung <strong>de</strong>r Kon tribution zu langsam waren . brannten<br />

sie die so genannte untere Mühle ab. in Klengen zün<strong>de</strong>ten sie ein Haus an und <strong>de</strong>m Abt von<br />

St.Georgen zwei Höfe in Kirchhofeni. <strong>de</strong>n Rott we ilern zwei Häuser in Zimmern. Da wir<br />

Schramberger in<strong>de</strong>ssen schon vorher ei ne Kontribution in Höhe von I 000 Gul<strong>de</strong>n nach<br />

Straßburg entrichtet hallen. konnten wir un s unter einem Schutzbrief sicher fühlen.<br />

Der König von Schwe<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r einen Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Kön ig August von Polen und Herzog<br />

von Sachsen geschlossen halte. eincn Fri e<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r August vom I olni sc hen Königreich, das<br />

ganz dcm Stani slaus überlasscn wurdc. nichts als <strong>de</strong>n Titel " König" beließ, blieb das<br />

ganzc Jahr mit seinem gesamten Hecr in Sachscn. Als cs ganz erschöpft und völlig ausgesogcn<br />

war. zog er von dort ei I igst nach Polcn gegen die M oskowi tel'. nach<strong>de</strong>m er zu vor seine<br />

Strei ti gkeiten mit <strong>de</strong>m Kaiser beigelegt hatte.<br />

Prinz Eugcn schickte aus hai ien I S 000 Mann unter <strong>de</strong>m General Graf Daun gegen das<br />

Königreich eape l, mit so glück lichem Erfolg, dass sich das ganze Reich so fort Karl un ­<br />

terwarf mit Ausnahme <strong>de</strong>r stark bcfcstigten Stadt Gaeta. die jedoch kurz darauf vom kaiserlichen<br />

Heer mit Waffengewalt in glück lichem Anlauferobert wu rd e; dort wur<strong>de</strong>n mehrere<br />

neapolitanische Magnaten. die <strong>de</strong> m Gegenkönig Philipp treu ergeben waren. zu sammen<br />

mit <strong>de</strong>m M i1iWr ge f"angen genommen. So dient jetzt dieses ganze Reich seinem legitimen<br />

Herrn und König K ar!.<br />

In <strong>de</strong>r Provinz war das Glück <strong>de</strong>m Prinzen ugen und <strong>de</strong>m Herzog von Savoyen nicht so<br />

günst ig: <strong>de</strong>nn in vergeblichem Versuch belagerten sie die stark bef"estigte am M eer gelegene<br />

Slad t Toulon und so zogen sie sich un vcrrichteter Sache nach Italien zurück. Für das<br />

ka iserl iche Heer wur<strong>de</strong> als Oberbefehlshaber <strong>de</strong>r Kurfürst und Herzog von Hanno er bestimmt.<br />

I) woh l K irchdorf bei Villingcn


59<br />

Der General <strong>de</strong> M ercy fiel <strong>de</strong>n Herzog <strong>de</strong> Vi vans durch einen glücklichen A ngri ff mit<br />

seinen Truppen un vermutet an und vernichtete sein Heer.<br />

1708<br />

In diesem Jahr hatten wir in un se rem Gebi et im Winterquartier Hu sa ren ... 1 5 Kapitäne, die<br />

nach ihrer Weise sich ausgezeichnet <strong>de</strong>r Bauern bedienten. Vor <strong>de</strong>n Franzosen freilich<br />

waren wir se lbst, durch die Uno ri gen geschützt, sicher, nicht aber un ser Hab und Gut, da<br />

vom K aiserlichen Heer, das auf <strong>de</strong>r Ben z-Ebene lagerte, alles Gras unserer Wiesen abgemäht<br />

und weggeschleppt wur<strong>de</strong>.<br />

Übersc hwe mmungen mus ·ten die Göttelbacher heute. am 10.Juni, wie im vori gen Jahr<br />

am 11 . Juni , erlei<strong>de</strong>n, und zwar gan z ver<strong>de</strong>rbliche. durch die die Wiesen elend und irreparabel<br />

verwüstet und vernichtet wor len sind: wie auch die Wiese un seres Gnädigen Herlll,<br />

we lche <strong>de</strong>n B auern j e<strong>de</strong>s Jahr viel Schweiß kostet.<br />

In Sachen <strong>de</strong>s Kriegs am Rhein wur<strong>de</strong> von keiner Partei etwas unternommen, so n<strong>de</strong>rn<br />

bei<strong>de</strong> verteidigten ihre Linien. In Italien brachte <strong>de</strong>r Savoyische Feldherr mit <strong>de</strong>r Eroberun<br />

g dreier Festungen <strong>de</strong>n Krieg zu En<strong>de</strong>. In Flan<strong>de</strong>rn sind sch werere und glücklichere<br />

Kriege geführt wor<strong>de</strong>n. Im M ärz rüsteten die Franzosen eine Flotte aus, mit <strong>de</strong>ren Hilfe ie<br />

<strong>de</strong>n Herzog V. Galles, <strong>de</strong>n angeblichen Sohn <strong>de</strong> verstorbenen nüchtigen Königs Jakob<br />

von England nach Schottland zu bringen und dort als K öni g einzusetzen versuchten: ohne<br />

Erfolg, <strong>de</strong>nn diese ganze Flotte wur<strong>de</strong> von einer englisch-holländischen unter <strong>de</strong>m Vize­<br />

Admiral V. Bings unter Verlust eines einzigen Schi ffes. "von Salisbury" genannt, hier und<br />

dorthin zerstreut. in die Flucht geschl agen und musste unverrichteter Dinge nach Dünkirchen<br />

zurückkehren. So zerfloss in <strong>de</strong>n Wellen dieser ganze Plan <strong>de</strong>r Franzosen, <strong>de</strong>n sie bereits<br />

viel gerühmt hatten. und dieser "kimmerische König" kehrte, zum Spott gewor<strong>de</strong>n, nach<br />

Frankreich zurück vo ll Jammer über sein klügliches Schicksa l.<br />

W ährend für die Franzosen diese Aktion unglücklich verlief. bauen sie in Fl an<strong>de</strong>rn ein<br />

großes Heer auf unter <strong>de</strong>n Generalen Burgund. Be .. . 1 und Vendome, von <strong>de</strong>m 'ie sich<br />

gün sti gere Ergebni sse versprachen: und zun äch t begün sti gte si e das Glück irgend wie,<br />

weil , ie Gent und Brügge, große Städte Flan<strong>de</strong>rn s. durch ihre Taktik einnahmen. A ber bald<br />

we n<strong>de</strong>te das Glück seinen Würfel. al s die Franzosen am 12. Juli eine große ie<strong>de</strong>rl age<br />

erlitten bei Ou<strong>de</strong>naar<strong>de</strong>. und die Englän<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>r ruhmvollsten Führung<br />

von Prinz Eugen und M arlborough einen grandiosen Si eg vermel<strong>de</strong>n konnten. Bei dieser<br />

A ktion starben von <strong>de</strong>n Franzosen 3 370, 2 000 wur<strong>de</strong>n verwun<strong>de</strong>t. 9 070 ge fangen genommen,<br />

nebst 13 Generalen und 723 an<strong>de</strong>ren Kriegs- Bevollmächtigten. Auf unserer Seite<br />

wur<strong>de</strong>n 9 19 getötet, 2224 verwun<strong>de</strong>t. Naeh<strong>de</strong>m dieser Si eg errun gen war und ein<br />

Z usammenschluss <strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r M osel herbeigeführten kai serlichen Heers mit <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn<br />

und Homin<strong>de</strong>rn erfolgt war, belagert Prinz Eugen die äußerst stark befesti gte Stadt<br />

Reuse l: diesen Schlüssel zu ver~c hi e<strong>de</strong> n e n Provinzen Frankreichs übergab nach fast drei­<br />

Illonati ger Belagerung Mr. <strong>de</strong> Bourllers an Pri nz Eugen.<br />

Der Herzog von Bayern belagert inzwischen BrüsseL aber vergeblich. da er, durch das<br />

Herannahen <strong>de</strong>s Herzogs M arlborough erschreck t. die Belagerun g in schneller Flucht aufhebt<br />

unter Z urücklassun g von I 800 Toten. mehreren Verwun<strong>de</strong>ten. 12 Geschützen, Wagen<br />

un d <strong>de</strong>rgleichen.<br />

I )<br />

Hier ist die Seite beschiidigt


60<br />

Mit ihren Siegen geben sich die glorreichcn Hel<strong>de</strong>n nicht zufrie<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn belagern im<br />

bereits eintreten<strong>de</strong>n frosti gen Winterwetter. d.h. gegen End e dieses Jahres. die Stadt Gent.<br />

Gott möge ihre Absicht unterstützen und mit <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n neuen Jahr <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n geben.<br />

<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Wun sc h aller schon lange ersehnt wird.<br />

Schwere Zerwürfnisse sind zwischen Papst und Kai se r entstan<strong>de</strong>n. von ihnen hat j ener die<br />

Partei dcs K önigs von Frankreich nachhaltig unterstüt zt. So marsc hierten die kai serlichen<br />

Truppen in <strong>de</strong>n Kirchenstaat ein, mehrere Dörfer wur<strong>de</strong>n geplün<strong>de</strong>rt , angezün<strong>de</strong>t die Wi<strong>de</strong>rstand<br />

leisten<strong>de</strong>n Bauern getötet und ge fan gen usw. Der überwi Illern<strong>de</strong> Soldat genießt<br />

erfreut diese üppige Gegend. Die beste Hoffnung auf Beilegung dieses Zerwürfnisses leuchtet<br />

aur.<br />

In diesem Jahr verdarben ve rnichten<strong>de</strong> Fröste im Frühjahr und Dauerregen im Sommer die<br />

Früchte <strong>de</strong>r Bäume und <strong>de</strong>n Wein: hier w u c h ~ <strong>de</strong>r Preis für ein Ohm Wein auf 5 - 6 Gul<strong>de</strong>n<br />

an: auch da~ Getrei<strong>de</strong> erzielte einen höheren Preis, d.h. das M odium kostet I Gul<strong>de</strong>n 4<br />

Kreuze r.<br />

Gent und Brügge sind ohne großen Wi<strong>de</strong>rstand von <strong>de</strong>n Unsrigen wie<strong>de</strong>r erobert wor<strong>de</strong>n.<br />

1709<br />

E:-. herrschte ein sehr strenger Winter und eine äußerst frostige Witterun g. und es war so<br />

ka lt. w ie es seit M ensc henge<strong>de</strong>nke n ni cht war. und die bi ssige Külte dauerte im Januar<br />

volle drei Wochen und auch im Februar fas t <strong>de</strong>n ganze n M onat : in dieser Zeit ind hier und<br />

don mehrere M enschen durch die Kälte erfroren. Tiere in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn , Vieh in <strong>de</strong>n Stä l­<br />

len und Vögel in <strong>de</strong>r Luft sind veren<strong>de</strong>t. Es ve rbreitete sich die Kälte auch in wärmeren<br />

Gegen<strong>de</strong>n: an so lchen Orten raffte die K älte wegen <strong>de</strong>s M angels an Holz und Bäumen<br />

mehrere M enschen dahin. A lle Gegen<strong>de</strong>n von ganz Europa vermerkten (nach <strong>de</strong>n Zeitungen)<br />

schwcrste Schä<strong>de</strong>n durch diesen Winter. beson<strong>de</strong>rs an Weinreben, Bäumen und Feldfrüchten.<br />

berschwemmungen etwa um Mittern acht zwisc hen <strong>de</strong>m 20. und 2 1. Juni waren auch in<br />

die. em Jahr wie in <strong>de</strong>n früheren sehr ver<strong>de</strong>rbl ich rur die Wiesen am Göttelbach. die zu vo r<br />

ei nigermaßen repa riert wor<strong>de</strong>n warel1. jetzt abcr wie<strong>de</strong>r elendigl ich verwüstet wur<strong>de</strong>n. Si e<br />

scha<strong>de</strong>ten aber auch <strong>de</strong>nen bei <strong>de</strong>r oberen Papiermühle und <strong>de</strong>nen am Kirnbach.<br />

Über die Erzielung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong> in di esem Jahr viel verhan<strong>de</strong>l t. aber ohne Erfolg.<br />

Bei <strong>de</strong>n Vorverhandlungen ve rl angten die Verbün<strong>de</strong>ten nümlich vom König von Frankreich<br />

die Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>r ge :-.amt en spanischen M onarchie und das Elsass samt beigefügten<br />

an<strong>de</strong>ren Bedingungen. Der Köni g jedoch wies dies alles al s mit seiner Ehre unvereinbar<br />

ab und wählte lieber <strong>de</strong>n Krieg al s einen so lchen Fri e<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r seinem Ansehen<br />

gänzlich un w ürdig war. So strömten die Englün<strong>de</strong>r und Hollän<strong>de</strong>r unter ihren glorreichen<br />

Führern Prinz Eugcn und Marlhorough wie<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Waffen und belagerten in Flan<strong>de</strong>rn<br />

di e Bischofsstaclt Ouclenaar<strong>de</strong>. die sie nach zweimonati gem Wi<strong>de</strong>rstand eroberten. Darauf<br />

gri ffen sie <strong>de</strong>n Feind an, <strong>de</strong>r sich trelTli ch ve rsc hanzt hatte und erbittert unter <strong>de</strong>m Herzog<br />

<strong>de</strong> Villars kämpfte: sie schlugen ihn glori os. abcr unter großem Blutverlust auch auf un scrcr<br />

Sci tc. ach<strong>de</strong>m dies glücklich vollbrac ht war. be lage rten und crobcrtcn sie die Stadt<br />

M ons in dcr Grafschaft Henncga u.<br />

A m Rhein w ur<strong>de</strong> nicht so glücklich gekiimpft: dort unterlag <strong>de</strong>r General M ercy mit einer<br />

A bteilung auf <strong>de</strong>r andcren Rhcin seite dcn Fran zosen unter Z uriicklassung vieler Toten,<br />

Ge fangcncn und einer Schi ff~ brü c k e.<br />

Auch die Stadt Dornick in Flan<strong>de</strong>rn nahmen dic Unsri gen cin .


6 1<br />

Die Schwe<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n M oskowitern in diesem Jahr vernichtend geschlagen, und<br />

dcr König von Schwe<strong>de</strong>n wusste nicht. wo er Zuflucht nehmen sollte außer bei <strong>de</strong>r Türkei.<br />

wo er in <strong>de</strong>r Stadt Sen<strong>de</strong>r im Ex il sein Lcben fri stet.<br />

In diesem Jahr kostete <strong>de</strong>r Scster Kernen I Gul<strong>de</strong>n 20 Kreuzer. mal mehr. mal weniger.<br />

Und da <strong>de</strong>r strenge Winter alle Reben überall völlig vernichtet halle, gab es fast gar keinen<br />

Wein . Hier kletterte <strong>de</strong>r Preis für ein Ohm Wein auf 6 - 7 Gul<strong>de</strong>n. Elen<strong>de</strong>r Hunger quLilte in<br />

diesem Jahr viele Regionen. beson<strong>de</strong>rs Frankreich.<br />

Die Pest wütete in Polen auf die übelste Weise.<br />

] 710<br />

W ährend mit diesem Jahr die ver<strong>de</strong>rbliche anstecken<strong>de</strong> Seuche Finnland. Polen und Ungarn<br />

usw. hefti g bedrückte und auch in <strong>de</strong>n angrenzen<strong>de</strong>n Gegen<strong>de</strong>n bel <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />

Arten sich ausbreiteten, geschahen bei un s zur Abwendung dieses Übels <strong>de</strong>r Pestilenz<br />

von uns verschie<strong>de</strong>ne Werke <strong>de</strong>r Buße. <strong>de</strong>r Beichte. <strong>de</strong>s Fastens und <strong>de</strong>r Bußtage. die von<br />

un seren Vorgesetzten angeordnet wur<strong>de</strong>n. unter großer Andacht <strong>de</strong>s Volkes; durch diese<br />

Vcranstaltungen wur<strong>de</strong> ohne Zweifel die göttliche Güte besänftigt und hielt so große Übel<br />

von un s fern.<br />

Ungeachtet <strong>de</strong>r höc hsten Bedürftigkeit in unserem Gebiet und <strong>de</strong> j ammervo llen Zustands.<br />

in <strong>de</strong>n die armseligen Einwohner durch dauern<strong>de</strong> Untaten <strong>de</strong>s Krieges gestürzt waren.<br />

nahm trotz<strong>de</strong>m das gegen seinen Gebi eter erbitterte bäuerliche Volk seine Aktion gegen<br />

ihn bei <strong>de</strong>r Regierung in Innsbruck durch verordnete Bevollmächti gte wie<strong>de</strong>r au f: und si e<br />

erlangten gegen <strong>de</strong>n vergeblichen Einspruch <strong>de</strong>s Gebieters die Gna<strong>de</strong> einer Wie<strong>de</strong>raufn ahme<br />

<strong>de</strong>s Verfahrens vom Erhabensten Fürstlichen Verwalter. In Kürze versprechen sie sich<br />

daher einen glückl ichen A usgang. GOlt gebe. dass j e<strong>de</strong>m sei n Recht zugetei It wi rd .<br />

Die Hoffnung auf <strong>de</strong>n sehnlichst erwarteten Frie<strong>de</strong>n ist, - 0 hinterlisti ger Betrug! - von<br />

neuem geschwun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n im vo ri gen Jahr angezeigten Grün<strong>de</strong>n.<br />

[n Flan<strong>de</strong>rn haben sich nach <strong>de</strong>r Überwindung <strong>de</strong>r keinen Wi<strong>de</strong>rstand leisten<strong>de</strong>n feindlichen<br />

Linie. nach hartn äckigen Belagerungen und reichlich auf unserer Seite vergossenem<br />

Blut. <strong>de</strong>n Unsrigen die stLirksten Städte Douai. Venant und Air ergeben.<br />

In Italien und am Rhei n geschah. wie üblich. nichts.<br />

In <strong>de</strong>n Königreichen Spaniens leuchtete für Köni g Karl ein glückliches Geschick auf: er<br />

griff die Armeen Phi lipps beherzt an und mel<strong>de</strong>t einen glorreichen Sieg. durch <strong>de</strong>n sich die<br />

Königreiche A rago nien und Val encia ihm unterwarfen. In das von Philipp in schneller<br />

Flucht verl assene Galicien sa mt <strong>de</strong>r Hauptstadt Madrid se lbst zog Kal'I ruhmreich ein .<br />

A ber wie i t <strong>de</strong>r Würfel <strong>de</strong>s Glücks unbestHndi g! Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrs wur<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>s<br />

Mangels an Lebensmitteln von Gallien aus die Armee Philipps w ie<strong>de</strong>r in Stand gebracht;<br />

<strong>de</strong>r tapfere Oberfeldherr v. Starhemberg wur<strong>de</strong> zum Rückzu g nach Aragonien gezwungen.<br />

schlug zwar die ihm ungestLim nachdrängen<strong>de</strong> feindliche Reiterei in die Flucht: doch das<br />

Heer Karls mu sste sich nach Katal onien zurückziehen, in<strong>de</strong>m man die Stadt Saragossa <strong>de</strong>n<br />

Fein<strong>de</strong>n überließ.<br />

In Finnland machten die M oskowiter gegen die Schwe<strong>de</strong>n gute Fortschritte. wobei sie<br />

außer Varna auch noch an<strong>de</strong>re StLidte besetzten. Auch <strong>de</strong>r K önig von Dänemark erklärte<br />

<strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Krieg. halle sich aber vergebliche HolTnungen gemacht. da er in Schonen<br />

von <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n geschlagen wur<strong>de</strong> und sich nach Dänemark zurLickziehen Illusste.


62<br />

Die Türken erklärten auf Drängen <strong>de</strong>s bisher in <strong>de</strong>r türki sc hen St adt Ben<strong>de</strong>r al s Flüchtling<br />

leben<strong>de</strong>n Königs von chwe<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>s Königs von Frankreich <strong>de</strong>n M oskowitern und<br />

August, <strong>de</strong>m König von Polen, <strong>de</strong>n Krieg, von <strong>de</strong>m für das folgen<strong>de</strong> Jahr viele Übel zu<br />

erwarten sind. M öge GOIl ve rhin<strong>de</strong>rn , dass sie auch <strong>de</strong>n ungari schen Rebellen Beistand<br />

leisten.<br />

In diesem Jahr haben wir. GOIt sei Lob, eine reichliche Ernte gehabt. fi llerdings eine millelmüßi<br />

ge Weinernte; das M aß Spelten/Kern en wur<strong>de</strong> für 40 Kreuzer ve rkauft; das Ohm<br />

alten Weines kos tete 6 Gul<strong>de</strong>n, neuen Weines -1- Gul<strong>de</strong>n.<br />

J 7 I J<br />

Auch di e~es Jahr hat ver<strong>de</strong>rbl iche Überschwemmungen nicht nur für Schramberg, son<strong>de</strong>rn<br />

für fas t ganz Europa gebracht. Mit Einbruch <strong>de</strong>r Erwärmung <strong>de</strong>r ti efer liegen<strong>de</strong>n Luftschichten<br />

schmolzen die dichteren Schneemassen, und am 23.Februar wuchsen die Wassernlassen<br />

<strong>de</strong>rmaßen an. dass Illan hier bei un s kaum j e solche gesehen hat; sie richteten<br />

aber keinen so lchen Scha<strong>de</strong>n wie die früheren an, da sie keine Hin<strong>de</strong>rnisse durch Eis o<strong>de</strong>r<br />

Holz orfan<strong>de</strong>n, die in <strong>de</strong>n vergan genen Jahren <strong>de</strong>n Lauf gehin<strong>de</strong>n hallen. Aber wieviel<br />

nheil sie am Rhein angeri chtet haben. ist kaum zu sagen, und wie <strong>de</strong>r reißen<strong>de</strong> Strom sieh<br />

überall hin verteilend Wiesen. Äcker, Weinberge. Hüuser usw. elendiglich zerstört und<br />

M enschen und Vieh weggeri ssen hat; mit einem Wort : Der Rhein hat sich durch gewalt sames<br />

Eindringen an vielen Orten einen neuen Lauf geschaffen. Den Wasserscha<strong>de</strong>n verspürten<br />

auch die Leute an M ose l. Donau und an<strong>de</strong>ren Flüssen. ja in allen Provinzen und<br />

K önigreichen fa st gan z Europas .<br />

Für <strong>de</strong>n König und das Königreich <strong>de</strong>r Fran zosen war <strong>de</strong>r 1-1-. A pril ein Trauertag. wei I <strong>de</strong>r<br />

Tod <strong>de</strong>n einzigen köni glichen Sohn Ludwigs (man nennt ihn Dauphin) hingerafft hat. Er<br />

hinterließ drei Söhne von <strong>de</strong>r Herzogin von Baye rn . Einen noch größeren Scha<strong>de</strong>n freilich<br />

mu ss te das ganze Römische Reich. un d die <strong>de</strong>m österreichi sch en Haus zugehörigen Königreiche<br />

und Provinzen hinnehmen, al s am 17. Apri I ein allzu früh er und unerwarteter Tod<br />

im Iter von ni cht gan z 33 Jahren und nach einer Regierungszeit von noch nicht ganz<br />

sechs Jahren wcgrafrte und bes iegte <strong>de</strong>n Unbesieg lichsten Kaise r Joseph 1. 1<br />

A n kriege ri scher Unternehmung ist am Rhein und in Italien nichts geschehen. König Kar!<br />

besitzt bislang in Katalonien nur noc h einen klei nen Distrikt, Lerida und Geronn sind <strong>de</strong>m<br />

Fei nd zugefallen.<br />

In Flan<strong>de</strong>rn wur<strong>de</strong> die feindliche Linie überwun<strong>de</strong>n. und die Fes tung Boucben hat sich<br />

nach hartnäck iger Belagerung <strong>de</strong>n Unsri gen ergeben. M oskowiter und Türken machten<br />

bei<strong>de</strong> große Vorbereitungen für <strong>de</strong>n Krieg. und j e<strong>de</strong>r Teil ve rsprach sich große Vorteile:<br />

aber "Die Berge gebären. und heraus wird komlllen eine lächerliche M aus". ach <strong>de</strong>m<br />

ersten Treffen. wobei die M os kowiter e t w a ~ unglücklich kümpf"ten. fo lgte ein noch auf<br />

<strong>de</strong>m Schlachtfeld geschlossener Fri e<strong>de</strong>. Fort gesetzt j edoch wird <strong>de</strong>r Krieg <strong>de</strong>r Könige<br />

Polens. Diinemarks und <strong>de</strong>s Herzogs von M oskau gegcn die Schwe<strong>de</strong>n. (<strong>de</strong>ren König sich<br />

bi sher in <strong>de</strong>r lÜrkischen Stadt Ben<strong>de</strong>r aufhaltcn und in Ungna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kaisers stehen soll). In<br />

Pommern belagert Illan Stralsund .<br />

In Frankfurt wur<strong>de</strong> zum obersten Haupt <strong>de</strong>s Römisc hen Reiches und zum Kaiser durch<br />

einmütige Z ustimmung <strong>de</strong>r Kurfürsten (allerdings unter Ausschluss <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n abgesetz-<br />

I ) ll1 '0 lrauri "er war die,cr Tod. wei l er als sei nen achfolger "einen an<strong>de</strong>ren a b ,einen<br />

, e '"'-<br />

Bru<strong>de</strong>r Kar! 111.. Köni g von S panie n. hinle rl a,sen hat. Möge er im Hinbli ck :lufGolllcben!


63<br />

ten. Herzog von Bayern und Erzbischof on Köln) Karlll!.. König von Spanien. Deutschland<br />

und Böhmen. Erzherzog von Österreich, am 12. Oktober erwählt und Karl VI.. Römischer<br />

K aiser genannt. Und wahrhaftig: "Gott hat Karl erwäh lt!" und möge ihm seine Gna<strong>de</strong><br />

verbun<strong>de</strong>n mit Erfolg erweisen.<br />

Für diese .. .. 1 Gna<strong>de</strong> . ind öffentliche Danksagungen von un o eren Vorgesetzten angesagt<br />

lind in allen Kirchen <strong>de</strong>r ganzen Diözese abgehalten wor<strong>de</strong>n.<br />

Als diese Wahl Kar!. <strong>de</strong>r bisher im Kön igreich Katalonien weilte, bestätigt wur<strong>de</strong>. beließ<br />

er dort seine königliche Gemahlin und kehrte über Italien nach Deutschland zurück. In<br />

Mailand wur<strong>de</strong> er mit großem Jubel empfangen: es beglückwünschten ihn zu dieser höchsten<br />

kaiserlichen Wür<strong>de</strong> die Gesandten <strong>de</strong>s Vatikans, Savoyens, Venedigs und Genuas<br />

uSW. In Innsbruck leisteten ihm die Tiroler <strong>de</strong>n Treueid, wobei er eine beson<strong>de</strong>re Art seiner<br />

Leutseligkeit erwies. in<strong>de</strong>m er nach ei ner öffentlichen Re<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Volk, wobei er auch<br />

Tränen vergoss. lind nach geleistetem Treueid nicht nur die A<strong>de</strong>l igen, so n<strong>de</strong>rn auch das<br />

Volk gnädig t zum Handkuss zuließ. Von dort begab er sich nach Frankfurt. wo er am 22 .<br />

Dezember mit gebühren<strong>de</strong>r Feierlichkeit und glückverheißen<strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>s Volkes<br />

zum Imperator und K aiser gekrönt wur<strong>de</strong>. Deshalb erllehe ich für das folgen<strong>de</strong> und un zählige<br />

kommen<strong>de</strong> Jahre: "Alle so llen sagen: Es lebe <strong>de</strong>r Kai se r! "<br />

Über <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n und die. es Jahr gibt e: mehrere Gerüchte und be. on<strong>de</strong>rs dieses spezielle:<br />

Die englische K ön igin arbeitet an einem Son<strong>de</strong>rfrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m König von Frankreich;<br />

<strong>de</strong>r Kai ser protestiert.<br />

Das Wetter im Frühling und <strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>s Sommers haben eine so reichliche Ernte und<br />

Weinlese versprochen, wie sie in mehreren vergangenen Jahren kaum reicher gewesen sein<br />

dürfte; aber <strong>de</strong>r zweite Teil <strong>de</strong>s Sommers und <strong>de</strong>r Herbst haben durch Dauerregen einen<br />

großen Teil dcr Ernte verdorben. Auch M äuse haben haben großen Scha<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Ernte<br />

verursacht: das Maß Spelten/Kernen verkauft man um I Gu l<strong>de</strong>n - mehr o<strong>de</strong>r weniger -, und<br />

<strong>de</strong>n neuen Wein um 3 Gul<strong>de</strong>n - mehr o<strong>de</strong>r weniger-.<br />

I 7 I 2<br />

Wie im vergangenen Jahr, so suchte auch im j etzigen <strong>de</strong>r Tod <strong>de</strong>n königlichen französischen<br />

Hof heim. <strong>de</strong>r am 12. Februar die Gemahlin <strong>de</strong>s neuen Dauphin, und am 18. <strong>de</strong>n<br />

Dauphin se lbst, <strong>de</strong>n Enkel <strong>de</strong>s Königs. dahinraffte, unter außergewöhnlicher Trauer <strong>de</strong>s<br />

ganzen Hofes. Aber leicht wischte die Königin von England <strong>de</strong>m König von Frankreich<br />

die Tränen ab. Denn diese trculo 'e Königin verl ässt die Partei ihrer Verbün<strong>de</strong>ten und strebt<br />

an. einen Son<strong>de</strong>rfrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Franzosen einzugehen, und schon hat sie zum nicht wie<strong>de</strong>r<br />

gut zu machen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n für die Verbün<strong>de</strong>ten einem Waffen tillstand zugestimmt,<br />

in<strong>de</strong>m näml ich. eben als Prinz Eugen nach <strong>de</strong>r Besetzung von Luesnoi eine Aktion gegen<br />

die Franzosen glänzend plante. ihn jetzt die Englän<strong>de</strong>r im Stich ließen und <strong>de</strong>n Wafensti llstand<br />

<strong>de</strong>r Öflcntlichkeit bekannt mac hten. ie übernahmen die von <strong>de</strong>n Franzo 'en geräumte<br />

Stadt Dünkirehen und zogen so ihre Truppen vom Heer <strong>de</strong>r Verbün<strong>de</strong>ten ab. Dadurch<br />

konnte es geschehen. dass sich <strong>de</strong>r ganze Würfel <strong>de</strong>s Krieges wen<strong>de</strong>te. Die Franzosen<br />

schlugen näm lich die 10000 M ann <strong>de</strong>s holländi schen Feldherrn Albermarli und besetzten<br />

trotz ve rbi ssener Verteidigung nacheinan<strong>de</strong>r die Städte Duai, Bouchen und Luesnoi . Durch<br />

diese Erfolge wer<strong>de</strong>n die Franzosen erstaunlich übermütig, und die Zu, ammenkünfte in<br />

Utrecht zur Erreichung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns bleiben oh ne Ergebnis. Die Königin von England<br />

I) Hier ist die Seite be~chüdigt


64<br />

such t mit allen Mitteln die Hollün<strong>de</strong>r. <strong>de</strong>n König von Portugal und <strong>de</strong>n Herzog von Savoyen<br />

dahin zu bringen. dass sie die Panei <strong>de</strong>s Kai sers verlassen und ihrem Beispi el folgend mit<br />

<strong>de</strong>m König von Frankreich Frie<strong>de</strong>n schliesse n. (0 we lche Treulosigkeit! Wer hätte so lches<br />

auch nur gerrüumt! ). Bis jetzt hat die Königin j edoch ni chts erreicht. Was aber sein wird.<br />

wird die Zeit bringen.<br />

Inzwischen erobern die Unsrigen durch einen unerwarteten Handstreich die ..... Fes tung<br />

Ypern .<br />

Im katalon isc hen Königreich machte <strong>de</strong>r Erzfelclherr Starhemberg einige, wenn auch gerin<br />

ge Fortschrille; Am Rhein aber und in Italien ist nichts weiter geschehen. [n <strong>de</strong>n nördlichen<br />

Königreichen setzen die Köni ge Polens. DHn emarks und die M oskowiter ihren Krieg<br />

fon gegen die Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>ren König in <strong>de</strong>r türki schen Stadt Ben<strong>de</strong>r sein Leben hinbringt.<br />

Den Genannten ergab sich Stellin. ei ne Stadt Pommern s, zugleich haben sie etwa<br />

80 schwedische Schiffe teils gekapert. teib verbrannt.<br />

Es bleibt ni chts an<strong>de</strong>res als ein schlechter Frie<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r schreckl ichste Kriege.<br />

In diesem Jahr wuchs <strong>de</strong>r Preis für ein Maß Spelten auf I Gul<strong>de</strong>n 30 Kreu zer an; <strong>de</strong>shalb<br />

gibt es eine Unmenge Bettler. Der Wein wird um 4 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />

1 7 I 3<br />

Der Anfang dieses Jahres sagte bel vorher. welche Gott abwen<strong>de</strong>n möge. Denn am Fest<br />

<strong>de</strong>s HI. Sebastian sind die Über~chwemmungen. die bisher Vorzeichen von sehlimmnen<br />

Kriegen waren. so groß gewesen . wie wir sie bisher kaum gesehen haben. Gott sei Lob.<br />

dass sie <strong>de</strong>r zugefrorenen Er<strong>de</strong> nicht <strong>de</strong>n kleinsten Scha<strong>de</strong>n zugefügt haben.<br />

In trecht. einer Stadt Hollands, arbei teten die Verbün<strong>de</strong>ten j e<strong>de</strong>n Teils für <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />

mit Frankreich. zu <strong>de</strong>m die vertragsbrü chi ge Königin von England in gewaltigem Vorgrifr<br />

auf die Ent scheidung <strong>de</strong>s K aisers <strong>de</strong>n Plan entworfen halle. Es schlosse n also am I . April<br />

ei nen Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Franzo:en und unterschrieben ihn I ) die Englän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r König<br />

von Frankreich in Spanien Gibraltar. in Flan<strong>de</strong>rn die Stüdte Dünkirchen zur Zerstörung.<br />

daLu Gent und Brügge und an<strong>de</strong>re fUr ihre Han<strong>de</strong>lsbeziehungen gü nsLi ge Orte überließ.<br />

2) <strong>de</strong>r König von Portu gal. 3) <strong>de</strong>r Köni g von Preussen. -t) <strong>de</strong>r Herzog von Savoyen,<br />

<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Kön ig von Frankreich das Kön igreich Sizilien zugestand. und schließlich die<br />

Hollün<strong>de</strong>r. die die Stadt Luxemburg. Ou<strong>de</strong>naar<strong>de</strong> und an<strong>de</strong>re erlangten. Dem König von<br />

Bayern überließ <strong>de</strong>r Köni g on Frankreich das Königreich Sardinien und wollte ihn in<br />

Bayern wie<strong>de</strong>r ei nsetze n. wie auch seinen Bru<strong>de</strong>r ins Erzbistum Köln . Den Kai ser wollten<br />

sie verpflichten. von se inem A nrecht. da" er auf das K ö ni g re i~h Spanien und Indien hatte.<br />

zurückzutreten. und wol lten ihm nur da" Königreich eape l, das Herzogtum Mailand und<br />

Brabant und die Festungen Kehl und Breisach zugestehen . Der aber war bereit. eher mit<br />

<strong>de</strong>m Reich das Ä ußerste zu wage n. als au f einen solch ungünstigen Frie<strong>de</strong>n einzugehen.<br />

Wührend also nur über die Stadt traßburg ve rhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>, die <strong>de</strong>r Kaiser for<strong>de</strong>rte. und<br />

eu tral ilät in Italien und Flan<strong>de</strong>rn vereinbart und die Truppen mit <strong>de</strong>r Kaiserin aus Katalonien<br />

zurückgeru fen wur<strong>de</strong>n. wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r itz <strong>de</strong>s Krieges am Rhein bereitet. Da aber d.as<br />

Heer <strong>de</strong>s Köni gs von Frankreich unter Marschall Villars. das auf etwa 200 000 Mann<br />

gezLih lt wur<strong>de</strong>. das kaiserliche Heer, auf" nur 80 000 gezählt, bei we item übertraf. agierte<br />

dieses nur <strong>de</strong>fensi . die an<strong>de</strong>ren orlCn si v. Zunächst also be lagerten die Franzo. en die Festun<br />

g Landau. und <strong>de</strong>r KOlllman<strong>de</strong>ur. General Alexan<strong>de</strong>r v. WÜrllemberg übergab nach<br />

50-tiigiger Verteidigung sich. seine Soldaten. etwa 6 000 übriggebliebene Gefangene und<br />

die Festung <strong>de</strong>m Feind. Nach<strong>de</strong>m so diese Festung di esseits <strong>de</strong>s Rheins gefallen war. kehr-


65<br />

te das ganze französ ische H eer zurück, plün<strong>de</strong>rte elend fast <strong>de</strong>n ganzen Breisgau und be lagerte<br />

dann Freiburg, wo j edoch die Franzosen einen großen Wi<strong>de</strong>rstand und gewaltigen<br />

Scha<strong>de</strong>n erl itten; diese Belagerun g dauel1e vom 30. Oktober bi s 15. Dezember. an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

K omman<strong>de</strong>ur, General v. Hursch. <strong>de</strong>r die St adt sc hon vorher aufgegeben halte. chJi eßlich<br />

auch die Burg wegen M angels an Holz übergab. Da nun bereits vor <strong>de</strong>r Belagerung dieser<br />

Stadt von <strong>de</strong>n Franzosen die Unsrigen aus <strong>de</strong>r Linie auf <strong>de</strong>m Rosskopf bei Freiburg vertrieben<br />

wor<strong>de</strong>n waren, erl itten die Schwarzwäl<strong>de</strong>r großen Scha<strong>de</strong>n. Die Franzosen nämlich<br />

plün<strong>de</strong>rten mehrere Ortschaften. zün<strong>de</strong>ten in Lenzkirch und Saig und an<strong>de</strong>rwärts mehrere<br />

Häuser an. drangen bi s zu r Stad t Sl.Georgen vor. wo sie auch 8 H äuser anzün<strong>de</strong>ten<br />

und auch an vielen Orten <strong>de</strong>n kom men<strong>de</strong>n Winter über K ontributionen eintrieben: in Neustadt<br />

f ielen sie ein. führten die dort stationierten Soldaten als Gefangene ab, plün<strong>de</strong>rten<br />

<strong>de</strong>n Ort, zün<strong>de</strong>ten in L öffingen und in <strong>de</strong>ssen N achbarschaft einige H äuser an, wur<strong>de</strong>n<br />

aber von <strong>de</strong>n Unsri gen in die Flucht geschlagen und mehrere gef angen genommen. Das<br />

kai serliche Heer, aus einem Teil besagtcr Linie ve rtrieben. verließ die ganze Stellung in<br />

schimpflicher Flucht und bezog ein Lager. zusammen etwa 30 000 M ann, zu Rotlweil<br />

unter <strong>de</strong>m Herzog v. Vouban. zehrte die H euvorräte <strong>de</strong>r Bauern auf und brachte an<strong>de</strong>ren<br />

vielfälti gen und größten Scha<strong>de</strong>n für die achbarschaft. Wir Schramberger. obwohl <strong>de</strong>n<br />

Gefahren durch die Fein<strong>de</strong> äußerst ausgesetzt, sind durch die Güte Gottes, <strong>de</strong>m wir unendlichen<br />

Dank schul<strong>de</strong>n. wun<strong>de</strong>rbar bewahrt wor<strong>de</strong>n. Aber durch die Unsri gen haben die<br />

A ichhal<strong>de</strong>ner, Sulgener. M ari azeller, Tennenbronner großen Scha<strong>de</strong>n erlitten. Auch un s<br />

bedrückten die Soldaten im Winterquartier, von <strong>de</strong>nen wir eine K ompanie zu Fuß <strong>de</strong>s<br />

kaiserlichen Heeres v. Harrach unter <strong>de</strong>m K apitän Graf v. Barbo, beherbergten, die an<strong>de</strong>rswo<br />

die verarmten Bauern elend quälten.<br />

Diese so vielfältigen und großen Missstän<strong>de</strong> vermehrte aufs Äußerste die Teuerung <strong>de</strong>r<br />

Lebensmittel. Denn vo r <strong>de</strong>r Ernte sti eg <strong>de</strong>r Preis für ein M aß Spelten/ Kernen auf2 Gul<strong>de</strong>n<br />

30 Kreuzer, und für Hafer auf I Gul<strong>de</strong>n. Hunger plagte daher viele schrecklich. Das Ohm<br />

Wein wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Gaststätten meist zu 6 bis 7 Gul<strong>de</strong>n, ein Essen zu 24 Kreuzer verkauft;<br />

nach <strong>de</strong>r überreichlichen Ell1te jedoch kostete I M aß Spelten meist I Gul<strong>de</strong>n 20 Kreuzer.<br />

Hafer 24 Kreuzer. Auch ging eine anstecken<strong>de</strong> Seuche unter <strong>de</strong>m Vieh an einigen Orten<br />

um, beson<strong>de</strong>rs in Waldmössingen und A ichhal<strong>de</strong>n tötete sie das meiste.<br />

Während also überall Unglück herrscht und unsere D ynasti e auf äußerste A rmut zurückgeführt<br />

ist, setzen die Bauern bi sher ihre A kti on gegen <strong>de</strong>n Dynasten fort und bedrängen und<br />

erwarten von lnnsbruck <strong>de</strong>s Spruch <strong>de</strong>s Reversoriums. A ber siehe! Mitten in di esen Schrekken<br />

und Ä ngsten vor <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Jahr glänzte ei ne Hoffnung auf gewisse bessere A ussichten<br />

au f: es kamen nämlich in Ra. talt die bei<strong>de</strong>n höchsten Oberbefehlshaber. näml ich<br />

<strong>de</strong>r kaiserliche Prinz Eugen, und <strong>de</strong>r französ isc he M arschall v. Villars, zusammen. um über<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n im amen ihrer Höchsten Herren zu verhan<strong>de</strong>ln. Es möge sich also für da<br />

kommen<strong>de</strong> Jahr ver, irklichen: " Prin z Eu!!:en w ird <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n bringen." prInCeps<br />

eV genI V s paCeM nobl s Dablr.'<br />

1 7 I 4<br />

Für die Fami lie v. Bissingen war <strong>de</strong>r A nfang dieses Jahres verhängnisvoll, we il am 7. Januar<br />

in Rottweil ihr Leben beschloss die Durchlauchte Herrin M aria Sophi a v. Bodman.<br />

geborene Baronesse v. Bi sing, eine Witwe von 60 Jahren. die von <strong>de</strong>r Schwenckfeldi sc hen<br />

Häresie im Jahr 17 I I zum katholischen Glauben übergetreten war. A m 9. <strong>de</strong>s eiben M o-<br />

I ) Das late ini sche Chronogramm ergibt die Jahreszahl 17 14.


66<br />

nats überfiel in Üb rlingen, wo diese Fami lie vor <strong>de</strong>n feindlichen Gef ahren Schutz gesucht<br />

halle, und . treckte nie<strong>de</strong>r ein allzu früher Tod die Durchlauchtige Jungfrau Eleo nOl'e Magdalena<br />

Baronesse v. Bi ssingen. die einzige Tochter und Liebling ihrer Durchlauchten EItern<br />

. im 14. Lebensjahr. Bei<strong>de</strong>r Körper sind am seI ben Tag, näm lich am 13. Januar, in<br />

dieser meiner PFarrkirche in Schramberg begraben wor<strong>de</strong>n, und ich hielt ihnen an <strong>de</strong>m<br />

gleichen und folgen<strong>de</strong>n Tag die Leichenre<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>m trauern<strong>de</strong>n Volk. die ich auch später<br />

auf Billen dieser Familie drucken ließ.<br />

Diesem traurigen Bericht folgen frohe: Wenn j e endlich irgend einmal die Güte Gottes<br />

Bitlgebete gehört hat. so hat er uns <strong>de</strong>n erwünschten und lang ersehnten Frie<strong>de</strong>n gestattet,<br />

<strong>de</strong>ssen Vorbedingungen unter <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n genann ten Oberfeldherrn am 6. März in Rastall<br />

geschlossen wor<strong>de</strong>n sind: Auf Grund <strong>de</strong>ren hat <strong>de</strong>r König von Frankreich <strong>de</strong>m Kaiser die<br />

Königsrechte von Neapel. Si zilien und Sardinien zugestan<strong>de</strong>n, das ganze span ische Flan<strong>de</strong>rn<br />

. das Herzoglllm Mailand und Mantua. am Rhein die Städte Freiburg, Breisach und<br />

die Fest ung Keh!: es hat sich aber auch <strong>de</strong>r Kaise r <strong>de</strong>n Titel und das Recht gesichert. das er<br />

auf die span ischen Königreiche hat. D er Kurfürst von Köln erhielt se in Episkopat und <strong>de</strong>r<br />

von Baye rn sein Herzogtum. bei<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Wäh lerwür<strong>de</strong>.<br />

Dieser Frie<strong>de</strong> ist schließlich in <strong>de</strong>r Schweizer Stad t Ba<strong>de</strong>n geschlossen wor<strong>de</strong>n. Wegen<br />

<strong>de</strong>s von Gott erhaltenen Fri e<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>shalb Gott feierliche Danksag ungen in allen<br />

österreichisc hen Städten abgehalten. Speziell auch w ir haben dieses Fest <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns unter<br />

Zusammenruf <strong>de</strong>s ganzen Klerus und <strong>de</strong>r Untertanen <strong>de</strong>r Dynastie durch Predigt, feierliche<br />

Prozess ion, Hochamt, Ambrosianischen Lobgesang und mit Trommelklang hier in<br />

Schramberg feierlich begangen am 2. Juli. Ein glänzen<strong>de</strong>s Mahl spen<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Dynast.<br />

ConflrMet DeV s, qVae feCIl In nobb.<br />

et patriaM ConserVet In paCe DlebVs no. tris. 1<br />

M öge GOll festigen, was er unter un s getan hat,<br />

und un sere Heimat in Fric<strong>de</strong>n bewahren zu un serer Zei t.<br />

ach<strong>de</strong>m dieser Frie<strong>de</strong>n geschlossen und ratifiziert war, starb Anna, K önigin von England.<br />

und auf <strong>de</strong>n englischen, schotti schen und iberi schen Thron wur<strong>de</strong> durch einmütige<br />

Wahl erhoben Georg, Prinz und Kurfürst von Hannover, wührend <strong>de</strong>r Herzog von Wal es.<br />

<strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs Jakob. vergebl ich dagegen protesti erte.<br />

Jetzt endlich haben sich die Augen <strong>de</strong>r Englün<strong>de</strong>r geöffnet und sie sehen allzuspät, durch<br />

we lchen ungün. tigen Frie<strong>de</strong>n sie getüuscht wor<strong>de</strong>n sind.<br />

Die Kriege in <strong>de</strong>n nordischen Königreichen dauern bi s j etzt an , und auch un sere heimischen<br />

Kriege sind nicht beigelegt. \cr Schiedsspruch <strong>de</strong>s Revisors wird bislang begierig<br />

erwartet.<br />

A n Getrei<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> das Maß Spelten zumeist um I Gul<strong>de</strong>n 12 Kreuzer. Hafer um 30 Kreuze<br />

r verkauft. I Ohm besseren Weines um 6 Gul<strong>de</strong>n.<br />

17 1 5<br />

Über <strong>de</strong>n erl angten Frie<strong>de</strong>n herrscht zwar allgemeine Freu<strong>de</strong>. aber überall auch große r<br />

M ange l an Geld. das <strong>de</strong>r Krieg aufgesaugt haI. Die Grausamkeit <strong>de</strong>s Kriegs erlitten j etzt<br />

erstm als die armen Katalonier, die vom Kaiser ve rl assen , sich doch aufs beharrl ichste weigerten.<br />

<strong>de</strong>m König Philipp v. Anjou zu dienen. wenn er nicht Pri vilegien und alte Freiheit<br />

I) Im latei ni schcn Chronogram m crgibt sich in bcidcn Zci lcn M DCCVV I JJ = 17 14.


67<br />

gewähre. Mit Militärgewalt wur<strong>de</strong>n sie schließlich unterjocht, und nach <strong>de</strong>r Eroberung <strong>de</strong>r<br />

Stadt Barcelona, die härtes ten und hoffnungslosen Wi<strong>de</strong>rstand leistete. elend von <strong>de</strong>n Spaniern<br />

vertrieben; mehrere wur<strong>de</strong>n aufgehängt o<strong>de</strong>r zu lebenslangem Kerker und Verbannung<br />

verurteilt; die Übriggebliebenen wur<strong>de</strong>n mit allen ausgesuchten Unzuträglichkeiten<br />

unterdrückt. Dasselbe wäre <strong>de</strong>n Mallorcanern geschehen. wenn sie nicht, durch die exempl<br />

ari sche Bestrafung ihrer Nachbarn bestürzt, sich freiwi llig ergeben hätten. Von <strong>de</strong>n Sizilianern<br />

wur<strong>de</strong> als König aufgenommen und gekrönt <strong>de</strong>r Herzog von Savoyen. während <strong>de</strong>r<br />

Kaiser Einspruch erhob. Eingeführt wur<strong>de</strong> auch und von <strong>de</strong>n Seinigen freudig begrüßt <strong>de</strong>r<br />

Kurfürst von Bayern . wie auch <strong>de</strong>r Kurfürst von K öln. Verh an<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m<br />

K aiser und <strong>de</strong>n Hollän<strong>de</strong>rn über die Übergabe <strong>de</strong>r flandrischen Provinzen an <strong>de</strong>n oben<br />

genannten Kai ser. aber bi s j etzt ohne Ergebni s.<br />

Die Türken haben <strong>de</strong>n Venedigern nicht nur <strong>de</strong>n Krieg erklärt, son<strong>de</strong>rn er setzt das mit<br />

einer beklagenswerten Nie<strong>de</strong>rlage <strong>de</strong>r Christen begonnene Vorhaben fort, wobei da lange<br />

Zeit unbezwungene M orea sich <strong>de</strong>n Türken ergab. Auch <strong>de</strong>m Kaiser j agen die Polen und<br />

M oscowiter Schrecken ein mit <strong>de</strong>rselben Grausamkeit. Seit<strong>de</strong>m geschehen große Vorbereitungen<br />

zu beachtlichem Wi<strong>de</strong>rstand , und es verspricht Papst Clemens X1. großen Beistand,<br />

und für <strong>de</strong>n von Gott zu erl angen<strong>de</strong>n guten Verlauf hat er ein A llgemeines Jubiläum<br />

öffentlich ausgerufen.<br />

Das Schlimmste aber ist. das, die Polen in großer Uneinigkeit mit ihrem eigenen König<br />

leben, und da s <strong>de</strong>r Streit zwischen <strong>de</strong>n nordi schen Königen noch aufs heftigste andauert.<br />

Zwar kämpften mit gutem Erfolg die Könige Pol ens, Dänemarks. Preussens und M oskaus<br />

gegen <strong>de</strong>n äußer t hartn äckigen K önig von Schwe<strong>de</strong>n um eine Entscheidung, in<strong>de</strong>m sie<br />

nach tagelangem und heftigstem Wi<strong>de</strong>rstand die Inse l Rügen und die woh lbefestigte Stadt<br />

Stralsund einnahmen; diese streben sie gänzlich aus <strong>de</strong>m Verband <strong>de</strong>s Reichs <strong>de</strong>r Deutschen<br />

herauszul ösen.<br />

Am 3. September wur<strong>de</strong> vom To<strong>de</strong> besiegt und nie<strong>de</strong>rgestreckt <strong>de</strong>r Unbe iegliche und<br />

Schrecken Europas Ludwig XIY. Köni g von Frankreich, im A lter von 77 Jahren und nach<br />

einer Regierung von 73 Jahren. Ihm fo lgte im Erbe <strong>de</strong>s ge amten Reiches Ludwig XY., <strong>de</strong>r<br />

Urenkel <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs, ein Knäblein von 4 o<strong>de</strong>r 5 Jahren. Die Verwaltung <strong>de</strong>s<br />

ganzen Reiches nahm auf sich <strong>de</strong>r Herzog von Orlean ., ein großer Begünstiger <strong>de</strong>r Janseni<br />

sten; er hat schon aus mehreren Orten die Jesuiten vertrieben. Sehr zu befürchten ist<br />

daher also eine große Wendung in <strong>de</strong>r Religion im französischen Königreich, - was Gott<br />

verhüten möge.<br />

Unsere Erlauchten H erren Barone v. Bi ssingen, Ferdinand und L eopold, sind nach Reisen<br />

durch Gegen<strong>de</strong>n Frankreichs und Italiens zurückgekehrt am 29. ovember. und von <strong>de</strong>n<br />

Erlauchtesten Eltern mit <strong>de</strong>m süßesten Kuss aufgenommen, und von <strong>de</strong>n Schramberger<br />

Bürgern . die sich in Waffen aufgestellt hatten, mit Trommelklang. <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n M auern <strong>de</strong>r<br />

Burg wi<strong>de</strong>rhallte, freudig begrüßt wor<strong>de</strong>n.<br />

In diesem Jahr haben wir eine reiche Ernte gehabt, von <strong>de</strong>n Orten abgesehen. wo <strong>de</strong>r Hagel<br />

die Ernte zerstört hat. wie z.B . in Dunningen. Das Maß Spelten wur<strong>de</strong> gegen da. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Jahres um 48 Kreuzer verk auft. An Wein haben wir einen ed len, aber nicht ebenso reichlichen<br />

Ertrag gehabt; ein Ohm vom besseren kostete 6 Gul<strong>de</strong>n.<br />

1716<br />

Schnee fi el in die em Winter in größter M enge und blieb bis April, an manchen Orten bis<br />

Mitte Mai andauernd liegen. Der 7. April wa r <strong>de</strong>r letzte Tag seines Lebens für <strong>de</strong>n Hocherlauchten<br />

und edlen Herrn , Herrn Ferdin


68<br />

Grunzheim und Willenhofen. Seiner geheiligten kaiserlichen Majestät Rechtsberater für<br />

Oberösterreich. Kammerherr dcs Durchlauchtigsten Wählers <strong>de</strong>s Pal asts usw .. <strong>de</strong>r nach<br />

vielerl ei chwächen und dieser letzten Krankheit. nach 17 Wochen schwerster durchlittener<br />

Schmerze n. mit allen <strong>de</strong>n Sterbcn<strong>de</strong>n notwendigen Sterbesakramenten richtig versehen.<br />

seinem Schicksal erl ag. im 6 1. Lebcnsjahr: begraben wurdc cr bei acht in unserer<br />

Pfarrkirche im Chor vor dcm Altar zur rechtcn Seitc. Die Leichenpredigt hielt <strong>de</strong>r Hochzuve<br />

rehren<strong>de</strong> P. Emanuel Kolkr. Superior <strong>de</strong>s Jesuitenor<strong>de</strong>ns in ROllwcil. Außer <strong>de</strong>r H errin<br />

Witwe b ' trauerten die zwei hinterl a!->sencn Söhne. Ferdinah: dass <strong>de</strong>m Älteren ausser 10000 Gul<strong>de</strong>n die Herr­<br />

~c h af t Schramberg. <strong>de</strong>m Jüngeren die in Grunzheim zufallen sollte.<br />

m 13. April wur<strong>de</strong> zur größten Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ganze n Römischen Reiches und <strong>de</strong>r Erbkön<br />

igreiche <strong>de</strong>m Kai ser Karl VI. <strong>de</strong>r erste Sohn. <strong>de</strong>r Erzherzog von Österreich und Prinz<br />

von Asturien. geboren: in <strong>de</strong>r Taufe erhi elt er die Namen Leopold. Johanne . Joseph. Anton.<br />

FranL von Paula. Hermenegild, Rudolph. l gnaz. Balthasa r. Überall wur<strong>de</strong> die festliche<br />

Dankreier vo llzogen. so auch in dieser meiner Kirche zusammen mit <strong>de</strong>m ganzen Klerus<br />

von Schram berg. durch Predigt. Proze~s i o n mit <strong>de</strong>m verehrungswürdigen Sakrament, gesungenem<br />

Hochamt. Te<strong>de</strong>um. und mit Trommelklang am 24.Mai.<br />

Aber oh weh' Nach welch kurze r Zei t verwan<strong>de</strong>lte sich diese Freu<strong>de</strong> in größte Trauer für<br />

die Schrambcrger. Denn am 26. Mai um die drille achmillagsslUn<strong>de</strong> entstand im Haus<br />

von Michacl Glenlz. M etLger und Gasthaus zum Stier. ein ve r<strong>de</strong>rblicher Brand. durch <strong>de</strong>n<br />

innerhalb dreier Stun<strong>de</strong>n 26 Häu ser Lusammen mit <strong>de</strong>m KirchlUrm in Schutt und Aschc<br />

verwan<strong>de</strong>lt wu rd en . Es si nd dies namentlich aufgeführt di e Häuser folgen<strong>de</strong>r Personen:<br />

ur dcm großen Plat z: I . Michael Glcntz. GasthalL zum Stier; '2. Johann Lehnhan . Färber;<br />

3. Scbastian Haberstroh. Schuster. und Konrad Fichter. Bäcker: 4. die Witwe von Joseph<br />

Flaig. Salller: S. Michael Bauknecht. Schuster; 6. die Kaplanei. in <strong>de</strong>r Herr Vorstand und<br />

Behör<strong>de</strong>nlei ter <strong>de</strong>r Fabrik (= Kirchenve rwallUng). Herr Wilhelm Figglin (Jigglin, Jegg lin.<br />

Jäck lin) und <strong>de</strong>r Schulmeister Bartholomäus Salzgebe r wohnten. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seitc<br />

<strong>de</strong>s Platzes: 7. Joseph Spinner. Bierbrauer: 8. Ern st Schilling. Kaufmann: 9. Johann Pfundstein.<br />

Bäcker: 10. Christoph GIentl. M etzge r. und M artin Schilling. Gerber: 11. Joseph<br />

KI esse I. Gasthaus zum Hirsc h: 12. Theobald Neef!", Barbier und Küster: 13. Sal omon<br />

Wolber. Kaufmann.<br />

Am hinteren Pl atz: 14. Michae l Hüener. mein Bru<strong>de</strong>r. Kaufmann. und Lorenz M ossmann.<br />

Bücker: 15 . Christoph Essel. verstorbcn. und Joseph Haass: 16. Joseph icklaus. Büttel:<br />

17. Johannes M ossmann ; 18. Christian Pfafr. aulcr: 19. Lukas Müller. Gasthaus zum<br />

Büren; 20. Bened ikt Gricsser. Hutm


69<br />

Weinen man hören konnte. wieviel Unglück und Elend überall in Erscheinung trat. kannst<br />

Du, ehrenwerter L eser. selbst eher Dir aus<strong>de</strong>nken als ich beschreiben. da 33 Haushalte ihre<br />

Häuser in Schutt und Asche liegen d erblicken mu steno<br />

Es drohten auch noch am folgen<strong>de</strong>n 11 . Juli Überschwemmungen großen Scha<strong>de</strong>n anzurichten.<br />

die durch dichteste Regenfälle. ununterbrochen 3 Tage und 2 Nächte lang. allzusehr<br />

anschwollen. Uns haben sie zwar verschont und keinen weiteren Scha<strong>de</strong>n angerichtet.<br />

außer dass eine Magd aus Altenburg. PFarrei Mariazell, die zu un serer Kirche kommen<br />

wollte, schwindlig gewor<strong>de</strong>n durch ein en hervorbrechen<strong>de</strong>n Quell bei <strong>de</strong>r Papi ermühle. zu<br />

Bo<strong>de</strong>n fiel und von <strong>de</strong>n Wassermassen fongeschwemmt wur<strong>de</strong>; im Tal <strong>de</strong>r Schiltach wur<strong>de</strong><br />

. ie herausgezogen und auf unserem Friedhof beerdigt.<br />

A n seh r vielen Orten, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Herrschaft Elzac h und zumeist am Rhein. zerstörten<br />

und verwüsteten ie abscheulich mehrere Häuser. Äcker und Wiesen.<br />

Nach so viel Elend und Trauer fo lgten auch einige erfreuliche Schicksalsfälle. Durch die<br />

vielen im VOljahr gemel<strong>de</strong>ten Siege über die Venedi ger wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Türke überheblich und<br />

übermütig und drang feindlich in Ungarn ein . Aber kaum hatte er mit einem furchteinflössen<strong>de</strong>n<br />

Heer von 200 oon Mann bei Peterwar<strong>de</strong>in diesseits <strong>de</strong>r Donau Fuß gefasst. wur<strong>de</strong><br />

er vom chri stlichen kaiserlichen Heer. 70 000 Mann stark. unter <strong>de</strong>m Oberfeldherrn, <strong>de</strong>m<br />

ruhmreichen und hel<strong>de</strong>nh aft esten Prinzen Eugen von Savoyen am 5. August. <strong>de</strong>m Fest <strong>de</strong>r<br />

Seligsten Jungfrau im Schnee. geschlagen, nie<strong>de</strong>rgeworfen und ruhm vo ll besiegt. und zwar<br />

so. dass fast das ganze Heer (wenn man <strong>de</strong>n neuen achrichten glauben darf) mit seinem<br />

Oberbefehlshaber, Großwesier genannt. zugrun<strong>de</strong> ging, wobei es unver 'ehrte L ager. mit<br />

reich. ten Vorräten versehen. <strong>de</strong>n Siegern zur Beute zurückließ. N ach die em be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

und fast unerhörten Si eg belagern sie die stärkste und von <strong>de</strong>n Türken für uneinnehmbar<br />

gehaltene Stadt Temeschwar. die sich nach zweimonati ger Belagerung am 14. Oktober<br />

durch Kapitulation <strong>de</strong>n Unsri gen ergab, nach<strong>de</strong>m sie 164 Jahre lang unter <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>r<br />

Türken gestan<strong>de</strong>n hatte. Und we i I t1U r ve nezianischer Seite dieselben Türken auf <strong>de</strong>r Insel<br />

Korru. <strong>de</strong>m Vorwerk Italiens. mit unglücklichem Ergebnis diese Stadt mit <strong>de</strong>n Unsrigen<br />

belagerten. mu ssten sie auch diese Belagerung unter Zurücklassung von etwa 20 000 Mann<br />

von <strong>de</strong>n Ihrigen aullösen und die übrigen in schneller Flucht die ganze Insel verl assen.<br />

Dadurch wu rd en die arm en Mohammedaner so bestürzt. dass sie versichern , falls sie nicht<br />

in diesem Winter <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n von unserem Kaiser erlangen wür<strong>de</strong>n. dass dann ein Aurstand<br />

<strong>de</strong>s Volkes zu befürchten sei.<br />

Aber siehe da! Diesen errreu lichen folgen vonneuem traurige achrichten . Denn am4. 0-<br />

ve mber. gera<strong>de</strong> am Fest <strong>de</strong>~ vergötlliehten Karl. wur<strong>de</strong> durch vorzei ti gen Tod dahingerafft<br />

unter großer Trauer <strong>de</strong>s ganzen Hofes und <strong>de</strong>s Reiches <strong>de</strong>r vor kurzem geborene Erzherzog<br />

on Österreich und Prinz von Asturien, <strong>de</strong>r erste und einzige Sohn <strong>de</strong>s Kai se rs Kar!,<br />

Leopold Johannes.<br />

Der Turm unserer Kirche kam in diesem se lben Jahr. aus Steinen erbaut und mit Ei sen<br />

be<strong>de</strong>ckt. zur Vollendung: und zwei neue Glocken (von <strong>de</strong>nen die größere II Zentner. 82<br />

Pfund, und die kleinere 7 Zentner. 8 Pfund wiegt), von Pelagius Grüninger aus Villingen<br />

gegossen. erk langen am 19. November zum ersten mal. Die Mauern erstellte Jakob Scharff.<br />

ei n Tiroler. das Holzwerk Jakob Jück lin aus Schramberg.<br />

Auch neue HLiu ser wur<strong>de</strong>n teilweise neu erstellt. gebaut und aufgeri Chtet im September in<br />

diesem Jahr. 17 an <strong>de</strong>r Zahl. was erstaunlich erscheint bei <strong>de</strong>r ganten ot <strong>de</strong>r M enschen.<br />

GOlt mölle uns künftig bewahren vor solch großem Unheil ' Endlich schlug auch unsere<br />

lang ersehnte Uhr


70<br />

Die Untertanen Schrambergs ersprachen sich <strong>de</strong>n Ausgan g ihrer Aktion und von <strong>de</strong>m<br />

Rev isor eher einen sicheren Sieg. als das . . ie unter <strong>de</strong>m neuen Herrn zur Ei<strong>de</strong>sleistung<br />

gezwun gen wür<strong>de</strong>n. Aber sie sahen sich in ihrer Hoffnung geüiuschl. als sie kraft <strong>de</strong>r (ohne<br />

Titel) durch <strong>de</strong>n Grafen v. Welsberg. <strong>de</strong>n Erzprae fekt en <strong>de</strong>s ellenburgischen Gebiet .<br />

gewährten Kommi sion. gezwun gen wur<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Eid zu leisten, <strong>de</strong>n sie auch am 4. Dezember<br />

ihrem neuen Herrn . <strong>de</strong>m Durchlauchti gen und Edlen Herrn, Herrn Ferdinand Joseph<br />

Baron v. Bi singen. ableisteten. Weniger zufrie<strong>de</strong>ne Untertanen ziehen von Innsbruck<br />

ab und wen<strong>de</strong>n sich von neuem an <strong>de</strong>n kaiserlichen Hof.<br />

Dieses Jahr war sehr unfruchtbar und die Ernte dürftig. da Willlerschnee <strong>de</strong>n Saaten in <strong>de</strong>n<br />

Äckern. und dauern<strong>de</strong> kalte Regengüsse <strong>de</strong>n ommerfrüchten allzugroßen Scha<strong>de</strong>n zufügten.<br />

Doch weil das Elsass und <strong>de</strong>r Breisgau eine reiche Ernte hallen, sti egen die Preise für<br />

das Getrei<strong>de</strong> nicht über <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>s vergangenen Jahre an : das Maß Spelten wur<strong>de</strong><br />

gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres um 50 Kreuzer verkauft, Hafer um 15 Kreuze r. Wei l die Trauben<br />

nicht zur Reife kamen, erntete man <strong>de</strong>n wenigsten und doch so sa uren und kaum trinkbaren<br />

Wein. Hier wur<strong>de</strong> zumeist das Ohm alten Weines um über 6 Gul<strong>de</strong>n verk auft.<br />

] 7 I 7<br />

Die gerechtes ten WarFen <strong>de</strong>r Heiligen kai serlichen und katholi schen M aj estät, die sich<br />

gegen <strong>de</strong>n wütendsten Feind christlichen amens schon im vori gen Jahr aufgeschwungen<br />

und mit glorreichsten Trophäen geschmückt haben, hat <strong>de</strong>r Beste und Größte Sohn Gotte<br />

auch in diesem Jahr durch seinen reichlichen Segen 'oweit bestärkt und mit erstaunlichen<br />

un d seit Jahrhun<strong>de</strong>rten niemals erhörten Si egen gere ti gt. dass man kaum an<strong>de</strong>rs sagen<br />

kann. als da 's hier die Prophezeiung von 2. M ose 32, I 0 in Erfüllung gegangen ist: "Einer<br />

soll Tausend erfolgen, und zwei wer<strong>de</strong>n Zehtausend in die Flucht schlagen. "<br />

Der glorreichste Oberfeldherr Prinz Eugen von Sa voyen übersc hritt mit seinen Truppen<br />

ohne irgendwelchen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> die Donau und belagert mit <strong>de</strong>m kai serlichen<br />

Heer von 70000 M ann die am stärksten befesti gte Stadt Belgrad , die mit al len zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />

erfor<strong>de</strong>rlichen kriegeri schen Milleln reichlich. t versehen ist und (was am meisten<br />

0 1' einer so lchen großen Unternehmung die Unsri gen hättc abschrecken mü ssen). in <strong>de</strong>r<br />

die türkische B esatzun g das christliche Belagerungsheer an Zahl übertraf. m die Entscheidung<br />

w ur<strong>de</strong> auf bei<strong>de</strong>n Seiten einige Wochen lang vortrefflich gekämpft, wobei die<br />

Vo rr~ite <strong>de</strong>r Stadt, teils ein Raub <strong>de</strong>r Flammen, teils durch die Truppen verzehrt allmählich<br />

zu r eige gingen, und <strong>de</strong>r erschöpfte Verteidiger von seinem Sultan erbat und was die<br />

Belagerten auch erl angten. niimlich ein überstarkes und schauerlich tes Elllsatzheer on<br />

über 200 000 M ann . <strong>de</strong>ren Lager. im Rücken <strong>de</strong>r Unsri gen befesti gt und verwallt, sich von<br />

<strong>de</strong>r Donau bi s zur Save au s<strong>de</strong>hnten: und so wur<strong>de</strong>n unsere Truppen, gering im Vergleich<br />

zu <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n, von zwei zahlreichen Heeren von orn und von hinten eingesch lossen<br />

gehalten: ihre Z ahl war, teils durch um gehen<strong>de</strong> Krankheiten. teils in Kämpfen mit <strong>de</strong>n<br />

au sfallen<strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n . . oweit geschwun<strong>de</strong>n. dass sie kaum 50000 kriegstaugliche M änner<br />

zä hlten. Der Feind in<strong>de</strong>ssen wagte un se re tapfer befesti gten Lager nicht anzugreifen und<br />

ging mit Geschüt zen acht aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong> Tage lang dagegen an . während die Unsri ­<br />

gen sich ausgezeichnet wi<strong>de</strong>rsetzten: schließlich machten die Fein<strong>de</strong> ich daran, die Schiffsbrücken<br />

über die Donau und die Save zu zerstören, um <strong>de</strong>n nsri gen dadurch j egliche<br />

Hoffnung auf Verbindung und Nachschub abzusc hnei<strong>de</strong>n; und \ as noch mehr ver<strong>de</strong>rblich<br />

für die Un: ri gen war: wenn sie auch ihr Heil in <strong>de</strong>r Flucht suchen wollten. dass sie nirgend s<br />

einen Weg fan<strong>de</strong>n, wohin sie entfliehen konnten. Und so sagten die Zeitungen überall<br />

vorau s. das gan ze christliche Heer gehe zugrun<strong>de</strong>.


7 1<br />

Und siehe da! In olch hoffnungsloser Lage steht. ohne Zweifel durch Vermittlung <strong>de</strong>r<br />

Seligsten Jungfrau. GOll mit Rat und Hilfe <strong>de</strong>n Seinigen bei. Denn gera<strong>de</strong> am Fest <strong>de</strong>r<br />

Aufnahme <strong>de</strong>r Jungfrau in <strong>de</strong>n Himmel. das zuvor in un seren Lagern mit gebühren<strong>de</strong> r<br />

Andacht gefeiert wur<strong>de</strong>. fas. en die hel<strong>de</strong>nmütigen Feldherrn <strong>de</strong>n Entschluss, <strong>de</strong>n Feind<br />

anzugreifen, zur großen Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gesamten Volkes, und sie rücken in <strong>de</strong>rselben Nacht<br />

noch im amen <strong>de</strong>r göttlichen Personen Jesus und Ma,ia zum Gefecht aus. ungefähr 30000<br />

Mann. die übrigen zur B eobachtung <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r Stadt zurückgelassen. die Fußtruppen<br />

unter <strong>de</strong>m Prinzen Eugen. die Reiterei unter <strong>de</strong>m General Pal fi als Kommandanten,<br />

und so. unter Begün stigu ng <strong>de</strong>. ebels (man könnte sagen, das sei <strong>de</strong>r Schutzmantel <strong>de</strong>r<br />

se ligsten Jungfrau gewesen für die Küchlein) nähern sie sich, ohne Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong> Fein<strong>de</strong>s.<br />

seinen Lagern. dringen hel<strong>de</strong>nhaft ei n auf <strong>de</strong>n türkischen Feind, von <strong>de</strong>m sie. beson<strong>de</strong>rs<br />

von <strong>de</strong>n sogenannten Janitscharen. großen und erbitterten Wi<strong>de</strong>rstand erwarten; mehr<br />

als einmal wer<strong>de</strong>n die Türken von <strong>de</strong>n nsrigen in die Flucht geschlagen und zer treut,<br />

aber sie sammeln sich erneut, (gegen türkische Gewohnheit). und kämpfen wie die Löwen.<br />

Um die Entscheidung wird gekämpft aufbei<strong>de</strong>n Seiten. unentsc hie<strong>de</strong>n wem <strong>de</strong>r Si eg zufiele,<br />

5 Stun<strong>de</strong>n lang ununterbroc hen: endlich, dadurch ohne Zweifel erschüttert, ergreifen<br />

die Fein<strong>de</strong> schimpflich unversehens die Flucht. Sie lassen <strong>de</strong>n Unsrigen ihre Lager als<br />

Beute, und so vermel<strong>de</strong>ten 30000 christliche Soldaten einen glorreichen und unerhörten<br />

Sieg über 200000 Türken. Am dritlen Tag darauf, am 19. August, ergab sich die bestbefestigte<br />

Stadt Belgrad durch K apitulation <strong>de</strong>n Unsrigen: und (S taune. 0 Leser!) es wur<strong>de</strong>n<br />

bisher 50 000 bewaffnete Männer nach <strong>de</strong>r Übergabe in <strong>de</strong>r Stadt gefun<strong>de</strong>n, und sie<br />

sind ohne Führer und ohne Ordnung herausgezogen.<br />

Während <strong>de</strong>r Aktion sind bei <strong>de</strong>n Türken getötet und verwun<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n 44 000. von <strong>de</strong>n<br />

nsrigen 4450. In Belgrad gingen gegen 30000 Türken zugrun<strong>de</strong>. An Geschützen in <strong>de</strong>n<br />

türkischen Lagern wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n nsri gen angetroffen 134 gegossene und 39 Böller'!, in<br />

eier Stadt 280 aus Erz, 35 aus Eisen und 59 aus Erz gego sene Böller; in <strong>de</strong>n Schiffen -<br />

Fregatten und Tschaiken genannt -: 120 Geschütze aus M etall. aus Eisen 84, 6 Böller aus<br />

Erz: auf <strong>de</strong>r Insel zwischen D onau und Save 30 Geschütze aus M etall. 5 aus Eisen: auf <strong>de</strong>n<br />

Schiffen Ge chütze aus M eta ll 37, aus Eisen 93; in <strong>de</strong>r alten Burg I Geschütz aus M etall<br />

und I aus Eisen. Die Gesamtzahl <strong>de</strong>r übernoillmenen Geschütze aus Erz beträgt 602, au<br />

Eisen 18. Böller 104 aus M etall. dazu 6 Böller. 3 Haubitzen und 4 Steinbüchsen. 3- und 2-<br />

pfündige Onegli '. dazu 6 Böller. 3 Haubitze n und4 Stei nbüchsen.<br />

Obendrein verl oren die Türken versch ie<strong>de</strong>ne Orte, Samandria. Orsu a und an<strong>de</strong>re. Tartaren.<br />

die in Transy lvanien einfielen, erursachten großen Scha<strong>de</strong>n, aber endlich wur<strong>de</strong>n ie von<br />

<strong>de</strong>n Unsrigen gestellt, nie<strong>de</strong>rgehauen und in die Flucht geschlagen und so die erschreckten<br />

Türken an mehreren Orten vernichtet.<br />

Für diese Siege ertönten allenthalben Danksagungen mit Ambrosianischem Lobgesang<br />

und Geschützdonner; solches geschah auch in unserem Tal in Schramberg. gera<strong>de</strong> am Tag<br />

<strong>de</strong>r Dedikati on, auf dieselbe Ar! wie im vorhergehen<strong>de</strong>n Jahr. Die Festpredigl hielt <strong>de</strong>r<br />

Hochehrwürdige P. Emanuel Koncr. Superior <strong>de</strong>r Soc. Jesu in ROllweil.<br />

berwä ltigung <strong>de</strong>r türki­<br />

Auch die Veneeliger begünstigte besseres Geschick, da sie nach<br />

schen Flotte 2 o<strong>de</strong>r 3 Städte in Dalmatien einnahmen.<br />

Aber siehe! Nach diesen so glücklich zum Guten <strong>de</strong>r ganzen christlichen Welt und zur<br />

Mehrung <strong>de</strong>s Glaubens erfolgten Taten. rü stet nach <strong>de</strong>m Beispiel se ines Großvater ' Lud-<br />

I )<br />

cnnutlich Mörser


72<br />

wigs XIV <strong>de</strong>s Königs <strong>de</strong>r Franzosen. Philipp. Herzog v. Anjou. <strong>de</strong>r Besi tzer <strong>de</strong>r spanischen<br />

M onarchie. eine Flotte aus unter <strong>de</strong>m lügenhaftesten Vorwand und Ver. prechen sogar<br />

gegenüber <strong>de</strong>m POl1li fex Maximus. er wolle diese zur Hilfe für die Vened iger gegen die<br />

Türken best immt sehen. und mllt dann unversehens in das Herrschaftsgebiet <strong>de</strong>s Kai sers<br />

ein . nümlich in das Köni greich Sardinien. bekriegt zu Land und See die königliche Hauptstadt<br />

Cagliari. und weil sie wegcn dcr Abgeschniucnheit von <strong>de</strong>n Orten keinen genügen<strong>de</strong>n<br />

Nachschub besorgen konnte, besetzen di e Spanier nach ehrenvollem Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s<br />

Generals v. Rubi diese Stadt, und schließlich ergab sich dieses ganze K önigreich ohne<br />

we iteren Wi<strong>de</strong>rstand. Er droht auch frech untcr Beistand <strong>de</strong>r italienischen Flic ten, <strong>de</strong>n<br />

K aiser aus <strong>de</strong>m Königreich eape\. <strong>de</strong>m Herzogtum Mailand und we iteren Orten Italiens<br />

zu ve rtreiben. Deshalb gibt <strong>de</strong>r Kaiser <strong>de</strong>n Türken. die um Frie<strong>de</strong>n billen. Gehör, aber so<br />

wie die Sachen stehen. wird er keinen ~o gü nsti gen. wie zuvor erhofft. erlan gen.<br />

Die nordi schen Köni ge arbeiten an einem Frie<strong>de</strong>n. aber ohne Erfolg: es herrscht we<strong>de</strong>r<br />

Frie<strong>de</strong>n noch Krieg unter ihnen. \ ührend in diesem Jahr keine feindselige Tat geschah.<br />

Die Untergebenen erhoffen sich on Wien eine Revision. aber ohne Aussichten.<br />

Man hat eine beste und reichliche Ernte gehabt und eine gute Weinlese. und edlen Wein<br />

geerntet. Das Maß Spelten wur<strong>de</strong> gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres um 32 Kreuzer verkauft. Aber <strong>de</strong>r<br />

Pre i ~ <strong>de</strong>s Weins ist noch nicht so sehr angestiegen: das Ohm neuen Breisgauers wur<strong>de</strong> um<br />

3 Gul<strong>de</strong>n 15 Kreuzer. <strong>de</strong>s Elsüssischen und Viellensischen ' um4 o<strong>de</strong>r 5 Gul<strong>de</strong>n verkauft.<br />

I 7 I 8<br />

Was die Türken im vori gen Jahr vom Kai ser erbaten, das haben sie bei sei ner Anwescnheit<br />

erlan gt. nümlich <strong>de</strong>n ihnen erwünsc hten und <strong>de</strong>m Kai scr sehr notwendigen Frie<strong>de</strong>n ; dieser<br />

Frie<strong>de</strong> ist geschlossen wor<strong>de</strong>n in Passarowitz, unter Vermittlung <strong>de</strong>r HolIUn<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r<br />

zwisc hen <strong>de</strong>m obengenannten Kai ser und Venedig auf dcr einen und <strong>de</strong>n Türken auf<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. Es behauptete <strong>de</strong>r Kai ser. was er durch seine glorrei chen Waffen erreicht<br />

hatte. nUmlieh Temesvar mit <strong>de</strong>m ganzen dortigen Banat und Belgrad mit einem<br />

großen Distrikt Serbiens, und dazu in Bos nien alle an <strong>de</strong>r Donau gelegenen Orte mit einem<br />

kleinen Distrikt in Kroatien. Es gestattete auch die Ollomanische Pforte <strong>de</strong>n Untergebenen<br />

<strong>de</strong>s Kaiser. freien Han<strong>de</strong>l durch die ga nze Türkei. we lches Pri vileg die kaiserlichen Kaufleute<br />

zugunsten <strong>de</strong>s ganzcn ungari schen Volkes und an<strong>de</strong>rer erstaunlich ausnützten. Für<br />

die Venediger war dieser Frie<strong>de</strong> nicht so ganz orteilhan: das ve rl orene Königtum M orea<br />

wu rd en "ie nUmlich <strong>de</strong>n Türken zu überlasse n gezwungen. wogegen ihnen im allerdings<br />

nicht gleichwertigen Wechse l ein kleiner Bezirk in Dalmatien zugestan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.<br />

Es hütte, w ie wir hofften. innerhalb wcniger Jah rc die Türkci aus ganz Europa vertrieben<br />

wer<strong>de</strong>n können. hätten nicht die frie<strong>de</strong>nsbrecherischen Spanier nach Plan und Befehl <strong>de</strong>s<br />

Kardinal s A lberoni , <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n König und das ganze spani sche Volk beherrschte. <strong>de</strong>n Kaiser<br />

feindlich angegriFfen und ihn so zum Abschluss dieses Fri edcns gezwun gen.<br />

Kehren wir also zu diesem spani schen Krieg zurück: WLihrend <strong>de</strong>r ganzen winterlichen<br />

Zeit sind so große Vorbereitungen in <strong>de</strong>n Königreichen Spaniens getroffen wor<strong>de</strong>n, al s ob<br />

sie mit <strong>de</strong>r ganzen Welt Krieg anfangen wollten. Sie rü steten <strong>de</strong>shalb eine furchteinnößen<strong>de</strong><br />

Flotte aus. die mit Soldaten und an<strong>de</strong>rer kriegeri scher usrüstung bestens versehen wa r.<br />

Inzwischen bemühten sich die Könige Frankreichs und Englands unermüdlich. <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />

in Europa zu erhalten. in<strong>de</strong>m sie diese streiten<strong>de</strong>n Parteien beruhigten: Vorschläge.<br />

I ) Bühlenal ("7)


73<br />

dass <strong>de</strong>r König von Spanien <strong>de</strong>m K aiser außer Neapel auch das Königreich Si zilien. <strong>de</strong>m<br />

König von Sizilien aber Sardinien abtreten sollte. nahm <strong>de</strong>r Kaiser an; die Könige von<br />

Spanien und Si zilien aber wi<strong>de</strong>rsprachen, von <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r letztere bi sher schwankte, welche<br />

Bedingungen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Parteien er für sich günsti ger und ratsamer beurteilen so lle. Im<br />

Gegenzug zu <strong>de</strong>n vom König von Spanien gemachten ungün stigen Bedingungen wiesen<br />

die Englän<strong>de</strong>r diese zurück, rüsteten ebenfalls ei ne Flotte aus und schickten sie ins Mittelmeer.<br />

Wohin <strong>de</strong> halb die spani ehe Flotte ziele. erwarteten die Neapolitaner mit Sorge:<br />

aber gegen aller Erwartung wandte sich diese feindliche Flotte nicht gegen <strong>de</strong>n Strand von<br />

eape !. son<strong>de</strong>rn gegen Sizilien, wo ie die Sizi lianer. die <strong>de</strong> savoyischen Jochs überdrü. ­<br />

sig wa ren, freudig empfingen. Jetzt erst fleht <strong>de</strong>r zwei<strong>de</strong>utige und unbeständige König von<br />

Sizilien <strong>de</strong>n Kaiser und die Englün<strong>de</strong>r um Hilfe an. Z ur Stelle sind also die Englän<strong>de</strong>r mit<br />

ihrer Flotte unter <strong>de</strong>m Herzog von Bings und heißen die Spanier sich aus diesem Mittelmeer<br />

zu entfernen, wenn sie nicht mit Gewa lt vertrieben wer<strong>de</strong>n wollten. Die stolzen Spanier<br />

aber lachten über diesen Befehl: aber ihr L achen wan<strong>de</strong>lte sich bald in Weinen. Die<br />

panier greifen die Englän<strong>de</strong>r an. aber mit unglücklichem Ausgang: sie mussten nicht nur<br />

<strong>de</strong>n energischen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r verspüren. so n<strong>de</strong>rn diese ge amte feindliche<br />

spanische Flotte wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn geschlagen, wobei fast alle Schi ffe überwältigt.<br />

versenkt o<strong>de</strong>r gekapert wur<strong>de</strong>n. Aber durch diese ie<strong>de</strong>rlage wur<strong>de</strong> die spani che<br />

Großmannssucht nicht gebrochen o<strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>mütigt. Eine Einigung mit <strong>de</strong>m Kai ser einzugehen<br />

lehnen sie bisher ab und führen sogar in Sizilien Krieg mit glücklichem Elfolg. weil<br />

sie verschie<strong>de</strong>ne Städte erobert haben ohne j eglichen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>s Kaisers und <strong>de</strong><br />

Savoyers.<br />

Um <strong>de</strong> 'halb für Europa <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rherzu stellen, gingen <strong>de</strong>r Kai ser, die Könige<br />

Frankreichs und Englands untereinan<strong>de</strong>r ein Bündnis ein , und ließen zu dieser Verbindung<br />

auch <strong>de</strong>n König von Sizilien zu. <strong>de</strong>m an Stelle Sardiniens ein Königreich aus <strong>de</strong>m M ailün<strong>de</strong>r<br />

St aat zuerkannt wur<strong>de</strong>. Es streben auch die Hollän<strong>de</strong>r an. diesem Bündni beizutreten,<br />

während die Spanier abraten, aber auch diese sind bi sher unentschlossen, in<strong>de</strong>m sie<br />

überlegen. ob sie <strong>de</strong>m Bündnis beitreten o<strong>de</strong>r eher die eutralität wäh len . ollen.<br />

Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres wur<strong>de</strong> in Frankreich eine Rebellion aufge<strong>de</strong>ckt. die. vom spanisc<br />

hen Gesandten eingeleitet, zum Untergang <strong>de</strong>s Königs und <strong>de</strong>s Regenten ruhren sollte.<br />

mittels <strong>de</strong>rer die Spanier auch Frankreich in ihre Gewa lt zu bringen suchten; ob es sich<br />

aber nicht für sie zum Ver<strong>de</strong>rben auswachsen wird. wird die Zeit lehren.<br />

In <strong>de</strong>n nordi schen Königreichen strebt man immer einen Frie<strong>de</strong>n zu erreichen. aber immer<br />

ohne Erfolg. Gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres kämpfte <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n unglücklich um<br />

eine Entscheidung in orwegen bei <strong>de</strong>r Belagerung von Fre<strong>de</strong>riksten, wobei <strong>de</strong>r König<br />

elbst um Kampf teilnehmend durch eine Kugel getroffen elend tarb, und das ohne große<br />

Trauer <strong>de</strong>r Seinen. aber unter großem Jubel bei seinen Fein<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r ganzen Welt. Dieser<br />

Köni g <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>n und Goten war ein gewaltiger Krieger, aber auch ruhelos und<br />

rastlos. die wenigste Zeit in seiner Resi<strong>de</strong>nz: die mehrere Zeit seines Kön igtums verbrachte<br />

er in Lagern , niemals verheiratet, und so. nach verschie<strong>de</strong>nen Kämpfen. an <strong>de</strong>nen er immer<br />

allzuwenig vorsichtig, allzLlviel ungestüm teilnahm, verstarb er sch ließlich elend. ein Reich<br />

zurücklassend. das in seinen Mitteln erschöpft. von Armut allzusehr bed rückt und von<br />

verschie<strong>de</strong>nartigen öten LInd Fein<strong>de</strong>n angefüllt war. ohne <strong>de</strong>n notwendigen Erben.<br />

In diesem Jahr verschied im Herrn <strong>de</strong>r Hochehrwürdige und Ausgezeichnetste Herr Johann<br />

Ernst Pfister, <strong>de</strong>r Heiligsten Theologie Doktor, <strong>de</strong>s Ehrwürdigen Rott we iler Kapitels<br />

Dekan und Pfarrer zu Rottei!. frolllmen Ge<strong>de</strong>nkens. an <strong>de</strong>ssen Stelle durch ei n timmige


74<br />

Wahl <strong>de</strong>r Wahlberechtigten am 5. Jul i zum Dekan erwählt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Höchstzuverehren<strong>de</strong><br />

Herr Dominikus Straub. zuvor Kämmerer und PFarrer in Oberndorf,ein alter M ann von 74<br />

Jahren; als Kümmerer wur<strong>de</strong> erwLihlt <strong>de</strong>r Sehr Ehrwürdi ge Herr Johann Michael Staimer.<br />

zuvor Sekretär <strong>de</strong>s Kapitels und Pfarrer zu Deisslingen uSW.: zum Sekretär durch ei nstimmige<br />

Wahl <strong>de</strong>r Kammer meine Wenigkeit.<br />

Wir haben in diesem Jahr einen trockenen und dürren Sommer gehabt. heftigste Hitze hatte<br />

uns allzusehr im Griff; abe r die Temperatur war für Getrei<strong>de</strong> und Reben sehr günsti g.<br />

daher hatten wir eine reiche Ernte un d Weinlese. Um Jahresen<strong>de</strong> wu r<strong>de</strong> das M aß Spelten/<br />

Kernen um 26 und20 Kreuzer verkauft, das Ohm besseren neuen Weines um 3 Gu l<strong>de</strong>n 30<br />

Kreuzer.<br />

1 7 1 9<br />

Den in Sizilien begon nenen Krieg setzen auf bei <strong>de</strong>n Seiten die Kaiserlichen unter <strong>de</strong>m<br />

Oberbefehlshaber General v. M ercy. die Spanier un ter <strong>de</strong>m Herzog <strong>de</strong> Le<strong>de</strong> unvermin<strong>de</strong>rt<br />

fort. Harte Kümpfe, j edoch unter verschie<strong>de</strong>nem Erfolg. fan<strong>de</strong>n zwischen bei<strong>de</strong>n statl. und<br />

j e<strong>de</strong>s Heer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n rühmt sich seiner Siege. Die hochberühmte Stadt M essina ergab sich<br />

erst nach hartnLickigem Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>n nsri gen. Inzwischen muss General v. M ercy mit<br />

zwei Fein<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n spani schen oldaten und <strong>de</strong>n sizilianischen Bau ern. um die Entscheidung<br />

kümpfen: dieser Krieg wird hauptsüchlich auch durch <strong>de</strong>n dritten Feind er chwert,<br />

nämlich Hunger und Mangel an allen Dingen. wogegen auch <strong>de</strong>r kai serliche Soldat kämpfen<br />

muss. ngeachtet <strong>de</strong>ssen j edoch mu ssten sich im Lauf <strong>de</strong>r Zeit alle Städ te dieses Reiches<br />

<strong>de</strong>n K aiserlichen ergeben außer Palermo.<br />

In Frankreich rüstete <strong>de</strong>r Regent ein großes Heer aus gegen die Spanier, mit <strong>de</strong>m er im<br />

Herzogtum Katalonien anfänglich einige Fortschrille, größere allerdings in <strong>de</strong>r Biscaya<br />

machte. in<strong>de</strong>rn er die am M eer gel egenen Städte Fonterabi a und San Sebasti an bezwang.<br />

Auch die Engliin<strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>ten mit ihrer Flotte in Vigos und mel<strong>de</strong>ten große Beute. Die Spanier,<br />

zum Wi<strong>de</strong>rstand gegen so viele Fein<strong>de</strong> unterl ege n. beginnen an Frie<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>nken.<br />

In <strong>de</strong>n nordi schen Königreichen und SI eziell in Schwe<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n K önigsstuhl<br />

erhoben Ulrike. die Schwester <strong>de</strong>s verstorbenen Köni gs. W ährend die Dänen daran <strong>de</strong>nken.<br />

einen Son<strong>de</strong>rfri e<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Schwe<strong>de</strong>n einzugehen und ein solcher schon lange mit<br />

<strong>de</strong>m Köni g von Preussen geschlossen wa r, brachen die Moskowiter mit einern großen Heer<br />

in Schwe<strong>de</strong>n ein und richteten unersetzlichen Scha<strong>de</strong>n an; sie wur<strong>de</strong>n j edoch durch die<br />

Flotte <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r und das Heer <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>n zum Rü ckzug gezwungen. Inzwischen<br />

aber quält <strong>de</strong>r Hunger die Schwe<strong>de</strong>n en tsetzlich.<br />

Am Fest <strong>de</strong>s Hlg. Jakobus brannte die in unserer Nachbarschaft gelegene württembergisehe<br />

Stadt Dornhan durch Blitzschl ag völlig nie<strong>de</strong>r mit A usnahme von zwei Häusern .<br />

Der pfLilzische Wahl fürst in Hei<strong>de</strong>lberg hat an <strong>de</strong>r Kirche zum Heiligen Geist. in <strong>de</strong>r bi s<br />

jetzt die Katholiken <strong>de</strong>n einen und die Kal vinisten <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Teil in Besitz hatten, nunmehr<br />

aus diesem ~e in e m Besitzanteil die Hugenollen ausgewiesen und <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>n<br />

K atholiken zuerkannt. Dadurch hat er große Entrüstung bei dcn Häretikern auf sich gela<strong>de</strong>n:<br />

ihre Klagen gegen dieses Allentat bringen die Protestanten bei <strong>de</strong>n Königen von<br />

England und Preussen vor, und bcrcits stellen die besagtcn Könige zusammen mit <strong>de</strong>n<br />

Hollän<strong>de</strong>rn Rep ressalicn an , in<strong>de</strong>m sie Klös ter in ihren Reichen :lunlcbcn, bis vom Wahl ­<br />

fürsten eine Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>s al tcn Z usta nds ge leistct sci . Was in <strong>de</strong>r Z ukunft sein<br />

wird. wird die Zeit bringen.


75<br />

In diesem Jahr hatten wir einen allzu trockenen und äußerst heißen Sommer; von Mitte<br />

April bis Mitte August fiel kein Regen; <strong>de</strong>shalb lrocknere das Getrei<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn aus.<br />

so dass für das Vieh Heu und Stroh ganz wenig gesammelt wur<strong>de</strong>; die Sommerfrüchte<br />

gingen wegen <strong>de</strong>r Trockenheit <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>ns größtentei ls zugrun<strong>de</strong>. Das Wintergetrei<strong>de</strong> dagegen<br />

ergab eine reiche Ernte, und das Maß Spelten wur<strong>de</strong> meist um 34 Kreuzer verkauft.<br />

Eine rei che Weinlese hatte auch das Kinzigtal. und das Ohm neueren und edleren Weines<br />

kostete 2 Gul<strong>de</strong>n 15 Kreuzer.<br />

1720<br />

In diesem Jahr hatten wireinen sehr enrägl ichen Winter, doch in <strong>de</strong>n Monaten Februar und<br />

März fiel <strong>de</strong>r Schnee so dicht, dass dadurch mehrere Hirsche und hier und dort auch M enschen<br />

hängen blieben und umkamen . A uch an mehreren Orten ließen die allzusehr durch<br />

die M asse <strong>de</strong>s Schnees bis zum Mai nie<strong>de</strong>rgedrückten Wintersaaten nur eine karge Hoffnung<br />

auf die Ernte aufkommen.<br />

Die Heilige Apostolische Mission, die wir im vori gen Jahr ersehnt hatten, haben wir end ­<br />

lich in diesem Jahr erhalten. Denn am 8. Mai, am 4. Gebetsfeiertag (Mittwoch) sind bei<br />

un eingezogen die Hochehrwürdigen Patre Kar! Maliardo. Michael Kolb und Franz Xaver<br />

Baier, Priester <strong>de</strong>r Societas Je u. als Prediger. die wir mit einer Prozession am sogenannten<br />

Grü<strong>de</strong>khlin-Platz empfangen und nach Begrüßung durch eine Re<strong>de</strong> eingeholt haben.<br />

Ihren Aufenthalt halten sie im PFarrhau s.<br />

Si e hielten während <strong>de</strong>r Folgen<strong>de</strong>n sieben Tage täglich in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit auF einem<br />

th eatermäßi g errichteten Gerüst vormittags eine Exhortatio und Instruktion über die zu<br />

leisten<strong>de</strong> Bestrebung. eine Erklärung <strong>de</strong>r Messe. dann nach B eendigung <strong>de</strong>s Heiligsten<br />

Amtes eine Predigt: nachmittags ein Uhr K atechese. 3 Uhr Predigt. 5 hr In truktion über<br />

die zu leisten<strong>de</strong> Prüfung <strong>de</strong>s Gewissens. und zweimal zu dieser Zeit eine Prozession. Die<br />

Zusammenkünfte waren nicht so zahlreich besucht, wie wir erwartet hatten, wegen <strong>de</strong>s<br />

Dauerregens; die Anstrengungen wegen <strong>de</strong>r Beichte waren aber nicht verfehlt, und mehr<br />

als 5000 M enschen haben wir in diesen acht Tagen bei Beichte und K ommunion gezählt.<br />

An ständi gen Beich ti gern hatten wir außer <strong>de</strong>n Mi. sions-Patre. und <strong>de</strong>n ier Pf;:ln"ern unserer<br />

Dynastie zwei Dom inikaner-Patre' , vier Kapu ziner und zwei Jesuiten. Die Wirkung<br />

dieser Heiligen Mission war hier bes 'er als sonst. weil viele Hun<strong>de</strong>rte von bewussten<br />

Generalbeichten abgelegt wur<strong>de</strong>n, von so lchen. die sich bisher nicht an ihre Pflichten gehalten<br />

hatten. Gott möge befestigen. was er bewirkt hat.<br />

Der spanische Klieg ist soweit been<strong>de</strong>t, dass kraft von Vorverhandlungen <strong>de</strong>r König von<br />

Spanien <strong>de</strong>m K aiserdas Königreich Sizilien und <strong>de</strong>m Herzog von Savoyen das Königreich<br />

Sardinien zugestan<strong>de</strong>n hat. Für die Endlösung dieses Frie<strong>de</strong>ns ist Cambrai, eine Stadt in<br />

französisch Flan<strong>de</strong>rn. bestimmt wor<strong>de</strong>n.<br />

Zwischen Moskowitern und Schwe<strong>de</strong>n dauert <strong>de</strong>r Krieg noch an, wobei die ersteren die<br />

Übermacht haben und <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n verwe igern.<br />

Eine gewaltige Bewegung rief im Rei ch die Vertreibung <strong>de</strong>r Calvinisten aus <strong>de</strong>r Kirche<br />

Hlg. Geist in Hei<strong>de</strong>lberg durch <strong>de</strong>n Wahl fürsten <strong>de</strong>r Pfalz hervor. Unzählige und auch<br />

an<strong>de</strong>re Klagen erheben diesc <strong>de</strong>shalb gegen die Katholiken vor <strong>de</strong>r Versammlung in Regensburg.<br />

Der Köni g von Preusse n vor allem. als <strong>de</strong>r private und tapferste Verteidiger<br />

dieser Häretiker. sammelt ein zahlreiches Heer und droht mit Krieg; <strong>de</strong>n Beistand versprechen<br />

die HolIHn<strong>de</strong>r und Englän<strong>de</strong>r. und auch die Schweizer. wie es heißt, rüsten sich, und<br />

in unserer achbarschaft die Lutheraner. Diesen Attentaten. die nicht sorgsam organisiert


76<br />

sind. stellt sich aber <strong>de</strong>r Kaiser unerschrocken entgegen. Er bittet. diesen Prozes vor ein<br />

kaiserliches Tribunal zu bringen kraft <strong>de</strong>r kai serlichen Konstitutionen: er bewegt <strong>de</strong>n pfälzischen<br />

Wahl fürsten zur Rü ckgabe <strong>de</strong>r Kirche I-Ilg. Geist an die Protestalllen und mi ssbilligt<br />

die Repressalien <strong>de</strong>s Köni gs von Preussen. <strong>de</strong>n er auch zur Rückgab <strong>de</strong>r be chl agnahmten<br />

Klö ·ter zwang. Inzwischen besteht <strong>de</strong>r Kaiser darauf und drängt dazu, das <strong>de</strong>r<br />

geschüdigte Teil seine Klagen in <strong>de</strong>r Form <strong>de</strong>s Recht s und <strong>de</strong>s richterlichen Prozesses bei<br />

ihm als <strong>de</strong>m Höchsten Richter und Z ustündigen vorbringe und dass er <strong>de</strong>n Richterspruch<br />

gemüß <strong>de</strong>n kai se rlichen KonstilUtionen und <strong>de</strong>n Vereinbarungen <strong>de</strong>s Westfälischen Frie<strong>de</strong>ns<br />

erwa rt e. Bis j etzt weigert sich <strong>de</strong>r un verschämte ca l vinisti sche König von Preussen.<br />

in Sachen <strong>de</strong>r Religion <strong>de</strong>n katholischen Kaiser als Ri chter anzuerkennen. Die Zeit wird<br />

<strong>de</strong>n A usgang dieser unerqu icklichen und gefährlichen ngelegenheit bringe n.<br />

Weil die Saaten im Frühjahr durch <strong>de</strong>n dauernd darüberliege n<strong>de</strong>n Schnee gehemmt wur<strong>de</strong>n.<br />

war die Ernte <strong>de</strong>r Winterfrucht nicht reichlich. reichl icher aber die Ernte <strong>de</strong>r Sommerfrüchte:<br />

und auch <strong>de</strong>r Preis stieg nicht viel an: das M aß Spelten/ Kernen wur<strong>de</strong> um 40 und<br />

.+5 Kreuzer ve rkauft. Kälte und überreichliche Regengüsse in <strong>de</strong>n M onaten Juni , Juli und<br />

A ugust behin<strong>de</strong>rten <strong>de</strong>n Reifungsprozess <strong>de</strong>r Trauben. Deshalb haben wir wähleri schen<br />

chramberger <strong>de</strong>n neuen ess igsauren Wein we<strong>de</strong>r probi ert. noch kenn en wir seinen Preis:<br />

das Ohm alten. im Jahr 17 19 gekelterten Weines wur<strong>de</strong> meist um 2 Gul<strong>de</strong>n. 15 Kreuzer<br />

verkauft: We in vom Jahr 17 18 kostete 3 Gul<strong>de</strong>n.<br />

Eine elen<strong>de</strong> Pest suchte in diesem Jahr die Provence. eine französ ische Provinz, heim. und<br />

vor an<strong>de</strong>ren Orten die Stadt M arseille. wo über 40000 M ensch en zum Opfer gefallen se in<br />

so llen: einige Ortschaft en in <strong>de</strong>r ae hbarschal't sind entvölkert. Fast ganz Europa setzte<br />

diese ve r<strong>de</strong>rbliche Seuche in Schrecken.<br />

172 I<br />

A m 2 1. Mürz am Fest St. Joseph entschlicl' üu ße rst fromm zu Rom im Herrn <strong>de</strong>r Heiligste<br />

Vater und Herr, H err Papst CI emens. seines amens X l., im Alter von 72 Jahren. nach<strong>de</strong>m<br />

er 20 Jahre. 3 M onate, 22 Tage auf <strong>de</strong>m Stuhl gesessen halte. Dieser Höchste Pontifex<br />

führte ein unta<strong>de</strong> ligstes Leben und war geachtet durch <strong>de</strong>n Ruf <strong>de</strong>r Hei ligkeit. nerschrokken<br />

unterdrückte er die Dogmen <strong>de</strong>r Jansenisten, <strong>de</strong>ren Zahl in Frankreich allzusehr anwuchs.<br />

Ihre Lehren verdammte er durch die KonstilUtion 'Unigenitus' als häreti sch, und konnte ni e<br />

dazu gebracht we r<strong>de</strong>n, die 'e Damnation zu wi<strong>de</strong>rrufen o<strong>de</strong>r zu mil<strong>de</strong>rn , noch gestaltete cl'<br />

eine hartnück ige Appellati on an ein zukünftiges Generalkonzil. Diese Janseni sten sind<br />

auch j etzt noch nicht ganz ausgerottet: bi ~ heute nämlich gibt es noch ier Bischöfe in<br />

Frankreich. und <strong>de</strong>r Spruch <strong>de</strong>r Exkommnikati on ist noch bi s heute nicht veröffentlicht.<br />

Nächstens aber soll er. wie es heißt, gegen sie erl assen wer<strong>de</strong>n, und als Häretiker werd en<br />

sie bezeichnet wer<strong>de</strong>n on <strong>de</strong>m neuen Papst. Dieser ist am 8. M ai, nämlich am Fest <strong>de</strong>r<br />

Erscheinung <strong>de</strong>s Hlg. Michael, durch e in ~ timmi ge Abstimmung <strong>de</strong>r Herren Kardinäle (von<br />

<strong>de</strong>nen 55 im Konklave anwesend waren) als das Höchste Haupt sichtbar erwählt wor<strong>de</strong>n,<br />

nämlich <strong>de</strong>r Hocherhabenste Kardinal Michelangelo Fürst v. ConLi. im Alter von 66 Jahren.<br />

Innozenz XIII. genannt. Die. e Familie Conti so ll nach vier Ersten Fürsten j etzt schon<br />

<strong>de</strong>n fünFten sich anrechnen können.<br />

Die anstecken<strong>de</strong> Seuche hört nicht auf, Frankreich übe l mitzuspi elen: sie breitet sich sogar<br />

täglich mehr aus. <strong>de</strong>nn . ie greift auch auf an<strong>de</strong>re Städle au ßer Marseille über, nümlich<br />

Toulon. ix, A rl es, Avignon. Orange usw.usw .. und fast alle umliege n<strong>de</strong>n Dörfer hat sie<br />

entvö lkert: sie hat auch <strong>de</strong>n Languedoc und mehrere umliege n<strong>de</strong> Gegen<strong>de</strong>n elTeiehl. Damit<br />

Gott nicht auch unser Deut sc hl andll1it diesem Übel heimsuche. sind von un seren Vor-


77<br />

gesetzten öffentliche Billhandlungen angesetzt wor<strong>de</strong>n . nämlich dass die Billen angesicht<br />

<strong>de</strong>s Verehrungswürdigen Sakraments gesichert wer<strong>de</strong>n so llen und dass nach <strong>de</strong>m mittäglichen<br />

Engelgebet die Glocke gegen die Pest geschlagen wird und drei Vaterunser und Ave<br />

gebetet wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Kongress von Cambrai rLir die Stiftung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>n<br />

Englän<strong>de</strong>rn, Franzosen und Spaniern ist noch nicht eröffnet und geschehen: wann er aber<br />

sein wird. weiß man noc h nicht.<br />

In <strong>de</strong>n nordischen Königreichen haben die Schwe<strong>de</strong>n vom Großen Mo kauer Zar Frie<strong>de</strong>n<br />

erlangt, aber zu großem Scha<strong>de</strong>n für sich.<br />

Die Sache <strong>de</strong>r Prote. tanten wird in <strong>de</strong>n Zusammenkünften von Regensburg noch verhan<strong>de</strong>lt.<br />

und die Häretiker übertreiben ihre Klagen allzusehr. j edoch anerkennen sie <strong>de</strong>n Kaiser<br />

als Obersten Richter. und so hören die Drohungen mit Krieg auf, weil sie die M acht <strong>de</strong>s<br />

Kaisers fürchten.<br />

Was das Getrei<strong>de</strong> betri fft. so haben wir ein sehr fruchtbares Jahr gehabt. Das M aß Spelten/<br />

Kernen ist meist um 32 Kreuzer, Hafer um 10 Kreuzer verkauft wor<strong>de</strong>n. Wein haben die<br />

Talbewohner nicht so edlen geerntet und auch nicht so viel; alten Wein haben sie hierzulan<strong>de</strong><br />

um vier Gul<strong>de</strong>n ve rkauft. <strong>de</strong>n neuen um 3 Gul<strong>de</strong>n und auch zu geringerem Preis.<br />

1722<br />

Der Winter war in diesem Jahr ziemlich ertrUglich, Februar. M ärz und April so warm. dass<br />

sogar am 24. Mürz unter fürchterlichen Donnersc hlägen ein schrecklicher Hagel nie<strong>de</strong>rfiel.<br />

<strong>de</strong>r allerdings bis jetzt keinen Scha<strong>de</strong>n für die Saaten hervorrufen konnte. aber eine Vorankündigung<br />

wcu' Für <strong>de</strong>n nächsten künftigen Scha<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r - 0 Schmerz! - am 7. Juni fo lgte,<br />

als <strong>de</strong>r Hage l an versc hie<strong>de</strong>nen Orten Scha<strong>de</strong>n verursachte. Das größte Übel be<strong>de</strong>ckte in<br />

unserer Gegend vo r an<strong>de</strong>ren Orten vier Güter; in Sulzbach zerstörte es die ganze, in Apfelbach<br />

die halbe Ernte. in Aichhal<strong>de</strong>n. Waldmöss ingen, Hochmössingen. Winzeln die ganze<br />

Ernte insgesamt und völlig; die L eute von Hardt. Hintersulgen, Tuningen erlitten großen<br />

Scha<strong>de</strong>n: an mehreren Orten im Würtlembergischen ollen nicht nur die Früchte. son<strong>de</strong>rn<br />

auch die Gräser <strong>de</strong>r Wiesen völlig verni chtet sein. Bisher hat die göttliche Güte die Schramberger<br />

versc hont, die wir bisher kaum merklichen Scha<strong>de</strong>n erlitten haben. M öge Gott auch<br />

künftig ein so lches Übel on uns abwehren.<br />

Bester Frie<strong>de</strong> ist in Kraft. aber <strong>de</strong>m Kongre s in Cambrai hat es noch nicht geFallen. zu<br />

Abschluss und Sicherung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns zu kommen wegen <strong>de</strong>r vielen M ei nungsverschie<strong>de</strong>nheiten<br />

<strong>de</strong>r streiten<strong>de</strong>n Parteien.<br />

Fürchterliche Vorbereitungen hane <strong>de</strong>r Herrscher von M os kau getroffen (<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n<br />

Titel eines Kai sers <strong>de</strong>r Ru ssen angenommen und auch gewünscht hat. von allen Fürsten<br />

Europas damit geehrt zu wer<strong>de</strong>n. dies aber von <strong>de</strong>n mächtigeren noch nicht erlangen konnte);<br />

er hatte eine große Zahl von Soldaten zu sammengezogen. mit <strong>de</strong>nen er vielen Königreichen<br />

Schrecken eingejagt halle. <strong>de</strong>r jedoch schwand , als er sein zahlreiches Heer gegen<br />

die Perser lenkte, die gegen ihren König rebellierten. ur geringen Erfolg hat er sich mit<br />

großem Aufwand erkauft.<br />

In die em Jahr ist auch <strong>de</strong>r König von Frankreich gekrönt und Für minorenn erklärt wor<strong>de</strong>n.<br />

Wir hatten ein sehr fruchtbares Jahr. ausgenommen die Orte. <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Hagel gescha<strong>de</strong>t<br />

hat: das M aß Spelten wur<strong>de</strong> um 28 Kreuzer verkauft. Haber um 10 Kreuzer. Wein erntete


78<br />

man in mittelmäßi ger M enge und Qualiüit. Der alte wird hierzulan<strong>de</strong> um 3 Gul<strong>de</strong>n 30<br />

Kreuzer verk auft, <strong>de</strong>r neue um 2 Gul<strong>de</strong>n 30 Kreuzer.<br />

J 723<br />

[n diesem Jahr ist nichts Denkwürdiges gesch hen bi s zum 27.September, an <strong>de</strong>m im Herrn<br />

verstarb die äußerst fromme Erlauchteste Herrin Maria Theresia Catharina verwitwete Baronin<br />

v. Bissingen, Herrin in Schramberg, Grunzheim und Wi lIenhofen, geborene GrüFin v.<br />

Grafeneck und Biberach, wo sie ihren letzten Tag beschloss: sie wur<strong>de</strong> hierher überführt<br />

und in <strong>de</strong>r Pfarrkirche im Chor auf <strong>de</strong>r Epi stelseite ihrem Mann auch im To<strong>de</strong> zugesellt.<br />

Vor ihrem Hinschei<strong>de</strong>n hat sie viele fromme und große Legate vermacht, neben sonsti gen<br />

für un se re Fabrik 100 Gul<strong>de</strong>n, rLir die Rosenkranz- Bru<strong>de</strong>rschaft 50 Gul<strong>de</strong>n usw. usw. Möge<br />

sie im heiligs ten Frie<strong>de</strong>n ruhen.<br />

[n diesem Jahr ist neben an<strong>de</strong>ren Kapiteln auch unse r Ehrwürdiges Rottweiler Kapitel<br />

general isitiert wor<strong>de</strong>n, nämlich durch <strong>de</strong>n Hocherl auchten und Hochmögensten Herrn<br />

Herrn Franz Johann Anton Freiherr von und zu Sirgenstein. Bischof von Utina, Suffragan ­<br />

bi . chof und General vikar: ferner durch <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten und Hochedlen und Gnädigen<br />

Herrn Joseph Fran z v. Schorno, <strong>de</strong>r heiligsten Theol ogie Doktor und Protektor. <strong>de</strong>r Apostolischen<br />

Kath edralkirche zu Konstan z Archidiakon. Kanoniker <strong>de</strong>s berühmten Kollegs<br />

St. Stephan ebendort und on St. Pclagius zu Bischofsze ll und General visitator; ferner<br />

durch <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten Hochedlen Herrn Franzisku s Johann Albert v. Gol<strong>de</strong>nast. Kanoniker<br />

und Kapitular an <strong>de</strong>r berühmten Kirche St. Steph an. Es dauerte diese Vi sitation<br />

gegen die Sitte vom 4. ovember bi s 28. <strong>de</strong>sselben M onats. nämlich in Triberg, Wolfach,<br />

Oberndorf und Rottweil. In dieser Zeit sind geweiht wor<strong>de</strong>n die Pfarrkirchen in Triberg.<br />

Schoppach und Seedorf. die Pil gerherberge zur Ruhe Christi in Rotlweil; ge firmt wur<strong>de</strong>n<br />

im ganze n Kapitel 9 850 M enschen.<br />

Z ur sei ben Ze it erzichtete auf das Dekanat <strong>de</strong>r Höc hst Ehrwürdige Herr Dominikus Straub,<br />

Pfarrer in Oberndod·. ein 80-jähriger Greis, und schon vorher auf die Kämmerei <strong>de</strong>r Höchstehrwürdige<br />

Herr Johann Michael Staimer, Pfarrer in Deiss lingen. Zum Dekan wur<strong>de</strong> erwählt<br />

<strong>de</strong>r Höchst Ehrwürdige Edle und Ausgezeichnetste Herr Johann Bapti t Degen. Doktor<br />

<strong>de</strong>r Theo logie und Direktor <strong>de</strong>r Pi Igerstülle Triberg. Deputatus und Pfarrer ebendort: zum<br />

Kämmerer meine Wenigkeit.<br />

Ernte halten wir di eses Jahr reichlich, eine Weinlese millierer Quantität. aber guter Qualität.<br />

Der Preis für bei<strong>de</strong>s blieb <strong>de</strong>rselbe wie im vorigen Jahr.<br />

J 724<br />

Einen Winter hatten wir in diesem Jahr so mild, dass er kaum Winter genannt wer<strong>de</strong>n kann .<br />

We<strong>de</strong>r im vori gen. noch in diesem Jahr be<strong>de</strong>ckte nach Weihnachten Schn ee <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n,<br />

und auch die Gewässer sind nie zugefroren; mit einem Wort: einer so lchen mil<strong>de</strong>n Luft und<br />

Wärme können sich se lbst die M enschen hinmlfigsten Greisenalters nicht erinnern . Im<br />

pril endlich. aber nur an wenigen Tage n. fi el einiger Schnee.<br />

In diesem Jahr haben wir eine neue M onstranz für un se re Kirche in Augsburg fertigen<br />

lassen: dafür verwe n<strong>de</strong>ten wir das früher erwähnte L egat <strong>de</strong>r gnädi gen Herrin froll1men<br />

Ge<strong>de</strong>nkens für unse re Fabrik und für die Rosenkranz- Bru<strong>de</strong>rschaft lind eine Monstran z<br />

alls Lallterbach usw. Diese ganz alls Silber ge fertigte M o n ~ tra n z wiegt 10 Mark 13 Lot und<br />

kostet insgesamt 233 Gul<strong>de</strong>n, Zusendung 2 Gul<strong>de</strong>n.<br />

111 8. M ai ve rstarb Hußerst fro mm <strong>de</strong>r Heiligste Vater und Pontifex M ax imlls [nnozenz<br />

XII .. nac h<strong>de</strong>m er im Pontifikat 3 Jahre und 2 1 Tage gesessen hatte. Es folgte ihm im


79<br />

Pontifikat am 29. Mai auf gemeinsamen Beschluss <strong>de</strong>r Hervorragendsten Kardinäle <strong>de</strong>r<br />

H ervorragendste Kardinal <strong>de</strong>r Kirche Sl.Romana Vinzenz M ari a, Fürst v. Ursino. aus<br />

eapel. Dekan <strong>de</strong>s Heiligen Kollegiums. Erzbischof von Benevent au <strong>de</strong>m Dominikaneror<strong>de</strong>n.<br />

75 Jahre all und seit 47 Jahren Kardinal, genannt Benedikt XIII. An diesem Hochheiligen<br />

Vater wird gelobt eine einzigartige Verl ässlichkeit. eine wun<strong>de</strong>rbare Demut und<br />

außeror<strong>de</strong>nt I iche Weishei t.<br />

Im vori gen Jahr hat Philipp V. König von Spanien. <strong>de</strong>m Thron entsagt und ein einfaches<br />

Leben gewählt: er hat al s König bestimmt 'einen Erstgeborenen Sohn Ludwig aber al<br />

dieser in <strong>de</strong>r Blüte seiner Jugend durch allzu frühen Tod hingerafft wur<strong>de</strong>. hat <strong>de</strong>r Vater<br />

Philipp wie<strong>de</strong>r die Regierung angetreten.<br />

Der Kongres von Cambrai wird ohne Ergebni s ich vielleicht bald auflösen, und darau<br />

sind neue Kriege zu befürchten: <strong>de</strong>nn überall erfolgt Aushebung von Soldaten. GOll möge<br />

das zum Guten wen<strong>de</strong>n und un in Frie<strong>de</strong>n bewahren.<br />

Die Bauern haben in diesem Jahr keine reiche Ernte gesammelt: es sti eg <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Prei<br />

von Spelten auf über 50 Kreuzer, Hafer wur<strong>de</strong> das M aß um 17 o<strong>de</strong>r gar um 20 Kreuzer<br />

verkauft. Guten Wein, aber nicht so reichlich. haben sie geerntet; <strong>de</strong>r neue wird um 2<br />

Gul<strong>de</strong>n 30 Kreuzer verkauft, <strong>de</strong>r alte um 3 Gul<strong>de</strong>n 40 Kreuze r.<br />

Zu Weihnachten ist in Rom mit <strong>de</strong>r Öffnung <strong>de</strong>r Gol<strong>de</strong>nen Pfol1e ein Jubiläum ausgerufen<br />

wor<strong>de</strong>n, und außerhalb <strong>de</strong>r Stadt sind alle Ablässe für e1as folgen<strong>de</strong> Jahr aufgehoben wor<strong>de</strong>n.<br />

1725<br />

Wir hatten einen fri edvollen Winter in diesem Jahr und gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vori gen Jahrs. aber<br />

einen meist kalten und durch dauern<strong>de</strong> Regen feuchten Sommer; von Mitte April bis zum<br />

M onat Juli regnete es fas t täglich, während doch von A nfang Februar bis Mitte April eine<br />

so lch große Trockenheit herrschte. dass wir sogar mit Bitten elen Regen herbeizuflehen<br />

gezwungen waren, während wir j etzt nicht einmal mit Bitten einen heiteren Himmel von<br />

Gott zu erl angen vermocht haben.<br />

M os kau versetzte in Trauer <strong>de</strong>r un vermutete Tod seines M onarchen. <strong>de</strong>s Kaiser Peter.<br />

von uns Zar <strong>de</strong>r Große Fürst von M oskau genannt. Dieser glori ose M onarch hat eine ganz<br />

an<strong>de</strong>re Lebens\ ei. e. und einen gemäß <strong>de</strong>r Sitte an<strong>de</strong>rer Königreiche Europas politischen<br />

Zustand in se inen barbari schen Reichen einge führt: er war ein erhabener Kriegsheld. bezwang<br />

die Schwe<strong>de</strong>n. j agte an<strong>de</strong>ren Königreichen Schrecken ein, kämpfte zuletzt glücklich<br />

in Persien gegen <strong>de</strong>n Rebellen. Mireweis genannt. und zwang viele Orte, an er ter<br />

Stelle Derbent. unter seine Herrschaft. In <strong>de</strong>r Regierung folgte ihm seine Gemahlin. die<br />

schon cin Jahr früher zur Kaiserin von Großru ss land gekrönt wor<strong>de</strong>n wa r.<br />

Der Frie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>m Kaiser Karl VI. und <strong>de</strong>m spani schen K önig Philipp V , an <strong>de</strong>m<br />

sc hon drei Jahre lang in Cambrai vergeblich gearbeitet wur<strong>de</strong>, ist in diesem Jahr im M onat<br />

M ai zur Verwun<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r ganze n Welt zu Wien in Österreich glücklich und unerwartet<br />

geschlossen, ratifiziert und ve röffentlicht wor<strong>de</strong>n.<br />

Der Heiligste Papst Benedikt XIII. ze igt überall die A nzeichen großer Heiligkeit. auch in<br />

seiner Lebensweise: er fährt fort. Krankenh äuser zu besuchen. die von Schwermut Bedrückten<br />

zu trösten un d zu erquic ken. die A rmen mit hinreichen<strong>de</strong>r Unterstützu ng zu versorgen.<br />

auf wun <strong>de</strong>rbare Weise Kranke zu heilen. Dül110nen aus <strong>de</strong>n Be. essenen auszutreiben<br />

usw. usw. Er hat das sechste Laterankonzi I fe ierl ich eröffnet. durch das er vor an<strong>de</strong>rem<br />

<strong>de</strong>n Lebenswan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Kleriker und die Sitten in Italien in besseren Zustand zurückgeführt


80<br />

hat und diejenigen, <strong>de</strong>ren Leben nicht mit <strong>de</strong>n klerikalen A nfor<strong>de</strong>rungen vereinbar wa r.<br />

von kirchlichen Einkünften ausgeschlossen und <strong>de</strong>njenigen, die willentlich ei nen M ord<br />

begangen haben, die kirchliche Immmunitüt abgesprochen hat; er ordnet auch viele an<strong>de</strong>re<br />

heilsamste Maßnahmen an.<br />

In Thorn , ei ner polnischen Stad t, sind gewaltige Unruhen ausgebrochen zwischen Katholiken<br />

auf <strong>de</strong>r einen und Ca lvinisten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite. wo wegen einer Ohd'eige, die<br />

ei n katholisc her Stu<strong>de</strong>nt einem Ca l vinisten verabreichte, <strong>de</strong>r mit be<strong>de</strong>cktem Haupt vor<br />

ei ner vorüberziehen<strong>de</strong>n Prozess ion mit <strong>de</strong>m verehrungswürig ten Sakrament dastand, große<br />

Tumulte entstan<strong>de</strong>n si nd: die Ca lvinisten sperrten <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nten ein, die katholi schen<br />

Stu<strong>de</strong>nten zum Ausgleich ebenfalls <strong>de</strong>n Ca l inisten, worauf das häreti sche Volk sich sammelte<br />

und in das Jesuitenkolleg eindrang. alles verwüstete und die Statuen Ch ri sti und <strong>de</strong>r<br />

Seligsten Jungfrau mit ihren Schwertern zerhi eben und ins Feuer warfen, usw. usw. Um<br />

<strong>de</strong>n Tumult zu schlichten, wur<strong>de</strong>n königl iche Soldaten <strong>de</strong>n Katholiken zu Hi I fe geschickt.<br />

durch eine köni gliche Kommission darauf eine Untersuchung <strong>de</strong>s Falles an gesetzt. einige<br />

HauptrLi<strong>de</strong> lsführer geköpft. an<strong>de</strong>re von <strong>de</strong>r Uni ersität ausgeschlossen, <strong>de</strong>r ganze Magistrat<br />

abgese tzt usw.<br />

ber die 'en Prozess beschweren sich die Köni ge von Preussen und England, und drohen<br />

mit Krieg. wen n die polnischen Katholiken nicht <strong>de</strong>n Reformierten Genugtuun g geben<br />

sollten. Ein e Beilegun g zu erreichen haben sich ergeblich <strong>de</strong>r Kaiser und die Hollän<strong>de</strong>r<br />

bemüht. und die Pol en sind <strong>de</strong>shal b standhaft bereit. für ihren Glauben zu kämpfen. Wie<br />

das sch ließlich en<strong>de</strong>n soll. erwa rten wir gespannt: fa st alle glauben. dass ein Religionskrieg<br />

unausweichlich bevorsteht.<br />

Wegen <strong>de</strong>r dauern<strong>de</strong>n kalten Regengüsse, die auch während <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Ernte anhielten,<br />

haben wir zwar ei ne reichliche Ernte erhalten, aber die Bauern haben ihre Garben. die im<br />

Regen bereits auf <strong>de</strong>n Äckern ausgewachsen \ aren, fast verdorben geerntet: <strong>de</strong>shalb stampfen<br />

sie die kaum essbaren Brote klein .<br />

Es ist daher <strong>de</strong>r Preis für das Getreid' ge fallen. und das Maß Spelten wird rLir 24 Kreuzer<br />

verkauft. Hafer für 10 Kreuzer. Und wei l die Trauben unreif gekeltelt wur<strong>de</strong>n, gab es<br />

dieses Jahr einen sauren und ungeni eßbaren Wein: das Ohm alten Weins wird für 4 Gul<strong>de</strong>n<br />

verkauft, neuer wird hi esigen Orts we<strong>de</strong>r ge trunken noc h gesehen.<br />

1726<br />

Der Winter wa r hart. vor allem wegen <strong>de</strong>r Dichte <strong>de</strong>r Schneefülle, die nicht wenig die<br />

Saaten bedrückte. In diesem Jahr stellten sich die im origen Jahr geäußerten Drohungen<br />

<strong>de</strong>r Kön ige Preussens und <strong>de</strong>r übrigen Ca lvinisti sc hen Potentaten als nichtig herau. und<br />

keine einzige <strong>de</strong>rarti ge wur<strong>de</strong> auch nur wie<strong>de</strong>r erwähnt. Im Gegensatz dazu erheben sich<br />

gegen die bei<strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten, Kaiser und spani schen König Phi li pp. an<strong>de</strong>re ähnlich Verbün<strong>de</strong>te.<br />

die Englän<strong>de</strong>r. Franzosen . Hollän<strong>de</strong>r und Preussen, on <strong>de</strong>nen die ersten sich<br />

weigern, die Stadt Gibraltar <strong>de</strong>n Spaniern zurLickzugeben. und die übrigen alle die in <strong>de</strong>r<br />

Stadt Osten<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n kaiserlichen Untertanen zum großen cha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hollän<strong>de</strong>r eingerichtete<br />

Schiffahrt nach Indien und <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l mit <strong>de</strong>n merikanern zu dul<strong>de</strong>n ablehnen<br />

und zu ve rhin<strong>de</strong>rn bestrebt sind. Deshalb geschehen von bei<strong>de</strong>n ei len größte Vorbereitungen<br />

zu ei nem un vermeidlichen Krieg. und Liberall wird eine Menge Soldaten zusammengezogen.<br />

Der Kaiser ver. ucht zwar mit allen Mitteln ver<strong>de</strong>rbliche Kriege von Europa fernzuhalten<br />

und verbLin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>shalb mit <strong>de</strong>r Moskuuer Herrsc herin . Doch wir befürchten zu<br />

Recht <strong>de</strong>n un vermeidlichen Krieg fLi r das niichste Jahr. wenn nicht Gott in seiner Güte ihn<br />

von un: abwen<strong>de</strong>t.


81<br />

Fürchterliche Donnerschl äge. wie sie seit vielen Jahren kaum gehört wur<strong>de</strong>n. haben uns<br />

häufig erschreckt, zumal sie verschie<strong>de</strong>ne Brän<strong>de</strong> allenrhalben verursacht haben. Weil die<br />

Dichte <strong>de</strong>s Schnee <strong>de</strong>n Winter hindurch die Saaten ganz gewaltig bedrückt hat. hatten wir<br />

hier eine reiche. freilich nicht nach <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r Garben. aber nach <strong>de</strong>r Güte <strong>de</strong>r Frucht<br />

kaum erreichbare Ernte. So brachte dieses Jahr auch zwar edlen, aber keine große M enge<br />

Wein hervo r, <strong>de</strong>r schon zu Anfang September von reifen Trauben geerntet wurd e. Der<br />

Preis <strong>de</strong>s neuen Getrei<strong>de</strong>s übersteigt weit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>s alten. ein eltenes VorkoIllmnis, da die<br />

neue zu 50 Kronen, die alte zu 30 Kronen verkauft wor<strong>de</strong>n ist: <strong>de</strong>r Prei s <strong>de</strong>s Weins blieb<br />

fast gleich w ie im vergangenen Jahr.<br />

1 727<br />

Eine erträgliche Kälte und se ltene Schneefälle brachte dieser Winter.<br />

Da von <strong>de</strong>n Englän<strong>de</strong>rn eine Rück führung <strong>de</strong>r Stadt Gibraltar und <strong>de</strong>r Inse l Port Mahon<br />

nicht geschah, machten hieraus die Spanier <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s Krieges und belagerten die<br />

besagte Stad t Gibraltar. Da aber durch verschie<strong>de</strong>ne umgehen<strong>de</strong> Krankheiten <strong>de</strong>r größte<br />

Tei I <strong>de</strong>r spani schen Soldaten hingerafft war, und <strong>de</strong>r Oberbefehl shaber Las Torri . <strong>de</strong>n<br />

hel<strong>de</strong>nhaften Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Belagerten erfahren hatte. bl ieb ihm nur wen ig Hoffnung auf<br />

Erfolg. In<strong>de</strong>ssen bestand <strong>de</strong>r Kai ser mit allen Mitteln darauf, dass <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong> überall in <strong>de</strong>n<br />

Europäi chen Reichen bewahrt bl eibe: <strong>de</strong>shalb lieh er in Vorverhandlungen <strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten.<br />

Franzosen. Englän<strong>de</strong>rn . Hollän<strong>de</strong>rn , das Ohr. setzte sich für die angelaufene Schiffahrt<br />

an die amerikani chen Kü sten. als Stein <strong>de</strong>s Anstoße '. ein und unterschrieb die vereinbarten<br />

Vorverhandlungen. Die Spanier. die geheißen wur<strong>de</strong>n. kraft dieser Vorverhandlungen<br />

die Belagerung Gibraltars aufzugeben und das gekaperte Schiff. Friedrich genannt.<br />

zurückzugeben, zögerten lange: sch ließl ich gaben sie <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r otwendigkeit nach<br />

und versprachen bei<strong>de</strong>s: sie hoben die schon 3/4 Jahre dauern<strong>de</strong> Belagerung Gibraltars auf<br />

und versprachen zusätzl ich die Rückgabe <strong>de</strong>s Schiffes. Während nun <strong>de</strong>r König von England,<br />

Georg 1. am Frie<strong>de</strong>n arbeitete. sagte ihm <strong>de</strong>r Tod einen unerwarteten und un vorhergesehenen<br />

Krieg an. und dieser allgemeine Feind <strong>de</strong>s menschlichen Gesch lechts überfiel<br />

diesen Hel<strong>de</strong>n während einer Reise von England zu seinen <strong>de</strong>utschen Hannoverschen Provinzen<br />

plötzlich. erdrück te und löschte ihn aus. zur großen Trauer von ganz England. Aber<br />

leicht wischte sich die Tränen ab <strong>de</strong>r neue bald gewählte und auf <strong>de</strong>n königlichen Thron<br />

erhobene Georg 11. von Hannover. <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Königs. als er verkün<strong>de</strong>t und<br />

bald darauf gekrönt wur<strong>de</strong>.<br />

Die gleiche Tyrannei <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s erlill auch die Hochberühmte Kai serin <strong>de</strong>s russischen Reiches:<br />

sie hinterliess die ri esigen Gebiete dieses Reiches ihrem noch jugendlichen, aber<br />

ed len Enkel Peter 11.. <strong>de</strong>r auch bald darauF das on seiner Großmutter begonnene Bündnis<br />

mit <strong>de</strong>m Römisch-Deutschen Kaiser festigte.<br />

Die Türken wur<strong>de</strong>n überheb lich gemacht, weil ihnen die Hälfte <strong>de</strong>s Persischen Reiche<br />

zufiel durch einen Frie<strong>de</strong>n mit Mirowitz. <strong>de</strong>m Besitzer dieses Reiches, einem Anhänger<br />

<strong>de</strong>s Türkenglaubens. Durch diesen Frie<strong>de</strong>n gewannen die Türken mehrere rei chste Län<strong>de</strong>r.<br />

sodass e: für die Christen zum nicht geringen Ver<strong>de</strong>rben wer<strong>de</strong>n kann . Zunächst haben sie<br />

schon <strong>de</strong>m K ai 'er von Russland <strong>de</strong>n Krieg angesagt und treben die Rückgabe <strong>de</strong>r im<br />

Persischen Reich eroberten Provinzen an.<br />

Eine reichliche Ernte haben wir in diesem Jahr gehabt, Gott sei Lob. Das Maß Spelten wird<br />

um 30 Kreuzer verkauft, Haber um 33 Kreuzer. Die Rebenranken hallen eine sehr reiche<br />

Ernte bester Qualität ver prochen: aber die allzugroße M enge <strong>de</strong>r Trauben hat diesen Reben<br />

gescha<strong>de</strong>t: die Unmenge an Trauben. w ie sie seit M enschenge<strong>de</strong>nken nie gesehen<br />

wur<strong>de</strong>. hat erhin<strong>de</strong>rt. dass sie trotz bester Witterung zur nöti gen Reife gelangen konnten;


82<br />

<strong>de</strong>shalb verdarb ein großer Teil <strong>de</strong>s Mostes und <strong>de</strong>s Weins nach <strong>de</strong>m Pressen <strong>de</strong>r Trauben;<br />

<strong>de</strong>r übrige Wein aber ist bis j elzt sauer, we nngleich einige eine Verbesserung erhoffen. Das<br />

Ohm vom alten und besseren Wein kostet 4 Gul<strong>de</strong>n. vom neuen 2 bis 3 Gul<strong>de</strong>n.<br />

1728<br />

Der Winter wa r seh r erträglich. und die Kälte quälte uns nicht sehr.<br />

ach<strong>de</strong>m überall die Vorbereitungen <strong>de</strong>s zu vereinbaren<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>ns wie im vorigen Jahr<br />

erwähnt. untersc hrieben wa ren, wur<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Ort <strong>de</strong>r Zusammenkunft zur allgemeinen<br />

frie<strong>de</strong>nschnffen<strong>de</strong>n Ruhe in Europa nachgedacht, und die Wahl fiel auf Soissons, eine Stadt<br />

in Frankreich. wo auch die Gesandten <strong>de</strong>r Verbün<strong>de</strong>ten Wiener und Hannoveraner zusammenkamen.<br />

die mit größtem Eifer daran arbeiteten. wie <strong>de</strong>r allgemeine Frie<strong>de</strong> in Europa<br />

bewahrt wer<strong>de</strong>n könne. Doch die Hoffnung auf eine so lch heilsame Entwick lung schwand<br />

fast ganz, und <strong>de</strong>r ungeheure A ufwand blieb ohne Erfolg. Denn <strong>de</strong>r König von Spanien<br />

bestand hartnäckig darauf und for<strong>de</strong>rte zuvor die Rückgabe <strong>de</strong>r Stadt Gibraltar und <strong>de</strong>r<br />

sogenannten Inse l Port M ahon: aber <strong>de</strong>r König von England we igert sich dauernd und<br />

konnte auF keinen Fall zur Rü ckgabe dieser Orte bewegt wer<strong>de</strong>n . lie für se inen H an<strong>de</strong>l so<br />

wert vo ll sind. Deshalb mu ss man zu Recht ver<strong>de</strong>rbliche Kriege befürchten.<br />

Am 3.August zwischen 4 und 5 Uhr entstand ein heftiges Erdbeben in unserer Gegend und<br />

verursachte überall großen Schrecken. Dieses Beben w ie<strong>de</strong>rholte sich in <strong>de</strong>r Nacht um 9<br />

Uhr mit vermin<strong>de</strong>rter Stärke, gegen M orgen j edoch zwisc hen 2 und 3 Uhr erschütterte es<br />

die Er<strong>de</strong> von neuem mit noch heftigerer Gewa lt. Dieses Beben jagte <strong>de</strong>n M enschen teils<br />

Staunen, teils Schrecken ein, weil sich ein so lches seit M enschenge<strong>de</strong>nken noch nie in<br />

unserer Gegend mil so großer Slärke ereignet halle. Eine größere Gewalt die es unterirdisc<br />

hen Bebens verspürten die am Rhein gelegenen Orte, vor allem Straßburg, Frankfurt,<br />

Hci<strong>de</strong>lberg, Wonns, M annheim. Hanau, Orfenbach. A schaffenburg. Mainz usw., wo K a­<br />

mine und Dächer mehrfach von <strong>de</strong>n Htiu sern geworfen wur<strong>de</strong>n und etliche Schä<strong>de</strong>n anri<br />

chteten.<br />

Zur Zei t <strong>de</strong>s Sommers trocknete allzugroße Hitze verbun<strong>de</strong>n mit nur seltenem Regen die<br />

Äcker aus und gestatteten eine nur mittelmäßige Ernte: beson<strong>de</strong>rs Hafer und Heu waren<br />

rnr. Hier wur<strong>de</strong> das M aß Hafer um 16 und 20 Kreuze r verkauft. lm Gegensatz dazu gaben<br />

die Weinberge einen reiehl ichen und guten Wein , aber er wu r<strong>de</strong> doch nicht zu einem günstigeren<br />

Preis verkauft wie im vori gen Jahr.<br />

Der Bau einer neuen Kirchc war schon lange erwogen wor<strong>de</strong>n und wur<strong>de</strong> endlich durch<br />

glückliche götLliche Hilfe zum gewün schten Ergebnis gebracht. Denn unsere alte Kirche<br />

war für di e große. täglich anwachsen<strong>de</strong> Pfarrgemein<strong>de</strong> und für di e auswärtige aus <strong>de</strong>n<br />

übrigen PFarreien un serer Herrsc haft an <strong>de</strong>n einzelnen Sonn- und Feiertagen reichlich zusam<br />

menströmen<strong>de</strong> M enge al lzu klein gewor<strong>de</strong>n und verl angte zu Recht eine größere; sie<br />

wur<strong>de</strong> also in diesem Jahr nach <strong>de</strong>r Länge um 25 . naeh <strong>de</strong>r Breite um 5 Fuß vergrößert. und<br />

so mit Ausnahme <strong>de</strong>s Chors eine gan z neue Kirche errichtet. Den Bau leitete <strong>de</strong>r Rottweiler<br />

Unterbaumeister Scharff", UlllerSlüLzt von sei nen Brü<strong>de</strong>rn Georg und Jakob Scharff,<br />

zwei Tirolern. Z um Frondienst wur<strong>de</strong>n alle Einwohner <strong>de</strong>r Dynastie herangezogen. Dieser<br />

Esel hielt sich nicht an die frühere Bau weise (?), son<strong>de</strong>rn erbaute gera<strong>de</strong>zu unersätt lich<br />

mei ne Kirche. die schOll seit 1I Jah ren baufällig war 2 •.•.<br />

I ) da rübergeschricbcn: ein Esel<br />

2) hier fol gt ein Fchl zcichcn


83<br />

L729<br />

Der Winter war lang und sehr kalt, und zwar so, dass er fast gleich war wie <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n wir<br />

1709 gehabt haben ; dichte. tel' Schnee fiel. und dies dauerte bis Mitte M onat M ai; <strong>de</strong>m<br />

fol gte eine sehr trockene Hitze, die das Gras auf <strong>de</strong>n Wiesen und <strong>de</strong>n Hafer auf <strong>de</strong>n Äckern<br />

o sehr austrocknete, das ' die Bauern überall über <strong>de</strong>n Mangel an H eu und Streu-S troh<br />

klagten.<br />

In diesem Jahr wur<strong>de</strong> ein neuer Altar im Chor erstellt auf Kosten <strong>de</strong>r Kirchenfabrik. ge fertigt<br />

von Johann Ig naz Schupp aus Villingen.<br />

Mit großen Kosten haben bisher in Soisson die Gesandten über die Erstellung eines allgemeinen<br />

Frie<strong>de</strong>ns verhan<strong>de</strong>lt;j etzt sind sie un verrichteter Sache auseinan<strong>de</strong>rgegangen. Endlich<br />

aber kamen die Könige <strong>de</strong>r Spanier und Englän<strong>de</strong>r soweit unter sich überein, dass <strong>de</strong>r<br />

erste <strong>de</strong>m zwei ten Port M ahon und die Stadt Gibraltar zum endgültigen Besitz überließ;<br />

<strong>de</strong>r König von England dagegen verspricht. Karl, <strong>de</strong>n Infanten von Spanien, in die Tos kani<br />

chen Provinzen einzulassen. Aber da diese Verträge ohne Wissen und gegen <strong>de</strong>n Willen<br />

<strong>de</strong>s K aisers abgeschlossen wor<strong>de</strong>n . ind, protestiert und wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r Unbesiegbarste<br />

K aiser <strong>de</strong>n Vereinbarungen, und so muss man neue Kriege befürchten.<br />

Der heißeste Sommer und dabei feh len<strong>de</strong>r Regen haben Gräser und Hafer nicht aufkommen<br />

lassen; das Getrei<strong>de</strong> jedoch hat gegen Erwartung <strong>de</strong>n Preis <strong>de</strong>s vergangenen Jahres<br />

nicht übersti egen; die Reben aber haben im Gegensatz dazu eine reiche Ernte ergeben: das<br />

Ohm früheren Weins kostet über 4 Gul<strong>de</strong>n, das Ohm <strong>de</strong>s neueren aber 2 Gul<strong>de</strong>n.<br />

1730<br />

In diesem Jahr hätte man die winterlichen M onate wegen ihrer Mil<strong>de</strong> eher frühling harte<br />

nennen können, da wir in diesem Zeitraum keinen Schnee haben herabfallen sehen bi s fa st<br />

zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Februars: dann erst halte die Härte <strong>de</strong>s Winters angefan gen, in<strong>de</strong>m häufigere<br />

und dichtere SchneefUlle einsetzten. beson<strong>de</strong>rs um die Mitte <strong>de</strong>s M ärz, al: am 23. M ärz<br />

dichteste Regenfälle 24 Stun<strong>de</strong>n lang herabprasselten und darauf, nach einigen beträchtlichen<br />

chnee fällen in <strong>de</strong>n Bergen. in <strong>de</strong>n Tälern überall und beson<strong>de</strong>rs in un erem<br />

Schramberger Tal die Gewässer sowei t anschwollen, dass sie zu ei nem fürchterl ich wüten<strong>de</strong>n<br />

Strom anwuchsen, <strong>de</strong>r mit seinem Ungestüm viele Stämme, allgemein " f1otzholz" l<br />

genannt , und alle Brücken mit sich ri ss. dazu noch das Haus von Ignaz Fischer bei <strong>de</strong>r Säge<br />

völlig. und das Haus <strong>de</strong>s hi esigen Färbers Jakob Schwartz zur H äl fte abriss und wegführte;<br />

und nach<strong>de</strong>m obendrein die Wiesen im Tal unrettbar zerstört waren, ' uchten sich die Gewässer<br />

einen an<strong>de</strong>ren Lauf, als <strong>de</strong>r vori ge durch Felsbrocken angefüllt war; j a sogar <strong>de</strong>r<br />

Chor <strong>de</strong>r Kirche geriet in Gefahr nach <strong>de</strong>m teilwei. en Zerfall <strong>de</strong>r Friedhof mauer. Die<br />

Bewohner <strong>de</strong>r Häuser nahe am Strom räumten diese, ließen sie zurück und Ilüchteten sich<br />

darauf zu sichereren Orten, j a sogar minen in die Berge im dichtesten Regen, bela<strong>de</strong>n mit<br />

ihren Bün<strong>de</strong>ln bei stürmi scher achl. Die Schrecken und Schä<strong>de</strong>n kann man nicht zur<br />

Genüge beschreiben und ist dazu nicht im Stan<strong>de</strong>. Die Schä<strong>de</strong>n. di e auch an<strong>de</strong>re T äler,<br />

Kinzigtal, Wutachtal , Elzachtalusw. durch diese Überschwemmungen erlitten, haben, wenn<br />

man <strong>de</strong>n Beri chten Glauben schenken darf, die unsri gen sogar weit übertroffen. Derarti ge<br />

Überschwemmungen waren in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren die Vorzeichen <strong>de</strong>r schwersten<br />

Kriege. Der Gott <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns möge auch diese wenigstens von uns abwen<strong>de</strong>n.<br />

I) fl OlZho lz = fl o ttes Ho lz (7) = FlößerSlälllllle e)


84<br />

A m 2 1. Februar ve rstarb auf hei I igmUßigste Weise <strong>de</strong>r Hochhei I ige Vater Benedikt XIII..<br />

<strong>de</strong>r Oberste Pontifex, nach<strong>de</strong>m cr im Pontificat 5 Jahre. 8 M onate und 22 Tage gesessen<br />

hatte. Im Leben zeichnete er sich durch große Heiligkeit und durch viele be<strong>de</strong>utsame erwiesene<br />

Wun<strong>de</strong>rtaten aus; Deshalb wird er ohne ZweiFel schon in geheiligtem Fri e<strong>de</strong>n<br />

ruhen.<br />

173 I<br />

Fürwahr. au ch du. mein guter Vorgünger.j eglichen Lobes Rühmung würdiger M ann. wirst<br />

ohne Zweifel in heiligstem Frie<strong>de</strong>n ruhen. Dir hat eier unerbittliche Tod <strong>de</strong>n Fa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ines<br />

Lebens und <strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Denk würdigkeiten mit <strong>de</strong>r Si chel abgeschnitten. am 25.<br />

M ärz 173 1. gera<strong>de</strong> am festlichen Tag von Ostern . um die Mittag stun<strong>de</strong>, wo ich al s Hofkap<br />

lan anwese nd war und dir die mprehlung <strong>de</strong>r Seele sprach. als du , über alle Gra<strong>de</strong><br />

unse res dörllichen Rott weiler Kapitels aufsteigend schließlich <strong>de</strong>n höchsten Grad seiner<br />

Wür<strong>de</strong>. nämlich das Dekanat. erreicht hatt est. im Alter von 66 Jahren. Der verehrungswürdige<br />

Mann hat dieser Schramberger PFarrei vorgestan<strong>de</strong>n unter verschie<strong>de</strong>nen Schicksa lsfü<br />

llen ulld Tumulten <strong>de</strong>, französisc hen Krieges und unter j ammervollen Überfällen durch<br />

Feuer und Wasser kaum glaubliche 3 1 Jahre und einige Monate. In <strong>de</strong>n Sitze n <strong>de</strong>r Himmli<br />

schen. so bitte ich. ge<strong>de</strong>nke meiner!<br />

Es setzt also fort die Denkwürdigkeiten schriftlich festzuhalten und <strong>de</strong>n achkommen<br />

zum Lesen zu überliefern, <strong>de</strong>s geachteten M annes. nämlich <strong>de</strong>s Johann Hüener. un würdiger<br />

achfo lger Johann Bapti st Ignaz Olwang.<br />

Dem aus <strong>de</strong>m Leben geschie<strong>de</strong>ncn Papst Bcnedikt XIII. folgte C1 emens XII. aus <strong>de</strong>r Erlauchtesten<br />

Familie Corsini, geborcn in Fl orenz 1652. nach einer langen, etwa 3 M onate<br />

andauern<strong>de</strong>n strittigen Verhandlung. wobei <strong>de</strong>r eine Teil <strong>de</strong>n Königen von Spanien und<br />

Frankreich. <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re. stärkere. j edoch un se rem Unbes iegbarsten Kaiser anhing und ihn<br />

begünsti gte. beruren durch einmütigen Beschluss und bstimmung <strong>de</strong>r purpurtragen<strong>de</strong>n<br />

Viiter und auf <strong>de</strong>n höchsten Sessc l eier streitbaren Kirche erhoben


85<br />

bald an<strong>de</strong>rs geklei<strong>de</strong>t. Der Au. gang die. es erstaun lichen Verfahrens wird in ganz Europa<br />

mit höchster Spannung erwartet.<br />

icht viel wen iger Verdruss auch bereitet unserem Heiligsten <strong>de</strong>r K önig von Sardinien.<br />

<strong>de</strong>r Herzog von Savoyen USW., weil er durch <strong>de</strong>n Vorgänger Benedikt mehrere Privilegien<br />

<strong>de</strong>r Römischen Kurie erhalten hat, und zwar höchst ver<strong>de</strong>rbliche, wie die Kurie protestiert,<br />

die <strong>de</strong>r neue Höchste Geweihte wi<strong>de</strong>rru fen und aberkannt haben will.<br />

Gleichfalls bereitet <strong>de</strong>m Papst nicht kleine Beschwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r frühzei ti ge und unerwartete<br />

Tod <strong>de</strong>s Herzogs von Parma und Pl acentia, in <strong>de</strong>ssen Städte und Gebiete <strong>de</strong>r Kaiser die<br />

schon vorzeiten aus Furcht vor einem Einfall <strong>de</strong>r Spanier in Italien stehen<strong>de</strong>n Truppen hat<br />

einmarsch ieren und alle Gebiete hat besetzen lassen, auf welche Fürstentümer doch <strong>de</strong>r<br />

Höchste Pontifex als Lehen, wie die Römische Kurie behauptet, Anspruch erhebt. während<br />

Kaiser und Reich sich wi<strong>de</strong>rsetzen.<br />

Bi her hatte <strong>de</strong>r Streit zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m Spanier, zwischen diesem und <strong>de</strong>m<br />

Englän<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r schon so viele Jahre andauert und höchst berüchtigt ist, noch keinen günstigen<br />

A usgang nehmen können. Aber jetzt. Gott sei L ob!, beginnt ei ne bessere M öglichkei t<br />

aufzutauchen, in<strong>de</strong>m zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m K ön ig <strong>de</strong>r Englän<strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsbündnis e<br />

eingegangen wor<strong>de</strong>n sind; dazu kommt, wie die letzten Nachrichten verkün<strong>de</strong>n, ei n Bündni<br />

zwischen Spaniern und Hollän<strong>de</strong>rn , und so wird <strong>de</strong>r wohlbekannte D on earlos, Infant<br />

von Spanien. friedlich mit 6 000 spanischen Soldaten in Italien, <strong>de</strong>m Zankapfel, einmarschieren,<br />

um die Provinzen Etruri ens. Parmas und Pl acentias in Besitz zu nehmen.<br />

Die Kirche von Schramberg ist zwar neu erbaut wor<strong>de</strong>n, aber die Sakristei stand alt da; sie<br />

ist in diesem Monat Juni gleichfalls in bessere Form gebracht und erhöht <strong>de</strong>r Kirche angeglichen<br />

wor<strong>de</strong>n. Die Wein- und Wassergefäße und das Heiligtum <strong>de</strong>r M esse, aus Silber<br />

gefertigt, aber elend zerbrochen, hat <strong>de</strong>r Hocherlauchte und wohlmeinen<strong>de</strong> Herr v. Bissingen.<br />

<strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Ortes. reparieren bzw. aus ihnen neue zusammenschmelzen las en;<br />

dazu hat er dann noch einen Kelch gesti ftet. so da s jetzt die Kirche schon drei silberne<br />

Kelche besitzt. zwei kunstvoll gefertigte und einen einfach um geschmolzenen.<br />

Der Winter war in diesem lahr hart, aber wir haben schon härtere erfahren; es se i <strong>de</strong>nn.<br />

dass in einer Nacht ein so dichter Schnee gefallen ist. <strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m vorhergehen<strong>de</strong>n<br />

und nachfolgen<strong>de</strong>n zu ei nem so lchen Hauren anwuchs, wie er seit Menschenge<strong>de</strong>nken<br />

noch nie gesehen wor<strong>de</strong>n ist. und zwar so hoc h. dass er überall über die Schu ltern ei nes<br />

Mannes großer Statur hinausreichte; alles ersc hien eben, keine Mauern und Zäune waren<br />

zu erblicken. Aber dieser Schnee richtete nicht viel Scha<strong>de</strong>n an, außer dass er <strong>de</strong>n Reisen<strong>de</strong>n<br />

Unbequemlichkeiten und Verspätungen einbrachte. Er fl oss allmäh lich ab, oh ne dass<br />

man es merkte. meist von <strong>de</strong>n feurigen Strahlen <strong>de</strong>r Sonne verflüssigt, bis in <strong>de</strong>n M ai<br />

hinei n hartnäckig sich haltend.<br />

Bemerkenswertes ereignete sich in diesem Sommer 173 1 nicht. es se i <strong>de</strong>nn, dass man slets<br />

einen neuen Krieg beabsichtigte, <strong>de</strong>r sich schließlich fas t in einen General fri e<strong>de</strong>n verwan<strong>de</strong>lte,<br />

da <strong>de</strong>r als Vermittler diese Frie<strong>de</strong>ns öfters erwähnte D on CU'los, Sohn <strong>de</strong>s besagten<br />

Phil ipps V. von Anjou, <strong>de</strong>s K önigs von Spanien, mit <strong>de</strong>n Seinigen nach Italien abzog. in<br />

<strong>de</strong>r Tat schon Infant und Herzog genannt.<br />

Die Einwohner <strong>de</strong>r Lnse l Korsika. <strong>de</strong>r genu esischen Republik unterworfen, aber schon seit<br />

zwei Jahren und länger <strong>de</strong>n legitimen Herren wi<strong>de</strong>rspensti g und Rebellen, wer<strong>de</strong>n sich<br />

endlich, wie die ach ri chten mitteilen. <strong>de</strong>n siegreichen Waffen un seres Kaisers Karl s V.<br />

unterwerfen.


86<br />

1732<br />

Der Winter wa r uns in diesem Jahr ziemlich gnädig; aber am 28. M ai sehi ckte er einen für<br />

un 'er Gebiet ziemlich schrecklichen Sturm mit Blitz und Hagelfällen, welche die Teile. die<br />

ie trafen. er taunlich verwüsteten: diesem unheil vollen Unwetter folgte eine solche M enge<br />

äußerst wüten<strong>de</strong>r Wasser. di e aus <strong>de</strong>n Bergen in unser Tal zusammen nossen, dass nicht<br />

so . ehr die Straßen. als vielmehr die fast weggeri ssenen Häuser, die überschwem mten<br />

Äcker. Wiesen und Gärten höchsten Scha<strong>de</strong>n da von ve rspürten: zu <strong>de</strong>ssen Beseitigung<br />

genügt nicht ein einziger M onat.<br />

Die Flotte, die vom spani. ehen König mit großem Aufwand ausgeba ut wor<strong>de</strong>n ist, hat<br />

einen nicht geringen Argwohn und Furcht in ganz Europa hervo rgerufen: zu wessen Ver<strong>de</strong>rben<br />

sie einmal auslaufen wird, wird die Zeit lehren.<br />

Sch ließlich klärte sich das M ysterium auf, als diese furchterregen<strong>de</strong> Flotte nach Afrika<br />

gegen die M auren, die Fein<strong>de</strong> <strong>de</strong>s christlichen amens au slief. In diesem Krieg besetzte<br />

<strong>de</strong>r Spanier die sehr bekannte Stadt Oran zusammen mit Maqualquivir gegen alle Erwartung<br />

gleich nach <strong>de</strong>n ersten A ngriffen. immerhin zwei Festungen, die, wie <strong>de</strong>n Christen<br />

sehr willkom men, so für die Fein<strong>de</strong> sehr ver<strong>de</strong>rblich sind.<br />

In diesem Jahr starben: I. Fran z Ludwig, Kurfürst von M ainz aus <strong>de</strong>m Geschlecht <strong>de</strong>r<br />

PHilzischen Fürsten; sein achfolger war Philipp Karl Freiherr v. Elz. 2. A loysius Noceni ga:<br />

sein ac hfolger als Doge von Vened ig war Ca r! o Ru zz ini . 3. Viktor Ama<strong>de</strong>us, Herzog von<br />

Savoyen und König von Sardinien: ihm folgte nach sein Sohn, Kar! Emanuel Viktor.<br />

An<strong>de</strong>rerseits ist in diesem Jahr nichts Erwä hnenswerte geschehen, außer das die Könige<br />

und Fürsten höch t beschäft igt sind. mit welchen festesten Bündnissen sie ich einer gegen<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren wappnen wollen.<br />

1 733<br />

Di eses .J ahr ließ uns nicht viel Gutes ahnen; <strong>de</strong>r Anfang brachte ntimlich verschie<strong>de</strong>ne<br />

Krankhei ten für Europa: allein <strong>de</strong>r Januar entriss un s zehn Schramberger. Der Winter war<br />

bisher gnädiger als im VOIj ahr: Januar und Februar ähnelten wegen ihrer Annehmlichkeiten<br />

fast frühlingshaften M onaten.<br />

Es sta rb Friedrich August. König von Polen und KurrLirst von Sachsen . Er hatte eine turbulen<br />

te Königsherrschafl, <strong>de</strong>nn im Jahr 1697 zum Köni g von Polen erwä hlt, sah er ich wegen<br />

<strong>de</strong>s Einfalls in Sach en im Jahr 1706 vom chwe<strong>de</strong>n schließlich gezwun gen, die Krone<br />

abzugeben: an seiner Stelle ließ Kar!. <strong>de</strong>r König von Schwe<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n polnischen Fürsten<br />

Leszinski nachrücken. Aber als <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong>nkön ig im Jahr 1709 durch Peter, Zar genannt.<br />

<strong>de</strong>n ru ssischen Kaiser. besiegt wur<strong>de</strong> unter Mithilfe gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kurfürsten, durch<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Schwe<strong>de</strong> gezwungen wor<strong>de</strong>n war, in die Türkei zu !lüchten, wo er lange in <strong>de</strong>r<br />

Stadt Ben<strong>de</strong>r sich aulhiell. da best ieg Friedrich August von neuem <strong>de</strong>n Thron : unter verschie<strong>de</strong>nen<br />

Streitigkeiten, wie sie <strong>de</strong>n Polen eigen sind, hat er bi s jetzt regiert , während <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>re Kön ig Stan islaus weg!loh und die Partei <strong>de</strong>s Franzosen anflehte und ihn um Hilfe<br />

bat; mit Unterstüt zung durch die Millel <strong>de</strong>s Köni gs lebt er bis jetzt tatsächlich don. weil<br />

<strong>de</strong>r König <strong>de</strong>r Franzosen seine Tochter geheiratet hat.<br />

Endlich ist <strong>de</strong>r berüchti gte K ardinal v. Coscia. über <strong>de</strong>n wi r 173 1 geschrieben haben, wegen<br />

Verbrechen. wie man sagt, unter <strong>de</strong>m vori gen Regime und wege n Untreue als Sekretär<br />

<strong>de</strong>s Papstes zu 10-jähriger Ein kerkcrung in <strong>de</strong>r Engelsburg. im Volksmund Castel di Sr.<br />

Angelo genannt, verurteilt wor<strong>de</strong>n: we lches En<strong>de</strong> sein übles chicksal nimmt, erwartet<br />

man aurs gespa nnteste.


87<br />

Die Wahl <strong>de</strong>s neuen polnischen K önigs versetzt sicher ganz Europa in Unruhe, sodass<br />

nicht ohne Grund ein gefährlicher Krieg befürchtet wi rd .<br />

Und siehe! Der Krieg zwischen <strong>de</strong>m Kaiser und <strong>de</strong>m Franzosen ist ausgebrochen. Die<br />

Ursache war fo lgen<strong>de</strong>: Stanislaus, <strong>de</strong>n ich oben erwähnt habe, ist zum zweiten Mal von<br />

sei nen Anhängern zum König von Polen erwählt wor<strong>de</strong>n und hat das Königreich unter<br />

Billigung <strong>de</strong>s französischen K önigs betreten. wur<strong>de</strong> aber kurz darau f wegen <strong>de</strong>r Gefahr<br />

durch <strong>de</strong>n drohen<strong>de</strong>n Ru ssen wie<strong>de</strong>r zum zweiten Mal zur Flucht gezwungen: an seiner<br />

Stelle wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Iithuani sc hen Gegenpartei zum Köni g gewählt <strong>de</strong>r Kurfürst von Sachsen,<br />

Sohn <strong>de</strong>s verstorbenen Königs von Polen. Folglich erklärte <strong>de</strong>r Franzose im Zorn<br />

gegen <strong>de</strong>n Kaiser wegen <strong>de</strong>ssen Partei. wie er sagt. <strong>de</strong>n Krieg. überschritt im M onat Oktober<br />

<strong>de</strong>n Rhein, belagerte die Festung K ehl und eroberte sie schließlich am 30. Oktober<br />

unter <strong>de</strong>m Anführer und Oberbefehlshaber Herzog <strong>de</strong> Berwick, M arschall von Frankreich.<br />

Die Festung Kehl wur<strong>de</strong> ei nige Wochen lang nicht allzu tapfer von <strong>de</strong>m Erhabensten General<br />

v. Pfüel verteidigt. Was nach Ablauf <strong>de</strong>s Winters sowohl <strong>de</strong>r Franzose als auch <strong>de</strong>r<br />

Kai ser beabsichtigen. wissen wir noch nicht. Vermutlich kommen zahlreiche österreichische<br />

Soldaten in unsere Gegend, um <strong>de</strong>m Franzo. en sei ne Grenzen zu zeigen.<br />

1734<br />

In diesem Jahr ist in Schramberg eine Mission abgehal ten wor<strong>de</strong>n durch drei Verehrung -<br />

würdige Missionspatres Joseph Perger. Ludwig Ligeritz und Simon Grässl von <strong>de</strong>n Jesuiten.<br />

Sie begann am 2. Juni und dauerte acht Tage lang. A m Missionskreuz sozu sagen vor<br />

<strong>de</strong>m Ölzweig ist außer <strong>de</strong>n Reliquien eine namentlich <strong>de</strong>m Heiligen Innoze nz geweihte<br />

Kerze zu erblicken.<br />

Der Krieg in Italien wird auch in unserem Gebiet tapfer von bei <strong>de</strong>n Seiten geführt. Die<br />

L ombar<strong>de</strong>i. von <strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten - Franzose n, Span ier, Savoyer - <strong>de</strong>m Kai ser entrisse n. ist<br />

<strong>de</strong>m Savoyer zugefallen. Fast das ganze Königreich Neapel, ebenfalls <strong>de</strong>m Kaiser entrissen.<br />

hat Don earl os, Sohn <strong>de</strong>s K önigs von Spanien durch seine zweite Gemahlin, Tochter<br />

<strong>de</strong>s H erzogs von Parm a, erhalten; die Franzosen sind bis jetzt zum Rhein vorgedrungen<br />

und haben Philippsb urg durch Belagerung eingeschlossen. wo sich General v. Wutgenau<br />

ausgezeichnet verteidigt.<br />

.B. Da Philippsburg erobert ist, dient es bi s j etzt <strong>de</strong>m Franzosen. Husaren mit Sichelschwertern<br />

haben in diesem Jahr <strong>de</strong>n Franzosen gewaltigen Scha<strong>de</strong>n zugefügt. Die Franzosen<br />

fürchten diese Sichelschwerter. erstaunlich wie sehr, und haben in diesem Jahr kein<br />

Gefecht am Rhei n gelierert. Aber die Franzosen haben allein bei <strong>de</strong>r Eroberung von Philippsburg<br />

mehr al 12000 Soldaten verl oren.<br />

[n ltalien haben die Deutschen unter <strong>de</strong>m Führer, Graf v. K ön igseck, die Verbün<strong>de</strong>ten<br />

besiegt. in die Flucht geschlagen. ihre L ager erobert und eine Beute. auf 80 000 Gul<strong>de</strong>n<br />

geschätzt, gemel<strong>de</strong>t.<br />

A uch in diesem Jahr sind zu uns gekommen die Hoc h-Ehrwürdigen Patres Missionare.<br />

nämlich Joseph Perger usw., wie ich oben sc hon geschrieben habe.<br />

Nachtrag<br />

.B. [m Jahr 1733 war in unserem Ehrwürdigen Rottwe iler Kapitel im Herbst zur Generalvisitation<br />

<strong>de</strong>rselbe, wie oben erwähnt. nämlich <strong>de</strong>r Verehrungswürdigste, Erl auchteste und<br />

Höchstgeehrte H err Herr Franz Johann Anton, Bischof von Utina, General -Suffragan-Vi ­<br />

kar zu Konstanz zusammen mit <strong>de</strong>n Ehrwürdigsten und Angesehensten Herren l ohallll


88<br />

Franz v. Schorno. Or<strong>de</strong>ntl icher Genera 1-Vi si tator. und J ohan n Joseph Zell i ng. Kon vis i tator;<br />

von ihnen waren alle wir Pfarrer dieses Kapitels nach Roltweil ins Pfan'hau s zusammenberufen<br />

wor<strong>de</strong>n. wo die Generalvisitation für die einzelnen eingerichtet war und abgehalten<br />

wu r<strong>de</strong>. Der Prüfung habe ich mi ch zusammen mit meinem Vikar einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />

unterzogen unter <strong>de</strong>m Konvisitator. <strong>de</strong>m Höchst Ausgezeichneten Herrn Zelling; sie verlief<br />

ganz nach Wun sch. Der Hochehrwürdige Herr, Herr uffragan aber war in die Dörfer<br />

und Städte gereist und wei hte entwe<strong>de</strong>r Kirchen o<strong>de</strong>r A ltäre und heiligte sie. o<strong>de</strong>r wappnete<br />

die Knaben und M [idchen durch das Sakrament <strong>de</strong>r Heiligen Firmung.<br />

Und iehe! M erke es gut. mein bester Nachfolger! Während <strong>de</strong>r von mi r aufs angelegentlichste<br />

erbetene vorgenannte Herr. Herr Suffragan (Titel beiseite). schon die Reise zu un s<br />

erwog. um zugleich meine vor einigen Jahren neu errich tete Pfarrkirche zu wei hen und<br />

verbun<strong>de</strong>n damit <strong>de</strong>r schon genügend erwachsenen Jugend das ak rament <strong>de</strong>r Firmung zu<br />

spen<strong>de</strong>n. da schreckte eine plötzliche Furcht, um nicht zu sagen Panik, vor <strong>de</strong>m damals überlegenen<br />

Feind. <strong>de</strong>r zur selben Zeit die genannte Festung Kehl erobert hatte. und die alle<br />

ac hbarn ergriffen halle. sowohl j enen als auch uns von <strong>de</strong>m Versuch ab: <strong>de</strong>r Herr. Herr<br />

Suffragan reiste un verrichteter Sache weiter nach Konstan z, sodass bis zur künftigen General<br />

-Visitation die Knaben zur Erl:.lI1 gung <strong>de</strong>r Firmung das zwanzigste Jahr und mehr<br />

erreicht haben dürften: und wicviele wer<strong>de</strong>n bi s dahin durch ein vorzeitiges Schicksal - 0<br />

Schmerz! - abberufen wor<strong>de</strong>n sein! Das bedauere ich wahrlich von Herzen. Aber meinet­<br />

\ egen ist dies nicht geschehen. Denn ich se lbst bin zu <strong>de</strong>m genannten H rrn. Herrn<br />

ulTragan. <strong>de</strong>r sich damals in Hanhausen aufllielt. gereist und habe ihm darge legt. wie<br />

gefährlich die Sache in Wahrheit sei. und dass wir vor einem Einfall <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s (vom<br />

Volk "Rinerpanei "I genannt). nicht so sehr sicher lebten. Dadurch bewogen. sah er von <strong>de</strong>r<br />

Reise zu un s ab.<br />

Und siehe da' Wir freuen un s. dass wir schließlich unsere Wünsche erfüllt gesehen haben.<br />

Denn un vermutet ist <strong>de</strong>rselbe Ehrwürdigste Herr. Herr ulTragan am 7. Oktober 1738 nach<br />

Schramberg gekommen. wo er an vier Tagen nacheinan<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n aus un erer Dynasti e und<br />

an<strong>de</strong>ren umliege n<strong>de</strong>n Orten zusammenströmen<strong>de</strong>n M enschen, die noch nicht gefirmt waren<br />

. seiner Wür<strong>de</strong> gemäß das Hcilige Sakramcnt <strong>de</strong>r Firmung spen<strong>de</strong>te. Am 8. Oktober<br />

we ihte er meine PFarrkirche mit <strong>de</strong>m Hauptalt ar; die bei<strong>de</strong>n Seitenaltäre zu weihen war<br />

nicht nötig. da sie ganz un versehrt und erh alten waren. Am 9. Oktober erhielt die Kirche<br />

von Lauterbach. die vor einem Jahr von Grund auf neu errichtet wor<strong>de</strong>n war. dieselbe<br />

Gna<strong>de</strong>. Am 11 . Oktober schließlich wu r<strong>de</strong> auch die vor einigen Jahren neu errichtete<br />

Kirche - .B. die künftige Pfarrkirche - in Aichhal<strong>de</strong>n 6eweihl. Bei allen drei Kirchen war<br />

ich immer dabei. GOll sci Dank!<br />

I )<br />

Partei dcr Rheiniclite ('I)<br />

Abfolge <strong>de</strong>r SchrambergeI' Pfarrer seit Menschenge<strong>de</strong>nken<br />

I . Der HochwÜrdi ge HerrGe<strong>de</strong>on Wa !!( n'?)c r. PFarrer in Sc hralllberg. BegrÜn<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Seba' ti a n ~-<br />

Brlld e r~chan 1570.<br />

') Der HoehwÜrd igc Herr Seba,ti an Thulll. gC~1. 1 581.<br />

3. Gcorg Berin!!ld:<br />

4. ChrislOph Hermall. gcs1.161 8.<br />

5. ichael Thollli. 1625.<br />

6. H an~ Koch 1629. ge,l. 1638.<br />

7. Johann Neidingld:. Kaplan in Hei ligcnbronn. Pfarrer in Schramberg.<br />

8. A nas tasills Gebell (GÖb l). Ging 1646 in die Schweiz: schl ießlich verstorben in Ravensbllrg.


89<br />

9. Leonhard M ess lang. gesl. 1648.<br />

10. Gabriel Schweikarl. Dekan. war 27 Jahre lang Pfarrer. gesl. in Rottweil<br />

11. Hieron ymu s Sichler. Königlicher Kanoniker. Von Geburt Rottweiler. Nach <strong>de</strong>m Tod seines<br />

Vorgängers 1675 von Sulgen nach Schramberg versetzl. Im 50. Jahr seines Priestertums.<br />

nämlich 1698 . feierte er in Villingen das jubiläummit einer zweiten Primiz: im folgen<strong>de</strong>n Jahr<br />

1699 begab er :ich nach Villingen ins Kloster St.Georgen, hochbetagl.mit gebrochener Kraft:<br />

dort verstarb er fromm am 2 1. März 170 I. Er war Deputierter <strong>de</strong>s Kapitels und 24 Jahre lang<br />

hierorLs Pfarrer; ein M ann. verehrungswürdig nach Gestalt und Sillen. berühmt ob seiner<br />

Kenntnisse. gefeiert in Musik. ein hcrvorragen<strong>de</strong>r Prediger.<br />

12. Johanne Hüener. Villinger von Geburt: nach <strong>de</strong>m Rücktrill seines Vorgängers aus <strong>de</strong>r Fronleichnams-<br />

Kaplane i in Villingen zur Pfarrei Schramberg berufen am 9.Juli 1699. Er leitete<br />

diese PfalTei 3 1 Jahre und einige M onate. ach<strong>de</strong>m er in unserem K apitel die höchste Ehrung.<br />

d a~ Dekanat meine ich, erlangt halle. starb er äußerst fromm in meiner Gegenwart am25.M ärz<br />

173 1 im Alter von 66 Jahren. Ein M ann. v,ohl würdig allen L obes, hochberühmt wegen seiner<br />

Gelehrsamkeit und seiner Frömmigkeil.<br />

13. Johann Baptist Ignaz Olwang. Aus Waltaschach in <strong>de</strong>r Diözese Würzburg. N ach verschie<strong>de</strong>nen<br />

gut en und schlechten Schicksalen war ich damals, als mein Vorgänger aus <strong>de</strong>m Leben<br />

schied, Hauskapl an beim Hochberühmten Edlen Herrn , Herrn Ferdinand Joseph Freiherr von<br />

Bissingen. meinem gnädi gen Herrn. Vorher Beichtiger in Triberg, wo ich auf Geheiß un seres<br />

Erhabensten in Konstanz vorläufig täti g war. Von diesem Erhabensten hatte ieh <strong>de</strong>n sogenanlllen<br />

Freitiseh empfangen. weil ich seinen elfen Franz Wilhelm Freiheml von Stauff'enberg<br />

vier Jahre lang die Freien Künste nach Kräften gelehrt halle. aeh <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r gesamten<br />

Philosophi e wur<strong>de</strong> ich zum M agister und Kandidat bei<strong>de</strong>r Rechte ZlI Würzburg ern annt.<br />

Darauf begab ich mich nac h M eersburg. von M eersburg nach Linz, <strong>de</strong>r Hauptstadt von<br />

Oberösterreich. aufGeheiss <strong>de</strong>s Erhabensten mit <strong>de</strong>m Herrn Baron, wo wir 8 Jahre lang beim<br />

Hochberümten Herrn Grafen von Starhemberg verweilten usw.<br />

14. Johannlgnaz Bürkner. Vom Jahr28. Mai 1745 bis 1770. Von da an verwaltete bis 25.Juni 1773<br />

Sebastian Schnizer die PFarrei. Auf ihn folgte im selben Jahr 1773 Johann Heinrich Kopf.<br />

Deputierter <strong>de</strong>s Kapitels und schließlich Kämmerer. bis zum 28. April 1802. Er wur<strong>de</strong> nach<br />

Dott ernhau sen versetzt und überließ die Pfarrei Fran z Joseph Werdich, Deputiertem <strong>de</strong>s<br />

Kapitels, <strong>de</strong>r von M ari aze ll hierh er gnädig ersetzt wur<strong>de</strong> am 25.M ai 1802.<br />

Tabelle <strong>de</strong>r im Text erwähnten Geldsorten, Hohlmaße und Gewichte.<br />

1) Geldsorten: (<strong>de</strong>r Münzwert ~c h wa nkt im Lauf <strong>de</strong>r Zeiten)<br />

Gul<strong>de</strong>n: ursprünglich ital. Goldmünze, naeh Florenz "Florenus" genannt (Abkürzung fl).<br />

Durch die Reichsmünzordnung von 1525 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r silberne Reichsgul<strong>de</strong>n 11 60 Kreuzer<br />

gesc ha ffen.<br />

Kreuzer: altes österreichisches Gepräge mit Kreuzzeichen. Er hai versc hie<strong>de</strong>ne W ährung<br />

(z. B. I rheinischer Gul<strong>de</strong>n = 60 Kreuzer).<br />

Bat zen: = 4 Kreuze r.<br />

Heller: ursprünglich Pl'ennig <strong>de</strong>r Reichsmünze Hall. 1653: I Pfund Heller = I Gul<strong>de</strong>n.<br />

2) Hohlmaße: Die Kornmaße waren örtlich etwas erschie<strong>de</strong>n. M an unterschei<strong>de</strong>t Rauhfrucht<br />

(Spelten): Hafer. Vesen (Dinkel ). Gerste: und Glallfru eht : Kernen. Roggen, Wei zen.<br />

M odium/ M alter: Rott weiler M ess ( 1557): I M alter = 8 Viertel = ca. 160 Liter.<br />

Simri : in Reutlingen = ca.22 Liter. in ROllweil = ca.22. 15 Liter<br />

Ohm: in Rott we il 1537 : I Ohm = 24 M aß = 38.6-+ Liter: I M aß = 1.6 1 Liter<br />

Sester (von Sex tarius): D e Ul sc h e~ und Schweizer Hohlmaß = ca. 15 Liter.<br />

3) Gewichte:<br />

Lot: I Lot = 233 Gramm.<br />

Mark: I M ark = 16 Lot = ca. 3.7 kg.<br />

4) Gelrcidcartcl1: Spelt(en): Die Körner bl eiben (beim Dreschen) von ihren Hüllen um chlossen.<br />

(Aber auch: Dinkel).<br />

Obige Angaben verdanke ich <strong>de</strong>r frdl. Mitteilung <strong>de</strong>s Stadtarchivars von ROllweil. Herrn Dr.<br />

W. Hecht.


90<br />

ber PfalTer Schweikart fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n<br />

"Rottweiler Heimatblättern" 1951 Nr.5, S.3 fol gen<strong>de</strong>r Bericht<br />

Erinnerung an eine Illutige Tat<br />

Wir cntnehmcn di ese \Vahrc Histori e cinem hcute kaum mehr auLwtrcibcndcn Blatte. nämlich dcm<br />

"Armcnfreund ". eincr Zeitschrift. dic von 18 15 bi s 1822 erschiencn ist. Und wir bringen die Erzählung<br />

auch so. w ie sie damals. 18 19. gegcbcn w ird. unter Weglassung all cs Unnötigen.<br />

"Schönes Bcispicl von Toleranz. - Gabriel Schwcigbrt. von 1629 bis 1643 Pfarrherr in Hohenmcssingen.<br />

einc Stun<strong>de</strong> on <strong>de</strong>r Stadt OberndorL wur<strong>de</strong> nac hher Pfarrherr in Schramberg. war von 1658<br />

an Dekan <strong>de</strong>~ Landkapitcls ROllwcil. re,ignicrt c dcn Sten M ai 1673. und , tarb <strong>de</strong>n 11 . Juni 1675 zu<br />

ROllwcil.<br />

Die,


91<br />

Schriften <strong>de</strong>s Verein, für Ge,chichte<br />

und atllrgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

Donaue"chingcn<br />

31. März. 2000<br />

Bo<strong>de</strong>nnutzung im Mittleren Schwarzwald und <strong>de</strong>ren<br />

Verän<strong>de</strong>rung von 1780 bis heute<br />

von Dori s Hug<br />

Einleitung<br />

Di e Kulturlandscha rt ist <strong>de</strong>r Spiegel <strong>de</strong>r Ge,cllschaft. Sie vcrän<strong>de</strong>rt sich entsprechend <strong>de</strong>m Wertewan<strong>de</strong>l<br />

in <strong>de</strong>r Gesell schaft. Dic Verän<strong>de</strong>rung durch die Sicdlungstäti gke iten und <strong>de</strong>n Ausbau <strong>de</strong>r<br />

Verkehrs infrastruktur ist fast überall in Deutschland sichtbar. Auch im Schwarzwald führt dies zu<br />

Lebensraumverlusten für Fauna. Flora und Mensch. zu nachteiligen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Landschaft s­<br />

bil<strong>de</strong>s. wenn ni cht sogar zum I<strong>de</strong>ntitätsverlust <strong>de</strong>r Landscha ft. Hinzu kommt in di esem reizvollen<br />

und dcshalb äußerst empfindlichen Raum die seit <strong>de</strong>m Endc <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts nachwe isbare<br />

Wa ld zunahme infolge <strong>de</strong>r tei lwe isen o<strong>de</strong>r völli gen Aufgabe <strong>de</strong>r landwirtschaftli chen NutZLIngen.<br />

Dieses "Zuwach. en" <strong>de</strong>r Land,chaft führt lang fri sti g unter an<strong>de</strong>rem zu ciner Vere inheitlichung <strong>de</strong>s<br />

Landschaftsbi I<strong>de</strong>s und zum Verlust <strong>de</strong>s für die Erlebbarkeit <strong>de</strong>r Landschaft sehr wichtigen Wechsels<br />

zwischen Offen land und Wald.<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r Gegebenhe iten von Klima und Bo<strong>de</strong>n ist die Landwirtscha ft <strong>de</strong>s Millieren Schwarzwal<strong>de</strong>s<br />

gegenüber ihrer Konkurrenz. auch aus <strong>de</strong>r EG. benachteiligt. Sie wird bei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit betriebenen<br />

Agrarpolitik wohl auch in Zukunft auf Subventionen angewiesen sein . Obwohl die Dienst le i­<br />

sllIng 'Land,chart"pflege' auch in <strong>de</strong>r Landwirtsc haft immer mehr in <strong>de</strong>n Vo r<strong>de</strong>rgrund rückt. wird<br />

ihre Bezahlung. wcnn 'ie ni cht an <strong>de</strong>n Verkauf e ines konkreten Produkts geko ppelt ist o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />

gesamten Gesellschaft finanziell unterstützt wird. langfri sti g zum Problem. Die seit <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r<br />

ersten Uhrmacher entstan<strong>de</strong>ne klein- und mitlelständische Indu trie. ist e in ni cht unbe<strong>de</strong> uten<strong>de</strong>r<br />

Faktor bei <strong>de</strong>r Ernährung und <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r Be ö lkerung für die Regio n. Trotz<strong>de</strong>m wi rd das obere<br />

Bregwl aufg rund von Lage. Verkehrsinfra. truktur und Re lief ni e Standort für größere industrie lle<br />

Ansiedlun gen ,ein können. Was bleibt. ist das dritte Standbein <strong>de</strong>r Gegend: <strong>de</strong>r To urismus. Darum<br />

muss versucht werd en. die Landschaft für ihre Besucher so anziehend und abwechs lungsreich zu<br />

erhalte n. dass <strong>de</strong>r Mitllere Schwarzwald auch in Zukunft ein interessantes Urlaubsziel für alle Altersklassen<br />

b leibt. Auch für die Einheimischen erscheint die Orfenhallung <strong>de</strong>r Landschaft. z. B. aus<br />

Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r aherholung, e rstrebenswert.<br />

In <strong>de</strong>r fo lgen<strong>de</strong>n Arbeit, die als Te il einer Diplom:trbeit an <strong>de</strong>r Fachhochschule ürtingen im Fachbere<br />

ich Lan<strong>de</strong>spllege entstan<strong>de</strong>n ist, soll versucht wer<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>n Ve rlauf dieser Verän<strong>de</strong>rungen seit<br />

1773 bis heut e darzuste llen. Der Verd eutlichung dienen Grafike n, Karten und Fotografie n. Der<br />

Schwerpunkt liegt auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nnutzungen: Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Siedlungen und Gewässer bli eben<br />

unb erück~ic hti g t .<br />

1.1. Waldwirtschaft<br />

Die ersten Hinweise auf eine dauerhafte Besiedlung Furtwangens gehen auf das 9. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

zurück. die heuti gen Ortsteile L inach. Neukireh. Rohrbach und Schönenbach wer<strong>de</strong>n<br />

nur unbe<strong>de</strong>utend jünger angenommen [32]. Obwohl die utzu ng <strong>de</strong> Wal<strong>de</strong> auch<br />

schon vorher bestan<strong>de</strong>n haben dürfte, war die Intensität, mit <strong>de</strong>r ab diesem Zeitpunkt die<br />

großen Waldgebiete genutzt wu r<strong>de</strong>n, eine ganz an<strong>de</strong>re. Die ersten größeren Rod ungen<br />

wur<strong>de</strong>n auf Initiative <strong>de</strong>r Klöster SI. Georgen (für <strong>de</strong>n Bere ich Furtwangen, Rohrbach und


92<br />

chönenbach [19, 30. 32.]) und SI. Pctcr (für <strong>de</strong>n Bereich Neukirch 163 J) durchgeFührt.<br />

Als Folge <strong>de</strong>r Überbevölkerung <strong>de</strong>r bcrcits besie<strong>de</strong>ltcn Gebiete stand die Erschließung<br />

von neuem Lebensraum für Mensch und utzti er im Vor<strong>de</strong>rgrund [111.<br />

Für allc Bodcnnutzungen. nicht nur für dic Waldwirtschaft, war die Größe <strong>de</strong>r neu geschaffenen<br />

einze lnen Hofbesitzungen ausschlaggebcnd. Si e waren. sei es nun als Lehensgut<br />

o<strong>de</strong>r. bei <strong>de</strong>n später gegrün<strong>de</strong>ten Gcmcindcn, von Beginn an als unabhängiges Hofgut, im<br />

Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Regionen M illcleuropas sehr groß. Dic errichtetcn Höfe lagen isoliert.<br />

die nächstcn größeren Sied lungcn und Absatzmärkte warcn nur durch lange, anstrengcn<strong>de</strong><br />

Tagcsmärsche o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n ent sprechen<strong>de</strong>n Fuhrwerkcn zu erreichen l321. Die<br />

ersten icdler waren unmittelbar auf ihrc crarbeitetcn Erträge von Feld und Wald für sich.<br />

ihre Familicn und nicht zuletzt für die jährliche Abgabe <strong>de</strong>s sog. Zehnten an ihre weltlichen<br />

und gcistlichen Besitzer angewicscn. Diesc Situation blieb lange Zeit, auch nach<br />

Vcrbesscrung von Wegen, Fuhrwerkcn. M ärkten und <strong>de</strong>r Entstehung eigenständiger neuer<br />

Gcmcindcn. in ähnlicher Weisc erh altcn 132. 54J.<br />

AnfUnglich war die Trennung zwischcn Wald und Wci<strong>de</strong> nicht üblich; neben <strong>de</strong>m neu<br />

gcschaffcnen OfTcnland wa r vor allem auch dcr Wald Wei<strong>de</strong>platz für die Ticre. Des weiteren<br />

gab cs eine ze itlich begrenzte ackcrbau lichc Nutzung auf Waldflächen. die sog. Reutbergnutzun<br />

g (vgl. Kap. 1. 3.) [5 2j.<br />

Die Verwendung <strong>de</strong>s Holzes bestand in <strong>de</strong>r BrennholZllutzung, sie wur<strong>de</strong> im Gebiet <strong>de</strong>r<br />

gesch losscncn Hofgüter. die durch große zusammenhängen<strong>de</strong> Waldungen gekennzeichnet<br />

sind. durch überwiegen<strong>de</strong> Verwendung dcs Rei sigs (sog. "Ri eswelle") und <strong>de</strong> stholzes<br />

bcfriedigt [ 11. Dies ist auch hcute noch oft <strong>de</strong>r Fall. Inzwischen ist <strong>de</strong>r Verkauf von<br />

Brcnnholz an Pri vatleute für M anchen. <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r M otorsiige umzugehen weiß, zum<br />

lukrati vcn ebcnverdienst gewor<strong>de</strong>n.<br />

Neben Brennholz ist auch <strong>de</strong>r Ertrag an Bauhol z aus <strong>de</strong>m Wald , früher wie heut e, nicht<br />

unbeträchtlich. Infolge nicht se iLen vorkommen<strong>de</strong>r Unglücksfälle, wie z.B. Brand und<br />

Blitzsc hlag, war es früher wichtig. cinen gcnügend großen Waldbesitz für einen un verhollten<br />

Neuaufbau <strong>de</strong>s Hofes zu haben 151 J. HeUle ist dcr Bedarf an Bauholz durch das<br />

A ufkommen neucr Bau stoffe. vor allem Bcton, etwas in <strong>de</strong>n Hintergrund getreten . Trotzdcm<br />

steht in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg dcr Ei nschlag von Stamm- und Stangenholz mit fast<br />

70% noch immer an er ter Stellc, vor <strong>de</strong>r Industricholznutzung mit 26 % 157].<br />

Langc Zeit war Holz <strong>de</strong>r wichtigste Rohstoff für vielziihlige Geräte und Waren; da Holzhandwcrk<br />

(auch Schneflerei genannt ) z. B. Wagncr, Löfner. Spindler. Drechsler, SchindleI',<br />

Schreiner ete. halle eine frühe Tradition im Schwarzwald [40J . Der vermehrte Energiebedarf<br />

<strong>de</strong>r erstcn frühindustriellen utzungcn, wic z.B. die, durch dic Klöster ge för<strong>de</strong>rte,<br />

Ent stehung dcr Glashütten (Beginn GlashÜlle eukirch 1630, auf Initiative <strong>de</strong>. Klosters<br />

I. Petcr), aber auch Bergwerk e, Sa linen, Köhlereien. Schmie<strong>de</strong>n und Eisenhütten for<strong>de</strong>rten<br />

ihren Tribul. En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhundcrts kamen durch die anwachsen<strong>de</strong> Uhrenindustrie<br />

Gicßereien zur Fertigung von hrenbestandteilen hinzu 154J. Der Wald wur<strong>de</strong> in großem<br />

Stil regelrecht ausgebeutel. Um Geld L.U sparen, verzichteten die Lan<strong>de</strong>sherren auf die<br />

künstliche Verjüngung. entsprechcnd hallC in <strong>de</strong>r alllrvel:jüngung vor allem die Fichte<br />

auf <strong>de</strong>m ausgebeuteten Bo<strong>de</strong>n gute Chancen 154 1.<br />

Von einer geregelten Bewirtschaflllng <strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r kann erst ab dcr Holznot En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt. gesprochen we rdcn 1271. Um die Holzp roduktion auch in Zukunft und auf<br />

Daucr zu sichern, war die gezicllc För<strong>de</strong>rung dcr Vel:jiingun g zur Errcichung eines funkti<br />

onsfähigen WaldzustLlnds notwendig 144 1. Vor allem nach 1850. mit Beginn <strong>de</strong>r Stallfiit-


93<br />

terung. die im Gebi et j edoch nur eine untergeordnete Rolle spielte, wur<strong>de</strong>n im MitlIeren<br />

Sch warzwald die forstwirtschaftlieh genutzten Fl ächen durch staatliche Zusc hü sse für<br />

Aufforstungen (SI EDLE spricht sogar von Aufforstungszwang [54]) und konkrete WaldwirtscharLsri<br />

chtiinien ge för<strong>de</strong>rt [49]. Trotz<strong>de</strong>m verschlechterte sich vielerorts durch die<br />

H erau nahme <strong>de</strong>r Streu aus <strong>de</strong>n sied lungsnahen Waldgebi eten, für die Verwendung im<br />

Sta ll, <strong>de</strong>r ·og. Streunutzung. <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und vor allem <strong>de</strong>s Waldbo<strong>de</strong>ns durch<br />

<strong>de</strong>n tändi gen ährstoffentzug auch we iterhin [54].<br />

Mit <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r Verkehr wege im Raum Furtwangen und vor allem mit <strong>de</strong>r Eröffnung<br />

<strong>de</strong>r Schwarzwaldbahn 1873 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Holzab atz außerhalb <strong>de</strong>r Gemarkung wesentlich<br />

vergrößert. Waren zuerst nur das Langholz ("Hollän<strong>de</strong>r"). Hopfenstangen. und<br />

"Rebstecken" ge fragt, so kamen mit <strong>de</strong>r Entwicklung und Ausweitung <strong>de</strong>r Papi erindustrie<br />

(vor allem Neustadt) hauptsächlich das Jungholz und mit <strong>de</strong>m Ausbau <strong>de</strong>r Elektrizitätsversorgung<br />

1893 (Tri berg) 40 - 60 j ährige Fichten als M aSlholz auf <strong>de</strong>n M arkt. Durch die<br />

ab ca. 1880 ständig steigen<strong>de</strong>n Holzpreise war <strong>de</strong>r Wald oftmals letzter Reiter <strong>de</strong>s Hofguls.<br />

ab 19 14 war jedoch auch dieser M arkt mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r von Stagnation geprägt.[541<br />

Verstärkte for twil1schaflliche und wa ldbauliehe M aßnahmen, die Verfolgun g konkreter,<br />

einheitlicher und längerfristi ger Ziele erhöhten die Erträge <strong>de</strong>s bestehen<strong>de</strong>n Wal<strong>de</strong>s : we i­<br />

tere Au fforslungsperio<strong>de</strong>n zur Steigerung <strong>de</strong>s dringend nöti gen Holzerlrags, vo r allem auch<br />

nach <strong>de</strong>m erslen Weltkrieg. führten zur Zunahme <strong>de</strong>r Waldnächen und zur Verschiebung<br />

<strong>de</strong>r A rtenzusammensetzullg zugun, ten anspruchsloser, schnell wach en<strong>de</strong>r und pflegeleichter<br />

B aumarIen, wie <strong>de</strong>r Fi chte. [49. 54 J<br />

Abb. I: Die reinen Fiehtenbeslän<strong>de</strong> wie hier im Bil d prägen größtenteil s das Landsehaftsbild <strong>de</strong>s<br />

Untersuchungsgebiets. ebem,o wie die geradlini g verlaufen<strong>de</strong>n Waldrän<strong>de</strong>r. Im Vor<strong>de</strong>rgrund d ie<br />

Breg, d ie sich relativ naturnah jedoch weitgehend fre i von Gehö lzen. ihre n Weg durch <strong>de</strong>n brei ten<br />

Talgrund ~ u c ht.


94<br />

Abb. 2: Die Steilhänge illl Westen <strong>de</strong>, Unt ersuchungsgebietes konnten di e standortgereeht en<br />

Mi schwäl<strong>de</strong>r weitgehend vor <strong>de</strong>r Rodung bewahren. In Herbstfärbu ng sind di ese Wäl<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs<br />

reizvoll.<br />

Abb. 3: Ganz an<strong>de</strong>rs wirke n di e fl ach gene igten I-länge illl Osten Illit ihren nahezu re inen<br />

Fic ht e nb e~tü nd e n . die ganzjährig weni g Abwechslungsreichtulll bieten.


95<br />

In <strong>de</strong>n 50er Jahren, nach<strong>de</strong>m die wirtschaftlichen otzeiten infolge <strong>de</strong>s zweiten Weltkrieg<br />

weitgehend überwun<strong>de</strong>n waren, und auch in <strong>de</strong>n 70er Jahren. gingen weitere<br />

Aufforstungswellen übers Land. Trotz rückläufiger Holzprei. e nimmt <strong>de</strong>r Waldanteil auch<br />

heute noch zu. Einige Anwesen wur<strong>de</strong>n völlig aufgegeben, das verbliebene Offenland aufgefor<br />

tet o<strong>de</strong>r sich selbst überlassen, ehemaL landwirtschaftlich genutzte Flächen mangels<br />

Interesse o<strong>de</strong>r aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Arbeitserl eichterun g bzw. mit <strong>de</strong>r Funktion einer Sparkasse<br />

r I J auf lange Sicht angepflanzt.<br />

Heute erfolgt die Bewirtschaftung <strong>de</strong>r überwiegend in Privatbesitz (75 %) befindlichen<br />

Wäl<strong>de</strong>r pl enterwaldartig. also in Einzelstammnutzung. Kahlschläge bi l<strong>de</strong>n hier. wie auch<br />

in <strong>de</strong>n II % Staatswald und <strong>de</strong>m 14 % igen Anteil Gemein<strong>de</strong>- und Körperschafrswald, die<br />

Ausnahme. Die absolut dominieren<strong>de</strong> Hauptbaumart ist heute mit ca. 86 % die Fichte.<br />

gefolgt von <strong>de</strong>r Tanne mit 8%. <strong>de</strong>r Buche und <strong>de</strong>r Kiefer mit je 3 0 1 . Je nach Gemarkung.<br />

meist in Abhängigkeit vom Relief, schwankt diese Verteilung. A uf <strong>de</strong>m steilen Westabfall<br />

konnte sich die Buche mit einem vergleichsweise hohen Anteil halten, ganz im Gegensatz<br />

zu <strong>de</strong>n besser erschließbaren Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r fl acher abfallen<strong>de</strong>n Ostabdachung.<br />

Neuaufforstungen wer<strong>de</strong>n heute seltener in reinen Fichtenbestän<strong>de</strong>n vorgenommen. Staatlich<br />

geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n nur noch Mischaufforstun gen; die Vergütungen liegen bei einem<br />

Laubbaumanteil über 50 % in <strong>de</strong>r Regel um 1000,-- DM und somit höher als bei na<strong>de</strong>lholzdominierten<br />

Anpflanzungen 1 . ach * 25 <strong>de</strong>s Landwirtschafts- und Kulturge erzes sind<br />

euaufforstungen beim Amt für Landwirtsc haft, Landschafts- und Bo<strong>de</strong>nkultur genehmigung.<br />

ptlichtig. Sie dürfen nur versagt wer<strong>de</strong>n. wenn "Erfor<strong>de</strong>rnisse <strong>de</strong>r Raumordnung<br />

und <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>spl anung entgegenstehen, die Verbesserung <strong>de</strong>r Agrarstruktur behin<strong>de</strong>rt.<br />

nachbarliche Grundstücke erheblich beeinträchtigt wür<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Naturhaushalt, die Leben. -<br />

Abb. -k Relati v wi llkürlich plazierte A ufforstung mit unnatürlichcn rechtcn Winkeln und wie mit <strong>de</strong>m<br />

Lineal gezogcncn Waldrän<strong>de</strong>rn.


96<br />

stätten gefähr<strong>de</strong>ter Tier- und Ptlanze narten bzw. das Landschansbi Id erheb I ich beeinträchtigt<br />

wür<strong>de</strong>n" ' . Seit 199 1 kann über die EU sogar eine Aufforstungsprümie von 1400.-­<br />

DM / ha und Jahr über die Dauer von 20 (I) Jahren in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n [131.<br />

Trotz <strong>de</strong>r bewiesenen hohen A nfälligkeit reiner Na<strong>de</strong>l-. o<strong>de</strong>r noch ex tremer, reiner Fi chtenkulturen,<br />

wird heUle be tenralls eine Mischung


97<br />

stäbe sehr unterschiedlich. Die sog. Gemarkungsallanten. die au!) <strong>de</strong>r ersten K atastervermessung<br />

<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n mit einer Gesetzesgrundlage vom 26.3. 1852 149] hervorgingen,<br />

waren hier schon einheitlicher. Lediglich inhaltlich di fferierten diese Karten für<br />

das Untersuchung gebiet. Einige unterschie<strong>de</strong>n neben Wald. Äcker und Wiesen auch Reutfel<strong>de</strong>r<br />

und Jungau fwuchs.<br />

Be. on<strong>de</strong>rs ex trem erscheint die Waldzunahme zwischen 1780 und 189 1- 1905, wobei es<br />

sich hier allerdings auch um <strong>de</strong>n längsten Beobachtungszeitraum han<strong>de</strong>lt. Gut erkennbar<br />

ist auf Karte I das "Hinunterwac hsen" <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>n Höhen in die Täler und somit<br />

Ictztcndlich das A nnähern an die Wohnstälten. Im Zeitabschnitt von 1905 bis 1953 war<br />

das A nptlanzen von verbliebenen Frei fl ächen im Wald und das Abholzen von Bestän<strong>de</strong>n<br />

auf <strong>de</strong>n Waldstandorten von 1780 sehr verbreitet. Ob auf diesen Flächen zu dieser Zeit<br />

allerdings noch immer Misc hwä l<strong>de</strong>r tockten. ist nicht zu agen. K ahl schläge sind auf <strong>de</strong>n<br />

Luftbil<strong>de</strong>rn von 1953 ve Jl11ehrt zu beobachten. Seit 1953 fallt das A ufforsten ganzer Seitentäler<br />

und <strong>de</strong>r Verlu. t kleiner OfTenlandtlächen beson<strong>de</strong>rs ex trem auf.<br />

1.2. Reutberg- / Weidfeldwirtschaft<br />

Die Reutbergwirtschaft hat ihren Ursprung in <strong>de</strong>r Waldwei<strong>de</strong>. Si e ist das Verbindungsglied<br />

zwischen Waldnutzung und Landwirtschaft. <strong>de</strong>nn die durch Brandrodung entstan<strong>de</strong>ncn<br />

Fel<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n nur für eine kurze Zeit als A cker bestellt. danach dienten sie noch<br />

einige Jahre al Wei<strong>de</strong>. bevor ihr Bewuchs so dicht wa r. dass sie sich selbst überl assen.<br />

wie<strong>de</strong>r vom Wald zurückgewonnen wur<strong>de</strong>n [52]. Diese A rt <strong>de</strong>s Wirt chaftens wur<strong>de</strong> in<br />

an<strong>de</strong>ren Teilen D eutschlands. sowie auch im EI aß. ul1ler völlig verschie<strong>de</strong>nen Bezeichnungen<br />

(z. B. Hauberge im Sicgerl and. Kritter im Elsaß) [49] ebenfa lls durchgeführt.<br />

Die max imale Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r im Beobachtungszeitraum ( 1780 - 1995) war<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s J 8. Jabrhun<strong>de</strong>rts zu verzeichnen, sie begrün<strong>de</strong>te sich durch die isolierte Lage und<br />

<strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Selbstversorgungszwang <strong>de</strong>r anwachsen<strong>de</strong>n Schwarzwa ldbevölkerung<br />

(vgl. Kap. 1.6.). Ein guter Teil <strong>de</strong>s ohnehin schon sehr großen Grundbesitzes<br />

<strong>de</strong>r Schwarzwaldhöfe mußte, um die Ernährung <strong>de</strong>r bäuerlichen Großfami lie samt ihrer<br />

zahlreichen Knechte und M äg<strong>de</strong> zu sichern, al A ckerland bewirtschaft et wer<strong>de</strong>n. Da die<br />

tonarmen und dadurch relati v nährstoffarmen B ö<strong>de</strong>n dieser Gegend in ihrer Fruchtbarkeit<br />

bald nachließen, mußten ie oft schon nach zweijähriger Bestellung, meist im er ten Jahr<br />

mit Roggen. im Jahr darauf mit Hafer, Raps o<strong>de</strong>r Kartoffeln, <strong>de</strong>r Sukzes. ion überl assen<br />

wer<strong>de</strong>n. Solange die sich wie<strong>de</strong>r ein. teilen<strong>de</strong> Vegetation noch nicht zu dicht war. wur<strong>de</strong>n<br />

die Bereiche bewei<strong>de</strong>t. Die Bäume und Sträucher <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong>n Generati on wur<strong>de</strong>n<br />

nach ca. 20 Jahren wie<strong>de</strong>rum entfernt. das brauchbare Holz auf <strong>de</strong>n Hof gebracht LInd als<br />

Brennholz genutzt. Der Rest wur<strong>de</strong> an Ort und Stelle verbrannt und zur Düngung mit <strong>de</strong>r<br />

Hacke etwas eingearbeitet. Der in Abb. 5 dargestellte Kreislauf auf <strong>de</strong>m kaum regeneri erten<br />

Bo<strong>de</strong>n begann von euem. eben <strong>de</strong>r sich allzuschnell einstellen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nmüdigkeit<br />

tat die Bo<strong>de</strong>nerosion durch ie<strong>de</strong>rschläge an <strong>de</strong>n mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r teilen Reutberghängen<br />

das Ihrige, um <strong>de</strong>n von atur au ' geringen HumLlsanteil zu min<strong>de</strong>rn [49].<br />

Eine an<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r kombinierten Acker-Wei <strong>de</strong>nutzung, die Weid feldwirtschaft auf sog.<br />

A llmendwe i<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong> im Gegensatz zum Süd lichen Schwarzwald (Realteilung gebiet)<br />

im Mittleren Schwarzwald (Anerbenrecht) seltener prak ti ziert [641. Trotz<strong>de</strong>m hat die Gemein<strong>de</strong><br />

Furtwangen eine so lche gemeinschaftlich genutzte Wei<strong>de</strong> besessen (vgl. Allmend ­<br />

straße. nIere A llmend). In wieweit sie in <strong>de</strong>r traditionellen Weise (größtenteils Beweidung,<br />

aufkleineren Teilstücken "schorben", also das Abschälen <strong>de</strong>r Narbe einschließlich anschließen<strong>de</strong>m<br />

Trocknen und Verbrennen dieser. Verteilen <strong>de</strong>r A sche auf <strong>de</strong>r ganzen Fläche. ein-


98<br />

bis zwcijähriger Anbau von Roggen mit anschließen<strong>de</strong>r Brache und Wie<strong>de</strong>rbeweidung<br />

164 n bewirtschaftet wur<strong>de</strong>. ist leidcr nicht bekannt.<br />

m die Ziele einer nachhaltigen Forstwirt. chaf!. die Eindämmung <strong>de</strong>r Holznot und die<br />

Vcrhin<strong>de</strong>rung weiterer Erosion <strong>de</strong>r Humusschicht zu crreichen. wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m badi schen<br />

Forstgesetz von 1833 die " Beförsterung", also die Aufforstung o<strong>de</strong>r dic natürl iche Wie<strong>de</strong>rbcwa<br />

ldung. auf alle Fäl le aber die dauerhaftc Einstellung <strong>de</strong>s Reutbergzyklus. auf ein em<br />

erhcblichcn Teil <strong>de</strong>r so genutzten Flüchcn angeordnet. Die Abwan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r landwirtschaftlichcn<br />

Arbeitskräfte zur aufstrebendcn Industrie ab etwa 1850 machte die zeitweise sehr<br />

arbci tsintcnsivc Reutfeldbewirtschaftung auf <strong>de</strong>n immer mehr <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>gradati on ausgesetzten<br />

Standorten ohnehin we niger lukrati v. otverkäufe und das Aus terben von<br />

Bauerngeschlcc htern aufgrund dcr schlechter wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Lage verleiteten<br />

dic neuen Besitzc r (v.a. Staat. Gemcin<strong>de</strong>n, Großpri arbcsitzer, Kirche) meist zur Aufforstung<br />

<strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r und nicht sc ltcn <strong>de</strong>s ganzen Besitzes. 149 1<br />

Es ist anzunchmen, dass dic als Rcutbcrg genutzten Flächen im Schwarzwald im 15. und<br />

16. Jahrhun<strong>de</strong>rt ihre maximalc Aus<strong>de</strong>hnung hallen l491 . Konkrcte Zah len aus die er Zei t<br />

sind nicht bekannt. Die erstcn Bodcn erme ss ungen von 1780 geben für die Gemarkung<br />

FUr!wangen einen Reutfeldantci l von 63.0 % l491 an, En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts, mit <strong>de</strong>r<br />

Erstellung <strong>de</strong>r Gemarkungsatl antcn, hat dcr Anteil <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r bcreits ex trem abgenommen.<br />

uf <strong>de</strong>r Fläche <strong>de</strong>r heutigen Stadt Furtwangen. ein schließlich <strong>de</strong>r Ortsteile. betrug<br />

ihr Antei l 12.6 o/c. Bei <strong>de</strong>r nächstcn Bodcnnutzungserhebung ( 1925) wur<strong>de</strong> die K ategoric<br />

Reutfeld ni cht mehr erhoben. Obwohl diese Bewirtschaftungsweise an manchen Standorten<br />

bis nach <strong>de</strong>m 2. Weltkrieg durchgeführt wur<strong>de</strong>. rcchnete man ihrcn Antei l per Definiti<br />

on zu dcn landwirtsc haftlichen odcr forstwirtschafllichen Nutzfl ächen hinzu. Heute sind<br />

Icd iglich noch die Zeugen dicscr alten. ex tensi en utzungsart vorhan<strong>de</strong>n. Vor allem im<br />

frühen SOlllmer (M ai und Juni) sind die Besenginsterhei<strong>de</strong>n, durch die auffallen<strong>de</strong>n gel-<br />

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I Reutfeld - Zyklus I<br />

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99<br />

Abb. 6: Die wenigen verbliebenen Besenginsterhei<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n heute. wenn <strong>de</strong>r Gehölzaufwuchs<br />

noch nicht zu dicht i t. bewei<strong>de</strong>t. Die traditionelle Reutbergnutzung fin<strong>de</strong>t nicht mehr statt .<br />

Abb. 7: Der Wald nimmt diesesehemalige Reutfeld nach und nach wie<strong>de</strong>rein,eine landwirtschaftliche<br />

Nutzung kann hier bereits nicht mehr stattfi n<strong>de</strong>n. Im Vor<strong>de</strong>rgrund eine typische zweischürige Wiese.


100<br />

ben Blüten von Sarothalllnlls scoparills o<strong>de</strong>r aber du rch das Vorkommen von Alnlls viridis<br />

- <strong>de</strong>r Grünerle. auszum achen. Letztere hatte in <strong>de</strong>n postglazialen Zeiten bereits Reliktcharakter<br />

und konnte erst durch <strong>de</strong>n anthropogenen Einfluß, durch die Reutfeldnutzung, wie<strong>de</strong>r<br />

vermehrt Fuß fassen 1641149].<br />

Die Wie<strong>de</strong>reinführung einer ernsth aft betriebenen Reutbergsbewirtschaflung und damit<br />

<strong>de</strong>r Erh alt <strong>de</strong>r ent stan<strong>de</strong>nen flori sti sch und faunistisch hochwerti gen Sekundärbiotope.<br />

wie <strong>de</strong>r Besenginsterhei<strong>de</strong>n. ist nicht wahrscheinlich. us naturschützeri schen, heimatgeschichtlichen<br />

und touristischen Grün<strong>de</strong>n ist <strong>de</strong>r Erhalt <strong>de</strong>r wenigen Restbestän<strong>de</strong> an<br />

Reutfcl<strong>de</strong>rn im mittleren Schwarzwald durch eine extensive Rin<strong>de</strong>rbeweidung und gelegentliche<br />

Enth ur ~t un gsmaß n a hm en jedoch notwe ndig 1531.<br />

1.3. Grünlandwirtschaft<br />

Die durch ihre klimati schen und edaph ischen Gegebenhei ten benachteiligten Gebiete <strong>de</strong>r<br />

höheren Lagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds waren. se it ihrer Erschließung im Mittelalter, bevorzugt<br />

durch Viehhaltung zu be\ irtsc haflen. Die Ackerbewinschartung wa r zeit- und arbeitskrüfleaufwendig.<br />

die Ertrüge gering bzw. in beson<strong>de</strong>rs schlechten Jahren praktisch<br />

gar nicht vorhan<strong>de</strong>n. Die Haupterfor<strong>de</strong>rni sse waren nach SIEDLE ( 1924) "seit Beginn <strong>de</strong>r<br />

Besiedlllng ein grünei: nicht ::' 11 kleiner lind nicht ::'1I hüldiger Wei<strong>de</strong>gang im Sommer LInd<br />

ein gut eingehrachter Hell- lind Öhllld.l'tock \'()/I entsprechen<strong>de</strong>r Aus<strong>de</strong>hnung.fiir <strong>de</strong>n Win ­<br />

ter". 15-+1<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>~ 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts hielten die Bauern auf ihren Höfen durchschnittlich etwa<br />

2 Pfer<strong>de</strong>. zwischen 18 und 22 Stück Rind vieh und zu~ammen 2 bis 4 Schafe, Ziegen und<br />

chweine (meist nur ei nes)[ 181. Zu Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhund e rt ~ ~i nd e rt e sich diese Verteilung<br />

tiefgreifend. pro Hof wur<strong>de</strong>n bis zu 60 Schafe. Zicgen und Schweine gezählt. Vor<br />

allem mit zu nehmen<strong>de</strong>r Industrialisierung nahm die Zahl <strong>de</strong>r Bauern ab. Die mei ten Landwirte<br />

im Stad tgebiet gaben zugunsten an<strong>de</strong>rer utzungcn auf. Arbeiter mit ihren Familien<br />

zogen zu. so dass <strong>de</strong>r Verkauf von Milch und Buller für die verbleiben<strong>de</strong>n Landwirte zum<br />

lukrati ven Verdienst wur<strong>de</strong>, zu <strong>de</strong>sscn Gunsten die ansonsten dominieren<strong>de</strong> Jungzucht<br />

et was zurückge, teilt wur<strong>de</strong> 154 1. Die Schweinehaltung spielte für die Produktion <strong>de</strong>s<br />

Schwarzwäl<strong>de</strong>r Specks und Schinkcns eine wesentlich größere Rolle als heute, da die<br />

Abfallverwertung meist im Vor<strong>de</strong>rgrund steht. Üb r <strong>de</strong>n Sommer wur<strong>de</strong>n oft bi zu einem<br />

Dutzend Schafe gehalten. die Ziegenhaltung wur<strong>de</strong> erst im ersten Weltkrieg etwas populärer.<br />

zuvor war meist nur eine schwarze "Geiß" auf <strong>de</strong>m Hof anzu treffen. die als Glücksbringer<br />

fu ngieren sollte 15-+1.<br />

Für das 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt sind die Zahlen fast aller ViehbesUin<strong>de</strong> rücklLiufig, lediglich die<br />

Zahl <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>r nahm etwas zu, die Anzahl ihrer Halter jedoch um über 50% ab. Sehr<br />

ex trem ~i nd die Abnahmen vor allem bei <strong>de</strong>n Schafen sowie <strong>de</strong>n Ziegen. Fraßen im Jahr<br />

1880 noc h 804 Schafe das Gras auf <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes. so wur<strong>de</strong>n<br />

1983 nur noch 72 Stück gezühlt. Die neusten Erhebungen von 1993 konnten eine Z unahme<br />

auf 165 Schafe verbuchen, die Z iegen wu r<strong>de</strong>n zwischen 1880 und 1930 von 524 auf 208<br />

Stück reduziert. Ä hnliches gilt auch Für die Pfer<strong>de</strong>. die seit Erfindung <strong>de</strong>s Autos und <strong>de</strong>m<br />

Auftreten von Traktoren auf <strong>de</strong>m Feld. im Wald sowie <strong>de</strong>r traße ihren Arbeitsplatz, und<br />

damit ielerorts ihre Daseinsbe rechtigung, verl oren haben. Im Jahre 1880 wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n<br />

fünf Gemarkungen 2 17 Pfer<strong>de</strong> gezählt. 1989 waren es gerad noch SO. millierweile ist ihre<br />

Zahl durch en tsprechen<strong>de</strong> Vereinsbemühungen und ihr Einsatz als Touristenattraktion und<br />

Freizeitbeschäfligung wie<strong>de</strong>r auf ca. 70 Tiere anges ti egen.16. 56 1<br />

Ab ca. 1925 ist ein " VergrünlandungsproLcß" zu beobachten. Infolge sinken<strong>de</strong>r Getrei<strong>de</strong>preise.<br />

Milchsubve ntionen. Arbeitskrüftemangcl bzw. <strong>de</strong>ren Abzug in die Industrie und


101<br />

<strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Anstieg <strong>de</strong>r Nebenerwerbslandwirtschaft, wur<strong>de</strong>n die naturgegebenen<br />

Grün<strong>de</strong>. die ackerbau I ich genutzten FHichen zu verringern. weiter unterstützt. Insgesamt<br />

nahmen die Grünlandtlächen bi s 1925 etwas ab. danach j edoch stark zu. Mit <strong>de</strong>m<br />

Aufkommen <strong>de</strong>r Verwendung von Kunstdünger in <strong>de</strong>r Landwirtschaft ab 1910 war <strong>de</strong>r<br />

Erhalt <strong>de</strong>r Erträge. trotz <strong>de</strong>r Zunahme <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und durch die Intensivierung auf <strong>de</strong>n<br />

geringer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n landwirtschaftlichen Flächen, zu bewerkstelligen 1491- Mit <strong>de</strong>r Einführung<br />

<strong>de</strong>r Mineraldünger haben vor allem die Reutberge an Be<strong>de</strong>utung verloren. ex tensive<br />

Bewinschaftungsweisen hatten in <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Landwirtschaft keine Chance mehr.<br />

Heute wird das Grünland überwiegend als zweischürige Mähwiese mit abschließen<strong>de</strong>r<br />

Beweidung im Herbst genut zt. Die beson<strong>de</strong>rs na sen Bereiche wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Rege l von<br />

ei ner utzun g ausgespart bzw. eltener gemäht. Eine durchweg maschinelle utzung führen<br />

nur wenige Betriebe aus. diese wer<strong>de</strong>n dann meistens im Haupterwerb umgetrieben.<br />

ach wie vor prägt das achfo lgegerät <strong>de</strong>r Sense. <strong>de</strong>r Balkenmäher, das Bild; ohne Handarbeit<br />

kommt nahezu kein Landwirt <strong>de</strong>s Gebietes aus. Der Anteil <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r<br />

Gesamttläche betrug 1993 bei <strong>de</strong>r letzten Betriebserhebung 30 %.<br />

Dass es sich im Untersuchungsgebiet um sehr ex tensiv genutztes Grünland han<strong>de</strong>lt macht<br />

auch <strong>de</strong>r hohe Fl ächenanteil von 2007 ha <strong>de</strong>utlich. <strong>de</strong>r mit einem Großviehbesatz (GVB)<br />

von bis zu 1.2 pro ha bewirtschaftet und durch das M EKA-Programm (MarktEntlastungs<br />

und KulwrlandschaftsAusg leichsprogramm ) geför<strong>de</strong>rt wird. L ed iglich 190 ha wer<strong>de</strong>n mit<br />

einem GVB von 1,2 bis 1,8 pro ha genutzt und geför<strong>de</strong>rt. Inten ' ivere Bewirtschafwngswe<br />

isen mit einem GVB über 1,8 pro ha. die ebenfalls för<strong>de</strong>rungswürdig wären, wur<strong>de</strong>n<br />

durch das M EKA-Programm im Gebiet nicht e rfaß t~ .<br />

Seit <strong>de</strong>r Milchkontingentierung und <strong>de</strong>n EG- Über 'chüssen in nahezu allen Bereichen <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft wird auch die ex tensive Tierhaltung verstärkt von 'laatlicher Seite ge för<strong>de</strong>rt.<br />

So wird die Mutterkuhhalwng ( Kälberaufzucht direkt bei <strong>de</strong>r Mutter auf <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>)<br />

im Gebiet <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwalds verstärkt durchge führt und mittels Prämien <strong>de</strong>s<br />

M EKA- Programms honori ert.<br />

Eine För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Steillagenbewinschaftung durch das MEKA-Programm kann von <strong>de</strong>n<br />

Land wirten im Untersuchungsgebiet ebenfal ls in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n. Alle<br />

Grünlandhanglagen mit einer eigung über 25 % sind <strong>de</strong>mn ach för<strong>de</strong>rungswürdig. Im<br />

ntersuchung. gebiet fallen in die Kategori e zwischen 25 und 50 % Hangneigung 1135 ha.<br />

Flächen mit einem Gef1ille über 50 0/(' wer<strong>de</strong>n nur auf 60 ha <strong>de</strong>s Gebiets geför<strong>de</strong>rt 5. Ausgehend<br />

von <strong>de</strong>r Annahme, das nahezu alle Betriebe ihre För<strong>de</strong>rungsan sprüche geltend gemacht<br />

haben, weisen 45 % <strong>de</strong>r heutigen land wirtschaftlichen utztläche im Gebiet ein<br />

Gefalle zwischen 25 und 50 % auf. Der Anteil <strong>de</strong>r Hanglagen über 50 % eigung von nur<br />

2 % erhärtet die Vermutung, dass diese Flächen bereit früher aufge forstet wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

noch nie landwirtschaftlich genu tzt wur<strong>de</strong>n.<br />

J.4. Ackernutzung / Feldgraswirtschaft<br />

Mit <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>r Besiedlung <strong>de</strong>s Schwarzwaldkerngebiets war auch <strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>r<br />

Ackerbewirtschaftung die:er Region verbun<strong>de</strong>n. Die Reinerträge <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s waren äußerst<br />

gering, da <strong>de</strong>r Weg zu <strong>de</strong>n Holzabnehmern schwieri g o<strong>de</strong>r kaum vorhan<strong>de</strong>n war r I J.<br />

Der Anbau von Feldfrüchten wa r entsprechend eine zwingend notwendige Überlebensgrundlage.<br />

Vor allem die langen Winter machten eine entsprechen<strong>de</strong> Vorratshaltung und<br />

ausreichen<strong>de</strong> Erträge not wendig.<br />

Obwohl Klima. Reliefund Bo<strong>de</strong>n gegen di e Anjage und Bewirtschaftung von Äckern mit<br />

Hafer, Roggen. Gerste und Weize n sprachen. <strong>de</strong>r Ertrag in manchen Jahren trotz intensiv-


102<br />

stem rbeitsaufwand nur äu ßerst spürlich ausfi el. konnte und wollte auf diese land wirtschaftliche<br />

Nutzform nicht verzichtet wer<strong>de</strong>n. Die Ertrüge <strong>de</strong>s KanolTelanbaus. <strong>de</strong>r auf<br />

<strong>de</strong>r Furtwanger Gemarkung ab 17 15 praktiziert wur<strong>de</strong>, waren weniger durch <strong>de</strong>n mageren<br />

Bo<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn vielmehr durch Fröste gcführ<strong>de</strong>l. Die Kart offel. die sich al s sehr viel robuster<br />

als Getrei<strong>de</strong> erwies. wur<strong>de</strong> im Schwa rzwald bald zu einem un verziehtbaren Lebensmittel:<br />

KREUZER ( 1880) sprach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts sogar vom "M ann a <strong>de</strong>s Schwarzwa<br />

lds aller Stün<strong>de</strong>" 132 ].<br />

Wie sich in <strong>de</strong>n klimati sch besser gestellten Gebi eten Mitleleuropas aus <strong>de</strong>m Wan<strong>de</strong>rfeldbau<br />

über die Feldgraswirtschaft (FG W ) zur Drei fe l<strong>de</strong>rwirtschaft eine zunehmen<strong>de</strong> Illlensivierung<br />

entwickelt hat. so mu ss te man in <strong>de</strong>n Millelgebirgen an <strong>de</strong>r Feldgraswirtschaft<br />

fes thalten. Der Fruchtbarkeit <strong>de</strong>r Bö<strong>de</strong>n waren und sind enge Grenzen gesetzt. Je nach Hanglage<br />

und Nie<strong>de</strong>rschlagsereignissen. wur<strong>de</strong> dcr von Haus aus geringe Humusanteil innerhalb<br />

weni ger Vegetationsperio<strong>de</strong>n abgeschweJl1mt , so dass an einen angemessenen EI1rag auf<br />

lange Sicht durch hochgezüchtete. empfindliche KullUrpllanze n auf <strong>de</strong>rselben Fl äche nicht<br />

zu <strong>de</strong>nken war 11 71. icht se lten musste <strong>de</strong>r humusreiche Bo<strong>de</strong>n im Frühjahr wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Berg hinauf getragen wer<strong>de</strong>n. um die utzungsdauer <strong>de</strong>s Ackers etwas zu erlängern [6J.<br />

Die Verbreitung <strong>de</strong>r Feldgrasw irtschaft <strong>de</strong>ckt sich relati v genau mit <strong>de</strong>m Gebi et <strong>de</strong>s Anerbenrechts.<br />

<strong>de</strong>n sog. geschlossc nen Hofgütern. Da hicr die Holbesitzungen größer wa ren<br />

als in <strong>de</strong>n Realteilungsgebi eten. wie beispi elswei. e <strong>de</strong>m Süd lichen chwarzwald, konnte<br />

auf die Intensi vierung <strong>de</strong>r Ackernutzu ng eher verzichtet wer<strong>de</strong>n (vgl. Kap. 2 .1 ).<br />

Im land wirtschaftlichen Wuchsgebi et Hochschwarzwald. zu <strong>de</strong>m das Ulllersuchungsgebi et<br />

gehört. sind Ackernutzungen von 3 bi s 4 Jahren üblich, dabei entfällt eine Rotation min<strong>de</strong>stens<br />

auf Hackfrüchte, überwiegend Kartoffeln. Im Jahr nach <strong>de</strong>m mbruch fo lgt zumeist<br />

Hafer. danach wer<strong>de</strong>n entwe<strong>de</strong>r Kartoffeln o<strong>de</strong>r Winterroggen angebaut. Im dritten Bauj<br />

ahr folgt Winter-. Sommerroggen o<strong>de</strong>r Gerste. [st ein weiteres Anbaujahr möglich , wird<br />

noc hmal s Roggen ku lti viert und das Feld ansc hießend sich selbst überlassen bzw. eingesät<br />

11 71 (vgl. Abb. 8). Ist dieses viert e Jahr aurgrund <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nverhältnisse nicht möglich,<br />

beginnt die Ruhepause durch cinc geschlossene Gras<strong>de</strong>cke ent sprechend eine Vegetati ­<br />

onsperi o<strong>de</strong> früher. Wird die zukünftige Gras fl äche sich selbst überlassen. spricht man von<br />

~ Roll en d c " Fcldgraswirlschaft<br />

1. AnbIIuli'"<br />

bb. 8: Fru chtwechsel auf <strong>de</strong>n e inzelnen Schl ägen <strong>de</strong>r "roll en<strong>de</strong>n" Feldgraswirtsc haft.


103<br />

einer "wil<strong>de</strong>n Feldgraswirt schaft", die "verbc serte FGW" ist durch die Ein aat mit einer<br />

Gras- o<strong>de</strong>r Kleegrasmi sc hung gekenn ze ichnet oftmal ' wer<strong>de</strong>n aber einfach nur die beim<br />

Säubern <strong>de</strong>s Heubo<strong>de</strong>ns gewonnenen Heusamen auf <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Feld ausgebracht.<br />

Die Intensität einer FGW wird neben <strong>de</strong>r A bwechsl ungshäuf igkeit <strong>de</strong>r A nbaufrüchte vor<br />

allem durch die Länge <strong>de</strong>r Grünlandnutzun g <strong>de</strong>s ehemaligen Ackerschl ags gekenn zeichnet.<br />

Die intensivste A usführung gewiihrl <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n lediglich drei Jahre Erh olung, bei <strong>de</strong>r<br />

ex tensivs tcn FGW hingegen erreicht sie 20 Jahre und mehr. Bezüglich Humusmenge und<br />

<strong>de</strong>r übrigen Faktoren <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nfruchtbarkeit ist die Extensi v-Form ihren intensi veren<br />

A usführungen weit überlegen. Bei arrondierten Hofgrund tücken, wie sie im A nerbengebiet<br />

vorherrschen, sprach man von ciner "rollen<strong>de</strong>n Feldgraswirtschaft", am Hangfu ß<br />

beginnend, " fraß" sich die Ackernutzung nach und nach <strong>de</strong>n Hang hinauf. Je nach Hanglänge<br />

konnten bis zu vier Feldgrasrotationen gleichzeitig und übereinan<strong>de</strong>r umgetrieben<br />

wer<strong>de</strong>n. l611<br />

Bis Anfang / Mitte <strong>de</strong>s 17. Jahrhun<strong>de</strong>rts nahmen die land wirtschaftlich inten iv genutzten<br />

Fl ächen hauptsHcblich zu ; über diverse, kleinere Verschiebungen infolge Pest. Kriege etc.<br />

sind keine mengenmäßi gen Erhebungen vorhan<strong>de</strong>n. Ab ca. 1850 ist eine Abnahme <strong>de</strong>r<br />

Äcker zu vcrzeichnen. Die Verkehrswege waren besser gewor<strong>de</strong>n, ab 1893 besaß Furl wa n­<br />

gcn ei ne eigene Bahnlinie, bereits seit 1873 war die Schwarzwaldbahn Offenburg-ViIIingen<br />

in Betrieb. so da s es ein fac her waL das inzwischen billiger gewor<strong>de</strong>ne GeLrei<strong>de</strong> aus<br />

<strong>de</strong>r Baar o<strong>de</strong>r<strong>de</strong>m Rheintal zu "importi eren". an statt es aufwcndi g undmit <strong>de</strong>r Ungewis. heit<br />

<strong>de</strong>s Erfolges aller Bemühungen auf <strong>de</strong>n Schwarzwaldhöhen zu kulti vieren. D as Selbstversorgerprinzip<br />

wur<strong>de</strong>. wie auch in an<strong>de</strong>ren Regionen Deutschlands, immer mehr durch<br />

die Produ kti on für <strong>de</strong>n allgemeinen M arkt abgelöst. Durch an<strong>de</strong>re Verdien lmöglichke i­<br />

ten gelock t. wur<strong>de</strong>n die A rbeitskräfte, vor allem auch die eigenen Familienmitglie<strong>de</strong>r. die<br />

früher als Folge <strong>de</strong>s Anerbenrechts mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r mittellos al s Knechte und M äg<strong>de</strong><br />

auf <strong>de</strong>m Hof blieben, in <strong>de</strong>r Landwirtschaft rar. Lukrative re Einnahmequellen. wie Viehzucht<br />

und Waldbau, wurdcn <strong>de</strong>m A ckerbau vorgezogen. Der Ertrag auf <strong>de</strong>n verbleiben-<br />

Abb. 9: Einer <strong>de</strong>r wenigen Äcker im Untersuchungsraum, hicr mit Kartoffeln und zwei Schlägen<br />

Hafer. icht selten liegt das Getrei<strong>de</strong> bereits im September am Bo<strong>de</strong>n, das w ie hier auf einer Höhe<br />

von 1060 m NN, unter . chwieri gsten Bed ingungen für <strong>de</strong>n EigenbedarF angebaut w ird. Neben extremen<br />

Witterun gen stellt oftmals auch das Schä<strong>de</strong>n verursachen<strong>de</strong> Rotwild ein Probl em dar.


104<br />

Abb. 10: Zu>.tand bei Neukirch 1780 (simuliert)<br />

bb. 11 : Zustand 1935 (Original)


105<br />

<strong>de</strong>n Ackerflächen wur<strong>de</strong> durch besseres Saatgut und verbesserte Anbaubedingungen konstanter<br />

und somit in gewisser Weise berechenbarer. Die Aufforstung land wirtsc haftlich<br />

genutzter Flächen wur<strong>de</strong> vom Staat finan ziell ge för<strong>de</strong>rt, Viehzucht und Waldbau wur<strong>de</strong>n<br />

immer mehr zu <strong>de</strong>n zwei dominieren<strong>de</strong>n Standbeinen <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Landwirtschaft.<br />

Auch die Einführung <strong>de</strong>s Kunstdüngers (Thomasmehl ab 188 5 und kün stlich hergestellter<br />

Stickstoff ab 19 10) konnte die Fortrührung <strong>de</strong>s Ackerbaus im Mittleren Schwarzwald nur<br />

kurzfristig erhöhen. Seit 1925 nehmen seine Flächenantei le kontinuierlich ab [49\ und<br />

liegen inzwischen bei ca. 0,4 % r56]. Zwischen 1880 und 1993 sank die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r<br />

Getrei<strong>de</strong>fbchen von 483 ha auf 22 ha. die Anbaufläche <strong>de</strong>r Kartoffel. <strong>de</strong>r einzigen H ackrrucht<br />

<strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes. von 141 ha auf9 ha [6, 56].<br />

Abb. 12: Gleicher Standort wie Abb. 10 und 11. 1995<br />

Ein typi sches Beispi el rür die Landschaftsverän<strong>de</strong>run g im Untersuchungsgebi et stellt <strong>de</strong>r<br />

Bildstandort dar. Au 'gehend von Abb. 11 , die ca. 1935 entstan<strong>de</strong>n ist, wur<strong>de</strong> versucht, <strong>de</strong>n<br />

histori sc hen Zustand von 1780, entsprechend <strong>de</strong>n damaligen Waldgrenzen, nachzuempfin<strong>de</strong>n.<br />

Abb. 12 zeigt zum Vergleich <strong>de</strong>n ak tuellen Zustand. Beson<strong>de</strong>rs auffällig ist die weitere<br />

Waldzunahme, <strong>de</strong>r Verlust an feuchten Wiesen und Einzelbäumen entlang <strong>de</strong>r Wege, das<br />

Verschwin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r angelegten Stillgewä ser und, im Bildhintergrund. die schemenhaft<br />

erkennbare Ausbreitung <strong>de</strong>r Siedlungsflächen eukirchs.<br />

1.6. Quantitative Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>I' Bo<strong>de</strong>nnutzung:<br />

Abb. 13 veranschaulicht die quantitati ven Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung auf <strong>de</strong>n Gemarkungen<br />

Furtwangen, Linach, eukirch. Rohrbach und Schönenbach zwischen 1780<br />

und 1995 im Zusammenhang (vgl. Kai . 1. 1. bis 1.4.).


106<br />

100%<br />

11,6%<br />

-<br />

1',1%<br />

1780 1853·1902 1925 1950 1985 1995<br />

Obeosteht!f1<strong>de</strong>s BlockdaglnVTl verillSChaJlichl die .. etige Waldzunahme, das Vorochwln<strong>de</strong>o <strong>de</strong>r cMkei<br />

mar1


107<br />

terbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Z wischenstufen, die auf <strong>de</strong>m ungeteilten Gemeinbesitz aller achfa h­<br />

ren ba ierten. wer<strong>de</strong>n ebenfalls vermutet [5 11 ·<br />

Das Anerbenrecht bedachte meistens <strong>de</strong>n jüngsten Sohn (Minorat ) als Hoferben. Damit<br />

konnte das Fälligwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Zehlllen an die weltlichen o<strong>de</strong>r geistlichen Herren <strong>de</strong>s Gebi<br />

ets. im Falle <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Hofbcsitzers möglichst lange hinausgezögert wer<strong>de</strong>n . Gab es<br />

keine männlichen achfahren auf <strong>de</strong>m Hof. wur<strong>de</strong> die mteste Tochter neue Hotbesitzerin.<br />

Seltener wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r älteste Sohn (M ajorat) zum Erben bestimmt l49] . Heute ist es zumeist<br />

<strong>de</strong>r bestgeeignete Nachkomme <strong>de</strong>r Fami lie, <strong>de</strong>r. falls er Interesse ze igt. die Landwirtschaft<br />

übernimmt.<br />

Vor Beginn <strong>de</strong>r Industrialisierung hallen die sog. "Weicherben" da ' Los. als Knechte und<br />

M äg<strong>de</strong> für Kost und Logie auf <strong>de</strong>m Hof bleiben zu mü ssen. A ußer in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />

gab es für sie selten an<strong>de</strong>re Verdienstmöglichkeiten. Die Auszahlung <strong>de</strong>r geringen Erbabfindung.<br />

die sie erhielten. erfolgte in "Zielen" o<strong>de</strong>r "Würfen". also in Raten und zumeist<br />

ohne Erstallung von Zinsen. Nicht se lten mussten sie 20 Jahre und länger warten, bis sie<br />

einen Anteil ihre- Erbes erhielten. Je nach Wirtschaftslage erhielten sie überh aupt nichts.<br />

<strong>de</strong>nn vor <strong>de</strong>m einze lnen Familienmitglied rangierte stets <strong>de</strong>r HoL Die Hofübergabe musste<br />

nicht selten mit <strong>de</strong>r Heirat <strong>de</strong>s Jungbauern gekoppelt wer<strong>de</strong>n. um durch die Mitgift <strong>de</strong>r<br />

Braut eine weitere finanzielle Stütze zu erhalten. Veranschlagt wur<strong>de</strong> ein sog. "Kindskaufpreis",<br />

<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Verkehrswert, meist sogar unter <strong>de</strong>m Ertragswert <strong>de</strong>s Hofbesitzes<br />

lag. Wenn die Weicherben einerseits durch ihre Arbeitskraft ei ne Stütze repräsentierten, so<br />

konlllen sie an<strong>de</strong>rerseits durch das Fehlen einer Ausbildung <strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Tagelöhnerdasein<br />

ohne Chance auf Verän<strong>de</strong>rung und einer oft nicht unbeträchtlichen Zahlunehelicher<br />

Kin<strong>de</strong>r. zur Last <strong>de</strong>s Hofes wer<strong>de</strong>n. [511<br />

Die Folgen <strong>de</strong>s geschlossenen Hofguts, das seit 20.8.1898 Lan<strong>de</strong>sgesetz ist. schlugen<br />

sich vor allem in <strong>de</strong>r Waldbewirtschaftung ni e<strong>de</strong>r. Der <strong>de</strong>n Weicherben zu zahlen<strong>de</strong><br />

Abfindungsbetrag wur<strong>de</strong> meist durch <strong>de</strong>n Waldbesitz abge<strong>de</strong>ckt bzw. erwirtschaftet [51].<br />

Je nach Höhe <strong>de</strong>s Betrags, eventueller Verzinsung und <strong>de</strong>r Zeitspanne, in <strong>de</strong>r er abzu lösen<br />

war. wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wald nac hh altig bewirtschaftet o<strong>de</strong>r aber ausge beutet. Die Bewirtschaftungszeit<br />

von 30 bi s 35 Jahren pro Generation sorgte allerdings in <strong>de</strong>r Regel dafür.<br />

dass sich <strong>de</strong>r Wald wie<strong>de</strong>r erholen konnte und an<strong>de</strong>rerseits eine völlige Bewirtschaftung<br />

nie unterblieb 151] .<br />

Trotz <strong>de</strong>r großen Zahl billiger Arbeitskräfte konnten, aufgrund <strong>de</strong>r natürlichen Gegebenheitenund<br />

<strong>de</strong>m ständig steigen<strong>de</strong>n Konkurrenzdruck mit an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong>n, im landwirtschaftlichen<br />

Bereich se lten Überschüsse erwirtschaftet wer<strong>de</strong>n. Der Wald bil<strong>de</strong>te und bil<strong>de</strong>t<br />

auch heute noch mit seinen Erlr~igen , die j e nach Holzmarktlage eben fall tark schwanken<br />

können. ein notwendiges Gegengewicht. Extreme Ereignisse, wie z. B. Sturm- o<strong>de</strong>r<br />

Schneebruch, können wie 1990 zum Zusammenbruch ganzer Bestän<strong>de</strong> führen und dadurch<br />

<strong>de</strong>n Verkauf erheblich erschweren sow ie <strong>de</strong>n Gewinn erheblich schmälern. Extrem<br />

betroffen sind dabei in <strong>de</strong>r Regel die eng gcpnanzten Fichtenreinkulturen. Vielstufige Wa ldbestän<strong>de</strong><br />

mit einem breiten Altersklassenspektrum. die im Anerbengebiet häufiger erhalten<br />

blieben als im Realtei lungsgebi etlll, sind meist wesentlich weniger anfällig gegen solche<br />

Einllüsse 139 J.<br />

Das praktizierte Erbrecht <strong>de</strong>s Millieren Schwarzwalds führte aber nicht nur zu Au bildung<br />

und Erhalt arrondierter Hofgüter mit vielen Grünlän<strong>de</strong>reien und großen zusammenhängen<strong>de</strong>n<br />

Waldgebietenmit relativ geringer Erschließung. son<strong>de</strong>rn im Verlauf <strong>de</strong>rGeschichte<br />

auch zu einer ex tremen Verschiebun g <strong>de</strong>r landwirtschaftlich genutzten Flächen zugun-


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um 1900<br />

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~ Wald<br />

~ Reutfeld<br />

D Acker<br />

D Wiese<br />

• Bebauung<br />

Auffallend ist bei dieser Betrachtung nicht nur <strong>de</strong>r ehemal s hohe<br />

A nteil an Reutrel<strong>de</strong>rn und die Vi elza hl <strong>de</strong>r Äcker, son<strong>de</strong>rn auch die<br />

hUufige Dec kungsgleichheit <strong>de</strong>r Waldllüchen aus <strong>de</strong>m Gemarkungsatl<br />

as mit <strong>de</strong>n heutigen Standorten <strong>de</strong>r Buchen-Tannen-Mischwäl<strong>de</strong>r.<br />

Dies ist noch ex tremer auf einigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gemarkungen festzustellen.<br />

Je nac h Hangneigun g wur<strong>de</strong>n die ehemaligen Reutfel<strong>de</strong>r<br />

aurge forstet o<strong>de</strong>r sind heute in GrUnlandnutzu ng, die ehemaligen<br />

Ackerstandorte blieben nur in wenigen Fällen erhalten .<br />

BezUglich <strong>de</strong>r heutigen Waldqualität auf <strong>de</strong>r Gemarkung Neukirch<br />

fü llt <strong>de</strong>r hohe A nteil an Misc hwa ld auf. Durch die ex treme Reliefsituati<br />

on <strong>de</strong>s Schwarzwaldwestabfa lls untersc hei<strong>de</strong>t sich diese<br />

Gemarkung von <strong>de</strong>n ös tlichen Teilen <strong>de</strong>s Untersuchungsgebiets. in<br />

<strong>de</strong>nen die mensc hlichen Eingri ffe wesentlich ex tremer wa ren. D a<br />

<strong>de</strong>r Gemarkungsatl as Neuk irchs die damal ige Verbrei tung <strong>de</strong>r Reutfel<strong>de</strong>r<br />

auswe ist, wur<strong>de</strong> ebendiese Gemein<strong>de</strong>ausgewählt. Zum an<strong>de</strong>ren<br />

kann ke ine <strong>de</strong>r Gemarkungen <strong>de</strong>s Gebi ets als typi sc h bezeichnet<br />

we r<strong>de</strong>n:je<strong>de</strong> bes itzt ihre Beso n<strong>de</strong>rheiten (z. B. stärkerer Siedlungsdruck.<br />

extreme Fami lienverhältnisse in <strong>de</strong>n land wirtsc haftlichen Betrieben,<br />

schlechtere Verkehrsin frastruklUr etc.). die sie von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

unterschei<strong>de</strong>t und Verallgemeinerungen erschwert.<br />

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00<br />

Abb. 14a<br />

.,<br />

Die Qual ität <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s hat sich se it 1950 auf vielen Standorten verschl<br />

ec htert, oftmals sind die kleinflächigeren Mischwaldreste verschwun<strong>de</strong>n.<br />

Die größeren Mischwaldgebiete, die alle in relati v<br />

un wegsa mem Gebiet liegen, vergrößerten sich zum Teil. Ebenfalls<br />

auffal lig ist die VerschiebungehemaligerTannen-Buchen-Mischwä l­<br />

<strong>de</strong>r zu Tannen-Fichten-Mischwä l<strong>de</strong>rn. durch gezieltes Schlagen <strong>de</strong>r<br />

Buchen. Eine wesentlich stärkere Waldzu nahme ist im reliefreicheren<br />

SU<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gemarkung zu verze ichnen; im fl acheren Nor<strong>de</strong>n si nd die<br />

Verh ältnisse wese ntlich stabiler.


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1953<br />

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: ~ Tannen· Buchen · Fichten Mischwald<br />

~ Tannen· Fichten· Mischwald<br />

~ nahezu reiner Fichtenbestand<br />

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11 0<br />

bb. 15 : Di e im Winte r 1994/95 durch<br />

Schneebruch verursacht e n Schä<strong>de</strong>n blieben<br />

aufFichtenreinkulturen im Iter von<br />

ca. 15 .. 20 Jahre beschrÜnkl. Zurück<br />

bli eben lic ht e bis ö llig zusammengebrochene<br />

Bestän<strong>de</strong>. w ie auf'diesem Bild.Hier<br />

bi etet sich nun die C hance eies Umbaus<br />

zu e ine m Mischwald mitte ls e ines<br />

Vorbaue, mit Buchelljullgpnanzen.<br />

sten <strong>de</strong>r Forst wirtschaft. Die ehemals<br />

im Anerbengcbiet zahlreich vorhan<strong>de</strong>ncn<br />

ArbeitskrLifte (mehrheitlich<br />

Geschwister <strong>de</strong>. Bauern) wan<strong>de</strong>rten<br />

Mitte bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

ve rmehrt in die Industrie ab [1 ,32 1.<br />

Man geht da von aus. dass das durchschnittliche<br />

Flächenalter bei entsprechend<br />

großem Waldbesitz in <strong>de</strong>r Regel<br />

höher liegt als bei kleineren Parzellen<br />

111. Ein gün sti ges Allersklassenverhältnis<br />

besitzen lediglich<br />

Stand0l1e. die sc hon immer <strong>de</strong>m Wald<br />

orbehalten wal'en. Sie machen allerdings<br />

<strong>de</strong>n geringsten Teil <strong>de</strong>r heuti ge n WaldrlUche aus. Bedingt durch <strong>de</strong>n großen Walei ­<br />

besitz im Bereich eier geschlossenen Horgüter kann auf völlige Kah lhiebe und große Eingrille<br />

we itgehend verzichtet wer<strong>de</strong>n. Z u Beginn <strong>de</strong>r Besiedlung war dies nicht immer so.<br />

Die Kontinuiüit <strong>de</strong>s Besitzes und die ähe von Wald und Wohnort fUhren zur Verbun<strong>de</strong>nheit<br />

mit <strong>de</strong>r Landschaft. die sich wie<strong>de</strong>rum in Steti gkeit und BestLindigkeit üußert [I). Trotz<strong>de</strong>m<br />

ließen sich die enormen Abholzungen und die seit <strong>de</strong>m 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt fol gen<strong>de</strong>n<br />

Walelzunahmen infolge ·truktureller Umwä lzungen nicht vermei<strong>de</strong>n .<br />

2.2. Einfluss <strong>de</strong>r Infrastruktur<br />

Mit <strong>de</strong>r Besiedlung <strong>de</strong>s Kerngebi ets <strong>de</strong>s Schwarzwalds ging eine ständi ge Verbesserun g<br />

seiner Erschließung ei nher. War man anl"ünglich auf die Erstellung und Verbesserung <strong>de</strong>s<br />

Wegenetzes bedacht. so kam. wie bereits erwlihnt. am Anfang <strong>de</strong>s 19. Jah rhun<strong>de</strong>rts das<br />

Streben nach einem eigenen Bahnanschluß FUr!wangens hinzu. Die ursprüngliche Erschließung<br />

<strong>de</strong>s Gebiets erfolgte einersei ts von St. Georgen aus durch das Roh rbachtal: eine Verbindungsachse<br />

ZUIll we ltlichen Besitzer Furtwangens, Triberg. bestand ebenfalls an dieser<br />

Strecke über die sog. 'Geutsche'. Der Austausch nach Westen ins Simonswäl<strong>de</strong>rtal. bzw.<br />

Rheilllal w ur<strong>de</strong> bis ins 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt hinein über <strong>de</strong>n sog. 'Kilpen' ermöglicht. Der Ausbau<br />

<strong>de</strong>r Straße von Obersimonswald nach Gütenbach konnte aufgrund <strong>de</strong>r notwendigen<br />

Spreng- und Ausbauarbeiten erst um 1858 errolgen 15 .. lI- Eine weitere Verbindung ex i­<br />

sti erte über Neukirch. Glashü tte und St. Mürgen o<strong>de</strong>r St. Pcter in das Rheintal1 32 1. Vor<br />

allem die Verbindungen nach Westen waren von j e her. gleichgültig ob mit Fuhrwerken.<br />

<strong>de</strong>r Bahn o<strong>de</strong>r Krartfahrzeugen. problematisc h. Der zu überwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Höhenunterschied<br />

von ca. 600 M eter machte Sommers wie Winters einen erheb lichen Aufwand nötig [541.


III<br />

Ganz an<strong>de</strong>rs lagen die Verhältnisse auf <strong>de</strong>r wesentlich fl acher verlaufen<strong>de</strong>n Ostabdachung<br />

<strong>de</strong>s Schwarzwalds. Vor allem die Verbindung entlang <strong>de</strong>r Breg nach D onaueschingen verläuft<br />

ohne extreme Höhenunterschie<strong>de</strong>. Sei t Pl anung <strong>de</strong>r Bahnlinie M annheim-Offenburg<br />

wur<strong>de</strong> in FUrl wangen auf die Weiterführung dieser "Schwarzwaldbahn " über Triberg, Furtwangen<br />

nach Konstanz gehofft 132]. Entsprechen<strong>de</strong> Initiati ven zum Bau dieser Trasse<br />

wur<strong>de</strong>n von Seiten <strong>de</strong>r Furtwell1ger Bevölke rung ergriffe n. j edoch we<strong>de</strong>r diese noch an<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>nkbare M öglichkeiten, wie z.B. die Elztallinie o<strong>de</strong>r die Höllentalbahn, wur<strong>de</strong>n über Furtwangen<br />

gebaut [32]. Zum einen . tan<strong>de</strong>n technische Hin<strong>de</strong>rnis e im Weg, zum an<strong>de</strong>ren wa r<br />

die L obby <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gemein<strong>de</strong>n so . tark, dass eine in Furtwangen en<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Strecke<br />

durch das Bregtal die einzige Chance <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> auf einen eigenen B ahn an chluss war<br />

154J.<br />

Dieser " Bregtäler" wa r es auch, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m oberen Bregtal 1893 <strong>de</strong>n langersehnten Eisenbahnanschluß<br />

ermöglichte und somit sowohl <strong>de</strong>n A bsatz <strong>de</strong>r Schwarzwäl<strong>de</strong>r Prod ukte, als<br />

auch die Güterversorgung <strong>de</strong>r Bevölkerung verbesserte r54 J. An erster Stelle <strong>de</strong>r Verkau fsgüter<br />

stand das Holz, da: nun ei nfacher und sc hneller transportiert wer<strong>de</strong>n konnte. Entsp<br />

rechend wur<strong>de</strong> die Bewirtsc haftung vieler Äcker und Reu tfe l<strong>de</strong>r aufgegeben und mit<br />

·chnellwüchsigen. pflege leichten Fichtenreinkulturen bepflanzt [54 J. Das Gelrei<strong>de</strong> konnte<br />

per Bahn eingeführt wer<strong>de</strong>n. die Milchproduktion wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Verkauf an Milchzentralen<br />

r 181 zu einem lukrati ven Geschäft. Diese Verschiebung <strong>de</strong>s Absatzmarktes hatte<br />

ganz unmittelbar die Ver chiebung <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung zugunsten von Wald und Grünland,<br />

und damit längerfri. tig die Verän<strong>de</strong>rung bzw. Vereinheitlichung <strong>de</strong>s Land ·chaft sbil<strong>de</strong>s.<br />

zu r Folge.<br />

eben <strong>de</strong>n verbesserten Verkehrsanbindungen hatte aber auch die Vergrößerung <strong>de</strong>s sc hu ­<br />

lischen A ngebots Furtwangens unmittelbare A uswirkungen auf die Bo<strong>de</strong>nnutzung im oberen<br />

BregtaL Mit <strong>de</strong>r Eröffnung <strong>de</strong>r Uhrmacherschule 1850 und <strong>de</strong>r ihr angeglie<strong>de</strong>rten Strohflechterschulc<br />

[32] bekamen die bisher al s Tagelöhner und Bill igarbeitskräfte in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />

täti gen "Weicherben" die Chance, mit einer Ausbildung. ihre Situati on zu verbessern.<br />

Finanzielle und pri vate Unabhängigkeit. die Gründung einer eigenen Familie und<br />

die M öglichkeit an<strong>de</strong>re Gegen<strong>de</strong>n und ferne Uin<strong>de</strong>r zu bereisen, lockten nicht wenige<br />

A rbeitskrlift e aus <strong>de</strong>r Land wirtschaft in da: Uhrmachergewerbe. Manche Bauern verkauften<br />

sogar Hof und L än<strong>de</strong>reien. um ihr Glück in <strong>de</strong>m neu erstehen<strong>de</strong>n Wirtschaftszweig zu<br />

ve rsuchen [54 1. Obwohl so mancher Uhrmacher zum Ausgleich noch etwas Landw irtschaft<br />

nebenbei betrieb. wur<strong>de</strong> auf die intensivsten Bo<strong>de</strong>nnutzungen (Acker und Reutfeld)<br />

immer mehr verzichtetl 32J.<br />

2.3. Einnuss <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Soziostruktur<br />

Die ehemals die stattlichen Schwarzwaldhöfe besie<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n bäuerlichen Großfamilien gehören<br />

heute. wie an<strong>de</strong>rswo auch. zumeist <strong>de</strong>r Vergangenheit an. Drei Generationen unter<br />

einem Dach sind mittlerweile wese ntlich seltener zu fin<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rne Hof wur<strong>de</strong> immer<br />

mehr zu einem Ei n- bis Zweipcrsonen-(lndustrie) Betrieb. Benöti gte man früher zur<br />

Unterbringung <strong>de</strong>r Familienmitglie<strong>de</strong>r (ein. chließlich <strong>de</strong>r Weicherben) und rbeitskrä fte<br />

(2 -3 Dauerarbeitskräfte pro Hof waren die Rege l 16]) viel Platz unter <strong>de</strong>m großen Hofdach.<br />

so sind es heute die zahlreichen M aschinen, die <strong>de</strong>n Schutz vor ie<strong>de</strong>rschlägen und<br />

Willerungseinllü sen benötigen und <strong>de</strong>n Hof füllen. icht selten zieht an stall <strong>de</strong>s A ltbauern<br />

<strong>de</strong>r junge Landwirt mit se iner Familie in das neu erbaute o<strong>de</strong>r fri sch renovierte Leibgedinghaus;<br />

wer verzichtet schon gerne auf Komfort?


11 2<br />

ber nicht nur. dass die bäu erliche Familie in <strong>de</strong>r Rege l kleiner ist als früher. ach<strong>de</strong>m die<br />

Hofnachfolge geklärt ist. hat es <strong>de</strong>r Jungbauer oft schwer, auf Dauer eine Lebensgefährtin<br />

bzw. eine Ehefrau zu fin<strong>de</strong>n. Wesentlich se ltener ist eine Übernahme <strong>de</strong>s Hofes durch die<br />

Töc hter. Die Arbeit <strong>de</strong>r Bäu erin ist kaum begehrt: zu groß sind die Ein sc hränkungen und<br />

<strong>de</strong>r zu leisten<strong>de</strong> Verzicht aufgrund <strong>de</strong>s Hofes. Kein fre i e~ Wochenen<strong>de</strong>, praktisch kein<br />

Urlaub,j e nach Maschinisierungsgra I körperlich anstrengen<strong>de</strong> Arbeit. <strong>de</strong>r Land wirtschartsgeru<br />

ch usw. kennze ichnen auch heute noch das Leben auf <strong>de</strong>n, nicht selten ziemlich isoliert<br />

gelegenen Höfen <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwald ... In einer Gesellschaft. in <strong>de</strong>r die Freize<br />

it eine immer größere Rolle spi el t. sind dies Punkte. die die Familiengründung und <strong>de</strong>n<br />

Erh alt <strong>de</strong>s landwirtschaftlichen Betriebs nicht einfach machen.<br />

Vor allem bei guter Konjunktur und geringer Arbeitslos igkeit ist die Verl ockung. <strong>de</strong>n Hof<br />

zugunsten geregelter Arbei tszeiten, guter Löhne und wetlerunabhängiger Arbeitsbedingungen<br />

aufzugeben, groß. In Gebi eten, wie beispi elsweise <strong>de</strong>r Umgebung von Furtwangen,<br />

wo diese Arbeitsplätze nicht allzuweit vom Wohnort entfernt sind. ist das noch häufiger al.<br />

in Gebieten. in <strong>de</strong>nen Arbeitsplätze in <strong>de</strong>r Industrie seltener und weni ger gut erreichbar<br />

sind.<br />

Seit Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts sind in <strong>de</strong>n Dörfern mehr o<strong>de</strong>r we niger starke Abwan<strong>de</strong>run<br />

gstenclenzen in größe re Tal - o<strong>de</strong>r Schwarzwaldrandgemein<strong>de</strong>n zu verzeiehnen [61.<br />

Der enge ahrungsspi elraum, das strenge A nerbenrec ht und sc hl echte Vieh- und Holzpreise<br />

führten seit<strong>de</strong>m zu einer großen Anziehungskraft <strong>de</strong>r Industriegemein<strong>de</strong>n. wo sich<br />

die wirtschaftliche L age <strong>de</strong>r A bwa n<strong>de</strong>rer. dank ihrer guten handwerklichen Fähigkeiten.<br />

die sie sich durch die früh entstan<strong>de</strong>nen Hau simlustrien <strong>de</strong>s Gebiets hatten aneignen können.<br />

rasch ve rbesserte. Trotz Geburtenüberschuß nahm die land. irtschaftliche Bevölkerung<br />

ab [6 1. Der Rückgang dieser gewachsenen bäuerlichen Gemeinsehaftsstrukturen fin<strong>de</strong>t<br />

ihren unmillelbaren Nie<strong>de</strong>rschl ag im Landschaftsbild. Die logische Konsequenz bei<br />

rbei tskrliftemangel ist das Einschränken <strong>de</strong>r arbeitsintensiven Bewirtschaftung. alten. allermeistens<br />

zugunsten <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s. Es wird abo aufge forstet: Rohrbach. mit einem überdurchschnittlich<br />

hohen A nteil an Jungbauern ohne Frau ist hier ein Para<strong>de</strong>beispiel. Die SilUati<br />

on ist an <strong>de</strong>r Waldzun ahme und einem hohen A nteil Jungaufforslllngen abzu lesen.<br />

2.4. Einfluss <strong>de</strong>r Wirtschaftslehrcn und -struktur<br />

Die Entstehung ei ner geregelten Wirtschaft hat zu allen Zeiten. j edoch in unterschiedlichem<br />

M aße. die Land wirtschaft und die Art <strong>de</strong>r Landbewirtschaftung beeinflusst. Waren<br />

die Bauern on Beginn an durch ihre we ltlichen Herren und von Seiten <strong>de</strong>r Kirche unterdrückt<br />

(Art <strong>de</strong>r Besiedlung. bgaben etc.). so hütte <strong>de</strong>r Bauernkrieg eine Wen<strong>de</strong> herbeiführen<br />

so llen. Der utzen dieses Aufstands wa r allerdings geringer als die achteile. die<br />

<strong>de</strong>n Bauern daraus erwuchsen 1321. Eine erste theoreti sche Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Pos ition <strong>de</strong>s<br />

Bauerntums brachte die Lehre von QUES:-Ji\Y ( 1694- 1774). <strong>de</strong>r sich als Erster ausgiebig mit<br />

<strong>de</strong>r Wirtschaft befasste 14 11. Er schuf die phys iokrati sche Lehre. die allein in <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />

die Quelle <strong>de</strong>s Volkswohlstancles sah und befand <strong>de</strong>n seit <strong>de</strong>m 30-jührigen Krieg<br />

verstürkt betriebenen M erkantilismus mit seiner einse itigen För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ls und<br />

<strong>de</strong>r Industrie für wenig sinnvoll. Die Grundlasten und Abgaben konnte und wollte aber<br />

auch er mit seiner Lehre nicht beseitigen. Zwar setzte Q I, SNAY sich f"i.ir die freie Marktwirtschaft<br />

ein . die Herrschaft eines Despoten über die Bevölkerun g zweifelte aber auch er<br />

nicht an 191. Die Befreiung <strong>de</strong> ~ Betriebes brachte al so nicht automatisch die Befreiung<br />

seiner Bewohner mit sich. Erst mit <strong>de</strong>r französ ischen Revolution. unter Beteiligung <strong>de</strong>r<br />

Bauern . kam auch für sie die ersehnte Unabhiingigkeit )4 11 .


113<br />

[m Mitlleren Schwarzwald wur<strong>de</strong>n die wirtschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen allerdings erst mit<br />

Beginn <strong>de</strong>r Industrialisierung ab <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt so schwerwiegend. dass sie sich<br />

längerfristi g auf das Landschaftsbild auswirken konnten. Z u diesem Zeitpun kt war die<br />

Bevölkerung so weit angewachsen, dass die Ver orgung durch die eigene L and wirtschaft<br />

nicht mehr gewährleistet war. Die zahlreich vorhan<strong>de</strong>nen Knechte und M äg<strong>de</strong>, gleichgül ­<br />

ti g ob Familienmitglied o<strong>de</strong>r nicht. wollten in <strong>de</strong>n allermeisten Fällen ihre Abh ängigkeit<br />

vom Hofbauern been<strong>de</strong>n und familiär sowie win. cha ftlich f rei wer<strong>de</strong>n. Die ersten Glashütten<br />

und das daraus fo lgen<strong>de</strong> Uhrmachergewerbe ab <strong>de</strong>m 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt boten nahezu<br />

j e<strong>de</strong>m die Chance ich zu verän<strong>de</strong>rn , au f eigcnen Fü ßen zu . tehen und mit <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Eigeninitiati ve gutes Geld zu verdienen. Viele zog es ins A usland , wo sie Vertriebssysteme<br />

für die Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhr aufbauten. die M eisten blieben nur ein paar Jahre.<br />

einige blicben für immer. Die Z urückkehren<strong>de</strong>n hatten meist ausgesorgt. konnten sich ein<br />

kleincs Haus. oft in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s elterlichen Hofes, bauen und mit etwa Landwirtschaft<br />

die Dinge <strong>de</strong>s täglichen Bedarfs sc lbst produ zieren l32].<br />

Die handwerklichen A rbeiten in <strong>de</strong>r Landwirtschaft wur<strong>de</strong>n zunehmend spezieller und<br />

komplexer. Was <strong>de</strong>r Bauer früh er se lbst repariert hatte. mu sste mehr und mehr von sog.<br />

"Landhand werkern " erledigt wer<strong>de</strong>n. Viele von ihnen waren aus <strong>de</strong>r Landwirtschaft abgewa<br />

n<strong>de</strong>rt 12]. da ihre Verdienstmöglichkeilen nach einer Speziali ierung als H and werker<br />

wesentl ich besser wa ren.<br />

Die Landwirte mussten sich <strong>de</strong>r neucn Situati on anpassen. ihre Produktion wur<strong>de</strong> arbeit -<br />

kräfteex tensiver, folglich verän<strong>de</strong>rte sich auch das Land chaftsbild. Weil es nun weniger<br />

um dic Ern ährung <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen A rbeitskräfte, son<strong>de</strong>rn immer mehr um die<br />

Begleichung <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Hand werker und <strong>de</strong>n Zukauf billiger produzierter Agrarprodukte<br />

ging. trat vermehrt Bargeld in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgrund dcs bäuerlichen Betriebs [2J.<br />

Ebenso führte ab 178 1 die mwandlung <strong>de</strong>r an die Grundherren zu zahlen<strong>de</strong>n Naturaldienste<br />

in eine Geldrente im Gebiet Vor<strong>de</strong>rösterreichs [321(zu <strong>de</strong>m Teile <strong>de</strong>s Untersuchungsgebicts<br />

gehörtcn) zur Ablösung <strong>de</strong>r Dominanz von aturalien (meist Getrei<strong>de</strong>) durch Bargeld.<br />

Dieses beschaffte man sich vor allem durch <strong>de</strong>n Erl ös aus <strong>de</strong>m Verkauf von Vieh und<br />

Holz. was längerfristi g <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Landschaft stark beeinflusstc.<br />

3. Leitbild für das zukünftige Landschaftsbild <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwalds<br />

Dcm Leitbild zugrun<strong>de</strong> gelegt wcr<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>n bi oti 'chen und abi oti schen Belangen.<br />

wie Bo<strong>de</strong>n- und Wasserschutz, Klimaschutz, A rten- und Biotopschutz, L andschafts- und<br />

Kulturland. chaftsschutz 'owic Erholung. auch die natumlUmspezifischenund hi tori schen<br />

Gegebcnheiten 120]. Daneben sind. um nicht einer maßlosen Utopi e zu verfallen. bis zu<br />

einem gewissen Grad auch die ökonomi schen Rahmenbedingungen, die in absehbarer<br />

Zukun ft die Kulturlandschaft prägen, zu berücksichtigen. Ebenso kann es tro tz <strong>de</strong>r Besinnung<br />

au f Histori sches, Althergebrac htes und A ltbewährtes im Zuge <strong>de</strong>r Leitbildfindung<br />

nicht Sinn sein. eine Museumslandschafl um j e<strong>de</strong>n Preis o<strong>de</strong>r eine ur prüngliche aturlandschaft<br />

zu for<strong>de</strong>rn . A uch die künftigen und mo<strong>de</strong>rnen Bedürfnis 'e aller Lebewe 'en,<br />

nicht nur <strong>de</strong>s M enschen, sind zu beachten. Das Leitbild einer Landschaft umsc hreibt einen<br />

anzustreben<strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s. zu <strong>de</strong>ssen Erhalt bzw. <strong>de</strong>ssen Errcichung<br />

konkrete M aßnahmen durchgeführt wer<strong>de</strong>n 120]. Durch die Formulierun g <strong>de</strong>s Leitbilds<br />

können die verfügbaren Kräft e und Millel zu r Erreichung dieses Ziels koordinierter. elTekti<br />

ver und auf Dauer sinnvoller cingesetzt wer<strong>de</strong>n. Die notwendigen M aßnahmen ordnen<br />

sich somit diesem konkreten Z iel unter und vermin<strong>de</strong>rn dadu rc h Fehlplanungen und -<br />

entscheidungen.


11 4<br />

Der Waldanteil an <strong>de</strong>r Gesamtgemarkungsfläche <strong>de</strong>r politisc hen Gemein<strong>de</strong> FUIlwangen<br />

liegt heute ( 1995) bei 63 %. Die Gemarkung Rohrbach im Nordosten liegt mit 7 1 % Waldan<br />

teil an <strong>de</strong>r Spitze. es fol gen die im Sü<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n Gemarkungen eukich mit 64 %<br />

und Linach mit 63 % Wald anteil. Die sied lungsgeprägteren Gemarkungen Schönenbach<br />

mit 62 % und Furt\ angen mit 59 Ck Waldfläche liegen nur wenig dahinter.<br />

Bei <strong>de</strong>n momentanen Siedlungsausprägungen. <strong>de</strong>ren Kenn zeichen erstreute Ein zelhöfe<br />

und. abgesehen vom Stadtkern Furtwangen. kleine Dörfer sind. scheint die klimatische<br />

Situation ausgeglichen. Je höher <strong>de</strong>r Waldanteil. um so höher ist die Staubaufnahme- und<br />

Reinigungskapazilät durch die Bäume. Die luftverbessern<strong>de</strong> und regulieren<strong>de</strong> Funktion<br />

örtlicher Frischlurtschnei sen und Kaltluftabflussbahnen kann aber durch einen zu hohen<br />

Waldanteil vermin<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r völlig aufgehoben wer<strong>de</strong>n. Dringt <strong>de</strong>r Wald zu weit in die<br />

Tal sohlen vor. kann es bei entsprechen<strong>de</strong>n In ve rsionswellerlagen zu Smogerschei nungen<br />

kommen. Vor allem über <strong>de</strong>m Furtwanger Stadtgebi ettriu diese Situation schon heute ab<br />

und zu auf [62 1. Die Bildungsrate von Kaltluft ist über Offenland. wie Acker und Wiese,<br />

beson<strong>de</strong>rs hoch. Wer<strong>de</strong>n diese Bereiche aufge forstet, wird entsprechend we ni ger schadstoffarme<br />

und käl tere Frischluft zur Vermi sc hung mit <strong>de</strong>r wärmeren und mehr belasteten<br />

Luft gebil<strong>de</strong>t. Die Zufuhr von K altluft. die generell für die Abkühlung und <strong>de</strong>n Luftaustausch<br />

zusammenhängen<strong>de</strong>r Sied lungsgebiete nöti g ist. kann dureh das Vordringen <strong>de</strong>s<br />

Wal<strong>de</strong>s in die Talbereiche o<strong>de</strong>r die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Bebauun g an die Waldgrenze eingeschränkt<br />

o<strong>de</strong>r völlig abgeschnitten wer<strong>de</strong>n. Des weiteren kann es zu einem Stau <strong>de</strong>r Kaltluft<br />

und <strong>de</strong>r Bildung sog. Kaltluftseen kommen. was zu einer erhöhten Frostgefährdung<br />

flihrt 6 Die Offenhaltung zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r Talauen und örtlichen Fri schluftschneisen <strong>de</strong>r Si edlungsakkumulati<br />

onen. ist darum auf Dauer zu sichern.<br />

Auch aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s rten- und Biotopschutzes. <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r histori sch gewachsenen<br />

Kulturlandschaft. <strong>de</strong>r Erholung und <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s, ist eine weitere Waldzunahme<br />

nicht zu befürworten. Die anthropogen entstan<strong>de</strong>nen Pflanzengesellschaften <strong>de</strong>s Offenlan<strong>de</strong>s.<br />

also <strong>de</strong>r Wiese n. Wei<strong>de</strong>n. Reutfel<strong>de</strong>r bzw. ihrer Folgegesellschaften (z. B. Be enginsterhei<strong>de</strong>n<br />

im Mittleren Sch warZ\- ald, Flügelginsterhei<strong>de</strong>n großfl ächig im Südlichen<br />

Schwarzwald ). teil weise auch <strong>de</strong>r Äcker. weisen Arten und Gesellschaften auf, wie sie im<br />

Wald nicht zu fin<strong>de</strong>n sind. Darunter befin<strong>de</strong>n sich auch inzwischen seilen gewor<strong>de</strong>ne und<br />

unter Schutz gestellte Arten. Nicht nur die feuchten bis nassen Bereiche klei ner Seiten tälchen.<br />

die in aller Rege l etwas entfernter vom Hof lagen und <strong>de</strong>shalb ex tensiver bewirtschaftet<br />

wur<strong>de</strong>n, wa ren und sind in vereinzelten Fällen auch noch heute Lebensraum elten gewor<strong>de</strong>n<br />

er Pfl anzenarten (z.B . Knabenkräuter. Silberdi ste l ete.).<br />

A llge mein kann davon au. gegangen werd en. dass <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Flächenviel fa ll in engem<br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r Artenvielfalt und LebensqualiUil von Flora und Fauna<br />

steht 1551. Wenn auch die Verbu sc hung auf <strong>de</strong>m nicht mehr bewirtsc hafteten Grünland<br />

nicht sofort einsetzt. so ist j edoch eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r fl ori sti sc hen Artenzusammensetzung<br />

bzw. eine wesentlich geringere Artenvielfalt innerhalb weniger Vegetationsperio<strong>de</strong>n<br />

festzustellen. ie<strong>de</strong>rwüch ige, horsti ge Pilanze n wer<strong>de</strong>n zugunsten hoc hwüchsiger.<br />

ausläufertreiben<strong>de</strong>r Pflanzen verdrängt 110 I.<br />

Bei elen Vertretern <strong>de</strong>r Faun a ist ebenfalls eine Spezialisierung auf das Offenland anzutreffen.<br />

Die Aufgabe <strong>de</strong>r Bewirtschaftung führt in diesem Berei ch kurzfristig zu besseren<br />

Lebensraumqualitäten für ihre Bewohner (z. B. Insekten. v.a. Schmetterlinge. Vögel, Wi Id).<br />

Die generelle Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Biotops (z. B. Aufforstun g, Verbuschung) be<strong>de</strong>utet aber<br />

auch hier A rten erlust (<strong>de</strong>r Offenlandfaun a) 18. 101·


11 5<br />

Abb. 16: Ein Seitental in Linach.<br />

das noch nicht ganz aufgeforstet<br />

wur<strong>de</strong>,jedoch on <strong>de</strong>n überhängen<br />

her bereits wesentl iche Verän<strong>de</strong>rungen<br />

erfuhr.<br />

D er Erhal t hi , tori scher Kulturlandschaften<br />

mit beson<strong>de</strong>rs charakteri<br />

stischer Eigenart ist nach<br />

Bun<strong>de</strong>snaturschutzgesetz § 2<br />

Grundsatz 13 zu gewährleisten.<br />

Diesen gewachsenen Landschaften<br />

ist auch <strong>de</strong>r seit <strong>de</strong>m ca. 10.<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rt bi s ins K ern gebi et<br />

besie<strong>de</strong>lte Mittlere Schwarzwald<br />

mit seinem typischen Wechse l<br />

von Wald und O ffenland zuzurechnen.<br />

Wenn auch die Relationen<br />

zwischen Waldland und offenem<br />

Gelän<strong>de</strong> tändig schwankten,<br />

wur<strong>de</strong> ihre Kombination seit<br />

dieser Zeit ein Charakteristikum<br />

<strong>de</strong>r Schwa rzwaldlandschaft.<br />

Aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r Erholungsnutzung ist eine weitere Waldzunahme<br />

ebenfalls nicht zu befürworten. D er Erh alt von Vielfalt. Eigenart und Schönheit<br />

von atur und L andschaft sind gemäß § I BNatSchG nachhaltig zu sichern . Entsprechend<br />

sind die Faktoren Vielfalt, N atürlichkeit. Eigenart, H armonie und Schönheit zur Ein schätzun<br />

g <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s nach FELLER ( 198 1) notwendig [20].<br />

Vielfalt<br />

Die Vielfa lt einer Landschaft, <strong>de</strong>r kleinräumige Wechsel verschie<strong>de</strong>ner utzungen. die<br />

A bwechslung zwi schen <strong>de</strong>n Extremen Chaos und M onotonie sind es, die eine Landschaft<br />

für die meisten M enschen attrakti v und interessant machen [20]. Die Kulturl andschaft<br />

(Ku ltur kommt von lat. colere = hegen, pnegen. bebauen) in ihrer ursprünglichen. kleil1leilig<br />

geg lie<strong>de</strong>rten, land wirtschaftlich geprägten , Form repräsentiert dieses Opti mum für viele<br />

M ensc hen am Ehesten. Für das U ntersuchungsgebiet be<strong>de</strong>utet das, dass vor allem <strong>de</strong>r<br />

Wechsel zwischen Wald und Offenland die Landschaft für <strong>de</strong>n M enschen, <strong>de</strong>r in ihr lebt.<br />

wohnt. arbeitet, Urlaub macht etc. , wertvoll und erlebenswert macht. Dies gi It auch für die<br />

jahre zeitlich unterschiedlichen, viel fä ltigen Aspekte <strong>de</strong>r bei un s vorherrschen<strong>de</strong>n zweischürigen<br />

Wiesen in Farbe, Duft, Äs thetik etc .. die für <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r " Kulturland schaft<br />

Schwarzwald" sprechen.<br />

Natürlichkeit<br />

Die Natürlichkeit <strong>de</strong>r L andschaft. die heute von <strong>de</strong>n M enschen als angenehm empfun<strong>de</strong>n<br />

wird. kann sich weniger auf <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r durchgeführten o<strong>de</strong>r un terlassenen Verän<strong>de</strong>run-


116<br />

gen in <strong>de</strong>r Landschaft beziehen, son<strong>de</strong>rn vielmehr auf die Wirkung und das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />

natürlich wirken<strong>de</strong>r Land schanse leillente. ach<strong>de</strong>m die Landschaft von uns M en chen<br />

über weite Strecken sehr ex trem bee innusst wur<strong>de</strong>, ist nachträglich oft schlecht festzustellen.<br />

in wieweit die L andschaftselemente völlig natürlich sind o<strong>de</strong>r nicht. Im ntersuchungsraum<br />

gilt di es beispielsweise rur di e Fließgewässer, wie auch für <strong>de</strong>n natLirlicherweise<br />

anLlltrelTe n<strong>de</strong>n Waldanteil.<br />

Eigenart<br />

Die Eigenart <strong>de</strong>r Landschaft steht für eine un ve rwechse lbare. typi sche Zusammensetzung<br />

natürlich wirken<strong>de</strong>r und kulturhistori :-,cher Elemente. Z ur Einordnung. was als Typicum<br />

<strong>de</strong>:-, speziellen Raumes zu beLeichnen ist. dienen in erster Linie die naturräumliche Glie<strong>de</strong>rung.<br />

hi storische Daten sowie die Geomorphologie. Folge dieser vorhan<strong>de</strong>nen o<strong>de</strong>r nicht<br />

vo rhan<strong>de</strong>nen Eigenart ist das Heimatge fühl: die I<strong>de</strong>l1lifizierung <strong>de</strong>s M enschen mit seiner<br />

Umgebung. Durch die Ver:"chi ebun g dieser Zu sammen:etzun g. wie etwa zu einem ex trem<br />

hohen A llleil einer bestimmten ut zungsart. kann dieses Geruhl <strong>de</strong>r Eigenart und <strong>de</strong>r<br />

Heimat vorübergehend o<strong>de</strong>r dauerhaft ze rstört wer<strong>de</strong>n 1201 . Dies kann z. B. auch durch<br />

einen ex trem hohen Anteil an Wald geschehen.<br />

Harmonie / Schönheit<br />

Die Begri frc <strong>de</strong>r Harmonie und <strong>de</strong>r Schönheit einer Landschaft sind zwar mit einer gewi s­<br />

sen Subjekti vität behaftet. <strong>de</strong>nnoch lließen auch sie in die Empfindungen <strong>de</strong>s M enschen<br />

beim A nblick einer Landschaft ein: die Harmonie bezeichnet <strong>de</strong>n Einklang erschie<strong>de</strong>ner<br />

Landschaftelemente z. B. in ihrer nordnung. Form. Farbe. Kontrasl wirkung. Dimension<br />

und Proportion zueinan<strong>de</strong>r 120 1. Dabei sind vor allem die bei <strong>de</strong>n zuletztgenannten Punkte<br />

im Untersuchungsgebi et äußerst wichtig. Die heutigen Aus<strong>de</strong>hnungen <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und ihr<br />

Größenverhältni s zum Offenland lassen eine we itere Waldzunahme ohne einen verstärkten<br />

Verlu :-.t <strong>de</strong>r Harmonie unmöglich ersc heinen. Die gleichmäßigen Formen und die einheitliche<br />

Farbe <strong>de</strong>r vorherrschen<strong>de</strong>n Fichtenwiil<strong>de</strong>r beeinträchtigen diese Harmonie und<br />

damit let7tendlich die Schönheit <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Gesamtlandschaftsbil<strong>de</strong>s bereit. heute<br />

erheblich. Im Herbst ist die geringe Au:-.prLigung an Vi elfalt und Harmonie <strong>de</strong>s Fichtenwa<br />

i<strong>de</strong>s im direkten Vergleich mit erhalten gebliebenen Mischwa ldfragmenten durch die<br />

entsprechen<strong>de</strong> Verfärbung <strong>de</strong>r BI ~itt e r beso n<strong>de</strong>rs ex trem. Bei genauerem Hinsehen füllt<br />

dieses M anko aber auch zu an<strong>de</strong>ren Jahresze iten auf.<br />

A uf die Erholungseignung einer Landschaft wirken die genannten Faktoren generell ein .<br />

Trotz<strong>de</strong>m mu ss in <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Erh olung. zu <strong>de</strong>r das zu untersuchen<strong>de</strong> Gebiet hauptsächlich<br />

genutzt wird. unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. 0 ist <strong>de</strong>r M ensch beispielsweise bereit. zur Kurzze itund<br />

aherholung eine weni ger "perrckte" und attraktive Landsc haft zu akzeptieren als für<br />

Jüngere Aufenthalte. wie L. B. Urlaub o<strong>de</strong>r eine Kur 11 2 1. Auch ist es nötig. bei <strong>de</strong>m Bedür<br />

fni ~ nach Wald. zwischen stüdtisc her o<strong>de</strong>r ländlicher Bevölkerun g zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />

So ergab eine Befra gung im SOl11mer 1972 auf <strong>de</strong>n Höhen von Feldberg. chauinsland und<br />

Kan<strong>de</strong>l. dass z. B. 51 Ck <strong>de</strong>r Urlauber aber lediglich 39 e/e <strong>de</strong>r Tageserholer weiter in <strong>de</strong>n<br />

Wald hinein gehen. Vor allem die Tagestouristen geben an. in ihren Welil<strong>de</strong>rgewohnheiten<br />

sehr unterschiedlich zu han<strong>de</strong>ln (30 9t: ). die Urlauber hingegen beschränken ihren Erholungsbereich<br />

wührend einer Wan<strong>de</strong>rung eher auf einen bestimmten Landschaftstei I [121. Gleichgültig<br />

ob im o<strong>de</strong>r am Wald . erscheint <strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r Erholungssuchen<strong>de</strong>n ein möglichst<br />

nalllrnaher Wald mit verschie<strong>de</strong>nen Baul1larten, guter alllrveljüngung und einer hohen<br />

ökologischen Stabilität als optimaler Erholungswald 139 1. Manche Erholungssuchen<strong>de</strong><br />

geben an. si e run<strong>de</strong>n einen Waldanteil bis zu 80 % immer noch an genehm 1121 . Die M ehr-


117<br />

za hl <strong>de</strong>r Touristen sucht jedoch offensichtlich <strong>de</strong>n Wechse l zwischen Wald und Offen land<br />

und fin<strong>de</strong>t sich bei entsprechen<strong>de</strong>m Wetter nahezu je<strong>de</strong>s Wochenen<strong>de</strong> und zu je<strong>de</strong>r Jahre -<br />

zeit an <strong>de</strong>n wen igen. verbliebenen, waldfreien Standorten mit Aussicht (wie z. B . Brend,<br />

Thurner. Kan<strong>de</strong>l, Feldberg) ein. Auch bei Ruhepausen. Ve. perpausen o.ä. in freier atur<br />

läßt sich beobachten. dass sich die M enschen. ähnlich wie die Tiere, bevorzugt an WaIdrän<strong>de</strong>m.<br />

Gehölzen o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st unter Einzelbäumen, nie<strong>de</strong>rlassen. Auch die Tiere wissen<br />

Grenzlinieneffekte und Saumbiozönosen und die damit verbun<strong>de</strong>ne Vielfalt an Räumen und<br />

Strukturen zu schätzen 1231 .<br />

Zwar ist hinsichtlich <strong>de</strong>r Belange <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nschutzcs die Au. <strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s. we nn es<br />

sich um standort gerechte Mischwäl<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lt. zu befürworten. So ist bei pi elsweise <strong>de</strong>r<br />

Wasser- und Lufthaushalt eines Waldbo<strong>de</strong>ns verglichen mit <strong>de</strong>m eines Grünland- o<strong>de</strong>r<br />

Ackerbo<strong>de</strong>ns wesen tlich ausgeglichener und som it langfri tig bes er. Durch die hohe<br />

Wasseraufnahmefähigkeit <strong>de</strong>r Kronenbereiche und die gute Durchlässigkeit ein es optimal<br />

durchwurzelten Waldbo<strong>de</strong>ns ist <strong>de</strong>r Obernächenablluss geringer als bei landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen. was letztendlich zu ei ner geringeren Bo<strong>de</strong>nerosion führt. Reine Fichtenkulturen<br />

sowie auch an<strong>de</strong>re M onokulturen führen zu Bo<strong>de</strong>nverschlechterungen 139] in<br />

chem isc her und mechani scher Hinsicht : vor allem reine Na<strong>de</strong>lholzbestänele weisen einen<br />

geringeren Antei I an Bo<strong>de</strong>nlebewesen wie z. B. Regenwürmer auf. die entschei<strong>de</strong>nd an eier<br />

Bo<strong>de</strong>nentwicklung und einem gesun<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>naulbau beteiligt sind. Auch kann grundsätzlich<br />

im Vergleich mit landwirtschaftlichen Flächen bei Waldmischbesüin<strong>de</strong>n von einem<br />

geringeren Ei ntrag chemischer Produkte. wie Mineraldünger o<strong>de</strong>r Pflanzen. chutzmillel.<br />

in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Bezüglich <strong>de</strong>s Wassersc hutzes ist di es ebenso<br />

von Be<strong>de</strong>u tung. Bei ordnungsgemUßer Landbewirtschaftung, die im Höhengebiet hauptsUchlich<br />

ex tensiv ist, ist diese Gefahr allerdings ohnehin weniger gegeben.<br />

Trotz dieser Aspekte muss man in <strong>de</strong>r Gesamtabwägung berücksichtigen, dass aus <strong>de</strong>n<br />

genannten Grün<strong>de</strong>n die bei ei ner we iteren Waldzunahme entstehen<strong>de</strong>n negati ven Folgen<br />

für das Land schaftsbild und die Erh olungseignung die entstehen<strong>de</strong>n positiven Folgen überlagern<br />

wür<strong>de</strong>n. Da die Bo<strong>de</strong>n- und Wasserbeeinträchtigungen im Gebiet bi slang eher gering<br />

sind. Landschaftsbild und Erholungseignung an einigen Stellen <strong>de</strong>s ntersuehun gsgebi<br />

etes bereits heute eingesehrUnkt sind. müssen die letztgenannten Belange höher bewertet<br />

und als oberste Pri orität betrachtet wer<strong>de</strong>n. Ent prechend ist eine weitere Waldzun<br />

ahme zu ve rmei<strong>de</strong>n.<br />

Im Landschaftsrahmenplan von 1985 <strong>de</strong>r Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. wird ebenfalls<br />

die M einung vertreten. dass aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s. <strong>de</strong>s Luftaustau schs<br />

und <strong>de</strong>s Artenschutzes eine Waldzunahme vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollte. Entsprechend wird<br />

Furtwangen zu <strong>de</strong>n stark bewa l<strong>de</strong>ten Gebieten eingestuft, <strong>de</strong>ren Offenland unbedingt erhalten<br />

bleiben sollte. [47 1<br />

Von Seiten <strong>de</strong>r Landwirtschafts- und Forstverwaltung. <strong>de</strong>s aturschutzes. <strong>de</strong>s Frem<strong>de</strong>nverkehrs,<br />

<strong>de</strong>r KOlllmunalpolitik und nicht zuletzt <strong>de</strong>r Bewohner <strong>de</strong>s Mitlleren Schwarzwa<br />

l<strong>de</strong>s selbst. darf nichts un versucht gelassen wer<strong>de</strong>n. um <strong>de</strong>n nteil <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s von<br />

<strong>de</strong>rzeit über zwei Dritlel n an <strong>de</strong>r Gesamtfläche nicht noch we iter ansteigen zu la sen und<br />

damit auch langfristig die Kulturlandschaft Schwarzwald in ihrer Vi elfalt und Anraktivität<br />

für Mensch, Tier und Pilanze zu sichern .<br />

Beson<strong>de</strong>rs empfindliche Bereiche stellen offene kleine Seitentäler og. 'Döbel' dar. wie sie<br />

in <strong>de</strong>n breiten danubisch geprägten Tälern (Li nach, Schönenbach und teilweise auch Rohrbach)<br />

zu fin<strong>de</strong>n sind bzw. zu rin<strong>de</strong>n waren. Sie weisen zumeist eine höhere Reliefenergie


11 8<br />

al s die Hauplläler auf und för<strong>de</strong>rn somit die Vielfalt und Harmonie <strong>de</strong>r Landschaft. icht<br />

selten liegen sie ziemlich entfernt von <strong>de</strong>n landwirtschaftlichen Betrieben, sind al so entsprechend<br />

ex ten iv genutzt und somit Rückzugsgebiet für Flora und Fauna. Ähnlich empfindlich<br />

gegenüber Aufforstung sind di e noch verbliebenen Waldwiesen und Ausblicke <strong>de</strong>s<br />

Untersuchungsgebiete s. Je nach Lage. überwiegend im Wesueil <strong>de</strong>s Gebi ets (z.B. Brend<br />

Furtwangen. teinberg, Kohlplatz lind Kajetanendobel Neukireh), bi eten sie schöne Ausblicke<br />

in die Tüler und auf die Kuppen <strong>de</strong>r Umgebung und lasse n <strong>de</strong>n Betrachter die Landschaft<br />

erst durch <strong>de</strong>n Anblick erl eben. In iiußerst begren ztem Maße wären Wa ldzunahmen<br />

nur an <strong>de</strong>n I-längen <strong>de</strong>r breiten Tüler <strong>de</strong>nkbar. Dort wür<strong>de</strong>n sie etwas weniger einengend<br />

wirken. al s in ohnehin schon kleinen OITenlandbereichen. Am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r noch verbliebenen<br />

sehr großen Kuppenbereiche w~ire n geringe Waldzunahmen on Fall zu Fall <strong>de</strong>nkbar.<br />

Hier han<strong>de</strong>lt es sich allerdings sehr on um gut zu bewirtsc haften<strong>de</strong> Landwirtschaflsflächen,<br />

die aus diesem Grund wie<strong>de</strong>rum olTen bl eiben so llten.<br />

Generell sollte die Venneidung von Waldzunahmen an erster Stelle stehen und j e<strong>de</strong> Aufforstun<br />

gsbestrebun g einer gründl ichen Prüfung unterzogen wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Zusammenfassung und Folgerungen<br />

Der Wa ldante il nimmt nach ausgiebigen Rodungen im Z uge <strong>de</strong>r Bcsicdlung <strong>de</strong>s Schwarzwaldk<br />

e rn gc bi e t e~ und e iner akuten Ho lznot En<strong>de</strong> d e~ 18. Jh .. seit ca. 200 Jahren ständig zu. Vo n ehemab<br />

19 '7c Waldlbche um 1780 sti eg ihre A u ~ d c hu ng au f dcn hcuti gcn Stand von 63 %. Dic durc hgeführte<br />

n A uffo rstungcn erfo lgte n in <strong>de</strong> n allerme i, ten Fiillen a u ~ w irt scha ftli chen Grün<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r<br />

,chncll wüch, igen und pnegele iehten Ficht c. Mittlerweile hat man dic Schwiichen di eser Fi chtenmonokulturcn.<br />

w ie hohe Wind- und Schnccbru chgcf:ihrdung. fl oristi sche und faunisti sche Artcnarmut<br />

etc. erkannt und versucht durch natu rnahe Waldbaumaßnahmc n. bi , lang le i<strong>de</strong>r hauptsächl ich<br />

nur im Slaa t ~wa ld . e ine Ve rbrc iterung und S t ab ili ~ i e run g <strong>de</strong>s Artenspcktrums zu c lTe ichen.<br />

Dic Reutbergbewirt schaftung. e inc te mporiin: Acke rnutzung auf chcmaligen Waldllächen mit anschlicßen<strong>de</strong>r<br />

Wic<strong>de</strong>rbewaldung. spi elte LU Zeiten <strong>de</strong>r völli gen S e l b ~ t ve r so rg un g e ine äußerst w ichtigc<br />

Ro llc. S ie ermöglichte e~. auf <strong>de</strong>n klim a ti ~c h und edaphisch benachte ili gten Standort en. zumin<strong>de</strong>st<br />

fü r einen Zeitraum von zwei Jahre n e ine ackerbau li ehe utLllng Lur Ernährung <strong>de</strong>r zahlre ichen<br />

bäuerlichen Fa mil ienmitg lie<strong>de</strong>rdurch7.urLihren. Mit Verbesserung <strong>de</strong>r In frastruktur im ntersuchungsgebiet<br />

w ie bei"pie lsweise Bahnamchluß. konnten zum e inen di e benöti gte n Lebe nsmitte l aus ackerbaul<br />

ich be.,ser geeigneten Gebietc n beLogen wer<strong>de</strong>n. Z um an<strong>de</strong>ren konnte <strong>de</strong>r Holzabsatzmarkt<br />

\ e~en tli c h erweitert und die Reut berge größtenteil s aufge for,tet wer<strong>de</strong>n. Ihr Anteil von 63 '*" ( 1780)<br />

~a n k , teti g. Heute wird die R eu t fe l d bcwi rt ~c haft u ll g ni cht mehr durchgeführt. ledi g lich die Zeugen<br />

di eser extensi\'en Nutzung,wei,e. die Besenginsterhe i<strong>de</strong> ll und Grünerl engebüsche. sind an manchen<br />

Ste llen noch im Ulllcr, uchungsgebiet l U fin<strong>de</strong>n.<br />

Vergleichbar i ~ t di e utzungsent wicklung bei <strong>de</strong>n Äckern . ihr Ant e il schwand von 37 % im Jahr<br />

1925 auf 0 ...1 o/c 1993. Infolgc <strong>de</strong>r natürlichcn ,egebe nheiten ko nnte <strong>de</strong>r Acke rbau ohnehin ni e sehr<br />

inten, iv betrie ben wer<strong>de</strong>n, di e Fe ldgraswirtschaft mit e inem hohen An te il an Grünlandbrache wur<strong>de</strong><br />

ni cht. w ie in an<strong>de</strong>ren Gegen<strong>de</strong> n Deutschl ands. durch di e Dre ifeldcrwirt schaft ersetzl. Außer<strong>de</strong> m<br />

konnten nur robuste pnanzen wie Roggen. Hafe r. G e r ~ t e und Kart o ffe ln . die <strong>de</strong>m Klima wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n.<br />

angebaut wer<strong>de</strong>n. Heute ist d ie c kernutZli ng im nt e rs u e hun g~ge bi e t nur noch se lten zu li n­<br />

<strong>de</strong>n und d ient in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Se lb , t ve r ~o rg un g <strong>de</strong>r Ho lbe,itzer.<br />

Der A nt e il <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s s ti eg von 12 '7c um 17 () auf c inen heutigen A nte il von 30 ~ . 1950 lag e r<br />

,ogar bei 34 o/c. Neben <strong>de</strong> r il c h v i e h wi n ~c h a ft spie len auch hier exten, ive Bewirtsehaflungsweisen<br />

e ine immer größere Ro lle. Die Beweidung durch Mutlerkuhherd en u.Ü. ste igt. ni cht zuletzt durch<br />

eine Ve rdrli ngung <strong>de</strong>r Landwiw,cha rt in <strong>de</strong>n ebencrwerb und durch staatl iche För<strong>de</strong> rung extensiver<br />

B ew ilbC h a flLJn gswe i ~e n w ie das MEKA- 7 Progralllm dc, L a nd e~ Badcn-Würllemberg.<br />

Di e G rün<strong>de</strong> rLir die Ve rschi ebung <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nnutzung sind üußer, t vie illiiti g. Das praktiz iert e Anerbenredll<br />

<strong>de</strong>., Mitlleren Schwarzwal<strong>de</strong>., för<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Erhalt großer arrondierte r Ho fgüte r. Die dar-


11 9<br />

aus gewachsene Tradition und Verbun<strong>de</strong>nhei t dcr bäuerlichen Fami lie mit <strong>de</strong>m Hofbil<strong>de</strong>te die Grundvoraussetzung.<br />

dass sich die Landwirtschaft in diesem benachteiligten Gebiet so lange und zahlreich<br />

halten konnte. Die infrastruklLlrellen Verbesserun gen <strong>de</strong>r Region führten zu einer ex tensiveren Landbewirtschaftung<br />

als vorher. Weitere Folgen.jedoch nicht nur aus i nfr a~ trukturell e n Grün<strong>de</strong>n. waren<br />

die Aufgabe ganzer Hofgüter und die AufrorslLIng von Fl ächen. Die wirtschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen.<br />

die die Industrialisierun g (Glas-, hrcn-. Schni LZ- und Strohnechthandwerk) sowie die allgemein<br />

festzus tellen<strong>de</strong>n Verlin<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r SoziostruklLlr <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Fami lien sind Grün<strong>de</strong>,<br />

die die Abwan<strong>de</strong>rung von A rbeitskräften aus <strong>de</strong>r L andwirtschaft bewirkten und in nicht unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m<br />

M aße zur Verlin<strong>de</strong>run g <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s beitrugen.<br />

leben quantitati ven Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Landschaft <strong>de</strong>r flinf Gemarkungen konnte auch ein qualitativer<br />

Verl ust sowohl in <strong>de</strong>r utzungsvielfalt als auch in <strong>de</strong>r Zusammensetzung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s am<br />

Beispicl <strong>de</strong>r Gemarkung euk irch festgestell! werd en. Von <strong>de</strong>n vier ursprünglichen utzungsa rt en<br />

blieben nur noch zwei (Wald und Grünland) übrig. so fern man die Überbauung von Flächen nicht<br />

als neue Bo<strong>de</strong>nnutzungsart ansieh t. Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r ist vereinzel! die Vergrößerun g <strong>de</strong>r<br />

Mischwaldtlächen pos itiv hera uszuheben. hingegen ist auf an<strong>de</strong>ren Standorten das gezielte Sch lagen<br />

<strong>de</strong>r Buchen und die Versc hiebung zu einem Fichten- Tannenbestand o<strong>de</strong>r reinem ichtenbestand<br />

ZlI beobachten. Eine Artenverringerung durch Inten. i vierung auf <strong>de</strong>n verbliebenen Standorten bzw.<br />

Vereinheitlichung <strong>de</strong>r Standorte ist lei<strong>de</strong>r auch in <strong>de</strong>n Grünlandbereichen fes tzustellen.<br />

Vor <strong>de</strong>m geschil<strong>de</strong>rten historischen Hintergrund <strong>de</strong>r Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen. strebt das in di eser<br />

rbeit formulierte Lei tbild <strong>de</strong>r zukünftigen Landschaft im Untersuchungsgebict einen weitgchen<strong>de</strong>n<br />

Verzicht auf weitere Aufforstungen und <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r verbliebenen offenen Flächen an. Au<br />

Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Landschaftsbil<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen Faktoren von Vielfalt. Eigenart. Schönheit.<br />

Harmoni e und Natürlichkeit ist eine us<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Wa l<strong>de</strong>s eben so wenig ünschens\ ert.<br />

wie aus Sicht <strong>de</strong>r Erholungseignung <strong>de</strong>r Landschaft. Der flir das Gebiet <strong>de</strong>s Mittleren Schwarzwa<br />

lds typische Wechscl zwisc hen Wald und offenen Bereichen ist es. <strong>de</strong>r die A ttrakti vität für <strong>de</strong>n<br />

Frem<strong>de</strong>nverkehr. ein weiteres wi rt sc haftliches Standbein <strong>de</strong>s Gebiets. erh ält. Auch aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Arten- und Biotopschutzes (Erhalt von Lebcnsraum für Pilanzen und Tiere). <strong>de</strong>m Erhalt <strong>de</strong>r Kaltluftabnußbahnen<br />

und <strong>de</strong>r Frischluftzufuhr für die Siedlungsgebicte so llte eine weitere Waldzunahme<br />

verhin<strong>de</strong>rt werd en.<br />

Anmerkungen<br />

I ) Angaben: Staatliches Forstamt Furtwangen<br />

2) Staat liches Forstamt Furtwangen<br />

3) Gesetz zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Land wirtschafts- und Lan<strong>de</strong>skullUrgesetzes. Stutlgart 1992<br />

4) Angaben <strong>de</strong>s Amtes für Landwi rt schaft usw. Donauesehingen Stand 1994<br />

5) Angaben <strong>de</strong>s Amte. für Landwirtschaft w,w. Donauesehingen Stand 1994<br />

6) z.B. TR ENKLE& V. RUDLOFF 1980: 6 1fin [40 1<br />

7) MarktEn tl astungs- und Ku lturlandschaftsAusgleich<br />

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122<br />

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Pri vatarchiv Fam. Aribert Hoch. Furt wangen<br />

Histori sche Fotographi en <strong>de</strong>r Sta ndorte 4. 5. 10. 11. 12. 13, 14. 15, 16, 17 und 18<br />

Staatl iche. Forstamt. Furtwangen: Luftbil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Befliegungen von 1953 und 199 1<br />

Staatliches Verm essungsamt, Villingen: Gemarkungsatlanten von Furtwangen ( 1898- 1904). Linaeh<br />

( 189 1- 1893). eukirch ( 1897- 1905). Rohrbach ( 1897- 1905) und Schönenbach ( 1893- 1898)<br />

sowie eigene histori sche und aktuelle Fotographien<br />

Ansc hri ft <strong>de</strong>r Verfasserin : Dipl. l ng. (FH ) Doris Hug. Bregenbach 9, 78 120 Furtwa ngen-<br />

eukirch<br />

Sc hramberg um 1790 (Zeichner unbekannt : Stadtarchi v Schramberg)<br />

Die Stadt ist vom Hang <strong>de</strong>s Töswa ldcs a u ~ gegen or<strong>de</strong>n gesehen. Von links kommt das Lauterbac<br />

htal. von rechts die Schiltach. Die Hänge ~ ind um 1790 noch bi s weit hi nauf bewei<strong>de</strong>t. Am<br />

Schloßberg (lin ks) sind alte WeidbLiume und umgrenzte Flächen zu sehcn. <strong>de</strong>ren bu schige Vegetation<br />

au f Reut fe ldwirtschaft schließen His~ t. Heute ist <strong>de</strong>r Berg we itgehend bewal<strong>de</strong>t. A m " Paracliesberg"<br />

(hinten rechts) zie ht eine durch BU sche begrenzte Viehgassc aus <strong>de</strong>lll Glasbachtal <strong>de</strong>n Hang<br />

hinauf. W Li l<strong>de</strong>r besc hränken sich auf die Ü berhänge: <strong>de</strong>n rund lichen Kronen zu folge sind an ihrer<br />

Z u ~a mm e n se tzun g offe nbar L aubholzarten we~e ntl ic h stLirker ab heute beteiligt.


123<br />

Dona ll c~c hi ngc n<br />

3 1. März 1000<br />

Die Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung auf <strong>de</strong>r Baar seit Beginn<br />

kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />

von Alexan<strong>de</strong>r Si egmund<br />

I. Einleitung<br />

Schon , eit einigen Jahren hält nunmehr die Diskussion um einen sich abzeichnen<strong>de</strong>n global<br />

en Klimawan<strong>de</strong>l an. Dabei steht zumeist eine mögliche Zunahme <strong>de</strong>r bo<strong>de</strong>nnahen Lu fttemperatur<br />

infolge eines vermeintlich vom M enschen verstärkten Treibhauseffektes im<br />

Mittelpunkt <strong>de</strong>s öffentlichen Interesses. In diesem Zusammenhang wird häufig übersehen,<br />

dass weniger diese direkte Folge <strong>de</strong> ' anthropogenen Treibhauseffekts zu nachh altigen Umwelt<br />

verän<strong>de</strong>rungen führen kann, als vielmehr die zahlreichen indirekten Auswirkungen,<br />

die durch die verän<strong>de</strong>l1en TemperalUrverhältnisse induziert wer<strong>de</strong>n. Die Spanne <strong>de</strong>r möglichen<br />

Folgewirkungen reicht von globa len und regiona len ie<strong>de</strong>rschlagsverän<strong>de</strong>ru ngen,<br />

einer Verstärkung <strong>de</strong>r Westwindzirkulati on in <strong>de</strong>n Mittleren Breiten, eine Zunahme <strong>de</strong>r<br />

Häufigkeit und Intensität tropischer Wirbelstürme bis hin zu einem weltweiten Anstieg <strong>de</strong>r<br />

M eeresspi egel und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen ökologi ·chen. ökonomischen und sozialen Folgen<br />

für die j eweils betroffenen Regionen (vgl. FRANKE BERG & SI EGM ND 1997).<br />

Denjahreszeitlichen und regionalen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsverhältni sse kommt<br />

hierbei eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu. Durch sie wird eier Wasserhaushalt und damit <strong>de</strong>r<br />

gesamte alurhaushalt eines Raumes nachhaltig beeinflusst - nicht zuletzt auch mit massiven<br />

Folgen für ve rschie<strong>de</strong>ne kulturräumliche Bereiche, wie etwa die Landwirtschaft. Dabei<br />

ind die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagsmengen in zeitlicher und räumlicher Hinsicht<br />

noch wesentlich heterogener als bei <strong>de</strong>n Temperaturen. Während beispi elsweise in<br />

weiten Teilen <strong>de</strong>s Mittelmeerraumes die ' ie<strong>de</strong>rschlagsmengen in <strong>de</strong>n vergangenen 100<br />

Jahren zum Tei l <strong>de</strong>utlich zurückgingen, verzeichnete im gleichen Zeitraum Mittel- und<br />

or<strong>de</strong>uropa einen Zuwachs. In <strong>de</strong>n meisten Regionen Süd- und Südwes t<strong>de</strong>utschland nahmen<br />

die jährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen dabei um etwa 100 bi 150 mm zu (vgl. FRANKE ,­<br />

BERG & SI EGM ND 1997, S. 34 f. ). B ei einer genaueren jahreszeitlichen Betrachtung stellen<br />

sich die Verän<strong>de</strong>rungen noch weitaus differenzierter dar. Entsprechend schwieri g gestalten<br />

sich Prognose n. Es <strong>de</strong>utet sich j edoch an, dass die ie<strong>de</strong>r chl äge in <strong>de</strong>n tropi chsubtropischen<br />

Regionen eher weiter zurückgehen wer<strong>de</strong>n. während sie in etwa j enseits <strong>de</strong>r<br />

Wen<strong>de</strong>k reise insgesamt eine zunehmen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz aufzeigen.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage. ob und in welchem Umfang sich auch auf <strong>de</strong>r<br />

B aa r so lche ie<strong>de</strong>rschl agsverän<strong>de</strong>rungen abzeichnen. A us diesem Grund soll die Nie<strong>de</strong>rschlagsent<br />

wicklung in <strong>de</strong>r Region auf <strong>de</strong>r Basis ent sp rechen<strong>de</strong>r M essreihen genauer un ­<br />

tersucht wer<strong>de</strong>n. Dadurch lassen ich mögliche Parallelen und Unter chie<strong>de</strong> zu an<strong>de</strong>ren<br />

Regionen erkennen und eventuelle Rü cksc hlüsse auf die Folgen <strong>de</strong>r gegebenenfalls zu<br />

erwarten<strong>de</strong>n zukünftigen Klimaverän<strong>de</strong>rungen für die Baar ziehen.


12..+<br />

2. Datengrundlage<br />

Die ältesten Klimaa ufze ichnungen reichen auf <strong>de</strong>r Baa r bis zum Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

zurück. So sind von 1802 bis 18 14 bzw. 1820 Weuerbeobachtungen <strong>de</strong>s damaligen<br />

Hofarchiva rs Johann Baptist M LLER in Donaueschingen überliefert. Zwischen 1828 und<br />

1830 zeichnete <strong>de</strong>r Hofgärtner Peter M ARSTRAND eben falls in Donaueschingen regelmäßig<br />

das Witterungsgeschehen auf. Während diese M ess ungen j edoch zum Tei I sehr <strong>de</strong>tailliert<br />

die Temperatur- und Luftdruckverh ältnisse sowie eine Reihe weiterer Witterungserscheinungen<br />

erfassen. feh len entsprechen<strong>de</strong> ie<strong>de</strong>rschlagsmessun gen. Den ie<strong>de</strong>rschl ägen<br />

scheint <strong>de</strong>mnach in <strong>de</strong>r damaligen Zeit keine allzugroße Be<strong>de</strong>utung beigemessen wor<strong>de</strong>n<br />

zu sein. hHtten sie doch durch entsl rechend geeichte ufTangbehälter relativ einfach gem<br />

e ~sen we r<strong>de</strong>n können. Erst die M essrei he <strong>de</strong>s Fürstlich Fürstenbergischen Domänen'ats<br />

HOPFG,\RTNER zwischen 187 1 und 1883. die er im Gegensatz zu seinen Vorgängern se lbst<br />

auswe rtete ( gl. HOPFGAIHJ LR 1872 und HOPFGARTNER 1885), enthält auch Angaben über<br />

die Nie<strong>de</strong>rschlagsverhältnisse in Donaueschingen. Trotz <strong>de</strong>s rur klimatologische Zwecke<br />

vergleichsweise kurzen und daher we nig repräsentati ven. dreizehnjährigen Beobachtungszeitraums,<br />

wird auf die entsprechen<strong>de</strong>n M esswe rte noch näher eingegangen.<br />

Bereits am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts wur<strong>de</strong>n durch die Badische Lan<strong>de</strong> 'wetterwa<br />

rte in Karlsruhe auch auf <strong>de</strong>r Baal' die ersten amtlichen Klimastationen eingerichtet.<br />

Donau eschingen und Villingen waren die ersten St andorte dieses ganz Ba<strong>de</strong>n flächen<strong>de</strong>ckend<br />

errassen<strong>de</strong>n M essnetzes. in <strong>de</strong>m auch die ie<strong>de</strong>rschliige registriert wur<strong>de</strong>n. Von<br />

bei<strong>de</strong>n Stationen sind entsprechen<strong>de</strong> ie<strong>de</strong>rschl agsdaten j edoch erst seit 189 1 bzw. 1890<br />

überliefert. Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit wur<strong>de</strong>n wei tere tat ionen eingeri chtet, wie etwa in Dürrheim<br />

(damals noch nicht " Bad"). Königsfelcl. Rott weil und Tuttlingen. Ihre Zeitreihen reichen<br />

zwar teil we ise auch bi s ins letzte Jahrhun<strong>de</strong>rt zurück. we isen j edoch mitunter erhebliche<br />

M ess lücken auf. Von <strong>de</strong>r Stati on Spaichingen liegt eine etwas kürzere aber dafür durchgehen<strong>de</strong><br />

M essreihe vor, die bi s 190 I zurückreicht.<br />

3. Analyse von Nie<strong>de</strong>rschlagszeih"eihen<br />

Mit Hilre von Zeitreihenanalysen ein ze lner Klimastationen lässt sich die klimatische Entwick<br />

lungsgeschichte eines Raumes über einen längeren Zeitraum <strong>de</strong>taillierter untersuchen .<br />

Die ILingsten durchgehen<strong>de</strong>n ie<strong>de</strong>r:-.chl agsreihen auf <strong>de</strong>r Baa l' stehen von <strong>de</strong>n Stationen<br />

Donaueschingen und Villingen zur Verfügung. Von bei<strong>de</strong>n Standorten liegen standardi sierte<br />

und homogeni sierte Datenreihen or. die bis 189 1 bzw. 1890 zurückreichen. Einige Datenlücken<br />

<strong>de</strong>r Stat ion Donaueschingen in <strong>de</strong>n Nachkriegsjahren 194 1 - 1947 und 195 1/ 1952<br />

konnten hierbei durch entsprechen<strong>de</strong> Angaben von Villingen geschlossen wer<strong>de</strong>n. Die bei <strong>de</strong>n<br />

Standorte spi ege ln die Klima ge ~ c hi c hte im Bereich <strong>de</strong>r Südbaar (Donaueschingen) und<br />

<strong>de</strong>n nördlichen Teilen <strong>de</strong>r Baar (Villingenl wi<strong>de</strong>r. Die Ostbaar wird durch die, wenn auch<br />

etwas kürze re ie<strong>de</strong>rschlagsreihe <strong>de</strong>r Station Spaichingen repräsentiert .<br />

3.1. Verlauf <strong>de</strong>r jährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />

Die Abb. I zeigt <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r jührlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen an <strong>de</strong>n Klimastati onen<br />

Donaueschinge n. Villingen und Spaichingen. Zusätzlich sind jeweils die Weite <strong>de</strong>r 10-j ährigen<br />

und30-j~ihligen Gauß'schen Tief passfi ltenll1g. durch die verschie<strong>de</strong>ne Trocken- und Feuchtpha:-.en<br />

beson<strong>de</strong>rs hel orgehoben wer<strong>de</strong>n, sowie die lineare und quadratische Regressionskurve<br />

dargestellt. Durch die Schrarfur zwisc hen <strong>de</strong>r 30-j ährigen Gauß'schen Tiefpassfilterung und<br />

<strong>de</strong>m langjLihrigen Mittelwert <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlLige. <strong>de</strong>r als waagrechte Linie eingezeichnet ist,<br />

heben sich feuchtere und trockenere Peri o<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlicher voneinan<strong>de</strong>r ab.


125<br />

1300<br />

mm<br />

1200<br />

1100<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500 L-________ ~--------~r_--------_r--------~~--------~~----<br />

1900<br />

1920<br />

1940 1960 1980<br />

1300<br />

m~ Jahressummen<br />

10-Jahr. Gauß·s.<br />

Tlefpaßfilterung<br />

30-jahr. Gauß's.<br />

Tiefpaßfilterung<br />

_ _ linearer/quadr. Trend<br />

1200<br />

11 00<br />

1000<br />

900<br />

800 ---<br />

---<br />

700<br />

600<br />

500<br />

1900<br />

1920<br />

1940 1960 1980<br />

- - Jahressummen<br />

10-jahr. Gauß's.<br />

---- Tiefpaßfilterung<br />

3D-jahr. Gauß's. _ _<br />

Tiefpaßfilterung<br />

linearer/quadr. Trend<br />

Abb. I a: Verl auf <strong>de</strong>r jährlichen Nie<strong>de</strong>rschl agssummen. <strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r IO-j ährigen und 3D-jährigen<br />

G a u ß'~c h e n Ti e fpa~s filt e run g 'owie d e~ linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klimastation<br />

Don:1ueschingen von 189 1 - 1990 (Quelle: Eigener Entwurf. Datengrundlage: DeUbcher Welterdienst)<br />

Abb. I b: Verlauf <strong>de</strong>r j ährlichen i c d e r~ c hla gss llmm e n . <strong>de</strong>r Wertc dcr IO-jährigcn und 30-j ührigen<br />

Gauß'schen Tiefpass filterung sowie <strong>de</strong>s linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klilllaslalion Villingen<br />

von 1890 - 1990 (Quelle: Eigener Enlwurf. Datengrundlage: Deutscher Wellerdienst)


126<br />

Die drei Stati onen <strong>de</strong>uten auf eine we itgehend einheitliche Entwicklungsten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge<br />

auf <strong>de</strong>r Baar hin. Sowohl in Donaueschingen als auch in Villingen und Spaichingen<br />

ist auf <strong>de</strong>r Basi. einer linearen Regression eine <strong>de</strong>utliche Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge<br />

zu beobachten. So beträgt <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagszu wachs zwischen 189 1 und 1990 an <strong>de</strong>r tation<br />

Donaueschingen 133.4 mm (vgl. Abb. I a). Dabei vollzog sich dieser pos iti ve Trend<br />

naturgemäß nicht kontinuierlich. sond ern feuchtere und trockenere Peri o<strong>de</strong>n lösten einan<strong>de</strong>r<br />

ab. Im Vergleich zum M itlelwert <strong>de</strong>r gesamten Beobachtungsperi o<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r in Donau ­<br />

eschingen 765,3 mm betrügt. wa r <strong>de</strong>r Zeitraum von Beginn <strong>de</strong>r Beobachtung reihe bis<br />

et wa 19 12 durch eine anhalten<strong>de</strong> und ergleichsweise starke Trockenperi o<strong>de</strong> gekennze ichnet.<br />

In diesem Zeitraum wur<strong>de</strong>n im Mittel ( 10- und 30-j ährige Gauß'sche Tiefpassfi Iterung)<br />

di e geringsten j ährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>r gesamten Reihe registriert, auch wenn<br />

im weiteren Verlauf in ein ze lnen Jahren noch erheblich geringere Werte gemessen wur<strong>de</strong>n.<br />

Zwischen 19 12 und <strong>de</strong>m Anfang <strong>de</strong>r dreißiger Jahre bewegten sich die ie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />

in etwa auf <strong>de</strong>m Durchschnittsni veau zwi schen 189 1 und 1990. Die interannualen<br />

Schwankungen waren dabei zum Teil j edoch erheblich, glichen sich aber in <strong>de</strong>r Regel<br />

relati v kurzfristi g wie<strong>de</strong>r aus, so das ' allenfalls die I O-j ährige Gauß'sche Tiefpass filterung<br />

auf kurzfristi ge positive o<strong>de</strong>r negati ve Fluktuationen <strong>de</strong>s Nie<strong>de</strong>rschlags hin<strong>de</strong>utet.<br />

W ährend sich in <strong>de</strong>r zweiten Hülfte <strong>de</strong>r dreißiger Jahre eine etwas feuchtere Perio<strong>de</strong> an<strong>de</strong>utet.<br />

die vo r allem durch die bei<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs nie<strong>de</strong>rsc hl agsreichen Jahre 1939 - es wa r<br />

mit 1. 164.0 mm das nie<strong>de</strong>rschlagsreichste <strong>de</strong>r ge. amten Datenreihe - und 1940 verursacht<br />

wur<strong>de</strong>, ze ichn et sich <strong>de</strong>r Zeitraum zwischen 1945 und <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r fünfziger Jahre durch<br />

ei ne stürk ere Trockenheit aus. I n diese Epoche fällt auch das Jahr mit <strong>de</strong>r geringsten j ährlichen<br />

ie<strong>de</strong>rschlagsmenge zwischen 1891 und 1990. wur<strong>de</strong>n doch 1949 nur 51 5.4 mm<br />

registriert. Ab 1960 stellte sich eine überdurchschnittlich feuchte Perio<strong>de</strong> ein, die bi s zu m<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe anh ält.<br />

Auf <strong>de</strong>r Grundlage dieser Entwicklung ergibt sich f'ijr di e tation Donaueschingen bei<br />

einer Standardabweichung <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschUge von 134.03 mm ein Trend-Rausch-Verhältni<br />

s (Quoti ent aus <strong>de</strong>m linearen Trend und <strong>de</strong>r Standarclabweichung) on knapp 1.0. Dies<br />

ist bei einem sich hieraus ergeben<strong>de</strong>n Si gnifikanzni veau <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagszun ahme von<br />

nur 68 % bei einem Ausschlus. kriterium von 90 % bzw. 95 % statisti sch nicht signifikant.<br />

Dem ent spricht auch <strong>de</strong>r Korrelationskoe ffizient zwischen <strong>de</strong>n j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />

und <strong>de</strong>r Jahreszahl on 0,29. In Tab. I sind die wichtigsten statistischen Kenn ­<br />

größen zusammenge fass t.<br />

A n <strong>de</strong>r tat ion Villingen fällt die ie<strong>de</strong>rschlagszunahme auf <strong>de</strong>r Grundlage einer linearen<br />

Regression mit einem positiven Trend von rund 195.0 mm noch <strong>de</strong>utlich höher aus als in<br />

Donaueschingen. Die Streuung <strong>de</strong>r Daten ist mit einer Standardabwe ichung von 150.29 mm<br />

ebenfall.' etwas höher. Hieraus ergibt sich für Villingen mit 1,30 ein günsti geres Trend­<br />

Rausch-Verlüiltni als in Donaueschingen. Das Signifikanzni veau <strong>de</strong>s Trend s bleibt j e­<br />

doch mit 8 1 0/(' wesentlich unter <strong>de</strong>m kritischen Schwe llenwert von 90 % und ist <strong>de</strong>mnach<br />

als nicht signifikant einzus tufen. Ein Korrelationskoeffizient zwischen el en j ährlichen<br />

ie<strong>de</strong>rschlagssummen und <strong>de</strong>r Jahreszahl von 0.34 <strong>de</strong>utet ebenfalls auf einen vergleichsweise<br />

schwachen Z usammenhang zwischen bei<strong>de</strong>n Größen hin (vgl. Tab. I ). Ä hnliche<br />

Ergebni sse gehen auch aus an<strong>de</strong>ren Untersuchungen zur ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung an<br />

<strong>de</strong>r Klimastati on Villingen hervor (vgl. REICIIELT 1995. S. 4 1 ff.).<br />

Der stati stisch etwas <strong>de</strong>utlichere ie<strong>de</strong>rschl agszuwachs an <strong>de</strong>r Stati on Villingen im Vergleich<br />

zu Donaueschingen ist auf einen in Relation zum ieelerschlagszu wachs gleich-


127<br />

mäßigeren Verlauf <strong>de</strong>r einze lnen Jahreswerte zurückzurLihren, <strong>de</strong>r vor allem aus <strong>de</strong>m Verlauf<br />

<strong>de</strong>r 30-jähri gen Gauß'schen Tiefpass filterung <strong>de</strong>utlich hervorgeht (Abb. I b). So verzeichnet<br />

Villingen. ähnlich wie Donaueschingen. bis etwa 1912 eine sehr trockene Perio<strong>de</strong>.<br />

Trotz eines leich ten Nie<strong>de</strong>rschlagszuwachses bleibt die Kurve <strong>de</strong>r 30-jährigen Gauß'<br />

sehen Tiefpassfilterung dort jedoch noch bi s in die Mille <strong>de</strong>r dreißiger Jahre durchweg<br />

unter <strong>de</strong>m Mittelwert <strong>de</strong>r Gesamtperio<strong>de</strong>. Nach diesem Zeitpunkt stellt sich im Gegensatz<br />

zu Donaueschingen bi s zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe eine durchgehen<strong>de</strong> feuchte Epoche ein.<br />

Dennoch fä llt das nie<strong>de</strong>rschlagsreichste Jahr zwischen 1890 und 1990 nicht in diesen Zeitraum<br />

. Vielmehr verzeichnet das Jahr 1939 mit 1.275.0 mm die höchste ie<strong>de</strong>rschlagsmenge.<br />

während <strong>de</strong>r Tiefstwert <strong>de</strong>r Reihe mit 500.0 mm 192 1 registriert wur<strong>de</strong>. Im Durchschnitt<br />

ergibt sich für die gesamte Beobachtungsperi o<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Station Villingen eine jährliche<br />

Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von 862.5 mm.<br />

1300<br />

mm<br />

1200<br />

1100<br />

1000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500 L-________ ~----------~----------~----~----~----------,_-----<br />

1900<br />

1920<br />

1940 1960 1980<br />

--Jahressummen<br />

10-jähr. Gauß·s.<br />

Tiefpaßfilterung<br />

30-jähr. Gauß's. _ _<br />

Tiefpaßfilterung<br />

linearer/quadr. Trend<br />

Abb. I c: Verlauf <strong>de</strong>r jährlichen ie<strong>de</strong>rsehlagssu111111en. <strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r 10-jährigen und 3D-jährigen<br />

Gauß'sehen Tiefpassfilterung sowie <strong>de</strong>s linearen und quadratischen Trends an <strong>de</strong>r Klimastati on<br />

Spaiehingen von 190 I - 1990 (Quelle: Eigener En twurf. D ~lI e n g rundla ge : Deut eher Wetterdienst)<br />

Die Station paichingen zeigt eine ähnliche ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung wie Donaueschingen<br />

(Abb. I c). Dadurch_ dass die Zeitreihe er-! 190 I einsetzt. geht aus <strong>de</strong>m Diagramm die<br />

ausgeprägte Trockenperi o<strong>de</strong> am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rt, die in Donaueschingen<br />

und Villingen zu beobachten ist. nur an<strong>de</strong>utungsweise aus <strong>de</strong>m Verlauf <strong>de</strong>r 10-jährigen<br />

Gauß'schen Tiefpass filterung hervor. Die 30-jHhrige Gauß'sche Tiefpassfi lterung etzt erst


128<br />

zu einem Zeitpunkt ein, als di e Nie<strong>de</strong>rschlüge im Millel über eine längere Perio<strong>de</strong> nur<br />

geringfü gig um <strong>de</strong>n Durchschnillswerl <strong>de</strong>r Gesamtperi o<strong>de</strong> schwanken. Diese Epoche dauert<br />

in Spaichingen bis 19 .. W an. Anschließend setzt eine Troc kenperio<strong>de</strong> ein. die in Spaichingen<br />

\lin ger und intensiver ausgeprägt zu sein scheint als in Donaueschingen. Hierbei<br />

gilt es j edoch zu berücksichtigen, dass die Uinge <strong>de</strong>r Zeitreihen <strong>de</strong>r untersuchten Stationen<br />

unterschiedlich ist. Weil die Beobachtungsreihe <strong>de</strong>r Stati on Spaichingen erst 190 I beginnt<br />

und dam it die beson<strong>de</strong>rs trockene Perio<strong>de</strong> am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts nicht erfasst,<br />

ergibt sich im Vergleich zu Donaueschingen und Villingen für die Gesamtperi o<strong>de</strong> ein höherer<br />

Durchschnillsnie<strong>de</strong>rsc hl ag. Da dieser in bezug auf <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r 3 0 -j ~ihri ge n Gau ß'schen<br />

Ti e fp a~ . filterung als Maß ~ t a b für <strong>de</strong>n A usweis feuchterer und trockenerer Ze i t r~ium e dient.<br />

erscheinen in Spaichingen cinige Peri o<strong>de</strong>n trockener al s etwa in Donaueschingen.<br />

Ab <strong>de</strong>r Mille <strong>de</strong>r sechziger Jahre ist in Spaichingen <strong>de</strong>r Übergang zu einem feuchteren<br />

Ze itab:chnitt zu beobachten, <strong>de</strong>r bis zu m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe anhält. Da <strong>de</strong>r Anstieg <strong>de</strong>r<br />

ie<strong>de</strong>rschlagsmengen j edoch bereits ab etwa Anfang 1950 beginnt, zeigt die Stati on über<br />

einen Zeitraum von über 30 Jahren einen durchgehen<strong>de</strong>n pos itiven Trend. Das abso lute<br />

Maximum <strong>de</strong>r Gesam tperi o<strong>de</strong> tritt dabei nicht am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihe auf, .. on<strong>de</strong>rn bereits<br />

im Jahr 1939 mit einer j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von 1.246,4 mm. Zehn Jahre spüter<br />

markiert das Jahr 1949 mit 487.3 mm <strong>de</strong>n Tiefpunkt <strong>de</strong>r Reihe und fä llt dadurch sowohl<br />

bei <strong>de</strong>r 10-jährigen al s auch bei <strong>de</strong>r 30-j ~i hri ge n Gauß'sc hen Tiefpassfilterun g in die trokkenste<br />

Peri o<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gesamten Beobachtungszeitraum s. Insgesamt ergibt sich für die St ation<br />

Spaichingen zwischen 1901 und 1990 bei einer durchschnittlichen Jahressumme von<br />

8 16.2 Illm ein positiver Nie<strong>de</strong>rschl agstrend von etwa 11 2,0 mm. Mit einer Stand ardabwe<br />

ichung <strong>de</strong>r Daten von 137.08 Illm leitet sich hieraus ein Trend -Rausch-Verhältnis von<br />

0.82 ab. Mit einem Si gnifikanzni vea u on 59 O/C . das sich hieraus ergibt, ist <strong>de</strong>r Trend<br />

damit ~ tati s ti sc h nicht signifikant. Das <strong>de</strong>utct auch <strong>de</strong>r Korrelationskoeffi zient zwi schen<br />

<strong>de</strong>n einze lnen Jahreswerten und <strong>de</strong>r Jahreszahl von 0. 18 an (vgl. Tab. I ).<br />

3.2. Jahl'eszeitliche nterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung<br />

Eine genaucre j ahreszeitliche Analyse <strong>de</strong>r ic<strong>de</strong>rschlagsent wicklung zeigt für die Baa r<br />

ein sehr heterogenes Bild. So verzeichn et die Station Donaueschingen in <strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r<br />

M onate innerhalb <strong>de</strong>s Beobachtungszeitl'aums eine zum Teil <strong>de</strong>utliche Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlüge.<br />

Sie ist im Februar mit 29,9 mm am größten, gefolgt vom ovember mit 23,2 mm<br />

und A ugust mit 2 1.6 mm. In <strong>de</strong>n M onaten M ~ir z und April ist <strong>de</strong>r Z uwachs hingegen vergleichsweise<br />

gering und liegt bei 9.0 bzw. 9.6 mm. Im Juli. eptember und Oktober ist ein<br />

negati er ie<strong>de</strong>rsehlagstrend zu beobachten. In diesen M onaten gingen die ie<strong>de</strong>rschlüge<br />

zwischen 189 1 LInd 1990 im Mittel um 4,3 mm (Juli) bis 17,4 mm (September) zurück<br />

(vgl. Tab. I ).<br />

Ein j ahreszeit licher Trend <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagsent wicklung zeigt sich in <strong>de</strong>n Datenreihen<br />

kaum . Sowohl im Winter- als auch im Somillerhalbj ahrtreten M onate mit überdurchschnittlich<br />

starken LInd schwachen ie<strong>de</strong>rschlagszuwiichsen bzw. -rückgän gen auf. Lediglich die<br />

M onate mit rückl äufigen ie<strong>de</strong>rschlagstrends scheinen sich vor allem aur die Herbstmonate<br />

zu konzentrieren. I nsgesamt ist die Si gni fikanz <strong>de</strong>s Trends im Februar bei ei nem Trend­<br />

Rausch- erhültni s on 0.89. was einem Si gnifikanzni veau von 63 o/c entspricht , <strong>de</strong>utlich<br />

am h öc h ~ t e n . In allen an<strong>de</strong>ren M onaten bleiben die entsprechen<strong>de</strong>n Werte unter 0.7 bzw.<br />

52 o/c. Insgesamt zeigt sich somit in allen M onaten eine sehr geringe Si gnifikanz <strong>de</strong>s<br />

Nie<strong>de</strong>rsch lagstrends. Die Tab. I fasst einige wichtige stati stische Kcnngrößen zusammen.


129<br />

Tab. I : Statisti sche Kenngrößen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung bei <strong>de</strong>n Jahressummen an <strong>de</strong>n<br />

Klimastati onen Donaueschingen ( 189 1 - 1990). Villingen ( 1890 - 1990) und Spaichingen ( 190 I -<br />

1990) owie für die einzelnen M onate in Donaueschingen<br />

Per. Zeitraum Mittel M ax. Min. Ampl. St.ab. Lin. T T./R. Sig.n. Korr.<br />

( 111111) (111m) (mm) (ml11) (111m) (111m) (%)<br />

Spaiching. Jahr 190 1- 1990 816.2 1246,4 487,3 759, 1 137 ,08 11 2,0 0,82 59 0.18<br />

Villingen Jahr 1890- 1990 862,5 1275.0 500.0 775 .0 150,29 195,0 1.30 8 1 0.34<br />

Donauesch. Jahr 189 1- 1990 765 .3 1164.0 5 I 5,4 648.6 134.03 133.4 1,00 68 0,29<br />

Jan. 1891- 1990 55.3 149,0 8.0 14 1.0 33 ,05 18.6 0,56 42 0. 16<br />

Feb. 189 1- 1990 45,2 19 1.6 3.4 188.2 33.54 29,9 0,89 63 0.26<br />

Mrz 189 1- 1990 48,0 158,6 I.7 156.9 27,05 9,0 0,33 26 0.10<br />

Apr. 189 1- 1990 54,0 176,0 2.0 174,0 30.09 9.6 0.32 24 0.09<br />

Mai 189 1- 1990 74.8 171 ,5 9.8 16 1,7 32.32 19.7 0.6 1 46 0.18<br />

Jun . 189 1- 1990 89,8 204.5 30,0 174,5 32.44 17.2 0.53 40 0. 15<br />

Jul. 189 1- 1990 83.2 22.+,5 7,5 2 17.0 40.24 -4.3 0, 11 7 -0.03<br />

A ug. 189 1- 1990 84.5 230,0 10,0 220,0 42,44 2 1,6 0.5 1 39 0. 15<br />

Sep. 1891- 1990 63.6 178,0 7.0 17 1.0 35.79 - 17,4 0.49 37 -0. 14<br />

Okt. 189 1- 1990 54.4 182 .0 1,8 180.2 34,92 -7. 1 0.20 15 -0,06<br />

Nov. 189 1- 1990 56.9 198,5 2.0 196.5 37 ,49 23 .2 0,62 46 0. 18<br />

Dez. 189 1- 1990 55.9 226,7 0.7 226,0 38, 17 14.7 0.36 30 0,11<br />

(Per. = Perio<strong>de</strong>, Minel = Millel <strong>de</strong>rZeiLreihe. Max. = M ax i l11ul11 <strong>de</strong>rZeitreihe, Min. = M inimul11 <strong>de</strong>r<br />

Zeitreihe, Ampl. = Differenz zwischen <strong>de</strong>m M ax il11u m und <strong>de</strong>l11 Minil11ul11 <strong>de</strong>r Zei treihe. Stab. =<br />

Standardabweichung, Lin. Tr. = linearerTrend. T./R. = Trend-Rausch-Verhä ltnis, Sig.n. = Signifikanzni<br />

veau. Korr. = Korrelati onskoeffizient zwischen <strong>de</strong>n einzelnen l ahresmitteln und <strong>de</strong>r Jahreszahl)<br />

(Quelle: Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst)<br />

Demgegenüber weist die Standardabweichung <strong>de</strong>r monatlichen Nie<strong>de</strong> rschlagssummen einen<br />

leichten Jahresgang auf. Die Werte sind in <strong>de</strong>n Übergangsj ahreszeiten Frühling und<br />

Herbst j eweils etwas geringer als in <strong>de</strong>n Sommer- und Wintermonaten. Letztere sind durch<br />

einen mitunter von Jahr zu Jahr unterschied lich großen Einnuss von Hochdruckgebieten<br />

gekennzeichnet, die Zll größeren interannualen ie<strong>de</strong>rschlagsschwankungen füh ren. Diese<br />

gehen sowohl im Sommer als auch im Winter nicht Zllietzt au <strong>de</strong>r Differenz zwischen <strong>de</strong>r<br />

höchsten und ti efsten monatl ichen Nie<strong>de</strong>rschlagssumme innerh alb <strong>de</strong>r Zeitreihe hervor,<br />

die im Juli, August und Dezember auf <strong>de</strong>utlich über 2 10 mm ansteigt (vgl. Tab. I ).<br />

Die Abb. 2 teilt die ie<strong>de</strong>r 'chlagsentwicklu ng an <strong>de</strong>r Klimastation Donaueschingen von<br />

189 1 - 1990 in j ahreszeitlicher Di ffe renzierung dar. Die Darstellung basiert auf <strong>de</strong>n ein zelnen<br />

monatlichen ie<strong>de</strong>rschJ agssummen <strong>de</strong>s gesamten Beobachtungszeitraums, die mit Hilfe<br />

eies Programms SURFER in Form einer zweidimensionalen Grafik interpoliert wur<strong>de</strong>n.<br />

Auf <strong>de</strong>r x-Achse sind dabei die einze lnen M onate. auf <strong>de</strong>r y-Ach e die Jahre aufgeführt<br />

(vgl. SI EGMUND 1998, S. 133). Die Grafik ver<strong>de</strong>utlicht <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlag zuwachs, <strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>r Zeitreihe vor allem in <strong>de</strong>n Wintermonaten zu beobachten ist. So nehmen am linken<br />

(Januar und Februar) und rechten Bildrand (November und Dezember) die dunkel eingefärbten<br />

Flächen. die Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen über 60 mm kenn ze ichnen, immer mehr Zll.


130<br />

1990<br />

1980 80 80 •<br />

40<br />

BO<br />

1970 • ...<br />

0<br />

1960<br />

40 ~I:l<br />


13 1<br />

140<br />

120 -, --­<br />

I j<br />

100 r--<br />

1',<br />

- / --- ......<br />

/ ' ,,-<br />

/<br />

"-<br />

"-<br />

E<br />

E<br />

80<br />

60<br />

o<br />

Jan.<br />

Feb.<br />

.-------J<br />

Mrz Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.<br />

r ___ 1871-1883-·-- 1891 -1900 --;:-" 1901=1930 ~<br />

x 1931 -1960 --1961-1990<br />

.I<br />

Abb. ]: Millierer Jahresgang <strong>de</strong>r monatlichen N ie<strong>de</strong>rsch lagssummen an dcr Klimaslalion Donaueschingen<br />

in verschie<strong>de</strong>nen Zeiträumen (Quelle: Eigener Elllwurf. Datengrundlage: H OPrGARTNER<br />

1885. Deulscher Wencrdiensl)<br />

Die Abb. 3 ver<strong>de</strong>utlicht die j ahreszeitliche Entwicklung <strong>de</strong>r mittleren Nie<strong>de</strong>rschl agssummen<br />

an <strong>de</strong>r Klimastati on Donaueschingen für die Zeiträume 187 1 - 1883 (vgl. HOPFGARTNER<br />

1885) und 189 1 - 1900 sowie <strong>de</strong>r drei Standardperi o<strong>de</strong>n 190 I - 1930, 193 1 - 1960 und<br />

1961 - 1990. Daraus wird zun ächst <strong>de</strong>r typi sche Jahresgang <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge auf <strong>de</strong>r<br />

Baar <strong>de</strong>utlich. Die Sommermonate Juni. Juli und August. in einigen Perio<strong>de</strong>n auch <strong>de</strong>r<br />

M ai, weisen im Mittel die höchsten monatlichen Nie<strong>de</strong>rsc hlagsmengen <strong>de</strong>rjeweiligen Peri<br />

o<strong>de</strong> auf. Ein sek undäres ie<strong>de</strong>rschlagsmax imum zeichnet sich außer zwischen 187 1 und<br />

1883 in <strong>de</strong>n M onaten ovember. Dezember und Januar ab. Zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Zeiträumen<br />

. ind im Frühjahr und Herbst zwei etwa gleich stark ausgeprägte relati ve ie<strong>de</strong>rschlagsminim


132<br />

auch <strong>de</strong>r August. Während die jüngste Perio<strong>de</strong> 196 1 - 1990 im Winter (November - Febru ­<br />

ar) jeweils die höch ·ten ie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>r betrachteten Zeiträume aufweist. fa llen<br />

die entsprechen<strong>de</strong>n M ax ima im Frühjahr, Sommer und Herbst (M ürz - Oktober) auf das<br />

M illel <strong>de</strong>r Jahre 187 1 - 1883. Dabei ze igt . ich selbst bei <strong>de</strong>n langjühri gen Mittel werten die<br />

recht wechselhafte ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung. So wa r etwa die Zun ahme <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlüge.<br />

die seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen Jahrhun<strong>de</strong>rts im M ärz, A pri l, M ai und Dezember<br />

zu beobachten ist. nicht kontinuierlich, son<strong>de</strong>rn von einem vo rübergehen<strong>de</strong>n Rückgang<br />

zwischen <strong>de</strong>r Peri o<strong>de</strong> 190 I - 1930 und 193 1 - 1960 gekennzeichnel. Den höchsten Nie<strong>de</strong>rsch<br />

lagszuwachs zwischen <strong>de</strong>r ersten ( 187 1 - 1883) und j üngsten Peri o<strong>de</strong> ( 196 1 - 1990)<br />

verzeichnete jedoch mit 24.5 mm <strong>de</strong>r Januar. Die größte Di fferenz im Vergleich zweier<br />

Zei trüume crgibt sich in<strong>de</strong>s mit 25 .1 mm im 0 ember zwischen <strong>de</strong>m Mittel <strong>de</strong>s Zeitraums<br />

189 1 - 1900 un d <strong>de</strong>r ak tuellen Standardperi o<strong>de</strong> (vgl. bb.3 und Tab. 2).<br />

Tab. 2: Milliere monatl iche ie<strong>de</strong>r~chla g ssummen an <strong>de</strong>r Kl imastation Donauesehingen in ve rschie<strong>de</strong>nen<br />

Zcitriiumen (Quelle: Ei gene Berechnungen. Datengrund lage: J-J OPFGA RTNI: R 1885, Deutscher<br />

Wetlerdien,t)<br />

Zeitraum .I an. Feb. M~i rz April Mai Jun i J ul i Aug. Sep. Okt. Nov . Dez. Jahr<br />

187 1- 188:\ :\6.4 -1-5 .0 56.9 79.0 96. 1 126.7 11 5.4 9 1.7 94.2 89.0 66.6 55,9 953. 1<br />

1891 - 1900 -1-5.0 3-1-. 1 -1-0.7 53.9 63 .2 80.8 90.8 66. 1 6 1.9 63.0 41.7 46,7 687.9<br />

1901 - 19:\0 50.8 36.3 49.0 54.8 7-1-,4 S3.4 83.0 8 1.0 67.3 57.5 5:\.3 57.8 748.6<br />

19:\1 - 1960 58. 1 -1-9.3 40,4 45.5 68.5 96.1 83.7 89.2 69,2 50,9 56.0 47.2 754. 1<br />

196 1- 1990 60.9 54.7 56.6 61.0 85.0 93.6 80.4 89.9 54.9 51.7 66.8 65. 1 8 19.4<br />

Mittel 50.3 -1-3.9 -I-S.7 58.8 77,4 96. 1 90.7 83.6 69.5 62.4 56.9 54.5 792.6<br />

Maximum 60.9 54.7 56.9 79.0 96. 1 126,7 115.4 91.7 94.2 89.0 66.8 65, 1 953, 1<br />

Mi nimum 36.4 34. 1 40.4 45.5 63 .2 80.8 80.-1- 66. 1 54.9 50.9 -1-1.7 46.7 687.9<br />

Ami litudc 24.5 20.6 16.5 33.5 32.9 45.9 35.0 25.6 39.3 38. 1 25. 1 18,4 265.2<br />

Sla.abw. 9.95 8.67 8, 10 12.55 13.2l I S.2( 14.36 10.60 1-1-,87 15.65 10,45 7.76 10 1.06<br />

In <strong>de</strong>n Sommer- und Herbstmonaten stcllen ich die Vcrh ültnisse an<strong>de</strong>rs dar. Sie sind zumeist<br />

durc h einen Rückgang <strong>de</strong>r i e d e r sc h l ~ige gekenn zeichnet. <strong>de</strong>r sich zu min<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r<br />

jüngsten Peri o<strong>de</strong> nie<strong>de</strong>rschl äg t. Im Juli und eptember wird dies beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich. In<br />

diesen Monaten we ise n die Zeitrüu me 187 1 - 1883. 189 1 - 1900. 190 I - 1930 und<br />

193 1 - 1960 jeweils höhere mittlere N ie<strong>de</strong>rschlagsmengen auf als die Peri o<strong>de</strong> 196 1 - 1990.<br />

Der stürkste ie<strong>de</strong>r. chlagsrü ckgang zwischen <strong>de</strong>r ersten und j üngsten Peri o<strong>de</strong> fällt dabei<br />

mit 39.3 mm in <strong>de</strong>n Septembe r. Bei <strong>de</strong>n Jahresmi tteln überwiegt j edoch zu min<strong>de</strong>st wä h­<br />

rend diese. Jahrhun<strong>de</strong>rts eine <strong>de</strong>u tliche Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme, wie sie bereits aus Abb. I<br />

und Tab. I hervorging. A uf diesc Weise nahmen die mittleren j ährlichen ie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />

von 687 ,9 mm im Zei tra um von 189 1 - 1900 bis zur jüngsten Perio<strong>de</strong> UI11 13 1,5 111111 zu<br />

und liegen an <strong>de</strong>r Station Donaucsch ingen nun ( 196 1 - 1990) bei 8 19.4 mm. ur <strong>de</strong>r Zeitraum<br />

187 1 - 1883 war l11it einem M ittelwert von 953, I mm noch <strong>de</strong>utlich nie<strong>de</strong>rschlagsreicher<br />

(vgl. Tab. 2).<br />

4. Überregionaler ergleich <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsent wicklung<br />

Die Klimastationen Donaueschi ngen. Villingen un d Spaiehingen zeigen insbeson<strong>de</strong>re im<br />

langjährigcn M itlei ( I O-jährige und vor allem 30-jährige Gauß'sehe T iefpass filterung) insgesamt<br />

eine recht ~i hn l i c h e ic<strong>de</strong>rsehlagsc nt wick lung. Durch die A nalyse so lcher Zeit-


133<br />

reihen lassen sich letztlich j edoch nur die spezi fischen klimageschichtlichen Gegebenheiten<br />

einzelner Orte miteinan<strong>de</strong>r ve rgleichen, von <strong>de</strong>nen entsprechen<strong>de</strong> D aten zur Verfügung<br />

stehen. Flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>, überregionale räumliche Unterschie<strong>de</strong> gehen daraus nicht<br />

unmittelbar hervor. Aus diesem Grund dient <strong>de</strong>r Entwurf von Klimakarten für verschie<strong>de</strong>ne<br />

Zeiträume einer genaueren Untersuchung <strong>de</strong>r Variation <strong>de</strong> räumlichen Verleilungsmusters<br />

<strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge. Entsprechen<strong>de</strong> Karten wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r durchschnittlichen<br />

ie<strong>de</strong>rschlagsmengen fi.ir die bei <strong>de</strong>n letzten klimatologisc hen Standardperio<strong>de</strong>n<br />

193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 generi ert. Die Karten basieren dabei auf einem<br />

mehr o<strong>de</strong>r weni ger n ächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Stationsnetz, das in Deutschland zumin<strong>de</strong>st seit <strong>de</strong>n<br />

dreißiger Jahren eine ausreichen<strong>de</strong> Dichte für die zum Entwurf <strong>de</strong>r Karten notwendigen<br />

Berechnungen aufweist. Diese beruhen auf einer rtiuml ich variablen, linearen Höhenregression<br />

(zur methodischen Vorgehensweise beim Entwurf <strong>de</strong>r Klimakarten vgl. SI EGM ND<br />

I 999a. S. 200 und M -- LL ER-W ESTERMEIER 1995).<br />

Die Abb. 4 - 6 zeigen das räumliche Verteilungsmuster <strong>de</strong>r mittleren Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />

pro Jahr, im hydrologischen Winterhalbjahr ( ovember - April) und im hydrologischen<br />

Sommerhalbjahr (M ai - Oktober)" für die bei<strong>de</strong>n Zei träume 193 1 - 1960 und 196 1 -<br />

1990. Die Karten erfassen einen A usschnitt von 100 km in West-Ost- und 75 km in ord­<br />

Süd-Richtung, in <strong>de</strong>ssen Zentrum die Baar liegt. Die dargestellte Region reicht in etwa von<br />

Freiburg im Westen bi s nach M eßkirch im Osten und von <strong>de</strong>r Schweizer Grenze im Si.i<strong>de</strong>n<br />

bi s nach Balingen im or<strong>de</strong>n. Im äußersten Nordwesten wird die französische Grenze<br />

berührt, im Südosten fast Konstanz (vgl. SI EGMU D 1988, A bb. 4, S. 138).<br />

Die A bb. 4a und A bb. 4b zeigen die räumliche Verteilung <strong>de</strong>r j ährlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />

im Mittel <strong>de</strong>r Ze itr~ium e 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990. In bei<strong>de</strong>n Perio<strong>de</strong>n treten<br />

<strong>de</strong>utlich die hohen Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen im Bereich <strong>de</strong>s Südschwarzwalds in Erscheinung,<br />

die in <strong>de</strong>n Gipfellagen mehr als 1.800 mm pro Jahr betragen. ach Westen und<br />

Osten nehmen die ie<strong>de</strong>rschläge j eweils ab und zeichnen dabei gleichsam die Topographie<br />

<strong>de</strong>, betreffen<strong>de</strong>n Raumes nach. Sie erreichen in <strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene zumeist<br />

etwa 800 - 1.000 mm. Im Lee <strong>de</strong>s SchwarzwaJdhauptkamms gehen die Nie<strong>de</strong>rschl ä­<br />

ge trotz größerer H öhenlage zum Teil noch weiter zurück als auf <strong>de</strong>r Luvse ite. [m Bereich<br />

<strong>de</strong>r Baal' erreichen sie zwischen 196 1 und 1990 im Mittel nur etwa 700 - 1.000 mm. in<br />

einigen beson<strong>de</strong>rs geschützten Lagen, wie beispielsweise um Spaichingen, gehen sie soga r<br />

auf 600 - 700 mm zu rück. Auch im Donautalund in Richtung B o<strong>de</strong>nsee dominieren mittlere<br />

Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen von 600 - 900 mm pro Jahr. Die Höhenlagen <strong>de</strong>s Hega us, <strong>de</strong>r<br />

Süd- und Ostbaal' und <strong>de</strong>r sich ansch ließen<strong>de</strong>n Schwäbischen A lb si nd hingegen durch<br />

eine Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge auf bi s zu J .200 mm ( 196 1 - 1990) gekenn zeichnet.<br />

Ein genauerer Vergleich <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Peri o<strong>de</strong>n zeigt, dass <strong>de</strong>r Zeitraum 196 1 - 1990 im<br />

dargestellten Raum im Mittel höhere ie<strong>de</strong>rschlagsmengen aufwie als 1931 - 1960. D er<br />

Südschwarzwald ist hiervon in beson<strong>de</strong>rem Maße betroffen. Dort nimmt in <strong>de</strong>n Gipfelregionen,<br />

wie etwa <strong>de</strong>m Feldberggebiet und rund um <strong>de</strong>n Belchen, die Fläche mit Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen<br />

über 1.800 mm pro Jabr (dunkelviolett) <strong>de</strong>utlicb zu . Auch in tieferen L a­<br />

gen <strong>de</strong>s Südschwarzwalds ist eine entsprechen<strong>de</strong> Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl äge von tei lwe i­<br />

se über 200 mm pro Jahr zu verzeichnen. Der positive ie<strong>de</strong>rschlagstrend macht sich auch<br />

im L ee <strong>de</strong>s Schwarzwalds bemerkbar. So ist im Bereich <strong>de</strong>r Baal' ein, wenn auch nur leichter<br />

Zuwac hs <strong>de</strong>r Jahres ni e<strong>de</strong>rschläge zu beobachten, <strong>de</strong>r j edoch zumeist kaum mehr al<br />

100 mm betTägt. Ä hnliches gilt auch für die Schwäbische A lb. D on tritt <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagszuwachs<br />

durch das Auftret.en <strong>de</strong>s hellblau gekenn zeichneten Nie<strong>de</strong>rschl agsbereichs von<br />

1. 101 - 1.200 mm pro Jahr im Zeitraum 196 1 - 1990 beson<strong>de</strong>rs in Erscheinung.


Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagssummen <strong>de</strong>s Zeitraums 1931 - 1960<br />

Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />

• • >1800 1001 -1100 501 - 600 N<br />

1601 - 1800 901 - 1000 -~-_-.....---<br />

401 - 500<br />

A<br />

1401 - 1600 801 - 900 301 - 400 20 km<br />

• 1201 - 1400 701 - 800


135<br />

Einen gegenläufigen Trend zeigt <strong>de</strong>r Oberrheingraben. <strong>de</strong>r Hegau und das Bo<strong>de</strong>nseegebiel.<br />

Dort ist zwischen <strong>de</strong>n betrachteten Zeiträumen ein leichter Rückgang <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>L"chläge<br />

zu verzeichnen. So trill in <strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> 196 1 - 1990 in <strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene im<br />

Gegensatz zum Zeitraum 193 1 - 1960 vereinzelt <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rsc hlagsbereich von 70 I - 800 mm<br />

(hellgrün ) in Erscheinung. zwischen Hegau und B o<strong>de</strong>nsee sogar <strong>de</strong>r Bereich von 60 I -<br />

700 mm (grüngelb). Der Nie<strong>de</strong>rschlagsrückgang beträgt j edoch kaum über 100 mm. in<br />

einigen Regionen ist sogar keine Veriin<strong>de</strong>rung auszumachen.<br />

Die Abb. 5 und Abb. 6 geben die jahreszeitliche Verteilung <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschläge im hydrologischen<br />

Winter- ( ovember - April) und Sommerhalbjahr (Mai - Oktober) wie<strong>de</strong>r. Daraus<br />

geht <strong>de</strong>utlich hervor. dass die jährl ichc ie<strong>de</strong>rschlagszunahme zwischen 193 1 - 1960 und<br />

196 1 - 1990. die in weiten Tei len <strong>de</strong>s Kartcnausschnills zu beobachten ist. vor allem auf<br />

einen entsprechen<strong>de</strong>n Zuwachs in <strong>de</strong>n Wintermonaten zurückzuführen ist. Die Abb. 5a<br />

und Abb. Sb ze igen im gesamten dargestellten Raum. on einigen Ausnahmen im Oberrheingebiet<br />

abgesehen. eine markante Zunahme <strong>de</strong>r winterlichen ie<strong>de</strong>rschläge, selbst injenen<br />

Regionen, die im Jahresmillel eine leicht rück läufige Ten<strong>de</strong>nz aufze igen. Am <strong>de</strong>utlichsten<br />

füllt dabei <strong>de</strong>r positive ie<strong>de</strong>rschlagstrend in <strong>de</strong>n Höhenlagen <strong>de</strong>s Südschwarzwalds auf.<br />

Die Fläche mit über 900 mm Nie<strong>de</strong>rschlag von November bis April (dunkelviolett) nimmt<br />

dort zwischen <strong>de</strong>n betrachteten Standardperio<strong>de</strong>n erheblich zu. In einigen Tei len <strong>de</strong>s Feldbe<br />

rg- und Rohrhardsberggebiets geht daraus ei ne Zunahme von über 200 mm zwischen<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Zeiträumen hervor.<br />

Die Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme macht sich aber auch westlich und östlich <strong>de</strong>s Schwarzwaldhauptkamms<br />

bemerkbar. So ist im Bereich <strong>de</strong>r Baar im Minel ein Zuwachs von etwa 50 mm.<br />

teilwe ise aber auch über 100 mm zu beobachten. Zwischen 1961 und 1990 liegt dort die<br />

Höhe tier winterlichen ie<strong>de</strong>rsc hlLige dadurch im Durchschnill zwischen 300 und550 mm.<br />

in <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>rs trockenen Gebiet um Spaichingen sogar nur bei 200 - 300 mm. Ähnliche<br />

Zuwachsraten wie auf <strong>de</strong>r Baal' si nd mit etwa 50 - 100 mm auch auf <strong>de</strong>r Schwäbi schen Alb.<br />

im Hegau und im Bo<strong>de</strong>nseeraum zu verzeichnen. Lediglich im äußersten Nordwesten <strong>de</strong>s<br />

Kartenau sschnills lässt sich in <strong>de</strong>n ti eferen Lagen <strong>de</strong>s Oberrheingrabens eine leicht rü cklLiufige<br />

winterliche ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz erkennen.<br />

Wie die Abb. 6a und Abb. 6b ver<strong>de</strong>utlichen. stellt sich die ' ie<strong>de</strong>rschlagsentwicklung im<br />

hydrologischen Sommerhalbjahr differenzierter dar. Wie<strong>de</strong>rum weisen die Höhenlagen<br />

<strong>de</strong>s Südschwarzwalds die stärksten Zuwachsraten auf. die sich zwischen <strong>de</strong>m Mittel <strong>de</strong>r<br />

Zeiträume 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 auf maximal 100 mm belaufen. Da Gebiet um<br />

<strong>de</strong>n Rohrhard sberg und <strong>de</strong>n Kan<strong>de</strong>l ist davon wei t mehr betroffen als das Feldbergmassiv,<br />

wo sich zum Tei I nur sehr geringfügige Verän<strong>de</strong>rungen ausmachen lassen. In Richtung<br />

Hotzenwald ist soga r ei ne leicht rücklLi ufige Nie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zu beobac hten. Mit<br />

abnehmen<strong>de</strong>r Höhe wird die Nie<strong>de</strong>rschlagszunahme geringer. ach Westen drehen . ich<br />

die Verhältni sse unterhalb ei ner sommerlichen Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge von etwa 600 - 700 mm<br />

um - die ie<strong>de</strong>rsc hläge nehmen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n betrachteten Peri o<strong>de</strong>n ab. im Bereich<br />

<strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene um bis zu 100 mm.<br />

A uf <strong>de</strong>r Leeseite zeigen sich ähnliche Ten<strong>de</strong>nzen. Auch don kehrt sich die Zunahme <strong>de</strong>r<br />

Nie<strong>de</strong>rschläge in <strong>de</strong>n Höhen lagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds allmählich in einen Rückgang um.<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r Baar erreicht dieser einen Wert von bi s zu 50 mm. Mitunter ind die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

jedoch zu gering. al dass sie sich in <strong>de</strong>n K arten durch unterschiedliche Skalenbereiche<br />

abzeichnen wür<strong>de</strong>n. Insgesa mt betragen die sommerlichen Nie<strong>de</strong>rschläge im Mittel<br />

<strong>de</strong>r Jahre 196 1 - 1990 auf <strong>de</strong>r Baar zwischen -WO und 550 mm. verein zelt sogar bis zu<br />

600 mm. Auch we ite Teile <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb. <strong>de</strong>s Hegaus und <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>n seeraumes


Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagshöhen hydro!. Winterhalbjahr (1931 - 1960)<br />

Rottwell •<br />

.... Lomberg<br />

..<br />

• VltMngen<br />

• Tutthngen<br />

Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />

• >900 • 501 - 550 251 - 300<br />

• 801 - 900 • 451 - 500 201 _ 250<br />

• 70 1 -800 • 401 - 450 • 151- 200<br />

• 601 -700 • 351 - 400 •


137<br />

verze ichnen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Standardperio<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsrückgänge von bis zu<br />

100 mm. Auf <strong>de</strong>r H egaualb tritt die rückläufige ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zwischen 193 1 -<br />

1960 und 196 1 - 1990 durch eine <strong>de</strong>utliche Abnahme <strong>de</strong>s hellblau gekenn zeichneten ie<strong>de</strong>rschlagsbereichs<br />

von 55 1 - 600 mm zugunsten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n grünen Skaleneinheiten (45 1<br />

- 500 mm bzw. 501 - 550 mm) beson<strong>de</strong>rs in Erschei nung.<br />

Ein Vergleich <strong>de</strong>r Abb. 5 und Abb. 6 macht räumliche Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r j ahreszeitlichen<br />

Vertei I u ng <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rsch läge und dami t <strong>de</strong>ren Genese <strong>de</strong>utl ich. So fä ll t das j ah reszei tl iche<br />

ie<strong>de</strong>rschlagsmax imum im Südschwa rzwald insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> von 196 L - 1990<br />

in das Winterh albjahr, wo im Umfeld <strong>de</strong>s Feldberg- und Belchenmassivs verbrei tet Werte<br />

von über 900 mm auftreten . 1111 SOIllmer sind dort die Nie<strong>de</strong>rschl agsmengen wesen tlich<br />

geringer - mehr als 900 ml11 wer<strong>de</strong>n nur noch sehr vereinzelt erzielt. Sowohl im Oben'heingraben<br />

al auch auf <strong>de</strong>r Leeseite <strong>de</strong>s Schwarzwalds ste llen sich die Verhältnisse genau<br />

umgekehrt dar. Hier dominiert bei weitem <strong>de</strong>r sommerliche ie<strong>de</strong>rschlag. A uf <strong>de</strong>r Baa l'<br />

fa llen im Sommer stellenweise bis zu mehr als 150 mm höhere Nie<strong>de</strong>rschläge als im Winter,<br />

wie etwa in <strong>de</strong>r Region um Spaichingen.<br />

Ln dieser jahreszeitlichen ie<strong>de</strong>rschlags erteilung spiegelt sich <strong>de</strong>r unterschiedliche Grad<br />

<strong>de</strong>r hygrischen Kontinentalität wi<strong>de</strong>r. Die Höhenlagen <strong>de</strong>s Schwarzwalds erhalten ihre<br />

Nie<strong>de</strong>r 'chläge vor allem infolge von Staueffekten <strong>de</strong>r vorwiegen<strong>de</strong>n geostrophischen Westbi<br />

s Südwestwin<strong>de</strong>. Diese sind im Z usammenh ang mit einer stärkeren Dynamik in <strong>de</strong>r Atmosphäre<br />

durch größere Energiegegensätze zwischen Äquator und Pol im Winterha lbjahr<br />

stärker als im Sommer. Mit <strong>de</strong>n in diese Westwinddri ft eingelagerten Tiefdruckwirbeln<br />

geht ein hohes Feuch ti gkeitspotential einher. Die dabei zumeist vorhelTschen<strong>de</strong>n advekti ven<br />

Nie<strong>de</strong>rsch läge erreichen die tiefer gelegenen Regionen im Osten <strong>de</strong>s Schwarzwaldhauptkamms<br />

infolge von Leeeffekten nur in abgeschwächter Form - die winterlichen Nie<strong>de</strong>rschlagssummen<br />

sind entsprechend geringer. Dort treten j edoch in <strong>de</strong>n Sommermonaten<br />

verstärkt konvektive Prozesse in Erscheinung. die eine Bewöl kungszunahme und lokale<br />

Schauernie<strong>de</strong>rschl äge bewirken, mit <strong>de</strong>nen zum Teil heftige Gewitter einhergehen. Diese<br />

führen im langjährigen Mittel - in einze lnen Jahren können sich die Verhältnisse durch die<br />

zellen- und bän<strong>de</strong>rarti ge Struktur <strong>de</strong>r konvektiven Nie<strong>de</strong>rschläge zu m Teil sehr unterschiedlich<br />

darstellen - zu einer Dominanz <strong>de</strong>r sommerlichen N ie<strong>de</strong>rschläge in diesen Regionen,<br />

wie etwa <strong>de</strong>r Baa r.<br />

5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen<br />

Wie die Untersuchungen gezeigt haben. ist auf <strong>de</strong>r Baal' seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s vergangenen<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts nicht nur ein Temperaturansti eg zu vei'zeichnen (vgl. SI EGMUND 1998), son<strong>de</strong>rn<br />

auch eine markante Zunahme <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl agsmengen. 1m l ahresmittel beträgt <strong>de</strong>r<br />

Zuwachs etwa 130 mm im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Baar (D onaueschingen) bi s ca . 200 mm im Nor<strong>de</strong>n<br />

(Villingen). Bei einer genaueren j ahreszeitlichen A nalyse <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsverän<strong>de</strong>rungen<br />

an <strong>de</strong>r Station Donaueschingen hat sich gezeigt, dass die Zunahme in erster Linie auf einen<br />

<strong>de</strong>utlichen Ansti eg <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschl agsmengen im Winterhalbjahr zurückzuführen ist. In<br />

<strong>de</strong>r M ehrzahl <strong>de</strong>r Sommermonate sind die Zuwächse, wenn so lche überhaupt auftreten,<br />

relativ gering. In einigen Monaten <strong>de</strong>s Sommerhalbjahrs ist in <strong>de</strong>n vergangenen 100 l ahren<br />

sogar eine leicht rückläufige ie<strong>de</strong>rschlagsten<strong>de</strong>nz zu beobachten. D ennoch sind die<br />

linearen Trends an <strong>de</strong>n drei untersuchten Stationen we<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Jahressummen noch in<br />

<strong>de</strong>n einzelnen Monaten statisti sch hinreichend abgesichert. Die Befun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeitreihenanalysen<br />

fü gen sich dabei recht gut in die Untersuchungsergebnisse <strong>de</strong>r überregionalen<br />

N ie<strong>de</strong>rschl agsentwicklung in Südwest<strong>de</strong>utschl and ein. A uch dort ist bei einem Vergleich<br />

<strong>de</strong>r Durchschnittswerte <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Stanclardperi o<strong>de</strong>n 193 1 - 1960 und 196 1 - 1990 in <strong>de</strong>r


Mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagshöhen hydrol. Sommerhalbjahr (1931-1960)<br />

Nie<strong>de</strong>rschläge in mm<br />

• >900 • 501 - 550<br />

• 801-900 • 451- 500<br />

• 701 - 800 • 401 - 450<br />

• 601 - 700 • 351 - 400<br />

• 551 -600 • 301- 350<br />

1 251 - 300<br />

I" 201 - 250<br />

151 - 200<br />


139<br />

M ehrzahl <strong>de</strong>r Regionen eine ie<strong>de</strong>rschlagszunahme zu verze ichnen. die sich vor allem auf<br />

das Winterhalbjahr konzentriert. In <strong>de</strong>n höheren Bereichen <strong>de</strong>s Schwarzwal<strong>de</strong>s sind die<br />

ZuwUchse dabei wesentlich höher als in <strong>de</strong>n ti eferen Lagen östlich und westlich davon.<br />

Trotz ihrer klimatischen Son<strong>de</strong>rstellung, die sie von ihren Nachbarregionen <strong>de</strong>utlich abheben<br />

(vgl. IEGM ND 1999a). stellen sich die auf <strong>de</strong>r Baar zu beobachten<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsverün<strong>de</strong>rungen<br />

innerhalb <strong>de</strong>r vergangenen 100 Jahre weitgehend analog zu weiten Teilen<br />

Mitteleuropas dar. So ist auch bei einer möglichen weiteren Verstärkung <strong>de</strong>s anthropogenen<br />

Treibhauseffekts - zumin<strong>de</strong>st im langjUhrigen Mittel - mit einem anh alten<strong>de</strong>n A nstieg<br />

<strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen zu rechen. Der Zuwachs wird sich dabei insbeson<strong>de</strong>re auf die<br />

Wintermonate konzentrieren. Ursache hierfür ist eine. tärkere We twindzirkulation und<br />

damit eine größere Zahl dynamischer Tierdruckwirbel, mit <strong>de</strong>nen ein höheres Feuchtigkeitspotential<br />

ei nhergeht. Da die. er Effekt durch <strong>de</strong>n größeren Energiegegensatz zwi ehen Äquator<br />

und Pol im Winter beson<strong>de</strong>rs stark ausgeprägt ist. sind gera<strong>de</strong> in die 'er Jahreszeit <strong>de</strong>utliche<br />

ie<strong>de</strong>rschlagszunahmen zu erwarten. Dabei laufe n diese Proze se nicht linear im<br />

Sinne eines kontinuierlichen Anstiegs <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge ab. Vielmehr geht mit <strong>de</strong>r zu<br />

erwarten<strong>de</strong>n M eridionalisierung <strong>de</strong>r Wetterlagen ein häufiger Wechsel be. on<strong>de</strong>rs trockener<br />

und sehr feuchter Witterun gsphasen einher (vgl. FR AI KE BERG & SIEGMUND 1997,<br />

S. 3S fL). Damit stei gt aur <strong>de</strong>r Baal' durch die Häufung außergewöhnlicher Starkregenereigni<br />

sse - zumeist zusätzlich verstärkt durch entsprechen<strong>de</strong> Tauwelterphasen - nicht zuletzt<br />

die Hoc hwassergefahr in <strong>de</strong>n Wintermonaten an. Aber auch im Sommer können. neben<br />

ausgeprLigten Trockenphasen. hüufiger auftreten<strong>de</strong> Feuchtperi o<strong>de</strong>n und .. berschwemmungen<br />

die Folge sein.<br />

Schriftum<br />

B;\IIRENIlERG. G .. GlIöSE. E .. NIPPEIl. J. (' 1990): Statistische Metho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Geographie. Bel. I.<br />

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140<br />

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Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers: Dr. rer. nal. A lexa n<strong>de</strong>r Siegmund. diensllich: Universität Mannheim.<br />

Geographbches Inslilut. L e hr ~ tuhl Hi r Ph ys i ~c h e Geographie und L lin<strong>de</strong>rkun<strong>de</strong>. Po~tfac h 103462.<br />

68 13 1 1allllheim. e- mai l: s i eglllu nd 0) rul1lm ~ . uni -lllan nh eil1l.<strong>de</strong>. prival: Zlihringer Str. 3 1, 78 I 83<br />

H lillngen-Flir~tenberg


141<br />

Donaueschingen<br />

3 I. März 2000<br />

Renaturierung eines Teilabschnitts <strong>de</strong>r Aitrach auf <strong>de</strong>r<br />

Gemarkung Geisingen / Leipferdingen<br />

von Liane Dom<strong>de</strong>y-Kunz und Ulrike Schwär<br />

Einleitung<br />

Der BU D-Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg hat in <strong>de</strong>n Wintermonaten 1995/<br />

1996 <strong>de</strong>n geplanten Renaturierung eingri ff an <strong>de</strong>r Ailrach auf <strong>de</strong>r Gemarkung Geisingen /<br />

Leipferdingen durchgeführt. Im Band 39 <strong>de</strong>r "Schriften <strong>de</strong>r Baar" wur<strong>de</strong> bereits über die<br />

Pl anung <strong>de</strong>s Renaturierun gsprojekts beri chtet.<br />

Da. Projekt wur<strong>de</strong> 1996 mit <strong>de</strong>m Umweltpreis <strong>de</strong>r Firma AESCULAP Tultlingen ausgezeichnet.<br />

Die " Kal'I Kraus Stiftung für Tier und atur" verlieh <strong>de</strong>m Bund Für Umwelt und<br />

atursc hu tz Deutschland beim "Wellbewerb zu r Schaffung von Überschwemmungs flächen"<br />

1995/96 für die Bemühungen um die Aitrachaue ei nen zweiten Preis.<br />

Die Stadt Geisingen. die Gemein<strong>de</strong> Leipferdingen und das Wa erwirtschaftsamt ROllweil<br />

(Gewässerdirektion Donau) stellten die not wendigen Geldmittel zu r Verfügung und unterstützen<br />

die Durchführung auch sonst in je<strong>de</strong>r Hinsicht. Der Lan<strong>de</strong>snaturschutzverband<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württem berg. SlUllgarl. ermöglichte die vorliegen<strong>de</strong> Veröffentlichung, sowie Pflegemaßnahmen<br />

und Gehölzpflanzungen durch <strong>de</strong>n BU D im Jahr 1998/99. Die Untere<br />

aturschutzbehör<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Landratsam ts und <strong>de</strong>r Naturschutzbeauftragte <strong>de</strong>s Landkreises<br />

Tuttlingen sind wichtige Partner bei <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong> Renaturierungskonzepts.<br />

Der Renaturierungseingdff im Novembel' 1995 und die nachfolgen<strong>de</strong> Entwicklung<br />

Durch <strong>de</strong>n Renaturierun gseingriff wur<strong>de</strong> die Fl ießstrecke <strong>de</strong>r itrach in diesem Bereich<br />

ungefähr verdoppelt (vgl. Abb. 1-3). aus einem kanalartigen Verlauf ein vielgestaltiger.<br />

mäandrieren<strong>de</strong>r Flußlauf entw ickelt. Dieser kann nun seine natürliche Dynamik oll entfalten,<br />

Uferabbrüche und A nlandungen selbst schaffen. Die Aitrachregulierung fand in<br />

<strong>de</strong>n 30er Jahren <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts stall. und die Aue in <strong>de</strong>n Gewannen "Riegelt",<br />

"Einö<strong>de</strong>" und "Zwischen <strong>de</strong>n Grüben" ist seither von einem ungewöhnlich dichten Grabennetz<br />

durchzogen.<br />

Im Zuge <strong>de</strong>r RenalUrierung erfolgte die Ved'üllung fast aller Grabenanschlüsse am Flusslauf.<br />

Mit Rücksicht auf <strong>de</strong>n Tiefbrunnen blieben zwei große Seitengräben erhalten. Durch die<br />

M äandrierun g <strong>de</strong>s Haupttlusses und <strong>de</strong>n Rückstau <strong>de</strong>r verfüllten Seitengräben ist nun eine<br />

Fläche von ca. 16 ha bisher weitgehend trockenen Grün- und Brachlan<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r vernä. st.<br />

In <strong>de</strong>n neu entstan<strong>de</strong>nen A ltwassern steht das Wasser bi s an die obere Uferkante ho 'h an<br />

und bil<strong>de</strong>t ausufernd an vielen Stellen größere Flachwasserzonen. A lle Gräben sind seither<br />

wasse rgeFü llt, die Wie enllächen dazwischen sind stark vern äs t. E ergibt sich dadurch<br />

ein kleingliedriges Netz aus Wasserflächen. stehen<strong>de</strong>n und schwach bis türker fließen<strong>de</strong>n<br />

Gewässern unterschied l icher Tiefe und Feuchlwiesenstru kturen (Abb. 5-12).


142<br />

Abb. I: Luftbild vom 3 1.8. 199 1. Maßstab: ca. 1:7200. Dic "Einö<strong>de</strong>" vor <strong>de</strong>r Re nawricrung. Dcutlich<br />

erkcnnbar ist <strong>de</strong>r begradigtc Verlauf dcr Aitrach mit <strong>de</strong>n linienförmigen Seitcngräbcn. (Landcs­<br />

\ c rme,sungsamt Ba<strong>de</strong>n-Würllcmbcrg. 27.8.1 998. Az.: 4.47/39 1)<br />

Abb. 2: Luftbild VOIll 30.5. 1996. Ocr renaturierte Vcrlauf <strong>de</strong>r Aitrach. Dic entstan<strong>de</strong>ncn A lt wasser<br />

und die altcn En twlisscrungsgräben habcn , ich mit Wasser


143<br />

neu entstan<strong>de</strong>ne Altwasser<br />

00 0<br />

• 0 0<br />

~<br />

renaturierte Aue<br />

ehemalige Fischteiche<br />

Wege<br />

111111111 Bahnlinie<br />

o Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wasserversorgung<br />

L 185 B1umberg . Kirchen/I-lausen<br />

Abb. 3: Karte nach Luftbild vom 30.5. 1996: ( I cm = 72 m)


I-lA<br />

Für Wa sservögel ist diese Fläche auch insofern von großer Be<strong>de</strong>ulUng. als sie im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r Riedbaal' zwisc hen Donaueschingen und Geisingen gesehen wer<strong>de</strong>n mu ss.<br />

einem Rastplatz für Zugvögel. welcher von internati onaler Be<strong>de</strong>u tung ist. Die Aitrach<br />

mün<strong>de</strong>t bei Geisingen in die Donau .<br />

I n <strong>de</strong>r ersten Zugperio<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>r Renaturierung wur<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rholt größere und kleinere<br />

Trupps von Kiebitzen beobachtet. olTensi chtlich rast en<strong>de</strong> Durchzügler. was zuvor noch<br />

nie <strong>de</strong>r Fall war. In <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Folgejahren nahm die Zahl <strong>de</strong>r rasten<strong>de</strong>n Durchzügler zu.<br />

Eine größe re Zahl von St ockent en brütet in <strong>de</strong>n neu entstan<strong>de</strong>nen Feuchtnäehen. Mehrere<br />

Graureiher sind rege lmäßig dort anzutreffen. Die Higer haben ausdrücklich versichert. dass<br />

keine Jagd auf Wasservögel staufin<strong>de</strong>n wird. son<strong>de</strong>rn ausschließlich auf Fuchs und Reh.<br />

Abb.'+: (9.8.1998) In<strong>de</strong>n ausge<strong>de</strong>hnten Hodl\tau<strong>de</strong>nOuren zwischen Engelwurz (Allgelica syh·eslris).<br />

Surnprk r :lIzdi~ t e l (Cirsilllll palI/sIre) und M;idc~üß (Filipellcll/ilil/i/l/aria) liegcn die Brulplälze elcr<br />

Braunkehl c hen.<br />

Um die Feuchtwiesen zu erhalten und zu elllwickeln . mäht <strong>de</strong>r BU D im Spätsommer<br />

einige Flächen . Die IUrnusmäßige Mahd erhöht die Biotopvielfalt. Dabei geht es auch um<br />

<strong>de</strong>n Lebensraum von Braunkehlchen und Wiesenpieper. die in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" ihre Brutplätze<br />

haben. Die Hochstau<strong>de</strong>nnuren bieten diesen Bo<strong>de</strong>nbrütern Nistplätze und Ansitz.<br />

Die gemähten Wiesentlächen ermöglichen die ahrungssuche. in M osaik aus bei<strong>de</strong>n<br />

Bi otoptypen ist i<strong>de</strong>al.<br />

Ebenfalls in das Renaturierun gsproj ekt miteinbezogen wur<strong>de</strong>n die ehemaligen Fi schteiche.<br />

die jenseits <strong>de</strong>r Brücke Ilussabwärts <strong>de</strong>r Aitrach liegen. Diese wer<strong>de</strong>n schon lange<br />

nicht mehr genutzt und fi elen weitgehend trocken. Sechs Teiche sind zugefüllt. Die sechs<br />

übrigen Teiche sind während <strong>de</strong>r RenalUrierun gsmaßnahmen in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" so umgestal -


145<br />

tet wor<strong>de</strong>n. dass sie wie<strong>de</strong>r ganzjährig Wasser enthalten. Sie stehen ausschließlich als Biotope<br />

ohne Fischbesatz zur Verfügung. Die Amphibienpopulationen haben bereits sehr erfreulich<br />

darauf reagiert: Wie in <strong>de</strong>r "Einö<strong>de</strong>" selbst ist auch überall in <strong>de</strong>n ehemaligen<br />

Fi sc hteichen achwuchs von Grasfrosch und Erdkröte zu fin<strong>de</strong>n - ein Grund vielleicht für<br />

die Nachkommen <strong>de</strong>r Störche aus <strong>de</strong>r Ri edbaar. in die "Einö<strong>de</strong>" zu kommen.<br />

Flussgeschichte<br />

Wer das Aitrachtal schon einmal durchquert hat, <strong>de</strong>r fragte sich vielleicht. wie die beeindrucken<strong>de</strong><br />

Weite <strong>de</strong>s Tal s und das kleine. gemächlich dahintließen<strong>de</strong> Flüsschen Ailrach<br />

zusammenpassen. Welche Kräfte schufen diese breite Tal form?<br />

Die Flussgeschichte Ba<strong>de</strong>n-Wüntembergs ist in erster Linie ein Kampf um die Wasserschei<strong>de</strong><br />

zwischen Rhein und Donau, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Rhein stets als Si eger hervorging. Tm<br />

Jungpl eistozä n (80000 bis etwa 10000 Jahre vor heute) wur<strong>de</strong> das Aitrachtal zum jüngsten<br />

Schauplatz dieses Kampfes.<br />

Am Eichberg bei Blumberg wur<strong>de</strong>n weit über <strong>de</strong>m heutigen Talbo<strong>de</strong>n alpine Gerölle nachgewiesen<br />

("Eichbergscholler". M ANZ 1934). Diese wur<strong>de</strong>n im Altpliozän (vor etwa 10 Mio.<br />

Jahren) von <strong>de</strong>r Aaredonau dorthi n verfrachtet. Die Aaredonau entsprang im Berner Oberland<br />

und tloß von Waldshut über Blumberg durch das Aitrachtal. Ihre Fließrichtung war<br />

<strong>de</strong>r heutigen Wutach also entgegengesetzt, was auf tek tonische Vorgänge im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r AlpenauffallUng zurückzuführen ist. Bei Blumberg vereinigte sich die Aaredonau<br />

mit Zutlüssen aus <strong>de</strong>m Schwarzwald und legte mit ihren gewaltigen Wassermassen<br />

die weite Grundform <strong>de</strong>s heutigen Aitrachtales an. Der IThein hatte seinen Ursprung in<br />

dieser Zeit nördlich <strong>de</strong>s Kaiserstuhls. Durch die fortdauern<strong>de</strong>n Bewegungen <strong>de</strong>r Erdkruste<br />

wur<strong>de</strong> die Aare immillieren PliozH n zur Rhone umgelenkt, die ins Miltelmeer entwässerle.<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>s Plei tozäns (vor etwa 2 Mio. Jahren) führten tek tonische Senkungen im<br />

Bereich <strong>de</strong>s zuvor eingcbrochenen Oberrheingrabens dazu. daß sich die Aare mit <strong>de</strong>m<br />

Urrhein verband . Die Umlenkung <strong>de</strong>r Aare be<strong>de</strong>utete <strong>de</strong>n ersten großen Verlust für die<br />

Donau. Ihr Anfang lag fortan im Feldberggebiet. Dieser kleine ehemalige ebenfluss <strong>de</strong>r<br />

Aarcdonau gab ihr <strong>de</strong>n amen "Feldbergdonau". Im vorgeformten Bett <strong>de</strong>r Aaredonau<br />

konnte sich die Feldbergdonau weiter einschnei<strong>de</strong>n. Die Aaredonau und die Feldbergdon<br />

au sind also für das breite Aitrachtal verantwortlich. Dass heute nur noch die kleine<br />

Aitrach durch diese große Senke fließt. ist ein weiterer Erfolg <strong>de</strong>s Rheins im Kampfum die<br />

Wasserschei<strong>de</strong>. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Würm-Eiszeit (vor etwa 10000 Jahren) wur<strong>de</strong> die Feldbergdonau<br />

bei Achdorf angeschnillen und nach Sü<strong>de</strong>n abge lenkt, wo sie bei Waldshut <strong>de</strong>n<br />

Rhein erreichte. Grund für diese Anzapfung war das im Vergleich zur Donau größere Gefälle<br />

zum Rhein hin. Die H öhendifferenz zwischen Achdorf und Waldshut erreicht auf nur<br />

38 km Strecke <strong>de</strong>n gleichen Wert wie die Donau auf 490 km (RUTTE 1987, S.131 ). Rücksc<br />

hreiten<strong>de</strong> Erosion <strong>de</strong>r Ur-Wutach. die südlich von Achdorfentsprang und bei Wa ldshut<br />

in <strong>de</strong>n Rhein floss. wie auch überlaufen<strong>de</strong> Schmelzwasserflüsse <strong>de</strong>s Würm-Schwarzwaldgletschers<br />

dürften die Anzapfung <strong>de</strong>r Feldbergdonau veranlasst haben. Durch das hohe<br />

Gefalle formten die Wassermassen <strong>de</strong>s ehemaligen Donauquellnu. ses die Wutachschlucht.<br />

So bl ieb <strong>de</strong>r Donau von ihren großen Quellni.issen nur die kleine itrach. Im Gegen satz zu<br />

ihren Vorgängern Aare- und Feldbergdonau leistet die Aitrach nur Tiefeneros ion. Wo die<br />

ehemaligen Quellflüsse <strong>de</strong>r Donau ihren Lauf immer wie<strong>de</strong>r verlegten und ein breites Tal<br />

'chufen, fehlt <strong>de</strong>r Aitrach die nötige Dynamik, um <strong>de</strong>n zwisc hen 1830 und 1840 (Originalpl<br />

an VOll 1832) begradigten Verlauf zu verlassen und sich somit selbst zu renaturieren. Die<br />

Renaturierung <strong>de</strong>r begradigten Aitrach konnte also nur mit menschlicher Hilfe erfolgen.


146<br />

Ahh. 5: (5.5.1996) Weid e nra~thincn kurz nach <strong>de</strong>m Einbau.<br />

Abb.6: (9X I 99t;) Di..: I:::rl..:n und Wei<strong>de</strong>n clllwicke ln ~ic h zu eincm kleinen Aue\\ ald.


I-n<br />

Abb. 7: (5.5 .1996) Die neu cnt ·tan<strong>de</strong>ncn Altwasser füll en sich rasch bis über <strong>de</strong>n Rand mit Was 'er<br />

alls dcn eitengräben.<br />

Abb. 8: (5.5 .1 996) Die Aufstoßque ll e im Pappe lbestand bringt ganzjährig viel Wasser in die Fläche.


148<br />

Abb. 9: (2.6. 1996) Al le Griihcn stchcn wic<strong>de</strong>r untcr Wa ~~c r.<br />

Abb. 10: (2.6. 1996) Troliblulllcn (Tmllimellmpaells): Die typi,chcn Pilanzcnancn dcrFcuchtwic,cn.<br />

dic vor dcr Rcnaturicrung nur noch vc rcin/cil an dcn Grabcnr~indcrn LU lindcn warcn. bcginncn ,ich<br />

im Frühjahr 1996 dcutlich au,zubrcitcn.


149<br />

Abb. 11 : (Mai 1996) Seit ovember 1995 . ind die bisher trockengefallenen Teiche <strong>de</strong>r ehemali gen<br />

Fischzuchlanl age wie<strong>de</strong>r ganzjährig mit Wasser gefüllt.<br />

Abb. 12: (9.8. 1998) Zweieinhalb Jahre nac h <strong>de</strong>r Renaturierung besie<strong>de</strong>ln artenreiche Röhrichte die<br />

Teiche lind ih re Uferbereichc. Im Wasser entw ickel n sich Grasfrosch. Erdkröte und Libe ll enl arven.


150<br />

Dem Rhein wird es durch seine höhere Erosionskraft auch we iterhin möglich sein, im<br />

Kampf um die Wa sserschei<strong>de</strong> die Donau zu besiegen. In ein paar M ill ionen Jahren wird es<br />

<strong>de</strong>m von Blumberg in die Wulach fließen<strong>de</strong>n Schleifebäch lc vielleich t gelingen, die AiLrach<br />

anzuzapfen und ihr Was ser mit aur <strong>de</strong>n Weg zum Rhein zu nehmen.<br />

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I: 18000. Umbi ldungsmaßstab ca. 1: 7 :WO<br />

Anhang<br />

Gelün<strong>de</strong>nolizen im Frühjahr 1996 nach <strong>de</strong>m Re naturierung,eingriff ergaben fo lgen<strong>de</strong><br />

Landschartselemente:<br />

Fli eßgcwlb~e r : Hauptlluß und dauernd f1ießcn<strong>de</strong> G rüben<br />

Grliben mil TeiblaU<br />

fcrbereiche und Flachwasserzonen<br />

A llwa,ser<br />

Feuchtwie,en. periodisch überlluld und daucrnaß<br />

Hochslaudcnllure n. Röhricht e<br />

Groß- und Kl ein,eggenrie<strong>de</strong>r. L T. in horsli g / bultiger Au,prügung<br />

Arlenreiche Wie ~e n auf trockeneren Standorten<br />

Fellwie,en<br />

Ru<strong>de</strong>rall1 ächen nach Baggereingrirf<br />

Ehemalige Erd<strong>de</strong>poni e llüchen<br />

Gehölzgruppen: all. neu gepllanzt / gc,teckl. Wc idcngellecht c<br />

Alter Pappel bestand<br />

Benjeshecke mit Te ilpllanzung von GehÖll.en<br />

Allee: Birken und Streuobsl, alter Bestand und Ergänzungspl1anzungcn neu<br />

Feldhecken mit Saulllgeseli schaften nähr,tofTreicher Slandorte<br />

Magen'ascn- und Trillrasengesellschaften auf dcm südlich gelegenen Feld weg<br />

Magerrasen


IS 1<br />

M argerile<br />

Hornklee<br />

Bittere Kreuzblume<br />

Scharfer Hahnenfuß<br />

Große Bre nne ~se l<br />

Sumpfualdrian<br />

Sumpfverg i ßmei nn icht<br />

Bachbungenehrenpreis<br />

Wasserh ahnenfuß<br />

Sumpfdouerblume<br />

Sumpfkratzdi stel<br />

Bachnelkenwurz<br />

Wiesenkerbel<br />

Kriechen<strong>de</strong>r Glin ~e l<br />

Wal<strong>de</strong>ngelwurz<br />

Wiesenschaumkraut<br />

Kreuzlabkraul<br />

Wiesenl abkraut<br />

Weiße Taubnessel<br />

Wi esengloc kenblume<br />

A ufrechte Trespe<br />

Flligelginster<br />

Thymian<br />

Witwenblume<br />

Wiesen ri spengras<br />

Kn aul gras<br />

Wiesen fuchsschwanz<br />

Wiesen lieschgras<br />

Löwenzahn<br />

Schilf<br />

RohrglanLgras<br />

Echter Bald rian<br />

M ~i d e, li ß<br />

Kohlcli stel<br />

Bachkratzdistel<br />

A ufrechte S c hlli s~e lblum e<br />

Esparsc ttc<br />

Walclenge lwurz<br />

Frauenllachs<br />

Klellenlabkraut<br />

Wiesenknöteri ch<br />

Wasserampfcr<br />

Braunsegge<br />

Breitblätlrigcr Rohrkolbcn<br />

R a~e n sc hmi c l e<br />

Wolliges Honiggras<br />

Knoten-Braun wurz<br />

Cillysaillilellli/l/l lelfcalllilelllUlI1<br />

Lolus earl/iculalUS<br />

Polvgala {///wra<br />

Ral/lfl/Cllill. acris<br />

Urlim dioica<br />

Va/eriolla dioica<br />

MrosOlis paillsiris<br />

Vemnica heeeahlll/ga<br />

Ral/llIlClIllIS aqll.lsp.<br />

Call//({ palusllü<br />

Cirsilllll p([!t.lslre<br />

Gelllll rim le<br />

Al/lilrisellS sill'e.wü<br />

Ajllga replWlS<br />

A llgelica xiil'eslris<br />

Cardalllil/e pr(l/el/sis<br />

Crtlciala /ael'ipes<br />

Galill/l/ 1Il0/lllg0<br />

La llliulIl albulIl<br />

Call1pal/u/a palll/a<br />

BrolllllS ereCl llx<br />

Gellista sagil/a /is<br />

Tilnl1US pllieg ioi<strong>de</strong>s<br />

KI/aulia an 'el/sis<br />

Poa prO/el/sis<br />

D acl:\'lis g /olllera/a<br />

A lopeclIrtis pr([/el/sis<br />

PhleUlIl pmlel/se<br />

TaraxaCUlIl (!fJicil/alis<br />

Pilragllliles COl7lllHll/is<br />

Pha/aris arlllu/il/acea<br />

Va lerial/a f!fJicil/alis<br />

Filipel/dula u/lIlaria<br />

CirsiulIl oleraeewl1<br />

Ci rsiulIl r i l'u/are<br />

Pril1/l1/ll elalior<br />

Ollobrvcilis I'ieiij'olia<br />

AI/ge/ica xyil'e.l'/ris<br />

Limlria I'ulgar is<br />

Ga/iulIl aparil/e<br />

Polrgol/ul// hislOria<br />

RWI/ex aqua/icus<br />

Ca rex j'usca<br />

Tlpha /al!{olia<br />

D esclw lIlpxia cespilOsa<br />

H olcu.\' lal/a/lls<br />

Scmphu/aria I/odosa<br />

Artenliste <strong>de</strong>r Gehölze:<br />

Wei<strong>de</strong>n<br />

Hybridpappcln<br />

Schw arzerle<br />

F ichte<br />

Stieleiche<br />

Sa!i.r spec.<br />

POPltiUS cal/ a<strong>de</strong>l/sis<br />

Alnlls gllllinosa<br />

Picea abies<br />

QlIerclIs robur


152<br />

Traubenkir,che<br />

We ißdorn<br />

Birke<br />

Apfelbaum und Birnbaum<br />

Schwarzer Holun<strong>de</strong>r<br />

Schl ehe<br />

Zillerpappel<br />

Silberpappel<br />

Pnl/III,\' padlls<br />

C/'{/({/egll,\' I/ /OI/ognw 111 /11 C. ox\'{/calllh{/<br />

ße/llla f7elldllla<br />

Mahl,l dlJllle.l'/ic{/, PYI'I/I' .I'/le(',<br />

Sl/IlIlJlIClI.l' lIigra<br />

P/'IIIIII.I' ,1/liIlO,\'a<br />

POPltllI.I' //'ell/lllo<br />

P O}JIIIII,I' alho<br />

Beobachtete Vögel:<br />

(Gellincl.;no li zen über mehrere Jahre hinweg)<br />

Brau nkehlchen<br />

Wi e~enpie p er<br />

Stockente<br />

Graureiher<br />

Stieglill.<br />

Bekassine<br />

Kiebitz<br />

Ringeltaube<br />

Libellen:<br />

AZlI ljungfer<br />

Braune He i<strong>de</strong>li belle<br />

Schml!lIeriinge:<br />

Kai,ennaillei<br />

Kl e iner Fuchs<br />

Schwalbenschwanz<br />

:>-4 Brutpaare mit erfo lgreicher Jungenaufzucht<br />

Brutvogel in <strong>de</strong>r Flüc he (Revierges


153<br />

Schriften <strong>de</strong>s Verein ' für Geschichte<br />

und Naturgeschi chte <strong>de</strong>r Baal'<br />

Donau e,>chingell<br />

3 1. M;irz 2000<br />

Rot- und Schwarzmilan auf <strong>de</strong>r Baar<br />

Ergebnisse einer Brutbestandserfassung<br />

von Hartmut und Gabi Ebenhöh<br />

1. Einleitung<br />

Schon seit vielen Jahren sind die herbstlichen Schlafplätze <strong>de</strong>s Rotmilans bei Sunthausen<br />

und Sumpfohren bekannt. n bei<strong>de</strong>n Schl afplätzen zusammen fin<strong>de</strong>n sich im September/<br />

Oktober 100 - 150 Rotmilane ein . In <strong>de</strong>n letzten Jahren ist die Baar auch al s Sammelplatz<br />

und Durchzug station für Schwa rzmilane vor ihrem Wegzu g im August bekannt gewor<strong>de</strong>n,<br />

mit kurzze itig über 600 Vögeln (EBENHöH el al. 1997). Über <strong>de</strong>n Brutbes tand bei<strong>de</strong>r<br />

Milane wussten wir hingegen noch wenig.<br />

Die quantitati ve Brutvogelerfa sung im Sehwarzwald-Baar-Krei von 1987 (GEHRt G 199 1)<br />

erbrachte zwar eine unge fähre Abschätzung <strong>de</strong>r Bestandsgrößen, erlaubte j edoch keine<br />

genaueren Angaben über die nzahl <strong>de</strong>r tatsächlich besetzten Brulreviere. Vor allem ist<br />

nicht geklärt ob es sich bei <strong>de</strong>n während <strong>de</strong>r Brutzeit allenthalben zu sehen<strong>de</strong>n Milane um<br />

Brutvögel o<strong>de</strong>r um ichtbrüter han<strong>de</strong>lt.<br />

Rotmilan und Schwarzmilan unterschei<strong>de</strong>n sich in ihrerBiologie in wesentlichen Punkten<br />

(GL TZ, BAUER & BEZZEL 197 1).<br />

Der Rotmilan kommt nahezu aus chließlich in Europa vo r. Sein Brutgebi et reicht vom<br />

nord we tlichen Afrika (Marokko) bis zu <strong>de</strong>n ba lti. ehen Staaten. Der Schwerpunkt se iner<br />

Verbreitung liegt ein<strong>de</strong>utig in Deutsc hland, wo etwa 60% <strong>de</strong>s Weltbestan<strong>de</strong>s brüten (HAGE -<br />

~t E IJ E R & BL tR 1997: M EBS 1995). A us dieser Tatsache resultiert die beson<strong>de</strong>re Verantwortung,<br />

<strong>de</strong>n Fortbestand einer starken Rotmilan-Population zu sichern .<br />

Rotmilane sind Kurzstreckenzieher. In <strong>de</strong>r Regel ziehen sie im Oktober/N ovember ab,<br />

spätestens bei Wintereinbruch mit Frost und Schnee. Ihr Hauptüberwinterung 'gebiet liegt<br />

in Frankreich, Spanien und Portugal (z. B. ORTLI EB 1995). Die Rückkehr ins Brulgebiet und<br />

die B esetzung <strong>de</strong>r Brulreviere beginnt ab En<strong>de</strong> Februar und ist En<strong>de</strong> M ärz bi s Mitte April<br />

abge, chlosse n. Rotmilane halten wü hrend <strong>de</strong>r Brutze it ein Brut- und Nahrungsrevier, in<br />

<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>re Rotmilane ni cht gedul<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Schwarzmilan ist in meh reren Unterarten über weite Teile <strong>de</strong>r alten Welt verbrei tet.<br />

ausgenommen die Tundra- und Taigagebiete. In Milteleuropa reicht sein Brutgebier bis an<br />

die Ostsee. Im Gegensatz zum Rotmilan sind unsere Brutvögel Fern zieher. die südlich <strong>de</strong>r<br />

Sahara überwintern. Bei uns treffen die Schwarzmi lane Anfang M ärz bis Mitte April ein ,<br />

also etwas später als die Rotmilane. Der A bzug erfo lgt außeror<strong>de</strong>ntlich früh , nämLi ch En<strong>de</strong><br />

Juli bi s Mitte A ugust. Sie verlassen ihre Brutgebi ete bereits 2 bis 3 Wochen nach <strong>de</strong>m A ustliegen<br />

<strong>de</strong>r Jungen, während man die Rotmilane bis in <strong>de</strong>n September hinein im Brutrevier<br />

antreffen kann . Schwarzmilane veneidigen meist nur einen kl einen Bereich um ihren Horst<br />

als Rev ier und können bi swei len beinah koloni eartig zu sa mmen brüten (ORTLIEß 1998).


Abb. I: ROllllilanc am SchlafplalZ bci SUlllpfohrcn<br />

SchwarLmilane wer<strong>de</strong>n mit 3 bis 4 Jahren geschlechtsreif, Rotmilane mit 3 Jahren (ORT­<br />

I.IEB 1998 und 1995). Die einjUhri gen Jungvögel <strong>de</strong>r chwarzmilane verweilen noch im<br />

Winterquartier bzw. im Mittelmeerraum. Die noch nicht geschl echtsreifen o<strong>de</strong>r noch nicht<br />

brüten<strong>de</strong>n Vögel ziehen in Richtung Brutheimat. Wahrscheinlich bi l<strong>de</strong>n sie die Nichtbrütergesellsc<br />

haf"ten. die. Uhnlich wie auf <strong>de</strong>r Baar. an vielen Stellen Mitteleuropas auftreten.<br />

Das Z ugverhalten die. er noch nicht geschlechtsreifen Vögel ist noch nicht vollständig<br />

erforscht (ORTLlEI3 1996).<br />

1995 begannen wi r. uns ein ge nau ere~ Bild über die Situation <strong>de</strong>r Milane auf <strong>de</strong>r Baar zu<br />

erarbeiten . Un:"er Ziel war e!>. sowohl die Brutvöge l als auch die eventuell Revier halten<strong>de</strong>n<br />

ichtbrüter zu erfassen. da auch die ichtbrüler zum Bestand ein es bestimmten Gebietes<br />

zu rechnen si nd (ORTLlEIl 1998). Das am besten untersm:hte Jahr 1998 so ll im Folgen<strong>de</strong>n<br />

im Mittelpunkt unsere r Dar!'.tcllung stehen.<br />

2. Untersuchungsgebict<br />

Das ntersuchungsgebiet ers treck t sich von Vi llingen und Sehwenningen im or<strong>de</strong>n bi s<br />

SUl1lpfohrcn und GUll1ladingen im Sü<strong>de</strong>n. und von Pfaffcn we iler und Wolterdingen im<br />

Westen bis zur Autobahn A 8 1 im Osten. Der Kernbereich unse res Untersuchungsgebietes<br />

hat eine FILiche on etwa 200 bis 2 10 km 2 . Das Gebiet enthiilt folgen<strong>de</strong> größere Waldstücke:<br />

I . Winterhal<strong>de</strong> und Eggwald (südlich von PfaITenweilcr). ca. 260 ha:<br />

2. Ochsenberg. Schachen und Weißwaid sowie Honbergwald (zwisc hen Tannheim,<br />

Beckhofen und GrÜningen). ca. 600 ha:<br />

3. Hüll. Buchwald und Weiherwald (zwischen Bad Dürrheim-Hirschhal<strong>de</strong> und Aasen),<br />

ca. 300 ha:<br />

-I-. Breitbergen (zwischen Brigachtal- Klengen und GrÜningen). ca. 110 ha;


155<br />

5. Wuhrholz (ca. 54 ha) und Berchenwald (ca . 56 ha) (zwischen Hüfi ngen und Pfohren);<br />

6. nterhölzer Wald (Pfohren), ca. 600 ha.<br />

Bei die en W~i ld e rn han<strong>de</strong>lt es sich mit A usnahme <strong>de</strong>s Unterhölzer Wal<strong>de</strong> um Fichtenwiil<strong>de</strong>r<br />

bzw. Fichten-Tannen-W äl<strong>de</strong>r. Im Unterhölzer Wald fin<strong>de</strong>t man neben FichtenbesUin<strong>de</strong>n<br />

auch ausge<strong>de</strong>hnte Laubholzfl iichen.<br />

Kleine Waldstücke außerhalb <strong>de</strong>r oben genannten W äl<strong>de</strong>r sind Fichlenpflanzu ngen.<br />

Das Gebi et wird von mehreren stark befahrenen Straßen durchschnitten. Be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Gewlisser<br />

sind die Riedseen zwischen Pfohren und Hüfingen, <strong>de</strong>r Unterhölzer Weiher und die<br />

DonaLI. Das Untersuchungsgebi et wird durch die M essti schblätter 79 16. 79 17, 801 6 und<br />

801 7 abge<strong>de</strong>ckt (Abb. 2, 3).<br />

3. Metho<strong>de</strong><br />

3.1 Reviererfassung durch Beobachtung <strong>de</strong>r Altvögel<br />

Erfahrung 'gemäß streifen nicht brüten<strong>de</strong> Rot- und (vor allem) Schwarzmi lane während<br />

<strong>de</strong>r Brutzeit weit umher, so dass man von <strong>de</strong>r Beobachtung von Altvögeln nicht ein fach auf<br />

Rev iere schließen kann .<br />

Rotmilane ze igen im Frühjahr einige Verhaltensweisen, die auf ein Revier hin<strong>de</strong>uten ( OR­<br />

GA LL 1995). Z. B. kreisen Rotmi lane zu r Zeit <strong>de</strong>r Revierbesetzung regelmäßi g über <strong>de</strong>m<br />

künftigen Brutplatz. A uch während <strong>de</strong>r Bebrütungszeit wird <strong>de</strong>r Horst mehrmals täglich<br />

angefl ogen. M an erhält durch die Beobachtung <strong>de</strong>r Vögel recht ein<strong>de</strong>utige Hinweise auf<br />

besetzte Rev iere. D a die Schwa rzmilane nur ein kleines Horstrevier vertei digen. kann <strong>de</strong>r<br />

Brutbestand so nicht einfach ermittelt wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m befin<strong>de</strong>t sich zu r Brutze it ein erheblicher<br />

Anteil von ichtbrütern im Gebi et. So um fass t z.B. die Schlafpl atzge. ell schaft im Bereich<br />

Wuhrholz-Sumpfohren bereits im A pril 40 bis 50 Schwarzmilane (EBENHöH et al. 1997).<br />

3.2 Horstsuche<br />

Si e ist beso n<strong>de</strong>rs einfach in <strong>de</strong>n Pappelreihen und an<strong>de</strong>ren Laubhölzern <strong>de</strong>r offenen Fl ä­<br />

chen im M ärz und April. Mit <strong>de</strong>m Spekti v kann festgestellt wer<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r Horst besetzt<br />

ist, ohn e die Vögel zu stören. A uch . päter noch im Juni läs. t sich trotz Belaubung 0 ohne<br />

Störung fe ·tstellen. ob Junge im Horst sind. Probl emati scher sind die Horste in <strong>de</strong>n a<strong>de</strong>lwä<br />

l<strong>de</strong>rn . M eistens sind sie nur aus <strong>de</strong>r Nähe zu sehen. Es ist daher ratsam, diese erst dann<br />

aufzusuchen. wenn Junge vorh an<strong>de</strong>n sind. Rotmilane können ein Revier aufgeben. wenn<br />

ie vor o<strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r Eiab lage gestört wer<strong>de</strong>n ( ORGA LL 1995). Da die Horstsuche in<br />

<strong>de</strong>n Na<strong>de</strong>lwä l<strong>de</strong>rn sehr aufwe ndig ist. bestehen in <strong>de</strong>n oben genannten Wä l<strong>de</strong>rn noch Erfass<br />

ungslücken.<br />

St all nach Horsten zu suchen, kann man ab En<strong>de</strong> Juni nach <strong>de</strong>n ausge tlogenen Jungvögeln<br />

Ausschau halten. Die ausge fl ogenen Jungvögel von Rot- und Schwarzmilan sind bei günsti<br />

gen Beobachtungsbedingungen leicht zu erkennen. Si e nehmen in <strong>de</strong>n ersten Tagen und<br />

Wochen das Futter am Horst o<strong>de</strong>r in unmittelbarer Horstnähe entgegen. Kann man die<br />

ausgeflogenen Jungen beobachten. dann bestäti gt das nicht nur ein Revier. son<strong>de</strong>rn auch<br />

eine erfo lgreiche Bru t.<br />

4.1 chwarzmilan<br />

4. EI'gebnisse<br />

Abb. 2 zeigt die nachgewiesenen Rev iere im Jahr 1998. Von <strong>de</strong>n 2 1 Re ier halten<strong>de</strong>n<br />

Paaren im Kernbereich <strong>de</strong>s Unterslichungsgebi etes hatten min<strong>de</strong>stens 17 Paare Bruterfolg.


156<br />

Pf!)<br />

TOs:?<br />

•<br />

•<br />

•<br />

3.5 km<br />

G<br />

D<br />

c!J (}Su<br />

c;:I'L><br />


157<br />

v-s<br />

• • Pff) •<br />

• D<br />

ToC'LJ<br />

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D<br />

·cr<br />

Tu.<br />

~<br />

•<br />

c!) (}su.<br />

• •<br />

•<br />

. aii:>


158<br />

4.2 Rotmilan<br />

Abb.3 zeigt die Revierverteilung im Jahr 1998.<br />

Im K ernbereich <strong>de</strong>s ntersuchungsgbietes stellten wir 24 Reviere fest. Daneben waren<br />

min<strong>de</strong>stens zwei wei tere Rev iere wen igste ns orübergehend besetzt. Bei Marbaeh trug<br />

ein A ltvogel istmateri al in einen Wa ld ei n; später konnten wir keine Rotmilane mehr<br />

hier fes tstellen. An <strong>de</strong>r Donau unterh alb von Pfohren war ze it we ise ein Paar anwesend.<br />

Durch menschliche Störungen und Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen mi t (ebenfalls nicht brüten<strong>de</strong>n)<br />

Schwa rzmilanen kam es zu keiner Brut (vgl. Kap. 4. 1).<br />

Von II Paaren kannten\: ir <strong>de</strong>n Horst. Da von wa ren 8 Paare erfolgreich. Bei <strong>de</strong>n 3 Paaren<br />

ohne Bruterfolg gaben zwei Paare auf, ohne dass wir die Grün<strong>de</strong> kan nten. Beim dritten<br />

Paar wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Horstbaum im SG Unterh ölzer Wa ld während <strong>de</strong>r Brut En<strong>de</strong> M ai ge fLillt.<br />

(Ein M [iusebu ssa rd und ein Schwarzmi lan. die im Umkreis von 100 m horsteten, brachten<br />

ihre Jungen zum Auslliegen).<br />

In zwei wei teren Revieren sahen wir di e flüggen Jungvögel.<br />

Von <strong>de</strong>n II Paaren. <strong>de</strong>ren Horste wir nicht ka nnten. waren 5 erfolglos o<strong>de</strong>r schritten nicht<br />

zur Brut. Bei <strong>de</strong>n restlichen 6 Paaren können wir keine Au 'sagen über Brut o<strong>de</strong>r Bruterfolg<br />

machen. we il wir sie gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Brutzeit nicht mehr kontrol liert hauen.<br />

Im Vergleich zu 1997 gab es wie beim Schwarzmi lan nur wenige Verän<strong>de</strong>rungen. 20 Reviere<br />

waren gleich gebliebe n. 3 im Jahre 1997 besetzte Reviere wur<strong>de</strong>n aufgegeben, dafür<br />

kamen 4- neue hinzu.<br />

Den kürzesten Abstand zwischen zwei Rotmilanhorsten gab es an <strong>de</strong>r Sti llen Muse l. 1997<br />

lagen die Horste etwa 100 m voneinan<strong>de</strong>r entfernt. 1998 (und ebenso 1999) rückten die<br />

Paare auf etwa 200 - 250 111 auseinan<strong>de</strong>r.<br />

4.3 HOl'stbäume<br />

Die von un s fes tgestellten Horstbüul11e sind in Tab. I aufgeführt.<br />

Tab. I: IIll Ben::ich <strong>de</strong>r Baal' rc~tge~tellte Horstbüullle bei Rot- und Schwarzillilan in <strong>de</strong>n Jahren 1997<br />

bi~ 1999. In vielen Fällen han<strong>de</strong>lt es ,ich in uen ver~chic<strong>de</strong>nen Jahren Uill <strong>de</strong>n~elbcn Horstbauill.<br />

Hostbliume Rotmil an Schwarzillilan<br />

1997 1


159<br />

Abb. 4: Lebensraulll dcr Milane. NSG. Bi rken - Minclmeß<br />

Abb. 5: BrUlplatz von Rot- lind Schwarzillilan. Birkcn


160<br />

1996 brülete ein Rotmilanpaar in <strong>de</strong>r Donauaue in einer frei stehen<strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>. Dieser<br />

Horstbaum ist in <strong>de</strong>r Tabelle nicht enthalten.<br />

4.4 Nachbarschaft zwischen Rot- und Schwarzmilan<br />

Die et was später eintreiTen<strong>de</strong>n Schwa rzmilane scheuen " ich offenbar nicht. sich in unmittelbarer<br />

Nac hbarsc haft <strong>de</strong>r Rotmilane anzusie<strong>de</strong>ln. Das geht nicht ohne A useinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

zu Beginn <strong>de</strong>r Revierbese tzung ab. Im we iteren Verlauf <strong>de</strong>r Brutze it hören die StI'eiti<br />

gkeiten offensichtlich aur.<br />

Brutnachbarschaft en beobachteten wir an folgen<strong>de</strong>n Orten:<br />

I. A nkenbuck - Stille Musei: Die 7 chwarzmilanpaare sie<strong>de</strong>lten im gleichen Bereich wie<br />

drei Rotmilanpaare an diesem Ort. Ein Schwa rzmilan hatte z. B. seinen Horst zwischen<br />

zwei ROlmilanhorsten. die ca. 200 m au se inan<strong>de</strong>r lagen (s iehe 4. 1 und 4.2) .<br />

2. Sumpfohren: In <strong>de</strong>r Pappelreihe nördlich von Sumpfohren brüteten 1999 bereits zum<br />

dritten Mal bei<strong>de</strong> Arten nebeneinan<strong>de</strong>r. Dabei betrug <strong>de</strong>r Horstabstand 1997 und 1999<br />

nur etwa 35 - 40 m.<br />

3. Unterhölze r Wald - I ördlicher Kap!": 1997 und 1998 brüteten bei<strong>de</strong> Paa re erfolgreich<br />

nebeneinan<strong>de</strong>r. 1999 hatte nu r <strong>de</strong>r Rotmi lan Bruterfolg. Im Winter 1998/99 wur<strong>de</strong>n die<br />

bi sheri ge Horstfichte <strong>de</strong>s Schwa rzmi lan s sowie die ac hbarfichten ge fällt. Bereits im<br />

M ai 1998 wur<strong>de</strong>n hier Fichten geschl age n. in unmittelbarer ühe <strong>de</strong>s Schwarzmilanhorstes.<br />

Die Brul kam <strong>de</strong>nnoch zu m A uslliegen.<br />

-L nterhölzer Wald. Ostseite: A uch hier betrug <strong>de</strong>r A bstand zwischen <strong>de</strong>n Hor. ten 1998<br />

weniger als 100 m. zu sätzlich horstete ein M üusebu ssard Lwischen ihnen. N ach<strong>de</strong>m<br />

1998 <strong>de</strong>r Horstbaum <strong>de</strong>s Rotmilans geUllt wor<strong>de</strong>n wa r (s iehe 4.2). war 1999 zwar<br />

wie<strong>de</strong>r ein Rotmilan anwese nd. jedoch kein Schwa rzmilan.<br />

5. eudinger Gru ft: 1997 brüteten sowohl ein Rot- als auch ein Schwarzmilan in ei er<br />

Reiherkolonie. 1998 sehr wahrscheinlich nur noch eier Rotmilan.<br />

6. Walds tück (Eiben) zwischen benluchen unel Rietheim: In eli esem gut 10 ha großen<br />

Walelstück brüteten 1998 zwei Schwarzmilane unel ein Rot-milan. 1999 ein Schwarzmilan<br />

un d ein Rotm ilan.<br />

5. Diskussion<br />

HÖLZliXGER ( 1987: 873. 880) schützt I"i.ir Baelen-Württemberg elen Gesamtbestanel eies Rotmilans<br />

au f 200 bis :no Paare. <strong>de</strong>n eies chwarzmilans auf 300 Paare. Danach befänelen<br />

sich bereits 10% <strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n-Württernbergischen Rotmi lanbestaneles auf <strong>de</strong>r Baar. Die<br />

Si edlungsdichte ist mit 12 Paaren pro 100 km 2 wahrscheinlich die höchste in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.<br />

Bei<strong>de</strong> Milanarten fin<strong>de</strong>n hier in <strong>de</strong>r we itgehend offenen Landschaft mit <strong>de</strong>m Angebot an<br />

inse lhaften Waldsrücken und Baumgruppen einen günstigen Lebensraum . Bei <strong>de</strong>r Nahrungsbeschaffung<br />

spi elt das Dauergrünland ei ne wesentliche Rolle. weni ger die Gewässer. Nach<br />

Beobachlllngen von J. WALZ und A. GRAl'EL (mündliche Mitteilung 1999) erbeuten Rotmilane<br />

auf <strong>de</strong>n M Lihwiesen fast ausschließlich und sehr effektiv Feldmäuse. Die Müll<strong>de</strong>ponie<br />

Hüfingen hat zumin<strong>de</strong>st für die Brutvögel keine wese ntl iche Be<strong>de</strong>utung.<br />

Nach HOLZING ER ( 1987) brüten Rotmilane vor allem in W m<strong>de</strong>rn . Bei uns legen sie ihre<br />

Horste außer<strong>de</strong>m in kleinsten Waldsti.icken sowie in Pappelreihen Lind sogar in einzeIstehen<strong>de</strong>n<br />

BUumen an . Auf die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Pappclreihen haben wir oblOn schon hingewiesen<br />

(Kap. 4.3).


16 1<br />

Danksagung<br />

H elmut G EHRI NG . H elmut K AISER und Felix ZINKE ergänzten durch ihre B eobac htungen<br />

gan z w esentlich unsere Daten. Dietrich W ELLER informierte uns über das Rotmilanpaar am<br />

Aasener Kap!". Vo n Helmut G EHRING stammen die Bil<strong>de</strong>r, und er erstellte für uns die<br />

Verbreitungskarten (Abb.2 und 3). Ihnen allen gilt unse r beson<strong>de</strong>rer Dank.<br />

Literatur<br />

EI3t;NIIÖII . G. & H .• H. K A I SE I~. C. & H. PIoLCHEN, R. SCllün ( 1997): Große Schlafpl::lIzgemeinschafi<br />

von Schwarzmi lanen (Mi I V LI S migrans) auf <strong>de</strong>r Baal'. Ornithologische Jahreshefte für Ba<strong>de</strong>n­<br />

WÜrltemberg 13. im Druck<br />

GI:HRING. H. ( 199 1): Quantitati ve Brutvoge lerfassung im Sch warzwald-Baar-Kreis 1987 . Schriften<br />

<strong>de</strong>r Baar 37: 77 - 11 2<br />

GLUTZ VON BLOTZI-IEIM, U .. K . B Al;t;R. E. BEZZEL ( 197 1): Handbuch <strong>de</strong>r Vögel Miueleuropas, Band 4.<br />

Frankfun Hm M ain (Aka<strong>de</strong>mi sc he Verl agsgesellschaft)<br />

H AGE~ l E IJ ER . W.J .M .. M.J . BLr\ IR ( 1997): The EBCC AtlasofEuropean Breeding Birds- theirDistribution<br />

and A bundance. London (Poyser)<br />

HÖLZINGER, J. ( 1987): Die Vögel Ba<strong>de</strong>n- Würuembergs. Band 1.2. Karlsruhe (Ulmer)<br />

M EBs. T. ( 1995): Die beson<strong>de</strong>re Verant wortung <strong>de</strong>r Mitteleuropäer für <strong>de</strong>n Rotmilan - Status und<br />

Bestand sentwick lung. Voge l und mwclr 8. Son<strong>de</strong>rheft Rotmilan. 7 - 10<br />

ORGALL. A . ( 1995): Revierk an ierun g als zielorientiene M eth odik zur Erfassung <strong>de</strong>r "Territorialen<br />

aison-Populat ion" beim Rotmilan (Milvus milvus) . Vogel und Umwelt 8. Son<strong>de</strong>rh eft<br />

Rotmi lan. 147 - 164<br />

OIULlEB, R. ( 1995): Der Rotmilan. NBB 532. M ag<strong>de</strong>burg (Wcs tarp Wi ssenschaften)<br />

( 1996): Die Klei<strong>de</strong>r immaturer Schwarzmilane Milvus migrans. Limico la 10. 105 - 11 3<br />

( 1998): Der Schwarzmilan. NBB 100. Hohcnwarslebcn (Westarp Wi ssenschaften)<br />

A nschrift <strong>de</strong>r Verfasse r: Dr. Hartmut und Gabi Ebenhöh. Kirnacher Höhe 7. 78089 Uillerkirnach


162<br />

ercil1' rür Gc,chichlC<br />

alllrgc, chichlC <strong>de</strong>r ßmlr<br />

Donalle,chingen<br />

:1 I . MUrt 2000<br />

Arche Noah in <strong>de</strong>r Riedbaar -<br />

Zur Entwicklung einiger angelegter Biotope 1978 - 1998<br />

I . Teil: Die "Riedmul<strong>de</strong>"<br />

von Günther Reichelt<br />

l. Einführung<br />

Das Donaueschinger Ri ed hat durch die 1978/79 durchge führte Flurbereinigung und die<br />

dabei ausgeführten Dr ~in agemaß n a hm e n und A ufschüttungen nahezu sHmtliche <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>m<br />

g roß r ~i umi ge n Feuchtllächen verl oren, obwohl diese seit 1976 ausdrücklich unter <strong>de</strong>m<br />

Schutz <strong>de</strong>s Natursc hutzgesetzes (* 16) stan<strong>de</strong>n. Ihren Ilori sti schen Reichtum hatte bereits<br />

H. ZAIIN ( 1889) aufgezeigt. K . W ACKER ( 1960) ihre ornithologischc Be<strong>de</strong>utung beschrieben:<br />

ZI 'KlO & REICHELT ( 1977) versuchten speziell <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen pflanzensoziologischem<br />

Biotopcharakter und <strong>de</strong>r AvifaunCl in <strong>de</strong>r Ri edbaar darzustellen. Von diesem<br />

national be<strong>de</strong>utsamen Feuchtgebiet blieben nach <strong>de</strong>r Flurbereinigung je<strong>de</strong>nfalls nur<br />

kümmerliche Reste übrig. Das Flurberein igungsverfahren Donaueschingen 1977- 1980<br />

umfasste rund 745 ha freier Fläche, davon wur<strong>de</strong>n 378 hOl <strong>de</strong>r VolIentwässerung unterworfen.<br />

das sind rund 5 1 O/C . ur 7 ha, also 0.9 o/c <strong>de</strong>r Gesamtntiche verblieben laut Landschaftspflegeri<br />

schem Begleitplan (LPB) offiziell als nicht bewirtsc haftete "Feuchtflächen". Doch<br />

wa ren diese ke ineswegs ge nercll Fcuchtfliichen im Sinne <strong>de</strong>r Ökologie, also we<strong>de</strong>r<br />

"Wetlands" nach <strong>de</strong>n Kriteri en <strong>de</strong>r Rum sa r- Konvention von 197 1 noch beson<strong>de</strong>r zu schützen<strong>de</strong><br />

Biotoptypen im Sinne <strong>de</strong>r Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinsc<br />

haft o<strong>de</strong>r nach * 24 a SchG.<br />

Im Landschaftsp llegerischen Beg leitplan (LBP) vom 14.12. 1977 wur<strong>de</strong>n näm lich fol gen<strong>de</strong><br />

Flurstücke als sogenannte "Feuchtllächcn" ausgewiesen (Abb. I ):<br />

I. A ufgeschüttete Abraumlläclle am "Vor<strong>de</strong>ren Schneebühl " (LBP Maßnahme 9) üdlich<br />

<strong>de</strong>s Verk ehrslan<strong>de</strong>platzes. zugleich zur " A usgleichsmaßnahme" für die Verluste wert ­<br />

voller Feuchtllächen durch die Verl ängerun g <strong>de</strong>r Start- und Lan<strong>de</strong>bahn <strong>de</strong>s Flugplatzes<br />

erkliirt (!); rund 1.3 ha.<br />

2. " Riedmul<strong>de</strong>" im Gewann "Espen spitz" (LBP Maßnahme 16) ös tlich <strong>de</strong>r B 27/3 1 (Umgehung);<br />

rund 0.7 ha.<br />

3. Am Grenzgraben Donaueschingen/Pfohren (LBP M aßnahme 17): rund 0,7 ha .<br />

.. L trci fen zwischen Bahnlinie Konstan z und B 27/31 (LBP M aßnahme 18) : 0.3 ha.<br />

5. Abraumlläche ( Ki e~) am Kleinen Wuhrholz (LBP Maßnahme 19); 2.4 ha.<br />

6. A llmendshofer Graben (LBP Maßnahmc 20): 1,6 ha.<br />

Das sind zusammen etwa 7 ha. Zwei <strong>de</strong>r Flüchen. Nr. I und r. 5. sind ein<strong>de</strong>utige Abraum<strong>de</strong>ponien.<br />

r. 3 und Nr. 4 völ lig entwässerte und trockene Grenzsäume direkt neben ti efen<br />

Haupt-EntwässerungsgrLiben. Ei nzig r. 6 kann al s schmaler GewLisserlauf mit bachbegleiten<strong>de</strong>r<br />

Hochstau<strong>de</strong>nflur und A uegebüsch als wirkliches Fcuchtgebiet bezeichn et<br />

wer<strong>de</strong>n. Die im Folgen<strong>de</strong>n näher untersuchte "Riedmul<strong>de</strong>" hingegen (LBP Nr. 16) war


163<br />

zwar vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung<br />

ebenfalls eine Feuchtfläche, wur<strong>de</strong><br />

jedoch nach <strong>de</strong>r Verlegun g<br />

<strong>de</strong>r Dränstränge von <strong>de</strong>r Teilnehmergemeinschaft<br />

mit Au -<br />

hubmaterial aufgefüllt und eingeebnet.<br />

Wenn also die <strong>de</strong>m aturschutz<br />

anhcim gegebenen Flächen überhaupt<br />

eine ökologisch sinnvolle.<br />

mit <strong>de</strong>r ursp rünglichen Riedlandsc<br />

haft vereinbare Funktion<br />

übernehmen sollten. stand er<br />

vor <strong>de</strong>r Aufgabe. die ihm überlassenen<br />

"Inseln" erst einmal entsprechend<br />

einzurich ten. mithin<br />

ein gut überl egtes "Biotopmanagement"<br />

durchzuführen.<br />

Da durch die Drängräben und<br />

> I m tief verlegte Dränagestränge<br />

<strong>de</strong>r Zusammenhang <strong>de</strong>r<br />

Feuchtflächen mit <strong>de</strong>m Grundwasser<br />

großflächig zerstört wor<strong>de</strong>n<br />

war, kam <strong>de</strong>r Durchlässigkeit<br />

<strong>de</strong>s Oberbo<strong>de</strong>ns beson<strong>de</strong>rc<br />

Be<strong>de</strong>utung zu. Für die Entwicklung<br />

zu einem Feuchtgebiet erschienen<br />

nur ein kleinerTeil <strong>de</strong>r<br />

Fläche am Schneebühl ( r. 1).<br />

die spätere "Ri edmul<strong>de</strong>" ( r.2)<br />

~/'<br />

100 200<br />

Abb. I: Lage <strong>de</strong>r "Feucht flächen " im Ri ed<br />

und die Kies<strong>de</strong>ponie am Klei nen Wuhrholz ( 1'.5) allenfall geeignet. In die em I. Teil<br />

wird zunächst die Riedmul<strong>de</strong> vorge ·tellt; ein B eitrag über die Entwicklun g <strong>de</strong>r Biotopfläche<br />

"Am Wuhrholz" so ll folgen.<br />

ach Überlegungen und Vo rstellungen <strong>de</strong>s Verfa. ers und <strong>de</strong>s damaligen BUND- aturschutzwartes<br />

F. ZI, KE, erfolgten die notwendigen Ge lallUngsmaßnahmen am 15. - 18. 11 .<br />

1978 in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m zuständigen Naturschutzbeauftragten, Dr. E. K ÖLLNER .<br />

D ie Fachaufsicht führte <strong>de</strong>r damalige Landschaftspfleger beim BUND-Lan<strong>de</strong>sverband,<br />

W. FRIEDRICH. Radolfze ll.<br />

2. Zur Begründung <strong>de</strong>r Gestaltungsmaßnahmen<br />

Aus pflanzensoziologischen Kartierungen <strong>de</strong>s Verfassers 1966- 1968 ging hervor, dass die<br />

betreffen<strong>de</strong> Fläche damals ein 20-60 m breites. bis 550 m langgestrecktes Groß 'eggenried<br />

trug. Es nahm eine flache Mul<strong>de</strong> ein . die einem alten Breg lauf entsprach. Ei n später - wohl<br />

im Z usam menhang mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Eisenbahn nach Konstan z um 1868 herum - angelegter<br />

Entwässerungsgraben war inzwischen verwachsen (vgl. REICHELT 1995, Abb. 3 1, S. 74).<br />

Die Mul<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> ursprünglich während <strong>de</strong>r nachw il1lerlichen Überschwemmungen sanft<br />

durchflutet. so dass hier Tone und Sch luffe zum Absatz kamen. Im Bereich <strong>de</strong>s


164<br />

Großseggenrieds hatte auch bereits die Bildung von Seggen torf begonnen. Wie erwähnt.<br />

wur<strong>de</strong> die im offiziellen Plan von 1977 als FeuchtIlüche a u ~gcw i ese n e Mul<strong>de</strong> im fol gen<strong>de</strong>n<br />

Jahr mit Erdaushub bis über SO cm Höhe wi<strong>de</strong>rrechtlich verschüttet und eingeebnet<br />

mi t <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>r unwie<strong>de</strong>rbringlichen Zerstörung <strong>de</strong>s Großseggenrie<strong>de</strong>s. Eine eubegründung<br />

konnte nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn die Verfü llung bi s auf die<br />

unterlagernd e Ton- o<strong>de</strong>r Torfschicht wie<strong>de</strong>r entfernt wür<strong>de</strong>. Das geschah im Einve rnehmen<br />

mi t dcm Flurbereinigungs


165<br />

bb. 2: Die vcrschütlete Riedmul<strong>de</strong> wird wie<strong>de</strong>r ausgebaggert (Nove mber 1978)<br />

Abb. 3. Riedmul<strong>de</strong> im Mai 1982


166<br />

A bb. -l: Ried illui<strong>de</strong> im M ärz 1988<br />

Abb. 5: Ricclmulcle im M ai 1998


167<br />

3.1. Wasserstand und Wasserqualität<br />

3. Die Entwicklung <strong>de</strong>r "Riedmul<strong>de</strong>"<br />

ach guter Füllung <strong>de</strong>r zwei Teilmul<strong>de</strong>n während <strong>de</strong>s Winter 1978 und im Frühjahr 1979<br />

blieb das Was, er an <strong>de</strong>n tiefsten Stellen noch bi s En<strong>de</strong> Juli zurück: im August bi s Anfa ng<br />

Oktober 1979 wa r <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>r völlig trocken. Der schluffig-tonige Bo<strong>de</strong>n wie '<br />

Trockenrisse auf (Abb. 7). Ab Mitte Oktober sammelte sich langsam wie<strong>de</strong>r Wasser; bi s<br />

Februar 1980 waren bei<strong>de</strong> Mul<strong>de</strong>n praktisch rand vo ll. Im August 1980 trocken, waren sie<br />

im September bereits wie<strong>de</strong>r zu etwa 75 % gefüllt. Nach weiterer Zunahme im Herbst und<br />

Winter hielt sich das Wasser 198 1 erstmals ganzjährig. Trotz guter Füllung im Janu ar/<br />

Februar 1982 bestan<strong>de</strong>n schon im M ai nur noch kleine Wa sseraugen, hielten sich aber bi s<br />

En<strong>de</strong> Juni und waren nach kurzem Austrocknen am 11 . August wie<strong>de</strong>r bis zum Rand <strong>de</strong>r<br />

Mul<strong>de</strong>n aufgefüllt. ach leichtem Rückgang im September erholte sich <strong>de</strong>r Wasserstand<br />

bis zum Frühjahr 1983, 0 dass ganzj ährig in bei <strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n Wasser angetroffen wur<strong>de</strong>.<br />

Die fo lgen<strong>de</strong>n Jahre bestätigten die Erfahrung <strong>de</strong>r ersten fünf Jahre, <strong>de</strong>nen zu fo lge je nach<br />

<strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rschlagsmengen <strong>de</strong>s Winterhalbjahres Wasser bi s min<strong>de</strong>stens En<strong>de</strong> Juni angetroffen<br />

wird und ab September/Oktober mit Wie<strong>de</strong>rvernässung zu rechnen ist. Das sollte<br />

ausreichen. um beispi elsweise die Entwicklung von Amphibienlarven zu gewährleisten.<br />

Wasseruntersuchungen durch das Fachseminar für Biologie <strong>de</strong>s Studienseminars Rottweil<br />

ergaben, dass in <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong> im Unterschied zum Biotop "Am Wuhrhol z" Einflüs e <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft die Wasserqualität beeinträchtigen. Bei vergleichsweise hohem pH-Wert<br />

von 7,0 - gegenüber <strong>de</strong>r Fläche am Wuhrholz mit pH


168<br />

seggenried. Dafür trat don zwisc hen 198 1 und 1987 eine vorübergehen<strong>de</strong> Phase mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />

Beteiligun g von Eriophortll11 {/ lIg IlSlifo /illlJl auf (Abb. 3). Heute ist diese Art,<br />

wohl info lge <strong>de</strong>s Nährstoffgehalts, nahezu ve rsc hw un<strong>de</strong>n.<br />

Tab. I : Elllwick lung <strong>de</strong>r Vegctation d e~ Teichbo<strong>de</strong>ns mit > I 0 Monaten Wasserbe<strong>de</strong>ckung 1979- 1998<br />

(D.:ckun gsgrad n. Wt L~I" :-.Js): physiognomi sch beq imlllcn<strong>de</strong> Arien hervorgchoben.<br />

Arlnallle 1979 1980 198 1 1982 1983 1987 1996 1998<br />

Pep /i.l· purtl//a Sumpfkresse x x 2b 3 x<br />

./I/IICI/S !m/l)().\'I/S Zwiebelbinse x 2a 2b I<br />

Ca!!ilr iehe !)o!uslris Sumpf- Wasserstern x 2b 3 2b<br />

!?alll/IICI/ltls.llallll/1l/!a Brcnn -Hahncnruß x x I 2a 2<br />

wechsell'eucht > wechseltrocken ent spricht (Abb. 12).


169<br />

Tab, 2: Entwicklung <strong>de</strong>s trocken fallen<strong>de</strong>n Teichbo<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>r Ri ed mul<strong>de</strong> (Artenliste),<br />

Artname 1979 1980 198 1 1982 199 1 1996 1998<br />

PO/ygOIlIlIll per.l'icorio Floh-Knöterich x x<br />

5pelgll/oria /'/Ibm Roter Spörgel x x<br />

Co/eop.l'i,I' lelrahil Gewöhn licher Hohl Lahn x x x<br />

50gilla proclllllhells ie<strong>de</strong>rl iegen<strong>de</strong>s Mastkraut x x x<br />

Cype/'/l.l'ji/sclls Braunes Zypergras x x<br />

Rorippo palmlris Gewöhnliche Sumpfkresse x x x X<br />

l/IIlC/ls bl(!;lIIills Krötenbinse x x x X<br />

'/lIl1ells Imlho,l'lIS Zwiebelbinse x x x X<br />

Plall/ago i/llerllledia K leiner Wegerich x x x X<br />

Callilriche paillslris Sumpf-Wasserstern x x x x<br />

Pep/i.\' porlltla Sumpfquen<strong>de</strong>l x x x x<br />

Eleoc!taris ociclliore a<strong>de</strong>lbinse x x x x x<br />

l-I,rpericlIlII hlllllijt/SIlI1l Nie<strong>de</strong>rlieg, J o h a nni ~kra ut x x x x X<br />

RlII/III1ClIllIs repells Kriechen<strong>de</strong>r Hahnenfuß x x x x x<br />

Cllaphalilllll lI/iginosUlI1 Sumpf-Ruhrkraut x x x x x<br />

Agroslis slOl(lII ij'era pmr, Weißes Straußgra~ x x x x x x X<br />

./III/CIIS ejJi/slIs Flalter-Binse x x x x x x X<br />

1111/CIIS Ol'/iClllalll,\ Glanzfrücht. Bin ~e x x x x x x<br />

Oeschalllpsia cespi/o.l'o Rasen-Schm iele x x x x x x x<br />

Achilleo plarlllica Sumpf-Schafgarbe x x x x x x X<br />

Mvo.l'OI is palll.l'lris Sumpf-Vergißmeinnicht x x x x x x X<br />

RlII/lll1cullis j/allllllllio Brennen<strong>de</strong>r Hahnenfuß x x x x x x X<br />

COIiIlIl/ IIligillO.l'l/1II M oor-Labkraut x x x x x x<br />

Eqlli.l'ellllll palI/SIre Sumpf-Schachtel hai Jll x x X x x X<br />

Tri/fililll1/ .I'padicelllll M oor-Klee x x<br />

AlopeclIl'IIs oeqllolis Roter Fuchsschwanz x x x<br />

VerOllico .I'(,lIlella/(/ Schi Id-Ehrenpreis x x x<br />

POlelllilla ereclll Blutwurz x x x x X<br />

Colilllll /willslre Sumpf-Labkraut x x x x x<br />

L,rclll/isj/os cllcllii Kuckuckslichtnelke x x x x X<br />

ClillWcilll1l <strong>de</strong>lldl'Oi<strong>de</strong>s Leitermoos x x x x x<br />

Carex I-Iol'llllollii Harlmans Segge x x<br />

Corex 10sioclIIl'o Fa<strong>de</strong>n-Segge x x<br />

Ca rex \'esicorio Blasen-Segge x x x x<br />

Carex ela/(/ Steife Segge x x x x<br />

Carex callescell,l Grau-Segge x x x x<br />

Carex oe<strong>de</strong>ri Oe<strong>de</strong>r~ Segge x x x x<br />

Carex palliceo H i r,en-Segge x x x x<br />

5clllellaria glllericlIllI/(/ Sumpf-Helmkraut x x x x<br />

Me/llha a/'l'ellsis allSlr, Acker-Minze x x x x<br />

Acroclodilllll clIspido/1I111 Spießmoos x x x x<br />

AllloCOI/lllill/1I polt/SIre Sumpf-Strei fenstern moos x x x<br />

Fes/ttca ol'illa I/llj(i,\'a Torf-Schwingel x x x<br />

Carex/i/sco Braune Segge x x x<br />

Agl'Oslis ('(tll im/ Hunds-Straußgras x x x<br />

./I/IICII.l' (,ollg/olllero/tts Kn ~iuel-Binse x x x<br />

Corex gracilis Schlanke Segge x x<br />

Ca rex pollescell.\' Bleiche Segge x x<br />

511ccisa prolellsis Teufelsabbi 's x x<br />

OOIllIl(lIIio <strong>de</strong>clIIII!7ells Dreizahn x x


170<br />

S{/lIglli.w rlw of]icinalis<br />

Cirsilllll palllSlre<br />

Genis/{f rincroria<br />

Solix repens<br />

Großer Wie~enkn(lpf<br />

ul11pf-KratLd i ~ t e l<br />

Färber-G i n~tcr<br />

Kricch-Weiuc<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

Anteil <strong>de</strong>r Artengruppen<br />

..c:<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

!lI<br />

25<br />

N<br />

t:<br />

Q)<br />

t:: 20<br />

« 15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1979 1980<br />

1982 1991 1998<br />

o Borstgras-Magerrasen<br />

EI Feuchtwiesen<br />

~ Großseggenröhrichte<br />

o Kleinseggenrasen<br />

11 Ufer-/Flutrasen<br />

o Zwergbinsenrasen<br />

• Unkrautarten s.1.<br />

Abb. 6: Entwicklung dcs Tcichbodcm nach A rtcnzahluncl Artcngruppcnanteil 1979- 1998<br />

3.2.3. Flächen mit Resten alter Vegetation:<br />

A uf <strong>de</strong>n nicht ausgeschürflen Bereichen zwischen <strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n und an <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn hatten<br />

sich R e~te <strong>de</strong>r Vegetation aus <strong>de</strong>r Ze it vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung erhalten. Auch sie unterlagen<br />

~e it 1978 einer gewissen Ver~in<strong>de</strong>run g. doch blieb die Physiognomie die ersten Jahre<br />

über im we:entlichen erhalten. E~ han<strong>de</strong>lt sich dabei um drei Komplexe: die Vegetati on im<br />

al ten. gelegentlich wassergerlillten Graben. einen M agerrasen im Südwestteil <strong>de</strong>r Fläche<br />

und ei nen Hochstau<strong>de</strong>nsa um . <strong>de</strong>r sich vom östlichen Rand her über die durch Baggerspuren<br />

betrüchtlich gestörten Bereiche in <strong>de</strong>r Mitte und zwischen dcn bei<strong>de</strong>n Mul<strong>de</strong>n<br />

in Lwischen erheblich ausgebre itet hat. Darüber hinaus ist gera<strong>de</strong> dort eine anfangs kaum<br />

merkliche. inzwischen beschleunigte Verbuschung eingetreten. we lche dazu zwingt. <strong>de</strong>n<br />

Lunlichst befolgten Grundsatz. <strong>de</strong>r Entwicklung freien Lauf zu lassen. aufzugeben. Damit<br />

~ind Probleme <strong>de</strong>r Pflege ~o l cher FUchen angesprochen. die nochmals eingehen<strong>de</strong>r diskut<br />

ien wer<strong>de</strong>n so llen.<br />

3.2.3. 1. Der Graben am Süd westrand <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong>: Wie schon erwlihnt. i. t <strong>de</strong>r Graben<br />

nur noch bei berschwemmungen im nördlichen Teil gelegentlich wassergefüllt. Die<br />

Sohle \ ird von Großseggen wie Carex ,'esicl/ria, Cl/rex gmcifis, Carex efata eingenommen.<br />

dazu komlllen Rlllllex aqllariclIs und Iris pselldllcort/S ~owie Afopecllrtls aeqllafis.<br />

Die U rer wer<strong>de</strong>n im Frü hjahr von <strong>de</strong>r Sumpfdonerblume. sp~il e r vom Mä<strong>de</strong>süß beherrsch t.<br />

Die Trollblume halte ~ich in <strong>de</strong>n ersten Jahren zwar von 4 auf20 Exemplare ve rmehrt. ist


171<br />

Abb. 7: Zwergbinsenrasen aufaustrocknen<strong>de</strong>m ton igen Teichbo<strong>de</strong>n. Es haben sich tiefe Trockenrisse<br />

gebil<strong>de</strong>t (Mai 1979).<br />

bb. 8: M oorklee im trockenrallen<strong>de</strong>n Teichbo<strong>de</strong>n (Juni 198 1).


172<br />

Abb. 9: F ro~c hl ö fTc I im Tcich. links dah intcr<br />

mit chwilllmbläuern : Sumpfqucn<strong>de</strong>l (Scptcmber<br />

1980).<br />

Abb. 10: Einfacher Igelkolben (September<br />

198 1 ).<br />

A hb . 11 : Orangerotes Habichtskraut im \Vcc h ~e l feuchtcn M agerrase n (Mai 1998).


173<br />

Vegeta tion d er<br />

Riedmul<strong>de</strong><br />

198 1 und 1998<br />

)<br />

/<br />

J<br />

r .' .<br />

I· ' .<br />

I<br />

1<br />

1<br />

1<br />

I<br />

I<br />

I<br />

1<br />

1<br />

1<br />

I<br />

J<br />

I<br />

1<br />

I<br />

1<br />

J<br />

o 10 20111<br />

J<br />

I<br />

I<br />

J<br />

I<br />

I<br />

'''' '..........-.<br />

--J<br />

~ Unterwasserrasen<br />

1-= ::.1 Zwergbinsenrasen<br />

~ KI~lnscggcllras~n<br />

!ttm !'ol.\scggcnröhncht<br />

1+ + 1 Gestörtes Scggcnncd<br />

DIlIl Ackcrd istcJ-HochsWlldclI<br />

IJIII) I Jochstau,klltl u!'<br />

Cl Wechsel feuchter Mag


174<br />

Abb. 13: JungerGrasfroseh undjunge Kreul.­<br />

krölc im Trillsiegel ci n e~ R c h~ (Juni 198 I ).<br />

Abb. 14: Braunkehl chcn mil Spinne aur Wal<strong>de</strong>nge<br />

lwurz ( -OlO: H. Gchring).<br />

Abb. 15: Bekass ine (FOlO: H. Gehring).<br />

Abb. 16: Großer Vierflcck (FOlO: H. Gehring).


175<br />

aber wie die Bach-Kratzdi stel (Cirsillfl/ ril'lIlare) seit 199 1 ve rschwun<strong>de</strong>n. Carex mlpina<br />

und sogar Carex dal'alliano bil<strong>de</strong>n örtlich beschränkte aber bemerkenswerte Vorkommen.<br />

Zwischen 1979 und 1982 im Bereich <strong>de</strong>s Weges noch blühen<strong>de</strong> Exe mplare <strong>de</strong>r Breitbl<br />

ättrigen Knabenkrauts (Dactylorhi-:,a IIwjalis) sind seit<strong>de</strong>m verschollen. Insgesamt läuft<br />

die Ent wicklung auf eine Filipendllla-Hochstau<strong>de</strong>nflur mit Phalaris amlldinacea zu.<br />

3.2.3.2. Der Mage.-rasen: Wie die Vegetari onskarte (Abb. 12) ze igt, weist die Fl äche im<br />

SW an zwei Stellen M agerrasen auf. Er wird unrege lmäßig. durchschnittlich alle zwei<br />

Jahre im Herbst gemäht. Das chnillgut wird an <strong>de</strong>r W-Ecke <strong>de</strong>r Riedmul<strong>de</strong> <strong>de</strong>poniert.<br />

Das vorherr ·chen<strong>de</strong> Grm. i t Fesillca rttb ra , reichlich kommen D eschall1psia cespi/osa<br />

und H olcl/.\' lalla/lIs, rege lmäßig aber spärlich auch Al'ena pllbesce/1S, Trise/wn{lal'escens.<br />

A rrhena/herulll ela/iOl ; Alop ecurus pratensis, Poa /rivialis, Agrostis tenllis, flecken weise<br />

auch Dan/honia <strong>de</strong>cIIl'llbens, Nardlls slricta und Fes/l/ ca Ol'ina turfosa vor. Hier liegt das<br />

Hauprvorkommen <strong>de</strong>s ordi schen Labkrauts (Galilll/1 boreale) und <strong>de</strong>s Echten L abkrauts<br />

(G. l'erl//ll). Ferner sind vorhan<strong>de</strong>n: Teufelsabbi ss (SlIccisa p ratensis), Großer Wiesenknopf<br />

(Songllisorba officinalis), Schwarze Teufelskralle (Phy /ellllla nigra). Sumpf-Schafgarbe<br />

(Achillea ptarlllica). stellenweise aspektbil<strong>de</strong>nd Schlangenknöterich (POlygOIlIlJ1l<br />

bislOr/a), sodann Bach- elkwurz (GeIlllI ril'ole). Kuckuckslichtnelke (Lw:hnisflos Cllcl/Ii).<br />

sowie das beachtenswerte Wiesen-Habichtskraut (Hieracillfll caespi/oSlIIll) und das seltene<br />

Orangerote Habicht skraut (H. allretllliaclIlII ), welches m. E. in <strong>de</strong>r Riedbaar als autochth<br />

on anzusehen ist (Abb. 11 ). Dazu tritt seit 199 1 die Busch- elke (Dialllhlls seg lleri);<br />

außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n Gefl eckt es Johanni skraut (Hypericul/1 l/1acllla/lIl11 ) und die Gewöhnliche<br />

Kreuzblume (Polvgala I'ltlgaris), <strong>de</strong>r Färber-Ginster (GenislCI/incloria) und Blutwurz<br />

(Polen/illa erec/a) noti ert. Bis 199 1 wuchs hier die Knollige Kratzdi stel (CirsiulII /u beroSlIlIl<br />

). etwas weniger häufig auch die Bach- Kratzdistel (Cirsillfll rivlIlare) in tattlichen<br />

Exemplaren. Diese ein<strong>de</strong>utig zu <strong>de</strong>n wec hse lfeuchten Silikat-M agerrasen gehören<strong>de</strong>, sehr<br />

interessante und arten reiche Pflanze ngesellschaft - 1982 wur<strong>de</strong>n 45, 1998 noch 37 A rten<br />

noti ert - wä re nach OßERDORFER ( 1978: 2 17 ff. 232) <strong>de</strong>m Thymo-Festucetul11 anzusc hließen.<br />

Diese für die Baal' typi sche Assoziation war vor <strong>de</strong>r Flurbereinigung im Ri ed we it<br />

verbreitet; lei<strong>de</strong>r wird sie in <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> längerfristi g nicht zu halten sein . Seit einigen<br />

Jahren dringen Phalaris artilldillacea und Filipelldllla lIll/Iar ia ein . A m Wuhrholz hat diee<br />

nur auf <strong>de</strong>r Baar vorkommen<strong>de</strong> schützenswerte Gese llschaft noch gün sti gere Chance n.<br />

3.2.3.3. Dei' Hochstau<strong>de</strong>n-Komplex: Der südliche Teil <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> östlich <strong>de</strong>s trockenen<br />

Grabens sowie <strong>de</strong>r östliche Mul<strong>de</strong>nrand trug bereits 1979 einen breiten Saum von<br />

Hochstau<strong>de</strong>n. Darin herrschten M ä<strong>de</strong>süß (Fil ipelldllla IIll/1or ia) und Engelwurz (A llgelica<br />

syh ·eslris) vor. Rohr-G lanzgras (Plw laris artilldillacea) und Rainfarn (Ch,:n·all/hellllllli<br />

\"lIlgare) traten zurück. Rege lmäßi g waren aber auch Cirsilll/l r i vlIlare, Galillll1 venllll.<br />

Galilllll boreale, Sangui.wr /)a ()[ficinalis. Acltillea ptarl/lica und sogar das Spatelblüttri gc<br />

Greiskraut (Sellecio helelliles: 198 1 no


176<br />

einem Bu sch von Rosa C(/llillo am H a upt ~ eg, traten nur noc h zwei Gru ppen von Büschen<br />

<strong>de</strong>r Grau-Wei<strong>de</strong> (So /ix cillerea). ein niedriges Gebüsch <strong>de</strong>r Öhrchen-Wei<strong>de</strong> (5. allri/({) und<br />

ein Busch <strong>de</strong>r Bruch-Wei<strong>de</strong> (5. .fi·agili.l') auf. Von unbekannter Hand und j e<strong>de</strong>nfalls unerwün<br />

scht. wur<strong>de</strong>n eine Eiche sow ie zahlreiche Heister verschie<strong>de</strong>ner Wei<strong>de</strong>n eingebracht.<br />

Zwar konnten die meisten wie<strong>de</strong>r entfernt wer<strong>de</strong>n. doch eben nicht alle. so da s sich inzwischen.<br />

ausgehend von <strong>de</strong>n aufgeri ssenen St ellen <strong>de</strong>s Hochstau<strong>de</strong>nsaumes und in <strong>de</strong>n vom<br />

Bagger hinterlassenen Störungsstellen. alsbald junge Wei<strong>de</strong>n au sbreiteten. Durch <strong>de</strong>n<br />

Pflegetrupp <strong>de</strong>s BUND-Regional ve rban<strong>de</strong>s Villingen wur<strong>de</strong> in etwa zweijiihrigem Turnus<br />

versucht. die jungen Wei<strong>de</strong>n auszureiße n o<strong>de</strong>r wurze lnah zu kappen; in<strong>de</strong>ssen ist inzwischen<br />

die Verbu sehung weit fangeschrillen und kaum noch aufzuhalten. Festgestellt wur<strong>de</strong>n<br />

neben <strong>de</strong>n en iihnten folgen<strong>de</strong> A rten: Laven<strong>de</strong>l-Wei<strong>de</strong> (S(/ /ix e/eagllo.l'). Lorbeer-Wei<strong>de</strong><br />

(5. pell/a lldm), Korb- x M an<strong>de</strong>l-Wei<strong>de</strong> (5. I'illlilloli.l' x S. / riw/(/ra). Sal -Wei<strong>de</strong> (5. caprea).<br />

Lei<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n daher die Standonbedingungen insbe 'on<strong>de</strong>re für die lichtlieben<strong>de</strong>n A rten<br />

zunehmendungün.'ti ger (Abb. 3-5).<br />

3.3. Beobachtungen zu r Fauna<br />

Die Fauna istnaturgemüß wese ntl ich schwieri ger zu erfasse n als die Flora und die Vegetati<br />

on. Rege lmäßige KontroligLinge fan<strong>de</strong>n von 1978 bis En<strong>de</strong> 1983 von M ~ir z bis Oktober<br />

monatlich mehrmals stall. spUter und bi s 1998 nur noch im April/M ai, Juni und im September.<br />

Daraus ergibt sich immerhin ein Bild über rege lmiißi g don vork ommen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r nur<br />

zufällig angelroffene Anen.<br />

3.3. 1. Amphibien und Reptili en:<br />

Bereils 1979 wur<strong>de</strong>n in bei<strong>de</strong>n Teichen Laichschnüre <strong>de</strong>r Kreuzkröte ent<strong>de</strong>ckt und ih re<br />

erfolgreiche Ansiedlung durch zahlreiche Jungkröten im August bestüti gt. Erst 198 1 trat<br />

au ch Gras froschlaich hinzu. Jungti ere bei<strong>de</strong>r A rten wur<strong>de</strong>n bis 199 1 beobachtet (Abb. 13).<br />

Vorübergehend kam 198 1 auch <strong>de</strong>r Grünfrosc h vor. 1992 wur<strong>de</strong> noc h <strong>de</strong>r Bergmolch ent<strong>de</strong>ckt<br />

. war ve rmutlich aber schon vorher dort.<br />

1980 wur<strong>de</strong>n einige St einhaufen au s Lesesteinen aufgesetzt. Bald konnten auf ihnen zunUchst<br />

di e Zaunei<strong>de</strong>chse (L(lcer /({ agili.l'). 1982 auch die Bergei<strong>de</strong>chse (L. I'i l'ipara) mit<br />

mehreren jungen Exemplaren festgeslellt wer<strong>de</strong>n. Die Hau fe n dienten <strong>de</strong>m Steinschmätzer<br />

hUufig ab Singwanen. Inzwisc hen sind sie vom HochsLau<strong>de</strong>nsaum überwuchert wor<strong>de</strong>n.<br />

3.3.2. Vögel:<br />

A ls Brutvogel o<strong>de</strong>r zu min<strong>de</strong>st brut erdiichtig konnten folgen<strong>de</strong> A rt en beobachtet wer<strong>de</strong>n:<br />

Elster. Feldlerche, Goldammer. Steinschmiitze r. <strong>de</strong>r auch regelmüßi g noch 1998 paarweise<br />

bi s A nfa ng Juni (20.6.1 98 1 mit I Jungvogel, 28 .5 . 1982 auf einem Steinhaufen singend)<br />

beobac htet wur<strong>de</strong>. Ferner: Rohrammer, Grauammer, Braunkehlchen (Abb. 14, 1-2 Rev iere).<br />

Sumpfrohrsänger (ab 1982, 1999: 3-4 Reviere). Gartengrasmücke ( 198 1), Rebhuhn<br />

( brut ve rd ~i c hti g) mit 3-8 Exemplaren. Von 1980 bis 1983 konnle auch <strong>de</strong>r Große Brac hvogel<br />

mit 2-3 A ltvögeln , wie<strong>de</strong>rholt sitze nd, auf eier Flüche beobachtet wer<strong>de</strong>n. Inzwisc hen<br />

ist cl' als Brutvogel in <strong>de</strong>r gan Len Ri edbaar Llusgel'allen. Der Kiebitz war 198 1 und 1982<br />

zur Brutzeit regelmäßig paa rwe i)'e auf <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> anzutreffen. fehlt aber seit 199-+<br />

ebenfalls in <strong>de</strong>r zentralen Ri edbaal' als Brutvogel.<br />

Be)'on<strong>de</strong>re A ufmerksamkeit ve rdienen auch die auf <strong>de</strong>m Z ug bei uns für Tage o<strong>de</strong>r gar<br />

M onate ras ten<strong>de</strong>n Vögel. Sie benöligen so lche "Tril1steine" wie die Riedmul<strong>de</strong>. A ls beson<strong>de</strong>rs<br />

~ t a nd o rllre u erwiesen ~ i ch von 1980- 1986 die Bekassi nen ( bb. 15) un d waren ab<br />

A nl'ang A u g u ~ t bis Oktober/ ovelllber m e i ~ t paarwe ise, LLl we ilcn im Pulk bi s zu 10 Tieren<br />

( 1982), Lwischen <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> und <strong>de</strong>m Bi otop am Wuhrholz wec hselnd. anzu treffen.


177<br />

Für nur wenige Tage rasteten K ampfläufer (4- 15 Exemplare: 198 1. 1982. 1986), Grünschenkel<br />

( 1979. 1980. 1984), Bruchwasserläufe r ( 1980, 1982). Waldwasse rltiufer ( 1980.<br />

1985), Zwergstrandläufer ( 1979).<br />

mherstreifend besuchten auch Graureiher. Stieglitz. Bachstelze. Turmfa lke. M äusebussa<br />

rd , Weißstorch, Stockente, Pfeifente. Krickente. L achmöwe die Ri edmul<strong>de</strong> mehr o<strong>de</strong>r<br />

weniger regelmäßig.<br />

Inzwischen ind viele <strong>de</strong>r A rten ausgeblieben. Da. liegt j edoch nicht nur am immer noch<br />

zu bekl agen<strong>de</strong>n Artenrückgan g; auch die Verün<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Biotopcharakters selbst, insbeson<strong>de</strong>re<br />

die geschil<strong>de</strong>rte Verbuschung. trägt dazu bei, dass die Riedmul<strong>de</strong> ihre Funktion<br />

al " ische" für Limikolen nicht mehr erfüllen kann (GEHRING 1998:96).<br />

3.3.3. Säugetiere:<br />

Ein Sprung Rehe benutzt seit 1979 dic durch <strong>de</strong>n Hochstau<strong>de</strong>nkomplex enrstan<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dekkun<br />

g. Von 1982- 1986 warcn 1-2 Fel dh ascn regelmäßig Gast in <strong>de</strong>r Riedmulcle. Ein Hermelin<br />

wur<strong>de</strong> zwischen 1979 und 1982 beobachtet. Ein M auswiesel konnte 1982 in einem<br />

Steinhaufen ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n. Jm Sommer 1998 steckte ein Fuchs lauernd in <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong>.<br />

3.3.4. Wi."bellose:<br />

Bei <strong>de</strong>r Vielzahl wirbelloser Tiere konnten nur weni ge Gruppen während <strong>de</strong>r Kontrollgänge<br />

beobachtet wer<strong>de</strong>n. Fänge wur<strong>de</strong>n überh aupt nicht durchgeführt. '0 dass die folgen<strong>de</strong><br />

Liste <strong>de</strong>r angetroffenen Libellen und Schmetterlinge keines falls voll. tändi g i t.<br />

Libellen: Blaugrüne M o aikjungfer (Aeshl/a c."Gllea), Hu feisen-AzUljungfer (Coel/agriol/<br />

puel/a), Hei<strong>de</strong>libelle (SYl1lp elrul11 slriolalulII), Gefl eckte Hei<strong>de</strong>libelle (SYll1perrtlJll<br />

j7aveolum), Adonislibelle (Pyrrho.\'o/ll Cl I/Ylllphula), Vierfleck (Libel/llla qlladrimaculalC/.<br />

Abh. 16). Die Beobachtungen entstammen <strong>de</strong>n Jahren 1979- 1986. Mit <strong>de</strong>r Etablierung <strong>de</strong>s<br />

Großseggen-Röhrichts verschwa n<strong>de</strong>n die drei letztgenannten Arten wie<strong>de</strong>r.<br />

Schmetterlinge: Großer Kohl weißling. Rapsweißling. Gol<strong>de</strong>ne A cht (Colias hyale), Kleiner<br />

Fuchs. Tagpfauenauge, Distel falter, Damen brett (M elal/wg ia galarhea), Schwa lbenschwanz.<br />

Braunfleckiger Perlmutt fa lter (ClossiCina selene), Kleiner Feuerfalter (Lycaena<br />

phlaea.l'), Dukatenfa lter (Heo<strong>de</strong>s I'irgaurea). Dickkopffalter (Gchla<strong>de</strong>s spec.). Geißkleebl<br />

äuling (Plebejus OIgus c.I), M ohrenfa lter (Erebia spec.), Grünwid<strong>de</strong>rchen (Pracris<br />

sla/ices). Kleewid<strong>de</strong>rchen (Hllebllerian Ci Ir(folii). Kleine ' achtpfa uenauge (Eudia<br />

pa I'IJ1l ia). Mit Ausnahme <strong>de</strong>s K ohl weißlings und <strong>de</strong>s Dickkopffa lters wur<strong>de</strong>n alle Schmetterlinge<br />

ausschließlich im Bereich <strong>de</strong>s wechsel feuchten M agerrasens angetroffen.<br />

4.1. Zum Status <strong>de</strong>r angetroffenen Sippen<br />

4. Abschließen<strong>de</strong> Bewertung<br />

Wer die A rtenlisten aufmerksam liest, w ird fes tstellen können, dass auf einem <strong>de</strong>rart kleinen<br />

Fleck wie <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> sehr viele Pfl anzen und Tier genannt wer<strong>de</strong>n. die in <strong>de</strong>n<br />

Floren und Faunen als selten o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>t eingestuft wer<strong>de</strong>n. Tatsüchlich stehen allei n<br />

bei <strong>de</strong>n Pflanzen 29 <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>nen A rten auf <strong>de</strong>r offiziellen "Roten<br />

L iste" für Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg. So gilt Hieracilll11 Clllral/liacUIII (Abb. 11 ) al. vom A ussterben<br />

bed roht ( I ). A ls stark gefähr<strong>de</strong>t (2) gelten: TrifoliuJII spadicelll1l (Abb. 8), DialllllUs<br />

segueri, Sel/ecia helel/ires, Ca rex harllllCinii. A ls gefähr<strong>de</strong>t (3) wer<strong>de</strong>n geführt: RUII/ex<br />

aqllCilicus, Peplis porlllla, Veronica sClllel/ara, Cl/rex dOI'{;tlliol/a, Carex lasiocOIjJlI, Carex<br />

oe<strong>de</strong>ri, Hieracilllll caespiloslIlII, Dacly lorhi::,o lIIajalis, Ci rs illlll fllberosull1, Trollius<br />

ellropaellS, Eleocharis aciculare, Spe / ~r: llla ri {/ m bra. ( "pm.\' .fuscus. A ls schonungsbe-


178<br />

dürftig (5) wer<strong>de</strong>n eingestuft: Cir.l'ill/ll ril'lIlare. lUIICIIS blllboslI.I'. NonIus slric/{/. Dal1fhollia<br />

<strong>de</strong>clIlllbell.l'. A lopecurlls aeqllali.l'. Carex vulpillo. Corex callescell.l'. Carex elata, Ga/iulII<br />

IIligillOSIIIII. Galium boreale.<br />

Bei <strong>de</strong>n in<strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> beobachteten Vögel n si nd auf <strong>de</strong>r Roten Liste Ba<strong>de</strong>n-Würltembergs<br />

(HÖLZINGER 1987:256 ff) folgen<strong>de</strong> vermerkt: Vom Aussterben bedroht (A. I): Bekassine.<br />

Brachvogel, Bruchwasserlüufer, Kampflüuler (für BRD). Stark gefähr<strong>de</strong>t (A.2): Braunkehlchen.<br />

Krickente. SteinschmLiLzer. Gefähr<strong>de</strong>t (A.3): Grauammer, Graureiher, Rebhuhn.<br />

Bei <strong>de</strong>n Reptilien und Amphibien stehen auf <strong>de</strong>r "Roten Liste Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" (2.<br />

Fassung v. 3 1.1 2.1 984): Kreuzkröte (3) und Gra. frosch (4).<br />

4.2. Lehren aus <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

Betrachtet man die nun 20 Jahre wühren<strong>de</strong> Ent wicklung <strong>de</strong>r Ri edmu l<strong>de</strong> 0 wird eindringlich<br />

<strong>de</strong>utlich. wie sc hnell sich Pflanzengese llschaften und die auf sie angewiesene Fauna<br />

verän<strong>de</strong>rn. Es ist erstaunlich, wie bald sich auf neu geschaffenen wech el nassen Rohbö<strong>de</strong>n<br />

aus <strong>de</strong>n Resten noch vorhan<strong>de</strong>ner artenreicher Vegetation und kurzlebigen rnitialstadien<br />

wie<strong>de</strong>r Röhrichte regenerieren können. Es ze igt sich aber auch. dass Verl elZllngen langjähri<br />

g stabiler Gesellschaften wie es die Magerra sen waren, die In vas ion wuchskräftiger Konkurrenten<br />

wie die Hochstau<strong>de</strong>n begü nsti gen, insbeson<strong>de</strong>re dann. wenn gleichzeitig <strong>de</strong>r<br />

Wasserhaushalt durch Drünagen nachteilig verän<strong>de</strong>rt wird. Ei ndrucksvoll ist weiterhin.<br />

wie schnell die Verbu schung die ge ·törten. nicht so fort von dichtem Ra sen ge<strong>de</strong>ckten Flächen<br />

erobert. selbst wenn in regelmüßigen bSlän<strong>de</strong>n versucht wird, die aufkommen<strong>de</strong>n<br />

Jungsträucher ZlI kappen. Dieses gezielt verfolgen und dokumentieren ZlI können, war schon<br />

<strong>de</strong>n Versuch wert.<br />

Die anfängliche Wie<strong>de</strong>rbesied lung <strong>de</strong>r Ri edmul<strong>de</strong> durch Tiere verlief so aufregend wie<br />

diejenige durch Pflanzen. Bei<strong>de</strong> führten überraschend Vertreter auf <strong>de</strong>n Plan , die seit Jahren<br />

nicht mehr gesehen wur<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r als ausgesprochen selten galten. M ag das bei <strong>de</strong>n<br />

Pflanzen fürdie (noch) Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Diasporenvo rräte im Bo<strong>de</strong>n und in <strong>de</strong>n RestbesÜin<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r nur extensi o<strong>de</strong>r gar nicht bewirtschafteten Pflanzengesellschaften sprechen.<br />

Die Vögel. Amphibien und die bei<strong>de</strong>n vo rgestellten Ordnungen <strong>de</strong>r Wirbellosen signalisieren<br />

uns hingegen <strong>de</strong>n Druck, unter <strong>de</strong>m sie stehen: nämlich je<strong>de</strong> sich neu auftuen<strong>de</strong>.<br />

noch so kleine ische nutzen zu müssen. um al Indi viduen und als AI1 zu überleben.<br />

Schon diese Tatsache rechtferti gt es, zahlreiche so lcher" rchen Noahs" mit ei nfachen<br />

Mitteln zu schaffen und einzurichten. Selbst wenn schon nach wenigen Jahren die erfreu liche<br />

En twicklung <strong>de</strong>r Artenzahlen sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren ihr Maximum<br />

erreicht und im Beispi el <strong>de</strong>r Ri edm ul<strong>de</strong> seitunge fühl' 10 Jahren rü ckläufig ist, so konnte<br />

für viele Arten doch immerhin für rund 10 Jahre eine kleine Überlebenschance geboten<br />

wer<strong>de</strong>n . Durch die Eigendynamik <strong>de</strong>r Vegetation in dieser sehr kleinen "Arche oah Riedmul<strong>de</strong>"<br />

sind inzwischen vor allem die Nischen für Limikolen geschwun<strong>de</strong>n; es ent lan<strong>de</strong>n<br />

neue ischen für an<strong>de</strong>re Tiere und wer<strong>de</strong>n nun von diesen genutzt.<br />

Aber die Riedmul<strong>de</strong> darf nicht iso liert gesehen wer<strong>de</strong>n. Sie steht im funktionellen Zusammenhang<br />

nicht nur mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren 1979 angelegten Biotopen wie jenem am Wuhrholz<br />

und mit <strong>de</strong>m noch vorhan<strong>de</strong>nen System <strong>de</strong>r Grüben im Ried. Sie mu ss auch im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>m Projekt <strong>de</strong>r " Bi olopvernetzung Ri edbaal''' betrachtet wer<strong>de</strong>n. Hier wird seit<br />

nunmehr annähernd I 0 Jahren versucht. durch Verträge mit einsichtigen Landwirten gegen<br />

Ausgleichszahlungen für entgangene Ertrüge eine Extensivierung <strong>de</strong>r LandbewirtschafLUng<br />

zu erreichen. Derze it bestehen entsprechen<strong>de</strong> Vertrüge mit rund SO Landwirten fü r etwa<br />

225 ha. Und es sieht so aus. als wenn bereits j etzt ein merklicher Antei l <strong>de</strong>s Grünlan<strong>de</strong>s


179<br />

wesentlich artenreicher zusammengesetzt ist, als das noch vor 10 Jahren <strong>de</strong>r Fall war. E ine<br />

genaue Erhebung darüber ist im Gange. Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n einige weitere Feuchtflächen<br />

mit Teichen angelegt und die Riedseen weiter verän<strong>de</strong>rt. Mittelfristig w ird ein Gesamtkonzept<br />

zur systemati ehen Pflege auch dieser Biotope notwendig wer<strong>de</strong>n.<br />

Im nächsten Band dieser "Schri ften " soll vorauss ichtlich die überraschend vielfältige Entw<br />

icklung <strong>de</strong>s Biotopkomplexes "am Wuhrholz" vorgestellt w er<strong>de</strong>n.<br />

Schrifttum<br />

GEHRI 'G. H. ( 1999): Die Baal' als "Tritrstein " für ziehen<strong>de</strong> Limikolen (Watvögel).- Schri ften <strong>de</strong>r Baal'.<br />

43: 8 1-96. Donaueschingen<br />

HOLZI GER, J. ( 1987): Die Vögel Ba<strong>de</strong>n-Würtlembergs Band l.1 : Gefährdung lind Schutz. - 724 S ..<br />

E.Ulmer. Stuttgart<br />

Lan<strong>de</strong>sa n talt für Umweltschu tz B a<strong>de</strong>n-Würuemberg (Hrg.) ( 1983): Ver chollene und ge fähr<strong>de</strong>te<br />

Pflanzen in Ba<strong>de</strong>n-WÜrltemberg. - Beih. Veröff. aturschulz Landsc haft spflege. 32: 1- 160.<br />

Karl sruhe 1983<br />

OBERDORFER, E. (Hrg.) ( 1977): Süd<strong>de</strong>utsche Pflanzengesellschaften Teil l. - 3 11 S. , G. Fi scher.<br />

SllIllganl ew York<br />

(Hrg.) ( 1978): Süd<strong>de</strong>utsche Pflanzengesellschaften, Teil 2.- 355 S. , ebd.<br />

( 1979): Pflanzensoziologische Exkursionsflora . - 4. Auf!. 997 S., E. Imer. Stultgart<br />

REICHELT, G. ( 1995): Die Baal' 1945 bi s 1995. Landschaft im Wan<strong>de</strong>l. - 223 S. , H. Kulm-Verl ag.<br />

Vi II i ngen-Sch wenni ngen<br />

W ACKER, K. ( 1960): Beiträge zur Vogel fauna im Quellgebiet <strong>de</strong>r Donau und <strong>de</strong>s Neckars. - Sc hri ften<br />

<strong>de</strong>r Baal', 25: 59-2 13. Donaueschingen<br />

WI LMA NS . 0 ., REICHE(; r. G. ( 1973): Prakti sche Arbeitsweisen <strong>de</strong>r Vegetation geographi e. Reihe "Das<br />

Geographi sche Seminar". - 2 10 S .. Westennann. Brallnschweig<br />

ZAHN. H. ( 1889): Flora <strong>de</strong>r Baal' und <strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Gebiete.- Schriften <strong>de</strong>r Baar, 7: 3- 174.<br />

Donallesc hingen<br />

ZINKE. F.. REICHELr. G. ( 1976): Die Riedbaar - ihre BiolOpe und ihr Bestand bedrohter Vögel. Schriften<br />

<strong>de</strong>r Baal', 3 1: 14-52, Donaueschingen<br />

A nschri ft <strong>de</strong>s Verfassers: Prof. Dr. GÜlllher ReicheI!, Schulstr. 5. 78 166 Donaueschingen


180<br />

Vereinschronik<br />

Weil das Verein.j ahr nicht mit <strong>de</strong>m Kalen<strong>de</strong>ljahr übereinstimmt. <strong>de</strong>r Redaktionsschluß<br />

für <strong>de</strong>n neuen Schriftenband dagegen schon vor <strong>de</strong>m Jahrese n<strong>de</strong> liegt. umfaßt <strong>de</strong>r Bericht<br />

über die Vereinsüitigkeit immer ei nen Überhang aus <strong>de</strong>m vorigen und einen un vo llständigen<br />

.. berblick über das laufen<strong>de</strong> Vereinsjahr. Zu vermel<strong>de</strong>n sind folgen<strong>de</strong> Ereignisse:<br />

1. Vo rträge<br />

Forstdirektor Wolf HOCKE JOS. Villingen-Schwenningen: "Jagdliche M ärzerrungenschaften<br />

- Auswirkungen <strong>de</strong>r 48er Revol uti on auf Wild und Wald " (27.0 1. 1999)<br />

Dr. Andreas WII.:rs. Donaueschingen: " Karl Aloys Fürst zu Fürstenberg. K .K. Feldmarschallleutnant<br />

und fürstenbergischer tall1 mvater. gest. 1799" (24.06. 1999)<br />

Prof. Dr. Günther REI HEeL Donaueschingen: "Erlebni s vor <strong>de</strong>r Haustür - Die Ri edbaal'''<br />

(07.07. 1999)<br />

Frau Evely ne DARGEL. M.A .. Aach: " Die Zivilkom missäre auf <strong>de</strong>r Baal' 1849" (25. 11 . 1999)<br />

Dr. Gert GOLDENBERG. Freiburg: " 7000 Jahre Bergbau im Südschwarzwald - Forschungsergebnisse<br />

<strong>de</strong>r M ontnnarchäologie" (09. 12. 1999)<br />

2. Exkursionen<br />

Halbtagsexkursion nach ViII ingen zum Besuch <strong>de</strong>r Ausstellung "Die 48er Revolution aur<br />

<strong>de</strong>r Baar" im Franziskanermuseum. Führung durch Vereinsmitglie<strong>de</strong>r und an<strong>de</strong>re an <strong>de</strong>r<br />

Erstellung <strong>de</strong>r Ausstellung Betei ligte (06.02. 1999)<br />

Halbtagsex kursion zur Donau ve rsinkung in Illllllendingen und zur Aachquelle. Führung<br />

durch Herrn Fran z DREYloR. Illll11endingen (25.09. 1999)<br />

Halbt agsexkursion nach Bräunlingen. " 1200 Jahre St. Remigius in Bräunlingen. Eine<br />

Mutterkirche <strong>de</strong>r Baar ". Führung durch Frau Susanne H BER-WINTERMANTEL, M .A., Hüfingen<br />

( 16. 10. 1999)<br />

3. Jahresexkursion<br />

Ba<strong>de</strong>nweiler (Römerbad , Burg und tadtkirche) und Sulzburg (Jüdischer Friedhof. Bergbau<br />

al11 Riestergang Lan<strong>de</strong>sbergbaumuse ul11, St. Cyriak und Synagoge) mit Führungen<br />

durch Herrn GFELL in Ba<strong>de</strong>nweiler und Herrn GRO. SPIETSCl I in Su lzburg, sowie Herrn Dr.<br />

WII.:rs und Herrn M ARTI 1 ( 18.07. 1999)<br />

4. "Kleine Abend e"<br />

Herr Hans-Joachil11 HALL. Villingen: " Restaurierung <strong>de</strong>r Bened iktinerkirche in Villingen"<br />

(03.03. 1999)<br />

Prof. Dr. Günther RElcIiELT, Donaueschingen: "Naturlandschaft und Kulturlandschaft <strong>de</strong>r<br />

Bretagne" (05.05.1999)<br />

5 . .J ~lhresve rsa mmlun g<br />

Bei <strong>de</strong>n satzungsgel11äßen Neuwahlen aur <strong>de</strong>r Jahresversammlung <strong>de</strong>s Vereins für Ge-


181<br />

sc hichte und Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baal' am 26. M ärz 1999 in Restaurant "Donaustuben" in<br />

Donaue chingen hat es bemerkenswerte Verän<strong>de</strong>run gen in <strong>de</strong>r Zusammensetzung <strong>de</strong>s<br />

Vorstan<strong>de</strong>s gegeben. Herr Wolfgang HI LPERT hat <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>r geschichtlichen Abteilung<br />

nie<strong>de</strong>rgelegt - nach zwanzig sehr erfolgreichen Jahren. wie Dr. Kal'I K WASN ITSC HKA in seiner<br />

Laudatio hervorhob. Nur Georg Tumbült und Kar! Wacker haben dieses Amt vor ihm<br />

länger versehen. Die Versammlung wählte Herrn HI LPERT daher "durch einhelligen<br />

Besch lu s" zum Ehrenmitglied. Sein achfolger wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r bisherige Ge chäftsführer <strong>de</strong>s<br />

Vereins. Dr. Andreas WILTS vom FF Archiv. Frau Gisela HOLZHÜTER, die Leiterin <strong>de</strong>r FF<br />

Hofbibliothek, rückte in <strong>de</strong>n dadurch freigewor<strong>de</strong>nen Posten <strong>de</strong>s Geschäftsführers nach.<br />

A uch im erwe iterten Vorstand gab es Verän<strong>de</strong>rungen. Frau Hil<strong>de</strong>gard MI GES und Herr<br />

Theo WÖSSNER haben nach langjähriger verdienstvoller Tätigkeit ihr Amt zur Verfügung<br />

gestellt. Mit <strong>de</strong>r Kunsthistorikerin Frau Antonia REICHMANN aus Donaueschingen, Herrn<br />

Kreisarchi va r Dr. Joachim STURM aus Nie<strong>de</strong>reschach und Herrn Kultur- und Verkehrsamtsleiter<br />

Bernh ard HAusER aus Bräunlingen so rgte die Versammlung für kompetenten Ersatz.<br />

Im Amt bestätigt wur<strong>de</strong>n Herr Wolfgang M ARTIN als Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r naturgeschichtlichen<br />

Abteilung, Frau Hil<strong>de</strong>gret SATTLER als Schriftführerin. Frau M argarethe K RANK al s Rechnerin<br />

sowie Frau Susanne H UBER-WI NTERMANTEL und Herr Dr. H elmut GEHRING als Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s erweiterten Vorstan<strong>de</strong>s. Herr Prof. Dr. Günther REICHELT wird weiterhin die<br />

Redaktion <strong>de</strong>r Vereinsschriften betreuen.<br />

Im A nschluß an die Vereinsregularien referierte im traditionellen Vortrag H err Dr. Helmut<br />

GEHRING, unterstützt durch sei ne herrlichen Diaaufnahmen, über "Wan<strong>de</strong>rer zwischen <strong>de</strong>n<br />

Welten - Watvögel auf <strong>de</strong>r Baar".<br />

6. Vorstands- und Beiratssitzungen<br />

Sitzung am 13. Jan uar 1999 Sitzung am 20. Oktober 1999<br />

7. Im Jahre ]999 verstorbene Vereinsmitglie<strong>de</strong>r<br />

GRILL, K arl, Donaueschingen<br />

OBERGFELL. Dr. Emil. Donauesc hingen<br />

VETTER, August. Waldkirch<br />

HÄFNER. Rainer, Donaueschingen<br />

SCHEDL. Hil<strong>de</strong>, Donaueschingen-Pfohren<br />

VON B RIEL, Detl ef, Hüfingen-Mun<strong>de</strong>lfingen<br />

Mit Dr. Emil OB ERG FELL und August V ETTER haben wir zwei aktive, verdiente Mitglie<strong>de</strong>r<br />

verloren. E in Nachruf auf A. V ETTER folgt am Sch lu ss.<br />

ALLGAIER, Michael, Donauesc hingen<br />

EIcHHoLTZ. Dr. Wolfgang, VS-Villingen<br />

H ÜRST, Rainer, Donaue. chingen<br />

KNÖRR-NoPPER. Cornelia. Bad Dürrheim<br />

K uol , Herbert , VS-Villingen<br />

PALMTAG. Joachim. Hüfingen-Sumpfohren<br />

STADIE. Dr. Babette. VS-Villingen<br />

8. Beitritte zum Verein 1999<br />

ALLGEIER, Reinhold, Donaueschingen<br />

H ÄUSLER, Kar!. Donaueschingen<br />

J NG, Gisela. Donaueschjngen<br />

K ÖRNER, Hi I<strong>de</strong>ga rd, Bräunl ingen<br />

L IMBERGER-ANDRIS, Stefan. Titisee-Neustadt<br />

Schwenninger Heimatverein. VS-Schwenningen<br />

SPEETER, Christiane, Donaueschingen<br />

Wolfgang Martin


182<br />

August Vetter zum Ge<strong>de</strong>nken<br />

All Fersleberg<br />

E BO/:r;. e Slädl/i. e hohi M/II//; eil liife Grabe.<br />

H'e e Krol1 halid si die Kuppe ::.ien<br />

D Johl' silld kUli/me. d Johl' sil1d gallge.<br />

si hond Freid und Schmer: II/il sech gJiehrt .. .<br />

(A nfang eines unveröff Gediehls VOll Allgust Vellel: 11111 / 975).<br />

A m 11 .7. 1999 starb unser langjähriges und verdienstvolles Vereinsmitglied A ugust Vetter<br />

im A lter von 71 Jahren. Er gehört e zu <strong>de</strong>n Sti llen im Lan<strong>de</strong> un d lrat fast gänzlich hinter<br />

seinem Werk zurück . Der Heimatchroni sl. Mundarldichter und Lehrer wur<strong>de</strong> am 12.1 2.<br />

1927 in Fü rstenberg geboren. eine Eltern waren Bauern und von klein auf war er an<br />

ausdauern<strong>de</strong> A rbeiten gewöhnt. Schon in <strong>de</strong>r Schule entzün<strong>de</strong>te Lehrer Karl M AlER in <strong>de</strong>m<br />

aufgeweckten Buben <strong>de</strong>n brennen<strong>de</strong>n Wun sch, mehr über die heimische Geschichte wissen<br />

zu wollen. Das kennzeichnete auch seinen späteren Lebensweg.<br />

eine A usbildung zum Lehrer erfolgte in <strong>de</strong>n unruhigen Vorkricgs-, Kriegs- und achkri<br />

egsjahren. Er gehöl1e zu <strong>de</strong>n ersten Lehrern , die nach <strong>de</strong>m Krieg ihr Examen machten.<br />

Seinc Fächer waren Geschichte und Erd kun<strong>de</strong>. Folgerichtig galt <strong>de</strong>r regionalen Geschichte<br />

wä hrend <strong>de</strong>s SLUdiums sein beson<strong>de</strong>res Interesse. Mit 01'. Erwin SUMSER verband ihn ein<br />

freundschaftlicher Kontakt. <strong>de</strong>r auch seine Kenntnisse <strong>de</strong>r heimischen Botanik vertiert e. [n<br />

dcn Fcri en ra<strong>de</strong>lte <strong>de</strong>r fleißige Studcnt von Fürstenberg nach Donauesehingen ins Fürstliche<br />

rehi v, um die Geschichtc se iner Hcimatstadt zu erforschen und schu f damit, ohne es<br />

damals schon zu wissen, dic Grundlagc zu seinem erstcn Buch. An <strong>de</strong>r Chronik von Fürstenberg<br />

arbeitctc er insgesamt zwölf Jahrc: sind doch nicht hundcrtc, son<strong>de</strong>rn tau sen<strong>de</strong> von<br />

Stun<strong>de</strong>n hinter Büchern und Aktcn zu vcrbringen. bis eine Chronik vollen<strong>de</strong>t ist. August<br />

Velter schenkte un o erer Heimat zwei Chroniken von Fü rstenbcrg ( 1959 und 1997) sowie<br />

diej enigen von Geisingcn ( 1964). Hüfingen ( 1984), Sumpfohren ( 1989) und Öfingen<br />

( 1996). E. HA GERS Chronik von Wolterdingen überarbeitcte er wesentlich ( 1960) und<br />

seinc Riedböhringer Chronik ist im Druck. Dies alles erarbeitcte er neben seiner erfolgreichen<br />

Täti gkeit als Lehrer. A ls solchcr war er zuerst in eudingen. dann in Kappel bei<br />

Villingen. später in Waltershofen am Tuniberg tätig. Er bil<strong>de</strong>te sich au todidaktisch zum<br />

Realschullehrer für Geschichte, Gemeinschaftsku n<strong>de</strong> und Erd kun<strong>de</strong> weiter und waltete<br />

von 1966 bis 1969 als Rektor in Blul11berg. Danach leitete er die Realschule in K ollnau<br />

und wirkte gleich ze itig al s gesclüirtsfüh ren<strong>de</strong>r Schu lleiter <strong>de</strong>r Stadt Waldkireh, bis er 1990<br />

in dcn Ruhestandlrat. um endlich genügend Muße Für seine vielseitigen A rbeiten zu tin<strong>de</strong>n.<br />

A ls Junglehrer in eudingen verfasste Cl' we nige Jahre nach <strong>de</strong>m Z weitcn Wellkrieg sein<br />

erstes Mundart lÜck. Er dachte dabei an se ine Schüler. die unbefangener Theater spi elen.<br />

wenn sie im vertrauten Dialekt re<strong>de</strong>n dürfen. Bald folgte ein abendfüllen<strong>de</strong>s Problemstück<br />

mit <strong>de</strong>m Titel "H eimge fun<strong>de</strong>n" ( 1952). Für " Oe Eckhofer" ( 1956) wur<strong>de</strong> ihm <strong>de</strong>r<br />

zweite Preis <strong>de</strong>s Regierungspräsidiums Südba<strong>de</strong>ns zur För<strong>de</strong>rung von Bühnenstücken in<br />

alemanni scher Sprache verliehen. [n <strong>de</strong>n 50ern und 60ern erf'reuten sich seine Stücke<br />

großer Beliebtheilund wur<strong>de</strong>n hiiufig als Hörspiele mit ihm als Sprecher im Rad io gesen<strong>de</strong>t.<br />

Ferner griff er die Sagenwelt auf: " Der Schn aufer" (von Pfohren) und "Der Heiland


183<br />

\ ()Il Geisi ngen" zeugen davon: über <strong>de</strong>n Ur­<br />

~J1rllng Baaremer Sagen han<strong>de</strong>lte er auch in<br />

lllhcren "Schriften <strong>de</strong>r Baar", für die er au­<br />

I.k r<strong>de</strong>m mehrere lokalhistorische Beiträge<br />

bc i ~te ueI1e . Wen ige Wochen vor seinem plötzlichen<br />

Tod konnte er noch ein Manuskript<br />

/llr Geschichte <strong>de</strong>r Herren von A lIlllendshoren<br />

vollen<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>m Verein übergeben.<br />

Dies alles wäre selbstverständlich nicht<br />

1111 \gl ich gewesen ohne die tatkräftige. ver­<br />

~Undn i svo ll e Unter tÜlzung seiner Frau lrmgard<br />

und seiner bei<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r. Bei so vielen<br />

bemerkenswerten Veröffentlichungen<br />

\..onnten auch öffentliche Anerkennungen<br />

rur August Vetter nicht ausbleiben. 1987<br />

crhielt er das Bun<strong>de</strong>sverdi enslkreuz a. B. und<br />

1 )9 1 durfte er <strong>de</strong>n Ba<strong>de</strong>n-Württelllbergi­<br />

'>ehen Lan<strong>de</strong>spreis fü r Hei Illatforschung entgcgen<br />

nehmen. In seinen Werken und in <strong>de</strong>r<br />

erinnerung <strong>de</strong>rjenigen, die ihn kennenl er­<br />

Ilcn durften. lebt er weiler.<br />

Antonia Reichmann<br />

Schriften von August Vetter (A uswahl):<br />

19-9: Die Geschichte <strong>de</strong>r Stadt Fürstenberg. Freiburg. Rombach. 2 15 S.<br />

1959: ZurGründungsgeschichte <strong>de</strong>r Stadt Für~tenberg. Alemannische: Jahrbuch 1959. S. 159- 179.<br />

Lahr<br />

1964: Geisingell. Eine Stadtgründung <strong>de</strong>r E<strong>de</strong>l freien von Warten berg. Konstanz, S" DKURIER. 434 S.<br />

1968: Der Feldberg. Die Geschichte <strong>de</strong>s höchsten Schwarzwaldberges. Hg: Gemein<strong>de</strong> Feldberg.<br />

Feldberg. 523 S.<br />

1978: "Die bbrennung <strong>de</strong>s ganzen Stiidtchens Fürstenberg am 18.Juli 184 1 ". Schriften <strong>de</strong>r Baar.<br />

32. S.125-132. Donaueschi ngen<br />

19 2: Feldberg im Schwarzwald. Die Geschichte <strong>de</strong>s höch ·ten Schwarzwaldberges, <strong>de</strong>r einstigen<br />

Vogteien Altglashütlen. Bärental. Falkau und euglashütlen sowie <strong>de</strong>r Gemeind Feldberg<br />

(Schwarzwald). Feldberg. elbsl verlag d. Gemein<strong>de</strong>. 59 1 S.<br />

1982: Waldbesi tzer wehren sich. Ause inan<strong>de</strong>rsetzung bei <strong>de</strong>r Ei nführung <strong>de</strong>r Beförsterung <strong>de</strong>r<br />

Pri va twa ldungen im Amt eustadt 18 12- 1827. Schriften <strong>de</strong>r Baal'. 34. S. 185- 198 . Donauese<br />

hingen<br />

1984: Hüfingen. Daseinsti ge Brigobanne. be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> alemannische Sied lung. Hg: Stadt Hüfingen.<br />

Hüfingen, M oog-Druck, 7 15 S.<br />

1989: Sumpfohren. Stadtteil von Hüfingen. Ein Bauerndorf im Herze n <strong>de</strong>r Baa l'. Hüfingen. Moog­<br />

Druck. 270 S.<br />

1995: Die Sage vom Ltingeschloß und ihr Wahrheitsgehalt. Schriften <strong>de</strong>r Baal'. 38. S.1 22- 13 1.<br />

Donauesehingen<br />

1995: Die Legen<strong>de</strong> vom Gna<strong>de</strong>ntal. Schriften <strong>de</strong>r Baar. 38. S.I72-182. Donaueschingen<br />

1996: Öfingen. Die Gesc hichte <strong>de</strong>s höchslgelegenen Baarortes. Hg: Stadt Bad Dürrheim. Freibllrg.<br />

Rombaeh . 558 S.<br />

1997: Fürstenberg. Stadtteil von Hüfinge n. Die Geschichte <strong>de</strong>r einSligen Bergstndt in <strong>de</strong>r Baar. Hg:<br />

Stadt Hüfingen. Hüfingen. M oog- Drllck. 568 S.<br />

1999: Der Sackzeichner Michael Eggert. Schriften <strong>de</strong>r Baar, 42. S. 110- 12 1, Donaueschingen

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