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Emotionalität im Film am Beispiel des Bollywood-Kinos

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Emotionen <strong>im</strong> <strong>Film</strong> <strong>am</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>des</strong> <strong>Bollywood</strong>-<strong>Kinos</strong><br />

von Claudia Pinkas<br />

Der <strong>Film</strong> als ‚Emotionsmaschine’?<br />

„Im Kino gewesen. Geweint.“ 1 , notiert Franz Kafka 1913 in sein Tagebuch und spielt d<strong>am</strong>it<br />

bereits in diesem frühen Dokument einer <strong>Film</strong>rezeption auf die besondere emotionale Wirkungsmacht<br />

<strong>des</strong> <strong>Kinos</strong> an. Stärker noch als andere Medien und Kunstformen gilt der <strong>Film</strong> als<br />

eine „Emotionsmaschine“ 2 und die ‚großen Gefühle’, die das Kino sowohl zu inszenieren als<br />

auch zu evozieren vermag, werden <strong>im</strong>mer wieder als Grund für <strong>des</strong>sen breite Massenwirks<strong>am</strong>keit<br />

angeführt.<br />

Das sogenannte <strong>Bollywood</strong>-Kino, das sich seit der filmischen ‚Wende’ zu Beginn der<br />

1990er Jahre auf dem indischen Subkontinent herausgebildet hat und das in den letzten Jahren<br />

verstärkt auch internationale Popularität erlangt hat 3 , gilt als der Inbegriff eines derartigen<br />

‚Gefühlskinos’. Die charakteristische Melange aus Liebe, Eifersucht, Hoffnung, Trauer<br />

und Schmerz bildet das Grundgerüst der langatmigen <strong>Film</strong>erzählungen, die von westlichen<br />

Betrachtern oftmals als ‚überemotional’ und ‚kitschig’ empfunden werden und die dennoch<br />

– sei es aufgrund ihrer ‚Sauberkeit’ und ihrem deutlich konservativen Grundton in der Vermittlung<br />

bürgerlich-f<strong>am</strong>iliärer Werte, sei es gerade gegenteilig aufgrund ihrer ‚Subversivität’,<br />

die sich vor allem in den stark restringierten und daher besonders phantasievollen und<br />

suggestiven Liebesszenen bemerkbar macht 4 – auch <strong>im</strong> Westen mit Begeisterung rezipiert<br />

werden. Dabei spielen Emotionen <strong>im</strong> <strong>Bollywood</strong>-Kino nicht nur in Bezug auf die dargestellten<br />

<strong>Film</strong>inhalte eine zentrale Rolle, auch hinsichtlich ihrer formalen Gestaltung zeichnen sich<br />

die <strong>Film</strong>e durch ein ausgefeiltes „emotionales Design“ 5 und eine hohe filmtechnische Professionalität<br />

aus. Besonders zeigt sich dies in den aufwändig choreographierten und visuell und<br />

1<br />

Franz Kafka (1990): Tagebücher. In der Fassung der Handschrift, hrsg. v. Hans-Gerd Koch, Michael<br />

Müller und Malcolm Pasley, Frankfurt a. M., S. 595.<br />

2<br />

Der Begriff der ‚Emotionsmaschine’ (emotion machine) wurde von dem niederländischen <strong>Film</strong>wissenschaftler<br />

Ed Tan geprägt. Ed S. Tan (1996): Emotion and the Structure of Narrative <strong>Film</strong>. <strong>Film</strong> as an<br />

Emotion Machine. Translated by Barbara Fasting, Mahwah.<br />

3<br />

Vgl. auch Erich Follath (2006): Big Bang <strong>Bollywood</strong>. Indiens <strong>Kinos</strong>tars erobern die Welt. In: Der Spiegel,<br />

H. 23, S. 130-135.<br />

4<br />

Follath (2006).<br />

5<br />

Vgl. Christian Mikunda (2002): Kino spüren. Strategien emotionaler <strong>Film</strong>gestaltung, Wien. Unter<br />

„emotionalem Design“ versteht Mikunda diejenigen filmästhetischen Gestaltungsmittel, die <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

dazu beitragen, auf der Basis von Reiz-Reaktions-Schemata affektive und emotionale Reaktionen<br />

be<strong>im</strong> <strong>Film</strong>zuschauer hervorzurufen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Bildkomposition,<br />

K<strong>am</strong>eraführung und Bewegung vor der K<strong>am</strong>era, induzierte Bewegung (die Illusion, sich be<strong>im</strong> Betrachten<br />

eines <strong>Film</strong>s selbst in Bewegung zu befinden), Reizwirkung durch Farbschocks und Rhythmisierung<br />

durch Musik.<br />

1


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

akustisch bis ins kleinste Detail aufeinander abgest<strong>im</strong>mten ‚Song and Dance’-Szenen, die<br />

oftmals weniger eine Rolle für den tatsächlichen Handlungsverlauf der <strong>Film</strong>e spielen als dazu<br />

dienen, den Betrachter emotional und affektiv ‚mitzureißen’ oder sprichwörtlich ‚zu Tränen<br />

zu rühren’. Am <strong>Beispiel</strong> <strong>des</strong> <strong>Bollywood</strong>-<strong>Kinos</strong> zeigt sich schließlich, dass das Medium<br />

<strong>Film</strong> auch <strong>im</strong> 21. Jahrhundert nichts von seiner emotionalen Sogwirkung eingebüßt hat und<br />

dass es – sicherlich nicht ganz unbeeinflusst von einer neuen, ‚postmodernen’ Hinwendung<br />

zum komplexen Gebiet der menschlichen Gefühle – (wieder) bewusst und mit Genuss als ein<br />

„Ersatz für die Träume“ 6 rezipiert werden kann.<br />

Allgemeine Daten<br />

Die Bezeichnung ‚<strong>Bollywood</strong>’ verschmilzt die Begriffe ‚Bombay’ und ‚Hollywood’ und wird<br />

als Synonym für die <strong>Film</strong>industrie in Mumbai (früher: Bombay) verwendet. Bis vor kurzem<br />

wurde der Begriff eher abwertend gebraucht; er stand für ein kitschiges, zumeist äußerst triviales<br />

Kommerzkino, das sich durch eine starke Orientierung an Hollywood – insbesondere<br />

auch <strong>im</strong> Hinblick auf das Studio- und Starsystem – auszeichnet. Inzwischen wird der Begriff<br />

‚<strong>Bollywood</strong>’ eher neutral verwendet und dient insbesondere dazu, den indischen<br />

Mainstre<strong>am</strong>-<strong>Film</strong> von stärker künstlerisch orientierten Produktionen, dem so genannten ‚Art<br />

Cinema’, abzugrenzen.<br />

Das indische Kommerzkino ist gemessen an seinem Produktionsausstoß derzeit das<br />

größte Kino der Welt, jährlich werden in Indien zwischen 700 und 1000 Spielfilme gedreht.<br />

Diese <strong>Film</strong>e finden ihre Verbreitung nicht nur in Indien, sondern <strong>im</strong> ges<strong>am</strong>ten asiatischen<br />

Raum, beispielsweise aber auch in afrikanischen Ländern, in der Golfregion und in der Türkei.<br />

<strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e sind in diesen Kulturkreisen äußerst populär und stellen hier häufig<br />

eine ernste Konkurrenz zu US-<strong>am</strong>erikanischen Produktionen dar. In Westeuropa war das<br />

kommerzielle indische Kino bis vor kurzem noch weitgehend unbekannt, erst durch stärker<br />

künstlerisch orientierte Produktionen wie z. B. Monsoon Wedding von Mira Nair, der 2001 auf<br />

der Biennale in Venedig als bester ausländischer <strong>Film</strong> ausgezeichnet wurde, hat das indische<br />

Kino auch in den westlichen Ländern einen größeren Bekanntheitsgrad erreicht.<br />

Seit 2004 laufen indische <strong>Film</strong>e schließlich verstärkt auch <strong>im</strong> deutschen Fernsehen. Die<br />

ersten Sender, die sich an die Ausstrahlung indischer <strong>Film</strong>e wagten, waren Arte und VOX;<br />

da die <strong>Film</strong>e jedoch durchweg auf Hindi mit deutschen Untertiteln gezeigt wurden, fanden<br />

sie lediglich das Interesse einer kleinen Minderheit. Im November 2004 sendete RTL2 mit<br />

dem F<strong>am</strong>ilienepos Kabhi Kushi Khabie Gh<strong>am</strong> (In guten wie in schweren Tagen, Indien 2001,<br />

6<br />

Hugo von Hofmannsthal (1921): Der Ersatz für die Träume. Wieder abgedruckt in: Anton Kaes<br />

(Hrsg.) (1978): Kino-Debatte. Texte zum Verhältnis von Literatur und <strong>Film</strong> 1909-1929, Tübingen,<br />

S. 149-152.<br />

2


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Regie: Karan Johar) den ersten synchronisierten <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong> zur Hauptsendezeit <strong>im</strong><br />

deutschen Fernsehen – und erreichte eine überraschend hohe Einschaltquote von über 12%.<br />

Im Anschluss an diesen Erfolg zeigt der Sender nun regelmäßig indische <strong>Film</strong>e, die Studien<br />

zufolge besonders bei einem weiblichen Publikum sehr beliebt sind.<br />

<strong>Film</strong>themen<br />

Das <strong>Bollywood</strong>-Kino besitzt ein relativ fest umrissenes Repertoire an <strong>Film</strong>themen, die in verschiedenen<br />

Variationen und Kombinationen wiederkehren können: Der Konflikt zwischen<br />

arrangierter Ehe und Liebesheirat, sozialer Aufstieg, Geschlechterkonflikte und die Frage<br />

nach traditionellen Rollenverhältnissen, F<strong>am</strong>ilien- und Generationskonflikte sowie das Thema<br />

Religion spielen eine zentrale Rolle <strong>im</strong> indischen Mainstre<strong>am</strong>-Kino. Will man alle diese<br />

Themen auf eine Formel bringen, so könnte man den Konflikt ‚Tradition vs. Moderne’ als<br />

das Grundthema anführen, das alle <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e durchzieht: In <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>en wird<br />

<strong>im</strong>mer auch die Frage nach der Gültigkeit von traditionellen Werten und Normen in einer<br />

individualisierten, modernen Gesellschaft gestellt; es wird eine Gesellschaft vorgeführt, in<br />

der überlieferte Rituale und Traditionen zwar noch ihre Gültigkeit behalten haben, die jedoch<br />

zunehmend auch von westlichen Werten und von westlichem Lebensstil geprägt ist.<br />

Insbesondere betrifft dies die Bereiche Luxus und Konsum – der „Trend zum filmischen Lifestyle<br />

einer globalisierten Oberklasse“ 7 und die Inszenierung eines nahezu ‚märchenhaften’<br />

Reichtums einzelner sozialer Schichten charakterisiert das indische Kino der Jahrtausendwende.<br />

(Vgl. Kabhi Kushi Kabhie Gh<strong>am</strong>: Gebrauch von Hubschraubern, luxuriösen Autos und<br />

teuren Designerprodukten; das emotional stark aufgeladene Wiedersehen der F<strong>am</strong>ilie findet<br />

in einem eleganten Londoner Shoppingcenter statt.)<br />

Ein interessanter Aspekt ist hierbei die Darstellung <strong>des</strong> Westens, der als Vorbild und als<br />

Schreckbild zugleich gezeigt wird: Obwohl die westliche Konsumkultur seit dem Zus<strong>am</strong>menbruch<br />

<strong>des</strong> Kommunismus Anfang der 1990er Jahre auch in indischen <strong>Film</strong>en ein ständiges<br />

Thema ist, tragen <strong>im</strong> Konflikt ‚Tradition vs. Moderne’ letztendlich stets die traditionellen<br />

Werte den Sieg davon. Am Schluss der <strong>Film</strong>e steht oftmals die Einsicht, dass die traditionellen<br />

Werte der indischen Kultur den westlichen Werten zwar überlegen sind, dass diese jedoch<br />

auch <strong>im</strong>mer wieder neu interpretiert und den gesellschaftlichen Veränderungen angepasst<br />

werden müssen um weiterhin ihre Gültigkeit zu bewahren. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang<br />

kommt der Emotion der Liebe schließlich eine zentrale Bedeutung zu: Die Liebe erscheint als<br />

Vermittlerin <strong>im</strong> Konflikt ‚Tradition vs. Moderne’ und <strong>am</strong> Ende ist es <strong>im</strong>mer wieder die Liebe,<br />

der es gelingt, zerbrochene F<strong>am</strong>ilien wieder zus<strong>am</strong>menzubringen, gescheiterte Ehen und<br />

7<br />

Uhl/Kumar (2004), S. 56.<br />

3


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Freundschaften zu retten sowie (auf einer eher allgemeinen Ebene) zu sozialer Gerechtigkeit<br />

und d<strong>am</strong>it auch zu einer humaneren Gesellschaft beizutragen.<br />

Aufbau und Erzählstruktur der <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e<br />

Das wohl auffälligste Merkmal der <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e ist zunächst einmal deren Länge: Ein<br />

<strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong> dauert in der Regel zweieinhalb bis vier Stunden und er wird <strong>im</strong>mer von<br />

einer Pause (‚Intermission’) unterbrochen. Mit der Länge der <strong>Film</strong>e geht auch eine Tendenz<br />

zur Non-Linearität der Handlung einher: Anders als westliche <strong>Film</strong>e steuert der populäre<br />

indische <strong>Film</strong> nicht geradlinig auf ein Ziel zu, die Handlung ist oftmals verschlungen und<br />

weist verschiedene Unter- und Nebenhandlungen auf, die z. T. nur wenig Bezug zur Haupthandlung<br />

besitzen. 8 Häufig enthalten die <strong>Film</strong>e auch lange Rückblenden, so besitzt der <strong>Film</strong><br />

Kabhi Kushi Kabhie Gh<strong>am</strong> beispielsweise einen fast hundert Minuten langen Rückblick sowie<br />

zusätzlich kürzere Rückblenden, die zur besseren Verständlichkeit in Schwarz-weiß gefilmt<br />

sind.<br />

Neben ihrer Länge zeichnen sich die <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e insbesondere durch die für sie typischen<br />

Genrevermischungen innerhalb eines <strong>Film</strong>s aus, weshalb sich hier auch der Begriff<br />

<strong>des</strong> ‚Multi-Genrefilms’ eingebürgert hat: In einem typischen <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong> werden die<br />

traditionellen Genres <strong>des</strong> Hollywood-<strong>Kinos</strong> wie z. B. Melodr<strong>am</strong>, Musical, Komödie und Action-<strong>Film</strong><br />

nicht als singuläre Strukturen übernommen, sondern es werden stets möglichst<br />

viele Genres innerhalb eines <strong>Film</strong>s vermischt – d. h. es ist durchaus üblich, dass ein ernster,<br />

melodr<strong>am</strong>atischer <strong>Film</strong> auch slapstickartige, komische Szenen enthält, oder dass nach einer<br />

romantischen Liebesszene plötzlich zu einer wilden Action-Szene gewechselt wird. 9 Dieser<br />

plötzliche, für den westlichen Betrachter oftmals sehr befremdlich wirkende Genrewechsel<br />

basiert auf der Vorstellung, dass in einem guten <strong>Film</strong> für jeden ‚Geschmack’ etwas dabei sein<br />

8<br />

Uhl/Kumar bezeichnen den populären indischen <strong>Film</strong> aufgrund seiner auf Einzelelementen aufbauenden<br />

Machart somit in Anlehnung an das frühe Kino auch als ein ‚Kino der Attraktionen’, „[...] das<br />

in relativ loser Verknüpfung eine Reihe spektakulärer, aber eigentlich eigenständiger audiovisueller<br />

Höhepunkte präsentiert.“ Uhl/Kumar (2004), S. 18. Laut Uhl/Kumar ist es eben diese stilistische Eigenart,<br />

die den essentiellen Unterschied zu dem in den 1930er Jahren entstandenen klassischen Code<br />

Hollywoods darstellt: „Der Schwerpunkt <strong>des</strong> populären indischen <strong>Film</strong>s liegt abweichend dazu nicht<br />

auf narrativer Kontinuität und Stringenz. Es sind vielmehr der Reiz und die Anziehungskraft der einzelnen<br />

Bausteine, aus denen sich die <strong>Film</strong>handlung zus<strong>am</strong>men setzt, die hier <strong>im</strong> Mittelpunkt steht.<br />

Dieses Abweichen vom Paradigma der westlichen <strong>Film</strong>kultur ist es, das den populären indischen <strong>Film</strong><br />

in den Augen westlicher Betrachter anfangs oft fremd und unverständlich erscheinen lässt.“ Ebd.<br />

9<br />

Den Unterschied zu den – durchaus ebenfalls sehr häufig vorkommenden – Genrebrüchen in der<br />

westlichen <strong>Film</strong>kultur könnte man u. U. darin sehen, dass in westlichen <strong>Film</strong>en eher ein bewusster<br />

Bruch, d. h. eine Nicht-Erfüllung von Genrekonventionen stattfindet, während sich die <strong>Bollywood</strong>-<br />

<strong>Film</strong>e demgegenüber durch eine Über-Erfüllung von Genrekonventionen auszeichnen, d. h. durch den<br />

Versuch, die Strukturen möglichst vieler verschiedener Genres in einem <strong>Film</strong> zu kombinieren. Diese<br />

These bedarf jedoch der weiteren Diskussion.<br />

4


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

soll; ähnlich wie in den Currymischungen der indischen Küche werden auch in den sogenannten<br />

‚Masala-Movies’ verschiedene ‚(Lebens-)Gewürze’ und Geschmacksrichtungen vermischt.<br />

Mit der Übernahme gänzlich verschiedener Genres innerhalb eines <strong>Film</strong>s versucht der indische<br />

<strong>Film</strong> seinem <strong>Film</strong>publikum somit eine möglichst breite Palette von Emotionen zu präsentieren;<br />

in einem <strong>Film</strong> sollen sich stets verschiedene Gefühlslagen wie Freude, Trauer,<br />

Furcht und Komik abwechseln und der Zuschauer soll sozusagen durch ein ‚Wechselbad der<br />

Gefühle’ reisen. Dieser Gedanke geht ursprünglich auf die indische Dr<strong>am</strong>enpoetik zurück:<br />

Im Natyaveda, dem ‚Heiligen Buch der Dr<strong>am</strong>aturgie’, das um 200 n. Chr. in Indien entstanden<br />

ist und das der Legende nach von dem Gott Brahma persönlich verfasst wurde 10 , best<strong>im</strong>mt<br />

Brahma, dass je<strong>des</strong> Theaterstück eine Darstellung verschiedener Emotionen sein soll.<br />

Die Handlung und der Inhalt eines Stücks sollen stets von neun verschiedenen ‚Rasas’ (wörtlich:<br />

‚Saft’ oder ‚das, was geschmeckt und genossen wird’) best<strong>im</strong>mt werden, und zwar<br />

durch Liebe, Humor, Überraschung, Leichtigkeit, Zorn, Mut, Trauer, Furcht und Ekel. 11 Die<br />

Rasas sind das Schlüsselkonzept der klassischen indischen Ästhetik, sie best<strong>im</strong>men zum einen<br />

die Erzählstruktur <strong>des</strong> traditionellen indischen Theaters und haben darüber hinaus auch<br />

einen entscheidenden Einfluss auf das Medium <strong>des</strong> <strong>Film</strong>s besessen.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil eines typischen <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>s ist schließlich auch das<br />

Prinzip <strong>des</strong> ‚Happy Ends’, das seinen Ursprung ebenfalls in der indischen Dr<strong>am</strong>enpoetik besitzt.<br />

So best<strong>im</strong>mt das Natyaveda, dass ein Dr<strong>am</strong>a stets einen positiven Ausgang für den Helden<br />

besitzen soll, der Held soll über alle Widrigkeiten <strong>des</strong> Schicksals triumphieren und alle<br />

Konflikte sollen <strong>am</strong> Ende harmonisch gelöst werden. Anders als in der westlichen Dr<strong>am</strong>entradition,<br />

die, zurückgehend auf Aristoteles’ Poetik und die griechische Tragödie, durch die<br />

hohe Wertschätzung <strong>des</strong> tragischen Ausgangs eines Stücks gekennzeichnet ist, wird <strong>im</strong> indischen<br />

Dr<strong>am</strong>a (und d<strong>am</strong>it auch <strong>im</strong> <strong>Film</strong>) ein positiver Ausgang bevorzugt – ein ‚Happy End’<br />

gilt dementsprechend auch nicht als Zeichen für die ‚Trivialität’ eines Stücks. 12<br />

10<br />

Brahma, der Schöpfergott, ist neben Vishnu (Gott der Bewahrung) und Shiva (Gott der Zerstörung)<br />

einer der Hauptgötter <strong>des</strong> Hinduismus. Auf Darstellungen ist Brahma meist mit vier Gesichtern und<br />

Armen sowie mit Gebetskranz und den vier Veden (veda: wörtl. ‚Wissen’), den heiligen Schriften <strong>des</strong><br />

Hinduismus, zu sehen. Sein Symbol ist die mystische Gans, die ihn geistesschnell an jeden gewünschten<br />

Ort <strong>im</strong> Universum fliegen kann.<br />

11<br />

Die darstellenden Künste in Indien, Musik, Tanz, Dr<strong>am</strong>a und Poesie, basieren auf dem Konzept der<br />

neun Empfindungen (Nava Rasa). Die Ordnungsstruktur der Rasas sieht wie folgt aus: 1. Shringara<br />

(Liebe und Erotik), 2. Hasya (Humor), 3. Adbhuta (Überraschung), 4. Shanta (Frieden, Leichtigkeit),<br />

5. Raudra (Zorn), 6. Veera (Mut), 7. Karuna (Trauer), 8. Bhayanaka (Furcht), 9. Vibhatsa (Ekel). Vgl.<br />

http://www.rasas.info/, Datum: 20.10.2006.<br />

12<br />

Was nicht bedeuten soll, dass es <strong>im</strong> indischen Kino überhaupt keine <strong>Film</strong>e mit tragischem Ausgang<br />

gibt, vgl. z. B. Satyajit Rays <strong>Film</strong> Pather Panchali (1955, erster Teil der Apu-Triologie), der in poetischrealistischen<br />

Bildern das Leben einer bettelarmen F<strong>am</strong>ilie auf dem Lande in Bengalen erzählt.<br />

5


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Die ‚Song and Dance’-Szenen<br />

Das wohl auffälligste Kennzeichen eines typischen <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>s ist der wiederholte Einschub<br />

von sogenannten ‚Song and Dance’-Szenen – es gibt kaum einen kommerziellen indischen<br />

<strong>Film</strong>, in dem nicht gesungen und getanzt wird. 13 Die Musik- und Tanzszenen sind üblicherweise<br />

besonders opulent gestaltet; wesentliche Bestandteile sind farbenprächtige, teure<br />

Kostüme, eingängige, rhythmische Songs und eine ausgefeilte Choreographie.<br />

Die Beliebtheit der ‚Song and Dance’-Szenen <strong>im</strong> indischen <strong>Film</strong> ist zum einen darauf zurückzuführen,<br />

dass Musik und Tanz in der indischen Kultur generell einen sehr hohen Stellenwert<br />

einnehmen, traditionelle Feste und religiöse Rituale sind stets auch mit Musik und<br />

Tanz verbunden. Die Integration von ‚Song and Dance’-Szenen in einem <strong>Film</strong> stellt somit<br />

<strong>im</strong>mer auch eine spektakuläre Inszenierung der eigenen Kultur dar. 14 (Vgl. Kabhi Kushi Kabhie<br />

Gh<strong>am</strong>: Die jährliche Feier <strong>des</strong> Lichterfestes Diwali, eines spektakulärsten und buntesten<br />

religiöse Feste in Indien, n<strong>im</strong>mt hier eine leitmotivische Funktion ein.) Zum anderen ermöglichen<br />

die Musik- und Tanzszenen jedoch auch einen Ausstieg aus der <strong>Film</strong>handlung, sie eröffnen<br />

eine ‚emotionale Gegenwelt’ und gestatten es den Protagonisten, ihren Gefühlen freien<br />

Lauf zu lassen und ihre Emotionen sozusagen ‚auszutanzen’. Die Musik- und Tanzszenen<br />

besitzen daher oftmals einen eskapistischen Charakter, sie zeigen Phantasie-Szenen, die in<br />

gesellschaftliche Gegenräume verlegt sind – wobei auch ein rasanter Wechsel zwischen verschiedenen<br />

Schauplätzen wie z. B. Strand, Dschungel oder Wüste stattfinden kann. (Vgl.<br />

Kabhi Kushi Kabhie Gh<strong>am</strong>: Phantasie- und Liebesszene, die an verschiedene Orte in Ägypten<br />

verlegt ist; in Videoclip-Ästhetik wechselt die Szene zwischen verschiedenen Schauplätzen<br />

wie den Pyr<strong>am</strong>iden in Kairo, der Weiße Wüste und dem Sinai ab.) Eine besondere Kuriosität<br />

<strong>des</strong> <strong>Bollywood</strong>-<strong>Kinos</strong> ist schließlich die Verlagerung derartiger Phantasie-Szenen in die Milka-Traumwelt<br />

der Alpenlandschaft der Schweiz. (Vgl. Szene aus dem <strong>Film</strong> Mohabbatein: Zu<br />

sehen sind hier mehrere Liebespaare, die in traditionellen indischen Gewändern vor den<br />

schneebedeckten Gletschern der Schweizer Alpen singen und tanzen. 15 )<br />

13<br />

Der <strong>Film</strong>musik kommt in Indien auch eine große ökonomische Bedeutung zu: Teilweise werden die<br />

Soundtracks schon zwei bis drei Monate vor Erscheinen <strong>des</strong> <strong>Film</strong>s veröffentlicht und dienen somit als<br />

Werbek<strong>am</strong>pagne für den <strong>Film</strong>. Dabei kann häufig nicht genau gesagt werden, ob es der Soundtrack<br />

ist, der den <strong>Film</strong> zum Erfolg werden lässt oder umgekehrt. Vgl.: Uhl/Kumar (2004), S. 22f.<br />

14<br />

In Indien wurde der Tanz einst als heilige Kunst angesehen, so wird der Gott Shiva z. B. als männlicher<br />

Tänzer mit einem Fuß in der Luft und mit einem Feuerring dargestellt.<br />

15<br />

Für das große Interesse der indischen <strong>Film</strong>emacher an der Schweiz als Drehort für Liebesszenen gibt<br />

es mehrere Gründe: a) Berg-Symbolik: Berge sind in der indischen Mythologie der Ursprung der heiligen<br />

Flüsse und Wohnsitz der Götter. Bereits Götterpaare wie Shiva und seine Gemahlin Parvati<br />

(Tochter <strong>des</strong> Berges) sowie Krishna und Radha gaben sich dort ihrer Liebe hin. b) Konflikt zwischen<br />

Indien und Pakistan: Bis Anfang der 50er Jahre drehte man Liebesszenen noch in der Kashmirregion<br />

<strong>des</strong> H<strong>im</strong>alayagebirges, doch seitdem diese Grenzregion aufgrund <strong>des</strong> Bürgerkrieges und <strong>des</strong> andauernden<br />

Konflikts zwischen Indien und Pakistan zu unsicher geworden ist bevorzugt man es, <strong>im</strong> Aus-<br />

6


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Der <strong>im</strong>aginative Charakter der ‚Song and Dance’-Szenen, der durch die Unterbrechung<br />

der <strong>Film</strong>handlung durch Musik und Tanz, die extreme Farbigkeit der Szenen sowie die<br />

phantasievollen Kostüme und exotischen Schauplätze entsteht, dient <strong>im</strong> indischen <strong>Film</strong><br />

schließlich auch dazu, Liebe und Erotik zu thematisieren und dabei gleichzeitig die verhältnismäßig<br />

strengen Zensurvorschriften sowie ‚ungeschriebene Gesetze’ wie z. B. das Kussverbot<br />

zu umgehen. 16 Zu einer feststehenden Formel wurde so beispielsweise der sogenannte<br />

‚Wet Sari Dance’, ein Tanz, bei dem die Tänzerin mit einem traditionellen, langen Sari bekleidet<br />

ist, der jedoch durch einen plötzlichen Regenguss, den Sturz in einen Bach oder ähnliche<br />

‚Missgeschicke’ nass geworden ist und dadurch eng <strong>am</strong> Körper klebt.<br />

Insges<strong>am</strong>t kann man sagen, dass die ‚Song and Dance’-Szenen eine besonders wichtige<br />

Rolle <strong>im</strong> Hinblick auf die Darstellung von Emotionen einnehmen, sie dienen der sprachfreien<br />

Veranschaulichung von <strong>Emotionalität</strong>, der vertiefenden Charakterisierung der Figuren<br />

und nicht zuletzt dem blumig verschlüsselten Ausdruck von Erotik. Darüber hinaus sind die<br />

Musik- und Tanzszenen in besonderem Maße darauf angelegt, affektive und emotionale Reaktionen<br />

be<strong>im</strong> <strong>Film</strong>zuschauer hervorzurufen: Leuchtende, bunte Farben, die Rhythmisierung<br />

der Bewegungsabläufe sowie der Rhythmus der Musik dienen hier als optische und<br />

akustische Reize, die direkte körperliche (Ansteigen <strong>des</strong> Pulses und der Atmung, das Gefühl<br />

<strong>des</strong> ‚Mitgerissen-Werdens’ vom Rhythmus der Musik) sowie emotional-affektive Reaktionen<br />

<strong>des</strong> <strong>Film</strong>zuschauers zur Folge haben können.<br />

Figuren: Die emotionalen Helden<br />

Betrachtet man die (männlichen) Helden der <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>e so fällt auf, dass diese alles<strong>am</strong>t<br />

ausgesprochene ‚Muttersöhnchen’ sind: Sie haben üblicherweise eine gute und enge<br />

Beziehung zu ihrer Mutter, sie teilen ihre Gefühle offen in herzzerreißenden Liedern mit und<br />

sie schämen sich auch nicht, in aller Öffentlichkeit zu weinen, wenn ihnen danach ist. 17 Verglichen<br />

mit den rauen, eins<strong>am</strong>en und verschwiegenen Helden <strong>des</strong> US-<strong>am</strong>erikanischen Wesland<br />

zu drehen. c) Positives Image <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>: Die Schweiz steht für Ruhe, Sicherheit, intakte Natur<br />

und Reichtum. In <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>en wird die Topographie jedoch grundsätzlich als n<strong>am</strong>enloser<br />

Schauplatz gezeigt, die Schweizer Bewohner, Kultur und die Kälte <strong>des</strong> Kl<strong>im</strong>as kommen dabei nicht<br />

zur Sprache. Vgl. Alexowitz (2003), S. 189ff.<br />

16<br />

Die Abwesenheit von Kussszenen <strong>im</strong> indischen <strong>Film</strong> ist insbesondere in den erotisch aufgeladenen<br />

Musik- und Tanzszenen auffällig: Immer wieder steigert sich hier die Spannung so weit, dass ein Lippenkontakt<br />

fast unvermeidlich scheint. Solche Spannungsmomente werden u. a. dadurch aufgelöst,<br />

dass einer der Akteure <strong>im</strong> letzten Moment seinen Kopf wegdreht. Diese Eigentümlichkeit <strong>des</strong> indischen<br />

<strong>Film</strong>s ist in gewisser Weise überraschend, da ein explizites Verbot von Kussszenen nicht existiert,<br />

es handelt sich vielmehr um ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich aus den Regeln für die Zensur<br />

von <strong>Film</strong>en ableitet. Schriftlich niedergelegt und ausdrücklich verboten ist z. B. die Darstellung sexueller<br />

Vorgänge und Handlungen. Uhl/Kumar (2004), S. 130.<br />

17<br />

Alexowitz (2003), S. 94.<br />

7


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

tern- und Action-<strong>Kinos</strong> wirken die <strong>Bollywood</strong>-Helden somit alles<strong>am</strong>t eher ‚unmännlich’.<br />

(Vgl. <strong>Film</strong>szene aus Main Hoon Na: Der männliche Held unterliegt hier einer Art ‚Zwangsemotionalisierung’,<br />

<strong>im</strong>mer wenn er seine hübsche Chemielehrerin sieht hört er buchstäblich<br />

‚Geigen’ und muss anfangen zu singen.) Diese gefühlsbetonte Haltung gilt auch für die<br />

weiblichen Figuren, wobei sich neben dem Typus der liebenden, fürsorglichen Mutter und<br />

Ehefrau auch <strong>im</strong> indischen Kommerzkino zunehmend starke Frauenfiguren finden – so z. B.<br />

die auf sehr weiblich-sanfte Art, aber dennoch mit Best<strong>im</strong>mtheit gegen das patriarchalische<br />

Oberhaupt der F<strong>am</strong>ilie rebellierende Ehefrau in dem <strong>Film</strong> Kabhi Kushi Kabhie Gh<strong>am</strong>.<br />

Schluss: fehlender ‚Realismus’?<br />

Aufgrund seines exzessiven Umgangs mit Gefühlen sowie der emotionalen Stereotypenhaftigkeit<br />

18 seiner Figuren sieht sich das <strong>Bollywood</strong>-Kino oftmals dem Vorwurf eines ‚Anti-<br />

Realismus’ bzw. einer ‚Anti-Psychologie’ ausgesetzt. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang stellt sich<br />

jedoch auch die Frage, inwiefern es dem <strong>Bollywood</strong>-Kino tatsächlich auf die ‚authentische’<br />

Darstellung von Emotionen ankommt bzw. inwiefern die narrative Inszenierung von exzessiven<br />

Gefühlswelten hier nicht auch eine spezifisch ästhetische Qualität besitzt. So geht Alexandra<br />

Schneider von der These aus, <strong>im</strong> <strong>Bollywood</strong>-Kino zähle weniger die „Plausibilität“<br />

der Gefühle als die „Intensität <strong>des</strong> emotionalen Ausdrucks“ 19 und gelangt zu der Schlussfolgerung:<br />

Wahrscheinlich wird man den emotionalen Angeboten der fiktionalen Welt in <strong>Bollywood</strong>-<br />

<strong>Film</strong>en besser gerecht, wenn man eine Theorie der ästhetischen Erfahrung zum Ausgangspunkt<br />

n<strong>im</strong>mt, die [...] den Aspekt <strong>des</strong> Spiels in den Vordergrund stellt. Vielleicht kann es<br />

dann gelingen, den ästhetischen Überschuss <strong>des</strong> populären Hindi-<strong>Film</strong>s anders zu begreifen<br />

als nur unter dem Gesichtspunkt <strong>des</strong> Realismus oder vielmehr <strong>des</strong> Mangels an Realismus.<br />

Anders gesagt: Was einem an Hollywood geschulten Publikum in <strong>Bollywood</strong>-<strong>Film</strong>en als Exzess<br />

erscheinen mag, ist mehr als einfach nur ein überschüssiger Rest, der sich mit Prozessen<br />

der Narration nicht verrechnen lässt. Vielmehr liegt <strong>im</strong> vermeintlichen Exzess vielleicht der<br />

Grund, weshalb man sich auf das emotionale Spiel mit dem <strong>Film</strong> überhaupt einlässt. 20<br />

Diese Möglichkeit <strong>des</strong> ‚Sich-Einlassens’ auf das Spiel mit den Gefühlen, das – durch eine fiktionale<br />

Narration ausgelöste, darum jedoch nicht weniger intensive – Erlebnis einer subjektiven<br />

‚Erschütterung’ ist es sicherlich, das den besonderen Reiz <strong>des</strong> <strong>Bollywood</strong>-<strong>Kinos</strong> ausmacht.<br />

18<br />

Zur Stereotypenhaftigkeit der Figuren und zum ‚Overacting’ <strong>im</strong> indischen <strong>Film</strong> vgl. Alexowitz<br />

(2003), S. 94 und Uhl/Kumar (2004), S. 29.<br />

19<br />

Vgl. Schneider (2005), S. 148.<br />

20<br />

Schneider (2005), S. 152.<br />

8


Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Literatur:<br />

Alexowitz, Myri<strong>am</strong> (2003): Traumfabrik <strong>Bollywood</strong>. Indisches Mainstre<strong>am</strong>-Kino, Bad<br />

Honnef.<br />

Brütsch, Matthias u.a. (Hrsg.) (2005): Kinogefühle. <strong>Emotionalität</strong> und <strong>Film</strong>, Marburg.<br />

Follath, Erich (2006): Big Bang <strong>Bollywood</strong>. Indiens <strong>Kinos</strong>tars erobern die Welt. In: Der Spiegel,<br />

H. 23, S. 130-135.<br />

Koch, Gertrud (2004): Zu Tränen gerührt. Zur Erschütterung <strong>im</strong> Kino. In: Pathos, Affekt, Gefühl.<br />

Die Emotionen in den Künsten, hrsg. v. Klaus Herding und Bernhard Stumpfhaus<br />

Berlin/New York, S. 562-574.<br />

Mikunda, Christian (2002): Kino spüren. Strategien emotionaler <strong>Film</strong>gestaltung, Wien.<br />

Schneider, Alexandra (2005): ‚Ein folkloristisches Strassentheater, das unbeabsichtigt einen<br />

Brecht oder Godard gibt.’ Zur Kodierung von Emotionen <strong>im</strong> zeitgenössischen Hindi-<br />

Mainstre<strong>am</strong>-<strong>Film</strong>. In: Kinogefühle. <strong>Emotionalität</strong> und <strong>Film</strong>, hrsg. v. Matthias Brütsch u.a.,<br />

Marburg, S. 139-152.<br />

Tan, Ed S. (1996): Emotion and the Structure of Narrative <strong>Film</strong>. <strong>Film</strong> as an Emotion<br />

Machine. Translated by Barbara Fasting, Mahwah.<br />

Thoraval, Yves (2000): The Cinemas of India (1896-2000), Delhi.<br />

Uhl, Matthias/Kumar, Keval J. (2004): Indischer <strong>Film</strong>. Eine Einführung, Bielefeld.<br />

<strong>Film</strong>e (Auswahl):<br />

Kabhi Khushi Kabhie Gum (In guten wie in schweren Tagen)<br />

Indien 2001, Regie: Karan Johar<br />

Kal Ho Naa Ho (Indian Love Story – lebe und denke nicht an Morgen)<br />

Indien 2003, Regie: Nikhil Advani<br />

Kuch Kuch Hota Hai (Hochzeit auf indisch)<br />

Indien, 1998, Regie: Karan Johar<br />

Lagaan (Lagaan – es war einmal in Indien)<br />

Indien, 2001, Regie: Ashutosh Gowariker<br />

Main Hoon Na (Ich bin <strong>im</strong>mer für dich da)<br />

Indien 2004, Regie: Farah Khan<br />

Mohabbatein (Denn meine Liebe ist unsterblich)<br />

Indien 2000, Regie: Aditya Chopra<br />

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Bronnbach-Colloquium: Affekte und Emotionen – historisch<br />

Claudia Pinkas<br />

Monsoon Wedding<br />

Indien 2001, Regie: Mira Nair<br />

Veer & Zara (Veer & Zara – Die Legende einer Liebe)<br />

Indien 2004, Regie: Yash Chopra<br />

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