Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen

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31.10.2013 Aufrufe

IFreitag 19 Uhr Beethoven auf dem Balkon Künstlerpostkarte von Felix Riedel „niemals übertroffen“ Beethovens Trio Der junge Beethoven soll – nach einer Überlieferung des aus Stuttgart stammenden Georg August von Griesinger – bei einer Soirée im Hause des Fürsten von Lobkowitz folgendermaßen auf die Konver - sation mit einem kritischen älteren Herrn reagiert haben: „...mit Menschen, welche an mich nicht glauben wollen, weil ich noch nicht den allgemeinen Ruf habe, mag und kann ich nicht umgehen.“ – Genüssliche Worte für den Beet - hoven-Verehrer, im Falle wahrer Überlieferung allerdings reichlich unverschämt für einen forschen Burschen, der zwar als Pianist durchaus angesehen, dessen Ruf als großer Komponist jedoch kaum in die Öffentlichkeit gedrungen war, und der sich nun gegenüber Fürst und älterem Herrn nichts weniger als eine Lebensrente von einem kunstsinnigen Verleger wünschte, dem er dann – „nicht träge“ – seine Werke zum Druck zur Verfügung stellen wolle, schließlich habe es ja zwischen Goethe und Cotta und mit Händels Londoner Verleger ähnlich funktioniert, jawoll! Tatsächlich schien dem knapp 30-jährigen Beethoven das Glück in den Schoß zu fallen, als sein Verleger Johann Traeg ihm schon vor Beginn der Komposition der Trios op. 9 fünfzig Dukaten zusicherte. Dafür erhielt der Wiener Kaufmann für das geradezu horrende „Honorarium“ (immerhin dem Wert eines guten Konzertflügel entsprechend) aber auch nichts weniger als einen kleinen Meilenstein der Musikgeschichte! Nicht ohne Stolz ließ Beethoven in der französischen Widmung an Reichsgraf Johann Georg von Browne-Camus, bei dem er in dieser Zeit regelmäßig als Pianist auftrat, erkennen, wie hoch er selbst seine Trios einschätzte. Mit ihnen verlässt er ganz klar die Gefilde unterhaltsamer Gesellschaftsmusik, die Serenaden mit ihren aneinandergereihten Sätzen, konzentriert die Form, wendet sich der sinfonischen Idee zu, kurzum: Beethoven wird groß, majestätisch... So etwa kommt das Unisono der Adagio-Introduktion in einer für ein Trio ungewohnt bedeutsamen Geste daher, die Beethoven mithin als Eingang zur ganzen Werkgruppe verstand. Vermutlich hat er die Einleitungstakte in dieser Gestalt erst gegen Ende der Arbeit an Opus 9 konzipiert, während sie in einer älteren Skizze noch im 3/4-Takt notiert waren. „... keine bloße Musik für Dilettanten [...], sondern reife Kunstwerke, wohl die ersten von Beethoven im Bereich der Kammermusik ohne Klavier, die diesem Anspruch genügen. Beethovens Trios sind in dieser Hinsicht niemals übertroffen worden“ (Rudolf Stephan) 8 kammermusikfestivalhohenstaufen

Der vollständige Entwurf zu einem 1924 veröffentlichten zweiten Trio zum Scherzo mit Beethovens Vermerk „... muß zum Einlegen geschrieben werden“ war vermutlich für eine spezielle Gelegenheit gedacht, die möglicherweise gewisse Konzessionen an die gute alte Serenaden-Tradition erforderte. Paul Bekker hielt den letzten Trio- Satz mit seinem Einfallsreichtum an Farben und thematischen Charakteren für den wichtigsten, er sei das erste Finale Beethovens, das trotz heiterer Grundstimmung die künstlerische Höhe der Vordersätze nicht nur halte, sondern noch übersteige, was ihm bis dahin nur in leidenschaftlichen (Moll-)Finalsätzen gelungen sei. „ein Stück Lebensgeschichte“ Griegs Quartett Als habe sich die Natur unendliche Mühe gemacht, die schönsten landschaftlichen Reize in einen kleinen norwegischen Landstrich zu ver - packen, wartet der Hardangerfjord an der südwestlichen Atlantikküste mit nahezu allem auf, was des Wanderers Herz erfreut: geheimnisvolle Wasserwege, weite Apfel- und Kirschgärten, gebirgige Hochebenen, Gletscher und spektakuläre Wasserfälle, die vom felsigen Ufer herabstürzen. Einen ganzen langen norwegischen Winter lang schrieb Edvard Grieg an seinem einzigen vollendeten Streichquartett. Er hatte sich 1875 in Lofthus, wie später Mahler, ein Komponierhäuschen errichten lassen und schrieb hier, inspiriert von der Stille der großartigen Fjordlandschaft, viele seiner besten Werke. Im Sommer 1877 begann er mit der Komposition, beendete sie im Februar 1878 und sandte das Manuskript an den Geiger Robert „In diesen Tagen bin ich in der Stadt [Bergen], um mein Streichquartett zu hören. Die erste Probe klang wie Katzenjammer, aber ich hoffe, morgen eine bessere zu hören.“ (Brief an Matthison-Hansen, 7. März 1878) Heckmann in Köln, Primarius eines der angesehensten Streichquartette Deutschlands, mit der Bitte um kritische Durchsicht mit dem Kennerblick des Streichers. Zwischen beiden begann eine fruchtbare Zusammenarbeit, überliefert in knapp zwanzig erhaltenen Briefen mit zahlreichen detaillierten Änderungs - vorschlägen, die Grieg meistenteils akzeptierte, mitunter aber auch ein klares „nein“ an den Rand schrieb, wenn Heckmann kompositorische Aspekte berührte. Aus Dankbarkeit für Heckmanns gewissenhafte Arbeit widmete Grieg ihm das Quartett. Karikatur von Olaf Gulbransson kammermusikfestivalhohenstaufen 9

IFreitag<br />

19 Uhr<br />

Beethoven auf<br />

dem Balkon<br />

Künstlerpostkarte<br />

von Felix Riedel<br />

„niemals übertroffen“<br />

Beethovens Trio<br />

Der junge Beethoven soll – nach einer Überlieferung des aus Stuttgart<br />

stammenden Georg August von Griesinger – bei einer Soirée im<br />

Hause des Fürsten von Lobkowitz folgendermaßen auf die Konver -<br />

sation mit einem kritischen älteren Herrn reagiert haben: „...mit Menschen,<br />

welche an mich nicht glauben wollen, weil ich noch nicht den<br />

allgemeinen Ruf habe, mag und kann ich nicht<br />

umgehen.“ – Genüssliche Worte für den Beet -<br />

hoven-Verehrer, im Falle wahrer Überlieferung<br />

allerdings reichlich unverschämt für einen forschen<br />

Burschen, der zwar als Pianist durchaus angesehen,<br />

dessen Ruf als großer Komponist jedoch<br />

kaum in die Öffentlichkeit gedrungen war, und der<br />

sich nun gegenüber Fürst und älterem Herrn<br />

nichts weniger als eine Lebensrente von einem<br />

kunstsinnigen Verleger wünschte, dem er dann –<br />

„nicht träge“ – seine Werke zum Druck zur Verfügung<br />

stellen wolle, schließlich habe es ja zwischen<br />

Goethe und Cotta und mit Händels Londoner Verleger<br />

ähnlich funktioniert, jawoll!<br />

Tatsächlich schien dem knapp 30-jährigen<br />

Beethoven das Glück in den Schoß zu fallen, als<br />

sein Verleger Johann Traeg ihm schon vor Beginn<br />

der Komposition der Trios op. 9 fünfzig Dukaten<br />

zusicherte. Dafür erhielt der Wiener Kaufmann für<br />

das geradezu horrende „Honorarium“ (immerhin<br />

dem Wert eines guten Konzertflügel entsprechend)<br />

aber auch nichts weniger als einen kleinen Meilenstein der<br />

Musikgeschichte! Nicht ohne Stolz ließ Beethoven in der französischen<br />

Widmung an Reichsgraf Johann Georg von Browne-Camus,<br />

bei dem er in dieser Zeit regelmäßig als Pianist<br />

auftrat, erkennen, wie hoch er selbst seine Trios<br />

einschätzte. Mit ihnen verlässt er ganz klar die<br />

Gefilde unterhaltsamer Gesellschaftsmusik, die<br />

Serenaden mit ihren aneinandergereihten Sätzen,<br />

konzentriert die Form, wendet sich der sinfonischen<br />

Idee zu, kurzum: Beethoven wird<br />

groß, majestätisch... So etwa kommt das Unisono<br />

der Adagio-Introduktion in einer für ein Trio<br />

ungewohnt bedeutsamen Geste daher, die<br />

Beethoven mithin als Eingang zur ganzen Werkgruppe<br />

verstand. Vermutlich hat er die Einleitungstakte<br />

in dieser Gestalt erst gegen Ende<br />

der Arbeit an Opus 9 konzipiert, während sie in<br />

einer älteren Skizze noch im 3/4-Takt notiert<br />

waren.<br />

„... keine bloße<br />

Musik für Dilettanten<br />

[...], sondern reife<br />

Kunstwerke, wohl<br />

die ersten von Beethoven<br />

im Bereich<br />

der Kammermusik<br />

ohne Klavier, die<br />

diesem Anspruch<br />

genügen.<br />

Beethovens Trios<br />

sind in dieser<br />

Hinsicht niemals<br />

übertroffen worden“<br />

(Rudolf Stephan)<br />

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