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Bulletin (II. Quartal 2009) - Kroatischer Weltkongress in Deutschland

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Jahrgang 9/02 K r o a t i s c h e s H a u s e. V. K ö l n<br />

K R O A T I S C H E<br />

T H E M E N<br />

W I R T S C H A F T S<br />

T H E M E N<br />

E U - Z U K U N F T F Ü R<br />

K R O A T I E N<br />

T H E M E N – B O S N I E N<br />

U N D H E R Z E G O W I N A<br />

E R E I G N I S S E<br />

Kroatien ist NATO-Mitglied geworden,<br />

E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die EU von<br />

Slowenien blockiert<br />

Zwei außenpolitische Hauptziele haben alle<br />

kroatischen Regierungen von Beg<strong>in</strong>n der<br />

Selbstständigkeit an vor Augen gehabt: den<br />

E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Europäische Union und die<br />

NATO-Mitgliedschaft. Am 4. April d. J. wurde<br />

Kroatien geme<strong>in</strong>sam mit Albanien zum<br />

60. Jubiläum des nordatlantischen Paktes<br />

feierlich als gleichberechtigtes Mitglied <strong>in</strong><br />

das Bündnis aufgenommen. Nach Me<strong>in</strong>ung<br />

des kroatischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten Ivo<br />

Sanader sei dies „die Krone für die Anstrengungen<br />

e<strong>in</strong>er ganzen Generation, Kroatien<br />

dorth<strong>in</strong> geführt zu haben, wo es h<strong>in</strong>gehört.<br />

… Wir haben das <strong>in</strong> den neunziger<br />

Jahren proklamiert, als wir unter Führung<br />

von Dr. Franjo Tuñman das Ziel, unseren<br />

selbstständigen Staat, erreicht hatten.“<br />

Euphorisch äußerten sich auch der kroatische<br />

Präsident Mesić sowie führende Politiker<br />

aller parlamentarischen Parteien. Kroatische<br />

Soldaten, etwa 300, dienen bereits<br />

seit langem unter der Fahne der NATO, und<br />

diese Anzahl wird bald erhöht werden.<br />

Kroatiens Regierung erwartet von der NATO<br />

e<strong>in</strong>e Unterstützung bei der Modernisierung<br />

ihrer Armee sowie verschiedene militärtechnische<br />

Aufträge für andere NATO-<br />

Länder, da die kroatische Industrie überraschend<br />

hochwertige Produkte dazu liefern<br />

kann. Dagegen hält sich die Freude über<br />

den Beitritt <strong>in</strong> der breiten Öffentlichkeit <strong>in</strong><br />

Grenzen. Das gilt besonders für diejenigen,<br />

die ungern sehen, dass e<strong>in</strong>ige, von ihnen<br />

als Helden verehrte, verdienstvolle kroatische<br />

Generäle sich vor dem Haager Kriegsverbrecher-Tribunal<br />

verantworten müssen.<br />

Das Urteil ist noch nicht gefallen. Viele<br />

Kommentatoren und Politologen vertreten<br />

durchaus e<strong>in</strong>e positive Me<strong>in</strong>ung über die<br />

NATO als Institution, allerd<strong>in</strong>gs vor allem<br />

wegen der Vorrangstellung der USA <strong>in</strong> der<br />

NATO, wie sie betonen. Man er<strong>in</strong>nert sich <strong>in</strong><br />

Kroatien an die Worte des früheren amerikanischen<br />

Präsidenten Bush, der bei se<strong>in</strong>em<br />

Besuch <strong>in</strong> Zagreb vor e<strong>in</strong>em Jahr sagte:<br />

„Niemand wird ihnen die Freiheit nehmen.“<br />

Der Präsident des kroatischen Hels<strong>in</strong>ki-<br />

Komitees, Prof. Ivo Banac, hat vor e<strong>in</strong>igen<br />

Tagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Anhörung vor dem amerikanischen<br />

Kongress mehr Engagement der<br />

Amerikaner für Südosteuropa angemahnt.<br />

E<strong>in</strong>e weitaus kritischere Me<strong>in</strong>ung herrscht<br />

über die europäischen Mitglieder des Bündnisses<br />

wegen ihrer Zurückhaltung im slowenisch-kroatischen<br />

Grenzstreit. Slowenien<br />

blockiert die E<strong>in</strong>trittsgespräche Kroatiens<br />

mit der EU wegen e<strong>in</strong>iger Kilometer geme<strong>in</strong>samer<br />

Grenze, die es verschieben will,<br />

um e<strong>in</strong>en eigenen Korridor durch kroatisches<br />

Territorium zu <strong>in</strong>ternationalen Gewässern<br />

zu erhalten und damit Kroatien<br />

von der italienischen Seegrenze <strong>in</strong> der Adria<br />

abzuschneiden. Sloweniens politische Klasse<br />

hat offensichtlich die Kontrolle über das<br />

eigene Vorhaben gegenüber Kroatien verloren.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel: E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e slowenische<br />

Gruppierung namens „Partei des slowenischen<br />

Volkes“ sammelte etwa tausend von<br />

den notwendigen 40.000 Unterschriften für<br />

e<strong>in</strong> Referendum gegen die Mitgliedschaft<br />

Kroatiens <strong>in</strong> der NATO. Vor dieser uns<strong>in</strong>nigen<br />

Aktion warnten alle anderen politischen<br />

Kräfte <strong>in</strong> Slowenien. Ganz anders verhalten<br />

sie sich dagegen im leidigen Grenzstreit.<br />

Die Kroaten möchten diesen mehr als überflüssigen<br />

Konflikt vor den UN-Gerichtshof <strong>in</strong><br />

Den Haag br<strong>in</strong>gen, der dann nach <strong>in</strong>ternationalem<br />

Seerecht entscheiden und die umstrittene<br />

Savudrija- bzw. Piran-Bucht zu<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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Jahrgang 9/02 K r o a t i s c h e s H a u s e. V. K ö l n<br />

gleichen Teilen Kroatien und Slowenien zuerkennen<br />

würde. Gleichzeitig garantiert<br />

Zagreb Slowenien alle Rechte für den freien<br />

Zugang ihrer Schiffe sowie den Fischfang<br />

nach vorheriger Vere<strong>in</strong>barung. Ljubljana<br />

<strong>in</strong>des beansprucht die gesamte Savudrija-<br />

Bucht für sich, so der letzte Beschluss des<br />

slowenischen Parlaments. Damit verliefe<br />

die Grenze entlang der Strände am kroatischen<br />

Ufer. Für dieses Begehren führen die<br />

slowenischen Vertreter wunderliche Argumente<br />

an, wie z.B. dass die Slowenen e<strong>in</strong><br />

„moralisches Recht“ hätten auf e<strong>in</strong>en eigenen<br />

Korridor zu <strong>in</strong>ternationalen Gewässern<br />

oder dass sie „immer e<strong>in</strong>e seefahrende Nation“<br />

gewesen seien. Letzteres widerlegen<br />

geschichtliche Fakten. Slowenien erhielt<br />

erst im Jahre 1952 von den Angloamerikanern<br />

den Zugang zur Adria. Sie schafften<br />

damals das „Freies Territorium von Triest“<br />

genannte künstliche Gebilde ab und teilten<br />

es auf. Dessen Zone A mit der Stadt Triest<br />

erhielt Italien, die Zone B, zuvor unter<br />

jugoslawischer militärischer Verwaltung,<br />

g<strong>in</strong>g an Kroatien und Slowenien. Bis heute<br />

streiten beide Seiten darüber, ob diese Teilung<br />

gerecht war. Offensichtlich kann Slowenien<br />

den Verlust von Triest und des österreichischen<br />

Kärnten nicht akzeptieren.<br />

Die angesichts der politischen und ökonomischen<br />

Weltlage so unverständliche wie<br />

überreizte Diskussion geht weiter. E<strong>in</strong> slowenischer<br />

Wissenschaftler behauptet, Istrien<br />

habe niemals zu Kroatien gehört. Dies<br />

stimmt nur teilweise, da der Ostteil der<br />

Halb<strong>in</strong>sel erwiesenermaßen Teil des mittelalterlichen<br />

Königreichs Kroatien war. Demgegenüber<br />

f<strong>in</strong>det sich Slowenien als Staat<br />

unter eigenem Namen erst seit 1945 auf<br />

geografischen Karten. Nach den sehr präzisen<br />

österreichischen Volkszählungen vor<br />

1918 bestand die nationale Zugehörigkeit<br />

der Bevölkerung auf der Halb<strong>in</strong>sel Istrien<br />

aus etwa 60 Prozent Kroaten, 30 Prozent<br />

Italienern und ganzen 10 Prozent Slowenen.<br />

Alle größeren Orte <strong>in</strong> Westistrien und<br />

der Bucht von Triest besaßen bis zum Jahre<br />

1943 e<strong>in</strong>e satte italienische Mehrheit. Geschichtliche<br />

Tatsache ist aber auch, dass<br />

Italien, als es nach dem Ersten Weltkrieg,<br />

also vor der faschistischen Machtergreifung,<br />

Triest und Istrien sowie die kroatischen<br />

Städte Rijeka und Zadar und drei Adria-<br />

Inseln erhielt, über 100.000, überwiegend<br />

Slowenen, aber auch Kroaten vertrieben<br />

hat. Dieses Schicksal haben die Italiener<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise selber<br />

erfahren, jedoch aus ideologischen<br />

und nicht nationalen Gründen. Die heutigen<br />

Grenzen zwischen den neu entstandenen<br />

Staaten <strong>in</strong> Südosteuropa, wie sie von<br />

der <strong>in</strong>ternationalen Banditer-Kommission<br />

beschlossen worden s<strong>in</strong>d, müssen unangetastet<br />

bleiben. Denn sollte Slowenien se<strong>in</strong>e<br />

Forderungen gegenüber Kroatien durchsetzen<br />

und das unter Missachtung des <strong>in</strong>ternationalen<br />

Seerechts und obendre<strong>in</strong> durch<br />

Vermittlungen unter Führung der EU-<br />

Kommission, die <strong>in</strong> diesem Streit ke<strong>in</strong>e<br />

neutrale Position e<strong>in</strong>nimmt, dann würde<br />

das unausweichlich e<strong>in</strong>e Kettenreaktion auf<br />

dem gesamten Westbalkan nach sich ziehen.<br />

Dazu e<strong>in</strong>ige Beispiele: Bereits zu Wort<br />

gemeldet haben sich die Bosniaken mit dem<br />

Wunsch nach e<strong>in</strong>em Korridor zwischen ihrem<br />

kle<strong>in</strong>en Austritt an der Adria (Neum)<br />

zur offenen See durch kroatische Gewässer.<br />

Dazu gehören auch mehrere Punkte an der<br />

geme<strong>in</strong>samen Landesgrenze. Zum Teil ungeklärt<br />

ist die kroatisch-serbische Grenze<br />

an der Donau. Serbien und Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a s<strong>in</strong>d sich nicht e<strong>in</strong>ig <strong>in</strong> Bezug<br />

auf den Grenzverlauf am Fluss Dr<strong>in</strong>a. Belgrad<br />

möchte sich den nördlichen Teil des<br />

<strong>in</strong>zwischen selbstständigen Kosovo e<strong>in</strong>verleiben.<br />

Die Albaner <strong>in</strong> Mazedonien werden,<br />

sollten die Slowenen die Grenze zu Kroatien<br />

zu ihren Gunsten verändern, dasselbe mit<br />

der mazedonischen Westgrenze tun.<br />

Schwer zu glauben, dass Brüssel sich nicht<br />

bewusst ist, wie potentiell explosiv der<br />

slowenische Hunger nach dem fremden<br />

Territorium ist. Die e<strong>in</strong>zig vernünftige Lösung<br />

liegt dar<strong>in</strong>, die bestehenden Grenzen<br />

anzuerkennen und diese nachfolgend <strong>in</strong><br />

bilateralen Verträgen weitestgehend durchlässig<br />

zu machen, zu europäisieren, wie es<br />

die Staatsgrenzen <strong>in</strong> der EU s<strong>in</strong>d. Am meisten<br />

zu bedauern ist, dass dieser überflüssige<br />

Konflikt droht, die seit Jahrhunderten<br />

bestehenden freundschaftlichen Beziehungen<br />

beider Völker nachhaltig zu trüben.<br />

Diese Tatsache sche<strong>in</strong>t die Politiker <strong>in</strong> Ljubljana<br />

nicht zu beunruhigen.<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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Jahrgang 9/02 K r o a t i s c h e s H a u s e. V. K ö l n<br />

Nach Druck Sloweniens<br />

EU Skepsis <strong>in</strong> Kroatien<br />

wächst<br />

Die EU-Skeptiker <strong>in</strong> Kroatien waren schon<br />

immer zahlreich – laut früherer Befragungen<br />

bis zu 45 Prozent. Der Grund liegt <strong>in</strong><br />

den immer wieder neuen und schwerwiegenderen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen Brüssels für die E<strong>in</strong>trittsgespräche.<br />

Es gibt e<strong>in</strong>ige dokumentierte<br />

Stimmen <strong>in</strong> den Zagreber Zeitungen,<br />

die belegen wollen, dass Kroatien als EU-<br />

Mitglied eher zu den Verlierern als Gew<strong>in</strong>nern<br />

zählen würde. Bereits vor e<strong>in</strong>em Jahr<br />

war Kroatien gezwungen, von se<strong>in</strong>en Rechten<br />

auf e<strong>in</strong>e Ökologische- und Fischerei-<br />

Schutzzone (ZERP) <strong>in</strong> der Adria gegenüber<br />

den beiden EU-Ländern Slowenien und Italien<br />

Abstand zu nehmen. Dadurch erhielten<br />

die Fischer beider Länder freie Hand, auch<br />

<strong>in</strong> den kroatischen Gewässern zu fischen,<br />

was für Kroatien den Verlust von 200-300<br />

Millionen Euro E<strong>in</strong>nahmen jährlich bedeutet.<br />

Nach e<strong>in</strong>er im Auftrag der Regierung erstellten<br />

Studie würde Kroatien <strong>in</strong> den ersten<br />

drei Jahren se<strong>in</strong>er Mitgliedschaft <strong>in</strong> der EU<br />

etwa e<strong>in</strong>e Milliarde und 950 Millionen Euro<br />

aus den Brüsseler Kassen erhalten. Demgegenüber<br />

müssten im gleichen Zeitraum<br />

aus dem kroatischen Staatshaushalt e<strong>in</strong>e<br />

Milliarde und 632 Millionen Euro an die EU<br />

fließen. Dieser Rechnung zufolge bliebe<br />

Kroatien e<strong>in</strong> Saldo von nur noch 322 Millionen<br />

Euro. Laut Prognosen desselben Instituts<br />

vor drei Jahren wird das Wirtschaftswachstum<br />

<strong>in</strong> Kroatien zwischen 2010 und<br />

2025, wenn es außerhalb der EU bleibt, 4,3<br />

Prozent, <strong>in</strong>nerhalb 4,9 Prozent betragen.<br />

Wie e<strong>in</strong> namhafter Soziologe <strong>in</strong> der angesehenen<br />

Kulturzeitung „Vijenac“ argumentiert,<br />

werden sich diese Zahlen angesichts<br />

der weltweiten F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />

für Kroatien eher verschlechtern und damit<br />

ökonomisch wenig Anreiz für e<strong>in</strong>en Beitritt<br />

liefern. Demgegenüber behauptet e<strong>in</strong> anderer<br />

Wirtschaftsanalytiker, dass die Zuwendungen<br />

aus den Brüsseler Sonderfonds viel<br />

ergiebiger ausfallen würden als es der<br />

skeptische Soziologe angibt. Im Übrigen<br />

habe es ke<strong>in</strong> neues Mitglied der EU bis jetzt<br />

bereut, sich der wirtschaftlich-politischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft angeschlossen zu haben. E<strong>in</strong><br />

weiterer Autor sieht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beitritt den<br />

Effekt e<strong>in</strong>er „dritten Modernisierung“ Kroatiens<br />

nach dem nicht ganz stattgefundenen<br />

Frühkapitalismus und dem späteren Sozialismus.<br />

Mit anderen Worten: E<strong>in</strong>e Kosten/Nutzen-Rechnung<br />

e<strong>in</strong>er Mitgliedschaft<br />

Kroatiens <strong>in</strong> der Europäischen Union lässt<br />

sich nicht alle<strong>in</strong> aufgrund der Geldüberweisungen<br />

aus Brüssel nach Zagreb und umgekehrt<br />

aufmachen. Durch den E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong><br />

die EU könne Kroatien se<strong>in</strong>en von der Geschichte<br />

bestimmten Weg nach Westeuropa<br />

abschließen, argumentieren die Befürworter<br />

e<strong>in</strong>er Mitgliedschaft. Diese s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> jüngster Zeit <strong>in</strong> die Defensive geraten<br />

angesichts vieler, oftmals nicht gerechtfertigter<br />

Bed<strong>in</strong>gungen, die nichts mit den<br />

Kopenhagener Kriterien zu tun haben, aber<br />

dennoch von der Brüsseler Adm<strong>in</strong>istration<br />

und dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal<br />

<strong>in</strong> Den Haag allen Regierungen <strong>in</strong><br />

Zagreb gestellt wurden.<br />

Internationale F<strong>in</strong>anzkrise belastet<br />

den Aufholprozess <strong>in</strong><br />

Kroatien<br />

Die <strong>in</strong>ternationale Krise ist <strong>in</strong> Kroatien mit<br />

e<strong>in</strong>em Jahr Verspätung angekommen. Damit<br />

ist die robuste, acht Jahre andauernde<br />

Wachstumsphase vorerst zu Ende. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />

der neunziger Jahre stand das Land<br />

vor der schwierigen Aufgabe, die planwirtschaftlichen<br />

Strukturen der kommunistischen<br />

Wirtschaft zu überw<strong>in</strong>den. Zu diesem<br />

Transformationsprozess kamen <strong>in</strong> den Ländern<br />

des ehemaligen Jugoslawiens noch die<br />

Zerfallskriege h<strong>in</strong>zu, die wirtschaftlich e<strong>in</strong>en<br />

Sturz <strong>in</strong>s bodenlose bedeuteten. Die kroatische<br />

Wirtschaft erholte sich allmählich mit<br />

jährlichen Wachstumsraten von 4,4 Prozent,<br />

die durch die Rezession im 2. Halbjahr<br />

2008 auf 3,5 Prozent abgeschwächt ist. Die<br />

Prognose für <strong>2009</strong> lautet auf 2,5 Prozent<br />

Wachstum. Der große Boom ist zwar vorbei.<br />

Das Land wird aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e tiefe Rezession,<br />

wie etwa <strong>in</strong> den baltischen Staaten,<br />

nicht abgleiten. Kroatien leidet zurzeit unter<br />

der Krise, weil das Wachstumsmodell <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie auf Kapitalimport und weniger<br />

auf Sparen angelegt war. Während die<br />

Staatsverschuldung durch die umsichtige<br />

und stabilitätsorientierte Fiskalpolitik der<br />

Sanaderregierung eher rückläufig war, stieg<br />

die private Auslandsverschuldung rasant<br />

an. Neben der Verschuldung spielten bei<br />

der F<strong>in</strong>anzierung des Wachstums auch aus-<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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ländische Direkt<strong>in</strong>vestitionen e<strong>in</strong>e Rolle. Da<br />

diese F<strong>in</strong>anzquellen <strong>2009</strong> nicht mehr im<br />

alten Umfang zur Verfügung stehen, ist das<br />

bisherige Wachstumsmodell an se<strong>in</strong>e Grenzen<br />

gestoßen. Die strukturellen Schwächen<br />

kommen jetzt stärker zum Vorsche<strong>in</strong>. Die<br />

Handelsbilanzdefizite s<strong>in</strong>d kont<strong>in</strong>uierlich<br />

aufgrund des starken Inlandkonsums und<br />

der Kosten für Energie und Lebensmittelimporte<br />

gestiegen. Diese konnten durch die<br />

Exporte nicht abgefangen werden. Gemildert<br />

werden die Defizite durch Gastarbeiterüberweisungen<br />

besonders <strong>in</strong> Krisenzeiten<br />

und den Tourismus. Nach vorliegenden<br />

Prognosen muss das Tourismusgeschäft<br />

<strong>2009</strong> mit e<strong>in</strong>em Besucherrückgang von 2<br />

Prozent rechnen. In der Vergangenheit<br />

wurden die Defizite durch ausländische Direkt<strong>in</strong>vestitionen<br />

und ausländische Privatverschuldung<br />

abgefedert. Das ist <strong>2009</strong><br />

nicht mehr möglich. Die gesamte kroatische<br />

Auslandsverschuldung lag Ende 2008 bei<br />

rund 100 Prozent des Brutto<strong>in</strong>landsproduktes<br />

(BIP). E<strong>in</strong> Teil der Schulden muss <strong>2009</strong><br />

ref<strong>in</strong>anziert werden, was nur zu deutliche<br />

schlechteren Konditionen möglich ist. Der<br />

Anteil der kurzfristigen Schulden, die <strong>2009</strong><br />

ref<strong>in</strong>anziert werden müssen, ist besonders<br />

hoch. Erhöht wird das Risiko durch den hohen<br />

Anteil von Fremdwährungskrediten, die<br />

an den Eurowechselkurs gekoppelt s<strong>in</strong>d. Die<br />

vorherrschende Fremdwährung ist zwar der<br />

Euro, es werden aber auch 17,5 Prozent <strong>in</strong><br />

anderen Währungen ausgegeben. Die Banken<br />

geraten <strong>in</strong> Schwierigkeiten, wenn die<br />

Bevölkerung die Lokalwährungse<strong>in</strong>lage abhebt,<br />

um sie <strong>in</strong> Fremdwährung e<strong>in</strong>zutauschen.<br />

Die lokale Währung Kuna wurde gegenüber<br />

dem Euro bis September 2008<br />

noch leicht aufgewertet und ist <strong>in</strong>zwischen<br />

auf das Ausgangsniveau von Anfang 2008<br />

zurückgefallen. E<strong>in</strong>e starke Abwertung<br />

sche<strong>in</strong>t angesichts der hohen Devisenreserven<br />

des Landes eher unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Dass die Krise den F<strong>in</strong>anzsektor nicht stärker<br />

getroffen hat, ist dem Gouverneur der<br />

Kroatischen Nationalbank (HNB), Želko Rohat<strong>in</strong>ski,<br />

zuzuschreiben. Er hatte bereits<br />

Anfang 2007 unpopuläre Maßnahmen zur<br />

Dämpfung der sich überhitzenden Kreditausleihe<br />

e<strong>in</strong>geführt. So blieb Kroatien die<br />

harte Landung, wie etwa im Baltikum, erspart.<br />

Rohat<strong>in</strong>ski wurde 2008 <strong>in</strong> London als<br />

bester Gouverneur der Welt ausgezeichnet.<br />

Deutlich verr<strong>in</strong>gert wird das e<strong>in</strong>heimische<br />

Bankrisiko durch die starke Präsenz westlicher<br />

Banken. So zählt die österreichische<br />

Raiffeisen Zentralbank (RZB) zu den Top 4.<br />

Die österreichischen Banken haben <strong>in</strong> Kroatien<br />

Mitte 2008 e<strong>in</strong>en Marktanteil von 70<br />

Prozent erreichen können. Das Gew<strong>in</strong>nwachstum<br />

der österreichischen Banken basiert<br />

hauptsächlich auf den Gew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

Mittel- und Südosteuropa. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

haben österreichische Regierung<br />

und Zentralbank ke<strong>in</strong>e Zweifel gelassen,<br />

ihre für die Region so wichtigen Banken zu<br />

stützen. Derzeit wird e<strong>in</strong> Unterstützungspaket<br />

für die <strong>in</strong> Mittel- und Südosteuropa systembildenden<br />

„Mutterbanken“ durch die EU-<br />

Kommission und die Europäische Investitionsbank<br />

(EIB) vorbereitet. Die von 27 EU-<br />

Staaten getragene EIB ist m<strong>in</strong>destens mit<br />

24,5 Milliarden Euro beteiligt.<br />

Das Jahr <strong>2009</strong> wird für Kroatien e<strong>in</strong> schweres<br />

Jahr werden. Die Krise wird das Land<br />

zwar nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e tiefe Rezession führen.<br />

Sie zeigt jedoch die Strukturprobleme deutlich<br />

auf. Es wird daher zur privaten Konsume<strong>in</strong>schränkung<br />

und zu erheblichen<br />

strukturellen Anpassungsprozessen kommen.<br />

Darauf bereitet sich die Regierung<br />

vor. Ob Kroatien bereits 2010 se<strong>in</strong>en Aufholprozess<br />

fortsetzen kann, hängt vom<br />

Wachstumsprozess der EU und auch davon<br />

ab, ob die Regierung ihre Hausaufgaben<br />

erfüllt hat. Die Chancen s<strong>in</strong>d, wie der bisherige<br />

Umgang der Regierung und der Nationalbank<br />

zeigt, nicht schlecht.<br />

Engpässe <strong>in</strong> der Gasversorgung<br />

gab es auch <strong>in</strong> Kroatien. Die<br />

Nachbarländer waren stärker betroffen<br />

Der Gasstreit zwischen Russland und der<br />

Ukra<strong>in</strong>e erreichte am 06.01.<strong>2009</strong> <strong>in</strong> abgemilderter<br />

Form auch Kroatien. Von e<strong>in</strong>em<br />

Versorgungsnotstand war nicht die Rede,<br />

denn das Land bezieht nur 40 Prozent se<strong>in</strong>er<br />

Gasimporte aus Russland und versorgt<br />

sich zu 60 Prozent aus eigener Förderung.<br />

Mit 230 Millionen Raummeter Gas bestehen<br />

Speicherkapazitäten für 20 W<strong>in</strong>tertage. Die<br />

Hauptstadt Zagreb hat sogar Vorräte für 40<br />

Tage, Sisak für 50 und Osijek für 100 Tage.<br />

Die Regierung hatte dennoch vorsorglich<br />

angesichts der Lieferausfälle aus Russland<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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Jahrgang 9/02 K r o a t i s c h e s H a u s e. V. K ö l n<br />

am 07.01.<strong>2009</strong> e<strong>in</strong>e Krisensitzung anberaumt.<br />

Sie entschloss sich zur E<strong>in</strong>schränkung<br />

der Belieferung von Industriebetrieben.<br />

Betroffen war von dieser Maßnahme u.<br />

a. die bekannte Firma „Petrokemija“ aus<br />

Kut<strong>in</strong>a. Ihr stündlicher Verbrauch war von<br />

96.000 auf 16.000 Kubikmeter reduziert<br />

worden. Ke<strong>in</strong>e Engpässe hatten dagegen<br />

die Bürger zu befürchten. Die Regierung<br />

will für die Zukunft e<strong>in</strong>e bessere Vorsorge<br />

treffen und verstärkt russische Lieferausfälle<br />

durch algerisches Gas kompensieren. Die<br />

<strong>in</strong> dieser Richtung laufenden Regierungsgespräche<br />

sollen noch <strong>in</strong>tensiviert werden. Als<br />

weitere Maßnahme gilt der Rückgriff auf<br />

nationale Reserven und Wechsel auf andere<br />

Brennstoffe wie die Biomasse aus Holz. Der<br />

Vorsitzende der HEP (Kroatische Elektrowirtschaft)<br />

, Ivan Mravak, bemängelt, dass<br />

20 Prozent der gefällten Bäume <strong>in</strong> Kroatien<br />

nicht genutzt werden können. Bei vollständiger<br />

Nutzung könnte man nach se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />

sogar 10 Prozent der Energie ausführen.<br />

Das setzt erhebliche Investitionen voraus.<br />

Zu den Regierungsprioritäten zählen<br />

auch der baldige Ausbau der geplanten Pipel<strong>in</strong>e<br />

von Slobodnica bei Slavonski Brod<br />

zum ungarischen Varosfolda, die Anb<strong>in</strong>dung<br />

des kroatischen Konzerns INA an den ungarischen<br />

Erdgas- und Erdölkonzern MOL und<br />

e<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeit beider Länder<br />

zur Sicherung ihrer Energieversorgung.<br />

Schwerer betroffen waren von der Gaskrise<br />

die benachbarten Länder Serbien, Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a und Mazedonien, denn sie<br />

s<strong>in</strong>d vollständig vom russischen Gas abhängig<br />

und verfügen über ke<strong>in</strong>e Gasspeicher.<br />

Besonders Serbien hat zu sehr se<strong>in</strong>e Energiepolitik<br />

an Russland angebunden und<br />

wurde von „se<strong>in</strong>em großen Bruder“ völlig<br />

ignoriert. Moskau und Belgrad hatten vor<br />

e<strong>in</strong>em Jahr e<strong>in</strong>en Vertrag „Über die Zusammenarbeit<br />

im Bereich der Öl- und Gaswirtschaft“<br />

unterzeichnet. Aufmerksamkeit<br />

erregte vor allem der Teil des Vertrages,<br />

mit dem der Verkauf der staatlichen serbischen<br />

Erdölgesellschaft an Gasprom deutlich<br />

unter dem Marktwert lag. Das noch<br />

unter Koštunicas Regierungszeit e<strong>in</strong>gefädelte<br />

Abkommen wurde <strong>in</strong>offiziell als Serbiens<br />

Gegenleistung für Moskaus Widerstand gegen<br />

die Unabhängigkeit des Kosovos gewertet.<br />

Nach mehreren für viele Serben<br />

kalten Tagen kam durch Vermittlung des<br />

Staatspräsidenten Tadić Hilfe aus Ungarn<br />

und <strong>Deutschland</strong>. Haben die Bevölkerung<br />

und se<strong>in</strong>e Elite Lehren aus der jüngsten<br />

Krise gezogen? Die aktuelle Krise ist vorerst<br />

beendet. Dem russisch-ukra<strong>in</strong>ischen Gasstreit<br />

sei Dank, denn er hat der EU drastisch<br />

vor Augen geführt, wie sehr sie vom<br />

Wohlverhalten beider Länder abhängig ist.<br />

Das EU-Projekt Nabucco, das über die Türkei<br />

und Balkan Gas aus Zentralasien an<br />

Russland vorbei <strong>in</strong> die EU br<strong>in</strong>gt, hat auch<br />

e<strong>in</strong>e strategische Bedeutung für Kroatien.<br />

Das Projekt ist fast sieben Jahre alt. Auf der<br />

Konferenz <strong>in</strong> Budapest könnte jetzt der<br />

Durchbruch gel<strong>in</strong>gen. Die EU-Kommission<br />

stellt 200 Millionen Euro zur F<strong>in</strong>anzierung<br />

des Projektes <strong>in</strong> Aussicht. Die begünstigten<br />

EU-Länder werden sich an der F<strong>in</strong>anzierung<br />

mit beteiligen. Aserbaidschan gab zu verstehen,<br />

dass es nun doch Interesse hat, e<strong>in</strong><br />

Hauptlieferant zu werden. Der Kreml und<br />

se<strong>in</strong> (Macht-)Instrument Gasprom werden<br />

das Projekt nicht mehr länger beh<strong>in</strong>dern<br />

können.<br />

E<strong>in</strong> Hoher Repräsentant der<br />

Staatengeme<strong>in</strong>schaft <strong>in</strong> Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a geht, e<strong>in</strong> anderer<br />

kommt, und nichts ändert sich <strong>in</strong><br />

diesem fremdbestimmten Land<br />

Der bisherige bosnisch-herzegow<strong>in</strong>ische<br />

„Statthalter“, der Slowake Miroslav Lajčak,<br />

hat am 6. Februar d. J. se<strong>in</strong> Amt als Außenm<strong>in</strong>ister<br />

se<strong>in</strong>es Landes übernommen.<br />

Se<strong>in</strong> Nachfolger ist der österreichische Karrierediplomat<br />

und ausgezeichneter Kenner<br />

Südosteuropas Valent<strong>in</strong> Inzko.<br />

Lajčak wurde während se<strong>in</strong>er Amtszeit vor<br />

allem von bosniakischen Politikern beschuldigt,<br />

dem Serbenführer Dodig nicht genug<br />

Widerstand geleistet zu haben. Die Zurückhaltung<br />

war für Lajčak zw<strong>in</strong>gend, denn das<br />

Amt hat sich im Verlaufe der Jahre verbraucht.<br />

Schon lange wird <strong>in</strong> der EU darüber<br />

diskutiert, ob das mit großer Machtfülle<br />

ausgestattete Amt als Instrument zur<br />

Demokratisierung von Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a nicht längst ausgedient hat.<br />

Zudem kam Lajčak nach Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a zu e<strong>in</strong>er Zeit, wo die gesamte<br />

Aufmerksamkeit des Westens auf die Unabhängigkeit<br />

Kosovos und deren gefürchteten<br />

Nebenwirkungen auf Serbien gerichtet war.<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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Jahrgang 9/02 K r o a t i s c h e s H a u s e. V. K ö l n<br />

Ruhe war die erste Bürgerpflicht für Lajčak,<br />

auch um den Preis der Stagnation. Der Österreicher<br />

Valent<strong>in</strong> Inzko ist der neue, siebte<br />

Repräsentant für Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a.<br />

Inzko ist Slowene aus Kärnten. Er kennt<br />

neben Slowenisch und Deutsch auch jene<br />

Sprachen, die <strong>in</strong> Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a gesprochen<br />

werden. Der neue Repräsentant<br />

ist aus se<strong>in</strong>er jahrelangen diplomatischen<br />

Tätigkeit mit den Problemen des Landes<br />

bestens vertraut. Er wird sich aber so verhalten<br />

wie se<strong>in</strong>e Vorgänger. Der Repräsentantenwechsel<br />

erfolgt zum ungünstigsten<br />

Zeitpunkt. Die Debatte über e<strong>in</strong>e Verfassungsreform<br />

ist erneut gescheitert. Beim<br />

ersten Treffen der führenden Politiker von<br />

Serben, Kroaten und Bosniaken am<br />

08.11.2008 e<strong>in</strong>igte man sich auf e<strong>in</strong>en<br />

möglichen Reformansatz. Die kroatische<br />

Presse sprach schon von e<strong>in</strong>em Durchbruch.<br />

Leider s<strong>in</strong>d die angeblichen „Durchbrüche“<br />

wie so oft <strong>in</strong> sich zusammen gebrochen.<br />

Nach dem Scheitern e<strong>in</strong>es weiteren<br />

Gesprächs über die Verfassungsreform am<br />

21.02.<strong>2009</strong> hat der Serbenführer Dodig mit<br />

der Blockade des Staates gedroht. „Ich<br />

glaube nicht mehr an Bosnien“, zitierten die<br />

Zeitungen am 22.02.<strong>2009</strong> <strong>in</strong> Sarajevo se<strong>in</strong>e<br />

Aussage. Er hatte das Treffen schon nach<br />

e<strong>in</strong>er halben Stunde verlassen, weil se<strong>in</strong>e<br />

Bed<strong>in</strong>gungen zurück gewiesen wurden. In<br />

dieser verworrenen Situation will Bosnien<br />

der EU bis zum Ende des Halbjahres den<br />

förmlichen Beitrittsantrag e<strong>in</strong>reichen. Die<br />

<strong>in</strong>nere Zerrissenheit des Dreivölkerstaates<br />

ist offensichtlich und deshalb kommt der<br />

Antrag zur Unzeit. Dodig lässt <strong>in</strong> jüngster<br />

Zeit ke<strong>in</strong>e Gelegenheit aus, den Gesamtstaat<br />

zu schädigen. Er braucht nicht zu<br />

fürchten, dass der <strong>in</strong>ternationale Aufpasser<br />

– Hoher Repräsentant genannt – von se<strong>in</strong>en<br />

„Bonner Befugnissen“ Gebrauch macht<br />

und ihn als unbotmäßigen Politiker entlassen<br />

wird. Auch f<strong>in</strong>det Dodig Rückendeckung<br />

<strong>in</strong> Belgrad. Die serbischen Spitzenpolitiker<br />

arbeiten nach Auffassung des Wiener Instituts<br />

für <strong>in</strong>ternationale Wirtschaftsvergleiche<br />

(W<strong>II</strong>W) auf Zeit und wollen entgegen allen<br />

Lippenbekenntnissen nicht <strong>in</strong> die EU. „Die<br />

serbische Elite fühlt sich angenehmer außerhalb<br />

der EU als auf dem Weg zu ihr.<br />

Alles andere ist Demagogie.“, sagte der<br />

angesehene Wirtschaftsexperte für Balkanländer,<br />

Vladimir Gligorov, der Belgrader<br />

Zeitung „Blic“. E<strong>in</strong>e Ausnahme hiervon machen<br />

die Vertreter der Liberaldemokratischen<br />

Partei des ehemaligen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />

Jovanović, die aber e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen<br />

E<strong>in</strong>fluss auf die serbische Gesamtpolitik<br />

haben. Das kroatische Volk <strong>in</strong> Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a wird immer mehr zwischen<br />

den serbischen und bosniakischen Blöcken<br />

zerrieben. Ihre Zahl schw<strong>in</strong>det. Nur noch<br />

460.000 katholische Kroaten leben dort, vor<br />

dem Krieg (1995) waren es 820.000. E<strong>in</strong><br />

noch schlimmerer Bevölkerungsverlust ist<br />

der <strong>in</strong> der Republika Srpska (RS) zu verzeichnen.<br />

Vor dem Krieg lebten dort<br />

220.000, jetzt nur noch 13.000 kroatische<br />

Katholiken. Mit e<strong>in</strong>er systematischen Beh<strong>in</strong>derung<br />

der Rückkehr der Vertriebenen<br />

wurde die ausschließlich serbische Bevölkerungsstruktur<br />

bewahrt. „Es war e<strong>in</strong>e von<br />

oben angeordnete, gründliche und rücksichtslose<br />

Ausrottung der katholischen Kirche.“,<br />

sagte Franjo Komarica, Bischof von<br />

Banja Luka (SR), am 14.02.<strong>2009</strong> dem<br />

Spiegelreporter. Komaricas Glaubensgeme<strong>in</strong>de<br />

liegt im Herzen der Republika<br />

Srpska, der serbischen Entität mit der Ambition<br />

e<strong>in</strong>es eigenen Staates. Die katholischen<br />

Würdenträger beklagen das Des<strong>in</strong>teresse<br />

Zagrebs an der Situation der katholischen<br />

Kirche <strong>in</strong> Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a. Die<br />

kroatische Regierung muss sich stärker<br />

politisch und wirtschaftlich <strong>in</strong> Bosnien-<br />

Herzegow<strong>in</strong>a engagieren, will sie den Exodus<br />

der dort lebenden Kroaten verh<strong>in</strong>dern.<br />

Kommunistische Verbrechen<br />

kommen verstärkt zum Vorsche<strong>in</strong><br />

Bei der Öffnung e<strong>in</strong>es verlassenen und<br />

versiegelten Bergwerks nahe der slowenischen<br />

Stadt Celje Mitte März wurden mehrere<br />

hundert Skelette, teilweise mit Draht<br />

gebunden, entdeckt. Es ist e<strong>in</strong>es von 600<br />

noch nicht erforschten Massengräbern alle<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Slowenien, <strong>in</strong> dem sich die Überreste von<br />

vorwiegend kroatischen Kriegsgefangenen<br />

und Zivilisten bef<strong>in</strong>den. Diese Menschen<br />

s<strong>in</strong>d im Mai 1945 von den Briten im österreichischen<br />

Bleiburg an die jugoslawische<br />

kommunistische Armee ausgeliefert und<br />

unterwegs systematisch ermordet worden.<br />

Die Opfer fand man größtenteils unbeklei-<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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det, darunter viele Frauen und K<strong>in</strong>der. Die<br />

Exekutionen wurden brutal und ohne rechtliche<br />

Grundlage durchgeführt. Die größten<br />

bisher geöffneten Massengräber bef<strong>in</strong>den<br />

sich <strong>in</strong> Slowenien <strong>in</strong> Tezno bei Maribor sowie<br />

<strong>in</strong> Kočevski rog, weitere gibt es <strong>in</strong> Kroatien.<br />

Die endgültige Zahl der Ermordeten<br />

steht weiterh<strong>in</strong> nicht fest, da viele solcher<br />

Richtstätten noch nicht geöffnet worden<br />

s<strong>in</strong>d. Man geht jedoch von e<strong>in</strong>igen hunderttausend<br />

Opfern aus. Über diese Tatsachen<br />

wurde im kommunistischen Jugoslawien e<strong>in</strong><br />

„Schleier des Schweigens“ gebreitet, und<br />

wer darüber sprach, wurde strafrechtlich<br />

verfolgt. Alle<strong>in</strong> aus Kreisen der kroatischen<br />

Emigration, sozusagen von Überlebenden<br />

von Bleiburg, stammen e<strong>in</strong>ige Bücher, die<br />

auch <strong>in</strong> Spanisch und Englisch über diese<br />

Massenmorde berichten. Solche Schriften<br />

über das „kroatische Super-Katyn“, wie<br />

man es nannte, waren <strong>in</strong> Jugoslawien<br />

streng verboten. Im westlichen Ausland<br />

fanden diese Dokumente wenig Beachtung,<br />

Offenbar erlag man der jugoslawischen<br />

Propaganda, die von e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Anzahl<br />

Toter sprach, die <strong>in</strong> Kämpfen nach dem<br />

Krieg gefallen seien. Heute stellt Kroatien<br />

sich der Frage nach den Verantwortlichen<br />

für die Massenmorde. Nach Me<strong>in</strong>ung des<br />

führenden jugoslawischen Politikers und<br />

späteren Dissidenten Milovan Djilas<br />

„mussten diese Kroaten sterben, um Jugoslawien<br />

am Leben zu erhalten“. Dies<br />

würde dem Tatbestand des Völkermordes<br />

gleichkommen. Wie schon die jugoslawischen<br />

Kommunisten s<strong>in</strong>d auch ihre heutigen<br />

Sympathisanten nach wie vor bemüht,<br />

den Oberbefehlshaber der Jugoslawischen<br />

Armee, Marschall Tito, von se<strong>in</strong>er Verantwortung<br />

für diesen Genozid freizusprechen<br />

mit der Begründung, er habe davon nichts<br />

gewusst. Es gibt jedoch genügend Nachweise<br />

von mündlichen und schriftlichen Befehlen,<br />

<strong>in</strong> denen Tito über die „Vernichtung<br />

der Fe<strong>in</strong>de“ sprach, obwohl der Krieg beendet<br />

war, und er zu spät weitere Exekutionen<br />

verbot mit der zynischen Begründung,<br />

dass „die Menschen ke<strong>in</strong>e Angst mehr vor<br />

dem Tod haben“. Als das Kommando<br />

schließlich erg<strong>in</strong>g, gab es bereits hunderttausende<br />

Tote. Unlängst beschuldigte der<br />

Präsident der slowenischen Antifaschistenvere<strong>in</strong>igung,<br />

Janez Stanovnik, Tito als den<br />

Hauptverantwortlichen für die Massaker an<br />

den Kriegsgefangenen und Zivilisten nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg. Die postkommunistischen<br />

Sozialdemokraten <strong>in</strong> der kroatischen<br />

Hauptstadt wiederum wehren sich<br />

dagegen, den Namen Titos vom schönsten<br />

Platz <strong>in</strong> Zagreb zu entfernen. Auch im übrigen<br />

Kroatien, besonders <strong>in</strong> Istrien, tragen<br />

noch viele Straßen und Plätze den Namen<br />

des Massenmörders mit dem Verweis auf<br />

se<strong>in</strong>e antifaschistische Haltung und se<strong>in</strong>e<br />

Verdienste für die Befreiung des Landes.<br />

Dass dieser Weg mit Leichen gepflastert<br />

war, übersehen die Befürworter dabei. Im<br />

Übrigen verstößt diese Praxis auch gegen<br />

die Resolution des Europaparlaments gegen<br />

den Kommunismus, die für die l<strong>in</strong>ken Politiker<br />

<strong>in</strong> Kroatien nicht zu gelten sche<strong>in</strong>t.<br />

Kroatische Bücher noch immer<br />

gefragt<br />

Die allgeme<strong>in</strong>e Wirtschaftskrise sche<strong>in</strong>t die<br />

Buchproduktion <strong>in</strong> Kroatien noch nicht erfasst<br />

zu haben. Der Buchverkauf ist zufrieden<br />

stellend, gespart wird offenbar an anderer<br />

Stelle. Dennoch bemängeln die Kulturkritiker<br />

das Fehlen der Literaturkritik <strong>in</strong><br />

den Medien, die das ökonomische Ergebnis<br />

noch steigern könnte. Kroatiens Druckmedien<br />

s<strong>in</strong>d mehr oder weniger <strong>in</strong> den Sog des<br />

Sensationalismus geraten und bieten wenig<br />

Raum für gründlichere Beiträge zu den<br />

verschiedenen Kulturbereichen.<br />

Wegen relativer Erfolge e<strong>in</strong>iger kroatischer<br />

Schriftsteller im Ausland wurde Kroatien vor<br />

e<strong>in</strong>em Jahr zum Schwerpunktland auf der<br />

Leipziger Buchmesse gewählt. In diesem<br />

Jahr waren <strong>in</strong> Leipzig zwar mehr Bücher als<br />

im Vorjahr vertreten. Das literarische „ Gewicht“<br />

der angereisten Autoren entsprach<br />

<strong>in</strong>des nicht ihrer Bedeutung <strong>in</strong> Kroatien.<br />

Die Auswahl traf e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>ksorientierter Verleger,<br />

dessen Kriterien eher ideologischer als<br />

literarischer Art waren. Als Gegenveranstaltung<br />

wurde e<strong>in</strong> Netzwerk namens „Traduki“<br />

vorgestellt mit Autoren aus allen Balkanländern<br />

und der näheren Umgebung,<br />

obwohl die Kroaten es ablehnen, von der<br />

Spezies „homo balcanicus“ vere<strong>in</strong>nahmt zu<br />

werden. Trotz dieser politischgeografischen<br />

Verwirrung war „Traduki“<br />

literarisch <strong>in</strong>teressanter als der ideologisch<br />

belastete offizielle Stand Kroatiens, der<br />

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aber dennoch von dem konservativen kroatischen<br />

Kulturm<strong>in</strong>ister Biškupić „abgesegnet“<br />

wurde. Das zeugt von e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Normalität <strong>in</strong> dem ansonsten stark politisierten<br />

kroatischen Kulturleben. So melden<br />

sich e<strong>in</strong>ige ewig Gestrigen aus jugoslawischen<br />

Zeiten immer wieder zu Wort. Unlängst<br />

hatte der älteste kroatische Kulturverband<br />

„Matica hrvatska“ ihr Blatt „Vijenac“<br />

e<strong>in</strong>em konservativen Chefredakteur<br />

anvertraut, was unter den l<strong>in</strong>ken Kommentatoren<br />

e<strong>in</strong>en mittleren polemischen Tsunami<br />

auslöste. Sie erhoben die höchst bedenkliche<br />

Forderung, allen altehrwürdigen<br />

Institutionen, wie der Kroatischen Akademie<br />

der Wissenschaft und Künste, der Lexikografischen<br />

Anstalt sowie mehreren historiografischen<br />

Instituten „e<strong>in</strong>en Tritt <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tern“ zu geben, mit anderen Worten,<br />

diese abzuschaffen. E<strong>in</strong> Soziologe nannte<br />

diesen Vorschlag ironisch e<strong>in</strong>en „liberalen<br />

Nazismus“. Gleichzeitig gab die genannte<br />

Akademie das Ersche<strong>in</strong>en der 500. Ausgabe<br />

ihrer hoch angesehenen wissenschaftlichen<br />

Zeitschrift „Radovi“ bekannt. Auch<br />

andere angegriffene Institutionen arbeiten<br />

erfolgreich im Dienste der kroatischen Kultur.<br />

Die polemische Unkultur f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong><br />

den sensationsgierigen kroatischen Blättern<br />

leider zu oft. Demgegenüber gedeiht das<br />

kroatische Musikleben hervorragend. In<br />

Split wurde die Oper „Judith“ des vor kurzem<br />

verstorbenen Komponisten Frane Parač<br />

wieder aufgeführt. Das wäre nicht außergewöhnlich,<br />

hätte dieses Werk nicht das<br />

Poem von Marko Marulić, des Vaters der<br />

kroatischen Literatur aus dem 15. Jahrhundert,<br />

mit e<strong>in</strong>em biblischen Thema zum Inhalt.<br />

Die musikalisch gänzlich zeitgenössische<br />

Oper wird vom Publikum ähnlich enthusiastisch<br />

aufgenommen wie die Ikone<br />

der kroatischen Opernliteratur, der auch <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> bekannte „Ero der Schelm“<br />

von Jakov Gotovac. In der Hauptstadt<br />

feierten die weltbekannten „Zagreber Solisten“<br />

ihr 90. Jubiläum. Obwohl sie erst vor<br />

zwei Jahren ihre eigenen Räume bezogen,<br />

feierten sie <strong>in</strong> Kroatien und weltweit große<br />

Erfolge. Das Ensemble wurde von dem aus<br />

Köln stammenden Architekten Hermann<br />

Bolle gegründet, der <strong>in</strong> Zagreb mehrere<br />

bedeutende Gebäude gebaut hat, wie den<br />

Dom und die Arkaden des Zentralfriedhofs.<br />

Der bekannte kroatische Designer Boris<br />

Ljubičić erhielt e<strong>in</strong>e Auszeichnung des ch<strong>in</strong>esischen<br />

Instituts Art Design für se<strong>in</strong>e<br />

außerordentlichen Werke. Der Künstler<br />

wählte den Quader aus dem kroatischen<br />

Wappen sowie den Kreis als Symbol des<br />

Ostens als Hauptmotive für se<strong>in</strong> künstlerisches<br />

Schaffen und wurde damit <strong>in</strong> Fachkreisen<br />

als e<strong>in</strong>er der besten se<strong>in</strong>es Fachs<br />

anerkannt. Ivan ðikić, Professor an der<br />

Goethe-Universität <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>,<br />

wurde Direktor von zwei Instituten für Biochemie<br />

an dieser Hochschule. Se<strong>in</strong>e Arbeiten<br />

über Tumore f<strong>in</strong>den große Aufmerksamkeit<br />

<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Kreisen weltweit.<br />

In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern<br />

aus Norwegen, Israel und Japan entdeckte<br />

ðikić, dass gewisse Zellen im<br />

Körpergewebe die Fähigkeit besitzen, die<br />

Ursache für e<strong>in</strong>ige schwere Krankheiten,<br />

wie Park<strong>in</strong>son und Alzheimer, zu<br />

elim<strong>in</strong>ieren. ðikić arbeitet an der Vernetzung<br />

der kroatischen Wissenschaftler mit<br />

Kollegen <strong>in</strong> aller Welt. Er hält auch Vorträge<br />

an der Universität von Split.<br />

Kroaten wollen nicht Ex-<br />

Jugoslawen genannt werden<br />

In neuesten Untersuchungen zur Integration<br />

von Ausländern <strong>in</strong> der Bundesrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> werden Bürger des seit fast<br />

zwei Jahrzehnten nicht mehr existierenden<br />

Jugoslawien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Sammelbegriff zusammengefasst,<br />

obwohl dafür weder e<strong>in</strong>e<br />

statistische noch politische Notwendigkeit<br />

besteht. Zu groß s<strong>in</strong>d die Unterschiede <strong>in</strong><br />

fast jedem Bezug zwischen beispielsweise<br />

den Kosovo-Albanern e<strong>in</strong>erseits und Slowenen<br />

andererseits. Die wissenschaftlich unbegründete<br />

statistische Vermischung der<br />

verschiedenen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> lebenden<br />

Volksgruppen aus dem früheren Jugoslawien<br />

hat bei den hier lebenden Kroaten<br />

berechtigten Unmut hervorgerufen. Auch<br />

deutsche Wissenschaftler bemängeln diese<br />

Gruppenvermischung, zumal die Kroaten <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> <strong>in</strong> vielen Bereichen der Integration<br />

besser abschneiden als andere Nationalitäten.<br />

Seit Jahren weisen deutsche<br />

Autoren auf die verfälschende Zusammenlegung<br />

e<strong>in</strong>zelner Migrantengruppen h<strong>in</strong>.<br />

Das gilt besonders auf dem Bildungssektor.<br />

So schreiben die Autoren Hunger und<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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Thränhardt bereits 2004: „Die PISA-Studie<br />

fasst griechische und italienische K<strong>in</strong>der<br />

zusammen, zwei Gruppen, die nach amtlicher<br />

Statistik sehr positive bzw. sehr negative<br />

Ergebnisse erreichen …Entsprechend<br />

verwischen sich auch die Diskrepanzen <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Gruppen aus den Nachfolgestaaten<br />

Jugoslawiens, wenn man sie als<br />

Block behandelt. Kroatische und slowenische<br />

Schüler schneiden nämlich hervorragend<br />

ab, während Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong>der aus<br />

Serbien und dem Kosovo große Probleme<br />

haben…“ Im Schuljahr 1996/1997 schnitten<br />

kroatische Schüler auf Sonderschulen und<br />

Gymnasien besser ab als ihre deutschen<br />

Mitschüler, während die „gesamtjugoslawischen“<br />

Schüler den letzten Rang<br />

belegten. Die kroatischen Migranten <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong> haben sich, was Bildung und<br />

Sprachkenntnisse betrifft, sehr gut <strong>in</strong>tegriert.<br />

Unterstützend wirkten bei ihnen die<br />

Zugehörigkeit zur geme<strong>in</strong>samen Kultur und<br />

Religion sowie die stärkere Ausrichtung<br />

nach Europa als bei Menschen aus den<br />

Nachbarländern des Balkans, lautet die<br />

Beurteilung deutscher Soziologen. Als der<br />

„Spiegel“ (26.01.<strong>2009</strong>) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beitrag<br />

über die Schwierigkeiten von E<strong>in</strong>wanderern<br />

wiederum die Migranten aus dem früheren<br />

Jugoslawien pauschal benannte, schrieb<br />

Mijo Marić, der Präsident des Kroatischen<br />

<strong>Weltkongress</strong>es <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, folgendes<br />

an das Hamburger Blatt: „E<strong>in</strong>ige Studien<br />

zeigen…, dass die Kroaten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

zu den am besten <strong>in</strong>tegrierten Gastarbeiternationen<br />

gehören (höchste Abiturquote,<br />

sehr gute Deutsch-Kenntnisse, unsichtbar<br />

<strong>in</strong> der Krim<strong>in</strong>alstatistik, enge Verbundenheit<br />

mit der deutschen Kultur, verhältnismäßig<br />

hohe Rate von Eheschließungen mit Deutschen<br />

usw.)“ Mit e<strong>in</strong>em Wort: Die Kroaten<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> möchten nicht mehr als Ex-<br />

Jugoslawen bezeichnet werden, vielmehr<br />

sollte jede der Nationen des seit langem<br />

nicht mehr bestehenden Vielvölkerstaates<br />

mit ihrem richtigen Namen genannt werden.<br />

Impressum<br />

Herausgeber :<br />

Kroatisches Haus Köln e.V.<br />

Am R<strong>in</strong>kenpfuhl 10<br />

D 50676 Köln<br />

Tel.: 0221 24 28 16<br />

Fax : 0221 24 01 527<br />

email :<br />

kroatischeshaus@web.de<br />

Mitglied des Kroatischen<br />

<strong>Weltkongress</strong>es <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Redaktion : Gojko Boric,<br />

Karl Müller<br />

Satz : Gordan Welkowitsch,<br />

Veljac Welkowitsch,<br />

Stjepan Cvitkovic<br />

*****<br />

Aktuelle Analyse der politischen und wirtschaftlichen Lage Kroatiens von 01.01.- 31.03.<strong>2009</strong><br />

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