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„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 1<br />

<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong><br />

Vortrag <strong>und</strong> Diskussionsabend zum Thema<br />

„Arbeit <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit“<br />

Akademie Frankenwarte<br />

am 16. September 2011


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 2<br />

Inhalt:<br />

1. Einleitung<br />

2. Der Begriff „Arbeit“<br />

3. Erwerbsarbeit im Wandel der Geschichte<br />

4. Formen, Entstehung von Arbeitslosigkeit<br />

5. Auswirkungen von Arbeitslosigkeit<br />

7. Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit<br />

7. Zukunft der Erwerbsarbeit<br />

8. Fazit


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 3<br />

Einleitung<br />

„Arbeit nicht nur die Quelle allen Reichtums, sie ist auch die Gr<strong>und</strong>bedingung allen<br />

menschlichen Lebens, hat gewissermaßen erst den Menschen erschaffen“<br />

(Friedrich Engels, 1962, S. 444f).<br />

„Die Neuzeit hat im siebzehnten Jahrh<strong>und</strong>ert damit begonnen, theoretisch die<br />

Arbeit zu verherrlichen <strong>und</strong> sie hat zu Beginn unseres Jahrh<strong>und</strong>erts damit geendet<br />

die Gesellschaft im Ganzen in eine Arbeitsgesellschaft zu verwandeln. Die Erfüllung<br />

des uralten Traums trifft wie in der Erfüllung von Märchenwünschen auf<br />

eine Konstellation, in der sich der erträumte Segen als Fluch auswirkt. Denn es ist<br />

ja eine Arbeitsgesellschaft, die von ihren Fesseln befreit werden soll, <strong>und</strong> diese<br />

Gesellschaft kennt kaum noch vom Hörensagen die höheren <strong>und</strong> sinnvolleren Tätigkeiten<br />

um deretwillen die Befreiung sich lohnen würde<strong>…</strong>.. Was uns bevorsteht<br />

ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also<br />

die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller<br />

sein?“ (Arendt, 19630, S 33 f).<br />

Wir leben in einer Gesellschaft, die sich nahezu ausschließlich über Erwerbsarbeit<br />

definiert. „Erwerbsarbeit <strong>und</strong> das <strong>du</strong>rch sie erzielte Einkommen spielen eine zentrale<br />

Rolle für das materielle Wohlergehen, das Selbstverständnis, die Lebenschancen,<br />

die Anerkennung <strong>und</strong> die gesellschaftliche Einbin<strong>du</strong>ng der meisten Indivi<strong>du</strong>en“<br />

(Kocka, 2000, S.9). Dies ist nicht immer so gewesen, sondern das Ergebnis<br />

einer langen Entwicklung, die möglicherweise noch nicht abgeschlossen ist.<br />

Arbeit sicherte immer schon die Repro<strong>du</strong>ktion des menschlichen Lebens <strong>und</strong> hat<br />

einen maßgeblichen Einfluss auf die sozialen, ökonomischen <strong>und</strong> geistigen Lebensbedingungen<br />

der die Arbeit verrichtenden Menschen, doch unterlagen die<br />

Bedingungen unter denen Arbeit verrichtet wurde <strong>und</strong> der Stellenwert den Arbeit<br />

für eine Gesellschaft einnahm einem steten Wandel. War im antiken Griechenland<br />

die körperliche Arbeit nachgerade verpönt, so gilt Erwerbsarbeit heute nicht nur<br />

als das alleinige Mittel zur Existenz-, sondern auch zur Statussicherung. Technische<br />

Entwicklung, stete Ausweitung des Handels, Veränderung der Pro<strong>du</strong>ktions-


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 4<br />

bedingungen, Entstehung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, Globalisierung<br />

haben der Erwerbsarbeit über Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg den Stellenwert zukommen<br />

lassen, den sie heute besitzt. Und natürlich war eine Veränderung der Arbeitsbedingungen<br />

immer mit einer Veränderung der sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Bedingungen<br />

der gesamten Gesellschaft verb<strong>und</strong>en. Vom Goethes „Komm nun aber<br />

<strong>und</strong> genieße/ denn die Sonne scheinet bald“ über „Müßiggang ist aller Laster Anfang“<br />

zu „Geiz ist geil!“ spannt sich der Bogen der die jeweiligen Gr<strong>und</strong>haltungen<br />

ausdrückt. Seit Beginn der sogenannten in<strong>du</strong>striellen Revolution, vor allem aber<br />

seit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde abhängige Beschäftigung in<br />

Form von Lohnarbeit, gestützt von einem sozialen Sicherungssystem (soziale<br />

Marktwirtschaft), zu dem unser Dasein bestimmenden Faktor. Als gesellschaftliche<br />

Norm wird seither das so genannte „Normalarbeitsverhältnis“ betrachtet.<br />

(http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download /gutachten/ga08ana.pdf)<br />

Materielle Sicherung der Existenz, sozialer Status, physische <strong>und</strong> psychische Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Struktur des Daseins, gesellschaftliche Integration, Kommunikation:<br />

Erwerbstätigkeit <strong>du</strong>rchdringt unser Leben umfassend. Die ökonomische <strong>und</strong> soziale<br />

Situation der Menschen kann nicht losgelöst von den Arbeitsverhältnissen<br />

betrachtet werden. Ein sicherer Arbeitsplatz war viele Jahre lang die Basis für ein<br />

gesichertes Leben. Seit Mitte der 70er Jahre jedoch beginnt dieses „Normalarbeitsverhältnis“<br />

zu erodieren. Atypische <strong>und</strong> prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

nehmen stetig zu (Dörre, 2006, S.7 - 14). Für immer mehr Menschen, vor allem<br />

für Personen die aus Sicht des Arbeitsmarktes so genannte „Handlungsbedarfe“<br />

oder Hemmnisse (hierzu werden unter anderem gerechnet: ges<strong>und</strong>heitliche Einschränkungen,<br />

geringe Bil<strong>du</strong>ng, Migration, Erziehung von Kindern, Alter, etc.) mit<br />

sich führen wird es zunehmend schwerer, überhaupt eine Existenz sichernde Beschäftigung<br />

zu finden. Umso verheerender wirkt sich der Verlust des Arbeitsplatzes,<br />

der Verlust der Identität stiftenden Beschäftigung aus. Ebenso verheerend<br />

wirkt das Wissen darum, vermutlich nie (mehr) einen Ausbil<strong>du</strong>ngs- oder Arbeitsplatz<br />

erlangen zu können auf die Lebenssituation der Betroffenen. Bis zu 13% der<br />

Erwerbsbevölkerung waren von Arbeitslosigkeit betroffen. Diese Zahl der Arbeitslosen<br />

hält sich seit den 70er Jahren auf einem hohen Niveau, Soziologen sprechen<br />

von „Überflüssigen“ (Bude, 1998), von Menschen, die in der Gesellschaft<br />

nicht länger benötigt werden. „Sobald keine Verwertungsinteressen mehr an


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 5<br />

einer Person, die lediglich als Arbeitskraft definiert wird, bestehen, wird sie eingetauscht,<br />

weitere Sorge gebührt ihr nicht <strong>und</strong> es lohnt sich weder volks- noch betriebswirtschaftlich,<br />

solange nur genügend Nachschub zur Verfügung steht“ (Oswald,<br />

2008). Befindet sich der Wohlfahrtsstaat in der Krise <strong>und</strong> sind seine „utopischen<br />

Energien erschöpft“? (Habermas, 1985).<br />

In dieser Abhandlung soll es darum gehen aufzuzeigen, wie sich Arbeitslosigkeit<br />

gesellschaftlich <strong>und</strong> indivi<strong>du</strong>ell auswirkt. Wie sie entsteht <strong>und</strong> wie mit arbeitsmarktpolitischen<br />

<strong>und</strong> beschäftigungspolitischen Mitteln versucht wird, Arbeitslosigkeit<br />

zu verhindern oder zumindest zu verringern.<br />

Zum Einstieg möchte ich den Begriff Arbeit aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten<br />

<strong>und</strong> klären, was mit dem Begriff „Arbeit“ im common sense überhaupt<br />

gemeint ist. Anschließend soll die Entwicklung der Erwerbsarbeit von der Antike<br />

bis zu postmodernen, postin<strong>du</strong>striellen Gesellschaften nachgezeichnet werden,<br />

begleitet von der Frage, wie die ungeheure Bedeutung die Erwerbsarbeit in der<br />

heutigen Zeit hat, entstanden ist. Im Anschluss daran versuche ich die gesellschaftlichen<br />

wie indivi<strong>du</strong>ellen Folgen von fehlender Arbeit, also von Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> mögliche politische Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit aufzuzeigen. Dem<br />

folgt die Darstellung der wichtigsten sozialstaatlichen Sicherungssysteme sowie,<br />

exemplarisch am Arbeitslosengeld II (Hartz IV) die Höhe der gewährten Leistungen.<br />

Am Ende meines Vortrages stelle ich die aktuell diskutierten Alternativen zu<br />

der heutigen Form von Erwerbsarbeit vor. Wie kann der Arbeitsplatz der Zukunft<br />

aussehen? Können ein bedingungsloses Gr<strong>und</strong>einkommen, eine Re<strong>du</strong>ktion der<br />

Arbeitszeit, Mischmodelle aus Ehrenamt, Repro<strong>du</strong>ktionsarbeit <strong>und</strong> Erwerbsarbeit<br />

die Krise der Arbeit lösen?


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 6<br />

1. Begriff: Arbeit<br />

Ich möchte zu Beginn an Hand von einigen Beispielen zeigen, dass unter Arbeit<br />

nicht zwangsläufig „Erwerbsarbeit“ verstanden werden muss, sondern dass der<br />

Begriff „Arbeit“ die unterschiedlichsten Bedeutungen einnehmen kann, je nachdem<br />

welche Profession den Begriff benutzt. Es geht mir dabei darum, einerseits<br />

die Vielfalt der Aspekte unter denen man „Arbeit“ betrachten kann aufzuzeigen<br />

<strong>und</strong> andererseits eine Bedeutung für die Zwecke des heutigen Abends vorzuschlagen,<br />

um ein einheitliches Verständnis des Begriffes zu gewährleisten.<br />

1.1. physikalisch<br />

Physikalisch ist Arbeit definiert als „Kraft mal Weg“. Die dazu gehörende Formel<br />

lautet unspektakulär: „w = F*s“.<br />

Gemeint ist die Auswirkung einer konstanten Kraft auf einen Körper, die diesen<br />

auf einer geraden Strecke vom Punkt A zum Punkt B bringt. Es handelt sich hier<br />

um eine rein mechanische Angelegenheit<br />

(http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_(Physik)<br />

1.2. betriebswirtschaftlich<br />

Ein Unternehmen benötigt um ein Pro<strong>du</strong>kt herzustellen verschiedene Faktoren,<br />

die so genannten Pro<strong>du</strong>ktionsfaktoren. Hierzu zählen: Werkstoffe, Betriebsmittel<br />

<strong>und</strong> (menschliche) Arbeit. Aus der Sicht der Betriebswirtschaft wird Arbeit also als<br />

Pro<strong>du</strong>ktionsfaktor betrachtet <strong>und</strong> damit definiert als „Kosten für das Unternehmen“.<br />

Arbeit muss demzufolge möglichst Kosten-günstig sein ist es doch das Ziel<br />

des Unternehmers möglichst viel Gewinn erwirtschaften. Eine Unterschei<strong>du</strong>ng<br />

wird noch getroffen in so genannte „energetische“ (körperliche) <strong>und</strong> in informatorische<br />

(geistige) Arbeit bzw. in operative <strong>und</strong> dispositive Arbeit (ausführende <strong>und</strong><br />

leitende)


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 7<br />

1.3. volkswirtschaftlich<br />

In der Volkswirtschaftslehre wird Arbeit ebenfalls als Pro<strong>du</strong>ktionsfaktor (Boden,<br />

Kapital, Arbeit) bezeichnet, Arbeit meint hier die jeweilige Arbeitskraft, diese stellt<br />

eine Ware auf dem (Arbeits-)Markt dar. Im volkswirtschaftlichen steht, im<br />

Gegensatz zum betriebswirtschaftlichen Verständnis, jedoch der Aspekt der Einkommenserzielung<br />

mittels der Arbeitskraft im Vordergr<strong>und</strong>. Arbeit ist hier jede<br />

Tätigkeit, die mit der Erzielung von Einkommen verb<strong>und</strong>en ist sie wird definiert<br />

als: "jede menschliche Tätigkeit gegen Entgelt, die wirtschaftliches Handeln plant,<br />

gestaltet <strong>und</strong> ausführt. Sie ist in der Güterpro<strong>du</strong>ktion ein Faktor, der üblicherweise<br />

in Kombination mit anderen Faktoren eingesetzt wird, sie verbindet die Pro<strong>du</strong>ktionsfaktoren<br />

miteinander. Da Arbeit eine menschliche Lebensäußerung ist,<br />

nimmt sie in der Wirtschaft eine besondere Stellung ein." Das bedeutet auch: Aspekte<br />

repro<strong>du</strong>ktiver, ehrenamtlicher, kultureller Arbeit werden bei dieser Sichtweise<br />

nicht berücksichtigt. Arbeit ist, im Gegensatz zu den anderen Pro<strong>du</strong>ktionsfaktoren<br />

Boden <strong>und</strong> Kapital nicht vom Menschen trennbar.<br />

1.4. philosophisch<br />

Aus philosophischer Sicht weist der Begriff „Arbeit“ sehr viel mehr Facetten auf.<br />

Im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte hat sich die Philosophie ständig mit der Frage danach,<br />

was man denn nun unter Arbeit zu verstehen habe, wie Arbeit ausgestaltet<br />

sein soll, wie sie sich auf den Menschen <strong>und</strong> dessen Lebensverhältnisse auswirkt<br />

beschäftigt <strong>und</strong> kam zu <strong>du</strong>rchaus unterschiedlichen Ergebnissen.<br />

Plato sah als Arbeit die „bewusste schöpferische Auseinandersetzung des Menschen<br />

mit Natur <strong>und</strong> Gesellschaft“ an.<br />

Aristoteles betrachtete alles „Tun oder Bewirken“ als Arbeit. Die Voraussetzung<br />

etwas bewirken zu können war für ihn jedoch Freiheit von alltäglichen Mühen <strong>und</strong><br />

(Existenz sichernden) Arbeitszwängen. Er unterscheidet zwischen Praxis (Handeln,<br />

gemeint ist geistiges Tun) <strong>und</strong> Poiesis (Machen, damit ist zweckgerichtetes


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 8<br />

Herstellen gemeint).<br />

Kant betrachtete Arbeit vorrangig unter dem ethischen Aspekt <strong>und</strong> sah in ihr in<br />

erster Linie eine Pflicht.<br />

Für Hegel war Arbeit die „Verwirklichung der Identität von Subjektivität <strong>und</strong> Objektivität,<br />

als Tätigkeit, die das Tote der Objektivität aufhebt, als Triebkraft der<br />

Entwicklung, die aus dem Menschen ein Pro<strong>du</strong>kt seiner eigenen Tätigkeit macht“<br />

(zit. nach Lukács 1986, S. 213).<br />

Marx sieht in der Arbeit „einen Prozess zwischen Mensch <strong>und</strong> Natur, worin der<br />

Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur <strong>du</strong>rch seine eigene Tat vermittelt, regelt,<br />

<strong>und</strong> kontrolliert“ (Marx 1972, S. 192). Es handelt sich um "eine von allen<br />

Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen".<br />

Moderne Philosophen beurteilen Arbeit eher unter systemtheoretischen Gesichtspunkten<br />

als Interaktion in sozialen oder soziotechnischen Systemen. Niklas Luhmann<br />

sah in der für die Interaktion erforderlichen Kommunikation das bestimmende<br />

Element für den Begriff Arbeit.<br />

Jürgen Habermas ist der Auffassung, Arbeit habe drei Funktionen, nämlich die<br />

soziale Repro<strong>du</strong>ktion, die umgangssprachliche Kommunikation <strong>und</strong> die Bil<strong>du</strong>ng<br />

von Ich-Identitäten (vgl. Honneth, 1986, S. 258)<br />

1.5. soziologisch<br />

In der Soziologie wird der Focus der Betrachtung auf die <strong>du</strong>rch Arbeit entstehenden<br />

sozialen Beziehungen <strong>und</strong> die gesellschaftlichen Strukturen gerichtet, die<br />

einerseits <strong>du</strong>rch Arbeit entstehen <strong>und</strong> in deren Kontext Arbeit wiederum stattfindet.<br />

Arbeit ist ein hier ein Prozess, in dem Menschen soziale Beziehungen eingehen,<br />

die im gesamten Lebenszusammenhang von zentraler Bedeutung sind; hierzu<br />

gehören die Strukturierung der Zeit, die soziale Anerkennung <strong>und</strong> das Selbstwertgefühl<br />

(http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/arbeit.html). Fragen des<br />

Arbeitsprozesses, der Arbeitsbedingungen, der gesellschaftlichen Organisation


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 9<br />

von Arbeit werden hier betrachtet. Auch die Auswirkungen von Arbeit auf das Befinden<br />

des Arbeitenden (Stichworte: Entfrem<strong>du</strong>ng, Arbeitsethik, Arbeitsmotivation..)<br />

werden untersucht.<br />

Arbeit hat wie wir sehen viele Gesichter, je nachdem aus welchem Blickwinkel<br />

man sich dem Thema nähert zeigt sich der Begriff in einem mitunter vollkommen<br />

anderen Licht. Der Schwerpunkt dieser Veranstaltung liegt bekanntermaßen auf<br />

dem Aspekt der Erwerbsarbeit. Ich schlage daher als die für diese Zwecke benutzte<br />

Definition die des Brockhaus vor. Danach ist Arbeit:<br />

Das bewusste, zielgerichtete Handeln des Menschen zum Zweck der Existenzsicherung<br />

wie der Befriedigung von Einzelbedürfnissen; zugleich wesentliches<br />

Moment der Daseinserfüllung (Brockhaus, 1997, Bd.1, S 234ff).<br />

2. Erwerbsarbeit - Von der Jungsteinzeit zur Postmoderne<br />

Die Erwerbsarbeit hatte in der im Laufe der Entwicklung der Menschheit beileibe<br />

nicht immer den Stellenwert den sie heute innehat, sie war vielmehr im Laufe der<br />

Jahrtausende einem gravierenden Wandel unterworfen. Von der ehedem nicht<br />

bestehenden Trennung von Arbeit <strong>und</strong> Freizeit bis zum subsistenzsichernden<br />

„Normalarbeitsverhältnis“ war ein langer Weg. Ein Blick auf die unterschiedliche<br />

Gewichtung von Erwerbsarbeit in den verschiedenen Epochen erklärt wie es zur<br />

heutigen Bedeutung kam <strong>und</strong> trägt damit zum besseren Verständnis der gegenwärtigen<br />

Situation bei.<br />

Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde soviel gearbeitet wie seit dem<br />

19 Jahrh<strong>und</strong>ert (Straub, 2009, S. 15). Noch nie hatte die Frage nach einem<br />

Arbeitsplatz eine derartige Relevanz auf die Lebensbedingungen der einzelnen<br />

Person. Zum keinem Zeitpunkt vor unserer Zeit ist Arbeit in einem solchen Ausmaß<br />

politisch gewesen.<br />

Um diese Hintergründe zu beleuchten möchte ich einen Bogen spannen von den<br />

Zeiten der Jäger <strong>und</strong> Sammler vor der neolithischen Revolution (ca. 10.000 v.<br />

Chr.) über das klassische Altertum, die in<strong>du</strong>strielle Revolution bis zur heutigen


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 10<br />

Zeit. Bei all diesen Betrachtungen muss im Auge behalten werden, dass Sprechen<br />

über Arbeit immer Sprechen über Armut, soziale Stellung, gesellschaftliche Integration<br />

beinhaltet.<br />

2.1. Jäger <strong>und</strong> Sammler<br />

Im Allgemeinen wird angenommen, dass in der Frühzeit die Menschen einen<br />

ständigen Kampf ums Überleben, um Nahrungsbeschaffung, um Schutz vor Witterungseinflüssen<br />

<strong>und</strong> vor den Gefahren die die Natur mit sich bringt, kurz um alle<br />

existenziellen Erforderlichkeiten die ein Überleben ermöglichen zu führen hatten<br />

<strong>und</strong> mithin ein körperlich anstrengendes <strong>und</strong> arbeitsreiches Dasein fristen<br />

mussten. Doch diese Annahme scheint nicht zutreffend zu sein. Im Gegensatz zur<br />

früheren europäischen Vorstellung, dass Menschen mit primitivsten Techniken in<br />

einem beständigen Lebenskampf hart arbeiten mussten, kam man in neueren<br />

Studien zu dem Ergebnis, dass die meisten Jäger <strong>und</strong> Sammler keinen Begriff von<br />

Arbeit hatten <strong>und</strong> nicht viel Zeit für Tätigkeiten im Zusammenhang mit ihrer<br />

Selbsterhaltung aufbrachten (Hann, 2000, S. 25f). Allerdings ist der Vergleich mit<br />

unserem Arbeits- wie mit unserem Zeitbegriff nicht ohne weiteres möglich. So<br />

besteht bei Völkern die noch heute als Jäger <strong>und</strong> Sammler leben eine vollkommen<br />

andere Wahrnehmung der Tätigkeiten. Die Befragung des Orakels gehört<br />

zum unverzichtbaren Bestandteil der Jagd, der Fluss, der zum Fischen genutzt<br />

wird, wird auch zum Baden genutzt, der Wald gilt als die „Eltern“ (a.a.O., S. 26).<br />

Zeit wird nicht immer in unserer linear fortschreitenden Form wahrgenommen.<br />

Man lebt in der Gegenwart. Planung findet nicht statt, Sorge um die Zukunft, die<br />

uns so sehr umtreibt spielt nur eine vernachlässigbare Rolle. Die im Laufe des<br />

Tages verrichteten Tätigkeiten sind nicht in Arbeit <strong>und</strong> Freizeit untergliedert sondern<br />

Notwendiges <strong>und</strong> Angenehmes verbinden sich, Jagen <strong>und</strong> Spielen, Reden<br />

<strong>und</strong> Herstellen von Gerätschaften bilden eine einzige Einheit. Arbeit in der Form<br />

in der wir sie heute verstehen <strong>und</strong> erleben fand nicht statt. Der Einzelne war immer<br />

sich selbst, bestenfalls der Familie oder dem Clan verpflichtet. Eine fremdbestimmte,<br />

den Lebensrhythmus untergliedernde Tätigkeit, ein Dualismus aus Freizeit<br />

<strong>und</strong> Arbeit, Urlaub <strong>und</strong> Beschäftigung existierte nicht. Es gab mithin nicht<br />

einmal einen Begriff von Arbeit, der dem heutigen Verständnis entspräche.


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 11<br />

2.2. Antike<br />

Arbeit, insbesondere körperliche Arbeit war im klassischen Altertum sowohl in<br />

Athen als auch in Rom verpönt.<br />

Diese „banausischen“ (von baunos, Ofen, ursprünglich „der am Ofen Arbeitende“,<br />

im weiteren Sinne (Kunst-)Handwerker. B.F.) Tätigkeiten machten unfähig zum<br />

Kriegsdienst, <strong>und</strong> sie gewähren nicht die Muße, die für anspruchsvolle geistige<br />

Tätigkeiten, die Pflege sozialer Beziehungen <strong>und</strong> die Mitwirkung im Gemeinwesen<br />

erforderlich sei (Nippel, 2000, S. 55). Nach Aristoteles konnten Lohnarbeiter <strong>und</strong><br />

selbst freie Handwerker keinen Bürgerstatus erlangen (vgl. Aristoteles, Politik,<br />

1278a), vielmehr sollten alle diejenigen, die nicht genügend Muße zur Entfaltung<br />

ihrer Tugend <strong>und</strong> zur Teilnahme an den Angelegenheiten der Polis verfügen von<br />

den Bürgerrechten ausgeschlossen werden (vgl. Aristoteles, Politik, 1328b). Das<br />

griechische Ideal war das des trefflichen, tapferen, vernünftigen, gebildeten <strong>und</strong><br />

unabhängigen Mannes (Straub, 2009, S. 25ff). Dieses Ideal war mit der Erledigung<br />

von körperlicher Arbeit nicht zu vereinen. Dieses Ideal befasste sich mit öffentlichen,<br />

politischen, gesellschaftlichen Fragen, war ganz den „politischen“ Dingen<br />

zugewandt.<br />

Auch in Rom wurde Arbeit überwiegend von Sklaven geleistet. Die Sklaven waren<br />

ab dem 3. Jhd. V. Chr. die wichtigste Arbeitskraft auf den Gütern, die für überregionale<br />

Märkte zu pro<strong>du</strong>zieren begannen <strong>und</strong> ihren Besitzern hohe Einkommen<br />

sichern sollten (Eggebrecht, Fleming, Meyer, Müller, Oppolzer, Panlini, Schneider,<br />

1980, S. 99f). Aber nicht nur Sklavenarbeit wurde gering geschätzt. Tagelöhner<br />

<strong>und</strong> Handwerker konnten in vielen Städten kein politisches Amt bekleiden, sie<br />

wurden in der Rechtsprechung benachteiligt <strong>und</strong> besaßen nur ein geringes gesellschaftliches<br />

Ansehen (a.a.O., S 107f). Otium, der allgemein angestrebte Zustand,<br />

ist die Ruhe, das Gegenteil davon „Neg-Otium“ die Mühe, die Tätigkeit <strong>und</strong><br />

diese musste vermieden werden.<br />

Allein mit diesen wenigen <strong>und</strong> kurzen Beispielen lässt sich exemplarisch darstellen,<br />

dass eine „ethische Verklärung der Arbeit“ (Max Weber), die zum damaligen<br />

Zeitpunkt überwiegend körperliche Arbeit gewesen ist, nicht stattgef<strong>und</strong>en hat.


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 12<br />

Für die Antike läst sich zusammenfassen: Die körperliche Arbeit wurde [nicht nur<br />

als Sklavenarbeit, sondern] auch dann politisch <strong>und</strong> sozial diskriminiert, wenn sie<br />

von freien Menschen geleistet wurde (Oexle, 2000, S. 69).<br />

2.3. Mittelalter<br />

Nach dem Zerfall des Römischen Reiches beginnt sich die Bewertung der Arbeit<br />

langsam aber stetig zu verändern. Zunächst stand für die Menschen deren Leben<br />

stark von Kirche <strong>und</strong> Glauben des jungen Christentums geprägt war, noch der<br />

jenseitige Aspekt des Lebens im Vordergr<strong>und</strong>. Der Mensch soll nicht nach irdischen<br />

Gütern streben, das Hier sein ist nur vorübergehend, jenseitiges Glück wird<br />

angestrebt, Arbeit ist der Fluch der Erbsünde (Gen. 3,19). Im Laufe der Zeit,<br />

möglicherweise mit Ausbleiben des unmittelbar erwarteten Endes der Zeit, verändert<br />

sich die Haltung. Arbeit wird mehr <strong>und</strong> mehr als (religiöse) Pflicht wahrgenommen.<br />

Jesus war Handwerker, sein Vater Zimmermann, Petrus ist Fischer gewesen.<br />

Augustinus betont den Wert der körperlichen Arbeit, die Maxime der<br />

Benediktiner lautet bekanntermaßen „ora et labora“. Die Haltung der Arbeit<br />

gegenüber stand während dieser Zeit jedoch immer im religiösen Zusammenhang<br />

<strong>und</strong> emanzipierte sich nur langsam von diesem.<br />

Arbeit war mit Mühsal verb<strong>und</strong>en, zur Zeit des einsetzenden Feudalismus im 9.<br />

Jhd. waren 90% der Bevölkerung unfrei (Eggebrecht, Fleming, Meyer, Müller,<br />

Oppolzer, Panlini, Schneider, 1980, S. 157) <strong>und</strong> gezwungen in abhängiger Arbeit,<br />

überwiegend als Bauern auf dem Lande, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit<br />

der im 9. <strong>und</strong> 10 Jhd. anwachsenden Bevölkerung wuchs die Bedeutung des<br />

Handwerkes. Im 11. Jhd. gab es drei Stände: Klerus, Ritter <strong>und</strong> Arbeiter (a.a.O.,<br />

S. 72). Es entstanden ab dieser Zeit Lohnarbeit, Zünfte, anhängige Beschäftigung<br />

gewann vor allem in Städten in größerem Ausmaß an Bedeutung. Mit alledem<br />

wurde sukzessive Arbeit aufgewertet <strong>und</strong> zunehmend zur Gr<strong>und</strong>lage der Subsistenz.<br />

Dennoch hatte Arbeit bei weitem nicht den heutigen Stellenwert. Noch immer war<br />

die strikte Trennung von Arbeit <strong>und</strong> freier Zeit nicht vollzogen. Noch immer war<br />

die Arbeit nicht eine Ware die auf dem Markt gehandelt wurde, noch immer nahmen<br />

auch andere Aspekte des Lebens großen Raum ein. So gab es beispielsweise


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 13<br />

in Bayern 121 (!) kirchliche Feiertage (Hawel, 2009).<br />

Allerdings entstand im ausgehenden Mittelalter zum ersten Mal die Situation der<br />

fehlenden Arbeit <strong>und</strong> damit der fehlenden ökonomischen Lebensgr<strong>und</strong>lage als<br />

spürbares gesellschaftliches Problem. Schon 15. Jhd. unterteilte man Menschen in<br />

solche die arbeiteten, solche die arbeitswillig aber nicht –fähig waren, sowie solche,<br />

die als arbeitsfähig aber nicht –willig galten. Armenfürsorge wurde eingeführt<br />

<strong>und</strong> nach strengen Kriterien von Arbeitsfähigkeit oder –unfähigkeit organisiert<br />

(Oexle, 2000, S. 77). Bettler brauchten eine Lizenz, Almosen solchen zu geben,<br />

die als arbeitsfähig galten war verboten, Armut wurde mit „Nicht-Arbeit“ gleichgesetzt<br />

(a.a.O., S. 78). Arbeit war nun Basis genossenschaftlicher Vergesellschaftung<br />

<strong>und</strong> mit Freiheit <strong>und</strong> Stadtbürgerrecht positiv verknüpft, diametral anders als<br />

in der antiken Polis. Arbeit wurde für die entstehende Stadtbürgerkultur prägend.<br />

Stadtbürgerliche Kultur wirkte aufwertend auf Arbeit zurück (Kocka, 2001, S. 8).<br />

2.4. In<strong>du</strong>strialisierung<br />

Zu Beginn des 19. Jhd. wurde der Feudalismus von der In<strong>du</strong>strialisierung <strong>und</strong> mit<br />

dieser untrennbar verb<strong>und</strong>en vom Kapitalismus, abgelöst. Die so genannte In<strong>du</strong>strielle<br />

Revolution stellt einen der wesentlichsten Einschnitte in der Entwicklungsgeschichte<br />

der Arbeit dar (Eggebrecht, Fleming, Meyer, Müller, Oppolzer, Panlini,<br />

Schneider, 1980, S. 193). Zunehmende Technisierung einhergehend mit zunehmender<br />

Disziplinierung des Arbeitenden (Policey-Staat) sowie die Ausweitung der<br />

Märkte (Kommodifizierung) trugen letztlich zum modernen Arbeitsverständnis bei.<br />

War zu Zeiten des Feudalismus Landwirtschaft die ökonomische Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Gesellschaft (Korpmhardt, 2002, S. 51) wurde über handwerkliche Arbeit in Manufakturen<br />

die in<strong>du</strong>strielle <strong>und</strong> damit maschinelle Pro<strong>du</strong>ktion zur beherrschenden<br />

wirtschaftlichen Macht.<br />

In<strong>du</strong>strielle Revolution ist aber nicht nur technische Umwälzung sondern sie bedeutet<br />

gleichermaßen die Umwälzung der Wirtschafts- <strong>und</strong> Gesellschaftsstruktur<br />

(Eggebrecht, Fleming, Meyer, Müller, Oppolzer, Panlini, Schneider, 1980, S. 193).<br />

So führte die kapitalistische Pro<strong>du</strong>ktionsweise in Verbin<strong>du</strong>ng mit der rückläufigen<br />

Bedeutung der Landwirtschaft zum Entstehen einer großen Zahl von besitzlosen<br />

Personen, die Marx ironisch „doppelt freie Lohnarbeiter“ nannte. Nämlich frei von<br />

Besitz <strong>und</strong> frei von feudaler oder sonstiger Bin<strong>du</strong>ng <strong>und</strong> da<strong>du</strong>rch in der Lage (<strong>und</strong>


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16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 14<br />

gezwungen) seine Arbeitskraft zu Markte zu tragen <strong>und</strong> dort zu verkaufen. War<br />

der Arbeitsort bisher in engem häuslichen <strong>und</strong> familiären Zusammenhang gestanden,<br />

so fand die Arbeit nach der In<strong>du</strong>strialisierung zunehmend außer Haus in Fabriken<br />

statt, wo sie fremdbestimmt <strong>und</strong> kontrolliert wurde. Die Lebensbedingungen<br />

der Menschen verschlechterten sich Mitte des 19ten Jahrh<strong>und</strong>erts bekanntermaßen<br />

dramatisch. Arbeitszeiten von bis zu 18 St<strong>und</strong>en täglich, Kinderarbeit,<br />

Einkommen, das gerade eben das physische Überleben ermöglichte gehörten zu<br />

den bekannten Folgen. Die Situation wurde erschwert <strong>du</strong>rch teilweise unerträgliche<br />

Wohnverhältnisse, fehlende hygienische Voraussetzungen, Krankheitsepidemien,<br />

zeitweise Arbeitslosigkeit, die die schlechte wirtschaftliche Situation weiter<br />

verschärfte (Eggebrecht, Fleming, Meyer, Müller, Oppolzer, Panlini, Schneider,<br />

1980, S. 220). Aus dieser Situation entstand Mitte des 19 Jahrh<strong>und</strong>erts die Arbeiterbewegung.<br />

Gemeinsame Aktivitäten, politische Betätigung schufen ein Zusammengehörigkeitsbewußtsein,<br />

es entstand das was Marx die Arbeiterklasse genannt<br />

hat <strong>und</strong> der er zunehmend gelang, die Arbeitsbedingungen zu verbessern.<br />

2.5. Arbeit in In<strong>du</strong>strienationen (post)moderner Prägung<br />

Im Zeitalter der In<strong>du</strong>strialisierung gewann Arbeit nochmals an sozialer, politischer,<br />

<strong>und</strong> kultureller Bedeutung. Arbeit wurde als Erwerbsarbeit gesetzlichadministrativ<br />

normiert <strong>und</strong> verfestigt. Arbeit be<strong>du</strong>rfte nun kaum noch der Rechtfertigung<br />

<strong>du</strong>rch anderes. Vielmehr wurde sie selbstbegründend <strong>und</strong> sinnstiftend.<br />

Arbeit definierte persönliche Identität (Kocka, 2001, S. 10). Arbeit wurde zum beherrschenden<br />

Lebensinhalt <strong>und</strong> zur alleinigen Gr<strong>und</strong>lage der Subsistenz. Die In<strong>du</strong>strialisierung<br />

ist unlösbar verknüpft mit dem Aufstieg des Kapitalismus. Dessen<br />

Siegszug konnte weder die Weltwirtschaftskrise 1929, noch der zweite Weltkrieg<br />

oder die Ölkrisen der 70er Jahre aufhalten.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg setzte sich in Deutschland, gewissermaßen in Fortsetzung<br />

der Bismarkschen Sozialgesetze, die „Soziale Marktwirtschaft“ <strong>du</strong>rch. Im<br />

Gegensatz zum Kapitalismus angloamerikanischer Ausprägung wurde hierbei nicht<br />

zur Gänze auf die Regulierungsmechanismen des Marktes vertraut, vielmehr wur-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 15<br />

de dem Sozialstaat die Aufgabe übertragen sozial ungerechte Ergebnisse des<br />

Marktes zu korrigieren. „Sinn der sozialen Marktwirtschaft ist es, das Prinzip der<br />

Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Ausgleiches zu verbinden“ (Müller-<br />

Armack). Die Wirtschaft in Deutschland entwickelte sich in den 50er <strong>und</strong> 60er<br />

Jahren überaus positiv (Wirtschaftw<strong>und</strong>erzeit). Die Nachfrage nach Arbeitskräften<br />

konnte im Land nicht befriedigt werden, Arbeitskräfte wurden im europäischen,<br />

später auch im außereuropäischen Ausland rekrutiert (Gastarbeiter). Mehr <strong>und</strong><br />

mehr Menschen profitierten von dieser Entwicklung, Luxusgüter, Urlaubsreisen,<br />

Haushaltsgeräte wurden erschwinglich. Es entstand die Vorstellung, wirtschaftlicher<br />

Aufschwung sei unendlich <strong>und</strong> der Königsweg zu einem besseren Leben für<br />

alle Mitglieder der Gesellschaft.<br />

Dieser Glaube wurde in den Energiekrisen der 70er Jahre schlagartig <strong>und</strong> nachhaltig<br />

erschüttert. Mit der Erkenntnis, dass die natürlichen Ressourcen nicht unbegrenzt<br />

zur Verfügung stehen, dass ökologische Auswirkungen wirtschaftlichen<br />

Tuns berücksichtigt werden müssen entstand das Bewusstsein, dass auch wirtschaftliches<br />

Wachstum endlich ist. Der Wirtschaftsw<strong>und</strong>eroptimismus lief gewissermaßen<br />

gegen eine Wand. Die Arbeitslosenzahl schnellte innerhalb kürzester<br />

Zeit in die Höhe. Seit Mitte der 90er Jahre wird offen die Diskussion um das „Ende<br />

der Arbeit“ (Jeremy Rifkin) geführt. Arbeit ist nach wie vor der Motor unserer Gesellschaft,<br />

aber gleichzeitig nimmt die für die Mitglieder der Gesellschaft verfügbare<br />

Arbeit ab. Die Folge dieser Entwicklung: Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> damit Armut als<br />

gesamtgesellschaftliches Problem weitet sich aus.<br />

3. Formen, Entstehung von <strong>und</strong> Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit<br />

Arbeit hat, wie wir gesehen haben, im Laufe der Menschheitsgeschichte eine immer<br />

stärker werdende Bedeutung für die Menschen gewonnen. Das Fehlen von<br />

Arbeit, der Verlust des Arbeitsplatzes oder das Wissen um die Chancenlosigkeit je<br />

einen solchen zu erlangen zeitigen eine Vielzahl nachteiliger Folgen, sowohl für<br />

die betroffenen Personen als auch für die gesamte Gesellschaft. Auf diese Folgen<br />

soll später näher eingegangen werden. An dieser Stelle sollen nun die politischen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Möglichkeiten erörtert werden der zunehmenden Arbeitslo-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 16<br />

sigkeit zu begegnen. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage,<br />

welche Erscheinungsformen von Arbeitslosigkeit unterschieden werden können<br />

<strong>und</strong> aus welchen Gründen <strong>und</strong> auf welche Weise Arbeitslosigkeit eigentlich entsteht.<br />

Im Anschluss soll dargestellt werden, wie die Entwicklung der Arbeitslosigkeit<br />

der letzten Jahrzehnte verlaufen ist <strong>und</strong> danach die wichtigsten der derzeit<br />

diskutierten Möglichkeiten Arbeitslosigkeit zu bekämpfen vorzustellen.<br />

3.1. Formen der Arbeitslosigkeit<br />

Der heute verwandte Begriff von Arbeitslosigkeit ist wörtlich im Gesetz beschrieben,<br />

man spricht in solchen Fällen von einer „Legaldefinition“. Zu finden ist sie im<br />

§ 119 SGB III. Danach ist jemand arbeitslos jemand, der<br />

- nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht,<br />

- sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden,<br />

- den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht.<br />

Die Faktoren sind kumulativ, d.h. es müssen alle erfüllt sein, soll die Arbeitslosigkeit,<br />

die statistisch erfasst wird <strong>und</strong> in der Öffentlichkeit diskutiert wird, eintreten.<br />

Das Statistische B<strong>und</strong>esamt kommt hinsichtlich des Umfanges der Arbeitslosigkeit<br />

immer wieder zu anderen Ergebnissen als die B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit, da beim<br />

statistischen B<strong>und</strong>esamt die Erwerbslosigkeit, das heißt, nur das Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses<br />

zu Gr<strong>und</strong>e gelegt wird.<br />

Es gibt unterschiedliche Formen von Arbeitslosigkeit, die unterschiedliche Ursachen<br />

haben. Diese Unterschei<strong>du</strong>ng ist insofern von Bedeutung, als verschiedene<br />

Ursachen, verschiedene Reaktionen zur Beseitigung zeitigen. Als Formen von<br />

Arbeitslosigkeit werden unterschieden<br />

3.1.1 Friktionelle Arbeitslosigkeit<br />

Hierunter versteht man Arbeitslosigkeit, die <strong>du</strong>rch den Wechsel von einer Arbeitsstelle<br />

zur nächsten entsteht. Da bereits eine neue Arbeitsstelle vorhanden ist <strong>und</strong>


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 17<br />

nur die Dauer bis zu deren Antritt überbrückt wird, ist diese Form der Arbeitslosigkeit<br />

in der Regel sehr kurz <strong>und</strong>, da Wechsel von Arbeitsplätzen immer wieder<br />

stattfinden, selbst zu Zeiten in denen man von Vollbeschäftigung spricht, nicht zu<br />

vermeiden.<br />

3.1.2 Saisonale Arbeitslosigkeit<br />

Von saisonaler Arbeitslosigkeit spricht man bei Arbeitslosigkeit die aufgr<strong>und</strong> jahreszeitlich<br />

schwankender natürlicher oder ökonomischer Nachfrag- <strong>und</strong> Angebotsbedingungen<br />

in einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft entsteht. Beispiele<br />

hierfür sind die Branchen Landwirtschaft, Weinbau, Gastronomie, Tourismus.<br />

Wenn sie die Bedingungen wieder ändern, verschwindet die Arbeitslosigkeit ohne<br />

weiteres Zutun.<br />

3.1.3 Konjunkturelle Arbeitslosigkeit<br />

Hierbei handelt es sich um eine Form der Arbeitslosigkeit, die <strong>du</strong>rch zyklische<br />

Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung <strong>und</strong> die dabei auftretenden<br />

Nachfrageschwankungen <strong>und</strong> Pro<strong>du</strong>ktionsrückgänge vor allem in einer Abschwungphase<br />

verursacht wird <strong>und</strong> zu Massenarbeitslosigkeit führen kann<br />

(http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=H696YC). Diese Form der<br />

Arbeitslosigkeit ist auf einen echten <strong>und</strong> möglicherweise länger anhaltenden<br />

Mangel an Arbeitsplätzen zurück zu führen.<br />

3.1.4 Strukturelle Arbeitslosigkeit<br />

Strukturelle Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn Angebot <strong>und</strong> Nachfrage auf dem<br />

Arbeitsmarkt deshalb nicht zusammenpassen, weil beide Seiten des Arbeitsmarktes<br />

in Bezug auf vermittlungsrelevante Merkmale wie z.B. Alter, Qualifikation, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Beschäftigungsgrad, Standort unterschiedlich zusammengesetzt (strukturiert)<br />

sind (Mismatch). Für die Höhe der strukturellen Arbeitslosigkeit sind dem-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 18<br />

nach maßgebend, wo<strong>du</strong>rch <strong>und</strong> in welchem Tempo sich die Struktur der Arbeitskräftenachfrage<br />

<strong>und</strong> des Arbeitskräfteangebots auseinander entwickeln<br />

(http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/arbeitslosigkeit.html?referenceKey<br />

wordName=strukturelle+Arbeitslosigkeit). Hierbei liegt die Arbeitslosigkeit, wie<br />

der Name schon sagt, in der Struktur des Arbeitsmarktes begründet. Es handelt<br />

sich bei struktureller Arbeitslosigkeit jedoch in der Regel nicht um ein reines Allokationsproblem,<br />

vielmehr ist eine gr<strong>und</strong>legende Veränderung des Marktes oder<br />

Teilen davon im Gange oder notwendig.<br />

3.1.4.1 Sockelarbeitslosigkeit<br />

Als Sockelarbeitslosigkeit bezeichnet man die Arbeitslosigkeit, die unter günstigsten<br />

konjunkturellen Bedingungen <strong>und</strong> bei geringst möglicher friktioneller Arbeitslosigkeit<br />

nicht abzubauen ist. Bodensatzarbeitslosigkeit entsteht z. B. <strong>du</strong>rch<br />

Arbeitslose, die keinen Arbeitsplatz mehr finden, weil sie relativ kurz vor der Rente<br />

stehen oder wegen ges<strong>und</strong>heitlicher Probleme nicht vermittelbar sind; weiterhin<br />

da<strong>du</strong>rch, dass nicht jeder Arbeitslose zur Aufnahme jeder Tätigkeit bereit ist<br />

oder nicht jeder Arbeitssuchende für jede Arbeit anforderungsgerecht qualifiziert<br />

ist. Insoweit ist Bodensatzarbeitslosigkeit fast identisch mit der von den Monetaristen<br />

beschriebenen natürlichen Arbeitslosigkeit, die allerdings auch die friktionelle<br />

Arbeitslosigkeit umfasst (http://de.wikipedia.org/wiki/Sockelarbeitslosigkeit).<br />

3.2 Entstehung von Arbeitslosigkeit<br />

Über die Ursachen der Arbeitslosigkeit gibt es unterschiedliche Theorien. Die<br />

gängigsten sind die marxistische, die neoklassische <strong>und</strong> die keynesianische Theorie,<br />

die im Folgenden näher dargestellt werden sollen. Der Begriff „Arbeitslosigkeit“<br />

selbst ist relativ neu. Zwar kennt man die Situation der fehlenden Arbeit <strong>und</strong><br />

daraus resultierenden Armut schon lange (vgl. oben 2.3, 2.4), aber der Begriff<br />

„Arbeitslosigkeit“ fand erst 1895 Eingang in das Handwörterbuch der Staatswissenschaften<br />

(Conrad, Macome, Zimmermann 2000, S 462) <strong>und</strong> den allgemeinen<br />

Sprachgebrauch. Aus diesem Gr<strong>und</strong> gab es streng genommen vor 1895 keine


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 19<br />

Arbeitslosigkeit in dem Sinne wie wir sie heute verstehen.<br />

3.2.1 Karl Marx<br />

Nach Marx’ Theorie des Kapitalismus ist Arbeitslosigkeit systemimmanent. Es<br />

„macht die Entwicklung der kapitalistischen Pro<strong>du</strong>ktion eine fortwährende Steigerung<br />

des in einem in<strong>du</strong>striellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit,<br />

<strong>und</strong> die Konkurrenz herrscht jedem indivi<strong>du</strong>ellen Kapitalisten die immanenten<br />

Gesetze der kapitalistischen Pro<strong>du</strong>ktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf“<br />

(Marx, 1890, S. 618). Der Unternehmer pro<strong>du</strong>ziert Waren, die er am Markt verkauft.<br />

Das erwirtschaftete Kapital benutzt er um neue Waren zu pro<strong>du</strong>zieren, die<br />

er wiederum verkauft. Diesen Kreislauf stellt Marx mit der Formel G-W-G’ dar, aus<br />

Geld wird auf dem Wege der Warenpro<strong>du</strong>ktion mehr Geld. Der alleinige Zweck<br />

der Erwirtschaftung von Gewinn ist neuer Gewinn. Da der Unternehmer in der<br />

Regel nicht über eine Monopolstellung verfügt ist er, will er seine Waren verkaufen,<br />

gezwungen, günstiger, besser, effizienter zu pro<strong>du</strong>zieren als die Mitanbieter,<br />

was mittels technischer Entwicklung <strong>und</strong> der fortschreitender Verbesserung der<br />

Pro<strong>du</strong>ktionsbedingungen auch gelingt. Im Laufe der Entwicklung wird folglich<br />

immer weniger menschliche Arbeitskraft für den Pro<strong>du</strong>ktionsprozess benötigt,<br />

was zu Folge hat, dass immer mehr Menschen aus dem Pro<strong>du</strong>ktionsprozess „freigesetzt“<br />

werden.<br />

Diese Arbeitslosen bilden dann die so genannte „in<strong>du</strong>strielle Reservearmee“<br />

(a.a.O., S. 664). Das sind Arbeitslose, auf die der Unternehmer zurückgreifen<br />

kann, wenn er Bedarf an neuen oder zusätzlichen Arbeitskräften hat. Die materielle<br />

Abhängigkeit vom Arbeitsplatz <strong>und</strong> in neuerer Zeit auch der Staat zwingen<br />

die Menschen Arbeit nahezu zu allen Bedingungen anzunehmen. Marx nahm an,<br />

dass das auf diese Weise entstehende Arbeiterproletariat <strong>du</strong>rch Revolution eine<br />

Entwicklung der Gesellschafts- <strong>und</strong> Wirtschaftsform vom Kapitalismus zum Kommunismus<br />

erzwingen würde (dialektischer Materialismus), in welchem das Privateigentum<br />

an Pro<strong>du</strong>ktionsmitteln aufgehoben sei <strong>und</strong> „Jeder nach seinen Fähigkeiten“<br />

arbeiten würde <strong>und</strong> „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ gegeben würde<br />

(Marx, 1985). „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen<br />

Pro<strong>du</strong>ktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Pro<strong>du</strong>k-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 20<br />

tionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den<br />

Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen<br />

der Pro<strong>du</strong>ktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben<br />

um. Es tritt dann eine Epoche der sozialen Revolution ein. Mit der Veränderung<br />

der ökonomischen Gr<strong>und</strong>lage wälzt sich der ganze ungeheuere Überbau<br />

langsam oder rascher um“ (Marx 1859, S. 9). Die Frage nach Arbeitslosigkeit<br />

würde sich in solchen Verhältnissen nicht mehr stellen, da alle Mitglieder einer<br />

Gesellschaft gemeinsam über die Pro<strong>du</strong>ktionsmittel verfügen <strong>und</strong> gemeinsam<br />

wirtschaften würden. Jeder wäre nach seinen Fähigkeiten am gesamtgesellschaftlichen<br />

(Re)Pro<strong>du</strong>ktionsprozess beteiligt <strong>und</strong> würde seine Bedürfnisse aus den gemeinsam<br />

erwirtschafteten Gütern befriedigen.<br />

Die von Marx erwartete Revolution indes blieb aus. Die Geschichte zeigt, dass die<br />

von ihm vorhergesagte Entwicklung nicht zwingend eintreten muss. Maria Jahoda<br />

zeigte in ihrer Studie über die Arbeitslosen von Marienthal eindringlich, dass in<br />

der Realität eher das Gegenteil zu beobachten ist: Arbeitslosigkeit erzeugte in<br />

Marienthal anstatt einer Revolution vielmehr eine tiefe Resignation bei den betroffenen<br />

Menschen <strong>und</strong> das selbst unter härtesten materiellen Bedingungen.<br />

3.2.2 Neoklassischer Ansatz<br />

Im Zentrum der neoklassischen Theorie zur Erklärung der Ursachen von Arbeitslosigkeit<br />

steht der Markt. Die Gr<strong>und</strong>annahme des neoklassischen Wirtschaftssystems<br />

besteht darin, dass „die Marktkräfte in diesem System zu der bestmöglichen<br />

Allokation der Ressourcen, also zu ihrem effizienten Einsatz führen“ (Kromphardt<br />

2004, S. 211). Es herrscht die Vorstellung, dass das Marktgeschehen stets zu<br />

einem Ausgleich zwischen Angebot <strong>und</strong> Nachfrage führt. Die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen<br />

dieses Konstrukts sind ein vollkommen ökonomisches Verhalten aller Marktteilnehmer<br />

sowie absolute Markttransparenz. “Vereinfach könnte man von einer<br />

Theorie des Tausches sprechen, in der mit streng mathematischen Methoden optimale<br />

Marktzustände in Gestalt von Gleichgewichtsmodellen konstruiert werden.<br />

Der perfekte Zustand einer Marktwirtschaft ist das Konstrukt einer vollständigen<br />

oder auch vollkommenen Konkurrenz, in der viele Nachfragern vielen Anbieter


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 21<br />

gegenüberstehen, die dabei über optimale Informationen <strong>und</strong> damit Markttransparenz<br />

verfügen, so dass ein gleichgewichtiges, effizientes Marktergebnis zustande<br />

kommen kann“ (Butterwegge, Lösch, Ptak 2008, S. 28).<br />

Störungen in diesem System führen zu Fehlentwicklungen <strong>und</strong> damit zu Arbeitslosigkeit.<br />

Diese Störungen werden von Vertretern der neoklassischen Theorie regelmäßig<br />

mit unzureichender Flexibilität der Marktteilnehmer, mit unzulässiger<br />

Intervention des Staates in Form von Lohnforderungen oder mit Einflüssen Dritter<br />

wie beispielsweise Gewerkschaften erklärt. Arbeitslosigkeit ist diesem Modell zu<br />

Folge ein Marktungleichgewicht, in der Form, dass eine zu geringe Nachfrage<br />

nach Arbeitskräften innerhalb eines bestimmten Lohnniveaus besteht. Bei vollkommener<br />

Flexibilität der Arbeitnehmer kann es nach der neoklassischen Theorie<br />

keine Arbeitslosigkeit geben. Zur Beseitigung von auftretender Arbeitslosigkeit<br />

müssen lediglich die Löhne bis unter die Nachfrageschwelle der Arbeitgeber gesenkt<br />

werden, dann würden Einstellungen erfolgen <strong>und</strong> die Arbeitslosigkeit sei<br />

beseitigt. Die Kritik an diesem dieses Modell richtet sich in erster Linie gegen dieses<br />

„Wolkenkuckucksheim“ (Heinrich, 2005, S. 75f) oder „Markt-Märchen“<br />

(a.a.O., S. 29) der Neoklassik, die hier eine Situation zu konstruiert, der jeder<br />

Realitätsbezug fehlt. Es werden mit dem vollkommen ökonomischen Verhalten<br />

<strong>und</strong> der absoluten Markttransparenz in dieser Theorie Verhältnisse angenommen,<br />

die in der Wirklichkeit nicht vorkommen können. Dennoch wird auf wirtschaftlicher<br />

<strong>und</strong> auch politischer Seite seit Jahren unverändert mit diesen Annahmen argumentiert<br />

<strong>und</strong> entsprechend gehandelt. Die Hoffnung, eine Senkung des Lohnniveaus<br />

<strong>und</strong> Erhöhung der Flexibilität würden zu mehr Beschäftigung führen bestimmt<br />

seit Jahren die Handlungsmaximen der Politik. Schon seit Mitte der 70er<br />

Jahre wird der Arbeitsmarkt dereguliert, das Lohnniveau sinkt, die Anforderungen<br />

der Arbeitgeber an die Flexibilität der Arbeitnehmer steigen. Dennoch steigen<br />

auch die Arbeitslosenzahlen seit den 70er Jahren konstant wie das folgende<br />

Schaubild zeigt.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 22<br />

Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Deutschland 1960 - 2008<br />

Der Umstand, dass die erwünschte Wirkung der beschriebenen Maßnahmen nicht<br />

eingetreten ist, wird stereotyp wieder mit dem Argument begegnet, die bisherigen<br />

Impulse seien nicht stark genug gewesen, die Löhne müssten noch weiter<br />

sinken, die Einflussnahme der Gewerkschaften noch weiter verringert werden, die<br />

Flexibilität der Arbeitnehmer steigen. Eine schlüssige Erklärung für die empirisch<br />

beobachtbare Entwicklung kann die neoklassische Theorie freilich nicht geben.<br />

Möglicherweise ist Vollbeschäftigung auch gar nicht das erklärte Ziel dieses Systems.<br />

„Gewinnmargen erscheinen nicht mehr als das Ergebnis wirtschaftlicher<br />

Leistungen, sondern werden als Anspruch der Eigentümer vorausgesetzt <strong>und</strong> so<br />

zur zentralen Planungsgröße der gesamten Unternehmensorganisation“ (Dörre,<br />

2009, S. 60). Es geht offensichtlich bei wirtschaftlicher Tätigkeit <strong>und</strong> bei Maßnahmen<br />

zur Optimierung derselben allein um Gewinnmaximierung <strong>und</strong> nicht um<br />

Erhöhung der Zahl der Beschäftigten.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 23<br />

3.2.3 Keynesianischer Ansatz<br />

Im Unterschied zum neoklassischen Ansatz steht im Mittelpunkt der Argumentation<br />

von John Maynard Keynes nicht die Situation des Marktes, sondern die der<br />

Nachfrage bzw. der erwarteten Nachfrage nach Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen.<br />

„Der zentrale Punkt von Keynes „Allgemeiner Theorie der Beschäftigung, des Zinses<br />

<strong>und</strong> des Geldes“ besteht in der Aussage, dass „die Zahl der Beschäftigten in<br />

einer Volkswirtschaft von dem Quantum an Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen bestimmt<br />

wird, das die Unternehmen meinen verkaufen zu können; denn entsprechend<br />

dieser Erwartung pro<strong>du</strong>zieren sie <strong>und</strong> beschäftigen die Arbeitskräfte<strong>…</strong>. Die<br />

effektive Nachfrage setzt sich in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung aus der inländischen<br />

Nachfrage nach Konsum- <strong>und</strong> Investitionsgütern sowie der Nachfrage<br />

des Auslands zusammen.“ (Kromphardt, 2004, S. 177). I<br />

m Gegensatz zur neoklassischen Argumentation sind nicht allein die Kosten des<br />

Unternehmers, damit also die Nachfrage nach Arbeitskräften für das Entstehen<br />

von Arbeitslosigkeit verantwortlich, sondern vielmehr primär die Nachfrage nach<br />

Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen. Die Gesamtnachfrage hiernach ergibt sich aus der<br />

Summe der Binnennachfrage <strong>und</strong> der im Ausland entstehenden Nachfrage. Die<br />

Binnennachfrage wiederum hängt direkt von den der Bevölkerung zur Verfügung<br />

stehenden Einkommen ab. Die neoklassische Forderung nach geringern Löhnen<br />

führt nach Keynesianischer Auffassung zur Verringerung des Einkommens, damit<br />

zu einer Verringerung der Nachfrage nach Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen <strong>und</strong> somit<br />

zum Entstehen von Arbeitslosigkeit. Weil aber nicht nur die Binnennachfrage,<br />

sondern auch der Export die abgesetzte Menge an Gütern beeinflussen, konnte<br />

Deutschland, in den vergangenen Jahren mehrfacher „Exportweltmeister“, trotz<br />

(oder vielmehr wegen) der sehr verhaltenen Lohnentwicklung seit etwa den<br />

1960er Jahren mit der gesamten Wirtschaft sehr gute Ergebnisse erzielen. Wegen<br />

der Instabilität des Marktes, der schwankenden Erwartungen der Unternehmer,<br />

der Konjunkturverläufe hat Keynes die Theorie einer Globalsteuerung <strong>du</strong>rch den<br />

Staat entwickelt. Nach dieser Theorie muss es die Aufgabe der Wirtschaftspolitik<br />

sein, Konjunkturschwankungen <strong>und</strong> deren Auswirkungen möglichst gering zu halten.<br />

Nochmals im Gegensatz zum neoklassischen Ansatz, der allein auf die Wirkung<br />

des Marktes vertraut <strong>und</strong> politische Aktivitäten als schädlich betrachtet, soll<br />

in der Theorie der Globalsteuerung der Staat über Investitions- <strong>und</strong> Lohnpolitik


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 24<br />

aktiv <strong>und</strong> antizyklisch in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen.<br />

3.3 Ergänzende Faktoren<br />

Neben den genannten Theorien die mit unterschiedlichen Ansätzen versuchen<br />

das Entstehen von Arbeitslosigkeit zu erklären, gibt es zusätzliche Faktoren, die<br />

auf die Entstehung von Arbeitslosigkeit in Deutschland, wenn nicht verursachen,<br />

so doch zumindest unterstützend wirken.<br />

Zunächst, in Anlehnung an die Theorie Marx’, die Entwicklung des Arbeitsvolumens<br />

in Deutschland in der Zeit von 1960 bis jetzt. Das Arbeitsvolumen umfasst<br />

die insgesamt von den Arbeitnehmern <strong>und</strong> Selbständigen tatsächlich geleisteten<br />

Arbeitsst<strong>und</strong>en bei Tätigkeiten innerhalb der Pro<strong>du</strong>ktionsgrenzen der Volkswirtschaftlichen<br />

Gesamtrechnung <strong>und</strong> ist damit der Indikator für die einer Gesellschaft<br />

zur Verfügung stehenden Arbeit. Im unten aufgeführten Schaubild wird<br />

das Arbeitsvolumen pro Einwohner dargestellt um die Veränderungen in der Bevölkerungszahl<br />

die im Laufe der Jahre zu verzeichnen waren angemessen zu berücksichtigen.<br />

Entwicklung des Arbeitsvolumens in Deutschland 1800 - 2000<br />

Quelle: Henning, IW, Statistisches B<strong>und</strong>esamt, IWG aus Franzmann, 2010, S. 38


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 25<br />

Mit Ausnahme der Wirtschaftsw<strong>und</strong>erzeit <strong>und</strong> des Wiedervereinigungssprunges<br />

1989 sinkt das Arbeitsvolumen in Deutschland seit 1860 kontinuierlich. Das Institut<br />

für Arbeitsmarkt <strong>und</strong> Berufsforschung (IAB) errechnete allein in der Zeit von<br />

1991 bis 2004 eine Verringerung des gesamten Arbeitsvolumens um 6,2 %<br />

(Wanger, 2006, S. 29f). Bei einer Erwerbsbevölkerung von etwa 40 Mio. Menschen<br />

rechtfertigt nur dieser Rückgang eine Zunahme der Arbeitslosigkeit um 2,5<br />

Mio. Erwerbspersonen. Entgegen anderslautender Bekräftigungen seitens der<br />

Ökonomen scheint Deutschland möglicherweise doch die Arbeit, jedenfalls die<br />

Erwerbsarbeit auszugehen.<br />

Ein zweiter Faktor der zur Verringerung des Arbeitsplatzangebotes <strong>und</strong> damit zur<br />

Entstehung von Arbeitslosigkeit führt, ist die seit Jahren immer stärker stattfindende<br />

Aufsplitterung der vorhandenen Arbeit von Vollzeitbeschäftigung auf so<br />

genannte atypische Beschäftigungsverhältnisse. Unter dem Begriff „atypische Beschäftigungsverhältnisse“<br />

fasst man alle Beschäftigungsverhältnisse zusammen,<br />

die nicht dem Normalarbeitsverhältnis entsprechen zusammen. Als Normalarbeitsverhältnis<br />

gilt ein abhängiges Arbeitsverhältnis in Vollzeit, unbefristet <strong>und</strong><br />

versicherungspflichtig. Abweichungen davon wie Befristung, Teilzeit gelten folglich<br />

als atypisch. Diese Form von Beschäftigungsverhältnissen, vor allen Dingen<br />

Teilzeitbeschäftigung hat vor allem in den letzten 10 Jahren stark zugenommen.<br />

Insbesondere die Zahl der nicht versicherungspflichtigen, geringfügigen Beschäftigungen<br />

ist auf mittlerweile mehr als 7 Millionen Stellen angestiegen. Durch die<br />

Aufspaltung von ehedem Vollzeiterwerbsstellen in mehrere versicherungsfreie Beschäftigungen<br />

fallen Existenz sichernde Arbeitsplätze weg <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit<br />

entsteht.<br />

Die Branchen in denen Normalarbeitsverhältnisse in Teilzeitstellen oder geringfügige<br />

Beschäftigungsverhältnisse aufgesplittet wurden sind in erster Linie Dienstleistungen,<br />

Handel <strong>und</strong> Gastgewerbe. Bemerkenswert, dass In diesen Brachen<br />

der Anteil von Frauen unter den Beschäftigten besonders hoch ist, so dass Frauen<br />

überproportional vom Wegfall der versicherungspflichtigen Beschäftigung betroffen<br />

sind wird. Gemeinsam mit anderen Ursachen (Veränderung des Familienbildes,<br />

Zunahme der Trennungen <strong>und</strong> Schei<strong>du</strong>ngen, Kindererziehung etc.) steht zu<br />

erwarten, dass diese Entwicklung in absehbarer Zukunft zu einer starken Zunah-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 26<br />

me der Altersarmut besonders bei Frauen führen wird.<br />

Anbei ein Diagramm, das die Zunahme der atypischen Beschäftigungsverhältnisse<br />

in Ost-, West- <strong>und</strong> Gesamtdeutschland veranschaulicht.<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Zusammensetzung der atypischen Beschäftigung (ohne Leiharbeit) in Deutschland 1)<br />

Anteile an allen abhängig Beschäftigten in vH<br />

Schaubild 88<br />

Geringfügige Beschäftigung<br />

Unbefristete Teilzeitbeschäftigung<br />

Befristete Vollzeitbeschäftigung<br />

Befristete Teilzeitbeschäftigung<br />

40<br />

40<br />

35<br />

35<br />

30<br />

30<br />

25<br />

25<br />

20<br />

20<br />

15<br />

15<br />

10<br />

10<br />

5<br />

5<br />

0<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

1) Erwerbstätige im Alter von 15 Jahren <strong>und</strong> älter nach Angaben des Mikrozensus. Bis einschließlich 2004 Ergebnisse für eine feste Berichtswoche im Frühjahr;<br />

ab 2005 Jahres<strong>du</strong>rchschnittsergebnisse.<br />

0<br />

© Sachverständigenrat<br />

Daten aus dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates 2008/09 Atypische Beschäftigungsverhältnisse:<br />

Zweiklassengesellschaft am Arbeitsmarkt?<br />

Deutlich wird <strong>du</strong>rch diese Übersicht insbesondere die Zunahme der geringfügigen<br />

Beschäftigungsverhältnisse. Im Zusammenspiel mit dem Diagramm über die Entwicklung<br />

des gesamtwirtschaftlichen Arbeitsvolumens ergibt sich eine Situation in<br />

der einerseits die verfügbare Menge an Arbeit abnimmt <strong>und</strong> andererseits die vorhandene<br />

Arbeit verstärkt auf mehrere Arbeitsplätze aufgeteilt wird. Kocka spricht<br />

von einer tendenziellen Fragmentierung der Arbeit in Raum <strong>und</strong> Zeit (Kocka,<br />

2001, S. 13). Dies führt zu der aktuell erlebten Situation, dass immer weniger<br />

Menschen Arbeitsplatz mit einem Existenz sichernden Einkommen finden können.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 27<br />

4 Auswirkungen von Arbeitslosigkeit<br />

Die Erwerbsarbeit hat sich, wie oben gezeigt werden konnte, im Laufe der Jahre<br />

mehr <strong>und</strong> mehr zum Dreh <strong>und</strong> Angelpunkt unseres Lebens entwickelt. Wir leben<br />

in einer so genannten „Arbeitsgesellschaft“. Arbeitsgesellschaft meint, dass die<br />

Verteilung der gesellschaftlichen Güter, der Lebenschancen, des gesellschaftlichen<br />

Ansehens <strong>und</strong> des indivi<strong>du</strong>ellen Selbstwertgefühls bei uns weitestgehend über<br />

Erwerbsarbeit geregelt ist (Meireis, 1996, S. 160). Gleichzeitig ist in den letzten<br />

Jahren zunehmend eine Krise der Arbeit (Negt, 1995, S. 3-9) <strong>und</strong> des Arbeitsmarktes<br />

zu konstatieren. Die gesamtgesellschaftlich verfügbare (Erwerbs-)Arbeit<br />

nimmt ab. Die Zahl der arbeitslosen Menschen steigt seit den 70er Jahren immer<br />

mehr an. Die sozialen Sicherungssysteme benötigen immer mehr finanzielle Ressourcen<br />

um diese Entwicklung ansatzweise auszugleichen <strong>und</strong>, da sich diese Sicherungssysteme<br />

fast ausschließlich aus Löhnen <strong>und</strong> Gehältern finanzieren, fließen<br />

mit abnehmender Beschäftigung immer weniger Mittel in die Kassen. Es wird<br />

also immer schwieriger die Auswirkungen der Arbeitslosigkeit wirksam zu mildern.<br />

Doch welche Auswirkungen hat Arbeitslosigkeit? Was passiert mit Menschen die<br />

ihre Arbeitsstelle verlieren? Und was bedeutet Arbeitslosigkeit gesamtgesellschaftlich.<br />

Es soll an dieser Stelle nach den Auswirkungen des Fehlens von Arbeit <strong>und</strong><br />

der damit entstehenden Arbeitslosigkeit gefragt werden. Von den Auswirkungen<br />

betroffen sind zunächst natürlich einmal auf arbeitslos gewordenen Personen,<br />

aber, wie wir sehen werden, auch die gesamte Gesellschaft. Zunächst stelle ich<br />

die gesellschaftlichen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit dar, im Anschluss die indivi<strong>du</strong>ellen.<br />

4.1. gesellschaftliche Auswirkungen<br />

Die Auswirkungen, die Arbeitslosigkeit auf die gesamte Gesellschaft hat sind<br />

vielfältig <strong>und</strong> häufig nicht unmittelbar zu erkennen. Zunächst <strong>und</strong> augenscheinlich<br />

werden natürlich <strong>du</strong>rch Arbeitslosigkeit Kosten unterschiedlicher Art<br />

<strong>und</strong> Weise verursacht.<br />

Immer wieder in der Diskussion <strong>und</strong> im Fokus der Öffentlichkeit stehen die <strong>du</strong>rch


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 28<br />

die Leistungen als solche in<strong>du</strong>zierten Kosten, man spricht von so genannten Sozialtransferleistungen.<br />

Nun sind direkt verursachte Kosten <strong>du</strong>rch erforderliche Sozialtransferleistungen<br />

bei Weitem nicht die einzige Auswirkung von Arbeitslosigkeit<br />

auf ein Gesellschaftssystem. Soziale Spannungen, Gettoisierung in der Wohnbevölkerung,<br />

Segregation, erschwerte Integration von Migranten, Bil<strong>du</strong>ngsproblematik,<br />

Delinquenz, <strong>und</strong> ähnliches mehr ist mehr oder weniger unmittelbar als<br />

Folge von Arbeitslosigkeit zu betrachten. Im Einzelnen:<br />

4.1.1. Kosten für Sozialtansferleistungen<br />

Arbeitslosigkeit verursacht gesamtwirtschaftliche Kosten, das ist ein Gemeinplatz.<br />

Monatlich müssen von der öffentlichen Verwaltung Sozialtransfers an die Menschen,<br />

die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen<br />

bestreiten können, überwiesen werden, um deren soziokulturelles Existenzminimum<br />

sicherzustellen. Soziokulturell meint, dass nicht nur das physische Überleben,<br />

sondern auch die Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen mit diesen Mitteln<br />

gewährleistet sein muss. Die Diskussion über Inhalte der so genannten Regelsätze<br />

wird immer wieder kontrovers in der Öffentlichkeit geführt. Immer geht<br />

es um die Frage, was unter „sozio-kulturell“ zu verstehen ist. Gehören Genussmittel<br />

wie Tabak <strong>und</strong> Alkohol dazu? Bil<strong>du</strong>ng? Teilnahme an Veranstaltungen? Zugehörigkeit<br />

zu Vereinen? Was muss die Gesamtheit Menschen ohne eigenes Einkommen<br />

finanzieren, damit diese als Teile eben dieser Gesellschaft leben können?<br />

Doch die <strong>du</strong>rch Arbeitslosigkeit verursachten Kosten stellen sich bei genauerem<br />

Hinsehen noch weitaus differenzierter dar, denn nicht allein die Sozialtransfers<br />

kosten Geld, sondern dazu auch die Leistungen, die für die von Arbeitslosigkeit<br />

betroffenen Menschen an die Kranken-, Pflege-, Rentenkassen entrichtet werden<br />

müssen. Wer ohne Arbeit ist entrichtet keine Arbeitnehmerabgaben zu den Sozialversicherungen,<br />

die Gemeinschaft muss dies übernehmen. Aufgr<strong>und</strong> der fehlenden<br />

Lohn- <strong>und</strong> Gehaltseinnahmen der Betroffenen erfolgen Mindereinnahmen<br />

an Steuern <strong>und</strong> Beiträgen für den Staat.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 29<br />

Diese messbaren Aufwen<strong>du</strong>ngen für die Zahlungen n Arbeitslosengeld des Jahres<br />

2007 stellt sich in der Summe wie folgt dar:<br />

4.1.2 Opportunitätskosten<br />

Neben diesen messbaren <strong>und</strong> damit relativ leicht zu beziffernden Kosten entstehen<br />

der Gesellschaft <strong>du</strong>rch strukturelle Arbeitslosigkeit noch so genannte Opportunitätskosten.<br />

Das sind Kosten <strong>du</strong>rch nicht genutzte Arbeitskraft <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit<br />

der arbeitslosen Menschen <strong>und</strong> damit <strong>du</strong>rch entgangenen „Nutzen“ für<br />

die Gesellschaft. Diese Kosten sind allerdings kaum mess- <strong>und</strong> damit schwer bezifferbar.<br />

Teilweise zielen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, wie zum Beispiel


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 30<br />

Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs) darauf ab, Opportunitätskosten zu vermeiden<br />

<strong>und</strong> solchen Nutzen zu erzeugen.<br />

4.1.3 weitere Auswirkungen<br />

Über die genannten Folgen hinaus entstehen gesamtgesellschaftlich Auswirkungen,<br />

oft verb<strong>und</strong>en mit materiellen Aufwen<strong>du</strong>ngen, für alle Lebenssituationen, die<br />

mit Arbeitslosigkeit zusammenhängen. Auch wenn diese Folgen nicht in jedem<br />

Fall unmittelbar <strong>und</strong> offensichtlich kausal verknüpft sein müssen, tragen sie aber<br />

sehr häufig zumindest als Begleiterscheinung zum Ergebnis bei. Zu diesen Folgen<br />

zählen beispielsweise:<br />

- Obdachlosigkeit<br />

- Delinquenz<br />

- Kosten für das Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />

- Jugendhilfekosten<br />

- Auswirkungen <strong>und</strong> Kosten für das Bil<strong>du</strong>ngssystem<br />

- Vertrauensverlust in das politische System <strong>und</strong> dergleichen mehr (Brinkmann,<br />

Wiedemann 1994).<br />

- Segregation im Sozialraum, Gettoisierung<br />

- Ausbleibende Integration von MigrantInnen<br />

- gesellschaftliche Segregation (In-Groups/Out-Groups)<br />

- Altersarmut<br />

- Benachteiligung ganzer Bevölkerungsgruppen (AGG)<br />

Versuche diese Kosten zu messen <strong>und</strong> bezifferbar zu machen scheitern schon im<br />

Ansatz. Unterschiedliche Zuständigkeiten von Behörden <strong>und</strong> Schwierigkeiten in<br />

der Erfassung der Daten lassen kaum grobe Schätzungen geschweige konkrete<br />

Zahlenangaben zu.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 31<br />

4.2. Auswirkungen für das Indivi<strong>du</strong>um<br />

In erster Linie ist von Arbeitslosigkeit mit all ihren nachteiligen Folgen natürlich<br />

der jeweilige Mensch betroffen. Nicht allein finanzielle Einbußen, sondern eine<br />

Vielzahl von Einschränkungen, Benachteiligungen, Risiken deren subjektive Verarbeitung<br />

<strong>du</strong>rch die Betroffenen uneinheitlich erfolgt, gehen mit dem Verlust des<br />

Arbeitsplatzes einher. In einer Gesellschaft, die sich nahezu ausschließlich über<br />

Erwerbstätigkeit definiert ist der Arbeitslose schnell überflüssig. „In beiden Fällen<br />

geht es um Überflüssige – überflüssig für die Erwerbsarbeit <strong>und</strong> überflüssig für<br />

die soziale oder politische Partizipation. Überflüssig zu sein bedeutet Schwierigkeiten<br />

zu haben, den Alltag zu organisieren, zu viel Zeit zu haben <strong>und</strong> zu wenig<br />

Anlass für Sinnstiftendes“ (Dangschat, 2008, S. 138). Die Inklusionskraft der Erwerbsarbeit<br />

geht weit über die Erzielung von Geldeinkommen hinaus (Pomberger<br />

2008 S. 7). Robert Castel unterscheidet zwei Dimensionen der Exklusion, nämlich<br />

zum einen „non-integration“ in den Arbeitsmarkt <strong>und</strong> zum Zweiten „noninsertion“<br />

in die sozialen Beziehungen (vgl. Castel, 2000). Arbeit ist unbestritten<br />

eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Integration. Wer seinen Arbeitsplatz<br />

verliert, läuft Gefahr, an den Rand der Gesellschaft zu geraten oder ganz<br />

aus dieser heraus zu fallen (Belwe 2008, S. 2). Die Art <strong>und</strong> Weise wie die Betroffenen<br />

diese Situation verarbeiten, welches Ausmaß subjektive Belastung annimmt<br />

<strong>und</strong> welche Folgen auftreten ist verschieden. Empirisch ist vor allem belegbar,<br />

dass die Annahme einer mechanischen Verarbeitung von Arbeitslosigkeit verfehlt<br />

ist: Unterschiedliche Verarbeitungsformen sind nachweisbar, die es erschweren,<br />

wenn nicht gar unmöglich zu machen scheinen, überhaupt noch zu verallgemeinerungsfähigen<br />

Aussagen zu kommen (Brinkmann, Wiedemann 1994, S. 182).<br />

Die wesentlichen Aspekte der Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf das Indivi<strong>du</strong>um<br />

sollen hier aufgezeigt werden. Man kann auch, wie es Markus Pomberger in<br />

seinem Beitrag zur APuZ in der Ausgabe 40-41/2008 „Arbeitslosigkeit: Psychosoziale<br />

Folgen“ getan hat, fragen: „Was fehlt, wenn Arbeit fehlt<strong>…</strong>“ <strong>und</strong> z.B. auf die<br />

Marienthalstudie (Jahoda, Lazarsfeld, Zeisel, 1975) verweisen. Es gibt eine derartige<br />

Vielzahl von Folgeerscheinungen der Arbeitslosigkeit, dass nicht alle an dieser<br />

Stelle behandelt werden können.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 32<br />

Ich möchte die wichtigsten indivi<strong>du</strong>ellen Folgen von Arbeitslosigkeit nur stichpunktartig<br />

wie folgt zusammenfassen:<br />

4.2.1. Finanzielle Folgen:<br />

Verschul<strong>du</strong>ng, Wohnungsverlust, Sperrung von Kommunikationsversorgung,<br />

Sperrung der Energieversorgung, Ernähungsdefizite. Auch wenn <strong>du</strong>rch Sozialtransferleistungen<br />

die Folgen von Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enem Einkommensverlust<br />

teilweise aufgefangen werden, so steigt das Armutsrisiko mit<br />

Verlust des Arbeitsplatzes dramatisch an.<br />

4.2.2 Ges<strong>und</strong>heitliche Folgen:<br />

psychische <strong>und</strong> physische Erkrankungen, Deprivation, Depravation, (Zukunfts-)<br />

Ängste, Verlust der Erfahrung der Selbstwirksamkeit, Verlust der Identität. Die<br />

nachteiligen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf die Ges<strong>und</strong>heit sind vielfältig<br />

<strong>und</strong> werden <strong>du</strong>rch eine Vielzahl empirischer Studien (s.u.) bestätigt. Seit einiger<br />

Zeit sind verstärkt Bestrebungen zu verzeichnen, dem entgegen zu wirken. Kooperationen<br />

von Gr<strong>und</strong>sicherungsstellen, Krankenkassen, Bil<strong>du</strong>ngsträgern mit<br />

dem Ziel die Folgen zu verringern entstehen mehr <strong>und</strong> mehr.<br />

4.2.3. Soziale Folgen:<br />

Exklusion, räumliche Segregation, ausbleibende Integration, Bil<strong>du</strong>ngsverlust, Dequalifizierung,<br />

Re<strong>du</strong>ktion oder Verlust persönlicher Netzwerke, Delinquenz, Kommunikationsverlust,<br />

Fehlende Akzeptanz. Die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit<br />

im sozialen Raum sind m.E. noch immer nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst.<br />

Niemand vermag wirklich genau zu sagen, welche Auswirkungen beispielsweise<br />

Segregation von MigrantInnen auf deren Integration <strong>und</strong> Bil<strong>du</strong>ng hat, oder wie<br />

sich der Verlust persönlicher Netzwerke auf die Entstehung von psychischen <strong>und</strong>


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 33<br />

physischen Erkrankungen auswirkt.<br />

4.2.4. Raum-zeitliche Folgen:<br />

Verlust der Tagesstruktur, Verlangsamung des gesamten Lebens, Verlust von<br />

raum-zeitlichen Beziehungsgeflechten.<br />

Häufung, Auswirkungen <strong>und</strong> Verarbeitungsmechanismen der Folgen von Arbeitslosigkeit<br />

sind indivi<strong>du</strong>ell <strong>und</strong> subjektiv verschieden. Einflussfaktoren sind nach<br />

einer Sächsischen Längsschnittstudie (vgl. Kauls, 2004) Alter, Qualifikation, Familienstand,<br />

Anzahl der Arbeitslosigkeitserfahrungen. Es lässt sich jedoch feststellen,<br />

dass die Folgen der Arbeitslosigkeit sich mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit<br />

verstärken <strong>und</strong> kumulieren. Die augenscheinlichsten <strong>und</strong> am besten<br />

untersuchten Folgen sind die ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen der Arbeitslosigkeit.<br />

So kommt eine Studie von Michael Bellwinkel <strong>und</strong> Erika Zoike (Bellwinkel, Zoike,<br />

2007, S. 471 - 484) zu dem Ergebnis, dass bei Stoffwechselerkrankungen die<br />

Krankheitstage von Arbeitslosen viermal so hoch sind, wie die von Privatversicherten,<br />

psychische Störungen lägen um den Faktor 3,6 höher als bei Pflichtversicherten.<br />

Nicht nur die Beeinträchtigung der Lebenssituation der Betroffenen, auch die<br />

Kosten die aus diesen Erkrankungen für das Versicherungssystem resultieren ist<br />

immens. Aus Mindereinnahmen an Beiträgen <strong>und</strong> Mehrausgaben für die Erkrankungen<br />

ergibt sich eine Deckungslücke für die Kassen von 15 Mrd. € (bei 4,3 Mio.<br />

Arbeitslosen in 2006).<br />

Doch nicht nur real eingetretene Arbeitslosigkeit hat die genannten negativen<br />

Folgen für die Betroffenen, bereits die Bedrohung eines möglichen Arbeitsplatzverlustes<br />

hat gravierende Auswirkungen auf das psychische Befinden (Kauls,<br />

2004, S. 20). So macht sich in den alten B<strong>und</strong>esländern jeder vierte Beschäftigte,<br />

in den neuen B<strong>und</strong>esländern jeder Dritte große Sorgen um die Zukunft seines<br />

Arbeitsplatzes. Die Sorge ist nach der Studie des Sozioökonomischen Panels des<br />

DIW vor allen Dingen mit der seit dem in Krafttreten des SGB II größer gewordenen<br />

Einkommensungleichheit <strong>und</strong> der als Status bedrohend empf<strong>und</strong>enen Wirkung<br />

von „Hartz IV“ begründet (SOEP Paper Nr. 279). Die ges<strong>und</strong>heitliche Beein-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 34<br />

trächtigung ist nur ein Teilaspekt, die gesamte Lebenszufriedenheit sinkt signifikant.<br />

Für den Zusammenhang von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit gibt es zwei Erklärungsmodelle,<br />

die Kausalitätstheorie, nach welcher Menschen wegen der Arbeitslosigkeit<br />

krank werden, <strong>und</strong> die Selektionstheorie, nach der Menschen die häufiger<br />

krank sind, eher entlassen <strong>und</strong> damit arbeitslos werden. Beide Theorien lassen<br />

sich in wissenschaftlichen Studien empirisch belegen. In der Sächsischen<br />

Längsschnittstudie wird eine Wechselwirkung im Sinne eines Teufelskreises angenommen.<br />

Personen, die krank sind, werden eher arbeitslos als Ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> bleichen<br />

es auch länger (Kauls 2004, S. 40). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das<br />

IAB, das ergänzend hinzufügt, dass eine gesellschaftliche Stigmatisierung mit indivi<strong>du</strong>eller<br />

Schuldzuweisung den sozialen Abstieg forcieren kann <strong>und</strong> die psychische<br />

Belastung zusätzlich erhöht (Holleder 2003). Um die aufgezeigten Folgen der<br />

Arbeitslosigkeit auf Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebenssituation, verb<strong>und</strong>en mit den da<strong>du</strong>rch<br />

notwendig werdenden finanziellen Aufwen<strong>du</strong>ngen, zu mindern werden die unterschiedlichsten<br />

Projekte ins Leben gerufen. JobFitRegional in NRW, AmigA in Berlin<br />

Brandenburg, Ges<strong>und</strong>heitsprojekt-Sozial aus Sachsen. Alle arbeiten mit sicherlich<br />

gut gemeinen Ratschlägen, Tipps zur Verhaltensänderung, Aufklärung, Selbsthilfegruppen,<br />

aber „die beste Maßnahme zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung bei Arbeitslosen<br />

<strong>und</strong> Senkung der Kosten bei der Gesetzlichen Krankenkasse, so ist es aus den<br />

dargestellten Bef<strong>und</strong>en zu schlussfolgern, wäre die Bereitstellung von Arbeitsplätzen<br />

für alle Arbeitslosen“ (Bellwinkel, Zoike, 2007, S. 47a).<br />

5. Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit<br />

In Anlehnung an die unterschiedlichen Theorien zur Entstehung von Arbeitslosigkeit<br />

gibt es unterschiedliche Theorien zu deren Bekämpfung. Man unterscheidet<br />

hier im Wesentlichen Beschäftigungspolitik <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik, letztere wiederum<br />

ist unterteilt in aktive <strong>und</strong> passive Arbeitsmarktpolitik.<br />

Während die Beschäftigungspolitik die Absicht verfolgt, das Arbeitsvolumen insgesamt<br />

zu heben, soll mit der Arbeitsmarktpolitik der Arbeitsmarkt strukturell verbessert<br />

werden. Beide Ansätze zielen also auf eine Optimierung der bestehenden


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 35<br />

Situation ab <strong>und</strong> nicht auf eine gr<strong>und</strong>sätzliche Veränderung. Einen Ansatz Erwerbsarbeit<br />

insgesamt zu überwinden als Konsequenz der Marx’schen Theorie<br />

findet sich lediglich in sehr abgemilderter Form.<br />

Zum Unterschied zwischen Beschäftigungspolitik <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik schreibt<br />

Gert Wagner: „Gesamtwirtschaftlich orientierte Beschäftigungspolitik dient der<br />

Anhebung des Arbeitsvolumens insgesamt, während Arbeitsmarktpolitik auf eine<br />

Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes zielt“. (Wagner, 2000, s.<br />

223f). Man kann den Zusammenhang von Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitischen<br />

Maßnahmen wie folgt darstellen:<br />

Maßnahmen der Politik zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit<br />

Transnational<br />

National<br />

National<br />

Beschäftigungspolitik<br />

Arbeitsmarkpolitik<br />

aktiv<br />

passiv<br />

Angebot<br />

Nachfrage<br />

• Lohnpolitik.<br />

• Gewerkschaften,<br />

• Lohnnebenkosten,<br />

• Sozialsysteme,<br />

• Fiskalpolitik,<br />

• Geldpolitik<br />

• <strong>…</strong><strong>…</strong><br />

• Vermittlungsbudget<br />

• Arbeitsgelegenheiten<br />

• „Freie Förderung“<br />

• Förderung der beruflichen<br />

Weiterbil<strong>du</strong>ng<br />

• (Sanktionen)<br />

• <strong>…</strong>..<br />

• Eingliederungszuschuss<br />

• Arbeitsbeschaffungsm.<br />

• Kurzarbeitergeld<br />

• Einstiegsgeld<br />

• <strong>…</strong><strong>…</strong>.<br />

• Arbeitslosengeld<br />

• ArbeitslosenG II<br />

• Insolvenzgeld<br />

• Kurzarbeitergeld<br />

• Vorruhestand<br />

• <strong>…</strong>.<br />

Graphik: eigene Darstellung<br />

5.1 Beschäftigungspolitik<br />

Beschäftigungspolitik umfasst das Spektrum von staatlichen Maßnahmen, welche<br />

die Arbeitslosigkeit bekämpfen <strong>und</strong> die Vollbeschäftigung der gesamten erwerbsfähigen<br />

Bevölkerung oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe anstreben<br />

(http://www.socialinfo.ch/cgi-bin/dicopossode/show.cfm?id=97).


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 36<br />

Beschäftigungspolitik versucht also mit geeigneten Maßnahmen, die Arbeitsmarktsituation<br />

auf nationaler Ebene, zu nehmend aber auch auf transnationaler,<br />

sprich europäischer, Ebene zu steuern. Seit den 90er Jahren werden hierzu im<br />

Europäischen Parlament Vereinbarungen <strong>und</strong> Strategiepapiere entwickelt, auf deren<br />

Gr<strong>und</strong>lage von der Europäischen Union den jeweiligen Staaten Zielvorgaben<br />

unterbreitet werden. So wurden 1993 im Vertrag von Maastricht EU-Richtlinien zu<br />

Beschäftigungspolitik festgeschrieben <strong>und</strong> im Jahr 2000 die „Strategie für nachhaltiges<br />

Wachstum <strong>und</strong> Beschäftigung in Europa“, die so genannte Lissabon-<br />

Strategie, vereinbart. Mit diesen Übereinkünften sollte nationalstaatsübergreifend<br />

nachfrageseitig Beschäftigungsförderung betrieben werden. In den Papieren wurde<br />

die Subsidiarität sozialstaatlicher Transferleistungen bekräftigt <strong>und</strong> die Schaffung<br />

neuer, vor allem wissensbasierter Arbeitsplätze vereinbart. Die Instrumente<br />

die der Beschäftigungspolitik, vor allem auf europäischer Ebene zur Verfügung<br />

stehen, sind die „Beschäftigungspolitischen Leitlinien“ des Ministerrates die dieser<br />

jährlich auf Gr<strong>und</strong>lage des EG-Vertrages erlässt. Die Ziele dieser Richtlinien sind<br />

die Koordination der einzelstaatlichen aktiven <strong>und</strong> passiven Arbeitsmarktpolitik,<br />

die Koordination der jeweiligen Bil<strong>du</strong>ngspolitik, die Anpassung der sozialen Sicherungssysteme,<br />

die Förderung der Chancengleichheit, die Förderung der Flexibilität<br />

der Arbeitnehmer, er Schutz der Arbeitnehmerrechte. Die Möglichkeiten der<br />

Einflussnahme auf die nationale Beschäftigungspolitik sind derzeit noch sehr gering.<br />

So hat die Kommission, nachdem sie in ihrem ersten Erfahrungsbericht festgestellt<br />

hatte, dass nicht alle Länder der aktiven Arbeitsmarktpolitik den Vorzug<br />

vor passiver Arbeitsmarktpolitik einräumen, die Mitgliedstaaten <strong>und</strong> Tarifparteien<br />

nochmals aufgefordert, die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer <strong>du</strong>rch entsprechende<br />

Qualifizierungsmaßnahmen zu verbessern. Möglichkeiten der Sanktionierung<br />

einzelstaatlicher Versäumnisse oder Nichteinhaltung von Vereinbarungen<br />

bestehen nicht.<br />

Die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland hat bisher kaum eine gezielte <strong>und</strong> eigenständige<br />

Beschäftigungspolitik im Sinne von gezielter Steuerung der Wirtschafts-, Geld-,<br />

Fiskal-, Lohn- <strong>und</strong> Sozialpolitik betrieben. Beschäftigungspolitik ist bislang eher<br />

als eine abhängige Variable der Wirtschaftspolitik betrachtet wurden, mit dem Ergebnis,<br />

dass sie auch immer wieder dieser nach- <strong>und</strong> untergeordnet wurde. Einzelne<br />

Maßnahmen, wie das von Gerhard Schröder ins Leben gerufene „Bündnis<br />

für Arbeit“ scheiterten recht kläglich.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 37<br />

Die Auswahl der Maßnahmen der staatlichen Beschäftigungspolitik ist abhängig<br />

von der zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Theorie über die Entstehung der Arbeitslosigkeit<br />

(vgl. o. 3.2). Während Anhänger des keynesianischen Ansatzes versuchen die<br />

Nachfrage über eine Erhöhung des verfügbaren Einkommens zu steigern, versuchen<br />

Neoliberale über eine Senkung der Kosten der Arbeit, Flexibilisierung des<br />

Arbeitsmarktes, verstärkte Aktivierung der arbeitslosen Menschen zusätzliche<br />

Arbeitsplätze zu schaffen. Die B<strong>und</strong>esrepublik hat sich beschäftigungspolitische<br />

Leitlinien für die Jahre 2008 – 2010 gegeben, die auf die übergreifenden Ziele<br />

Vollbeschäftigung, Steigerung der Arbeitsplatzqualität <strong>und</strong> Arbeitsplatzpro<strong>du</strong>ktivität<br />

<strong>und</strong> Stärkung des sozialen Zusammenhalts <strong>und</strong> soziale Eingliederung ausgerichtet<br />

sind<br />

(http://www.bmas.de/portal/13998/europaeische__beschaeftigungspolitik.html).<br />

Dieses Ziel wurde im Rahmen der Agenda 2010 überwiegend mit neoliberalen<br />

Mitteln versucht zu erreichen. Ein Einfluss von politischer Seite mit finanziellen<br />

Mitteln auf die Entstehung von Arbeitsplätzen <strong>und</strong> die Bereitschaft zu Einstellungen<br />

von Personal bei Wirtschaftsunternehmen gestaltet sich zunehmend schwieriger,<br />

da die Wirtschaft zunehmend globaler agiert <strong>und</strong> andererseits der Einfluss<br />

der Nationalstaaten auf Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sinkt.<br />

Beschäftigungspolitik, vor allen Dingen auch europäische Beschäftigungspolitik<br />

wird oftmals kritisiert. So sei eine europäische Politik nicht geeignet <strong>und</strong> nicht in<br />

der Lage den unterschiedlichen nationalen Bedürfnissen in gemeinsamen beschäftigungspolitischen<br />

Leitlinien nicht hinreichend Rechnung zu tragen (Lesch,<br />

2000, S. 14 – 15). Auch seien ohne Arbeitsmarktreformen die vielfach strukturellen<br />

Probleme nicht zu lösen (a.a.O., S. 14 – 15). Die Kritik an der Beschäftigungspolitik<br />

ist vielfach neoliberal motiviert. So sei für eine wirksame Beschäftigungspolitik<br />

die Deregulierung der Arbeitsmärkte nicht weit genug fortgeschritten,<br />

noch immer sei die Mobilität <strong>und</strong> Flexibilität der Arbeitnehmer zu stark eingeschränkt,<br />

es fehle an Koordination der Geld-, Fiskal- <strong>und</strong> Lohnpolitik (Kasten,<br />

Soskice, 2000, S. 14 – 15).


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 38<br />

5.2 Arbeitsmarktpolitik<br />

„Arbeitsmarktpolitik ist ein Teilbereich der Arbeitspolitik <strong>und</strong> umfasst alle Maßnahmen<br />

der öffentlichen Hand, die eine regulierende Funktion auf das Zusammenspiel<br />

von Arbeitsangebot <strong>und</strong> Arbeitsnachfrage in einer Volkswirtschaft haben.<br />

Der Einsatz von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten resultiert aus der politischen<br />

Auffassung, dass ein freier bzw. unregulierter Arbeitsmarkt Phänomene<br />

zeitigt, die gesellschaftlich nicht wünschenswert sind. Arbeitsmarktpolitik kann insofern<br />

sowohl explizit Gegenstand einer politischen Programmatik, wie etwa in<br />

einer sozialen Marktwirtschaft sein oder auch implizit aus pragmatischem Handeln<br />

in liberalen Wirtschaftssystemen resultieren“<br />

(http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsmarktpolitik). Zentrale Träger der Arbeitsmarktpolitik,<br />

die ihre Ursprünge bereits in der Weimarer Republik hatte, sind die<br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit <strong>und</strong>, seit 2005 das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen<br />

am Arbeitsmarkt in Kraft getreten ist, die Gr<strong>und</strong>sicherungsstellen (Argen,<br />

JobCenter), eine vernachlässigbare Position nehmen die B<strong>und</strong>esländer ein.<br />

Arbeitsmarktpolitik untergliedert sich in zwei Sektoren, es wird gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

unterschieden zwischen „aktiver“ <strong>und</strong> „passiver“ Arbeitsmarktpolitik.<br />

Die Arbeitsförderung soll dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken <strong>und</strong><br />

<strong>du</strong>rch Verbesserung der indivi<strong>du</strong>ellen Beschäftigungsfähigkeit Langzeitarbeitslosigkeit<br />

vermeiden (§ 1 Sozialgesetzbuch Dritter Teil, SGB III). Mit der aktiven<br />

Arbeitsmarktpolitik soll also einerseits die „Marktgängigkeit“ der Arbeitslosen verbessert<br />

werden <strong>und</strong> andererseits ein sozialer Ausgleich in Form von Chancengleichheit<br />

erzielt werden (vgl. APuZ 27/2009). Es stehen hierfür zwei gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Arten von Instrumentarien zur Verfügung.<br />

Zum einen können so genannte nachfrageorientierte Maßnahmen ergriffen werden.<br />

Hierunter versteht man alle Anreize die Arbeitgebern gegenüber geschaffen<br />

werden um Arbeitslose, insbesondere Menschen mit so genannten Hemmnissen<br />

oder „Handlungsbedarfen“ einzustellen. Zu diesen Anreizen zählen vor allem Möglichkeiten<br />

der Subventionierung (Arbeitgeberzuschüsse etc.) <strong>und</strong> Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen,<br />

Probearbeiten u.ä. Zu den nachfrageorientierten Instrumenten<br />

gehören im weitesten Sinne auch präventive Maßnahmen zum Erhalt von Arbeits-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 39<br />

plätzen wie zum Beispiel Kurzarbeitergeld an Arbeitgeber oder Zuschüsse für<br />

Existenzgründer.<br />

Alternativ zu nachfrageorientierten zielen angebotsorientierte Maßnahmen vor allem<br />

auf die berufliche <strong>und</strong> die horizontale (räumliche) Mobilität der Arbeitslosen<br />

<strong>und</strong> sollen damit deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Maßnahmen<br />

zur beruflichen Mobilität zählen gewissermaßen zu den Kernelementen der<br />

aktiven Arbeitsmarktpolitik. Sie umfassen sämtliche Maßnahmen zur Ausbil<strong>du</strong>ng,<br />

Fortbil<strong>du</strong>ng <strong>und</strong> Umschulung, aber auch der sozialen Betreuung besonders der<br />

Problemgruppen. Die räumliche Mobilität der Arbeitslosen wird <strong>du</strong>rch Zuschüsse<br />

zu Bewerbungs-, Reise-, <strong>und</strong> Umzugskosten, Überbrückungsgeld, Familienheimfahrten<br />

etc. gefördert. Seit der Reform der Arbeitsverwaltung im Jahre 2005<br />

(Hartz Gesetze) zählen auch Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs) zum angebotsorientierten<br />

Instrumentarium. Mit diesen Reformen hat die B<strong>und</strong>esregierung versucht,<br />

einerseits die Leistungsfähigkeit der Behörde B<strong>und</strong>esagentur zu steigern<br />

<strong>und</strong> andererseits den Druck auf die Arbeitslosen zu erhöhen. Mit Einführung des<br />

Arbeitslosengeldes 2 wurden beispielsweise die Zumutbarkeitsregelungen für die<br />

Aufnahme einer Beschäftigung verschärft, die ehemals am Einkommen orientierten<br />

Transferleistungen am Bedarf orientiert <strong>und</strong> Sanktionsmöglichkeiten ausgeweitet.<br />

Während mit Hilfe der aktiven Arbeitsmarktpolitik versucht wird, Arbeitslosigkeit<br />

zu verhindern oder, wenn sie eingetreten ist, schnellstmöglich wieder zu beenden,<br />

sollen mittels der passiven Arbeitsmarktpolitik die materiellen Auswirkungen<br />

der Arbeitslosigkeit gemildert werden. Es geht hier darum Einkommensausfälle zu<br />

kompensieren. Die Mittel die hierfür zur Verfügung stehen sind:<br />

- Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung<br />

- Arbeitslosengeld 2 (Gr<strong>und</strong>sicherung für Erwerbsfähige, „Hartz IV“<br />

- Insolvenzgeld als Lohnersatzleistung bei Arbeitslosigkeit <strong>du</strong>rch Insolvenz<br />

des Arbeitgebers<br />

- Zahlung von Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung für den Einkommensausfall<br />

bei vom Arbeitgeber angeordneter, vorübergehender Verringerung<br />

der Arbeitszeit


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 40<br />

- Zahlung von Vorruhestandgeld <strong>und</strong> Altersruhegeld bei Überlastung des Ar<br />

beitsmarktes<br />

5.3 Kritik an Maßnahmen der Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik<br />

Die im öffentlichen Diskurs geäußerte Kritik an der Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik<br />

lässt sich im Wesentlichen in drei Bereiche untergliedern. Zunächst<br />

gibt es eine generelle Kritik am kapitalistischen System, daneben kann man separate<br />

Kritik der Beschäftigungs- <strong>und</strong> Kritik der Arbeitsmarktpolitik feststellen.<br />

5.3.1 Generelle Kritik<br />

Die generelle Kritik gegen Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik richtet sich<br />

im Gr<strong>und</strong>e gegen das System Kapitalismus oder Neoliberalismus selbst. Es<br />

wird einerseits bezweifelt, dass das System die gemachten Versprechungen<br />

„Wohlstand für Alle“ (Ludwig Erhard) erfüllen kann <strong>und</strong> andererseits angeführt,<br />

dass eine zunehmende Zahl von Menschen von gesellschaftlicher Teilnahme aus<br />

geschlossen werden.<br />

Das Ziel der Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik besteht wie wir gesehen<br />

haben darin, möglichst viele Menschen im Arbeitsmarkt zu integrieren. Dieses Ziel<br />

stellt gleichzeitig den Kern der generellen Kritik dar. Einerseits wird bezweifelt,<br />

dass Lohnarbeit gr<strong>und</strong>sätzlich erstrebenswert ist, andererseits wird bezweifelt,<br />

dass das Ziel mit den vorhandenen Mitteln zu erreichen ist. „Sozial ist, was Arbeit<br />

schafft“ sagen die Unionsparteien mit dem Beschluss der Präsidien der CDU/CSU<br />

vom 04. Mai 2003 (CDU/CSU, 2003), welcher Art die Arbeit ist, wird verschwiegen.<br />

Das Leistungsprinzip ist in der Krise (vgl. Schatz, 2004) <strong>und</strong> führt zu „Prekarisierung<br />

in Folge einer finanzgetriebenen Landnahme, welche Markt begrenzende<br />

Institutionen <strong>und</strong> Regulationssysteme umformt, aushöhlt <strong>und</strong> schwächt“ (Dörre,<br />

2009, S. 54). Das System Arbeitsmarkt mit dem Prozess der Kommodifizierung ist<br />

nicht länger in der Lage alle Angehörigen der Gesellschaft zu versorgen, es<br />

schafft eine ganze Klasse von Personen, die nicht länger benötigt werden, somit


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 41<br />

überflüssig werden (Bude, Willisch, 2008). Jeder Mensch wird nur noch unter dem<br />

Gesichtspunkt der Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt betrachtet. Das Leistungsprinzip,<br />

dem alle genügen müssen erhält eine rein wirtschaftliche Bedeutung. Nur<br />

was sich als (Geld)Wert schaffend, als Bruttoinlandspro<strong>du</strong>kt steigernd, als Volkseinkommen<br />

mehrend erweist, gilt als wertvoll <strong>und</strong> Markt attraktiv. Diese Haltung<br />

wird <strong>du</strong>rch die gängigen Mittel der Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik gefördert.<br />

Interessen der Arbeitnehmer an beispielsweise einem Lohn der ein wirt<br />

schaftlich unabhängiges Leben ermöglicht, an Arbeitsverträgen die eine Lebensplanung<br />

ermöglichen werden diesen Zielen untergeordnet. Die Schlagworte lauten<br />

„Flexibilität“ (Lessenich, 2009, S. 159), „Lohnsenkung“, „Zeitarbeit“. Diese<br />

Tendenz wirkt Demokratie gefährdend, so ein weiterer Kritikpunkt (Lösch, 2008,<br />

S. 240f). Wenn sich der Staat immer mehr zurückzieht, die gesellschaftsrelevanten<br />

Entschei<strong>du</strong>ngen immer mehr dem Markt überlässt, soziale Sicherungssysteme<br />

re<strong>du</strong>ziert werden, entsteht eine Mehrklassengesellschaft. Eliteklassen <strong>und</strong> Prekariat<br />

entwickeln sich auseinander, der Gr<strong>und</strong>satz der Gemeinsamkeit, der „common<br />

sense“ der den Kern der Gesellschaft bildet zerfällt.<br />

5.3.2 Kritik an der Beschäftigungspolitik<br />

Das Ziel der Beschäftigungspolitik besteht darin, über Steuerung der Wirtschafts-,<br />

Geld-, Fiskal-, Lohn- <strong>und</strong> Sozialpolitik, mittlerweile vermehrt auf transnationaler<br />

Ebene, Vollbeschäftigung zu erreichen. Diesem Ziel, so ein Ansatzpunkt von Kritik<br />

der Beschäftigungspolitik, werden nahezu alle Aktivitäten nachgeordnet.<br />

Seit Jahren werden beispielsweise eklatante Defizite im Bereich der Bil<strong>du</strong>ng konstatiert.<br />

Deutschland ist der OECD Studie von 2006 zu Folge eines der Länder in<br />

denen im Bereich der Bil<strong>du</strong>ng die größte Segregation zwischen Migranten <strong>und</strong><br />

Einheimischen erfolgt. Die Anstrengungen diesen Umstand zu korrigieren halten<br />

sich spürbar in Grenzen. „In fast allen Ländern können wir zwischen 1991 <strong>und</strong><br />

2006 eine deutliche Bil<strong>du</strong>ngsexpansion bei den 25 – 34-Jährigen nachzeichnen<strong>…</strong>Deutschland<br />

indes fiel zurück.“ (Allmendinger, 2009, S. 4)<br />

Ökologische Gesichtspunkte stehen, so ein anderes Beispiel, wie das unwürdige<br />

Taktieren <strong>und</strong> Feilschen um den CO²-Ausstoss auf der Klimakonferenz in Kopen-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 42<br />

hagen gezeigt hat, deutlich hinter wirtschaftlichen Überlegungen zurück.<br />

Die zentrale Kritik an der deutschen wie an der europäischen Beschäftigungspolitik<br />

richtet sich aber auch hier zunächst gegen die neoliberale Gr<strong>und</strong>haltung mit<br />

einseitiger Ausrichtung auf die Bedürfnisse des Marktes mit den bekannten Folgen<br />

des Abbaues der sozialen Sicherungssysteme, der zunehmenden Deregulierung<br />

von Beschäftigung, des schwindenden Einflusses der .Arbeitnehmer <strong>und</strong> der<br />

Gewerkschaften. Durch die Abgabe von Kompetenzen an die Europäische Union<br />

verliert zudem der Nationalstaat Steuerungsmöglichkeiten, die EU hingegen ist<br />

nicht in der Lage die Probleme zu lösen (http://linksnet.de/de/artikel/18313), insbesondere<br />

in der aktuellen Krise ist die Europäische Union nicht in der Lage auf<br />

die anstehenden Probleme adäquat zu reagieren (Uni Bremen, 2009). Die aktuelle<br />

Krise Griechenlands ist vor allem „Ausdruck der Strukturmängel der Konstruktion<br />

des Maastrichter Vertrages, die in der Konzentration auf Geldpolitik <strong>und</strong> die<br />

Installierung eines Systems der Wettbewerbsstaaten zu sehen sind“ (Busch,<br />

2010). Aber auch die deutsche Beschäftigungspolitik wird innerhalb der EU immer<br />

wieder kritisiert. Die Politik Deutschlands sei zu angebotsorientiert <strong>und</strong> zu sehr<br />

auf die Handelsbilanz fixiert. Die deutsche Politik gilt aus diesem Gr<strong>und</strong> als unkooperativ<br />

den Nachbarländern gegenüber (F-E-S, 2010.)<br />

Die inländische Lohnpolitik hingegen wird in diesem Zusammenhang seit Jahren<br />

vernachlässigt. Zurückgehende Binnennachfrage, zunehmende Differenz zwischen<br />

Arbeitnehmerlöhnen <strong>und</strong> Unternehmensgewinnen sind die Folge. Das folgende<br />

Schaubild verdeutlicht den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Löhne,<br />

der Binnennachfrage, der Anzahl der Erwerbstätigen <strong>und</strong> der erzielten Exporte<br />

<strong>und</strong> veranschaulicht damit die Beschäftigungspolitik der B<strong>und</strong>esrepublik in den<br />

letzten Jahren.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 43<br />

Schaubild 42<br />

Wirtschaftliche Entwicklung in ausgewählten Ländern 1)<br />

1999 = 100<br />

Arbeitnehmerentgelt je Erwerbstätigenst<strong>und</strong>e<br />

Log. Maßstab<br />

160<br />

150<br />

UK<br />

140<br />

NL<br />

130<br />

AT<br />

120<br />

FR<br />

110<br />

DE<br />

100<br />

95<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

Erwerbstätige 2) Log. Maßstab<br />

112<br />

NL<br />

110<br />

108<br />

FR<br />

106<br />

104<br />

UK<br />

DE<br />

AT<br />

102<br />

100<br />

98<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

Log. Maßstab<br />

130<br />

Bruttoinlandspro<strong>du</strong>kt 3)<br />

Preisentwicklung des Bruttoinlandspro<strong>du</strong>kts<br />

Log. Maßstab<br />

130<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

FR<br />

UK<br />

AT<br />

NL<br />

DE<br />

UK<br />

NL<br />

FR<br />

AT<br />

DE<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

100<br />

95<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

95<br />

Log. Maßstab<br />

200<br />

Exporte 4)<br />

Log. Maßstab<br />

130<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

DE<br />

AT<br />

UK<br />

NL<br />

FR<br />

NL<br />

FR<br />

UK<br />

AT<br />

DE<br />

125<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

100<br />

95<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

Binnennachfrage 5) 95<br />

1999 00 01 02 03 04 05 06 07 2008<br />

1) In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Betrachtete Länder: AT-Österreich, DE-Deutschland, FR-Frankreich, NL-Niederlande,<br />

UK-Vereinigtes Königreich.– 2) Inlandskonzept.– 3) Preisbereinigt.– 4) Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen.– 5) Konsumausgaben <strong>und</strong> Bruttoinvestitionen.<br />

Quelle für eigene Berechnungen: EU<br />

© Sachverständigenrat<br />

Die nächste Übersicht zeigt die Entwicklung der Einkommen <strong>und</strong> der Unternehmensgewinne<br />

in der Zeit von Januar 2000 bis März 2009. Selbst unter Berücksichtigung<br />

des Einbruches 2008/2009 ist die Entwicklung unübersehbar: sinkenden<br />

Nettolöhnen stehen exorbitant steigende Unternehmensgewinne gegenüber.<br />

Beides kann als Ergebnis der Lohnpolitik als Teil der Beschäftigungspolitik der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik seit den 1980er Jahren betrachtet werden.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 44<br />

Einkommensentwicklung in Deutschland<br />

Die aufgeführten Beispiele ließen sich fast beliebig fortsetzen. Sie genügen meines<br />

Erachtens jedoch, um zu zeigen, dass die Beschäftigungspolitik sowohl in<br />

Deutschland als auch in Europa vollkommen angebotsorientiert agiert <strong>und</strong> trotz<br />

der aktuellen Wirtschaftskrise offensichtlich nicht Willens ist diesen Kurs zu verlassen.<br />

5.3.3 Kritik an der Arbeitsmarktpolitik<br />

Die Wirkungen im Hinblick auf die Vermei<strong>du</strong>ng von Arbeitslosigkeit, die mit Beschäftigungs-<br />

<strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik, gleich welcher Ausprägung tatsächlich erzielt<br />

werden <strong>und</strong> überhaupt erzielt werden können, sind zumindest umstritten.<br />

Während sich die Beschäftigungspolitik national wie international an Rahmenbedingungen<br />

des Arbeitsmarktes richtet, soll mit der Arbeitsmarktpolitik unmittelbar


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 45<br />

der Markt einerseits <strong>und</strong> die Arbeitskräfte andererseits beeinflusst werden.<br />

Auch in diesem Bereich werden die Auswirkungen der Entwicklung <strong>und</strong> der Reformen<br />

der letzten Jahre teilweise heftig kritisiert. Die seit den 70er Jahren stetig<br />

zunehmende Massenarbeitslosigkeit verhindert für einen Anteil von bis zu einem<br />

Drittel der Bevölkerung (Steinert, 2008, S. 110ff) gesellschaftliche Teilnahme,<br />

führt zur Exklusion der Betroffenen (Bude, 2008), die „Hartz-Gesetze“ sind nicht<br />

geeignet die Lebenssituation der Betroffenen zu verbessern, vielmehr handelt es<br />

sich um eine „Erziehung zur Armut“ (Kessl, Reutlinger, Ziegler (Hg), 2007). „Im<br />

Zentrum der aktivierungspolitischen wohlfahrtsstaatlichen Programmatik steht der<br />

tendenzielle Übergang von der „Staatsversorgung“ zur Selbstsorge, von der öffentlichen<br />

zur privaten Sicherungsverantwortung, vom kollektiven zum indivi<strong>du</strong>ellen<br />

Risikomanagement“ (Lessenich, 2009, S. 163) ohne jedoch die Frage zu beantworten<br />

ob die Menschen hierzu einerseits in der Lage sind <strong>und</strong> andererseits<br />

überhaupt tatsächliche Chancen der Realisierung dieses Überganges bestehen.<br />

Mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik, gleich ob angebots- oder nachfrageorientiert<br />

soll Arbeitslosigkeit verhindert oder beseitigt werden, mit der passiven sollen die<br />

materiellen Nachteile der Arbeitslosigkeit ausgeglichen werden.<br />

Doch die Auswirkungen die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, entfalten stehen<br />

seit Jahren von unterschiedlichen Seiten in der Kritik.<br />

Der zentrale Vorwurf der gegen aktive Arbeitsmarktpolitik vorgebracht wird ist<br />

der, dass die tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsangebotes nicht beeinflusst<br />

werden können <strong>und</strong> nicht selten schlicht ignoriert werden. Weder nachfragenoch<br />

angebotsorientierte Maßnahmen sind geeignet Arbeitsplätze zu schaffen. Mit<br />

der „Transformation des keynesianischen Wohlfahrtsstaates“ (Dahme, Wohlfahrt,<br />

2005, S. 9f), manifestiert vor allem <strong>du</strong>rch die Gesetze für „moderne Dienstleistungen<br />

am Arbeitsmarkt, besser bekannt als „Hartz-Gesetze“, wurde das Prinzip<br />

der Versorgung zu Gunsten eine Prinzips der „Aktivierung“ von Sozialtransferleistungen<br />

beziehender Menschen aufgegeben. Bei der Verstärkung der „Aktivierung“<br />

wird einerseits Inaktivität <strong>und</strong> andererseits eine Nachfrage unterstellt, für dies es<br />

zu aktivieren gilt. „Schon der Terminus „aktivierende Arbeitsmarktpolitik“ diffamiert<br />

Erwerbslose im Gr<strong>und</strong>e als (zu) passiv, denn sonst könnten <strong>und</strong> müssten<br />

sie ja nicht <strong>du</strong>rch geeignete Maßnahmen „aktiviert“ werden (Butterwegge, 2007,<br />

S. 183). Man müsste in diesem Zusammenhang auch die Frage stellen, wozu


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 46<br />

Menschen aktiviert werden sollen. Es wird in diesem Zusammenhang oft vergessen,<br />

dass unsere Verfassung von einem Sozialstaatsverständnis getragen ist, das<br />

vorsieht, jeden Menschen ein ökonomisch <strong>und</strong> kulturell angemessenes Leben zu<br />

ermöglichen. Eine Arbeitspflicht oder die „Verpflichtung eine gesellschaftlich relevante<br />

Leistung abzuliefern“ (Dangschat, 2008, S. 143) hingegen ist nicht vorgesehen.<br />

Doch unabhängig von der Frage nach der Motivationslage der Menschen<br />

ohne Arbeit, besteht faktisch kaum eine Möglichkeit eine Arbeitsstelle zu finden.<br />

Der Begriff „aktivierende Arbeitsmarktpolitik unterstellt nämlich weiterhin, dass<br />

eine Nachfrage nach Arbeitskräften besteht, die mangels „Aktivität“, das meint im<br />

Übrigen „Motivation“ (Walther, 2005, S. 45), nicht befriedigt werden kann.<br />

Dem ist nicht so. Ein Blick auf die bei der B<strong>und</strong>esagentur gemeldeten Stellen im<br />

Vergleich zu den gemeldeten Arbeitslosen zeigt seit Mitte der 1970er Jahre eine<br />

erschreckende Diskrepanz. Im März 2010 sind bei der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

288.000 Stellen ohne Förderung (1-Euro-Jobs, ABM etc.) gemeldet, einen Ansatz<br />

für Teilzeitstellen unterstellt, kann von höchstens 150.000 - 200.000 freien Stellen<br />

die die Kriterien eines Normalarbeitsverhältnis‘ erfüllen entsprechen gesprochen<br />

werden. Dem stehen 3,5 Mio. gemeldete arbeitslose Menschen gegenüber, die so<br />

genannte stille Reserve <strong>und</strong> Personen, die sich in Fördermaßnahmen <strong>und</strong> ähnlichem<br />

befinden hinzugerechnet muss man von etwa 4,5 Mio. Arbeitslosen sprechen.<br />

Es besteht ein Missverhältnis von 25 – 30:1, heißt auf eine freie Stelle bewerben<br />

sich 25 – 30 arbeitslose Menschen.<br />

Die folgende Graphik der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit verdeutlicht das drastische<br />

Missverhältnis. Zu beachten ist die der Anzahlt der freien Stellen, dass die von der<br />

B<strong>und</strong>esagentur dargestellte Zahl auch die geförderten (ABM, 1-Euro-Jobs) <strong>und</strong><br />

Teilzeitstellen beinhaltet. Da in der Übersicht auch Teilzeitstellen beinhaltet sind,<br />

muss man, um Vollzeitäquivalente zu erhalten, die Zahl <strong>du</strong>rchaus um 40-50% re<strong>du</strong>zieren.<br />

Deutlich erkennbar die Arbeitsmarktsituation in den 60er <strong>und</strong> frühen<br />

70er Jahren, als Arbeitskräfte fehlten <strong>und</strong> Gastarbeiter ins Land geholt wurden,<br />

sowie die Entwicklung die mit den Ölkrisen Mitte der 70er Jahre einsetztet <strong>und</strong><br />

eine Arbeitslosigkeit verursacht hat, die sich seither nicht mehr maßgeblich verringerte.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 47<br />

Eine Vielzahl von Studien unterstreicht darüber hinaus, dass – trotz der belastenden<br />

Nachfragesituation - nahezu alle Arbeitslosen eine hohe Motivation mitbringen<br />

(Brenke, 2010, S. 3).<br />

Konsequenterweise erweisen sich auch die in der Arbeitsmarktpolitik eingesetzten<br />

Instrumente als nicht wirkungsvoll. So „zeigte sich in umfangreichen Evaluationsstudien,<br />

dass kaum eines dieser neuen [arbeitsmarktpolitischen B.F.] Instrumente<br />

erfolgreich sind. Gerade die meisten der <strong>du</strong>rch die „Hartz IV-Gesetzte“ implementierten<br />

Instrumente erwiesen sich als regelrechter „Flop“ (Oschmansky, Ebach,<br />

2009, S. 20).<br />

Eine Studie des IAB (Achatz, Trappmann, 2009, S. 2) zeigt, dass innerhalb der<br />

ersten 11 Monate nach Beginn des Leistungsbezuges nur etwa 6% der Betroffenen<br />

wegen Arbeitsaufnahme wieder aus dem Bezug von Sozialleistungstransfers<br />

ausscheiden. Man könnte also zu dem Ergebnis gelangen, die Gr<strong>und</strong>annahme der<br />

fehlenden Motivation ist unzutreffend, die ergriffenen Maßnahmen zeitigen keine<br />

Wirkung <strong>und</strong> folgerichtig bleibt das erhoffte Ergebnis aus.<br />

Bleibt die Frage, aus welchem Gr<strong>und</strong> angesichts solcher Realitäten immer wieder


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 48<br />

Leistungsbezieher als F<strong>und</strong>amentalverweigerer bezeichnet werden? Bleibt die<br />

Frage weswegen gegen einen Menschen, der Sozialleistungen bezieht <strong>und</strong> aus<br />

welchen Gründen auch immer, den Anforderungen des Amtes nicht genügt, Sanktionen<br />

verhängt werden. Sanktionen bedeuten immer eine Re<strong>du</strong>ktion der monetären<br />

Leistungen. Die Bandbreite des Handlungsspielraumes reicht von einer Absenkung<br />

um 10 % (das sind etwa 36.- €/mtl.) bis zu einer vollständigen Versagung<br />

der Leistung, in jedem Fall zwingend ausgesprochen für drei Monate. Seit<br />

Jahren ist diese Praxis höchst umstritten. Während auf politischer Seite beispielsweise<br />

vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch eine Arbeitspflicht für<br />

Transferleistungsempfänger <strong>und</strong> eine Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> –praxis gefordert werden <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>sicherungsstellen gar zur Durchsetzung<br />

verpflichtet werden sollen (Koch, 2010), halten andere, wie die Juso Vorsitzende<br />

Franziska Drohsel die gesamte Vorschrift für verfassungswidrig (Drohsel,<br />

2010), da sie gegen die geforderte Achtung der Menschenwürde <strong>und</strong> gegen das<br />

Sozialstaatsprinzip verstößt. Mittlerweile hat sich ein breites Bündnis für die Aussetzung<br />

der Sanktionsvorschrift des § 31 SGB II gebildet, dem neben einigen<br />

Verbänden wie Tacheles e.V., auch viele prominente Einzelpersonen (F. Drohsel,<br />

K. Dörre, K. Kipping, C. Offe) angehören (http://www.sanktionsmoratorium.de).<br />

Weitere Argumente werden gegen Sanktionen vorgebracht. Zum einen besteht<br />

die Argumentationslogik der Sanktion nicht selten in einem unzulässigen Zirkelschluss.<br />

Wenn die Gr<strong>und</strong>sicherungsstelle nach einem Profiling zu dem Ergebnis<br />

gelangt, dass ein bestimmtes Verhalten oder eine Kompetenz wie Zuverlässigkeit,<br />

Tagesstruktur, Pünktlichkeit <strong>und</strong> ähnliche erlangt werden soll richtet sie regelmäßig<br />

zur Vermittlung dieser Kompetenz bei einem Bil<strong>du</strong>ngsträger eine Maßnahme<br />

ein zu der die im Leistungsbezug stehenden Menschen geschickt werden. Wenn<br />

diese Menschen nun nicht, nicht pünktlich oder nicht regelmäßig an der Maßnahme<br />

teilnehmen, tritt eine Sanktionierung dieses Verhaltens ein. Nun sollte aber ja<br />

genau das Verhalten, das nicht an den Tag gelegt wurde, erst <strong>du</strong>rch die Maßnahme<br />

„erlernt“ werden. Die Sanktionslogik ist demnach unzulässig zirkulär.<br />

Auch besteht ein Problem darin, dass die MitarbeiterInnen der Gr<strong>und</strong>sicherungsstellen<br />

gelegentlich eklatante beraterische Defizite aufweisen, so dass die Gründe<br />

die zu einer Sanktion führen, möglicherweise nicht in jedem Fall dem Verhalten<br />

des Leistungsbeziehers zuzurechnen sind. Göckler stellt beispielsweise in einer<br />

Untersuchung zu Sanktionsgesprächen fest, dass nach - expressis verbis als sol-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 49<br />

che terminierten - Sanktionsgesprächen etwa 10% der Sanktionierten unmittelbar<br />

nach dem Gespräch, in dem die Sanktion verhängt wurde, von diesem Umstand<br />

keinerlei Kenntnis hatten <strong>und</strong> angaben, das Thema „Sanktion“ habe in dem eben<br />

geführten Gespräch keine Rolle gespielt (Göckler, 2009, S. 305). Eine Beratung<br />

darüber, wie mit der für den oder die Sanktionierte/n höchstwahrscheinlich problematischen<br />

Situation umgegangen werden kann, gemeinsame Ermittlung von<br />

Auswegen oder Alternativen oder Angebote darüber wo Hilfe zu finden ist haben,<br />

so Göckler, in solchen Gesprächen wenig Raum. Folgerichtig kommt Göckler daher<br />

zu dem Ergebnis „Ein professionelles Beratungsverständnis fehlt in der<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung“ (Göckler, 2009, S. 329). Unter den geschilderten Voraussetzungen<br />

Kürzungen bei der als Existenzminimum angesehenen Transferleistung vorzunehmen<br />

halte ich für zumindest sehr fragwürdig.<br />

Auch aus wirtschaftsnaher Seite erfolgte Kritik an den gesetzlichen Veränderungen.<br />

Im Hinblick auf die passive Arbeitsmarktpolitik beklagt man von dort die<br />

überwiegend reaktive Haltung der Politik, die zu wenig gestaltend auf den<br />

Arbeitsmarkt wirkt. Mittels hoher Lohnersatzleistungen wird die Flexibilität der<br />

Arbeitnehmer eingeschränkt <strong>und</strong> damit wiederum Segmentierung gefördert werden<br />

(Blanke, Schmid, 1999, S. 19). Die Arbeitsmarktpolitik sei nicht in der Lage<br />

Megatrends wie Globalisierung, Tertiarisierung, Informatisierung <strong>und</strong> Demographischen<br />

Wandel zu begegnen (Klös, Scharnagel, 2009, S. 21 – 27). Die relativ<br />

hohen Ersatzleistungen wirken auf die Empfänger Aktivierungshemmend. Auch<br />

B<strong>und</strong>esarbeitsministerin Frau von der Leyen versucht aktive <strong>und</strong> passive Arbeitsmarktpolitik<br />

weniger komfortabel zu machen. „Diese müsse Wege aufzeigen, wie<br />

Menschen aus der Arbeitsmarktpolitik rauskommen, <strong>und</strong> nicht wie sie möglichst<br />

komfortabel drin bleiben“ (von der Leyen, 2010).<br />

Die Diskussion um die Höhe der Leistungen ist ebenso alt wie unerträglich. Immer<br />

wieder wird versucht Bezieher von Sozialtransferleistungen zu diskreditieren<br />

<strong>und</strong> als Schmarotzer diffamieren. So haben Friedrich Thießen, Professor für Finanzen<br />

an der Technischen Universität Chemnitz, <strong>und</strong> sein Kollege Christian Fischer<br />

im Jahre 2008 eine Studie veröffentlicht, der zu Folge ein Betrag von 132.-<br />

€ zur Existenzsicherung ausreichend sei. Der Vorsitzende der Freien demokratischen<br />

Partei <strong>und</strong> stellvertretende Kanzler der B<strong>und</strong>esrepublik, Guido Westerwelle,<br />

gab im Februar dieses Jahres zu Protokoll: "Wer dem Volk anstrengungslosen


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 50<br />

Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein. An einem solchen<br />

Denken kann Deutschland scheitern." Und löste damit, wieder einmal, eine ausufernde<br />

Diskussion um die Höhe der Leistungen aus. Das am häufigsten gebrauchte<br />

Argument dafür die Transferleistungen seien zu hoch ist das des so genannten<br />

„Lohnabstandsgebotes“. Dieses Gebot besagt, dass derjenige, der<br />

Arbeitseinkommen erzielt mehr finanzielle Mittel haben muss, als derjenige, der<br />

Sozialtransferleistungen bezieht. Damit wollte die B<strong>und</strong>esregierung den Zielkonflikt<br />

zwischen Sicherung der Existenz <strong>und</strong> Arbeitsaufnahme auflösen. Dieses Gebot,<br />

so wird argumentiert, werde zunehmend hintergangen, wenn beispielsweise<br />

eine Kellnerin mit zwei Kindern etwa 110.- € mehr Unterstützung erhalte, als sie<br />

<strong>du</strong>rch die Beschäftigung verdient. Da<strong>du</strong>rch würden Fehlanreize gesetzt <strong>und</strong> die<br />

Menschen würden eher motiviert, Sozialleistungen zu beziehen anstatt zu arbeiten.<br />

Um die Höhe der Leistungen überprüfen zu lassen, wurde das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

bemüht. Dieses stellte in einer Entschei<strong>du</strong>ng im Februar 2010 fest,<br />

dass die Ermittlung der Hartz IV-Regelsätze für Erwachsene <strong>und</strong> vor allem für<br />

Kinder „nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährung eines menschenwürdigen<br />

Existenzminimums <strong>…</strong> erfüllen“. (BVerfG, 1 BvL 1/09 vom<br />

9.2.2010). Zwar wurde die Höhe der Regelsätze nicht explizit als nicht verfassungskonform<br />

bezeichnet, doch herrscht Übereinstimmung, dass genau das gemeint<br />

gewesen ist. Indem die Regelsätze gekippt sind, droht nun auch Hartz IV<br />

zu kippen", frohlockt beispielweise der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwege.<br />

Für den Deutschen Gewerkschaftsb<strong>und</strong> (DGB) hat das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

deutlich gemacht, "dass Hartz IV nicht armutsfest ist".<br />

Für den FPD-Vorsitzenden Westerwelle hingegen trät das Urteil „sozialistische Züge“,<br />

da derjenige, der arbeitet mehr haben muss, als derjenige, der nicht arbeitet.“<br />

Die Logik der Argumentation ist klar, das Ergebnis allerdings ist eine Frage der<br />

Perspektive. Solange die Löhne sich in einem ordentlichen Rahmen bef<strong>und</strong>en haben,<br />

war die Frage des Lohnabstandsgebotes leicht zu beantworten. Seit sich<br />

aber die politische Seite vom Lohnabstandsgebot <strong>du</strong>rch eine massive Ausweitung<br />

des Niedriglohnsektors verabschiedet hat, stellt sich die Frage immer wieder aufs<br />

Neue. In der Zeit von 1996 bis 2005 ist der Anteil der im Niedriglohnbereich Beschäftigten<br />

von 14,6 % auf 20,7% angestiegen, die Kosten für den B<strong>und</strong>eshaushalt<br />

hierfür belaufen sich auf 9,2 Mrd. € (Weinkopf, 2010). Man kann diese Aus-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 51<br />

gaben auch als Subvention an Arbeitgeber betrachten (Bosch, 2010). Das Problem<br />

liegt natürlich nicht in der Höhe der Sozialtransferleistungen, sondern in der<br />

geringen Höhe der Löhne. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors, die Entwicklung<br />

der Binnennachfrage <strong>und</strong> ähnliche Indikatoren sind eigentlich nicht falsch zu<br />

interpretieren. Für eine Neugestaltung der Sätze jedenfalls hat das Gericht der<br />

Regierung bis Ende dieses Jahres Zeit eingeräumt.<br />

In der folgenden Übersicht sind die Höhe der Regelsätze sowie die Aufteilung des<br />

Betrages dargestellt.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 52<br />

Die graphische Darstellung verdeutlicht die Ausweitung des Niedriglohnsektors<br />

seit 1995<br />

6. Zukunft der (Erwerbs?)Arbeit<br />

Betrachtet man die bisherigen Ergebnisse, so lässt sich feststellen, dass Er<br />

werbsarbeit nicht nur eine wesentlicher Faktor unseres Lebens ist, sondern vielmehr<br />

das gesamte Dasein ausfüllt. Der zum Leben erforderliche Gelderwerb, soziale<br />

Interaktionen, Akzeptanz, Ges<strong>und</strong>heit, Struktur des Daseins, alles ist an das<br />

Innehaben eines Arbeitsplatzes geknüpft. Die Folgen des Fehlens oder des Verlustes<br />

eines solchen Arbeitsplatzes, die Arbeitslosigkeit, hat entsprechende Kon-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 53<br />

sequenzen. Die Entwicklung der Erwerbsarbeit deutet daraufhin, dass die gesamtgesellschaftlich<br />

zur Verfügung stehende entlohnte Arbeit immer geringer<br />

wird (vgl. Beck, 1998, Sennet, 1998). Wirtschaftswissenschaftler (Wagner, 2000,<br />

S. 217ff) hingegen bestreiten dies <strong>und</strong> weisen daraufhin, dass allenfalls Verschiebungen<br />

zeitlicher <strong>und</strong> inhaltlicher Art stattfinden, die Erwerbsarbeit an sich aber,<br />

da Einerseits die Bedarfe der Menschen unendlich sind <strong>und</strong> Andererseits zur Befriedigung<br />

der Bedarfe keine Alternative zur Lohnarbeit zu erkennen sei, nicht<br />

„ausgehen“ werde. Eine Antwort auf diese Argumentation gibt beispielsweise Offe,<br />

der anführt, dass Erstens unerfüllte Bedarfe nicht zwingend beschäftigungswirksam<br />

werden müssen, Zweitens Arbeitskraft ein Gut ist, das atypisch reagiert,<br />

d.h., wenn es nicht nachgefragt wird umso stärker angeboten wird <strong>und</strong> Drittens<br />

bisher zumindest eine Ausweitung der angebotenen Arbeit jedenfalls nicht stattgef<strong>und</strong>en<br />

hat, wohl aber eine Ausweitung des Angebotes an Arbeitskraft, eine<br />

Entwicklung, die die bekannten Folgen gezeitigt hat.<br />

Einigkeit jedenfalls scheint nur darüber zu bestehen, dass Alternativen gef<strong>und</strong>en<br />

werden müssen. Auch wird „in den Debatten um Vergangenheit <strong>und</strong> Zukunft von<br />

Erwerbsarbeit häufig übersehen, dass die regelmäßige Lohnarbeit <strong>und</strong> die dauerhafte<br />

Einbin<strong>du</strong>ng in Beschäftigung immer auch machtvolle Instrumente sozialer<br />

Kontrolle <strong>und</strong> Kohäsion waren (Vogel, 2008, S. 158). Kocka kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass sich die gesamte Struktur der Erwerbsbeschäftigung gravierend verändert.<br />

Die Geschlechterrolle verändert sich mit nachhaltigen Auswirkungen auf<br />

das Angebot an Arbeitskräften, immer mehr Frauen bieten auf dem Arbeitsmarkt<br />

ihre Arbeitskraft an. Das Modell „Vater als Alleinverdiener <strong>und</strong> Ernährer“ erodiert<br />

zunehmend. Räumliche <strong>und</strong> zeitliche Arbeitsstrukturen lösen sich auf. Vollbeschäftigung<br />

an nur einem Arbeitsplatz wird immer seltener, räumliche <strong>und</strong> zeitliche<br />

Flexibilität wird mehr <strong>und</strong> mehr gefordert. Die Unternehmen geben zunehmend<br />

die Verantwortlichkeit <strong>und</strong> das Risiko an die Arbeitnehmer ab. Formen prekärer<br />

Selbständigkeit nehmen zu. Inhaltliche Flexibilisierung erfordert den Abschied<br />

von der Vorstellung einen Beruf zu erlernen <strong>und</strong> lebenslang auszuführen.<br />

Permanente (Weiter-)Bil<strong>du</strong>ng ist erforderlich, wechselnde Berufbiographien werden<br />

die Regel werden (vgl. Kocka, 2001). Wie also darf man sich Erwerbsarbeit in<br />

der Zukunft vorstellen? Welche Modelle künftiger Beschäftigung werden aktuell<br />

diskutiert?


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 54<br />

6.1. Bürgerarbeit<br />

Der Begriff der Bürgerarbeit geht zurück auf den Münchner Soziologen Ulrich<br />

Beck (Beck, 2000, S. 416ff) <strong>und</strong> wurde aufgegriffen von den, zumindest in diesem<br />

Punkt, übereinstimmenden Berichte der Zukunftskommissionen der Freistaaten<br />

Bayern <strong>und</strong> Sachsen. Der in diesen Berichten vorgeschlagene Weg zur Lösung<br />

des Problems der fehlenden Erwerbsarbeit sieht vor, dass arbeitslose Menschen<br />

Tätigkeiten für das Gemeinwohl verrichten, eben Bürgerarbeit. Hinsichtlich der<br />

Entlohnung existieren zwei Varianten. Die eine, die Ulrich Beck vorschlägt sieht<br />

vor, dass Bürgerarbeit nicht ausdrücklich materiell entlohnt wird. Es soll ein „Bürgergeld“<br />

in Höhe der Sozialtransferleistungen gezahlt werden <strong>und</strong> zusätzlich, gewissermaßen<br />

immateriell Anspruch auf Qualifikation, die Anerkennung von Rentenansprüchen,<br />

so genannte „Favour Credits“ erworben werden. Die zweite Variante,<br />

die in einem Modellversuch der B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit in Sachsen-<br />

Anhalt <strong>und</strong> Thüringen <strong>du</strong>rchgeführt wurde, sieht vor, dass den Beschäftigten ein<br />

Gehalt knapp über der Transferleistungshöhe gezahlt wird (DGB, 2010, S. 2). Gezahlt<br />

wurde ein St<strong>und</strong>enlohn zwischen 5,25 <strong>und</strong> 7,50 €.<br />

Im Hinblick auf die Verbindlichkeit schwebte Beck im Jahre 2000 noch eine vollkommene<br />

Freiwilligkeit vor in der „organisierter, schöpferischer Ungehorsam“<br />

(Beck, 2000, S. 418) herrscht <strong>und</strong> sich Bürger für Bürger engagieren. Motivation<br />

war Gr<strong>und</strong>voraussetzung <strong>und</strong> das Ehrenamt stand gedanklich Pate für das Modell.<br />

Im Jahre 2010 jedoch fordert Roland Koch bereits „Es kann kein funktionierendes<br />

Arbeitslosenhilfesystem geben, das nicht auch ein Element der Abschreckung<br />

enthält<strong>…</strong> Politik muss die notwendige Härte haben, solche fordernden Elemente<br />

<strong>und</strong> <strong>du</strong>rchzusetzen, weil sie die Gegenleistung für eine sehr großzügige Unterstützung<br />

der Bürger <strong>und</strong> Steuerzahler sind.“ Gemeint mit der Formulierung „Element<br />

der Abschreckung“ ist explizit die Bürgerarbeit. Auch Guido Westerwelle<br />

fordert den verpflichtenden Einsatz von Transferleistungsempfängern zur Bürgerarbeit.<br />

In einem Interview mit der Zeitung „Bild am Sonntag“ vom 21.02.2010<br />

schreibt er: „Jeder, der jung <strong>und</strong> ges<strong>und</strong> ist <strong>und</strong> keine Angehörigen zu betreuen<br />

hat, muss zumutbare Arbeiten annehmen – sei es in Form von gemeinnütziger<br />

Arbeit“. Auf diese Art <strong>und</strong> Weise wurde aus dem Gedanken der Stärkung des Sektors<br />

öffentlich geförderter Beschäftigung ein Modellprojekt zur Einführung einer<br />

Arbeitspflicht für EmpfängerInnen von Sozialleistungen. Bürgerarbeit stellt im


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 55<br />

Gr<strong>und</strong>e keine Zukunftsoption für Erwerbsarbeit dar, weil sie genaugenommen<br />

nicht neue Modelle der Beschäftigung beinhaltet, sondern vielmehr die, mehr<br />

oder weniger sinnvolle, Beschäftigung von Beschäftigungslosen zum Ziel hat. Kritiker<br />

werfen dem Modell „Bürgerarbeit“ daher den primär repressiven Charakter<br />

vor. Es ginge nicht darum Menschen Perspektiven zu verschaffen, sondern um die<br />

Einführung einer Arbeitspflicht <strong>und</strong> um Kosmetik der Arbeitslosenstatistik. Außerdem<br />

geht das Modell der Beschäftigung von Erwerbslosen an den Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Wünschen der meisten Menschen, die ordentlich bezahlte Erwerbstätigkeit<br />

suchen, schlichtweg vorbei.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung ist derzeit dabei eine Form des Bürgergeldes in einem Modellprojekt<br />

bei Gr<strong>und</strong>sicherungsträgern zu testen. Diese Art der Bürgerarbeit sieht<br />

vor, dass langzeitarbeitslose Menschen nach sechs Monaten intensiver Förderung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung bei Trägern die kommunale Aufgaben erfüllen eingestellt werden<br />

können. Der B<strong>und</strong> zahlt dem Arbeitgeber eine Pauschale von 1.080.- €, von<br />

der mindestens 900.- € als Bruttolohn für eine 30 St<strong>und</strong>entätigkeit (≙ 6,92<br />

€/St<strong>und</strong>e brutto) an den Arbeitgeber weitergegeben werden müssen. Durchgeführt<br />

werden dürfen nach derzeitigem Kenntnisstand nur kommunale, zusätzliche<br />

<strong>und</strong> im öffentlichen Interesse liegende Aufgaben. Gleiches galt bisher für so genannte<br />

Arbeitsgelegenheiten, so dass der Eindruck entsteht, hier sollen 1-Euro-<br />

Jobs in bezahlte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt<br />

werden. Ein Schritt in die richtige Richtung, sofern die Aufnahme einer<br />

solchen Beschäftigung nicht erzwungen werden kann <strong>und</strong> nicht sanktionsbewehrt<br />

wird.<br />

6.2 Arbeitskraftunternehmer <strong>und</strong> Künstlerarbeitsplätze<br />

Der Begriff „Arbeitskraftunternehmer“ geht auf den Münchner Soziologen Hans J.<br />

Pongartz <strong>und</strong> seien Kollegen Günter Voß zurück. Letzterer stellt fest: „Die Formen,<br />

in denen Arbeitskraft von Erwerbstätigen angeboten <strong>und</strong> von Betrieben genutzt<br />

wird, verändern sich. Mit der These vom Arbeitskraftunternehmer als neuem<br />

Leittypus von Erwerbsarbeit gehen Günter Voß <strong>und</strong> ich (1998) davon aus,<br />

dass Erwerbstätige zunehmend unternehmerisch mit ihrer eigenen Arbeitskraft<br />

umgehen müssen. Sie entsprechen damit Forderungen der Betriebe nach mehr


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 56<br />

Eigenverantwortung <strong>und</strong> Selbstorganisation in der täglichen Arbeit. Statt auf Anweisung<br />

reagierende Arbeit-Nehmer suchen Betriebe zunehmend selbständig<br />

agierende Auftrag-Nehmer, die bereit sind, sich bei jeder Aufgabe von neuem zu<br />

beweisen“ (Pongartz, 2000). Die Arbeitskraft wird damit zur absoluten Ware. Der<br />

Erfordernis der Wirtschaft nach mehr Flexibilisierung <strong>und</strong> mehr Eigenverantwortlichkeit<br />

der Arbeitnehmer wird ohne Rücksicht auf die Person des Arbeitnehmers<br />

Rechnung getragen. Der Arbeitsplatz der Zukunft ist der eines „Künstlers <strong>und</strong> Publizisten“<br />

(Schmid, 2000, S. 283), selbständig, nicht betriebsförmig, befristet,<br />

spezifiziert, diskontinuierlich häufig in mehrfachen Anstellungen, freie Mitarbeiter,<br />

„free lancer“ das sind die Stichworte mit denen diese Arbeitsverhältnisse beschrieben<br />

werden. Der Arbeitsmarkt wird als Netz gedacht in dem junge, dynamische,<br />

gebildete, unabhängige, mobile, flexible Menschen sich tummeln, von<br />

einem Ort zum anderen, von einem Job zum nächsten, eben Unternehmer ihrer<br />

Arbeitskraft. Zwar verfügt der Arbeitskraftunternehmer über ein sehr hohes Maß<br />

an Freiheit von Fremdbestimmung, aber, wie alle Unternehmer auch über keine,<br />

wenn nicht selbst organisierte <strong>und</strong> finanzierte, Form von sozialer Absicherung.<br />

Folgerichtig kritisiert Detlef Gerst: „Dieses Leitbild korrespondiert mit einer zunehmenden<br />

Bereitschaft in Politik, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft, Formen einer kollektiven<br />

Regulierung von Arbeit sowie das Indivi<strong>du</strong>um schützende gesellschaftliche<br />

Institutionen zugunsten einer stärkeren "Warenförmigkeit" <strong>und</strong> einer vermeintlichen<br />

Aktivierung von Arbeitskräften zu verdrängen“ (Gerst, 2005). Neben<br />

all den anderen Kritikpunkten an diesem Modell, soll hier festgehalten werden,<br />

dass wohl sehr viele der heute arbeitslosen Menschen den an ArbeitskraftunternehmerInnen<br />

gestellten Anforderungen nicht gerecht werden können. Wie<br />

oben dargestellt verringert sich mit der Arbeitslosigkeit die Mobilität, Flexibilität,<br />

bei länger andauernder Arbeitslosigkeit tritt unter Umständen Dequalifizierung<br />

ein, insgesamt bewegt sich die Lebenssituation in eine Richtung die der des<br />

Arbeitskraftunternehmers diametral entgegensteht.<br />

6.3 Weitere Ansätze<br />

Persönlicher Berufsstatus (Alain Supiot, 2000, S. 296ff).<br />

Supiot schlägt den Begriff des „persönlichen Berufsstatus vor mit dem „die Kontinuität<br />

des Weges“ gewährleistet werden soll. Letztlich werden unter diesen Be-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 57<br />

griff alle Tätigkeiten einer Person zusammengefasst <strong>und</strong> es sollen Friktionen,<br />

auch im Hinblick auf soziale Sicherung, zwischen „Ausbil<strong>du</strong>ng“, „Beruf“, „Selbständigkeit“,<br />

„sozialen Ziehrechten (Elternzeit, Bil<strong>du</strong>ngsurlaub u.ä.) vermieden<br />

werden. Es geht also nicht um einen „verengten Beschäftigungsbegriff, sondern<br />

um einen erweiterten Arbeitsbegriff“ (Alain Supiot, 2000, S. 296ff).<br />

Androgynisierung der Arbeit<br />

Die Gesellschaft werde sich verändern, werde androgyner vermuten Hans Betram<br />

(Bertram, 2000, S. 308 - 342) <strong>und</strong> Karin Hausen (Hausen, 2000, S. 343 - 361,<br />

„care-taking“ wird zur Aufgaben von Mann <strong>und</strong> Frau, das Rollenbild des männlichen<br />

Alleinverdieners <strong>und</strong> Familienernährers wird zu Gunsten der Akzeptanz von<br />

Frauen auf dem Arbeitsmarkt endgültig verschwinden. Die Arbeitzeit wird sich re<strong>du</strong>zieren<br />

<strong>und</strong> teilen, der Anteil des Mannes an der repro<strong>du</strong>ktiven Arbeit tendenziell<br />

steigen. Hauser fordert darüber hinaus eine Ausweitung des Arbeitsbegriffes<br />

dahin gehend, als die Betrachtungsweise nicht allein eine marktwirtschaftliche,<br />

sondern vielmehr eine gesamtwirtschaftliche sein muss <strong>und</strong> deswegen die zur<br />

Repro<strong>du</strong>ktion der Gesellschaft erforderliche Arbeit mit einfließen muss. Arbeiten<br />

zur Erziehung, der Pflege <strong>und</strong> der Fürsorge dürften nicht länger unbezahlt bleiben<br />

<strong>und</strong> vorausgesetzt werden.<br />

Lebensarbeitszeitmodelle<br />

Neue Modelle der Lebensarbeitszeit (Kohli, 2000, S. 381f) mit einem verfügbaren<br />

Wechsel zwischen Arbeits-, Freizeit-, Bil<strong>du</strong>ngsphasen (Stickwort „Sabbatical“)<br />

werden ebenso diskutiert wie eine tiefgreifende Veränderung im Bil<strong>du</strong>ngssystem<br />

mit lebenslanger Bil<strong>du</strong>ng, Mo<strong>du</strong>larisierung aller Ausbil<strong>du</strong>ngs- <strong>und</strong> Studieninhalte,<br />

die lebenslang kontinuierliche (Weiter-)Bil<strong>du</strong>ng zulassen (Mayer, 2000, S. 407).<br />

Allen Diskussionsbeiträgen ist im Gr<strong>und</strong>e genommen gemein, dass sie geprägt<br />

sind von einem Bild des leistungsfähigen, souveränen, selbstorganisierten Menschen.<br />

Menschen mit Einschränkungen gleich welcher Art haben hierin keinen<br />

Platz <strong>und</strong> werden, so müssen die Diskussionsbeiträge wohl interpretiert werden,<br />

in der (Erwerbs-)Gesellschaft der Zukunft keinen Platz mehr finden <strong>und</strong> für die<br />

Erwerbsgesellschaft der Zukunft überflüssig sein, genauso wie Bude <strong>und</strong> andere<br />

es prognostizieren.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 58<br />

6.4 (Bedingungsloses) Gr<strong>und</strong>einkommen<br />

Eine weitere Alternative die zwar nicht unmittelbar als Zukunft der Erwerbsarbeit<br />

angesehen werden kann, sehr wohl aber für deren Zukunft eine bedeutsame Rollen<br />

spielen könnte, ist das so genannte „Bedingungslose Gr<strong>und</strong>einkommen“. Der<br />

Gedanke eine Gr<strong>und</strong>einkommens für alle, welches ohne Bedingung gezahlt wird<br />

<strong>und</strong> die soziokulturelle Existenz sichert, fasziniert <strong>und</strong> beschäftigt Vertreter aller<br />

Parteien von Dieter Althaus bis zur Linkspartei, vom Unternehmer Götz Werner<br />

bis zu Professoren wie Christoph Butterwegge.<br />

Das heutige Sozialversicherungssystem ist in seiner Finanzierung nahezu vollständig<br />

an die Erwerbseinkommen gekoppelt. Renten-, Kranken, Arbeitslosen-,<br />

Pflegeversicherungen speisen sich aus den Beiträgen, die von Arbeitslöhnen abgeführt<br />

werden. Bei steigender Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> sinkenden Beiträgen entsteht<br />

schnell eine Schieflage in der Finanzierungsbasis dieses Modells. Die bekannten<br />

Folgen sind entweder die Erhöhung der Beiträge oder die Absenkung der Leistungen,<br />

oder Beides gleichzeitig. Für eines der reichsten Länder dieser Erde, so die<br />

Befürworter eines Bedingungslosen Gr<strong>und</strong>einkommens, sollte die Gewährleistung<br />

eines menschenwürdigen Lebens nicht zur Disposition stehen. „Die Würde des<br />

Menschen ist unantastbar“ (Gr<strong>und</strong>gesetz, Art. 1, Satz 1) <strong>und</strong> auch nicht von<br />

Gegenleistungen an den Staat oder die Gesellschaft abhängig. Befürworter nehmen<br />

an, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt seien positiv, da Arbeiten, die<br />

unbeliebt seien besser bezahlt werden müssten, Tätigkeiten die als nicht Sinn<br />

stiftend erachtet würden nicht mehr getan würden (Netzwerk Gr<strong>und</strong>einkommen,<br />

2009). Der Gr<strong>und</strong>gedanke des Gr<strong>und</strong>einkommens ist bestechend einfach <strong>und</strong> besteht<br />

darin, dass jeder Staatsangehörige <strong>und</strong> jeder legal im Lande lebende Ausländer<br />

ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Gegenleistung, ohne Arbeitszwang, ohne<br />

Antrag einen bestimmten Betrag als soziokulturelles Existenzminimum erhält.<br />

Dem Gedanken eines bedingungslosen Gr<strong>und</strong>einkommens liegen ein positives<br />

Menschenbild <strong>und</strong> die Überzeugung, dass jeder Mensch gewissermaßen von Natur<br />

aus bestrebt ist, zu arbeiten, zu Gr<strong>und</strong>e (Erich Fromm, 1983; Hannah Arend,<br />

1967). Die repressive Gr<strong>und</strong>struktur der Fürsorge mit einer gelegentlich an<br />

Arbeitspflicht erinnernde Aktivierungspolitik dagegen entspringt einem tiefen


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 59<br />

Misstrauen <strong>und</strong> einer negativen Gr<strong>und</strong>haltung den Menschen gegenüber. Die Beträge,<br />

die als Höhe des Gr<strong>und</strong>einkommens derzeit diskutiert werden bewegen<br />

sich zwischen 650 <strong>und</strong> 1500 € je Monat. Befürworter des Gedankens BGE wollen<br />

beweisen können, dass ein bedingungsloses Gr<strong>und</strong>einkommen auch finanzierbar<br />

ist. Hierzu stellt Wilke eine Übersicht aus den verschiedenen Modellen zusammen,<br />

überprüft im Einzelnen deren Finanzierbarkeit <strong>und</strong> kommt jeweils zu dem Ergebnis,<br />

das Modell sei zu finanzieren (Wilke, 2007)<br />

So reizvoll <strong>und</strong> in vielerlei Hinsicht einleuchtet die Idee eines solchen Gr<strong>und</strong>einkommens<br />

für alle auf den ersten Blick erscheint, so gibt es auch etliche gute<br />

Gründe, die sich gegen ein Bedingungsloses Gr<strong>und</strong>einkommen vorbringen lassen.<br />

Entsprechend kontrovers ist die Diskussion, die seit Jahren geführt wird.<br />

Vertreter einer wirtschaftsorientierten Perspektive wie Hans-Werner Sinn vom<br />

Münchner ifo-Institut fürchten den Verfall der Arbeitsmoral <strong>und</strong> wollen eher den<br />

Niedriglohnsektor stärken, deswegen fordern sie eine „Workfare-Politik“ oder „Aktivierende<br />

Sozialhilfe“. (Sinn, 2006). Die ist da<strong>du</strong>rch gekennzeichnet, dass Menschen<br />

über die Sozialtransfer zahlenden Behörden zu Arbeit, auch im Niedriglohnbereich<br />

gezwungen werden <strong>und</strong> die Niedriglöhne dann eben mit Transferleistungen<br />

auf das soziokulturelle Existenzminimum „aufgestockt“ werden. Inwieweit<br />

damit Sozialleistungsmissbrauch <strong>du</strong>rch die Unternehmer betrieben wird, soll an<br />

dieser Stelle nicht diskutiert werden.<br />

Professor Eichenhofer fürchtet das bestehende Sozialversicherungssystem aufzugeben,<br />

dieses sei gewissermaßen untrennbarer Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft.<br />

Es habe sich, so die Argumentation (Eichenhofer, 2007), in langen<br />

Jahren bewährt <strong>und</strong> solle allenfalls modifiziert werden. Ein bedingungsloses<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen für alle sei nicht finanzierbar, moralisch nicht zu rechtfertigen<br />

<strong>und</strong> zudem eine Sozialutopie, die bereits im England Anfang des 19ten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

gescheitert sei.<br />

Die Konstruktion Gr<strong>und</strong>einkommen beinhaltet einen gr<strong>und</strong>legenden Widerspruch,<br />

wenn damit die Entkoppelung sozialer Absicherung von Erwerbsarbeit gefordert<br />

wird, da die soziale Absicherung Einzelner von dem <strong>du</strong>rch Erwerbsarbeit erwirtschafteten<br />

Einkommen Anderer abhängt. „Allenfalls können Teile der Bevölkerung<br />

leben, ohne zu arbeiten, aber nur, solange das andere (für sie) tun <strong>und</strong> den erzeugten<br />

gesellschaftlichen Reichtum mit ihnen teilen. Von der Erwerbsarbeit<br />

trennen lassen sich nur der indivi<strong>du</strong>elle Rechtsanspruch auf Transferleistungen,


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 60<br />

den jemand geltend macht <strong>und</strong> der Zuteilungsmechanismus, nach dem die Zahlungen<br />

erfolgen“ (Butterwegge, 2007). Auch befürchtet Butterwegge „organisatorisch-technische<br />

Schwierigkeiten“ bei der Umsetzung, da er nicht annimmt, dass<br />

sie das Gr<strong>und</strong>einkommen auf die deutschen Staatsbürger einschränken lässt <strong>und</strong><br />

mit einer starken „Sogwirkung“ gerechnet aus Europa werden muss.<br />

Ein so genanntes „Solidarisches Bürgergeld“ fordert Dieter Althaus. Dieses Bürgergeld<br />

liegt mit 600.- € (zzgl. 200.- € Krankenversicherung) aber deutlich unter<br />

dem jetzigen Gr<strong>und</strong>sicherungsniveau <strong>und</strong> würde allein aus diesem Gr<strong>und</strong> eine<br />

„Quasi-Arbeitspflicht“ beinhalten, da Menschen gezwungen wären, diesen Betrag<br />

zu erhöhen um das Existenzminimum zu erlangen. Nachdem mit dem Gr<strong>und</strong>einkommen<br />

aber alle anderen Transferleistungen gestrichen würden, bliebe nur der<br />

Arbeitsmarkt an dem man sich zu jedem Preis verkaufen müsste. Da auf Gr<strong>und</strong><br />

der Ausgestaltung von einem Existenz sichernden Gr<strong>und</strong>einkommen nicht ernsthaft<br />

gesprochen werden kann, kann diese Form der Transferleistung eher als<br />

implizite Kritik am Bedingungslosen Gr<strong>und</strong>einkommen betrachtet werden. Die FDP<br />

<strong>und</strong> Teile der Union haben sich diesem Modell angeschlossen.<br />

Einen Übergang vom „Sozialstaat zum Almosenstaat“ <strong>du</strong>rch das Althaus’sche Bürgergeld<br />

sieht der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der folgerichtig nicht länger<br />

„Wohlstand für alle“, sondern vielmehr „Hartz IV für alle“ fürchtet. (Bofinger,<br />

2009, S. 215). Er fordert generell einen stärkeren (Sozial-)Staat, der eine verstärkt<br />

distributive Wirkung entfalten sollte.<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Idee eines Bedingungslosen<br />

Gr<strong>und</strong>einkommens einiges an Charme mit sich bringt, aber die Realisierung so<br />

viele Tücken birgt, dass mit einer Umsetzung alsbald nicht gerechnet werden<br />

muss.<br />

7. Fazit<br />

Die Geschichte der Erwerbsarbeit ist eine lange. Von den Anfängen als Jäger <strong>und</strong><br />

Sammler bis zur heutigen Bedeutung hat sich das Verhältnis des Menschen zur<br />

Erwerbsarbeit immer wieder gewandelt <strong>und</strong> es hat den Anschein, als ob wir auch<br />

aktuell vor einem tiefgreifenden Wandel stünden. Auch wenn Ökonomen bestrei-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 61<br />

ten, dass der Menschheit die Arbeit ausgeht, so findet derzeit doch zumindest<br />

eine gravierende Verschiebung von pro<strong>du</strong>ktions- zu tertiärer oder intellektueller<br />

Arbeit statt. Die Schwierigkeiten, die diese Transition nach sich ziehen sind vielfältig.<br />

Viele Menschen aus unserer Gesellschaft sind körperlich, geistig, intellektuell,<br />

psychisch den veränderten Anforderungen des flexiblen, intellektualisierten, mobilen,<br />

dynamischen Arbeitsmarktes nicht gewachsen <strong>und</strong> finden in der Folge keinen<br />

Existenz sichernden Arbeitsplatz. Es steht zu befürchten, dass diese Entwicklung<br />

nicht abgeschlossen ist <strong>und</strong> die Zahl der Betroffenen steigen wird. Der Umstand,<br />

dass unser Sozialsystem, das eine mehr oder minder gerechte Verteilung der gesellschaftlich<br />

erzeugten Güter vornehmen soll, sich nahezu allein aus Erwerbseinkommen<br />

speist, verschärft eher die Probleme als es sie löst. Noch immer wird Betroffenen<br />

in der Öffentlichkeit, sowohl von politischer als auch von journalistischer<br />

Seite, <strong>und</strong> wider besseres Wissen persönliches Versagen <strong>und</strong> indivi<strong>du</strong>elle Schuld<br />

zugewiesen. Damit wird deren ohnehin prekäre Lebenssituation ohne Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Not noch verschärft. Unsere Gesellschaft muss ein tragfähiges Konzept entwickeln,<br />

wie wir mit den Veränderungen <strong>und</strong> den daraus resultierenden Folgen umgehen<br />

wollen. Almosen verteilen <strong>und</strong> Schuld zuweisen ist keine Lösung, weder für<br />

jetzt noch für die Zukunft.<br />

Ich halte den Gedanken eines Gr<strong>und</strong>einkommens für einen <strong>du</strong>rchaus reizvollen,<br />

wenngleich ich eine absolute Bedingungslosigkeit nicht in allen Fällen befürworten<br />

möchte. Weder fürchte ich die Finanzierbarkeit (Modellrechnungen scheinen die<br />

Machbarkeit der Finanzierung zu bestätigen), noch eine gr<strong>und</strong>sätzlich mangelnde<br />

Bereitschaft zur Arbeit (Ich habe während meiner gesamten Zeit der Betreuung<br />

arbeitsloser Menschen keine einzige Person kennengelernt, der ernsthaft nicht<br />

arbeiten wollte), vielmehr bin ich der Auffassung es sollte einerseits zumindest ein<br />

Beratungsangebot aufrecht erhalten werden <strong>und</strong> andererseits ein Beschäftigungsangebot<br />

im Sinne Ulrich Becks bestehen um die nachteiligen Folgen von Arbeitslosigkeit<br />

zu mindern. Darüber hinaus muss ein Angebot an sozial-integrativer Unterstützung<br />

aufrechterhalten werden. Für Menschen in bestimmten defizitären Lebenssituationen<br />

(Erkrankung, Überschul<strong>du</strong>ng, Wohnungslosigkeit, mangelnde Bil<strong>du</strong>ng,<br />

auch Erziehungszeit) könnte die vollumfängliche Gewährung der Leistung<br />

von einer „Arbeit“ an der eigenen Person“, von einer Form des „gelingenden Lebens“<br />

abhängig gemacht werden. Natürlich ist es ein schmaler Grat einen solchen<br />

Begriff auszufüllen, groß ist die Gefahr des Missbrauchs. Dennoch sind Anhalts-


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

16.September 2011, Burkard Fuchs, Seite 62<br />

punkte denkbar: So könnte einem Menschen der suchkrank ist eine entsprechende<br />

Therapie auferlegt werden, Bil<strong>du</strong>ngsfernen Bil<strong>du</strong>ngsangebote unterbreitet<br />

werden, jedenfalls jeweils an einer objektiven Verbesserung der Lebenssituation<br />

gearbeitet werden. Wer Kinder erzieht, muss Sorge tragen, dass die Betreuung<br />

stets zum Wohle des Kindes erfolgt, wer sich <strong>und</strong>/oder anderen Schaden zufügt,<br />

muss dieses Verhalten ablegen.<br />

Auch könnte die Gefahr bestehen, mit Einführung eines vollkommen bedingungslosen<br />

Gr<strong>und</strong>einkommens Beschäftigungs- <strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik zu vernachlässigen<br />

<strong>und</strong> sich vom Wunsch zu verabschieden, allen Bürgern den Zugang zu Arbeit<br />

zu ermöglichen. Dies wäre insoweit fatal, als sich unsere Gesellschaft noch immer<br />

weiterstgehend über Erwerbsarbeit definiert (vgl. Arend). Manche mögen dies bedauern,<br />

wegdiskutieren kann man den Umstand nicht. Es könnte nun die Gefahr<br />

bestehen, dass weite Teile der Bevölkerung ernsthaft vom gesamtgesellschaftlichen<br />

Pro<strong>du</strong>ktionsprozess ausgegliedert werden <strong>und</strong> somit eine Zwei-Klassen-<br />

Gesellschaft im Wortsinne entsteht.<br />

Ich halte in diesem Zusammenhang die Initiativen des Beschäftigungszuschusses<br />

<strong>und</strong> der neuen Bürgerarbeit für Schritte in die richtige Richtung. Wenn die Mechanismen<br />

des allgemeinen Arbeitsmarktes versagen, muss von politischer Seite<br />

ein zusätzlicher, „Dritter“ Arbeitsmarkt geschaffen <strong>und</strong> als freiwilliges Angebot an<br />

Arbeitsstellen für die Menschen, denen der Markt kein Angebot macht, vorgehalten<br />

werden.<br />

Ich wünsche mir, eine Gr<strong>und</strong>versorgung die das soziokulturelle Existenzminimum<br />

garantiert, die in defizitären Lebenssituationen tatsächlich unterstützt <strong>und</strong> nicht<br />

sinnfrei <strong>und</strong> sanktionsbewehrt jenseits aller Realität versucht Menschen zu „aktivieren“,<br />

die tagtäglich hochaktiv sein müssen, um ihr Leben bewältigen zu können.


„<strong>…</strong>.<strong>und</strong> <strong>plötzlich</strong> <strong>bist</strong> <strong>du</strong> <strong>draußen</strong>“, Akademie Frankenwarte<br />

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